Endlich stand er auf und ging in das Nebenzimmer, um zu sehen, ob kein Page da wäre. Hier fand er den guten Jüngling, der die Wache übernommen hatte, am Tische sitzen. Vor ihm lag ein Brief an seine Mutter, den er zu schreiben angefangen hatte; allein er war während des Schreibens eingeschlafen. Der König trat leise hinzu und las den Anfang des Briefes, der so lautete: „Meine beste, geliebteste Mutter! Nun ist es schon die dritte Nacht, daß ich für Geld Wache habe. Beinahe kann ich es nicht mehr aushalten. Indes freue ich mich, daß ich wieder zehn Thaler für Dich verdient habe, die ich Dir hiermit schicke.“ Gerührt über das gute Herz des Jünglings, läßt der König ihn schlafen, geht in sein Zimmer, holt zwei Rollen mit Dukaten, steckt ihm in jede Tasche eine und legt sich wieder zu Belt 3. Alßs der Edelknabe erwachte und das Geld in seinen Taschen fand, konnte er wohl denken, woher es gekommen sei. Er freute sich zwar darüber, weil er nun seine Mutter noch besser unterstützen konnte; doch erschrak er auch zugleich, daß der König ihn schlafend gefunden hatte. Am Morgen, sobald er zum Könige kam, bat er demütig um Vergebung wegen seines Dienstfehlers und dankte ihm für das Geschenk. Der gute König lobte seine kindliche Liebe, ernanute ihn sogleich zum Offizier und schenkte ihm noch eine Summe Geldes, um sich alles anzuschaffen, was er zu seiner neuen Stellung brauchte. Der treffliche Sohn stieg hernach immer höher und diente den preußischen Königen als ein tapferer General bis in sein hohes Alter. Pustkuchen⸗Glanzow. 9. Der kranken Mutter. l. Im kublen Schatten, auf freien Höhn, wie bluht ihr Blümlein so wunderschön! Euch hat ein Engel so reich gemalt, dass ihr in Parben des Himmols strahlt. 2. Der kranken Mutter pflück' ich den Strauls, trag ihr den Pruhbling ins stille Haus. Nun freu' dich wieder, mein Mutterlein, dich heilen Blumen und Sonnenschein! J. Sturm.