— 133— Schnee lag hoch, und die Luft war kalt. Nur dann und wann ließen sie ein leises Piepen vernehmen. Da hörten sie es in den Zweigen des Baumes knistern und flüstern. Sie wurden auf— merksam und verstanden, wie der Christbaum zu ihnen sprach:. „Ihr armen Spatzen dauert mich, ihr habt ein schlimmes Weih⸗ nachtsfest gehabt, während ich in Glanz und Herrlichkeit lebte.“ „Ach, erzähle uns davon,“ riefen die Spatzen, „damit wir ein Weilchen unsere Not vergessen!“ Und der Christbaum begann: „Meine Jugend verlebte ich in jenem Walde drüben, den ihr von hier aus erblicken könnt. Ach, wie herrlich war es damals. Über mir schien die Sonne und sang die Lerche, und an meinen Wurzeln hatten die kleinen Mäuschen ihre Wohnung gegraben. Zuweilen kam ein Häschen und spielte mit mir. Es sprang über mich weg und verlachte mich, weil ich so klein war, ich aber stach es dafür in die Beine. So stand ich im schönen Walde bis vor wenig Wochen. Da kam ein Mann mit einem Beile. Als er mich gesehen hatte, hackte er mir die Wurzeln ab, legte mich mit meinen Brüdern auf einen kleinen Schlitten und fuhr uns in die Stadt. Wir weinten, weil wir unsere Füße verloren hatten, aber der Mann machte jedem einen künstlichen Fuß. Ich war der schönste unter meinen Brüdern, darum brachte er mich in dieses große Haus. Hier habe ich meine glücklichste Zeit verlebt. Als die Kinder des Hauses zu Bett gegangen waren, nahm mich die Mutter mit in die Stube. Dort wurde ich mit goldenen Äpfeln und Nüssen geschmückt, und Lichter wurden an meine Zweige gebunden. Und als der heilige Christabend kam, strahlte ich im höchsten Glanze. Die Lichter wurden angezündet, und mein Gold und Silber durchleuchtete das Zimmer. Da ging die Thür auf, die Kinder stürzten herein, sprangen und jubelten, denn alles, was ich trug, und was zu meinen Füßen lag, gehörte ihnen. Das war der schönste Tag meines Lebens.“ Der Christbaum schwieg und dachte an das erlebte Glück zurück. Auch die Sperlinge saßen still auf seinen Zweigen und freuten sich mit dem Baume. Dann riefen sie: „Hab Dank für deine Erzählung!“ und flogen davon.