Schlußwort. Zum Schluffe mögen noch einige Bemerkungen dienen, die der ver¬ ständigen Leserin auch wohl ohne mein Erinnern in die Auaen fallen würden. Die deutsche Geschichte — ich meine die deutsche Geschichte als Stutz- und Haltpunkt der europäischen Ländergeschichten — erscheint im Vergleich zu der griechischen und römischen, welche einen einheitlichen großen Zug haben, verwirrt und vielgestaltig. Man verliert nicht selten die leitende Idee aus den Augen und verirrt sich in eine Menge von Sonderinteressen, die den Eindruck schwächen und unsere Phantasie in fremde Bahnen führen können. Ist doch von gelehrten und geistreichen Männern hie und da, halb im Scherz und halb im Ernst der Satz aufgestellt worden: „Wir Deutschen haben keine Geschichte !,v Suchen wir nach dem Grunde dieser Erscheinung, so werden wir uns sehr bald sagen dürfen, daß es eigentlich nur der Reichthum unserer Geschichte ist, die uns stört und ihre Unfertigfeit. Stehen wir doch noch mitten in der Entwicklung, in der Erwartung neuer Ziele und Gestal¬ tungen. Nur das Vollendete, Abgeschlossene aber kann als ein Ganzes überschaut werden. Die Griechen haben in einem Zeitraum von nicht ganz tausend jähren ihr Staatenleben ausgelebt, der Welt die Blüthe ihres Daseins eine vollkommene Kunst, hinterlassen. Die Römer haben fast in derselben Zeit die Macht der Weltherrschaft erreicht, die Formen des öffentlichen Lebens ausgebildet und sind dann in jähem Absturz zu Grabe gesunken den Reichthum der doppelten Erbschaft den germanischen Völkern über¬ liefernd. Wir stehen jetzt nahezu am zweiten Jahrtausend und haben im zweiten Kaiserreiche „gestern" zum erstenmale eine gesunde und dem Anschein nach dauerhafte Machtfülle errungen, zu welcher das erste Kaiserreich die Vorarbeit geliefert hat Das deutsche Volk ist bestimmt, den Gipfel der Geistesbildung und Humanität zu erreichen. Kein Wunder, daß die Grundlage eine breite daß der Sonderwege viele sein müssen, um Alles mitzunehmen, Nichts dahinten zu lassen, und daß die fortgeführten Schätze, scheinbar ordnungs- los durcheinandergeworfen, bunt und verwirrt sich ausnehmen mögen!