I § Ii. Leben und Sitten. * 15 Land" an Stelle der Götter, welche in ihnen lebten, und wurden daher göttlich verehrt. Eine besondere Tracht, der Hirtenstab und der über sie gehaltene Fächer von Straußfedern, waren die Haupt-Abzeichen ihrer Würde. Die Königin galt als die Mutter des Landes. Bei ihrer Thronbesteigung wurden die Könige durch eine feierliche Einweihung in den Priesterstand aufgenommen. — Mit den ungeheuren Bauten, welche die ägyp- tischen Könige errichten ließen, und bei welchen mitunter 100,000 Arbeiter Frohu- dienste thun mußten, wollten sie ebenso sehr sich selbst ehren, als die Götter. Sie wollten damit ihren Namen „leben machen". An dem Hose des Königs herrschte ein strenges Ceremoniel (feierlicher Ge¬ brauch), und die Könige selbst, um ihre Würde und ihr Ansehön zu erhöhen, fügten sich gern in die Gesetze, welche ihre Beschäftigungen während des Tages regelten und ihnen sogar die Zeit und das Maß des Essens und Trinkens vorschrieben. Solche strengen Regeln hatten auch ihren Grund in dem Bestreben, „den Geistern der Un¬ reinheit keine Macht über sich zu geben und Alles zu guter Stunde zu thun." — Die ganze Umgebung des Königs war prunkvoll: zahlreiche Beamte bildeten seinen Hofstaat, sein Hausgeräth strotzte von Silber und Gold. Ebenso reich ausgestattet war die pharaonische Küche mit ihren Mundköchen und Mundschenken. — War ein König gestorben, so trauerte man in ganz Ägypten 72 Tage lang. An dem letzten Tage wurde Gericht über den Todteu gehalten. Man stellte seinen Sarg mit der Mumie neben sein Grab, dann sprach sein nächster Verwandter das Todtengebet und die Rechtfertigung des Todten. Erhob sich nun keine Stimme der Klage, so wurde der Sarg beigesetzt; murrte das Volk aber, so konnte die Beerdigung nicht in dem bestimmten Grabe stattfinden, und das Volk löschte in diesem Falle auch des Königs Namen auf allen von ihm errichteten Denkmälern aus, so daß es war, als habe er nicht gelebt. Das ganze Volk war dem Könige in Gehorsam unterworfen. Diesem gegenüber waren alle Ägypter ohne Unterschied des Standes wehrlose Knechte, die von seiner Gnade abhingen. Sie zerfielen in verschiedene erbliche Kasten, die im großen Ganzen in 3 Hauptabtheilungen einzutheilen sind: 1. die Priester, 2. die Krieger, beide die bevorzugten Kasten, und 3. das erwerbende Volk. Alles Land gehörte dem Könige, welcher es unter das Volk vertheilte, und dieses entrichtete ihm Steuern dafür; die Priester aber und die Krieger waren steuerfrei. Der Kriegerstand, dem die Könige angehörten, konnte in der Blüthezeit Ägyptens 400,000 Mann ins Feld stellen. Die Krieger erhielten vom Staate Acker- land und bezogen ihre Waffen aus den Zeughäusern. Ihre liebste Waffe war der Bogen, auch hatten sie Helme, Schilde, Lanzen und kurze Messer. Das Fuß- volk war in Reihen geordnet und bewegte sich nach dem Klange der Trompete. Die einzelnen Schaaren führten ihre besonderen Feldzeichen. Feste Städte griff man mit dem Widder*) au. Statt der Reiter führten die Pharaonen Streitwagen mit sich, von denen herab mit dem Bogen gekämpft wurde. Der Priesterstand war in Ägypten sehr mächtig und mit reich- lichen Einkünften bedacht. Die Priester besaßen ein Drittheil des Landes, welches sie von Zinsleuteu bebauen ließen, die ihnen einen Theil des Er- träges steuern mußten. Dadurch waren sie aller Nahrungssorgen enthoben und konnten ganz ihren gottesdienstlichen Pflichten und dem Studium der heiligen Schriften leben. Sie waren denn auch im alleinigen Besitze aller Kenntnisse der Wissenschaften und Künste. Je nach ihrem Range und ihren Beschäftigungen zerfielen sie in verschiedene erbliche Klassen. Jeder Haupt- tempel der verschiedenen Landschaften, in welche das Reich getheilt war, hatte seinen Ob er Priester. So lange Theben als Hauptstadt des Reiches *) Widder oder Sturmböcke waren lange Balken, deren eine Vorderseite mit Eisen beschlagen war und die Gestalt eines Widderkopfes hatte. Sie wurden auf ein Gerüst gelegt das man auf Rädern fortbewegte, und man rannte sie gegen die Mauern, um dieselben einzubrechen.