Lehrdichtung und historisches Lied— 115 Sonach unter dem Jägersmann Sprach er zu dem Helden unverzagt: Ein Stein zu wanken auch begann, „Herr, habt den Steinbock Ihr gejagt So daß er den auch fallen sah, Oder denselben gar gefangen?“ Dem gleicher Weis' kein Leid geschah, Teuerdank zu ihm im Zorne sprach: Weil er in einem Strauch sich fing. „Mich däucht, Ihr habt mir diese Sach' Teuerdank aus der Felswand ging. So zugericht't, daß ich hätt' sollen Der Jäger folget ihm auch nach Zu Tode von dem Berge rollen!“ Und drunten zu dem Helden sprach: Unfallo sprach: „s ist Euer Scherz, „Unfallo hat uns hier herein Gott kennet mein getreues Herz. Gewiesen, daß wir sollten sein Ob ich nicht eh'r den Leib verlöre, Wohl überab zu Tod gefallen. Denn daß Euch nur ein Finger schwäre; Es ist uns heute wahrlich allen Geschweig, daß ich wollt' Ursach' sein, Beiden hart daran gewesen.“ Daß Ihr nun kamt in Todespein.“ Sprach Teuerdank: „Wüßt ich's, genesen Also nun blieb die Sach gestillt. Sollt' nimmer er von meiner Hand.“ Doch Unfallo war heimlich wild, So lamen sie in's ebne Land Die Stund' im Stillen er verflucht, Und gingen mit einand nach Haus. Daneben andere Ursach' sucht', Von weitem Unfall' lief heraus, Damit der Herr nicht käm' davon; Ihr find's hernach geschrieben schon. III. Lehrdichtung und historisches Lied. G. 19. 83—36. 49. Lehrb. . 486. 9 480) 1. Thomasin Virkler. . 34, Lehrb. 8. 436.) (Nach Mosenthal.) Aus dem „wälschen Gast“. 1. Vom Adel. Wer seine Abkunft stets im Sinn, Ist einer noch so hoch geboren, Der hat den Adel immerhin. Der Herzens Adel hal verloren, Denn die sind alle Gottes Kind, So sage ich euch wohl fürwahr Die seinem Worte folgsam sind, Er schaͤndet seine Abkunft gar. Und wer mißachtet sein Gebot, Wenn Einer hochgeboren ist, Der hat den Adel, den ihm Gott So heischt sein Wel aller Frist, Verlieh'n, durch eig'ne Schuld verloren, Daß er auch hoch und edel thu'; Und hat freiwillig sich erkoren Und so er sich nicht zwingt dazu, Den einz'gen Stand, der niedrig ist, So trifft ihn nur des Vorwurfs mehr; Durch eigne Schuld zu aller Frist. Sein Adel mindert seine Ehr'! Als er vom edlen Vater ließ Es wundert mich auch wahrlich sehr, Sich selbst er aus dem Adel stieß. Wie nur ein kücht'ger Maun begehr', Habt ihr vernommen mich nach Fug, Auf seiner Ahnen adlig Thun So ist es euch wohl klar genug, Sich stolz etwas zu Gut zu thun! Der Adligste zu aller Frist Thu' er doch lieber selber das, Ist der der wirklich edel ist. Dadurch er möge gelten baß Und wie ich auch gesagt zur Zeit, Durch sich ein Edler, als durch jene; Recht thun ist rechte Höfischkeit. Als bessern Stolz ich diesen wähne. Der hat den rechten höf schen Muth, Der, was er thut, mit Rechten thut; Vom Vater her ist jeder Mann Wer Recht vertritt, wo er nur kann Geadelt, wer's verstehen kann; Der ist der rechte Edelmann;