274 — Der Dichter wandle durch die Zeit mit euch, Und in der Bühne luft'gem Märchenreich, Sei ihm ein Denkmal prangend aufgemauert, Das Erz und Schrift und Völker überdauert! Aus der Novelle: „Der Lotsencommandeur.“ *— 30 3 85 Das Haus des Lotsencommandeurs, von dem ich rede, liegt hart am Ausgange des Stroms in die offene See; eine Viertelstunde Wegs ist der von Bollwerken eingefasste, von Booten und Schiffen belastete, träge, schmutziggrane Strom an den kleinen Häusern der kleinen Hafen— stadt entlang geschlendert, bis er das letzte Hans erreicht, das ihm gleichsam den Reisesegen ins Meer hinaus gibt: dieses Haus hat der Lotsencommandeur für sich und seine Kinder gebant; denn seine Fran ist todt. Aus der offenen Veranda und von dem Balkon, der darüber aufsteigt, blickt man auf den Uferrand, die kurzen schmalen Hafendämme mit den Feuerthürmen und auf die weite See; aus dem Arbeitszimmer des Lotsencommandeurs blickt man auch rechts auf den hinausziehenden Strom und das Rettungsboot, das, zehn Schritte entfernt, am Bollwerk schaukelt. Was wäre mein Lotsencommandeur ohne das Rettungsboot; und was wäre das Rettungsboot ohne meinen Lotsencommandeur! Manches Dutzend von Gescheiterten, Gestrandeten, Ertrinkenden hat es schon gerettet; keinen ans diesen Dutzenden ohne den Mann, der es bauen, der es verbessern ließ (vor zehn Jahren vielleicht), der auf der ersten Probefahrt umschlug und ertrank, aber nach zwei Stunden — ein schon Aufgegebener — wieder zum Leben gebracht ward; den die ganze „Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ kennt (aber ich werde diesen hübschen, lang aufgeschossenen, kranshaarigen Mann nicht beim Namen nennen), und der von allen „Rettungsstationen“ dieser Gesellschaft an Nord- und Ostsee vielleicht die thatenreichste und prämien— reichste commandiert: denn wo kein andrer mehr wagt, fängt für ihn das Wagen erst an. Seine Freunde haben ihn im Scherz den „Menschen— fischer“ getanft; übrigens macht er ein ziemlich grimmiges Gesicht, wenn man ihn so nennt, zieht die Brauen unsinnig hoch hinauf und lächelt geringschätzig; denn so lang er es nicht auf hundert Gerettete gebracht hat, muss man nicht davon reden! — Du aber, der du dein Leben noch nie für einen andern gewagt hast, glaube nicht, dass der Lotsen— commandeur, von dem ich rede, den Wert seines Lebens nicht zu schätzen wüsste, er es für jeden Unbekannten in die Wellen wirft; er hat es sehr lieb; ich weiß es. Er genießt es, wie du und ich; er genießt es aus seinem Tschibnk, den die beiden Töchter ihm stopfen, aus seinen Büchern, die er mit Andacht studiert, aus seinem Fernrohr, mit dem er das große Buch des offenen Meeres durchblättert, aus dem Anblick