204 Die Römer. c) Die Religion. Im Anfange des zweiten Punischen Krieges beginnt die völlige Hellenisierung der römischen Religion (S. 150), indem man damals zum erstenmal zwölf Gottheiten! nach griechischem Muster zu- sammenstellte, die seitdem als „Vereinigte Götter‘ (dii consentes) verehrt wurden. Die Erklärung für diese Hellenisierung liegt darin, daß die religiösen Vorstellungen der Griechen und Römer, wie die beiden Völker selbst, miteinander nahe verwandt waren; wesentlich yefördert wurde sie durch die Hellenisierung der Literatur. Nach dem zweiten Punischen Kriege begann der Verfall der römischen Religion durch das Eindringen der griechischen Philosophie und lie politische Entwicklung des Volkes. Die erstere war nämlich in religiöser Beziehung ungläubig, weshalb auch ein Senatsbeschluß die griechischen Philosophen aus Rom auswies. Infolge des Zurück- iretens des religiösen Interesses hinter das politische wurde der Opferkönig (S. 161) auch zu Staatsämtern zugelassen und miß- brauchten die Auguren ihre Stellung zu politischen Zwecken. In allen Schichten der Bevölkerung verbreitete sich Aberglaube, d) Die Literatur. 1. Die Poesie. Die Anfänge einer selbständigen römischen Poesie, die überwiegend einen derben Charakter zeigen, wurden durch die mächtig eindringende Literatur der Griechen beseitigt und ss trat die Nachahmung der griechischen Dichter an ihre Stelle, So kommt es, daß sich bei den Römern, abweichend von den Griechen, gleichzeitig mit dem Epos auch das Drama und wenig später als die Poesie auch die Prosa entwickelte. Am meisten wurde das Drama, besonders die Komödie, bearbeitet, die aber bei den Römern einen derberen Charakter annahm. ; Die Hellenisierung der römischen Literatur begann mit der Tätigkeit des Tarentiners 7. Livius Andronicus in der Mitte des 3. Jahrhunderts, der griechische Dramen und die Odyssee über- setzte. In der Tragödie hielten sich die Römer an Kuripides, in der Komödie an Menander, die damals die griechische Bühne beherrsch- ten. Zeitgenossen des Andronicus waren die Römer Naevius und Ennius, die griechische Dramen bearbeiteten, sich aber auch im nationalen Drama und im Epos (auch hier nach griechischen Vor- bildern) versuchten. Der begabteste Komödiendichter war Plautus, ı Liv. XXIII, 10; vgl. S. 51.