510 Und wenn euch der Gatte, der Vater verstößt, Rechtmäßiger König er kehret zurück, Die heiligsten Bande verwegentlich löst, Den Treuen verleiht er entwendeles Glück, So kommt zu dem Vater, dem Ahnen! Ich löse die Siegel der Schätze. Der Bettler vermag, so ergraut und entblößt, So rufet der Alle mit freundlichem Blick: Euch herrliche Wege zu bahnen. Euch künd' ich die milden Gesehe. Die Burg die ist meine! Du hast sie geraubt, Erhole dich, Sohn! Es entwickelt sich gut, Mich trieb dein Geschlecht in die Ferne; Heut' einen sich selige Sterne, Wohl bin ich mit köstlichen Siegeln beglaubt! — Die Furstin sie zeugte dir fürstliches Blut — Die Kinder sie hören es gerne. Die Kinder sie hören es gerne. Johannes Kant. Von Schwab. Gedichte 4. Aufl. Stuttgart und Tübingen 1851. S. 287 Den kategorischen Imperativus fand, Die Todesangst schwört aus dem Doktor: Nein! Das weiß ein jedes Kind, Immanuel Kant. Und aber: Nein!' Es zittert ihm Fleisch und Bein. Dem kategorischen Imperativus treu, Da stoßen sie fort ihn in den schwarzen Wald; Zwang durch ihn wilde Seelen zu frommer Scheu Er eilt, als wär' er zu Roß noch, ohne Halt, Lang' vor Immanuel Herr Johannes Kant, Doch fährt die Hand im Gehen wie iin Traum Und wenige wißen's, wie die Sache bewandt. Hin an der langen Kapuze vorderm Saum, Derselb' ein Doktor Theologiä war Mit Angst fühlt sie herum an allem Wulst, In schwarzer Kapuze, mit langem Bart und Haar, Und enduch findet sie da die rechte Schwulst, So saß er zu Krakau auf dem Lehrersi, Wo eingenäht, geborgen und unentdeckl So gieng er einher gegürtet, in Kält' und Hitz) Der güldene Sparpfennig sich versteckt. Ein rein Gemuüth, ein immer gleicher Sinn, Nun will dem Mann es werden recht sanft und leicht, Den Unrecht dulden, nicht thun, stets däuchte Mit all dem Gold er die Heimat wohl erreicht, Gewinn. Er mag mit Gottes Hülfe vom Schrecken ruhn, Im grauen Alter zog ein Sehnen den Kant Mit Freunden und Veltern sich recht gütlich huͤn. Gen Schlesien, in sein altes Vaterland. Da stand er plötzlich still, denn in ihm rief Er schloß die Bücher in 'n Schrein, bestellt' sein Mit lauter Stimme der heilige Imp'rativ: Haus Leug nicht! leug nicht! du hast gelogen, Kant!' Den Seckel nahm er und zog in die Fern' hinaus. Das einzige Wort ihm auf der Seele brannt, Gemächlich ritt in der schweren, schwarzen Tracht Vergeßen war der i fröhliche Lust, Der Doktor durch der polnischen Wälder Nacht, Er war allein der Lüge sich bewußt. Doch in der Seele, da wohnt' ihm lichter Schein, Und schneller, als ihn getrieben der Freiheit Glück, Die goldnen Sprüche zogen aus und ein, Trieb ihn der Sünde Pein nun zurück, zurück. Ins Herz schoß Strahlen ihm das göttliche Wort, Schon winkt von ferne der unglücksel'ge Platz Voll innern Sonnenlichtes, so ritll er fort. Die Räuber theilen dort noch immer den Schatz, Auch merkt er nicht, wie das Thier in finstrer Am Mondlicht prüfen sie sich das Allerlei, Schlucht Die Pferde weiden zwischen den Büschen frei. Den Weg durch Abenddunkel und Dickicht sucht, Und wie sie lagern im Gras und tauschen, tritt Er hört nicht vor und hinter sich Tritt und Trolt, In ihre Mitte der Kant mit heftigem Schritt. Er ist noch immer allein mit seinem Gott. Er stellt demüthig sich vor die Räuber hin, Da wimmelt's plötzlich um ihn zu Roß, zu Fuß, Er sprach: O wißet, daß ich ein Lügner bin! Da flucht ins Ohr ihm der Wegelagerer Gruß; Doch log der Schrecken aus mir, darum derzeiht! Es stürmen auf den heiligen Mann sie ein, Mit diesen Worten riß er den Saum vom Kleid, Es blinken Meßer und Schwert im Mondenschein. In hohler Hand beut er ein Häuflein Gold, Er weiß nicht, wie ihm geschieht, er steigt vom Roß, Darüber des Mondscheins blinkende Welle rollt; Und eh' sie's fordern, theill er sein Gul dem Troß; Weil keiner zugreift, bittet er ganz beschämt: Den vollen Reisebeutel streckt er dar, Das hab' ich böslich vor euch verleugnet, nehmtl Darin beim Groschen manch blanker Thaler war, Den Räubern aber wird's wunderlich im Kopf, Vom Halse löst er ab die güldne Keit', Sie möchten lachen und spotten ob dem Tropf; Er reißt die schmucken Borten vom Barett, Und ihre Lippe findet doch keinen Laut, Den Ring vom Finger, und aus der Tasche zieht Und ihr vertrocknetes, starres Auge thaut. Das Mebbuch er mit Silberbeschläg' und Niel; Und in dem bleiernen Schlummer, den er schlief, Daß sie das Pferd abführen mit Sattel und Zaum, Regt sich in ihnen plötzlich der Imp'rativ, Der arm' erschrockne Mann, er sieht es kaum; Der wunderbare, das heil'ge Gebot: Du sollt Erst wie er alles Schmuckes und Gutes bar, Du sollt nicht stehlen!' und vor der Hand voll Gold Da fleht er um sein Leben zu der Schar. Aufspringen sie, dann werfen sich all' aufs Knie, Der bärtige Hauptmann faßt ihn an der Brust Ein liefes Schweigen waliet; denn Gott ist hie. Und schüttelt sie mit derber Räuberlust. Jetzt aber regt sich emsig die ganze Schar: Gabst du auch alles? brüllt's um ihn und murrt, Der reicht den Beutel und der die Ketlte dar, Trägst nichts versteckt in Stiefel oder Gurt?“ Ein dritller bringt das Pferd gesattelt, gerüstt