Frankreich im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation 193 seinen Kriegen mit Karl V. (§ 162, 165) schließlich Burgund. Sein Sohn Heinrich II. erwarb Metz, Toul und Verdun (§ 168) und behielt trotz der Niederlagen durch die Spanier bei St. Quentin und Gravelingen das früher englische Calais. Als Nationalstaat hatte sich also Frankreich, obwohl durch habsburgische Lande von drei Seiten umklammert, behauptet, und überdies hatten die Kämpfe wider die Fremden das völkische Selbstbewußtsein der Franzosen abermals — wie in den Nationalkriegen des 15. Jahrhunderts gegen die Engländer — mächtig gefördert. Trotz harter Ketzeredikte breitete sich unter Franz I. und Heinrich II. die evangelische Lehre namentlich in den Kreisen des Adels und des wohlhabenden Bürgerstandes aus. Als begeisterte Calvinisten schufen sich die Hugenotten eine feste Organisation, Die Reii- deren politische Häupter der einer Nebenlinie des Königshauses an- pgarteien gehörige Titularkönig von Navarra, Anton von Bourbon, dessen tüchtigerer Bruder Prinz Conde, und der edle Admiral Coligny wurden. Die katholische Gegenpartei aber, die sich auf die Masse des Volkes stützen konnte, stand unter der Führung des Herzogshauses der Guise; sein Hauptvertreter war anfangs der rücksichtslose Franz und später Heinrich von Guise. Sie übten bestimmenden Einfluß auf den jungen Franz II., Heinrichs II. Nachfolger, und suchten diesen auch zu be¬ haupten, als (1560) der unmündige Karl IX. seinem Bruder folgte. Die ehrgeizige Regentin, die Königinmutter Katharina von Medici, begünstigte deshalb die Hugenotten. Franz Guise rächte sich hierfür, indem er unter den Hugenotten des Dorfes Vassy ein Blutbad an¬ richtete (1562). Es war der Anfang der französischen Religionskriege, die Beginn der nun ein Menschenalter hindurch das Land verheerten und der kriege Einmischung fremder Fürsten preisgaben, indem der katholischen Partei durch Philipp II. von Spanien, den Hugenotten besonders von deutschen Kalvinisten Hilfe kam. Im Felde den Gegnern meist unterliegend, behaupteten sich die Hugenotten doch dank ihrer Zähigkeit und straffen Organisation. Nach dem Religionsfrieden von St. Germain (i^?o) wurde Coligny sogar sehr einflußreich am Hofe KarlsTX., bewirkte die Verlobung Margarethes von Valois mit dem Sohne des verstorbenen Königs Anton, Heinrich von Bourbon, und suchte der französischen Politik die Richtung gegen Spanien zu geben. Das rief die Bedenken und die Eifersucht der Königinmutter wach. Als ein Mordplan gegen Coligny mißlang, veranlaßte sie einen großen Schlag wider die Hugenotten insgesamt: an zweitausend Hugenotten, die zum Teü zur Hochzeit Bourbons und Margarethes nach Paris geeilt waren, wurden in der Bartholomäusnacht nieder¬ gemacht. Das Morden wurde 1572 Die Bartho¬ lomäus¬ nacht fortgesetzt. Ihr verzweifelter Widerstand verschaffte trotzdem den Hugenotten wieder Duldung und freie Religionsübung. Koch, Lehrbuch der Geschichte. IV. 13