B. 2 2 Lyrische Poesie. Das ist des Lyrikers Kunst: aussprechen, was allen gemein ist, Wie er's im tiefsten Gemüt neu und besonders erschuf; Oder dem Eigensten auch solch allverständlich Gepräge Leihn, daß jeglicher drin staunend sich selber erkennt. Emanuel Geibel. 2 2 * D. Rein lyrische und episch lyrische Poersie. Der Dichter kträgt das Herz der Welt im Busen. Was einen Menschen, was die ganze Menschheit Bewegt, betrübt, erschüttert und beseligt, Das fühlt er ganz, das schöpft er ganz und tief Im Lebensborn, als voller, ganzer Mensch. Leopold Schefer. XV. Weltliche Lieder. 162. Lied im Freien. Von Johann Gaudenz von Salis-Seewis. Gedichte. Zürich, 1828. 1. Wie schön ist's im Freien, Man sieht sie verrinnen Bei grünenden Maien In stillem Besinnen, Im Walde wie schön! Halb träumend, halb wach. Wie süß sich zu sonnen, 5. Ju weiten Bezirken, Den Städten entronnen, Mit hangenden Birken Auf luftigen Höhn! Und Buchen besetzt, 2. Wo unter den Hecken Gehn Damhirsch' und Rehe Mit goldenen Flecken In traulicher Nähe, Der Schatten sich mischt, Von niemand gehetzt. Da läßt man sich nieder, 6. Am schwankenden Reisig Von Haseln und Flieder Hängt zwitschernd der Zeisig, Mit Laubduft erfrischt. Vor Schlingen nicht bang; 3. Drauf schlendert man weiter, Erfreut, ihn zu hören, Pflückt Blumen und Kräuter Sucht keiner zu stören Und Erdbeer'n im Gehn; Des Hänflings Gesang. Man kann sich mit Zweigen, 7. Hier sträubt sich kein Pförtner, Erhitzet vom Steigen, Hier schnörkelt kein Gärtner Die Wangen umwehn. Kunstmäßig am Hain; 4. Dort heben und tunken, Man braucht 3 des Geldes; Gleich blinkenden Funken, Die Blumen des Feldes Sich Wellchen im Bach; Sind allen gemein. Paulsiek, deutsches Lesebuch. U. 1. 195 13