WJJ J JJJ 159 2. Nicht lange, so kam der zweite Sohn und sprach: „Vater, ich will jetzt auch dienen gehen und mein Glück versuchen!“ Der Alte suchte ihn umsonst abzuhalten; er blieb hartnäckig bei seinem Vorsatz Da buk ihm seine Mutter einen Reisekuchen aus Brotmehl, und am andern Morgen machte er sich auf den Weg. Es ging ihm aber fast ganz wie seinem Bruder; denn er war ja auch nicht viel anders und besser. Wie er auf dem Wege aß und der alte Bettler ihn um einen Bissen ansprach, hob er den Stock; er schlug und warf auch nach den Vöglein, und in seinem Dienst war er ebenso faul und bösartig. Kaum war das Jahr zu Ende, so lief er auch schnell zu seinem Herrn und verlangte den bedungenen Lohn. 10 Der führte ihn auch in die Kammer, wo die drei Säcke mit Gold-, Silber— und Kupferstücken standen. „Nimm dir einen!“ sprach der Alte; „warst du aber unredlich im Dienste, so wird es dir nichts nützen!“ Er war etwas bescheidener als sein Bruder und nahm nur den Sack mit den Silberstücken; denn er wußte wohl, daß er auch den nicht verdient hatte. 15 Als er nun heimkam, rief er schon aus der Ferne seinen Eltern entgegen: „Jetzt brauchen wir nicht mehr zu arbeiten, denn ich bringe in diesem Sack lauter Silber!“ Wie er aber den Sack niedersetzte und öffnete — siehe, da war alles purer Sand. „Sagte ich's doch, daß es so kommen würde!“ sprach seufzend sein Vater. Der Sohn aber wagte wie sein Bruder nichts 20 zu sagen; denn er gedachte auch sogleich an die letzten Worte des alten Mannes, an den Bettler, die Vöglein und an seinen unredlichen Dienst. 3! Bald darauf trat der jüngste Sohn zum Vater und sprach: „Lieber Vater, ich will auch dienen gehen und mein Glück versuchen!“ Ihn wollte der Alte nun durchaus nicht fortlassen. „Wo denkst du hin? Deine Brüder 25 haben mir nur Spott und Schande gebracht, was würde ich von dir erst erleben!“ Der Kleine bat aber so lange, bis sein Vater sprach: „Nun, so geh in Gottes Namen!“ Wer konnte froher sein als Aschenputtel! Seine Mutter buk ihm einen Reisekuchen aus Asche, und am andern Morgen, ganz früh, trat er seine Wanderung an. Da kam er an den 30 nämlichen Berg, wo seine Brüder gespeist hatten, und weil ihn der Hunger quälte, setzte er sich nieder und packte aus. Bald kam auch der alte Bettler und sprach: „Gott gesegn' es!“ und bat um einen Bissen. „Setzet Euch her, armer Mann, neben mich!“ und er teilte den Aschenkuchen mit ihm, und sie aßen und sahen um sich in die schöne Landschaft, die im Sonnenschein 35 glänzte. Da hüpften auch die Vöglein hinzu und pickten die Brosamen auf, und des freute sich der Junge, und er zerbröckelte den ganzen Rest von seinem Kuchen und streute ihn den hungrigen Vöglein vor. Darauf nahm er seinen Tornister an die Seite, um fortzugehen, und sprach zum Alten: „Behüt' dich Gott!“ Dieser aber nahm ein Pfeifchen aus seinem 40 Sack und schenkte es dem Jungen, weil er so freundlich gewesen und ihn gespeist hätte, und die Vöglein sangen ihm nach: „Der liebe Gott wird dir's vergelten!“