228 Hannibal. Die Männer machen doch, so scheint's, die Stadt. Scipio. Die Männer, — nicht der Mann, der einzelne! Du schlugst den Varro und erschlugest Römer, Doch Rom blieb auch bei Cannä unbesiegt. Hat es sich dir gebeugt, dir Wort gegönnt? Wenn nicht, so rühme keines Siegs dich über sie. Hannibal. Doch war's ja Rom, das jene Feldherr'n wählte, 125 Und also seine Besten fielen mir. 120 Scipio. Roms Beste glaubst du jene Feldherr'n? Kaum, Zum mindesten die besten Krieger nicht. Sie waren Consuln, und zu anderm noch Als bloß zum Fechten werden die erwählt. Vom Wechsel frei und unaufhaltsam, wie Der Wesen Kreis im Umschwung der Natur, Geht unsers Staates immer kreisend Rad; Das Einzelne wird wohl erwägt, das Ganze, — Wie Winter sich und Sommer, Herbst und Lenz Mit Sturm und Sonne, Frucht und Blüte folgen, Bleibt sich in ewig gleichen Bahnen gleich. Auch schwache Führer liebt mein Staat zu haben, Damit der Starke nicht zum Stärksten werde; Und lieber sei ein Varro selbst besiegt, Als dass ein Consul mit der Siegerfaust An seinen Busen schlag' und rufe: Hier ist Rom! — Leb' wohl! 130 135 140 Hannibal. Bleib noch, und lass uns weiter sehen! Scipio. Die Römer hättest du besiegt? Das waren — Die du besiegt, sie waren keine Römer: Selbstsüchtig eitle Thoren waren sie, Nach Kränzen trachtend für ihr eigen Haupt. Ein Römer aber sieht in sich nur Rom, Rom will er heben, Rom verherrlichen, Rom dienen, sterben nur für Rom! Als einen solchen siehst du mich; ein solcher Bin ich des Siegs für morgen so gewiss, Als diese Hand gewiss ist meinem Arm. Und wär's, dass ich erläge, — sieh, ich glaub's nicht, Wenn ich auch wollte, kann ich es nicht denken, — 145 150