II. Hemmungen und Förderungen der Reformation 1522 — 46. 119 suchen, die ihrerseits vielfach aus politischen, gegen das Kaiser¬ tum gerichteten und der Aussicht auf Säkularisation entspringen¬ den Beweggründen der Reformation sich zuwandten. Ergaben sich daraus innere Hemmungen und eine Verfälschung der ur¬ sprünglichen Prinzipien, so war andrerseits die allgemeine Welt¬ lage dem Fortgänge der Reformation günstig: Karl V., seit 1521 von Deutschland abwesend, ohne zureichende finanzielle Mittel (vgl. S. 97 Anm.), in der wirksamen Ausnutzung seiner Macht gerade durch die Gröfse und Vielgestaltigkeit seines Reiches be¬ hindert, konnte zudem die Unterstützung der deutschen Fürsten in seinen Kämpfen gegen Franz I. und die Türken, zeitweise auch gegen den Papst nicht entbehren; so haben der französische König, der Papst und die Türken am Reformationswerke mitgeholfen. 1. Hemmungen der Reformation durch die Revolution (1522 — 25). a) Die Wittenberger Radikalen (1522). Während Luther auf der Wartburg weilte, gewannen in Wittenberg unter der Führung des begabten, aber auch unruhigen und eiteln Karlstadt radikale Elemente, noch unterstützt und fortgerissen durch eine Anzahl aus Zwickau vertriebener Schwärmer, die ihrerseits wieder wohl von taboritischen Strömungen beeinflufst waren, die Ober¬ hand. Karlstadt ging an die sofortige, gänzliche und gewaltsame Beseitigung des alten Kultus („Bilderstürmer“). Auf die Nach¬ richt von diesen bedrohlichen Vorgängen eilte Luther, ohne Rück¬ sicht auf seine Person und erfüllt von felsenfestem Gottvertrauen, herbei und wurde durch die Macht seiner Predigt der Bewe¬ gung Herr. b) Die Revolution der Reichsritterschaft (1522 — 23) und ihre Folgen. Das Programm der schon lange unruhigen Reichsritterschaft war: Sturz des Fürstentums und Schaffung einer neuen Reichs Verfassung auf der Grundlage des Zusammenwirkens von Kaisertum und Ritterschaft, Vernichtung der Kapitalmacht und Herstellung der auf der Naturalwirtschaft beruhenden Zustände, Durchführung der Kirchenreformation auf gewaltsamem Wege und Säkularisation der geistlichen Territorien. Während Hutten mehr die idealen und nationalen Seiten dieses Programms vertrat (seit