183 Gewaltthaten. Margareta (§ 75) versuchte mit französischer und schottischer Hilfe, ihren Sohn in den Besitz der Krone zu bringen. Der Handstreich missglückte, und der Schattenkönig Heinrich VI., welcher in die Gewalt seiner Gegner fiel, ward im Tower (spr. Tauer), dem alten Staatsgefängnisse in London, eingekerkert. Als der König, der seine Herrschaft für befestigt halten mochte, die Verwandten seiner Gemahlin in verleßzender Weise begünstigte und die Städte und Bürger’ vielfach bevorzugte, entzweite er sich mit dem Hochadel, dessjen Bedeutung durch den langen Thronstreit sich übrigens schon vermindert hatte. Als mächtigste Familie im Lande galt die der Neville (pr. Néwill), deren Haupt der an Gütern und Einfluss reiche Graf von Warwick (spr. U-örrik), der sogenannte „Königsmacher“, war. Dieser verbündete sich mit des Königs Bruder, dem Herzoge von Clarence, zur Wiedereinsezung des gestürzten Königshauses. Die Aufständischen siegten über Eduard IV. bei Nottingham (spr. Nöttingäm), zwangen ihn zur Flucht nach dem Festlande, und führten Heinrich VI. aus dem Tower auf den Thron. Im nächsten Jahre kehrte Eduard IV., unterstützt von dem Herzoge Karl dem Kühnen von Burgund, nach England zurück, siegte zuerst bei Barnet (spr. Barnt) über Warwick, der im Kampfe fiel, und hierauf bei Tewksbury (spr. Tjütßberi) über das Heer der Königin Margareta und ihres Sohnes. Letzterer wurde vor den Augen des Siegers niedergehauen. Auch ein beträchtlicher Theil der Mitglieder des Hochadels gieng in diesen Schlachten zugrunde, da Eduard IV. vor jedem Kampfe seinen Kriegsleuten zurief: „Verschont das Volk und tödtet die Herren!" - Heinrich VI. ward wieder nach dem Tower gebracht, wo ihn des Königs Bruder Richard, Herzog von Gloucester, eigenhändig getödtet haben soll. Mit Georg von Clarence, seinem zweiten Bruder, entzweite sich Eduard IV. wegen der Erbschaft des Grafen Warwick. Der Herzog ward nach dem Tower geführt und verurtheilt, doch ließ man ihm die Wahl der Todesart frei. Nach der Überlieferung. soll sich Clarence in einem mit süßem Weine gefüllten Fasse ertränkt haben. Eduard IV. war eifrig bemüht, seinem Sohne Eduard (V.) die Thronfolge zu sichern, weshalb er das Unterhaus begünstigte und auf die Belebung des Handels und der Gewerbe sein Augenmerk richtete. Der König dachte auch daran, den Krieg gegen Frankreich wieder auf- zunehmen, aber Ludwig AI. (§ 73) beschwichtigte ihn durch die Zahlung einer an- sehnlichen Lösesumme, für welche die unglückliche Königin Margareta aus der Ge- sangenschaft entlassen wurde. Nach dem Tode Eduard's IV. übernahm Richard, Herzog von Gloucester, die Vormundschaft über seine beiden noch minderjährigen Neffen, Eduard V. und Richard, unter dem Titel eines Protectors. Bald bemächtigte sich der Protector selbst des Thrones und regierte als Richard II]. (1483—1485) überaus tyrannisch. Außer seinen beiden Neffen, welche im Tower heimlich getödtet wurden, fielen noch zahl- reiche andere Personen der Habsucht oder der Rache des Usurpators zum Opfer. Von einer ansehnlichen britischen Partei gerufen, landete Heinrich Tudor (spr. Tjüdör) mit französischen Söldnerscharen an der Küste von Wales. Verstärkt durch ansehnliche Zuzüge, welche sich ihm fast täglich angeschlossen hatten, schlug Heinrich Tudor die Schlacht bei Bosworth (spr. Bößuörds), in der das Schicksal des Reiches entschieden ward. Richard III., dessen Truppen theilweise zu Heinrich übergiengen, wurde ge- schlagen, im Getümmel getödtet und sein Gegner noch auf dem Schlachtfelde zum Könige ausgerufen. Heinrich VII. (1485-1599), der erste König aus dem Hause Tudor und Erbe der Ansyrüche des Hauses Lancaster, vermählte sich, auf den Wunsch des 1465. 1470. 1471. 1471. 1471. 1485.