186 Kirche gab Rudolf die Möglichkeit, gegen Ottokar von Böhmen, der sich seiner Wahl nicht gefügt hatte *), mit Festigkeit vorzugehen. Als derselbe mehrmals vergeblich zur Verantwortung geladen war, ward 1276 die Reichs- acht über ihn verhängt und ihm offen der Krieg erklärt. Rudolf drang die Donau abwärts bis nach Wien vor, das sich ihm nach mehrmonatlicher Be- lagernng ergab. Da gleichzeitig in Steiermark und Kärnten die böhmische Herrschaft zusammenbrach, so suchte Ottokar durch Anerkennung Rudolfs und Abtretung der eigenmächtig erworbenen südöstl. Herzogtümer (1276) das angestammte Böhmen und Mähren zu retten. Der Schmerz über jenen Länderverlust trieb ihn bald darauf zu neuem Kampf, dessen Entscheidung an dem r. Ufer der unt. March bei Dürnkrut (nördl. v. Marchfelde)2) erfolgte (1278); geschlagen, suchte Ottokar den Tod. Jener Sieg begründete die Habsburgische Macht im Südosten des Reiches. Im I. 1283 übergab Rudolf seinem Sohne Albrecht3) Österreich, Steiermark und Krain; Kärnten überließ er dem Grafen Meinhard von Tirol für ge- leistete Hilfe; Böhmen und Mähren verblieben dem Sohne Ottokars, Wenzel (II.). Nach der Begründung einer größeren Hausmacht suchte Rudolf durch Her- stellung und Befestigung des Landfriedens im südl. und westl. Deutschland seinen königlichen Beruf zu erfüllen, ohne indes zu festen Ergebnissen zu ge- langen; namentlich ward er des schwäbischen Adels niemals Herr; dagegen hat er am Ende seines Lebens in Thüringen eine durchgreifendere Thätigkeit entwickelt. Dem Königtum an Stelle des alten verschleuderten Reichsgutes in den jährlichen Geldabgaben der Städte neue Hilfsquellen zu erschließen, ist Rudolf wenigstens in den Reichsstädten (vgl. S. 144) geglückt; freilich der größere Teil der Bischofs st ädte nahm, wie die reichsunmittelbare Ritter- schaft, Steuerfreiheit dem Reiche gegenüber in Anspruch 4). Für die nüchterne Denkweise des Königs hat die italische Politik der alten Kaiserzeit Mit ihren idealen Zielen nichts Verlockendes gehabt: die Kaiser- würde hat er zwar bis zu seinem Tode zu erwerben getrachtet, aber, von den deutschen Angelegenheiten in Anspruch genommen, nicht erworben. Rudolf starb in Speier ^) 1291 und ward hier beigesetzt; die Be- mühungen zuletzt, seinem Sohne Albrecht das Königtum zu erwerben, scheiterten an dem Widerstande der Kurfürsten, die auf Betreiben der 3 rheinischen Erz- bischöfe einen Mann aus unbedeutendem Geschlechte wählten, den Grafen Adolf von Nassau (a. d. mittl. Lahn). 1) Böhmen war 1273 von d. Kur ausgeschlossen worden; es ward 1289 von Rudolf in dem Kurrecht bestätigt. 2) Das Marchfeld liegt im Mündungsgebiet der March zwischen Wien und March- egg (ct. d. March). 3) Die Belehnnng hatte Ende 1282 neben Albrecht sein Bruder Rudolf erhalten; 1 die Doppelherrschaft ward 1283 auf Bitten der Unterthanen aufgehoben. 4) Köln, Mainz, Worms, Speier, Straßburg, Basel, Regensburg hießen wegen dieser Steuerfreiheit Freistädte; für diese 7 Städte kam in d. 2. Hälfte des 15. Jahrh. d. Name „freie Reichsstadt" auf, der dann auch andern Reichsstädten beigelegt worden ist. 5) Rudolf war in Germersheim (Anf. Juli) erkrankt u. begab s. von da, scheinbar wohl, nach Speier, wo er d. 15. Juli starb. Die Volkssage ließ ihn den oft besungenen Grabesritt nach Speier thun.