Die Zeit des Deutschen Bundes bis zur Begründung des Deutschen Reiches. 139 IL Die Zeit des Ringens um Derfailungen und nationale Gestaltung der Staaten Eowie um ioziale Umordnung« 1. Die Zeit von der Begründung des Deutrehen Bundes bis zur Begründung des Deutfchen Reiches 1815—1871. § 91. Überblick. Die Träume von allgemeiner Völkerverbrüde- rutig und von allgemeinem Weltfrieden, welche der Ausbruch der fran- des zösischen Staatsumwälzung bei politischen Schwärmern hervorgerufen hatte, waren bald der rauhen Wirklichkeit gewichen. Krieg und wieder Krieg hatte Europa heimgesucht. Statt der erwarteten Freiheit hatten seine Völker die schwere Hand eines Despoten gefühlt, der nach einer Univer- salherrschast trachtete. Gerade gegen diese Vergewaltigung bäumte sich der Nationalgeist schließlich auf. Nach der Befreiung von der Napo- leonischen Vorherrschast streben die Stämme, welche unter sremder Regie- rung stehen, nach Erlösung ans dem unnatürlichen Zwangsverhältnis, in welches sie früheres Geschick oder der Wiener Kongreß gebunden hat, so die Griechen, die Polen, die Iren, die südamerikanischen Kolonien, die Italiener, die Deutschen, diese beiden nach nationaler Einheit. In dem eigenartig zusammengesetzten Staate des Habsburgischen Hauses ringen die Bestandteile nach Selbständigkeit: die italienische Bevölkerung zerreißt das Land, welches sie an Österreich knüpft, die Magyaren fchüt- teln die deutsche Vormundschaft ab. die Slaven sinnen wie jene auf Unter- drückung der österreichischen Deutschen. Überall herrscht'nationale Span- nung. beeinflußt von wirtschaftlichen Interessen. Freiheit in Ge- werbe und Handel ruft einen mächtigen Wettbewerb hervor; gegen Über- flutung mit fremden Erzeugniffen suchen sich die Schwächeren durch Schutz- zölle zu sichern. Eine neue Art des Krieges hebt an, der Zollkrieg. Innerhalb der Nationen selbst regt sich, soweit ihnen noch nicht die po- litische Mündigkeit zuteil geworden war, der Drang nach Anteil an der Gesetzgebung mächtig: Das Volk verlangt und erringt Verfassungen, die feine Rechte und die der Staatsleitung feststellen. sassungen. Neben dem die Völker trennenden Nationalsinn wirken aber ver- bindend und versöhnend, ausgleichend und fordernd die neuen Verkehrs- mittel und die gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit und l}idE,ea Interessengemeinschaft. Stärker als die Großmächte ist die Weltmacht Umwälzung. Geld, das Kapital, das nationalen Klang haben kann, häufig aber eine internationale Vorherrschaft ausübt und die Arbeit von sich abhängig macht. Durch die Verwendung der Dampfkraft, später der elektri-