— 15. Des Müllers Magd. Ein Müller hörte eines Abends seinen Hund, der gewöhnlieh angelegt war, mit der Kette duren das Haus rasseln und befahl seiner Magd, ihn wieder anzuketten. Kaum war sie aber aus der Stube getreten, als sie von dem Hunde angefallen und gebissen wurde. Auf ihr Geschrei wollte ihr der Müller mit den Seinigen zu Hilfe eilen; sie riß aber die Türe zu und rief: „Bleibt, bleibt, der Hund ist tolll Ich bin schon gebissen und will ihn allein anlegen.“ Sie zog ihn an der Kette fort und ließ ihn nieht los, obgleich sie noch einigemal von ihm gebissen wurde. Sie band ihn an, und dann erschoß ihn der Müller. Man eilte zu einem Arzte; aber die Vunden der Magd waren zu zahlreich, als daß der Arzt hatte helfen können. Sie selbst ging ruhig in ihre Kammer, warnte jedermann, ihr nahe zu kommen, wenn die Krankheit bei ihr ausgebrochen sein werde. In ruhiger Ergebung erwartete sie ihr Schicksal. Nach einigen Tagen zeigten sieh die ersten Anfälle; doeh kam die Krankheit bei ihr nicht zu so fürchterlichen Aus brüehen, wie es sonst gewöhnlieh der Fall ist. Nach wenigen Tagen gab sie den Geist auf. Leseb. Bumũller & Sehuster. 16. Die beiden Pflugscharen. Ein Landmann kaufte zwei neue Pflugscharen. Die eine von ihnen brauchte er täglich im Felde; die andere ließ er müßig im Winkel stehen. Eines Tages sah der Sohn des Landmannes die Pflugschar, die im Vinkel stand, rief den Vater und sprach: „Sieh doch, Vater, diese Pflugschar ist ganz rosstig, und die am Pfluge ist hell und rein und glänzt so schön wie Silber und ist doch taglich in der Erde gelaufen!“ Da sagte der Vater: „Siehe, mein Kind, beide waren anfangs gleich. Das Mußigstehen aber hat diese also verunstaltet. Die am Pfluge dagegen hat die Arbeit vor dem Roste bewahrt und sie so schön gemacht, daß sie nun glänzt wie Silber.“ Lauaing. 26