90 — letzt auf ungestutzte Tauben los und lockte ihn durch ein an einer Schnur bewegliches Flügelpaar einer weißen Taube (Federspiel oder Luder) mit dem gefangenen Vogel wieder auf die Faust. Eine solche Abrichtung erforderte viel Geschick, Mühe und Zeit und ein gut abgerichtetes Tier hatte deshalb einen hohen Wert. Auch waren für diesen Zweck nur die edleren Arten der Falken geeignet. Ritter und Edelfrauen trugen, wenn sie zur Jagd auszogen, ihren Lieblingsfalken auf der Faust, der Falkner die übrigen auf einem großen Rahmen von Holz. Erblickte man eine Beute, so wurde dem Falken die Kappe abgenommen und der Vogel mit der Faust gegen die Beute geworfen. (Bild Tu— petz II. 48.) Die Männer liebten die gefährliche Jagd auf Auerochsen und Bären, Eber und Wölfe, Elen uund Luchse und mußten da— zu auch ganz anders ausgerüstet sein. Neben Pfeil und Bogen trugen sie meist noch eine Streitaxt. Das war ein Eisen an kurzem Stiele, an einer Seite beilförmig, an der anderen wie ein Hammer gestaltet; häufig ragte noch in der Richtung des Stieles ein Spieß zum Stoßen hervor. (Zeichnen.) Zu solcher Jagd gehörten Mut, Tapferkeit und Sicherheit im Gebrauch der Waffen. Die erwarb man sich in den Kampfspielen oder Tur— nieren. d) Erziehung zum Ritter. Wer Ritter werden wollte, mußte als Sohn eines Ritters geboren (ritterbürtig) sein und durch lange Jahre zum Ritter erzogen werden. Von Wissenschaft war da freilich keine Rede; ein anständiges Benehmen (besonders gegen Frauen) zu erler— nen, ein gewandter Reiter zu werden und Geschicklichkeit in der Führung der Waffen zu erwerben, das waren die Aufgaben der ritterlichen Erziehung. Gewöhnlich kam der Ritterssohn mit sieben Jahren an den Hof eines befreundeten Edelmannes; dort erhielt der Knabe, der nun Bube, Edelknabe oder Page (sprich Pasche) genannt wurde, seine erste ritterliche Erziehung. Er stand im Dienste der Frauen, hatte diesen bei Tisch aufzuwarten, mußte seinem Herrn beim An- und Ablegen der Rüstung behilflich sein u. dgl.