§ 121. 122. Rückblick. — Deutschland nach dem Kriege. — Thüringen. 231 und besonders durch Gründung von Schulen Wandel schaffen. Auch in dieser Beziehung leuchtete Ernst der Fromme von Gotha weit über Thurmgens Grenzen hinaus den Fürsten als Muster voran; er sorgte für Gesetz und Recht ordnete das Gerichts- und Verwaltungswesen und nahm stch vor allem der Schule an. Er war der erste Fürst, der den allgemeinen Schulzwang einführte; Volks- und Fortbildungsschulen wurden geschaffen Lehrbucher au feine Anordnung ausgearbeitet und durch die Gothaifche Schulordnung (1648) der Unterricht in Volksschulen und Gymnasien genau geregelt Das deutsche Nationalgefühl erlosch, auch das beJ S Zugehörigkeit fchwaud. Die führenden Kreise wandten stch von denDeutschen ara verrohten Sitten ab und eigneten sich nach französischem Vorbilde eine feinere Lebensart an, wobei vieles von guter deutscher Art verloren ging und schlimme undeutsche Manieren ins Land kamen. Wer es .irgend ver¬ mochte, folgte dem Vorbilde der höheren Stände, die Französisch sprachen und schrieben. An die Stelle des Nationalgefühls trat das konfessionelle Gemeinschaftsgefühl; noch lange trennte m Deutschland Evangelisch und Ka¬ tholisch mehr als Deutsch und Nichtdeutsch. Da stch m vielen Landschaften bei den Untertanen das Gefühl der Anhänglichkeit an das Herrscherhaus ent- wickelte wurde die Stärke des Nationalgefühls des einzelnen damit von der Stellung abhängig, die fein Fürst zu nationalen Fragen^euumhm. unb Auch die deutsche Sprache war verwildert und durch Fremdworter ent- £{tctatur stellt Die deutsche Literatur erreichte ihren Tiefstand etwa um dieselbe Reit, wo die französische in ihr goldenes Zeitalter eintrat. Nur die satirische Dichtung, die in unzähligen Flugblättern verbreitet wurde, $Dnnte unt^r ^ zersetzenden Einfluß des Krieges gedeihen. Für die Beurteilung der Kultur¬ zustände zur Zeit des großen Krieges ist der Roman .MmpKaus ^Simple cissimns" von Grimmelshausen von größter Bedeutung. Erst allmählich fand die Schlesische Dichterschule (Martin Opitz, Friedrich von Logau, Andreas Gryphius) mit ihren Erzeugnissen allgemeinere Beachtung und Anerkennung. Die aeistliche Dichtung war unter den Katholiken besonders durch Angelus Silesius, unter den Evangelisch-» durch Paul Gerhardt und Joachim Neander tocrtTctcrt. Politisch zerstört, kirchlich zerrissen, wirtschaftlich zugrunde gerichtet, in feinem nationalen Selbstgefühl vernichtet, fchien das deutsche Volk auf eine große Zukunft keine Aussicht mehr zu haben. & 1ZZ. Thüringen. Auch für Thüringen wurden durch .den West¬ fälischen Frieden die religiösen und territorialen Verhältnisse, die sich hter seit der Reformation entwickelt hatten, anerkannt. „...... In religiöfer Beziehung behielten alle thüringischen Gebiete ihren testantischen Charakter; nur das Eichsseld war (zirka 1570—1610)_ vom Erz* bischos von Mainz mit Hilfe der Jefniten größtenteils dem katholischen Be- kenntnis zurückgewonnen worden. „ _ In territorialer Beziehung tritt die Neigung zu die schon den wettinischen Besitz gespalten hatte, im 16. und 17. Sahr^unbcrt besonders hervor; die heutige staatliche Zerrissenheit Thüringens geht Haupt- sächlich auf jene Zeit zurück. Schon nach der Absetzung Johann Friedrichs des Mittleren infolge der Grumbachischen Händel (vgl. § 108) hatten seine Sohne und fein Bruder zusammen eine Teilung vorgenommen, in der dieser den ost¬ lichen Teil Thüringens (Weimar, Jena, Altenbnrg), jene den westlichen (Gotha,