21. Belle-Alliance. 133 englischen linken Flügels unterrichtet war, rasch auf die Vorwerke La Haye und Pape- lotte vor, wo die Division Durutte sich soeben eingenistet hatte. Prinz Bernhard von Weimar rettete die Trümmer seiner Truppen, als die preußische Hilfe herankam, rückwärts in den schützenden Wald von Soignes; seine tapfern Nassauer waren durch das lange, ungleiche Gefecht völlig kampfunfähig geworden. Die Brigade Steinmetz warf nun die Franzosen aus den beiden Vorwerken wieder hinaus, die braudeubur- gischen Dragoner hieben auf die Zurückweichenden ein, die Batterien des ersten Korps bestrichen weithin den rechten Flügel des Feindes, und bis in das französische Zentrum hinein verbreitete sich schon die Schreckenskunde, dort auf der Rechten sei alles ver- spielt. Gegen 7 Uhr war die Schlacht für Napoleon unzweifelhaft verloren. Sein linker Flügel hatte wieder und wieder vergeblich oas Schloß Goumont berannt, im Zentrum war der große Reiterangriff gescheitert, auf der Rechten und im Rücken drängten die Preußen von zwei Seiten her näher und näher; den einzigen Gewinn der letzten Kämpfe, die Meierei von La Haye Samte auf die Dauer zu behaupten, war nicht mehr möglich. Durch einen rechtzeitigen Rückzug konnte noch mindestens die Hälfte des Heeres gerettet werden. Es ergab sich aber notwendig aus dem Cha- rakter des Imperators und aus seiner verzweifelten politischen Lage, daß er diesen Ausweg verschmähte und noch einen dritten allgemeinen Angriff versuchte — diesmal nach zwei Seiten zugleich. Er ließ um sieben Uhr die 24 Bataillone seiner Garde heran- rufen, behielt nur zwei als letzte Reserve zur Hand, sendete zwölf nach Plancenoit gegen Bülow. Die übrigen zehn sollte Ney zu einem neuen Augriff gegen das eng- tische Zentrum führen, abermals westlich der Landstraße, möglichst entfernt von den Scharen Zietens. Mit stürmischem Hochruf eilten die Bataillone bei Belle-Alliance an dem Imperator vorüber: es war ja ihr Handwerk, den Sieg zu entscheiden. _ Sie tauchen dann in die unheimliche Bodenmulde hinab, wo dichte Haufen von Leichen und Pferden den Todesweg der französischen Reiter bezeichnen, stürmen unter Trom- melschlag, unbekümmert um die Geschosse der englischen Batterien, über die Felder, ersteigen den Abhang dicht vor der Front der britischen Garde. Droben liegen in- dessen Maitlands Grenadiere im Grase verborgen. Als die ersten Bärenmützen auf der Höhe erscheinen, schallt weithin Wellingtons durchdringender Ruf: „Auf, Garden! Fertig!"—und mit einemmal steigt dicht vor den Augen der entsetzten Franzosen eine rote Mauer auf, die lange Linie der englischen Garde, eine furchtbare Salve kracht auf wenige Schritte Entfernung in die Reihen der Angreifer hinein. Ein kurzes, wütendes Handgemenge, dann werden die Blauen von den Roten mit dem Bajonett den Abhang hinuntergeschleudert. Neys Pferd bricht von einer Kugel getroffen unter dem Reiter zusammen, und wie sie den Führer fallen sehen, wenden sich die Garden zur Flucht. Der aber macht sich von seinem Tiere los, springt auf, versucht mit zornigen Rufen die Weichenden zu halten. Umsonst; denn mittlerweile sind die übrigen Bataillone weiter links zwischen zwei Feuer geraten und gehen eben- falls zurück. Die Kaisergarde stiebt auseinander; ihr unglücklicher Führer irrt bar- Haupt, mit zerbrochenem Degen auf dem Schlachtfelde umher und sucht vergeb¬ lich die Kugel, die ihn von seiner Gewissensangst und seinen sinstern Ahnungen erlösen soll. Indem hatte Blücher schon den Schlag geführt, der die Vernichtung des napoleo¬ nischen Heeres entschied. Die Truppen Bülows gingen in drei Kolonnen im Sturm- schritt auf Plancenoit vor. In und neben dem Dorfe hielten jene zwölf frischen Batail- ione der Kaisergarde; und sie fochten mit dem höchsten Mute: denn alle fühlten, daß