Dem Nachbar, den er stets gewecket, Und laßt mir meinen frohen Sinn; Bis er das Geld ihm zugestecket, Fahrt fort, mich heimlich zu be— Dem stellt er bald aus Lust zur Ruh' neiden, Den vollen Beutel wieder zu Ich tausche nicht mit euern Freuden. Und spricht: „Herr, lehrt mich bessre Der Himmel hat mich recht geliebt, Sachen, Der mir die Stimme wieder giebt. Als statt des Singens Geld bewachen. Was ich gewesen, werd ich wieder Nehmt immer euren Beutel hin Johann, der muntre Seifensieder.“ 15. Christian Fürchtegott Gellert. Sämtliche Schriften. Berlin und Leipzig. l. Damokles. Glaub' nicht, daß bei dem größten Glücke Ein Wüt'rich jemals glücklich ist; Er zittert in dem Augenblicke, Da er der Hoheit Frucht genießt. Bei aller Herrlichkeit stört ihn des Todes Schrecken Und läßt ihn nichts als teures Elend schmecken. Als den Tyrannen Dionys Ein Schmeichler einstens glücklich pries Und aus dem Glanz der aͤußerlichen Ehre, Aus reichem Überfluß an Volk und Gold erwies, Daß sein Tyrann unendlich glücklich wäre, — Als dies Damokles einst gethan, Fing Dionys zu diesem Schmeichler an: „So sehr mein Glück dich eingenommen, So kennst du es doch unvollkommen; Doch schmecktest du es selbst, wie wuüͤrde dich's erfreun! Willst du einmal an meiner Stelle sein?“ — „Von Herzen gern!“ fällt ihm Damokles ein. Ein goldner Stuhl wird schnell für ihn herbeigebracht. Er sitzt und sieht auf beiden Seiten Der Hohen größte Herrlichkeiten, Die Stolz und Wollust ausgedacht. Von Purpur prangen alle Wände, Gold schmückt die Tafel aus, im Golde perlt der Wein. Ein Wink — so eilen zwanzig Hände, Des hohen Winkes wert zu sein. Ein Wort — so fliegt die Menge schöner Knaben Und sucht den Ruhm, dies Wort vollstreckt zu haben. Von Wollust süß berauscht, von Herrlichkeit entzückt, Schätzt sich Damokles für beglückt. 32