III. § 28. Die Schlacht an der Mia, die Gallier in Rom. 53 den Haaren an die Mähnen ihrer Pferde. Ihre Wunden erweiterten sie oft nach¬ träglich, um mit einer breiten Narbe prunken zu können. Die Sage erzählt: Ar uns, ein Bürger von Clusium, sei der treue Vor¬ mund eines Lukumo gewesen. Dieser aber lohnte, als er erwachsen war, seinem Vor¬ munde mit schwarzem Undanke, indem er ihm seine Frau entführte. Als Arnns vor Gericht kein Recht wider den reichen jungen Mann. erlangen konnte, belud er eine Menge Saumtiere mit Schläuchen voll Wein und Ol, sowie mit Binsenmatten voll trockener Feigen und ging damit über die Alpen zu den Galliern. Diesen sagte er, 'ins Land, das dies alles hervorbringe, werde ihnen gehören, wenn sie ihm folgten, denn ein unkriegerisches Geschlecht wohne darin. Das ganze Volk erhob sich mit Weib und Kind und zog über das Gebirge. Die Bewohner von Clusium suchten Hülfe bei den Römern, und diese schickten ihnen Gesandte, um die Barbaren zum Abzüge zu bewegen. Die Gallier gaben den Bescheid, wenn die Clusiner ihnen von ihrem über¬ flüssigen Lande abgäben, wollten sie Frieden halten, sie hätten ein Recht daran, das in ihren Waffen bestehe, denn tapferen Männern gehöre die Welt. — Bei einem Ausfalle der Clusiner mischten sich die römischen Ge¬ sandten in den Kampf. Der gallische Anführer Brennus (d. h. Heer¬ führer) ließ sofort ihre Auslieferung in Rom verlangen, und als dieselbe verweigert wurde, ließ er von Clusium ab und zog geradeswegs auf Rom zu. Am Bache Allicr trat den Galliern das in Eile gesammelte römische Heer entgegen. Dasselbe erlitt eine vollständige Niederlage.*) Der kleine Rest, welcher nHt vernichtet wurde, entfloh über den Tiber nach Veji, und Rom stand wehrlos dem wutentbrannten Sieger offen. Zum Glücke verbreiteten sich aber die Gallier über die Landschaft, die sie 2 Tage lang plünderten. Unterdessen flüchteten die Römer mit ihren Heiligtümern und Frauen in die Orte der Umgegend und befestigten die Burg. Nur 80 in Ehrenämtern ergraute Greise erwarteten die Feinde auf dem Forum, in ihren kurulischen Sesseln sitzend und mit den Ehrenzeichen der von ihnen bekleideten Ämter geschmückt. Am 3. Tage zogen die Gallier in die leere Stadt ein und drangen bis auf den Markt vor, wo sie auf der steilen Höhe des Capitols die Be¬ waffneten erblickten und vor sich die ehrwürdigen Senatoren. Sie waren zweifelhaft, ob die Götter herunter gestiegen wären zur Rettung Roms, und einer von ihnen zupfte den Consular (gewesenen Consnl) Manius Papi- rius am Barte. Da schlug ihn dieser mit seinem elfenbeinernen Stabe auf das Haupt. Sofort stießen die Barbaren die Greise nieder, raubten dann die Stadt aus und steckten sie in Brand. Das Capitol belagerten sie. Unterdessen sammelten sich viele flüchtige Römer in Veji und unter Camillus in Ardea und griffen die gallischen Raubhorden mit Glück an. Diese Scharen wollten den Camillus zum Dictator ernennen. Der einst so rachgierige Verbannte zeigte nun eine wahrhaft große Seele: er weigerte sich, die Ernennung ohne die Genehmigung des Senates anzunehmen. Da schwamm ein kühner Jüngling, Pontius Cominius, über den Tiber, erkletterte das Capitol und brachte von dort die Ernennung des Camillus zum Dictator durch einen Senatsbeschluß. So fest und treu hielten die Römer an ihrer beschworenen Staatseinrichtung, daß sich selbst der größte Held seiner Zeit willig wenigen hülslosen Belagerten unter¬ ordnete, denen er Rettung zu bringen gedachte, weil sie der Rest der rechtmäßigen Behörde des Staates waren. *) Der Tag an der Allia, der 18. Juli, derselbe, an dem einst die 306 Fabier an der Cremera gefallen waren, war fortan ein Trauer- und Bußtag im römischen Kalender.