20 Da rettete ihn die Klugheit seiner treuen Gattin Agnes. Sie erbot sich, vor dem Landgrafen einen Fußfall zu tun und um Gnade für ihren Gemahl zu bitten. Mit dem schönsten Schmuck angetan, erschien die Edelfrau im Lager des Landgrafen. Der aber war sehr zornig und schwur, alle Bewohner der Burg sollten slerben 2s oder in die Gefangenschaft geführt werden. Nur die Gemahlin des Ritters samt ihren treuen Mägden sollte frei abziehen. Auch dürften sie ihre besten Schätze auf dem Rücken mit forttragen. Hocherfreut eilte Agnes in die Burg zurück, gab ihren Dienerinnen die schönsten Kleider und andre Kostbarkeiten zu tragen, 3o sie selbst aber nahm ihren Mann auf den Rücken, und so zogen sie zum Burgtor hinaus. Der Landgraf mußte herzlich lachen über den fonderbaren Zug. Einige seiner Diener aber meinten, er möge das nicht dulden; so wäre es ja nicht gemeint gewesen. Der wackere Landgraf aber sagte: „Was ich versprochen habe, das halte ich 35 auch! Ich wollte nur, in meinem ganzen Lande wäre des Weibes bester Schatz der Mann, nicht aber prachtvolle Kleider und Edel— steine.“ Und er ließ sie ziehen in Frieden. sdmeider, Hessische Sagen. 4. Hgnes von Burgeln und der Stadtwald von Volfhagen. or langer Zeit lebte in Wolfhagen eine Edelfrau, die hieß Agnes von Bürgeln und war eine kluge und fromme Frau. Wenn sie Zeug trocknete, warf sie es nur in die Luft, da blieb es ohne Seil hängen. Sie hat den Kirchturm bauen lassen bis an den letzten Um— »gang, wo ihr Bild ist; da ist sie gestorben. Am liebsten erzählen die Wolfhagener das Stückchen, wie sie einmal einen Grafen von Waldeck an der Nase herumgeführt hat. Wo nämlich jetzt der Wolfhagener Stadtwald ist, war vormals Ackerland. Es gehörte den Grafen von Waldeck, die es an Agnes 10 von Bürgeln verpfändet hatten. Die bestellte es viele Jahre hin⸗ durch. Da forderte ein Waldecker Graf die Länder zurück. Agnes wollte sie aber nicht wieder hergeben. Es kam zu einem Rechtsstreit, der beiden Teilen große Kosten und viel ärger brachte. Endlich ließ Agnes dem Grafen sagen, daß sie zu einem Vergleich geneigt i5 sei; sie wolle die Länder noch einmal besäen und sie dann nach der Ernte zurückgeben. Damit war der Graf einverstanden. Agnes ließ nun die Länder pflügen und Eicheln in den Boden säen. Im Herbst kam der Graf, um zu sehen, ob Frau Egnes schon eingeerntet habe. Da bemerkte er, daß die Länder mit jungen