116 Im Unterrichtswesen legte Josef II. nach dem Nützlichkeits- system, dem er überall huldigte, das meiste Gewicht auf die Volks- erziehung und auf die nutzbringende Praxis der Studien. So gründete er eine medizinische Schule (das Josefinum in Wien) für die Heran- bildung von Militärärzten. Für die Armen und Leidenden errichtete er das Armeninstitut, das allgemeine Krankenhaus in Wien, Siechenhäuser, Waisenhäuser u. m. a. Die religiös-sittlichen Grundlagen der staatlichen Gesellschaft suchte er mit hohem Ernste zu befestigen; er war ein Feind ebenso des Voltaireschen Spottes wie der Bigotterie, anderseits ein aufrichtiger Freund der Aufklärung. Seine wohlgemeinten Reform- versuche scheiterten aber größtenteils, weil er sie überhastete und als Idealist die Macht wirklicher Verhältnisse, namentlich des konservativen Prinzips im Volk, der Sonderbestrebungen des Adels und der Nationen unterschätzte. Aber er hat für seine Völker so viel dauernd Segens- volles gewirkt, daß er als ihr Wohltäter unvergeßlich bleibt. 1785 [Der Fürstenbund, 1785.*)] Bei seinem Streben nach einer möglichst einheitlichen Regierung mußte Josef immer daran gemahnt werden, daß die österreichischen Niederlande mehr eine Schwierigkeit als eine Verstärkung seiner Macht seien. Er faßte deshalb den Plan, sie unter dem Titel eines Königreiches Burgund gegen Bayern zu ver- tauschen, und gewann den Kurfürsten Karl Theodor hiefür. Allein Friedrich trat ihm auch hier entgegen, indem er den Protest des Erben Bayerns, des Herzogs von Zweibrücken, gegen diesen Tausch nicht nur unterstützte, sondern auch den „Fürstenbund“, eine Verbindung der meisten deutschen Fürsten „zur Erhaltung des Reichssystems“, zuwege brachte. Der Kaiser mußte darauf seinen Plan aufgeben. [Innere Unruhen, Der Türkenkrieg.] Die weitgehenden Neuerungen Josefs auf politischem und kirchlichem Gebiete hatten in den Nieder- landen das größte Mißbehagen erzeugt, das durch die Kunde von dem beabsichtigten Tausche noch vermehrt wurde. Es brach ein Aufstand aus, in welchem sich die Niederländer für unabhängig erklärten (1789). Josef konnte nicht viel dagegen tun, da er sich als Bundesgenosse der russischen Kaiserin Katharina in einen Krieg mit den Türken 1788 verwickelt hatte (1788). Auch in Ungam war die Unzufriedenheit mit seinen politischen Reformen so gestiegen, daß ein Aufstand auszubrechen drohte, welche Gefahr er kurz vor seinem Tode nur dadurch beseitigte, daß er den alten Zustand der Dinge wiederherstellte. Er hinterließ seinem Nachfolger die Aufgabe, den niederländischen Aufstand und den Türkenkrieg zu beendigen. *) L. v. Ranke, Die deutschen Mächte und der Fürstenbund. 2 Bde,