314 — herrschte in Spanien der kränkliche und kinderlose König Karl II., der letzte Sprosse der spanischen Linie des Hauses Habsburg (zu Spanien gehörten damals noch Provinzen Italiens und die bel— gischen Länder). Als Karl II. (1700) gestorben war, machte die habsburgisch-österreichische Linie Anspruch auf sein Gebiet. Doch auch Ludwig XIV., der Frankreich durch Eroberungskriege und einen prunkenden Hofhalt zum angesehensten Staate Europas gemacht hatte, glaubte ein Anrecht darauf zu haben, da er mit der äiltesten Schwester des verstorbenen Königs vermählt war, obgleich die spanische Prinzessin bei ihrer Vermählung auf jedes Recht an die spanische Krone hatte verzichten müssen. Aber diese ihre Verzichtleistung erklärte Ludwig für ungültig, um die spanische Krone für seinen Enkel (Philipp von Orleans) zu erwirken. Berechtigte Erbin wäre infolge dieser Verzichtleistung der älteren Schwester des Verstorbenen, die jüngere gewesen, die mit Leopold J. vermählt war. Sie war aber schon lange gestorben und hatte eine Tochter hinterlassen, die mit dem Kurfürsten von Bayern (Max Emanuel), einem der gefeiertsten Feldherren seiner Zeit, vermählt war; er hatte sich besonders in den Kämpfen gegen die Türken hervorgetan, weshalb ihm Leopold seine Toch— ter (Maria Antonie) zur Gemahlin gegeben hatte. Ihr Sohn Josef Ferdinand) aus dieser Ehe war demnach der eigentliche Erbe Spaniens. Der junge Prinz starb aber auch noch vor sei— nem Vater und so fiel das Erbrecht an seinen Großvater Leo— pold. Dieser strebte die Nachfolge für seinen Sohn Karl, den nachmaligen Kaiser Karl VI., an. Wie bitter enttäuscht war aber sterreich, als am Todes— tage des spanischen Königs dessen letzter Wille eröffnet wurde uind darin die ganze Erbschaft dem Enkel Ludwigs XIV. zuge— prochen erschien. Es war klar, daß nur die Ränke des franzö— sischen Hofes dem todkranken König ein Testament entlocken sonnten, das so ganz seinem Benehmen von früher widersprach. Leopold aber erklärte das Testament als gefälscht (unter⸗ schoben) und so war der Krieg unvermeidlich. Da der Kurfürst von Preußen Unterstützung versprach, erhob ihn Kaiser Leopold zum König. Auch an den Seemächten England und Holland, die schon woen ihrer eigenen Sicherheit eine so ungeheure Vergrö—