D J J 167 vor dem Toben des Wetters geflüchtet — die Menschen in ihre VWohnungen, möglichst dicht an den warmen Ofen, und die Tiere in ihre Schlupfwinkel. Ein weibes Leichentuch, die wohl fubhohe hartgefrorene Schneedecke, hüllt die ganze Natur ein. Not und Leiden sind, wie bei den armen Menschen, so auch bei den Tieren eingekehrt. Wir eilen mit möglichst schnellen Schritten unserm behaglichen Stübchen zu — und mit uns flüchten auch alle die Armen der Menschen- und Tierwelt, selbst die, welche keiner warmen und völlig schützenden Schlupfwinkel sich zu erfreuen haben. Da er- schasit uns plötzlich ein s0 hell und lustig schmetternder Gesang entgegen, als rausche das sübeste „Mailüfterl·‘ durch das Tal und nicht das schaurige Geheul eines Schneesturms im Januar. Mit Mühe nur vermögen wir den Sänger zu entdecken. Ein Zaun- könig ist's, ein sonderbarer, kleiner Bursche. Je toller es stürmt, desto frõhlicher stimmt er sein Liedchen an und schmettert es von der Zinne eines Hauses herab hohnlachend dem Sturm ins Gesicht. Wer aber beschreibt den Eindruck, den ein liebliches Vögelchen macht, singend und klingend in der kältesten und rauhesten Zeit des Jahresi — Ja, jedes fühlende Menschenherz muß ihn innig liebgewinnen, diesen tapfern kleinen Vogel, diesen lustigen, unver- wüstlichen Sturmbezwinger. Vom Hausgiebel herab flattert das Võgelchen auf einen Zaun- pfahl dicht vor uns, begrübt uns noch einmal mit seinem fröhlichen Liedchen und schlüpft dann behend ins Gebüsch. Hier wartet seiner das VWeibchen, und die beiden Gatten tummeln sich nun in regster Emsigkeit durch Zäune und Hecken von einem Garten in den andern. Unermüdlich und unersättlich suchen sie die Bäume und Sträucher ab nach den Eiern, Larven und Puppen der kleinsten und allerschãdlichsten Kerbtiere. Mit ihren dünnen, zarten Schnã- belchen wissen sie in die engsten und verborgensten Ritzen zu dringen und auch die winzigssten Ubeltäter aufzustöbern und zu vertilgen. Endlich weht des Frühlings linder Hauch, zartgrüne Blättchen und bunte Blüten entfalten sich, und alles atmet Leben, Freude und Vonne. Der Zaunkönig und sein Weibchen erbauen nun in irgendeinem versteckten, aber behaglichen VWinkel des Gartens, zwischen den Latten eines Zaunes oder unter ausgehöhltem Rasen, aus Moos und Halmen ein sehr grobes, gewölbtes Nest mit einem seitlichen Eingang. Inwendig isst es mit Federn, Haaren und andern weichen Stoffen ausgepolsstert und auf das zierlichste geglättet. In diese weiche, wohlige Höhlung legt das Weibchen sechs bis acht Eierchen.