Die Strenge und Herbheit von Cornelius' Freskenstil übersetzte dessen bedeutendster Schüler, Wil- Helm von Kaulbach, ins Runde und Gefällige, und indem er den Reiz der von jenem verschmähten Farbe hinzufügte, gewann er eine Volks- tümlichkeit, die dem ernst ringenden Cornelius versagt blieb. Von Fried- rich Wilhelm IV. mit der Ausmalung des Treppenhauses im Neuen Mu- seum beaustragt, stellte er in sechs Fresken entscheidende Wendepunkte der Weltgeschichte dar. Das bedeu- tendste ist die Hunnenschlacht auf den Katalaunischen Gefilden. Mit glücklichem Griff wird nicht die Schlacht selbst geschildert, sondern der Kamps der Geister der Gefallenen, welcher sich nach der Sage noch drei Tage und drei Nächte fortsetzte. Von Frauen geweckt, greifen sie, noch ganz in traumhaftem Zustand, zu den Waffen, und wie magnetisch nach oben gezogen, erwachen sie mehr und mehr zu vollem Bewußtsein und nehmen am Kampfe teil. Wer sind die Anführer? Wie sind die beiden Parteien charakterisiert? Symbolisch wie die Geisterschlacht selbst ist auch der Hintergrund: die Stadt Rom. Beliebt war Kaulbach auch als Jllu- strator (Goethes Reineke Fuchs, Ga- lerie Goethescher Frauengestalten). 74. Wilhelm von Kaulbach, Die Hunnenschlacht. Fresko im Neuen Museum, Berlin.