85 4. „Bist du gegangen, Großmutter?“ fragte Ernst gespannt. „Ich hatte auch keine Lust dazu,“ meinte die Großmutter. „Als aber jetzt ein Geräusch unter dem Bett entstand, als ob jemanod darunter hervorwollte, da war es mit allem Besinnen bei uns vorbei. Mit ein paar Sätzen standen wir alle vier in bloßen Füßen an der Cür und ließen ein so gewaltiges Geschrei ertösnen, wie es eben nur vier erschreckte Kinder ertönen lassen können. Der Vater und die Mutter erschraken nicht wenig, als sie das Geschrei hörten. Der Vater stieß fast die Lampe um in der Eile uns zu Hilfe zu kommen. In einem Augenblick war er bei uns. „Was gibt's? Was ist geschehen?“ „Es schnarcht jemand unter Cannes Bett! Es muß ein Dieb sein!“ „Unsinn! Ein Dieb wird doch nicht schnarchen! Macht nur zuerst, daß ihr wieder in die Betten kommt; ihr könnt euch ja auf den Tod mit den bloßen Füßen erkälten!“ 5. „Wir krochen eilig in die Betten. Der Vater horchte. Ja, wirklich, unter Cannes Bett hervor drang lautes Schnar⸗ chen. Der Vater leuchtete darunter und — brach in ein helles Gelächter aus.“ „Wer war's denn, Großmutter?“ riefen alle fünf Enkel. „Ja, wer war's! Unser guter, alter Pluto war's! Da es ihm in seiner Sundehütte zu kalt geworden war, hatte er sich in unsere Schlafstube geschlichen und unter das Bett gelegt. Als er nun aber, von dem Lärm geweckt, hervorwollte, da konnte er nicht. Der Vater mußte die Bettstelle aufheben, damit er seinen dicken Körper hervorbrachte. Da stand er nun, zog beschämt den Schwanz ein uno gähnte und gähnte und streckte seine steifen Glieder, bis der Vater ihn in seine Hütte trieb. Wir Kinder aber konnten uns noch lange nicht beruhigen; jedes behauptete von sich, es habe sich nicht gefürchtet oder doch weit weniger als alle andern, bis endlich der Sandmann kam und uns zur Ruhe brachte. — Nun hat euch das gefallen?“ „Ja, Großmama,“ sagte der kleine Heinz. „Erzähl's uns noch einmal!“ Helene Stoll. E