74 Frankreich im Zeitalter der Reformation. H. Der Religions- und Bürgerkrieg in Frankreich (1562 bis 1598) nnd die Wiederherstellung: des inneren Friedens durch Heinrich IV. (bis 1610). Als Heinrich II. 1559 an einer im Turnier empfangenen Stirnwunde gestorben war, begann für Frankreich alsbald eine Zeit blutiger innerer Kämpfe. Diese führen den Namen von Religionskriegen, und in der That stritten darin die Anhänger Kalvins, die Hugenotten, deren Zalil trotz der Verfolgungen durch Franz I. und Heinrich II. in beständigem Wachsen be¬ griffen war, um die Anerkennung und Duldung ihres Glau¬ bens. Zugleich aber wollten die ehrgeizigen Grossen des Reiches die Schwäche der drei Söhne Heinrichs II., die der Reihe nach ihrem Vater folgten (Franz II. bis 1560, Karl IX. bis 1574 und Heinrich III. bis 1589) und mit deren letztem das Haus der Valois ausstarb, benützen, um die Macht des Königtums zu schwächen und sich selbst wieder Einfluss zu verschaffen. Mit welchem Hass gestritten wurde, zeigt die Thatsache. dass fast alle Parteiführer einen gewaltsamen Tod fanden. A. Parteiverhältnisse: Schon unter dem unselbständigen Heinrich II. hatten die Guisen1), nämlich Herzog Franz von Guise und sein Bruder Karl, Erzbischof von Reims und Kardinal von Lothringen, sich mächtigen Einfluss am Hofe errungen. Dieser wuchs noch, als der körperlich und geistig schwache, sechzehnjährige Franz II.2) den Thron bestieg, der mit der schönen Schottenkönigin Maria Stuart, einer Nichte der Guisen. verheiratet war. Sie waren die Führer der katholischen Partei. Ihnen gegenüber standen als Häupter der Hugenotten die Bourbonen, Anton, durch seine Gemahlin König von Navarra3), und sein Bruder Ludwig, Prinz von Conde; der geistig bedeutendste Mann im Lager der Hugenotten war Gaspar de Coligny, Admiral4) von Frankreich. An die Stelle von Franz und Karl von Guise traten nach ihrem Tode die Söhne des ersteren, der Herzog Heinrich von Guise und der Kardinal Ludwig. Die Führung der Hugenotten übernahm nach dem Tode Antons von Navarra und J) Sprich: gü-isen. 2) „In quo par animi ac corporis imbecillitas erat“, sagt von ihm de Thou, der hugenottische Geschichtschreiber der Bürgerkriege. 3) Wovon er jedoch nur den nördlich von den Pyrenäen gelegenen Teil besass; vgl. § 8: Einleitung. 4) Ein Titel, der etwa soviel wie Feldmarschall bedeutete nnd zur Seemacht in keiner Beziehung stand.