93 65. „Nun lohn euch Gott im Himmel, edler Rüdiger, Es wird euresgleichen auf Erden nimmermehr, Der Dank von fremden Recken so herrlich sich erwirbt. So möge Gott gebieten, daß eure Tugend nimmer stirbt. 66. „Weh mir um diese Märe“, sprach wieder Hagen, „Wir hatten andre Schwere genug zu tragen; Solln wir mit Freunden streiten, das sei Gott geklagt.“ — „Mir thut es weh von Herzen“, sprach der Markgraf unverzagt. 67. „Nun lohn' euch Gott die Gabe, edler Rüdiger, Was imnmer widerfahre diesen Recken hehr, Es soll euch nicht berühren im Streit hier meine Hand, Schlügt ihr die Helden alle aus dem burgundischen Land.“ 68. Da neigte sich ihm dankend der edle Rüdiger. Sie weinten all zusammen, daß nun niemand mehr Dies Herzleid wenden konnte, das war bittre Not. Der Valer aller Tugend fand in Rüdiger den Tod. 69. Da sprach aus dem Hause Volker der Spielmann: „Da mein Geselle Hagen euch bot den Frieden an, So nehmt nicht minder steten auch von meiner Hand. Das habt ihr wohl verdienet, als wir kamen in das Land. 70. „Mein Vote, edler Markgraf, seid ihr nach Hause hin. Diese roten Spangen gab mir die Markgräfin, Daß ich sie tragen sollte bei dieser Festlichkeit; Ihr könnt sie selbst hier schauen, daß ihr deß mein Zeuge seid.“ — 71. „Das wollte Gott im Himmel“, sprach da Rüdiger, „Daß euch die Markgräfin noch dürfte geben mehr. Die Märe sag' ich gerne der lieben Trauten mein, Seh' ich gesund sie wieder: deß sollt ihr außer Zweifel sein.“ 72. Als er ihm das versprochen, den Schild hob Rüdiger; Sein Mut begann zu kochen, nicht länger säumt' er mehr, Aufstürmt' er zu den Gästen, einem Degen gleich. Viele starke Schläge schlug der edle Markgraf reich. 73. Volker und Hagen die wichen beiseit, Wie ihm die beiden Degen gelobt mit einem Eid. Noch fand er bei dem Turme so manchen kühnen Mann, Dak den Streit der Markgraf mit großen Sorgen begann.