246 Das Altertum. Die Griechen. er war nicht bloß der Heldenführer einer Myrmidonenschar, sondern Make- doniens König und Griechenlands Oberfeldherr; es galt nicht die Eroberung einer Stadt, sondern eines Weltreichs, eines Erdteils, nicht die Rache ob einer Entfuhrung, sondern den Triumph des Hellenentums über die Barbaren Asiens. Wie sein Lehrer die gesamte Errungenschast des griechischen Geistes in sich vereinigte und der Nachwelt übergab, so gebot er über die ganze helle- nische Kraft und überwältigte mit ihr Asien, welches dadurch mit einem neuen Leben durchdrungen wurde. Griechische Städte erhoben sich bis zum Indus; zum erstenmal sah das innere Asien bürgerlich freie Gemeinwesen; griechische Bildung sproßte, wo vielhundertjähriger Despotismus den Geist in Schranken gehalten. Wie Aristoteles für keine Staatsform schwärmte, sondern die als die beste für ein Volk erklärte, welche die Entfaltung aller gesunden Kräfte gestattet und begünstigt, den Leidenschaften und der Willkür aber feste Schranken entgegensetzt und eben dadurch den politischen Einrichtungen Dauer verleiht, so war Alexander kein Despot; er ließ den Griechen ihre republikanischen Einrichtungen, wies aber ihre demokratischen Ausschweifungen zurück; er achtete die makedonischen Gesetze, gab den asiatischen Städten freie Gemeindeordnungen und wollte die von den Satrapen als Sklaven behandelten Landbewohner zu gesetzlich regierten Unterthanen umschaffen. Vollständig erkannte er die Wichtigkeit des Handels, nicht nur insofern derselbe dem Staate eine reiche Hilfsquelle ist, sondern er förderte ihn als die Grundlage des friedlichen Völkerverkehrs und der Verbreitung der Bildung; wirklich bezeugt auch die ganze Geschichte, daß kein Volk je eine hohe Bildungsstufe erstieg, welches sich allein mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigte und den Handel und das höhere Gewerbe zurückwies. Deswegen gründete er auf den Handelsstraßen Asiens überall Städte und wählte die Punkte mit so scharfem Blicke, daß dieselben bis auf den heutigen Tag Stapel- und Marktplätze Asiens und Ägyptens ge- blieben sind. 2. Eroberung ^erstens (334—327). Als Statthalter in Makedonien und als Wächter über Griechenland ließ Alexander den Antipatros aus dem vornehmsten makedonischen Adel mit einem Heere von 45 000 Mann zurück und brach selbst mit 35 000 Mann irrt Frühjahre 334 nach Asien auf. Er setzte über den Hellespont und opferte den Geistern der alten Helden auf dem Grabhügel des Achilleus, während sein Freund Hephästion den des Patroklos bekränzte. Hinter dem Granikos, einem in die Propontis mündenden Küstenflusse, erwartete ihn ein persisches Heer unter dem erprobten Memnon, dem Feldherrn des Königs Darius III. Kodomannos. Die Satrapen haßten den bevorzugten Rhodier und forderten, während er eine Hauptschlacht vermeiden und die Makedonier durch Ver-