Lebensernst. (Eichendorff.) 22 Erwachen. Vom Münster Trauerglocken klingen, Vom Thal ein Jauchzen schallt herauf. Zur Ruh' sie dort dem Todten singen, Die Lerchen jubeln: wache auf! Mit Erde sie ihn still bedecken, Das Grün aus allen Gräbern bricht; Die Stroöme hell durch's Land sich strecken, Der Wald ernst wie in Träumen spricht; Und bei den Klängen, Jauchzen, Trauern, So weit in's Land man schauen mag, Es ist ein tiefes Frühlingsschauern, Alswie ein Auferstehungstag. Eichendorff. Morgengebet. O wunderbares, tiefes Schweigen! Wie einsam ist's noch auf der Welt! Die Wälder nur sich leise neigen, Als ging' der Herr durch's stille Feld. Ich fühl' mich recht wie neu geschaffen; Wo ist die Sorge nun und Noth? Was mich noch gestern wollt' erschlaffen, Ich schäm' mich deß im Morgenroth. Die Welt mit ihrem Gram und Glücke Will ich, ein Pilger frohbereit, Betreten nur wie eine Brücke Zu dir, Herr, über'n Strom der Zeit. Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd, Um schnöden Sold der Eitelleit: Zerschlag' mein Saitenspiel! und schauernd Schweig' ich vor dir in Ewigkeit. Eichendorff. z