* Wanderschaft. Kein Geselle konnte also Meister werden, wenn er nicht einige Zeit in der Fremde zugebracht hatte; denn das Wandern bot dem Lernbegierigen viele Vorteile. Da lernte er fremde Gegenden und Städte, fremde Gebräuche und Spra— chen kennen. Bei anderen Meistern sah er noch neue Kunstgriffe, die ihn tüchtiger und geschickter machten, wenn er sich dieselben aneignete. Mancher hat sich in der Fremde als Meister nieder— gelassen und dort sein Glück gemacht. Kehrte er aber in die Heimat zurück, so genoß er hier viel mehr Achtung und Ver— trauen als ein Handwerker, der weiter nichts als seine Heimat gesehen hatte; er erhielt deshalb auch mehr Bestellungen und konnte sich infolgedessen leichter etwas erwerben und ersparen. — Freilich brachte die Wanderschaft auch manche Beschwerden mit sich. Oft fand der Handwerksbursche lange keinen Meister, bei dem er längere Zeit hätte bleiben können; dann kam er leicht in Not. Gar schlimm aber war es, wenn er in der Fremde krank wurde; wohl war er auch da nicht ganz verlassen, denn die Her— berge seines Gewerbes stand ihm offen und wersah ihn sogar mit einigem Gelde, wenn er weiterreisen wollte. umfaßte alle, welche zu geziemendem Tun zusammenkamen. Innung, Zunft und Gilde (pon gelten) bedeuteten ursprünglich dasselbe, bis das letzte Wort für die reicheren oder hervorragenderen Genossenschaften der Kaufherren und Künstler allein gebräuchlich wurde, welche also mehr galten als die Angehörigen anderer Stände. — Bild: Aus der Zunftzeit, 3 K. — Jede Innung hatte ein eigenes Handwerkszeichen oder Zunftwappen, die Schlosser z. B. einen Schlüssel, die Schmiede ein Hufeisen u. dgl. Daher stammt die Redens— art: Er ist seines Zeichens (nach seinem Zeichen) ein Schneider. In der Lehre wurden die Jungen sehr streng gehalten, häufig mußten sie auch noch Lehrgeld zahlen. Der Geselle mußte sein eigenes Werkzeug haben (er hatte das Zeug dazu) und sehr fleißig arbeiten (arbeiten, was Zeug hält, soviel das Werkzeug erleidet). Wer am meisten in der Welt herumgekommen, gefahren war, Erfahrungen gesammelt hatte, also erfahren war, galt am meisten. Wer die Gesetze der Zunft nicht befolgte, wurde ausgeschlossen und durfte sein Handwerk nicht mehr ausüben (das Handwerk wurde ihm gelegt). Wer ein Handwerk betrieb, ohne der Zunft anzugehören, wurde ein Pfuscher genannt (er pfuschte den anderen ins Handwerk); das konnte er nur heimlich, auf dem Boden (Mz. den Böhnen, Mundart) tun und hieß deshalb spott- weise Böhnhase. Das Handwerk hatte damals wirklich einen goldenen Boden und man sagte: Ein schlechtes Handwerk, das seinen Mann nicht exnährt. Mit einem Handwerk kommt man weiter als mit tausend Gulden.