Geschichtliche Lehrb�cher
von
3. C. Andr�,
Vis zum Negiernngsantrikk Kaiser Wilhelms II. durchgef�hrt und von der Zeil des Grotzen Aurf�rsten an sehr ausf�hrlich gehalten.
B�cher zum systematischen Unterricht
(f�r mittlere und obere Lehrstufen).
Grundri� der Weltgeschichte f�r h�here Lehranstalten. Mit 12 Geschichtskarten und 8 Tafeln zur Kultur- und Kunstgeschichte. 18. verbesserte Auflage, gr. 8�. (XII, 294 S.) 1890. Gauzleiueubaud
3. 50
Verzeichnis der im �Grundri�" enthaltenen a) Geschichtskarlen:
10.
1. Das s�dwestliche Asien und Aegypten.
2. Pal�stinau. die Sinai-Halbinsel. Niit 2 Nebenkarten. Die 12 Stammgebiete von Israel; Plan von Jerusalem.
3. Griechenland. Mit 2 Nebenkarten; B�otien; Umgebung von Athen.
4. Alt - Italien. Mit 1 Nebenkarte: Gegend um Rom.
5. Das r�m. Reich im IL Jahrh. n. Chr.
6. Germanien v. d. V�lkerwanderung.
7. Germanische Reiche um das Jahr 600 n. Chr.
Diese 12 Karten sind unter dem Titel zum Preise von 60 Pf, gesondert zu haben.
b) Tafeln jur Bull
1. Orientalische Kunst. 13 Abbildungen.
2. Griechische Baukunst. 9 Abbild.
3. Griech. Baukunst u. Plastik. 16 Abbild.
4. R�mische Kunst. 11 Abbild'.
Der �Grundri� der Weltgeschich! mittlere Knabenschulen bestimmt, hat al bis zu den Gymnasien, Eingang gesunde Lehrmittel ersten Ranges geworden ist durch besondere Ausgaben neuerdings
Geschichtlicher Leitfaden fi
schichtskarten. 8�. (XI, 153
Von Umfang geringer als der �( der Weltgeschichte ganz gedr�ngt in sehr die Nummern 1. 3. 4. 5. 6. 8. 9. 11 obix
8. Das Reich Karls des Gro�en.
9. Das deutsche Reich unter den Hohenstaufen.
Deutschland nach seiner Einteilung in 10 Kreise, nebst Angabe der histo-risch merkw�rdigsten Orte vom Aus-gange des Mittelalters bis aus Friedrich den Gro�en.
Brandenburg - Preu�en 1415�1869.
Europa zur Zeit Napoleons I. S�lit 2 Nebenkarten: Plan der Schlacht-fei ber von Leipzig und Waterloo.
�Kleiner historischer Schnlatlas"
ichle:
che Kunst. 12 Abbild, ulunst. 11 Abbild. >u. neuere Kunst. 7 Abbild. 11 Abbild.
40 mfangs haupts�chlich f�r CO iistillteu jeder Art, <5 P�dagogen wohlbekanntes t der M�dchenschulen
CN
o Auflage. Mit 8 Ge-uenbaud . . J6 2.20
,Leitfaden" die Thatsachen I. Die acht Karten sind
0$
No. 1079.
Abri�
der
Weltgeschichte
mit eingehender Ber�cksichtigung der Kultur-und Kunstgeschichte
f�r
h�here M�dchenschulen.
Mi 12 Geschichtskarten und 8 Tafeln zur Kultur- und Kunstgeschichte.
Vereinfachte Ausgabe des �Lehrbuchs der Weltgeschichte"
von
I. OL Andr�,
bearbeitet von
K. Kevin,
Professor, Direktor der H�heren M�dchenschule in Baden-Baden.
Verlag
Leipzig,
von R. Voigtl�nder. 1891.
Georg-Eckert-Institut
f�r internationale Schulbuchforschung �
Braunschweig Schulbuchbibliothekr
4 7/Jrs-^
HU-IL
\
"gTorroorf,
I. C. Andr�, der leider k�rzlich verstorbene verdiente Ver-fasser der bekannten, weit verbreiteten geschichtlichen Unterrichts-b�cher, hatte sich in den letzten Jahren seines Lebens noch der dankenswerten Ausgabe unterzogen, auch f�r die besonderen Ved�rs-nisse der h�heren M�dchenschule ein besonderes geschichtliches Unterrichtsbuch zu verfassen. Dieses �Lehrbuch der Weltgeschichte f�r h�here M�dchenschulen zc." (Kreuznach - Leipzig 1888) entsprach nach Umfang und Anlage dem �Grundrisse" desselben Verfassers. Bereits 2 Jahre sp�ter, Ostern 1890, ward eine 2. Auflage n�tig, welche eine wesentliche Vermehrung des Stoffes und Erweiterung des Umsangs (von 296 auf 336 Seiten) brachte. Namentlich bietet diese den litteraturgefchichtlichen und den kirchengeschichtlichen Stoff in m�glichster Vollst�ndigkeit, so da� damit, nach Absicht des Ver-fassers, ein besonderer Leitfaden f�r Literaturgeschichte, sowie f�r Kirchengeschichte entbehrlich werden sollte. Die zahlreichen Ein-f�hrungen des Buches zeigten, wie richtig Andr� das Bed�rfnis einer gro�en Anzahl von h�heren T�chterschulen beurteilt hatte.
Eine nicht minder erhebliche Anzahl von Anstalten d�rfte sich jedoch mit einem minder umfangreichen Lehrbuche begn�gen k�nnen und wollen, zumal eben jetzt in den betreffenden Fachkreisen und bereits auch in den offiziellen Lehrpl�nen (soweit solche schon er-lassen sind) mit gro�em Nachdruck eine wesentliche Beschr�nkung und Vereinfachung des Unterrichtsstoffes verlangt wird, nament-lich in der Richtung, da� der Geschichtsunterricht der h�heren M�dchenschule (mit Aufgeben des universal-historischen Stand-Punkts) sich der gro�en Hauptsache nach auf die deutsche Geschichte
, �eti� � - . u -
� IV �
(nebst vorausgehender Geschichte des klassischen Altertums) be-schr�nken soll.
Diesen Bed�rfnissen und Forderungen hoffen nun die Verlags-buchhandlung und der Unterzeichnete durch die vorliegende, wesent-lich vereinfachte Ausgabe des �Lehrbuches" zu entsprechen.
In diesem �Abri� der Weltgeschichte" ist die ganze Anlage des fr�heren Lehrbuches wesentlich vereinfacht namentlich dadurch, da� bei der Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit die deutsche Geschichte (von dem Gro�en Kurf�rsten an die branden-b�rg-preu�ische Geschichte) zu Grunde gelegt, die au�erdeutsche Geschichte aber (soweit sie �berhaupt noch behandelt wird) der deutschen Geschichte eingegliedert wird. Der kirchengeschichtliche und litteraturgeschichtliche Stoff ist wesentlich verk�rzt; dagegen ist der sonstige kulturgeschichtliche Stoff nicht nur beibehalten, sondern hat auch noch einige wesentliche Erg�nzungen erhalten. Die Form der Erz�hlung, welche in dem �Lehrbuch" h�ufig etwas breiter gehalten werden konnte, ist hier vielfach zusammengedr�ngt, jedoch so, da� doch der ganze Text in erz�hlender Form und in vollst�ndigen S�tzen geboten ist. Die in dem �Lehrbuch" ent-haltenen Bildertafeln und Karten sind s�mtlich auch in diese ver-k�rzte Ausgabe ausgenommen.
Vor allem indes leitete den Herausgeber das Bestreben, die meisterhafte Klarheit und Durchsichtigkeit der Darstellung, welche die Werke Andr�'s auszeichnen, auch in der neuen Anpassung seines Lehrbuchs an das sich stets fortentwickelnde praktische Bed�rf-nis zu erhalten.
M�ge das Buch in der vorliegenden Gestalt sich recht viele Freunde erwerben.
Baden-Baden, im September 1890.
L. Sevin.
Inhalt.
Seite
Einleitung..............................1
Erster Teil.
Das �ttertnm.
Von den �ltesten Zeiten bis zum Untergange des
westr�mischen Reiches x�476 n. Chr..... 3�10(
Erstes Kapitel: Geschichte der orientalischen V�lker . . . 3�20 � 1. Die Urzeit.
I. Die �gypter............5�9
� 2. Der Nil und das Land �gypten. � 3. Die Kultur der �gypter. � 4. �gyptische Geschichte (u. Baudenkm�ler).
II. Die Semiten............9�16
� 5. Die L�nder des semitischen Sprachgebiets. � 6. Die
Babylonier. � 7. Die Assyrer. � 8. Die Ph�nizier. � 9. Die Israeliten. � 10. Die beiden ersten Weltreiche.
III. Die Arier.............16�20
� 11. Die arische oder indo - germanische V�lkerfamilie. � 12. Die Meder. � 13. Das persische Weltreich.
Zweites Kapitel: Geschichte der Griechen......20�61
� 14. Die Griechen und ihr Land.
Erste Periode: Von den �ltesten Zeiten bis zum An-
fang der Perserkriege 500 v. Ehr.......22�42
� 15. Die G�tter der Griechen. � 16. Das Heldenzeitalter; Volksst�mme und Einwanderer. � 17. Die griechischen Heroen. � 18. Gemeinsame Heerfahrten in der Heroenzeit. � 19. Die dorische Wanderung und die griechischen Kolo-nien. � 20. Die Staatsverfassungen und die Nationalein-heit. � 21. Sparta und die Gesetzgebung des Lykurgus. � 22. Athen und die Gesetzgebung des Solon.
� VI �
Seite
Zweite Periode: Vom Anfang der Perserkriege bis zum Untergang der Unabh�ngigkeit Griechenlands, 500�338
v. Chr................42�56
� 23. Die Perserkriege. � 24. Die bildenden K�nste bis Perikles. � 25. Athen unter Perikles. � 26. Der pelo-ponnesische Krieg. � 27. Sokrates. � 28. Pelopidas und Epaminondas. � 29. Philipp von Macedonien und der Untergang der Freiheit Griechenlands.
Dritte Periode: Das macedonische Zeitalter .... 56�61 � 30. Alexander der Gro�e. Seine Jugend und Thron-Besteigung. � 31. Die Eroberung des Perserreichs. � 32. Alexanders Zug nach Indien und sein Tod. � 33. Die Reiche der Nachfolger Alexanders. � 34. Griechische Kunst und Wissenschaft nach Perikles.
Drittes Kapitel: Geschichte der R�mer......
� 35. Die R�mer und das alte Italien.
Erste Periode: Rom unter K�nigen 753�510 v. Chr � 36. Roms Gr�ndung. � 37. Die K�nige.
Zweite Periode: Rom als Republik 510�30 v. Chr I. K�mpfe zwischen Patriziern und Plebejern. Unter-
werfung von Italien.........65�69
� 38. Die Gr�ndung der Republik. � 39. Patrizier und Plebejer. � 40. Kriege mit den Nachbarst�mmen. Die Gallier in Rom. � 41. Die licinischen Gesetze. � 42. Die Samniterkriege. � 43. Der Krieg gegen Pyrrhus.
II. Das Zeitalter der punischen Kriege.....69�74
� 44. Der erste punische Krieg. � 45. Der zweite punische Krieg. � 46. Die Kriege im Osten. � 47. Der dritte punische Krieg.
III. Das Zeitalter der B�rgerkriege......75�82
� 48. Die Gracchen. � 49. Marius und Sulla. � 50.
Pomp ejus und C�sar. � 51. Octavianus und Antonius. � 52. Die Kultur ber R�mer bis zum Ende der Republik.
Dritte Periode: Rom als Kaiserreich 30 v. Chr. bis
476 n. Chr..............82�100
I. R�mische Kaisergeschichte bis 324 ...... 82�86
� 53. Kaiser Augustus. � 54. Die Kaiser aus bem Hause des Augustus. � 55. Die Flavier. � 56. Die guten Kaiser. � 57. Der Verfall bes Reiches bis aus Konstantinus.
II. Die Germanen vor der V�lkerwanderung . . . 86�93 � 58. Land und Volk. � 59. Lebensweise und Sitte.
. 61�100
. 62�65 . 65�82
� VII -
Seite
� 60. Religion und Verfassung. � 61. Beziehungen der R�mer zu den Germanen.
HI. Die christliche Kirche der drei ersten Jahrhunderte,
und das christliche R�merreich.......93 96
� 62. Die christliche Kirche der drei ersten Jahrhunderte. � 63. Das christliche R�merreich. � Kaiser Konstantinus. � Sieg des Christentums.
IV. Die V�lkerwanderung (bis 476)...... 96 100
� 64. Die Hunnen. � 65. Die Westgoten, Kaiser Theo-dosius, Alarich. � 66. Die Vandalen, Burgunder, Franken und Angelsachsen. � 67. Attila, der Hunnenk�nig. � 68. Untergang des westr�mischen Reiches.
Zweiter Teil.
I)as Mittelalter.
Dow Untergang des westr�mischen Reiches bis ?nr
Reformation 476�1517 ........ 101�154
Erste Periode: Die Zeiten des Frankenreiches . . . 101�117
I. Die Zeit der Merowinger.......101�108
� 69. Chlodwig, der Gr�nder des Frankenreiches. � 70. Theodorich der Gro�e, Gr�nder des Ostgotenreichs. � 71. Resultat der V�lkerwanderung. � 72. Chlodwigs Nachfolger. � 73. Das Lehnswesen. � 74. Das griechische Kaiserreich. � 75. Das Reich der Langobarden. � 76. Mohammed und der Islam. � 77. Das Frankenreich unter den letzten Merowingern. � Die Hausmeier. � 78. Das Christentum bei den Deutschen. Bonifatius.
II. Die Zeit der Pippiniden (Karolinger) .... 109�117
� 79. Pippin der Kleine und Karl der Gro�e. � 80. Karls Kriege. � 81. Karl als Kaiser und Regent. � 82. Karls Lebensweise und Tod. � 83. Ludwig der Fromme. Der Vertrag zu Verdun. � 84. Die Kultur w�hrend der Zeiten des Frankenreiches.
Zweite Periode: Geschichte des Deutschen Reiches (im
Mittelalter 843�1517)......... 117�154
I. Die deutschen Karolinger, nebst Konrad I. . . 117�118 � 85. Die deutschen Karolinger. � 86. Konrad 1. von Franken.
II. Die s�chsischen Kaiser.........118�124
� 87. Heinrich I. � 88. Otto I. der Gro�e. � 89. Die letzten s�chsischen Kaiser.
� VIII �
Seite
in. Die fr�nkischen oder salischen Kaiser .... 124�128 � 90. Konrad II. und Heinrich III. � 91. Heinrich IV. � 92. Der erste Kreuzzug. � 93. Heinrich V. � Lothar der Sachse.
IV. Die hohenstaufischen Kaiser.......128�137
� 94. Konrad III. � Der zweite Kreuzzug. � 95. Friedrich I. Barbarossa. � Der dritte Kreuzzug. � 96. Heinrich VI., Philipp von Schwaben (und Otto IV.). � Der vierte Kreuzzug. � 97. Friedrich II. und Konrad IV. � Untergang der Hohenstaufen. � Die letzten Kreuzz�ge. � 98. Das Papsttum und das M�nchswesen. Kirchliche Baukunst. � 99. Das Rittertum. � 100. Bl�tezeit der deutschen Dichtung. � 101. Das Interregnum.
V. � 102. Die Kaiser aus verschiedenen H�usern . 137�139 VI. � 103. Die luxemburgischen Kaiser.....139�141
VII. � 104. Kaiser aus dem Hause �sterreich . . . 142�143 � 105. Verfall des Rittertums. Das St�dtewesen. � 106.
Kunst und Wissenschaft des sp�teren Mittelalters.
Anhang. Die wichtigsten au�erdeutschen L�nder . . . 146�149 � 107. Frankreich. � 108. England. � 109. Spanien. � 110. Italien.
� 111. Vorboten der neuen Zeit. � 112. Entdeckungsfahrten der Portugiesen. � 113. Die Entdeckung Amerikas. Columbus. � 114. Entdeckungen und Eroberungen in der neuen Welt.
Dritter Teil.
Die neue Zeit.
Vom Beginn der Reformation bis zur Gegenwart 155�280
Erste Periode: Vom Beginn der Reformation bis zum
westf�lischen Frieden . .........156�175
� 115. Martin Luther. � 116. Der Anfang der Refor-matten. � 117. Regierungsantritt Kaiser Karls V. � Fortgang der Reformation. � 118. Karl V. und Franz I. � Ausbreitung der Reformation. � 119. Bek�mpfung der Reformation. Ausgang Karls V. � 120. Die n�chsten Nachfolger Karls V. � 121. Rudolf II. und Matthias. � 122. Der Drei�igj�hrige Krieg. � 123. Wissenschaften und K�nste im Reformations-Zeitalter.
Zweite Periode: Vom westf�lischen Frieden bis zum
Ausbruch der gro�en franz�sischen Revolution. . . 175�206 � 124. Brandenburg-Preu�en und die Hohenzollern.
Seite
I. Das Zeitalter des Gro�en Kurf�rsten . . . . 176�181 � 125. Regierungsantritt des Gro�en Kurf�rsten. � Erste englische Revolution. � 126. Polnisch-schwedischer Krieg � Unabh�ngigkeit Preu�ens. � 127. Der Gro�e Kurf�rst und Ludwig XIV. � Holl�ndischer Krieg.
IL Die Zeiten Friedrichs HI. (I.) und K�nig Friedrich
Wilhelms .............181�190
� 128. Friedrich HL als Kurf�rst. � 129. Friedrich III. als K�nig Friedrich I. � 130. Der gro�e nordische Krieg. � Peter der Gro�e. � 131. K�nig Friedrich Wilhelm I.
m. Das Zeitalter Friedrichs des Gro�en .... 190�206 � 132. Friedrichs des Gro�en Jugend und erste Thaten. � 133. Der Siebenj�hrige Krieg. � 134. Friedrich der Gro�e, Maria Theresia und Kaiser Joseph II. � 135. England und Nordamerika. � 136. Die christliche Kirche. � 137. Kunst und Wissenschaft. Bl�te der deutschen Dicht-kunst.
ritte Periode: Vom Ausbruch der gro�en franz�si-
schert Revolution bis zur Gegenwart..... 206�280
I. Die Revolution und Napoleons I. Kaiserherrschaft 206�229
� 138. Friedrich Wilhelm IL � Die Revolution in Frank-reich. � 139. Der National-Konvent. � Der erste Koalitionskrieg bis zum Frieden von Basel. � 140. Das Direktorium. � Ende des ersten Koalitionskrieges. � 141. Friedrich Wilhelm III. � Der zweite Koalitionskrieg. � Die Konsularregierung. � 142. Napoleon I., Kaiser der Franzosen. � 143. Die dritte Koalition; der Rheinbund; das Ende des heil, r�misch-deutschen Reiches. � 144. Preu�ens Erniedrigung und innere Wiedererhebung. � 145. Das Kontinentalsystem. Napoleons Krieg in Portugal und Spanien. � 146. �sterreichs Freiheitskampf. � 147. Napoleon auf der H�he seiner Macht. � 148. Napoleons Feldzug gegen Ru�land 1812. � 149. Die Befreiungskriege 1813�1815. Preu�ens Erhebung. � 150. Fortsetzung. Die Schlachten vom Jahre 1813. � 151. Der Kampf in Frankreich 1814 und der Wiener Kongre�. � 152. Napoleons Wiederkehr und Ende.
II. Die neueste Zeit 1815�1888 ...... 229�260
� 153. Deutschland bis 1848. � 154. Innere K�mpfe in Spanien, Portugal und Italien. � 155. Der Freiheitskampf der Griechen und der rusfisch-t�rkische Krieg. � 156. Die Julirevolution und ihre n�chsten Folgen. � 157. Die Februarrevolution in Frankreich. � 158. K�nig Friedrich
X �
Wilhelm IV. � Revolutionsbewegungen in Deutschland. � 159- Kaiser Napoleon III. � 160. Der Krimkrieg. � 161. Der italienische Krieg. � Italiens Einigung. � 162. K�nig Wilhelm I. von Preu�en. � 163. Franz�sische Expedition nach Mexiko. � Amerikanischer B�rger-krieg. � 164. D�nischer Krieg. � 165. Der deutsche Krieg von 1866. � 166. Der deutsch - franz�sische Krieg von 1870�1871. Der Kampf bis zu Napoleons Sturz. � 167. Fortsetzung: Der Krieg gegen die franz�sische Republik. � 168. Die Wiederherstellung des deutschen Kaiserreiches. � 169. Kaiser Wilhelm I. � 170. Die Kaiser Friedrich III. und Wilhelm II.
HI. Kulturzust�nde........... 260�280
� 171. Die Kirche. � 172. Die deutsche Dichtung (und Musik). � 173. Die bildenden K�nste in Deutschland. � 174. Die deutsche Wissenschaft. � 175. Gro�e Erfindungen.
I. Zeittafel................283
II. Die deutschen Kaiser und K�nige bis 1806 ..........289
HL Die Hohenzollern......... ... 290
IV. Vaterl�ndische Gedenktage...........290
V. Das preu�ische K�nigs- und deutsche Kaiserhaus .... 291
� XI �
Geschichtskarten.
1. Das s�dwestliche Asten und �gypten..................4
2. Pal�stina und die Sinai-Halbinsel. Mit 2 Nebenkarten: Die
12 Stammgebiete von Israel; Plan von Jerusalem .... 12
3. Griechenland. Mit 2 Nebenkarten: B�otien; Umgebung von Athen....................20
4. Alt-Italien. Mit 1 Nebenkarte: Gegend um Rom .... 62
5. Das r�mische Reich im II. Jahrhundert n. Chr......84
6. Germanien vor der V�lkerwanderung........86
7. Germanische Reiche um das Jahr 500 n. Chr......102
8. Das Reich Karls des Gro�en...........112
9. Das deutsche Reich unter den Hohenstaufen......128
10. Deutschland nach seiner Einteilung in 10 Kreise, nebst Angabe der historisch merkw�rdigsten Orte vom Ausgange des Mittel-alters bis aus Friedrich den Gro�en.........142
11. Brandenburg-Prcutzen 1415�1869 ..................176
12. Europa zur Zeit Napoleons I. Mit 2 Nebenkarten: Plan der Schlachtfelder von Leipzig und Waterloo........220
Tafeln mr Kultur- und Kunstgeschichte,
1. Orientalische Kunst..............................8
2. Griechische Baukunst...............48
3. Griechische Baukunst und Plastik..........50
4. R�mische Kunst................80
5. Mittelalterliche Kunst..............134
6. Gotische Baukunst................146
7. Mittelalterliche und neuere Kunst..........148
8. Renaissance..................174
Die 8 Tafeln zur Kultur- und Kunstgeschichte sind unter Benutzung der Werke von Arnold, Bayer, Bleuet, Boisseree, Brockhaus, Brugsch, B�hlmann, Chapuy, SutereH, Dohme, Falke, Fergusson, Frick, Gailhabaud, Eally Knight, Gell, Kallenbach, Lvtarouilly, L�bke, Ort-wein, Perrot und Chipiez, Primavesi, Reber, Schmitz, Strack, Stuart und Revett, Viollet le Duc, der Allg. Bauztg,, der Seemannschen Bilderbogen u. a. m. f�r die Verlagshandlung ge-zeichnet und geschnitten worden.
Einleitung.
Die Weltgeschichte erz�hlt Geschehenes und zwar Welt-begebenheiten, d. h. solche Thatsachen, welche auf die Entwicklung der Menschheit von wesentlichem Einfl�sse gewesen sind. So aus-gedehnt das Gebiet ist, �ber welches sie sich erstreckt, zieht sie doch nicht alle, sondern nur die V�lker in Betracht, welche zur Aus-bildung des ganzen Menschengeschlechts mitgewirkt haben.
Die Weltgeschichte wird eingeteilt in:
x v. Chr.�476 n. Chr. 1. die Geschichte des Altertums: von
den �ltesten Zeiten bis zum Untergange des westr�mischen Reiches;
476�1517. 2. die Geschichte des Mittelalters: vom Untergange des westr�mischen Reiches bis zur Reformation;
1517�x. 3. die Geschichte der neuen Zeit: von
der Reformation bis zur Gegenwart.
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte.
Erster Teil. Das Altertum.
Von den �ltesten Zeiten bis zum Untergange des West-r�mischen Reiches, x�476 n. Chr.
Die Geschichte des Altertums umfa�t:
1. die Geschichte der orientalischen V�lker,
2. die Geschichte der Griechen,
3. die Geschichte der R�mer.
Erstes Kapitel.
Geschichte der orientalischen V�lker.
� i.
Die Urzeit.
1. Ansang der Weltgeschichte. Die Weltgeschichte kennt ihre Anf�nge nicht. Von den fr�hesten Entwickelnngsstnfen der Mensch-heit fehlt uns zuverl�ssige, durch gleichzeitige (namentlich schriftliche) Zeugnisse gesicherte Kunde. Nur die Religion versucht, in das Geheimnis der Urzeit zu schauen. In einigen gro�en, allgemeinen Z�gen giebt uns die Bibel dar�ber Aufschlu�. �Im Anfang � so beginnt das erste Buch Mosis � schuf Gott Himmel und Erde." Und er schuf den Menschen �zu seinem Bilde" und bestimmte ihn, die Erde sich nnterthan zu machen und zu herrschen �ber alle Ge-sch�pfe. Zum Wohnsitz gab er dem ersten Menschenpaare, von dem �aller Menschen Geschlechter" abstammen, �einen Garten in Eden (Paradies) gegen Morgen". Also ist das Morgen-land d. i. das innere Asien der Ursitz des Menschen-
l*
� 4 �
geschlechts, ober bie �Wiege ber Menschheit". Von hier aus verbreiteten sich bie Menschen �ber alle L�nber ber Erbe.
2. Entstehung der Staaten. Nach ber Beschaffenheit ber Wohnsitze, welche bie Menschen eingenommen hatten, gestaltete sich ihre Lebensweise. Die Bewohner unwirtlicher Meeresk�sten n�hrten sich vom Fischfang; bie,welche in rauhenGebirgsgegenben hausten, lebten von ber Jagd; bie Steppenv�lker trieben Viehzncht unb zogen, ohne feste Wohnsitze, mit ihren Herben unb Zelten von Ort zu Ort. Alle biefe V�lker blieben roh unb werben nur bann in der Weltgeschichte vor�bergehenb erw�hnt, wenn sie als zerst�rende Horben in ben Entwickeluugsgang ber Menschheit eingegriffen haben. Auf eine h�here Stufe ber Gesittung erhoben sich biejenigen V�lker, welche in fruchtbaren Lanbsirecken, in ben Th�lern wasserreicher Str�me ober an g�nstig gelegenen Meeresk�sten sich niebergelaffen hatten. Sie gr�nbeten sich feste Wohnsitze, aus benen D�rfer unb St�bte erwuchsen; bei ihnen entwickelte sich der Ackerbau, bas Gewerbe, bie Schiffahrt, der Hctnbel, unb je fester sie zu-sammenwohnten, um so n�tiger w�rben ihnen auch bestimmte Ge-setze, burch welche sie ihre Gemeinschaft regelten unb zu einem georbneten Staate verbanben. Die �ltesten Staaten entstanben im Morgenlanb e ober Orient, unb zwar in ben Ebenen gro�er Str�me: am Nil, am gelben unb blauen Flusse, am Ganges unb Jnbus, am Euphrat unb Tigris. Doch k�nnen unter biesen orientalisch en V�lkern bie jenfeit bes Jnbusstromes wohnenben hier �bergangen werben; bernt wenn auch bie Jnber unb bie Chinef en fr�hzeitig eine h�here Bilbuugsstufe erreichten, fo finb sie boch, bei ihrer strengen Abfonberung von ben �brigen V�lkern, ohne wesentlichen Einflu� auf bte Entwicklung ber Menschheit geblieben. Ihren eigentlichen Laus aber beginnt bie Weltgeschichte mit ber Betrachtung ber V�lker, welche bie L�nber vom Nil ttitb Mittelmeer bis zum Jnbus b. h. �gyp ten unb bas s�bwest-liehe Asien einnahmen.
Dieselben verteilen sich auf brei gro�e V�lkergruppen (ober Sprachfamilien), welche nach ben brei S�hnen Noahs genannt zu werben pflegen, n�mlich:
1. bie H et in i ten, wozu bie �gypter geh�ren,
2. bie Semiten,
3. bie Japhetiten (jetzt gew�hnlich Arier ober Jubo-Ger-matten genannt).
� 5 �
I. Die �gypter (Hamiten).
� 2.
Der Nil und das Fand �gypten.
(S. Karte I.)
1. Der Nilstrom. Im nord�stlichen Afrika, nahe der schmalen Landenge, durch welche Afrika mit Asien zusammenh�ngt, ergie�t sich der Nil in das Mittelmeer. Einer der gewaltigsten Str�me der Erde, 6000 km lang, wird er durch Vereinigung von zwei Fl�ssen, dem sogenannten �wei�en" und dem �blauen" Nil gebildet, von denen der erstere, der westliche, st�rkere Quellflu�, dem m�chtigen Ukerewe-See am �quator entstr�mt, der kleinere, der blaue Nil auf dem abessinischen Hochland entspringt. Der vereinigte Strom flie�t dann in n�rdlicher Richtung durch W�sten- und Gebirgsland, in zehn Wasserf�llen (Katarakten) �ber Felsen herabst�rzend, bis er bei Syene �gypten (mit einheimischem Namen �die schwarze Erde") erreicht. Ohne Zuwachs durch Nebenfl�sse, doch �ber 1000 m breit, viermal so wasserreich als der Rhein an seiner M�ndung, durch-str�mt er dieses Land, zuletzt in mehrere Arme sich teilend, noch 1100 km weit bis zum Meere.
2. Das Nilland �gypten ist ein nur 2�4 Meilen (15 bis 30 km) breites, im Osten und Westen von �den Gebirgen einge-schlossenes Thal, das sich im Norden zu einer Tiefebene erweitert. Diese Ebene wird, weil sie, von zwei Armen des Nilstroms und dem Meere umgeben, die Gestalt eines Dreiecks hat, (nach dem griechischen Buchstabens) das Delta genannt. � �gypten, �eine schmale gr�ne Oase von �ppiger Fruchtf�lle" inmitten unabsehbarer W�ste, ist ein �Geschenk des Nil". Der m�chtige Strom befruchtet das Land durch seine allj�hrliche �berschwemmung.
Wenn der Schnee auf den Hochgebirgen seines Quelllandes schmilzt, wenn die tropischen Regeng�sse an seinem oberen Lauf eintreten, schwillt mit der Sommersonnenwende sein Wasser allm�hlich an. Gegen Ende des Juli tritt er aus den Ufern und �berflutet das ganze Thal, soda� er zu Ende September mehr als sechs Meter �ber dem niedrigsten Wasserstande steht. Ebenso allm�hlich, wie er gestiegen, f�llt der Flu� nach vier Monaten auf seinen ge-wohnlichen Stand zur�ck. Soweit diese Bewegung des Nil das Land bedeckt hat, ist �berall ein fruchtbarer Schlamm zur�ckgeblieben. Es ist die Erde, welche der wei�e und der blaue Flu� vor ihrer Vereinigung abgesp�lt hat und die der Nil auf der Sohle des Thals in ruhiger Str�mung ablagert. Die Er-frischung des Bodens durch die �berschwemmung, seine Befruchtung durch
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diesen Schlamm, die Abk�hlung der Lust durch diese Wassermenge gerade in den hei�esten Monaten sind um so wertvoller, als der blaue, gl�nzende Himmel des oberen Flu�thals niemals durch Regenwolken getr�bt wird, als die Hitze stark ist und die S�dwestst�rme den Sand und Staub der Sahara zuweilen �ber das westliche Grenzgebirge bis in den Nil hineintreiben. Dem Lande am untersten Laufe des Nil, dem Delta, sendet die N�he des Meeres von Zeit zu Zeit Regeng�sse, und acht Monate hindurch wird das ganze nach dem Mittel-meere ge�ffnete Thal von erfrischenden Nordwinden durchweht.
Durch seine Fruchtbarkeit that sich schon in der �ltesten Zeit �gypten unter den L�ndern hervor. Es n�hrte eine so zahlreiche Bev�lkerung, da� das Nilthal von St�dten wie �bers�et schien; durch seinen Getreidereichtum war es eine Kornkammer auch f�r andere V�lker (vgl. die Geschichte Josephs). Au�er Getreide erzeugte das Land Baumwolle, Dattelpalmen, die Papyrusstaude :c., von merkw�rdigen Tieren das Krokodil, das Flu�pferd, den Ichneumon, den Ibis. � Es wurde eingeteilt in Ober�gypten mit der Hauptstadt Theben, Mittel�gypten mit der Hauptstadt Memphis und Unter�gypten oder das Delta mit Sai's und dem sp�ter erbauten Alexandria.
� 3.
Die Kultur der �gypter.
1. Die Kasten. Die alten �gypter waren ein m��iges, arbeit-sames, gottesf�rchtiges Volk. Sie teilten sich in sogenannte Kasten d. h. streng voneinander gesonderte erbliche St�nde. Die erste und vornehmste Kaste war die der Priester, die nicht nur dem Religionswesen vorstanden, sondern sich auch allein im Volke mit wissenschaftlichen Dingen besch�ftigten; sie trieben Mathematik, Geometrie und Sternkunde; sie waren Richter, �rzte und Bau-meister. Den K�nigen standen sie als einflu�reiche Ratgeber zur Seite. �brigens war den K�nigen, die Pharaonen (d. i. S�hne des Sonnengottes Ra) genannt wurden, zun�chst der Kriegerstand untergeordnet, der die zweite Kaste bildete. Die dritte Kaste umfa�te die Gewerbetreibenden und begriff in sich die Handwerker, Kaufleute und K�nstler. Die vierte Kaste bildeten die Ackerbauer und Rinderhirten. Auch die Nilschiffer und in sp�terer Zeit die Dolmetscher waren besondere St�nde des Volkes. Die Schweinehirten endlich wurden f�r unrein gehalten und waren vom Besuche der Tempel ausgeschlossen.
2. Die Religion. Als G�tter wurden von den �gyptern
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die schaffenden, segenspendenden Naturm�chte verehrt, neben denen sie auch an verderbenbringende Gottheiten glaubten. H�chste G�tter waren: in Unter- und Mittel�gypten der Sonnengott Ra, in Theben der Himmelsgott Ammon; dem ganzen Lande gemeinsam war die Verehrung des Lebensgottes Osiris (Sonne, Nil) und seiner Gemahlin, der �gro�en G�ttin" Isis (Mond, Erde). Den Segensg�ttern stand entgegen der b�se Typ hon, der zerst�rende Gluthauch der W�ste. Einige G�tter wurden mit Tierk�pfen dar-gestellt; auch Tiere selbst genossen g�ttliche Ehre. So das Krokodil, der Ichneumon, der Ibis, die Katze. Als besonders heilig galt der Apis, ein Stier von schwarzer Farbe mit einem wei�en Dreieck aus der Stirn, der in Memphis einen pr�chtigen Tempel hatte.
Der Glaube an die Fortdauer des Menschen nach dem Tode erf�llte das ganze Leben der �gypter.
�Die �gypter/' sagt ein alter Geschichtschreiber (Diodor), �halten die Zeit dieses Lebens f�r sehr gering, aber die Zeit nach dem Tode, wo sich ihre Tugend im Andenken erhalten soll, sehr hoch. Darum nennen sie die Woh-nungen der Lebendigen Herbergen, weil wir nur eine kurze Zeit in den-selbigen wohnen; die Gr�ber der Verstorbenen aber nennen sie ewige H�user, weil die Toten in der Unterwelt eine grenzenlose Zeit zubringen. Deshalb verwenden sie auf die Erbauung der H�user nur geringe M�he; die Gr�ber aber werden auf au�erordentliche Weise ausgestattet."
Vorz�glich widmeten sie, weil sie glaubten, da� die Fortdauer der Seele nach dem Tode von der Erhaltung des K�rpers abh�nge, den Leichen der Ihrigen die h�chste Sorgfalt. Sie sch�tzten diese durch Einbalsamierung gegen Verwesung und stellten die Mumien in verzierten Holz- oder Steins�rgen verwahrt in Grab-kammern (Katakomben) auf. �brigens konnte die Ehre solcher Bestattung nur durch ein feierlich abgehaltenes Totengericht zu-erkannt werden. In dem gro�en jenseitigen Totenreiche hielt Osiris �ber die Seelen der Verstorbenen Gericht. Die Gerechten wurden in die Wohnungen der G�tter aufgenommen; die Seelen der Unreinen mu�ten eine lange Wanderung durch die Leiber von allerlei Tieren bestehen.
� 4.
�gyptische Geschichte (und Baudenkm�ler).
1. Das alte Reich oder Reich von Memphis. Die Ge-schichte der �gypter ragt bis in das h�chste Altertum d. h. bis in das 4. oder 5. Jahrtausend v. Chr. (oder noch h�her) hinauf. Am Eingang des Delta entstand der �lteste Staat, von dem wir Kunde
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haben. Von den K�nigen, die hier in Memphis ihren Herrschersitz hatten, r�hren die �ltesten und gewaltigsten Denkm�ler der Erde her: die Pyramiden, deren man jetzt noch gegen 40 (bis 70) z�hlt. Die gr��te derselben ist die Pyramide des Cheops (s. Tafel I, 1 u. 2), so genannt, weil sie von dem K�nig Cheops erbaut wurde. Sie steigt von einer quadratischen Grundfl�che, deren Seiten je 220 m lang sind, zu einer H�he von 150 m empor. Hunderttausend Menschen sollen drei�ig Jahre lang an dem Bau gearbeitet haben. � Die Pyramiden waren Grabdenkm�ler der K�nige; sie finden sich alle auf der linken Seite des Nil.
Neben der Pyramide des Cheops befindet sich der gro�e Sphinx. � In der N�he der Pyramiden, in dem H�henzuge westlich vom Nil, finden sich noch die Felsengr�ber (Katakomben) aus der Zeit des alten Reiches (f. Tafel I, 9).
2. Das neue Reich ober Reich von Theben. Sp�ter (seit c. 1660 v. Chr.) war Theben mehrere Jahrhunberte hinburch die glanzreiche Resibenz der Pharaonen. Arn h�chsten unter den-selben ragte hervor Ramses II. Der Gro�e, den die Griechen c. 1350 Sesostris nennen (c. 1350). Er unternahm nicht allein gewaltige Kriegsz�ge gegen die s�dlicher wohnenden V�lker in Afrika sowie nach Vorderasien; er verherrlichte auch seine mehr als sechzigj�hrige Regierung durch Prachtbauten, die (wie das sogenannte Haus des Ramses und der Felsentempel von Abu Simbel in Nubien) durch ihre unerh�rte Gr��e das Staunen der Welt erregen.
Die Denkm�ler von Theben in Ober�gypten. Die �hundertthorige" Stadt lag auf beiden Seiten des Nil ausgebreitet, und bei den D�rfern Luxor und Karnak erblickt man noch heute meilenweit die staunenerregenden Ruinen von Tempeln und Pal�sten, welche dort in riesenhafter Gr��e und ernster Pracht emporstiegen. Obelisken d. h. vierseitige Spitzs�ulen aus einem Stein, 20�33 m hoch, Sphinxe d. h. Steinkolosse, bei welchen sich Menschen-und Tiergestalt verband, in Doppelreihen von 200, ja 600 an der Zahl, Standbilder von K�nigen :c. umgaben jene K�nigspal�ste und G�ttertempel als stolzer Schmuck. Reich mit kunstvollem Bildwerk und lebhaften Farben ausgestattet waren die tief in die Felsen hineingehauenen gro�artigen K�nigs-gr��er. Auf den Denkm�lern befand sich eine eigent�mliche Bilderschrift, die sogenannten Hieroglyphen, welche nur die Priester zu lesen vermochten; die gew�hnliche Schrift stand auf Rollen von Papier, das die �gypter aus einer Wasserpflanze mit Namen Papyrus herstellten. (Vgl. Tafel I, 3�8.)
�gyptische Tempelanlage. (Bergt. Tafel I, 7 und 8.) Zu dem Tempel f�hrt eine breite Stra�e, die auf beiden Seiten mit Sphinxen besetzt ist (Sphinx-Allee). Am Ende derselben stehen 2 Obelisken. Dahinter sind die 2 Pylonen (T�rme mit schr�g aufsteigenden W�nden), welche mit dem da-zwischen befindlichen Portal die Front des Tempels bilden. Die 3 �brigen Seiten des ein Rechteck bildenden Tempklraumes sind von Mauern umgeben.
3. ObkUsk.
8. Tempklmmrks.
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Der Tempel besteht aus 3 Hauptr�umen: 1. dem Vorhof (unbedeckt, von einem gedeckten S�ulengang umgeben); 2. dem S�ulensaal; 3. dem inneren Heilig-tum (Cella, Sanctuarium) mit dem Bilde des Gottes. Alle W�nde und S�ulen sind mit farbigen Bildern und Hieroglyphen bedeckt.
3. Die letzten Zeiten des Pharaonen-Reiches (Reich von Sais). Unter schw�cheren K�nigen sank dann allm�hlich �gyptens Macht; es wurde sogar von feindlichen V�lkern, namentlich den m�chtigen Assyrern unterjocht (s. � 10, 1). Doch bestand diese Fremdherrschast nicht lange. Einer der tributzahlenden einheimischen Unterk�nige, welche die Assyrer eingesetzt hatten, Psammetich in Sais, befreite das Land wieder und machte sich zum unabh�ngigen K�nige von �gypten (664 v. Chr.). Mit ihm begann eine neue Zeit, indem er das bisher abgeschlossene Land dem Weltverkehr �ffnete und namentlich mit den Griechen in Verbindung trat, so da� der Handel emporbl�hte und der Wohlstand sich mehrte. Auch Psammetichs Nachfolger wirkten in diesem Sinne. Sein Sohn Necho fa�te sogar den k�hnen (schon von den alten �gyptischen K�nigen gehegten) Plan, durch einen Kanal das Mittelmeer mit dem roten Meere zu verbinden, ein Werk, das freilich erst nach mehr denn zwei Jahrtausenden in unseren Tagen zur Durchf�hrung ge-langen konnte. Dagegen gl�ckte eine andere gro�e Unternehmung: Necho lie� durch ph�nizische Seefahrer Afrika umschiffen. Auch diese Fahrt hat in zweitausend Jahren kein Schiffer zu wiederholen ge-wagt. Nach Necho herrschten noch drei einheimische K�nige �ber �gypten; dann wurde �gypten eine Beute der Perser (s. � 13, 2).
II. Die Semiten.
� 5.
Die L�nder des semitischen Sprachgebiets.
(S. Karte I u. IL)
Die L�nder des semitischen Sprachgebiets erstreckten sich vom Mittell�ndischen Meere und dem arabischen Meerbusen einerseits bis zu den Gebirgen im Osten des Tigris und dem persischen Meer-busen andererseits.
Wenn in Nordafrika das �gyptische Reich sein Dasein wesentlich dem Nilstrom verdankte, so wurden in Vorderasien die Zwillings-str�me Euphrat und Tigris f�r die Gr�ndung geordneter Staaten, aus denen m�chtige Reiche hervorgingen, von hoher Be-
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beutung. Sie entspringen in bem Hochlande Armenien am s�b-�stlichen Ufer bes schwarzen Meeres unb flie�en � im Westen ber wasserreichere Euphrat, �stlich bavon ber in tieserem Bette rascher str�menbe Tigris (Pseil) � gegen S�bosten in ben persischen Meerbusen.
Im einzelnen finb folgende L�nder bes semitischen Gebiets zu unterscheiden:
a) westlich vom Euphrat:
1. Syrien mit der Stadt Damaskus;
2. Ph�nizien (Palmenland), s�dwestlich von Syrien, ein schmales, hafenreiches K�stenland zwischen dem Meere und dem cederreichen Libanongebirge, mit den St�dten Sidon und Tyrus;
3. Pal�stina, bestehend aus: Galil�a, Samaria, Jud�a, Per�a.
Im S�d-Osten von Syrien und Pal�stina lag
4. Arabien, eine weit ausgedehnte Halbinsel, die jedoch, weil sie als W�sten-land nur d�nn bev�lkert und ohne h�here Kultur war, in der Geschichte des Altertums wenig genannt wird.
b) zwischen dem Euphrat und dem Tigris:
5. Mesopotamien, eine Steppenlandschaft, und
6. Babylonien, eine h�chst fruchtbare Tiefebene mit der ber�hmten Hauptstadt Babylon.
c) �stlich vom Tigris:
7. Assyrien mit der Hauptstadt Ninive am Tigris.
� 6.
Iie Vabylomer (Chaldaer).
1. Das alte Babylon. Am unteren Euphrat entstand das �lteste Staatswesen Vorderasiens, von dem wir sichere Kunde haben: es ist der Staat der (semitischen) Chald�er oder, wie sie auch nach ihrer gro�en Hauptstadt Babylon genannt wurden, Babylonier. Die Entstehung dieses Staatswesens und dieser Stadt reicht jeden-falls bis zu 2 Jahrtausenden vor unserer Zeitrechnung hinaus.
2. Landbau, Handel und Kunstfleitz. Das babylonische Land war durch seine Natur zu ergiebigem Anbau h�chst geeignet. Eine weitausgebreitete, tiefgelegene Ebene, wurde es allj�hrlich, wenn in den Bergen Armeniens der Schnee schmolz, durch die Gew�sser des m�chtig aufgeschwollenen Euphrat �berschwemmt, und durch wohl-angelegte D�mme, Teiche und Kan�le die Bew�sserung des Bodens geregelt. So w�rbe Babylonien eines ber reichsten �etreibel�nber der alten Welt.
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�Au�er Dattelpalmen," sagt der griechische Geschichtschreiber Herodot � �hat das Land keine B�ume; allein zum Getreidebau ist es so vortrefflich, da� es immer zweihundertf�ltige und in recht guten Jahren dreihundertf�ltige Frucht tr�gt. Die Weizen- und Gerstenbl�tter werden leicht vier Finger breit, und zu welcher H�he die Hirse und die �lgebende Sesamstaude w�chst, will ich lieber gar nicht sagen; denn ich wei� recht gut, wer nicht in Babylonien gewesen, glaubt schon das nicht, was ich vom Getreide gesagt."
Weit ausgedehnt war der Handel der Babylonier, zu Wasser wie zu Lande. Ihre Karawanen zogen nach Indien wie nach Vorder-asten; ihre Schiffe fuhren den Euphrat hinab bis in den persischen Meerbusen. Von den arabischen und indischen K�sten wurden ihnen Perlen, Edelsteine und Rauchwerk, Elfenbein, Ebenholz und Zimt zugef�hrt. Von der Entwicklung ihres Kunstslei�es zeugen die im ganzen Morgenlande ber�hmten babylonischen M�ntel und Teppiche mit eingewirkten Figuren. Der durch den Kunststei� und Handel gef�rderte Reichtum hatte �brigens auch die Folge, da� die Sitte des Volkes mehr und mehr in weichliches Wohlleben aus-artete.
3. Religion und Bildung. Die Religion der Babylonier war Verehrung der fruchtspendenden Naturm�chte, insbesondere Stern dien st; ihr Hauptgott: Bel, der �Herr des Alls". Der G�tterdienst stand unter der Leitung der E h a l d � e r, einer Priester-k�ste, welche durch sorgf�ltige Beobachtung der Gestirne die Himmelskunde ausbildete und die Sterndeutung so erfolgreich betrieb, da� Babylonien als die Heimat der Astronomie und Astrologie galt. Auch die babylonischen Ma�e und Gewichte fanden weite Verbreitung. Die aus Ziegelsteinen aufgef�hrten m�chtigen Tempel und K�nigs-pal�ste waren mit Bildwerk (auf Steinplatten) reich geschm�ckt. Die Schrift, welche sich auf ihren Denkm�lern findet, wird, da sie aus keilf�rmigen Zeichen besteht, Keilschrift genannt.
� 7.
Die Assyrer.
Fast ebenso hoch in das Altertum hinauf, wie die babylonische Geschichte, reicht die der Afsyrer. Die alte Hauptstadt derselben war Assur, am oberen Laufe des Tigris gelegen. (Erst sp�ter entstand die neue gl�nzende Hauptstadt Ninive.) Die Afsyrer nahmen das Land vom Tigris bis zu den im Osten desselben sich erstreckenden Gebirgen in Besitz. Dieses Land war viel weniger fruchtbar und viel rauher, als Babylonien. Auch gab es in dem-
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selben noch viele wilde Tiere, namentlich L�wen. So wuchs das Volk der Assyrer zu einem rauhen und k�hnen J�gervolke, und einem tapferen, aber auch grausamen Kriegsvolke heran, welches dann infolge seiner kriegerischen Eigenschaften dazu berufen war, das erste gro�e Weltreich zu begr�nden (f. � 10, 1).
� 8.
Die Ph�nizier.
Da das Land der Ph�nizier nur ein schmaler K�stenstrich (zwischen dem Libanon und dem Mittell�ndischen Meere) war, so wies die Lage ihres Landes sie haupts�chlich auf Handel und See-fahrt. So wurden denn die Ph�nizier das wichtigste See- und Handelsvolk der alten Welt. Ihre Schiffahrt erstreckte sich �ber das ganze Mittelmeer bis nach dem silberreichen Spanien und ging weiter durch die S�ulen des Herkules (Stra�e von Gibraltar) so-wohl s�dlich, der Westk�ste von Afrika entlang (kanarische Inseln, Madeira), als gegen Norden, wo sie Zinn in England holten; selbst mit der Ostseek�ste traten sie in Verbindung, um den dort gefundenen Bernstein einzutauschen. Gen Osten fuhren fie vom Roten Meere und vom persischen Meerbusen aus bis nach Indien, und im Aus-trage des K�nigs Necho von �gypten haben ph�nizische Seefahrer 600 (um 600 v. Chr.) ganz Afrika umschifft (� 4, 2). Zur Bef�rderung ihres Handels gr�ndeten die Ph�nizier an den Meeresk�sten und auf den Inseln zahlreiche Kolonien, unter welchen namentlich (das um 850 v. Chr. entstandene) Karthago in Afrika bl�hend und m�chtig geworden ist. Ihr Landhandel durch Karawanen er-streckte sich s�dlich nach Arabien, �stlich nach Syrien und nach Babylonien, n�rdlich bis nach Armenien (f. Karte I).
Handelsgegenst�nde: aus Arabien Weihrauch, Gold, Edelsteine und Perlen; aus Indien Elfenbein, Ebenholz, Zimt; aus Pal�stina Weizen, Honig, �l und Balsam; aus Armenien Pferde und Maultiere; aus Spa-nien Gold, Silber, Eisen, Blei, Wein, Wolle; von der Ostseek�ste Bern-stein 2C.
Auch durch Gewerbflei� und wichtige Erfindungen thaten sich die Ph�nizier hervor. Sie verstanden sich auf den Erzgu� und die Bildschnitzerei und fertigten mancherlei Ger�t und Schmuck-fachen aus Gold, Elfenbein und Bernstein; ihre Webereien lieferten die k�stlichsten buntgewirkten Teppiche, und die mit dem Safte der Purpurfchnecke (welche an der K�ste zahlreich vorkam) gef�rbten Gewebe wurden zu den prachtvollsten Gew�ndern verarbeitet. Die
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Verlag von R. Voigtl�nder in Kreuznach.
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Purpurf�rberei wie die Glasbereitung sollen sie durch Zufall erfunden haben. Endlich hat man ihnen die Erfindung der Buchstabenschrift, der Rechenkunst und des gepr�gten Geldes (?) zu-geschrieben.
So klein das Land der Ph�nizier war, bildete es nicht ein-mal einen einheitlich zusammenh�ngenden Staat, sondern zerfiel in eine Anzahl selbst�ndiger St�dte, die zum Schutze ihres Handels und zur Abwehr feindlicher Angriffe sich sp�ter zu einem Bunde vereinigten. Das Haupt dieses St�dtebundes war zuerst Sidon,
nachher Tyrus. Sidons Glanz reicht in die �lteste Zeit hinauf;
um das Jahr 1000 v. Chr. war Tyrns zur h�chsten Bl�te empor-gestiegen. Der Altstadt auf dem Festlande gegen�ber erhob sich auf einer nahe gelegenen Felseninsel das von Sidon aus gegr�ndete und daher die �Tochter Sidons" genannte meerbeherrschende Neu-Tyrus,
das an Macht und Glanz die Mutterstadt �bertraf.
� 9.
Die Israeliten.
1. Das Volk Israel, die Nachkommenschaft der Erzv�ter Abraham, Isaak und Jakob, ist erst in der �gyptischen Knechtschaft zu einer gr��eren Volksmenge herangewachsen, und erst durch den Auszug aus �gypten unter Moses (c. 1320) und die Gesetz- c. 1320 gebung auf dem Sinai zu einem selbst�ndigen und eigenartigen
Volke geworden, dessen gro�e Bestimmung es nun war, den Glauben an den einen Gott inmitten der Heidenv�lker zu bewahren.
2. Als das Volk Israel nach der langen Wanderung durch die W�ste die Grenzen Kanaans (Pal�stinas) erreicht hatte, starb Moses, vor seinem Ende noch erquickt durch einen Blick in das Land der Verhei�ung. Sein Nachfolger im Heerf�hreramte wurde Josua.
Dieser eroberte den gr��ten Teil des Landes und verteilte dasselbe unter die 12 St�mme. Es folgte die Zeit der Richter, worauf das Volk einen K�nig verlangte.
3. Der erste K�nig war <2Mtl. Auf ihn folgte David,
unter dem das israelitische Reich seine h�chste Bl�te erlangte. Er eroberte die Stadt Jerusalem und erhob sie zur Hauptstadt, in welcher er sich die Burg Zion als K�nigssitz erbaute. Die Bl�tezeit dauerte noch an unter seinem Sohne Salomo, der den Tempel auf Morijah erbaute. Nach Salomos Tod aber kam es zu einer Teilung des Reiches (953), indem von Salomos Sohn 958
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Rehabeam 10 St�mme abfielen und sich in Jerobeam einen eigenen K�nig w�hlten. Die zwei St�mme, welche Rehabeam treu blieben, bildeten nun das Reich Juda mit der Hauptstadt Jeru-salem; die zehn abgefallenen St�mme bildeten das Reich Israel mit der Hauptstadt Samaria. Infolge dieser Trennung wurden dann die beiden kleinen Reiche eine um so leichtere Beute f�r das gro�e semitische Weltreich, das um eben diese Zeit erstand, das assyrische Reich.
� 10.
Die beiden ersten Weltreiche.
Nachdem die beiden gro�en semitischen Reiche im Osten (in den Euphratl�ndern) Jahrhunderte lang unabh�ngig nebeneinander bestanden hatten, gelang es endlich dem kriegst�chtigeren Volke der Assyrer, die Babylonier v�llig zu unterwerfen. So entstand das erste der gro�en Weltreiche in Vorderasien.
1. Das assyrische Weltreich. Nachdem die Babylonier unter-morsen waren, eroberten die kriegerischen assyrischen K�nige auch alle benachbarten L�nder. Die Bewohner derselben wurden zu vielen Tausenden nach Assyrien gef�hrt und hier namentlich zu Fron-dienften bei den gro�artigen Bauten verwendet, durch welche die assyrischen K�nige nicht minder als durch ihre Siege sich einen gro�en Namen zu machen strebten. So entstand nun die riesige c. 1000und gl�nzende Weltstadt Ninive (c. 1000 v. Chr.).
Die Stadt, am linken Ufer des Tigris gelegen, hatte die Gestalt eines l�nglichen Vierecks und soll einen Umfang von 90 km gehabt haben. Die Mauern waren 30 m hoch �und so breit, da� darauf 3 Wagen nebeneinander fahren konnten". Die T�rme, zusammen 1500 an der Zahl, hatten eine H�he von 60 m. � (Die sagenhaften Gr�nder der Stadt: Ninus und Semiramis.)
Auch die kleineren semitischen V�lker im Westen erlagen alle rasch nacheinander der weit �berlegenen assyrischen Macht. Zun�chst wurde (von Tiglath Pilesar II.) Syrien mit Damaskus erobert. Dann zog der gewaltige assyrische K�nig Salmanassar gegen Ph�nizien und Pal�stina. Die ph�nizischen St�dte wurden unterworfen bis auf die neue Hauptstadt Jusel-Tyrus, welche einer f�nfj�hrigen Belagerung widerstand. Auch das Reich Israel 72*2 fand nun seinen Untergang (722). Die Hauptstadt Samaria hielt eine l�ngere Belagerung aus, wurde aber dann (durch Sargon) erobert, und die Einwohner gr��tenteils in die assyrische Ge-fangenschaft abgef�hrt. Das Reich Juda unterwarf sich ohne Widerstand der assyrischen Herrschast. Die folgenden assyrischen
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K�nige drangen sogar bis nach �gypten vor, und auch dieses gro�e Reich unterlag der st�rkeren Macht der Assyrer (s. � 4, 3). So war endlich fast ganz Vorderasien nebst dem angrenzenden �gypten in dem einen gro�en assyrischen Weltreiche vereinigt. Aber nun erfolgte fast pl�tzlich der Zusammenbruch desselben. Zuerst ri� sich �gypten wieder los (s. � 4, 3). Dann machten die Meder sich unabh�ngig. Endlich fiel auch Babylon ab. Die Meder und Babylonier vereinigten sich zu einem Angriff gegen Ninive, und diese Stadt wurde (606) erobert und zerst�rt. Der letzte Assyrer- 606 f�nig (�Sardanapal" ?) verbrannte sich in seinem Palaste mit seinen Weibern und Sch�tzen. Die stolze Hauptstadt wurde �zur �de, zum Lager f�r die Tiere der W�ste".
Nachdem diese ehemalige erste gro�e Weltstadt seit 2 Jahrtausenden spurlos verschwunden war, sind erst in unserem Jahrhundert die gro�artigen �ber-reste derselben wieder aufgefunden worden, und zwar gegen�ber der Stadt Mosul auf der linken Seite des Tigris bei den D�rfern Nimrud, Kujundschik und Khorsabad. Die hier gefundenen gro�artigen K�nigspal�ste sind meist aus gro�en Backsteinen aufgef�hrt. Die W�nde sind mit Alabasterplatten belegt,
welche mit Relief-Bildern und Keilschrift bedeckt sind. Am Eingang der S�le stehen riesige Steinbilder (gleichsam als Thorw�chter), welche meist gefl�gelte Stiere mit Menschenk�pfen darstellen (sog. Fl�gelstiere).
2. Das babylonische Weltreich. Nach dem Falle des assyrischen Reiches teilten sich die Sieger in dessen L�nder, und zwar so, da� der Tigris die Grenze zwischen diesen beiden neuen Reichen wurde, die nun an die Stelle des assyrischen Weltreiches traten: dem baby-tonischen und dem medischen Reiche. Daneben bestand noch in Kleinasien das lydische Reich, welches vom �g�ischen Meere bis zum Halysstrome reichte. (S. Karte I.) Das babylonische Weltreich erreichte seine h�chste Macht unter dem gewaltigen Nebukad-nezar. Dieser schlug den �gypterk�nig Necho, welcher bis zum Euphrat vorgedrungen war, siegreich zur�ck. Sodann eroberte er Ph�nizien; auch Jnsel-Tyrus mu�te sich ihm nach 13j�hriger Belagerung ergeben. Auch zerst�rte er das Reich Juda, dessen Ein-wohner er in die babylonische Gefangenschast f�hrte 586. 586 Er machte gro�artige Flu�bauten und Kanalanlagen, erbaute die sog. rnedische Mauer vorn Euphrat zum Tigris, vergr��erte und befestigte die Hauptstadt und erhob sie durch reiche Versch�nerungen zur �stolzen Pracht der Chald�er", zur �Zierde der K�nigreiche".
In der Form eines Vierecks an beiden Ufern des Euphrat gebaut, hatte Babylon einen Umfang von 65�90 km (9�12 Meilen), seine aus gebrannten Ziegeln aufgef�hrten Ringmauern eine H�he von 35, eine Breite von 22 m,
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250 T�rme und 100 eherne Thore. Die Hauptgeb�ude waren der in 8 Stockwerken emporsteigende 200 m hohe Tempel des Bel (der babylonische Turm, Taf. I, 10), der zugleich als Sternwarte diente, und die K�nigsburg denen Nebukadnezar einen zweiten K�nigspalast, die Br�cke �ber den Euphrat und die h�ngenden G�rten hinzuf�gte.
Die Nachfolger des gro�en Nebukadnezar waren schwelgerische Despoten, unter denen das Reich rasch verfiel. Endlich wurde das-selbe der Herrschaft der Perser unterworfen (� 13, 1, c).
III. Die Arier.
� li.
Ute arische oder indo-germanische V�lkerfamilie.
Zu der gro�en und f�r die Geschichte wichtigsten V�lkerfamilie der Arier oder Jndo-Germanen geh�ren in Asien: die Inder und Perser; in Europa: die Griechen, die R�mer (nebst den romanischen V�lkern), die Kelten, die Germanen, die Slaven. �
F�r die Geschichte des Altertums sind von den arischen V�lkern Asiens namentlich die des Hochlandes von Iran: die Meder und Perser, wichtig geworden.
Von den einzelnen L�ndern Irans sind im Altertum namentlich solgende zu bemerken:
Medien, ein fruchtbares Bergland (�stlich von Assyrien) mit der Haupt-stadt Ekbatana;
b. Persis, am persischen Meerbusen, mit Persepolis;
c. (ganz im Nordosten:) Baktrien mit der Stadt Baktra.
� 12.
Die Meder.
1. Religion. Die Meder hatten von den Baktrern (dem so-genannten Zendvolk) Zoroasters (Zarathustras) Lehre erhalten, die in dem heiligen Buche Avesta niedergelegt ist. Nach derselben wird die Welt von zwei G�ttern beherrscht, dem Ormuzd (Aura-mazda), welcher das Lichtreich regiert, dem alles Gute angeh�rt, und von Ahriman, dem (S�tte der Finsternis, die alles B�se in sich schlie�t. Der Priesterstand der Magier besa� Ansehen und Einflu� auch bei den K�nigen.
2. Geschichte. Nachdem die Meder mehrere Jahrhunderte hin-durch unter der Herrschaft der Afsyrer gestanden, machten sie sich von
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derselben frei und gr�ndeten ein eigenes Reich. Ihre K�nige wohnten in der Stadt Ekbat�na.
Die K�nigsburg war von siebenf�ltigen Ringmauern umschlossen, von "berten die weiter nach innen liegende Mauer immer die n�chstvordere um die H�he der Zinnen �berragte; die Zinnen waren mit verschiedenen Farben ge-schm�ckt, die des innersten Mauerkreises mit Gold �berkleidet.
Unter dem K�nig Cyarares, der dem assyrischen Reich ein Ende gemacht hatte (� 10, 1), gewann das medische Reich seine gr��te Ausdehnung. Es umfa�te alles Land zwischen dem Indus und Tigris und reichte im Nordwesten, in Kleinasien, bis zum Halys (s. Karte I). Aber schon der folgende K�nig, des Cyax�res Sohn Asty�ges, verlor die Herrschaft, welche von den Medern aus die Perser �berging.
Die alten Perser hatten in der Landschaft Persis an der Ostseite des persischen Meerbusens ihre Wohnsitze. Stammverwandt mit den Medern, bekannten sie sich, wie diese, zur Religion des Zoroaster, und als sie unter medische Herrschaft gerieten, nahmen sie mehr und mehr auch medische Sitten an. Ihr vornehmstes Geschlecht war das der Ach�meniden, aus welchem der gr��te aller K�nige des Orients, Cyrus, hervorging, der Stifter des persischen Weltreichs, das bald die gesamten L�nder zwischen dem Indus und dem �g�ischen Meere umfa�te. Er war der Sohn des persischen Unterk�nigs Kambyses; die Sage hat ihn zum Enkel des Mederk�nigs Asty�ges gemacht.
Cyrus und Asty�ges. Dem K�nige Asty�ges tr�umte einst, von seiner Tochter Mand�ne w�chse ein Weinstock empor, dessen Zweige ganz Asien �ber-schatteten. Die um die Bedeutung des Traumes befragten Magier erkl�rten, der Sohn der Mandane, die mit einem persischen Manne verm�hlt war, werde den Asty�ges dereinst vom Throne verdr�ngen. Um dies zu verh�ten, befahl der K�nig seinem obersten Diener Harp�gus, den neugeborenen Knaben der Mandane, Cyrus mit Namen, zu t�ten. Harpagus �bergab den Knaben einem Hirten, um ihn auszusetzen. Der Hirt aber zog den Cyrus als sein eigenes Kind auf. Einst, in einem Spiele mit andern Knaben, wurde der zw�lfj�hrige Cyrus zum K�nige gew�hlt und strafte einen Spielkameraden, der seinem Befehl nicht gehorchen mochte, mit derben Schl�gen. Deswegen bei Asty�ges angeklagt, wurde er als des K�nigs Enkel erkannt und nach Befragung der Magier, welche die dem Asty�ges von Cyrus drohende Gefahr, jetzt, nach-dem dieser beim Knabenspiele dem Namen nach K�nig gewesen, f�r beseitigt Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. o
� 13.
Das persische Weltreich.
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hielten, feinen Eltern im persischen Lande wiedergegeben, Harpagus aber, weil er des Astyages Auftrag nicht erf�llt hatte, damit bestraft, da� ihm sein eigenes Kind get�tet und auf Befehl des Astyages zur Speise vorgesetzt wurde. Um diese Greuelthat zu r�chen, forderte Harpagus den Cyrus, als er herangewachsen war, durch ein in einem Hasen verborgenes Schreiben zum Aufstande gegen Astyages auf. Cyrus versammelt eine Anzahl Perser um sich, l��t sie am ersten Tage in harter Arbeit ein steiniges Dornfeld urbar machen, bewirtet sie am zweiten Tage k�stlich und verhei�t ihnen dann, wenn sie ihm folgen w�rden, sie aus der medifchen Knechtschaft, welche dem m�hseligen ersten Tage gleiche, zur Herrschaft zu bringen, die freudenreich fei, wie jener zweite Tag. Unter seiner F�hrung erfolgt der Aufstand der Perser gegen Astyages: ein gegen sie gesandtes medisches Heer unter Harpagus geht zu Cyrus �ber; Astyages selbst wird in der Schlacht besiegt und gefangen genommen.
559 1. Cyrus 559 (Kurus, in der Bibel Kores genannt, d. i. Sonne) brachte
a. durch Besiegung des K�nigs Astyages bei Pasargada (in Persis) das medische Reich unter seine Herrschast und gr�ndete dadurch das Perserreich.
b. Sodann eroberte er das lydische Reich unter Kr�sus, welches das westliche Kleinasien bis zum Halysslusse umfa�te.
Kr�sus, auf seinen Reichtum stolz, wird von dem weisen Athener Solon daran erinnert, da� kein Mensch vor seinem Ende gl�cklich zu preisen sei. �Denn mancher, den Gott hoch erh�hte, ist sp�ter desto tiefer gefallen und elend zu-gr�nde gegangen." Der zweideutige Spruch des Orakels zu Delphi: �Wenn Kr�sus �ber den Halys geht, wird er ein gro�es Reich zerst�ren", ermuntert ihn zum Kriege gegen Cyrus. Er wird von diesem in der Schlacht besiegt und gefangen genommen, auf dem Scheiterhaufen jedoch, als er Solans Namen aus-ruft, gerettet und von Cyrus als Freund und Ratgeber aufgenommen.
c. Daraus unterwarf Cyrus das babylonische Reich, indem er nach Ableitung des Euphrat mit seinem Heere durch das wasserleere Flu�bett in die ummauerte Stadt Babylon ein-drang. Den gefangenen Juden gestattete er die R�ckkehr in ihr Land, wo sie den zerst�rten Tempel wieder ausrichteten.
d. Endlich dehnte er seine Herrschast �ber die V�lker im Osten bis zum Indus, im Norden bis zum Jaxartesflusse aus (f. Karte I). Im K�mpft gegen eines dieser Grenzv�lker soll er die Todeswunde erhalten haben.
Wie die Geburt, so ist auch der Tod des gro�en Cyrus von der Sage ausgeschm�ckt. Der Geschichtschreiber Her�dot bezeichnet folgende Erz�hlung als die glaubw�rdigste: Cyrus unternahm seinen letzten Kriegszug gegen die Massa-geten jenseit des Jaxartes, deren K�nigin Tomyris hie�; durch seine Lift (�berfall der berauschten Feinde im persischen Lager) nahm er den Sohn der Tomyris gefangen, der sich aus Verzweiflung selbst t�tete; darauf kam es zu
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einer gewaltigen Schlacht, in welcher Cyrus besiegt wurde und fiel: Tomyris tauchte sein Haupt in einen mit Menschenblut gef�llten Schlauch, um ihn �mit Blut zu s�ttigen".
Bei dem alten Pasargad� (bei der jetzigen Stadt Murghab) ist noch das Grab des Cyrus erhalten (f. Taf. I, 12); dasselbe hat die Form eines kleinen Tempels, der sich auf einer Stufenpyramide (von 7 Stufen) erhebt. Dabei fand sich noch ein Pfeiler mit dem (gefl�gelten) Bild des Cyrus und der In-schrist: �Ich bin Kurus, der K�nig, Ach�menide."
2. Kambyses, des Cyrus Sohn, machte einen Kriegszug gegen �gypten, besiegte (in der Schlacht bei Pelusium) den letzten �gyptischen K�nig (Psammenit) und machte dem alten Pharaonen-reich ein Ende, 525. Nachdem er ganz �gypten erobert hatte, starb 525 er pl�tzlich (wahrscheinlich durch Selbstmord).
Nach der kurzen Zwischenregierung des falschen Smerdis,
eines medischen Magiers, welcher sich durch Betrug der Herrschaft bem�chtigt hatte, folgte als K�nig
3. Darws, Sohn des Hystaspes, aus dem Hause der Ach�-meniden. Er bezwang mehrere Aufst�nde, die im Reiche ausge-brachen waren; das abgefallene Babylon gewann er (durch die List des Zophrus, der sich selbst verst�mmelte) wieder. Gegen Osten erweiterte er seine Herrschaft im Gebiete des Indus. Auch nach Europa suchte er seine Macht auszubreiten durch einen Zug gegen die Scythen jenseit der Donau; doch sah er sich in dem unwirt-lichen Steppenlande bald zum R�ckz�ge gen�tigt. Unter Darius begannen die gro�en K�mpfe der Perser mit den Griechen (s. � 23). � Sein ungeheures Reich teilte er in20Satrapieen (Statthalterschaften). Durch Anlegung von Stra�en durch das ganze Reich erleichterte er den Verkehr, bef�rderte den Handel und hob den Ackerbau, den die Ormuzdlehre den Persern zur heiligen Pflicht machte. Sein gl�nzendes Hoflager (15000 Menschen) hatte der Gro�k�nig � wie die Herrscher der Perser genannt wurden � in der Regel in S n s a, w�hrend des hei�en Sommers in dem k�hler gelegenen Ekbat�na, ferner m Babylon; k�nigliche Grabst�tte war das heilige Perfep�lis. Das persische Volk sagte von seinen drei ersten K�nigen: �Cyrus war ein Vater, Kambyses ein Herr, Darius ein Kaufmann."
4. Ferres, des Darius Sohn, setzte den Kampf gegen die Griechen fort. Mit ihm beginnt der Verfall des Reiches, das endlich von dem macedonifchen K�nige Alexander dem Gro�en unterworfen wird (f. � 31).
2*
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Darius und Xerxes erbauten den gro�en Palast von Persepolis, von dem noch ansehnliche Tr�mmer erhalten sind, jetzt �die 40 S�ulen" genannt (f. Tafel I, 11).
In der N�he sind auch noch die Felsengr�ber der K�nige erhalten.
Zweites Kapitel.
Geschichte der Griechen.
/� 14.
Die Griechen und ihr Land.
(Nebst Einteilung der griechischen Geschichte.)
(S. Karte LH.)
1. Die Stellung der Griechen in der Weltgeschichte. Von der Betrach-tung der orientalischen V�lker wendet sich die Weltgeschichte zu ihren n�chsten Nachbarn gen Westen, zu den Griechen. Sie geht damit von Asien, wo das Menschengeschlecht seine Anf�nge, die Kultur ihre Ursitze hat, nach (Suropa �ber, wo die Menschheit eine h�here Stufe der Entwickelung erreicht. Die Griechen sind das Erstlingsvolk dieser h�heren menschlichen Kultur, ausgezeichnet in der Weltgeschichte dadurch, da� sie, wie kein anderes Volk, alle dem Menschen inwohnenden nat�rlichen Anlagen und Kr�fte zur reichsten Ausbildung und sch�nsten Entfaltung brachten.
2. Griechenland. Das Land, welches die alten Griechen be-wohnten, war die Halbinsel Griechenland im S�dosten Europas, der s�dliche Teil der Balkanhalbinsel, an Fl�cheninhalt nicht gr��er, als das heutige K�nigreich Bayern. Im Osten nur durch das inselreiche �g�ische Meer (den Archipel�gus) von Asien geschieden, im S�den vom Mittelmeer, im Westen vom jonischen Meer begrenzt, im Norden durch Gebirge abgeschlossen, ist Griechen-land ein See-und Gebirgsland zugleich. Nicht allein, da� es auf drei Seiten vom Meere umg�rtet wird; das Meer bildet auch durch zahlreiche tiefe Einschnitte ins Land eine Menge von Halbinseln, Landzungen, Hafenbuchten, Vorgebirgen, und giebt dadurch dem Lande einen K�stenumri� von unverh�ltnism��ig gro�er Ausdehnung. Im Innern aber ist Griechenland nach allen Richtungen von Ge-birgen durchzogen. Unter diesen treten am meisten hervor: der im Nordosten als m�chtiger Grenzw�chter 3000 Meter hoch emporsteigende G�tterberg Olympus, der durch das vom Peneus durch-str�mte sch�ne Thal Tempe vom Ossa geschieden ist; weiter s�dlich das �tagebirge, welches im Osten am Meere den denk-w�rdigen Engpa� der Thermopylen bildet; im mittleren Lande
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Verlag von R. Voigtl�nder in Kreuznach.
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1 : 3.350.000
Olymp. Stadien
Zink�tzung und Druck von Rudolf Lo6s in Leipzig.
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�berragt der vielgipfelige Parnassus die �brigen Berge, der Hellkon ist als Musensitz ber�hmt; die s�dliche Halbinsel endlich wird von dem wild zerrissenen, rauhen Taygetus durchschnitten.
Durch die zahlreichen Gebirgsz�ge wie durch die tiefen Einschnitte des Meeres, durch den steten Wechsel von Berg, Ebene und Thal ist das Land mannigfach gegliedert und in eine Menge kleiner Gebiete von sehr verschiedener Beschaffenheit (K�stenland und Binnen-land, Acker- und Weideland :c.) gesondert. Der Boden, im all-gemeinen mehr karg als �ppig, meist ohne ausreichende Bew�sserung, erfordert r�stige Arbeit, belohnt sie aber auch mit einer gro�en Mannigfaltigkeit edelster Fr�chte.
3. Die griechischen Landschaften. Das alte Griechenland (Hellas im weiteren Sinne) wurde eingeteilt in Nord-, Mittel-und S�dgriechenland und die Inseln im �g�ischen und jonischen Meere.
A. Nordgriechenland
zerfiel in die beiden Landschaften: Epirus im W. und Thessalien im O.
B. Mittelgriechenland,
auch Hellas (im engeren Sinne) genannt, enthielt namentlich folgende Land-f chaften:
1. Phocis mit der Orakelstadt Delphi am S�dabhang des Berges Par-nassus,
2. B�otien mit der (siebenthorigen) Stadt Theben, eine Landschaft, deren Name (�Rinderland") auf ergiebigen Ackerbau und Viehzucht hinweist, zu-gleich Schauplatz vieler Schlachten (�B�hne des Kriegsgottes"),
3. Attika, eine sich weit ins Meer hinausstreckende Halbinsel mit durchsichtig heller Luft und trockenem, von d�nner Erdschicht �berdecktem Boden, dem jedoch der Flei� der Bewohner, namentlich durch Pflanzung des �l-baumes, treffliche Ernten abgewann. Die Hauptstadt der Landschaft war Athen, das an Gr��e und Glanz alle andern griechischen St�dte �bertraf.
C. S�dgriechenland.
Der gew�hnliche Name des s�dlichen Griechenlands ist Peloponnes d. h. Pelopsinsel, weil die Halbinsel wie eine Insel erscheint, die nur durch eine schmale Landbr�cke � den Isthmus von Korinth � mit dem Festlande zusammenh�ngt. Der Peloponnes besteht aus folgenden Landschaften:
1. Korinthien, am Isthmus mit der Seehandelsstadt Korinth, die zwei H�fen (am korinthischen Meerbusen und am �g�ischen Meere) hatte. Gegen Westen folgen dann:
2. Achaia,
3. Elis, in welcher Landschaft Olympia lag, wo die olympischen Spiele gefeiert wurden; ferner
4. Messenien, fruchtbar und quellenreich, die sch�nste der griechischen Land-f chaften,
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5. Lakonika, im Westen durch das unwirtliche TaygLtusgebirge von Messe-nien getrennt, die wichtigste Landschaft des Peloponnes, mit der am Eu-r�tasflusse gelegenen Stadt Sparta oder Laced�mon,
6. Arg�lis, eine buchtenreiche Halbinsel mit den altber�hmten K�nigsst�dten Myken� und Argos,
7. Arkadien, ein bergumkr�nztes und weidenreiches Hochland in der Mitte des Peloponnes.
D. Die Inseln.
Das griechische Festland ist von einer Menge Inseln umgeben, von denen die wichtigeren sind:
I. Im �g�ischen Meere
1. Eub�a, langgestreckte Insel an der Ostk�ste Mittelgriechenlands, von dem sie nur ein schmaler Meeresarm trennte,
2. Sal�mis und �gina, gegen�ber der K�ste Attikas im saronischen Meerbusen,
3. Die Cykladen d. i. Kreisinseln, welche um die Insel Delos ge-lagert sind (neben dieser das marmorreiche Paros),
4. An der Westk�ste von Kleinasien: Lesbos, Chios, Sa mos und Rhodos.
II. Im Mittelmeere'
Kreta, die ausgedehnteste Insel im S�den von Griechenland. LH. Im jonischen Meere
Korcyra (Korfu) und JthLka, die kleine Heimatinsel des Odysseus.
4. Einteilung der griechischen Geschichte. Die Geschichte der Griechen wird in drei Perioden eingeteilt:
x�500. Erste Periode: von den �ltesten Zeiten bis zum Ans�nge der Perserkriege.
500�338. Zweite Periode: vom Anfange der Perserkriege bis zum Untergange der Unabh�ngigkeit Griechenlands. 338�146. Dritte Periode: das macedonische Zeitalter bis zur Eroberung Griechenlands durch die R�mer.
Erste Periode.
Von den �ltesten Zeiten bis zum Anfange der Perserkriege 500 v. Chr.
� 15.
/Die G�tter der Griechen.
Unter allen heidnischen V�lkern des Altertums hatten die Griechen die reichste, vielgestaltigste G�tterwelt *).
i) Diese Sagen sind ausf�hrlich erz�hlt in H. D�tschke, Der Olymp. G�tterlehre der Griechen und R�mer. 2. Aufl. Leipzig, Verlag von R. Voigtl�nder. Eleg. geb. 3 M.
� 23 -
I. Die �ltesten G�ttergeschlechter.
Ihre �ltesten G�tter waren ungeheure Naturm�chte: Ur�nos (der Himmel) und G�a (die Erde). Die Kinder dieses G�tterpaares waren die gewaltigen Titanen, zu welchen Oke�nos geh�rte, der Weltstrom, der die ganze Erd-scheibe im Kreise umflutet. Sein Bruder Kronos, der j�ngste der Titanen, stie� den Vater Uranos vom Throne und ri� die Weltherrschaft an sich, die er nun mit seiner Gemahlin Rhea teilte. Aber auch das Reich des Kronos war ohne Bestand. Der grausame Gott, der die eigenen Kinder verschlang, wurde samt den �brigen Titanen durch seinen Sohn Zeus, den die List der Mutter wunderbar gerettet hatte, in furchtbarem Kampfe �berw�ltigt und zu ewigem Gef�ngnis in den finsteren Abgrund des Tart�rus tief unter der Erde hinab-gest�rzt. Mit dem Siege des Zeus begann eine neue, bessere Weltordnung, die Herrschaft des dritten G�ttergeschlechts oder der olympischen G�tter.
II. Die olympischen G�tter.
Es sind nicht mehr ausschlie�lich Naturgewalten, welche von nun an die Welt beherrschen; neben den Erscheinungen des Naturlebens in seiner reichen Mannigfaltigkeit (G�tter des Himmels, des Wassers, der Erde) werden auch die auf dem geistigen und sittlichen Gebiete, im staatlichen und B�rger-liehen Leben sich kundgebenden M�chte als Personen aufgefa�t und verg�ttert; und wie die griechische Dichtung darauf gerichtet ist, die Menge der Gottheiten unaufh�rlich zu erweitern, so sind die Baukunst, Bildnerei und andere K�nste th�tig, den Reichtum und die Sch�nheit der G�tterwelt immer mehr zu ent-wickeln und zu steigern. Darum ist die Zahl der G�tter eine ganz unerme�-liehe. �Alles wies den eingeweihten Blicken, alles eines Gottes Spur."
Unter den Gottheiten treten zw�lf als die eigentlich Herr-schenden hervor, sechs m�nnliche und sechs weibliche. Sie erscheinen in Menschengestalt gekleidet und tragen Menschennatur an sich, nur da� die menschlichen Kr�fte (auch die Leidenschaften) sich bei ihnen in h�herem Ma�e und st�rkerer Wirkung kundgeben. Ihren Sitz hatten sie auf dem Olympus, unter welchem Namen zun�chst der hochragende Berg an der Nordostgrenze Griechenlands, dann auch wohl der Himmel selbst verstanden wird. Daher hei�en sie die olympischen G�tter; sie werden als �die seligen, immer seienden", deren Speise Ambrosia, deren Trank Nektar, von den Dichtern gepriesen. Es sind die folgenden:
1. Zeus (Jupiter) ist der oberste Gott und K�nig der Olympier (die als seine Geschwister und Kinder um ihn geschart sind), Vater der G�tter und Menschen, der im Lichte des �thers auf dem h�chsten Gipfel des Olympus in Herrlichkeit thronende Himmelsgott, der Sammler der Wetterwolken, der von Blitzstrahlen umleuchtete Donnerer und Regenspender; doch ist er nicht blo�er Naturgott, sondern auch Beherrscher und Ordner der gesamten
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sittlichen Welt, dem die irdischen K�nige ihre Ehre und Macht verdanken, der Gott der Staatsgewalt und des Familienlebens, der Schutzflehenden und Bedr�ngten, der Gastfreundschaft und des Eides. Seine Attribute sind: der Blitz in der Rechten, das Scepter in der Linken, der Adler, die �gis (d. h. die als funkelnder Sturm-schild vorgestellte, von z�ngelnden Blitzen umgebene Gewitterwolke). Sein prachtvollster Tempel (Taf. II, 8) stand in Olympia, geschm�ckt mit seiner Kolossalstatue, dem vollendetsten Erzeugnis der griechischen bildenden Kunst (von Phidias). (S. Tafel III, 9.)
2. Hera (Juno), des Zeus Gemahlin, ist die Himmelsk�nigin und Schutzg�ttin der Ehe; �wei�armig, gro��ugig, mit sch�nen Haarflechten geschm�ckt." Der Pfau ist ihr Lieblingsvoael. (Siebe Tafel III, 8.) ;
3. Poseidon (Neptunus), des Zeus Bruder, ist der dunkel-gelockte Gott des Meeres und der gesamten Wasserwelt, dessen �unverg�nglicher, golden schimmernder Palast in den Schl�nden der tiefen See ansgebanet steht". Der Dreizack, der Delphin und das Ro� (dessen Gestalt einem Schiffe �hnlich schien) sind seine Attribute.
4. Pallas Athene (Minerva), des Zeus Lieblingstochter, ist die jungfr�uliche, glanz�ugige G�ttin des strahlenden �thers, die wie der �gewaltige Vater" Blitz und Gewitter herniedersendet; sie ist Kriegsg�ttin zugleich und Friedensg�ttin, indem sie ebensowohl in voller Waffenr�stung den Kampf lenkt und ordnet, wie sie andererseits Stadt und Staat segensvoll beh�tet, �ber Hans und Familie waltet, die weibliche Arbeit (insbesondere das Weben) und jegliche Kunstfertigkeit leitet, endlich als hohe G�ttin der Weisheit alle geistige Erkenntnis pflegt und f�rdert. Vor allen Orten wurde sie in der nach ihr benannten Stadt Athen verehrt. Ihre Attribute sind: die �gis (mit dem Haupte der Medusa), die hell�ugige Eule (die auf der G�ttin Scharfblick hindeutet) und der �lbaum, den sie im siegreichen Wettstreit mit Poseidon (der das Ro� als Geschenk bot) den Bewohnern von Attika als k�stliche Gabe gew�hrte. (S. Tafel III, 7 und 10.)
5. Apollon, Sohn des Zeus und der Lew, auf der Insel Delos geboren, war der hehre strahlende Sonnen- und Lichtgott (Ph�bus), ferner ber Gott der Weissagung und Dichtkunst, der F�hrer der Musen. Die Hauptst�tte feiner Weissagung war Delphi mit dem hochber�hmten Orakel. Seine Symbole sind: Bogen unb K�cher, Leier, Lorbeer, Greis und Schwan. Unter seinen Stand-
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bildern ragt vor allen hervor: der Apoll vom Belvedere im Vatikan zu Rom. (Taf. III, 11.)
6. Artemis (Diana), Apollons Schwester, war die Mond-und Waldg�ttin, die namentlich als r�stige �pfeilfrohe" J�gerin unerm�det Gebirg und Thal durchstreift. (Taf. III, 6 und 14.)
7. Ares (Mars), Sohn des Zeus, ist der Gott des Krieges. Im Gegensatz gegen die Kriegsg�ttin Athene, die auch in der Schlacht stets besonnen auftritt, hat der ungest�me Ares seine Lust an der Wildheit des Kampf- und Mordget�mmels.
8. Aphrodite (Venus), war die G�ttin der Sch�nheit und Liebe. (Taf. HI, 12.)
9. Heph�stos (Vulkanus), Sohn des Zeus, war Gott des Feuers und der Schmiedekunst. Er wurde lahm und mi�gestaltet gedacht; aber seine �beraus kunstfertige Hand schuf die wundervollsten Metallarbeiten. Den G�ttern baute er ihre gl�nzenden Pal�ste auf dem Olymp. Dem Zeus schmiedete er Scepter, Blitz und �gis, dem Ares die kostbare R�stung, dem Sonnengotts den goldenen Wagen, auf welchem er am Firmaments dahinf�hrt.
10. Hestia (Vesta), Schwester des Zeus, war die G�ttin des h�uslichen Herdes und Gl�cks.
11. Hermes (Mercur), Sohn des Zeus und der Maia, ist der G�tterbote und Schattengeleiter, der Gott der Wege, des Ver-kehrs und des Handels, der List und Beredsamkeit, der die Leier wie die Ringkunst erfand und manche andere sinnreiche Erfindung machte. Seine Kennzeichen sind: der goldene Heroldsstab, die Fl�gel an den Sandalen der F��e, der gefl�gelte Reisehut. Sein sch�nstes Bild wurde in neuester Zeit zu Olympia ausgegraben. (Taf. III, 13.)
12. Demeter (Ceres), Schwester des Zeus, ist die G�ttin des Ackerbaues und der Saaten. Von ihr kommt die feste Siedelung; Haus, Eigentum, die Gemeinschaft der Familie sind ihre Satzungen. Sie wurde stets in Verbindung gedacht mit ihrer Tochter Perseph�ne (Proserplna), die der unterirdische Gott Pluton (f. III, 2) in das Schattenreich entf�hrte und zu seiner Gemahlin erkor. Endlich zu der um die Verlorene trauernden Mutter zur�ckgef�hrt, teilte Perseph�ne nach dem Schiedsspr�che des Zeus Hinsort ihr Leben zwischen Mutter und Gemahl: sie brachte die eine H�lfte des Jahres auf der Oberwelt, die andere in der Unterwelt zu. Die Fruchtbarkeit der Erde richtete sich nach diesem Gesetz: die Natur
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h�lt allj�hrlich so lange ihren Winterschlaf, bis Perseph�ne aus der unterirdischen Welt wiederkehrend im Fr�hling die Erde neu belebt.
III. Andere G�tter.
Neben den weltbeherrschenden zw�lf Olympiern treten noch manche andere Gottheiten im Leben der Griechen hervor. Zun�chst reiht sich an die Verehrung der Ackerg�ttin Demeter der Dienst des Weingottes
1. Dionysos (Bacchus). Er war der Sohn des Zeus und einer Sterblichen, der K�nigstochter Semele von Theben. Mit der Frucht des Weinstocks, den er zuerst gepflanzt, verlieh er den Menschen die k�stliche Gabe des herzerfreuenden Weines. Begeistert von dem berauschenden Getr�nk, schlo� sich dem jungen Gott ein Zahlreiches jubelndes Gefolge an, das in ungez�gelter Festlust unter wildem L�rm und schallender Musik durch Gebirg und Thal schweifte, um dem Dionysos zu huldigen und seinen Dienst zu verbreiten. Dionysos selbst zog, von seinen Verehrern umschart, mit Reben und Epheuranken reichbekr�nzt, auf einem mit L�wen und Panthern be-spannten Wagen thronend oder auch auf dem R�cken eines Tigers oder Elefanten reitend, als Bringer des Weinstocks weithin durch die Lande; selbst nach dem fernen Indien unternahm er einen vielgepriesenen Triumphzug. In Griechenland aber wurden dem g�tt-lichen Freudespender gro�e Feste veranstaltet, bei deren Feier heitere Ges�nge erschallten. Aus diesen Bacchusliedern entwickelte sich allm�hlich das Schauspiel der Griechen: die gro�artige dramatische Dichtung ging aus ihnen hervor.
Wie die Dienste des Weingottes und der Ackerg�ttin einander verwandt sind, so war andererseits, wie wir gesehen haben, mit der sruchtspendenden Demeter als Tochter die unterirdische G�ttin Per-sephone eng verbunden. Persephones Gemahl
2. Pluton oder Hades, der Bruder des Zeus, war der Be-Herrscher des Schattenreiches. Dasselbe lag im Innern der Erde, sein Haupteingang war im fernen Westen, jenseit des Okeanos-stromes. Auch auf dem Festlande f�hrten einige tiefe Schl�nde in die lichtlose Unterwelt hinab. Sie war von dem Styxflusse neun-sach umflutet; der F�hrmann Sharon f�hrte die Seelen der Ab-geschiedenen �ber den unterirdischen Grenzstrom in das Land der Schatten, dessen Eingang am jenseitigen User Cerberus, der drei-k�pfige H�llenhund, bewachte. Schuldbeladene Gestorbene wurden
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in den Tartarus gewiesen; ausgezeichnete Helden und bevorzugte G�tterlieblinge erhielten die wonneselige Insel Elysium zum Wohnsitz. /
3. Als verg�tterte Naturkr�fte sind noch anzuf�hren: Helios, der auf goldenem Viergespann am Himmelsgew�lbe dahinfahrende �allsehende" Son-nengott; Selene, die Mondg�ttin, Eos, die �rosenfingerige" G�ttin der Morgenr�te. � Sittliche M�chte waren: Themis, die G�ttin des Gesetzes, Nemesis, die G�ttin der Vergeltung, die drei Erinyen oder Eumeniden (Furien), die G�ttinnen des strafenden Gewissens.
4. Auch die Gottheiten, welche den h�heren G�ttern als dienende zu-gesellt waren, d�rfen nicht unerw�hnt bleiben. Unter ihnen treten hervor: die neun Musen, die G�ttinnen der sch�nen K�nste und edlen Wissenschaften, als freundliche Begleiterinnen um Apollon geschart; der Berg HeMon ist ihr Haupt-sitz. Ihnen verwandt waren die drei Chariten (Grazien), die holdseligen G�ttinnen der Anmut; ferner die drei H�ren, die G�ttinnen der Jahreszeiten, welche die Thore des Himmels auf- und zuschlie�en und die Menschen durch ihre Gaben erfreuen. Als ernstere M�chte machten sich die Parzen geltend, die hehren Schicksalsg�ttinnen, gleichfalls drei an der Zahl. Hebe war die bl�hende G�ttin der Jugend, welche bei festlichen G�ttermahlen den Schmausenden als Mundschenkin die Becher f�llte; Iris die G�ttin des farbigen Regenbogens, die windschnelle, goldgefl�gelte Botin des Zeus 2C. � Ganz un�bersehlich war endlich die Zahl der Nymphen, welche teils als Nereiden das Meer oder als Najaden die Quellen und Fl�sse, teils als Oreaden die Gebirge be-wohnten.
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Jas HeldenMalter; Volksst�mme und Einwanderer.
1. Die Stammsage der Griechen. Der G�tterwelt reiht sich die Heldenwelt, der G�ttersage die Heldensage an; denn die �ltesten Helden (Heroen) waren nicht gew�hnliche Sterbliche, sondern Halbg�tter (menschliche S�hne und dienende Werkzeuge der G�tter), die in die Wunderwelt der Urzeit hinaufreichen. In diese Heldensagen sind die Anf�nge des griechischen Volkes eingeh�llt. Die Griechen nannten sich selbst Hellenen; als ihren Stammvater bezeichnet die Sage Deukalions Sohn Hellen. Von Hellens S�hnen und Enkeln werden die vier St�mme herge-leitet, in welche das Volk sich gliederte: die�olier, Ach�er, Dorer und Jonier.
Deukalion war bei der gro�en Wasserflut, durch welche der Zorn der G�tter die verderbte Menschenwelt von der Erde vertilgte, allein mit seiner frommen Gattin Pyrrha gerettet worden, indem er zu Schiffe den Gipfel des Parnaffus, des h�chstragenden der griechischen Berge, erreichte. Von ihm ging ein neues Menschengeschlecht aus; von seinem Sohne Hellen stammt das Volk der Hellenen oder Griechen ab.
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2. Einwanderungen aus dem Orient. So lautet die Stamm-sage der Griechen. Doch waren sie nicht, wie sie selbst meinten, Eingeborene ihres Landes (Autochthonen), sondern ein Zweig der gro�en arischen V�lkerfamilie (f. � 11) und in �ltester Zeit aus Hochasien in die Halbinsel eingewandert, welche sie bewohnten. Auch auf die fr�heste Entwicklung der griechischen Kultur hat der Orient, insbesondere das Volk der Ph�nizier durch Niederlassungen auf den Inseln und an den K�sten des Landes, vielfach eingewirkt. Dar-auf weisen hin die Einwanderungssagen von Kekrops, Kadmus, Dan�us und Pelops, die als Gr�nder geselliger Ordnung und Gesittung gefeiert werden.
Aus der Heroenzeit sind daher zun�chst hervorzuheben:
Die Einwanderer.
1. Kekrops kam aus �gypten nach der Landschaft Attika, in welcher er als erster K�nig und Gesetzgeber waltete und die Burg Kekropia erbaute. (Nach der �lteren Gestalt der Sage war Kekrops einheimischer K�nig.)
2. Kadmus zog aus Ph�nizien, seine von Zeus geraubte Schwester Eu-ropa suchend, nach Griechenland und folgte auf Weisung des Orakels zu Del-phi den Spuren eines den G�ttern geheiligten Rindes nach der Landschaft B�otien. Dort gr�ndete er nach Erlegung eines furchtbaren Drachens die Stadt Theben mit der Burg Kadmea. Ihm wird die Erfindung der Buch-staben zugeschrieben. Seine Tochter Sem �le war die Mutter des Weingottes Dionysos.
3. Dan�us wanderte'aus �gypten in die Landschaft Arg� lis ein, deren Kultur von ihm ausging. Seine f�nfzig T�chter, die sogenannten Danaiden, t�teten, eine einzige ausgenommen, die ihnen aufgezwungenen Gatten gleich nach dem Hochzeitsfeste. F�r diefen Frevel wurde ihnen die Strafe auferlegt, da� sie in der Unterwelt unaufh�rlich Wasser in ein Fa� gie�en mu�ten, dessen Boden durchl�chert war.
4. Pelops war der Sohn des reichen K�nigs Tant�lus in Kleinasien, der durch frevelhaften �bermut die Gunst der G�tter verlor und in die Unter-welt versto�en wurde, wo er, im wasserreichen Teiche von k�stlichen Fr�chten umgeben, durch endlosen brennenden Durst und unertr�glichen Hunger gepeinigt wurde. Pelops wanderte nach S�dgriechenland aus, wo er dann als m�chtiger K�nig herrschte, soda� die Halbinsel nach ihm Peloponnes d. i. Pelopsinsel genannt wurde. Seine S�hne waren Atreus und Thyestes, die einander in greuelvollem Bruderzwiste befeindeten. Des Atreus S�hne Agamemnon und Menelaus geh�rten zu den hervorragendsten Helden des trojanischen Krieges.
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Die griechischen Heroen.
Zahlreich sind die griechischen Nationalheroen. Unter ihnen
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die bemerkenswerterenPerseus, Bellerophontes, Orpheus; vor allen ragen hervor: Herkules und Theseus^).
1. Perseus (von Argos), Sohn des Zeus und der Dan�e, dringt in Fl�gelschuhen durch die Luft bis in das ferne, sonnenlose Nebelland vor und erlegt dort die grauenhafte Medusa, deren schlangenumwundenes Haupt jeden Beschauer in Stein verwandelt.
2. Bellerophontes, von dem unsterblichen Fl�gelr�sse Peg�sus in die L�fte emporgetragen, t�tet die entsetzliche Chim�ra.
3. Orpheus, der S�ngerheld, bewegt durch die Zaubermacht seiner T�ne nicht allein der Menschen Herzen, er bez�hmt durch sie auch die Tiere der Wildnis und erweicht die starren Felsen; ja, als er, um seine verlorene Gattin Eurydkce wiederzugewinnen, in das Schattenreich hinabsteigt, r�hrt er selbst die trotzigen M�chte der Unterwelt und bezwingt die eherne Brust des finsteren Totengottes.
4. Herkules war der Sohn des Zeus und der K�nigin Alkmene von Theben. Als acht Monate altes Kind aus einem Schilde ruhend, der ihm zur Schlafst�tte diente, erw�rgt er zwei sein Leben bedrohende furchtbare Schlangen mit den H�nden. Nachdem er dann als Knabe von den trefflichsten Lehrmeistern in den K�nsten des Ringens, Fechtens, Bogenschie�ens und Wagenlenkens, auch in der Buchstabenschrift und im Zitherspiel unterwiesen worden, w�chst er in freiem Gebirgsleben bei weidenden Herden zum hochragenden, kraftvollen J�ng-ling heran, der bald durch einzelne Kraftthaten sich hervorthut. Aber als er einst im �berma� des Zorns einen schweren Frevel ver�bt, befiehlt ihm das Orakel zu Delphi, da� er zur Abb��ung seiner Unthat bei dem K�nig Eu-ry st Heus von Myken� in Dienst treten und die zw�lf Arbeiten vollbringen solle, welche der K�nig ihm ausgeben werde. Nachdem er diese siegreich bestanden hat und aus dem Knechtsdienst bei Eurystheus befreit ist, verrichtet er neue Heldenthaten. Unter seltsamen Umst�nden und schweren Leiden erfolgt das Ende des Helden. Bei einer gro�en Opferfeier, die er feinem Vater Zeus veranstaltet, erh�lt er von feiner Gemahlin Deianira ein mit dem vergifteten Blute des Centauren Nefsus bestrichenes Festgewand, deffen furchtbare Wirkung Deianira nicht kannte. Kaum hat Herkules das Kleid angelegt, als das Gift wie verzehrende Feuersglut ihm in den K�rper dringt und unertr�g-liehe Schmerzen bereitet. Befreiung von der Qual kann nur der Tod gew�hren. Daher l��t sich Herkules von feinen Gef�hrten auf den �taberg tragen und dort auf einen Scheiterhaufen heben. Aber als nun die verzehrenden Flammen an dem Holzsto� emporschlagen, sendet Zeus unter furchtbaren! Blitzen seine Donnerwolke hernieder, die den Helden den Schmerzen und M�hsalen des Erdenlebens entr�ckt und zum Lohne f�r seine unvergleichlich herrlichen Thaten zu den H�hen des Olympus emporhebt. Dort tritt er als Gott in den Kreis der Unsterblichen ein, und Hebe, die G�ttin der ewigen Jugend, wird seine himmlische Gemahlin.
l) Alle diese Sagen sind vom Verfasser ausf�hrlich erz�hlt in: I. C. Andr�, Heroe�. Griechische Heldensagen f�r die Jugend. 3. u. 4. Stuft. Geb. 3 M., mit 28 Abbild, geb. 5V� M. Verlag von R. Voigtl�nder in Leipzig.
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5. Theseus, der Sohn des K�nigs �geus von Athen, wird als Kind vom Vater den Gro�eltern, die in einer Stadt des Peloponnes wohnten, zur Erziehung �berlassen mit dem Auftrage, ihm den Sohn nach Athen zu senden, sobald er zum r�stigen J�ngling erwachsen sei; die erlangte Kraft solle The-seus dadurch erweisen, da� er des �geus Schwert und Sohlen, die dieser vor seiner R�ckreise nach Athen unter einen schweren Felsblock gelegt, selbst hervor-hole. Theseus besteht das Kraftst�ck, als er sechzehn Jahre alt war, und macht sich dann, voll frischer Thatenlust, auf den Weg nach Athen. Mit Heldenk�hn-heit �berwindet er alle Gefahren, die ihm auf feiner Wanderfahrt entgegen-treten: er erlegt den riesigen Keulenschwinger Periphetes, den Fichtenbeuger Sinis, den Wegelagerer Skiron, der die Wanderer mordlustig ins Meer hinabst�rzte, den Prokrustes, welcher die Vor�bergehenden in ein zu langes oder zu kurzes Bett legte, um sie dann entweder auseinander zu recken oder ihnen die F��e abzuhacken :c. In Athen angelangt, schlie�t er sich freiwillig der Fahrt der sieben J�nglinge und sieben Jungfrauen an, welche alle neun Jahre dem K�nig Minos auf Kreta gesandt werden mu�ten, um dem menschen-verschlingenden Minotaur vorgeworfen zu werden. Er t�tet das Ungeheuer und rettet sich und seine Gef�hrten mittelst eines Fadens, den er von der K�nigstochter Ariadne empfangen, aus den Jrrg�ngen des Labyrinths. Auf der Heimfahrt vergi�t er die schwarzen Trauersegel seines Schiffes mit wei�en zu vertauschen, soda� sein Vater �geus, der das Unternehmen mi�-lungen glaubt, sich aus Schmerz in das (��g�ifche") Meer st�rzt. Theseus wird nun K�nig von Athen und ordnet den Staat durch weise und wohlth�tige Einrichtungen.
� 18.
Gemeinsame Heerfahrten in der Heroemeit.
Au�er den einzeln austretenden Heroen begegnen wir ganzen Gruppen von Helden, die zu gemeinsamen Heerz�gen sich vereinigen. Solche Heerfahrten sind:
1. der Argonautenzug,
2. die Kriege gegen Theben,
3. der trojanische Krieg.
1. Der Argonautenzug.
Phrixus und seine Schwester Helle, die Kinder eines K�nigs in B�o-tien, hatten von ihrer b�sen Stiefmutter viel zu leiden. Da sandten ihnen die G�tter einen Widder mit goldenem Fell (Vlies), der sie auf seinen R�cken nahm und durch die L�fte davontrug. Als sie �ber die Meerenge setzten, welche Europa von Asien trennt, st�rzte Helle schwindelnd herab und ertrank im Meere, das nach ihr Hellesp ont (d. i. Meer der Helle) genannt wurde. Ihr Bruder Phrixus aber gelangte gl�cklich nach dem fernen Lande Kolchis am Ostufer des Schwarzen Meeres. Dort opferte er den Widder den G�ttern; dessen goldenes Vlies aber schenkte er dem K�nige �etes, der ihn gastfreund-lich aufgenommen hatte. �etes lie� das Fell in einem Haine an einem Eich-b�um aufh�ngen und von einem f�rchterlichen, nie schlafenden Drachen bewachen.
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Aber so sicher das goldene Vlies beh�tet schien, dennoch unternahm ein griechischer Held das Wagnis, den kostbaren Schatz, an dessen Besitz sich reicher Segen kn�pfte, nach Griechenland zu entf�hren. Es war Jason, eines K�nigs Sohn aus der Seestadt Jolkos im n�rdlichen Griechenland. Der trug Ver-langen nach k�hnen Abenteuern und ruhmreichen Thaten; darum verband er sich mit einer Anzahl anderer Helden, unter denen sich auch Herkules, The-feus, der S�nger Orpheus u. a. befanden, zu einer Fahrt nach dem Lande Kolchis, soweit dasselbe auch entlegen, so zahllos und ungeheuer die Gefahren waren, die es zu bestehen galt. Das Schiff, auf welchem die Helden fuhren, hie� Argo, nach ihm wurden die Teilnehmer an dem Zuge Argonauten d. i. Argoschiffer genannt. Nach mancherlei Abenteuern gelangten sie nach Kolchis. Dort trug der K�nig �etes dem Jason zur Erlangung des goldenen Vlieses unerh�rte Arbeiten auf. Doch unterst�tzt von Medea, der zauberkun-digen Tochter des �etes, vollbrachte er sie gl�cklich. Er b�ndigte zwei erz-hufige, feuerschnaubende Stiere, pfl�gte mit ihnen einen Acker um und s�ete Drachenz�hne in die Furchen, aus denen sofort geharnischte M�nner hervor-wuchsen. Jason warf, wie Medea ihm geraten, einen Stein in den Haufen der wilden Eisenm�nner hinein, worauf diese teils sich gegenseitig mordeten, teils von den m�chtigen Schwerthieben des Helden niedergestreckt wurden. Als �etes, seinem Versprechen zuwider, auch jetzt das goldene Widderfell nicht herausgab, holte sich Jason, nachdem er durch ein Zaubermittel Medeas den wachehaltenden Drachen eingeschl�fert, des Nachts das Vlies aus dem Haine, und trat dann mit seinen Gef�hrten die R�ckfahrt nach Griechenland an, wohin ihn Medea als seine Gattin begleitete. Der K�nig eilte den Heimkehrenden auf einem schnell-segelnden Schiffe nach; doch als er ihnen nahe gekommen, t�tete Medea, um die Flucht zu sichern, ihren kleinen Bruder (Absyrtus), den sie aus Kolchis mitgenommen hatte, und warf deffen zerst�ckelte Glieder einzeln hier und dort auf das Ufer hin, an welchem das Schiff vor�berfuhr. Diese Unthat brachte ihnen Rettung. �etes wurde durch das Einsammeln der Gebeine seines S�hn-leins aufgehalten, und die Griechen gewannen dadurch einen so gro�en Vor-sprung, da� ihre Verfolger sie nicht mehr erreichen konnten. Ihre Weiterfahrt war noch reich an wundersamen Abenteuern und mancherlei N�ten; doch ge-langten sie endlich gl�cklich in die Heimat.
2. Die Kriege gegen Theben.
a. K�nig �dipus. La'ius, K�nig von Theben, hatte einen Orakelspruch erhalten, wornach er von dem Sohne, der ihm geboren werden sollte, get�tet werden w�rde. Daher lie� er dann seinen neugeborenen Sohn �dipus im Gebirge aussetzen. Doch das Kn�blein wurde gerettet und von dem K�nige von Korinth als Sohn auf-erzogen. Zum kraftvollen J�ngling erwachsen, erschlug dann �dipus auf einer Wanderung durch das Land seinen ihm unbekannten Vater, mit welchem er in einem Hohlweg feindlich zusammenstie�, befreite hierauf die Stadt Theben von der menschenm�rderischen Sphinx, einem Ungeheuer mit Frauenkopf, L�wenleib und Vogelfl�geln, indem er das von ihr aufgegebene R�tsel l�ste, und wurde zum Lohn f�r diese That K�nig von Theben und Gemahl der verwitweten K�nigin Jok�ste, von der er nicht wu�te, da� sie seine Mutter war. Lange Jahre blieb das unselige Ereignis in tiefes Dunkel geh�llt. K�nig �dipus
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herrschte mit Weisheit und Milde �ber sein Volk; zwei S�hne, Ete�kles und Polynices, und zwei T�chter, Antig�ne und Jsmene, wurden ihm ge-boren. Endlich trat das grauenvolle Geheimnis ans Licht. In Verzweiflung gab sich die K�nigin Jokaste selbst den Tod, �dipus stach sich die Augen aus. An der Hand seiner Tochter Antig�ne irrte er als Bettler durch Griechen-land; endlich ging der hartgepr�fte Greis im Haine der Eumeniden bei Athen in die Ruhe der Unterwelt ein.
b. Die Feldz�ge gegen Theben. Des �dipus S�hne, die dem Vater in der Herrschaft �ber Theben folgten, gerieten bald in heftigen Streit um den Thron. Ete�kles verdr�ngte den Polynices, der nach Argos floh und dort sechs andere Helden zum Feldzuge gegen Theben gewann. So kam es zum Kriege der Sieben gegen Theben. Da die wohlverteidigte Stadt den Kriegsscharen der Belagernden l�ngere Zeit Widerstand leistete, sollte ein Zwei-k�mpf der Br�der die Entscheidung bringen. In demselben fielen beide, einer durch des andern Hand. Nun wurde ihr Oheim Kreon K�nig von Theben. Dieser besiegte die Sieben und zwang den Rest ihrer Scharen zum Ab-zug. Des erschlagenen Polynices Bestattung verbot er bei Todesstrafe, weil derselbe feine Vaterstadt als Feind angegriffen habe. Doch Antig�ne, die Schwester des Get�teten, aus Liebe zu dem Bruder sich dem harten Befehl des K�nigs nicht f�gend, begrub des Polynices Leiche. Zur Strafe f�r ihre That wurde sie auf Kreons Gebot lebendig in ein Felsengrab eingeschlossen, wo sie den Tod fand. � Zehn Jahre nach diesen Ereignissen vereinigten sich die S�hne der Sieben, die sogenannten Epigonen (d. i. Nachgeborenen), zu einem neuen Kriegszuge gegen Theben. Gl�cklicher als ihre V�ter, eroberten sie die Stadt und setzten des Polynices Sohn als K�nig ein.
3. Der trojanische Krieg
ist die gr��te und ber�hmteste unter den Heerfahrten der Heroenzeit. Nicht allein die zahlreichste Schar gepriesener Helden beteiligte sich daran, selbst die G�tter des Olympus griffen vielfach in den gewaltigen Krieg ein. Die erste Veranlassung dazu gab ein Streit, der unter den G�ttern selbst ausbrach. Als n�mlich Peleus, ein K�nig in Nordgriechenland, mit der Meerg�ttin Thetis sich verm�hlte, waren alle G�tter und G�ttinnen als G�ste zu der gl�nzenden Hochzeitsfeier gekommen; nur Eris, die G�ttin der Zwietracht, war nicht zu dem Feste geladen. Voll Zorns warf sie unter die G�ste einen goldenen Apfel, der die Aufschrift trug: �Der Sch�nsten!" Sofort entstand Streit unter den drei G�ttinnen Hera, Pallas Athene und Aphrodite, welcher unter ihnen der Apfel geb�hre. Endlich wurde beschlossen, da� Paris, der sch�nste der M�nner, dar�ber entscheiden sollte. Paris war ein Sohn des Pri�mus, der in der Stadt Troja im nordwestlichen Kleinasien als K�nig herrschte. Der junge K�nigssohn befand sich gerade auf dem der Stadt nahe gelegenen Berge Ida bei den Herden seines Vaters, als die G�ttinnen vor ihn traten, um ihm ihre Frage vorzulegen. Er entschied sich f�r Aphrodite, welche ihm zum Lohne f�r feilten Ausspruch das sch�nste Weib der Erde als Gattin verhei�en hatte. Diese sch�nste aller Frauen war Helena, die Gattin des K�nigs Menel�us von Sparta. Um sie zu gewinnen, kam nun Paris nach Sparta und wu�te das Herz des leichtfertigen Weibes fo zu beth�ren, da� sie, ihrer Pflicht ver-
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geffenb, in Abwesenheit ihres Gemahls ihn als Gattin nach Troja begleitete. Menelaus beschlo�, Rache zu nehmen. Auf seinen Ruf vereinigten sich alle K�nige und Helden von Griechenland zu einem gemeinschaftlichen Heereszuge gegen Troja. Unter ihnen ragten namentlich hervor: Agamemnon, des Menelaus Bruder, K�nig von Mycen�, der als der m�chtigste der griechischen K�nige den Oberbefehl erhielt; ferner der g�ttergleiche Achilles, der Sohn des Peleus und der Thetis, welcher alle andern an Heldenkraft �berstrahlte; neben ihm sein Freund Patroklus; dann der hochbetagte weise Nestor und der listenreiche Odysseus, K�nig von JthLka, der gewaltige Ajax, der tapfere Diomedes, Menelaus u. a. In der Hafenstadt Aulis in B�otien ver-sammelten sich die Kriegerscharen und 1200 Schisse der F�rsten zur �berfahrt nach Troja. Doch eine Windstille, welche von der dem Agamemnon z�rnenden G�ttin Artemis gesandt war, hielt das Heer l�ngere Zeit im Hafen zur�ck. Da beschlo� der K�nig, dem priesterlichen Spruche sich f�gend, der G�ttin, um sie zu vers�hnen, die eigene Tochter Jphigenia zum Opfer darzubringen. Doch Artemis hatte Erbarmen und entr�ckte bei der Opferfeier die dem Tode ge-weihte Jungfrau nach der fernen Halbinsel Tauris, wo sie hinfort der G�ttin als Priesterin diente, bis sie sp�ter ihr Bruder Orestes wieder auffand und heimgeleitete. Das Griechenheer aber kam unter g�nstigem Fahrwinde, der sich -nun erhob, gl�cklich nach der K�ste von Troja.
Zehn Jahre lang dauerten dort die K�mpfe um die durch starke Mauern befestigte Stadt, welche namentlich durch Hektar, den tapferen Sohn des K�nigs Priamus, trefflich verteidigt wurde. Doch der edle Trojaner erlag endlich der st�rkeren Hand des furchtbaren Achilles; dieser selbst fiel bald darauf durch einen Pfeil, der, von dem ihm z�rnenden Gotte Apollon entsendet, ihm die allein verwundbare Ferse durchbohrte; auch der Held Ajax fand den Tod durch grau-sigen Selbstmord, und zahllos war die Menge der auf beiden Seiten in der Schlacht Gefallenen. Aber immer noch stand die Stadt Troja unbezwungen; kein feindlicher Angriff vermochte ihre stolzen Mauern zu zerbrechen. Da, wunderbar! was der Tapferkeit nicht gelang, das vollbrachte endlich die List. Auf den Rat des erfindungsreichen Odysseus erbauten die Griechen ein riesiges h�lzernes Ro�, in dessen hohlen Leib ihre besten Helden sich verbargen, w�hrend das �brige Heer scheinbar nach der Heimat zur�ckfuhr. Die verblendeten Trojaner zogen nun (gegen den Rat des Priesters Laok�on) das Unget�m selbst in ihre Stadt; in der Nacht aber stiegen die im Bauche des Rosses eingeschlossenen Helden aus dem Versteck hervor; das Griechenheer, welches ab-gesegelt war, landete von neuem an der trojanischen K�ste und r�ckte dann unter gewaltigem Kriegsgeschrei durch die ge�ffneten Thore und Mauerl�cken in das Innere der Stadt. Hiermit war Trojas Ende gekommen. In blutigem Kampf-gew�hl wurden die Bewohner niedergehauen, der greise K�nig Priamus selbst erschlagen, die K�nigin Hekuba, ihre Tochter die Seherin Kassandra, und Hektars Witwe, Andromache, gefangen abgef�hrt; von hochauflodernder Feuersglut verzehrt, sank die altber�hmte, m�chtige Stadt in Schutt und Asche.
Agamemnon. Unter den von Troja heimkehrenden griechischen Helden hatte Agamemnon, der V�lkerf�rst, das jammervollste Geschick: bei seiner An-f�nft in der Heimat wurde er von feiner eigenen Gemahlin Klyt�mnestra und dem �gisthus, den sie w�hrend Agamemnons Abwesenheit zum Gatten Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 3
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genommen hatte, mit dem Beile erschlagen. Lrestes, der Sohn des Agamem-non, r�chte sp�ter den Vater durch grausigen Muttermord, der seine Verfolgung durch die Eumeniden herbeif�hrte.
Ldysseus erreichte erst nach zehnj�hriger Irrfahrt seine Heimatsinsel Jth�ka. Durch widrige Winde auf dem Meere umhergetrieben, hatte er die seltsamsten Abenteuer, das h�rteste Mi�geschick zu bestehen. Einst kam er zu dem Lande der Cyklopen, ungeschlachter Riesen mit einem gro�en runden Auge auf der Stirn. Der f�rchterlichste derselben, Polyphemus mit Namen, verschlang ihm mehrere seiner Gef�hrten, und Odysseus konnte sich nur dadurch vor einem gleichen Schicksal retten, da� er den Cyklopen blendete. Dann wurde der Held nach der Insel der Zauberin Circe verschlagen, die einen Teil feiner Leute in Schweine verwandelte, doch von ihm gezwungen wurde, ihnen die Menschen-gestalt wiederzugeben. Gen Westen gelangte er hierauf bis zum Okeanosstrom am �u�ersten Ende der Erde und stieg dort in die Unterwelt hinab, in welcher er die Schatten seiner Freunde Achilles und Agamemnon und vieler andern Helden erblickte. Aus dem unterirdischen Dunkel in das Licht der Sonne zu-r�ckgekehrt, hatte er neue Gefahren zu bestehen. Gl�cklich entging er den Sirenen, welche die Vor�berfahrenden durch s��e Zauberlieder in den Tod lockten; auch vollbrachte er die grauenvolle Durchfahrt durch die Scylla und Charybdis; bald darauf aber wurde ihm durch einen Schiffbruch sein letztes Fahrzeug zerschmettert und alle seine Gef�hrten vom Meere verschlungen; er allein rettete sich aus den Wogen an die Insel der Nymphe Kalypso. Freund-lich aufgenommen, verweilte er auf dem fch�nen einsamen Eiland sieben ruhige Jahre, die nur durch seine stets wachsende Sehnsucht nach der lieben Heimat getr�bt waren; endlich mu�te ihn Kalypso auf Befehl des G�tterk�nigs Zeus entlassen. Auf einem Flo�, das er selbst gezimmert, fuhr er k�hn �ber die weite Meeresfl�che seinem teuren Jthaka entgegen; schon war er der Heimats-insel nahe gekommen, da zertr�mmerte ihm ein neuer Sturm sein Fahrzeug. Schwimmend erreichte er die Insel der Ph�aken. Hier sollte er gastliche Aus-n�hme finden. Die holde K�nigstochter Naufik�a, welcher er hilfeflehend zu-erst genaht, schenkte dem ungl�cklichen Manne ihre Teilnahme und f�hrte ihn in die Stadt zu dem Palaste ihres Vaters. Der K�nig Alkin�us aber ehrte den Helden nicht allein durch Bewirtung und herrliche Gastgeschenke, er sorgte auch f�r seine Heimfahrt. Ein fchnellsegelndes Schiff wurde ausger�stet, und eine Schar seekundiger Ph�akenj�nglinge f�hrte in rascher Fahrt den Vielge-wanderten nach Jthaka, das er schlummernd erreichte. Aber auch in der Heimat selbst hatte der Held noch die schwersten Gefahren zu bestehen. Denn seine edle Frau Penel�pe war von einer zahlreichen Schar �berm�tiger Freier bedr�ngt, die Tag f�r Tag in das Haus des Odyfseus kamen und in schwelgerischen Ge-lagen sein Gut verzehrten. Diese Elenden mu�ten von der Hand des Helden den verdienten Lohn empfangen: sie alle mu�ten ihre Frevelthaten mit dem Tode b��en. Um das schwierige Rachewerk vorzubereiten, bedurfte es der gr��ten Vorsicht. Daher verwandelte die G�ttin Athene den Odyfseus, dem sie wegen seiner Klugheit stets ihre besondere Gunst zuwandte, in einen alten Bettler, den niemand kannte. In dieser Gestalt begab er sich nach seiner An-kunft auf Jthaka zun�chst zu seinem treuen Sauhirten Eum�us, in dessen H�tte bald auch Telem�chos eintrat, der Sohn des Odysseus. Ihm gab sich
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der Held zuerst zu erkennen und verabredete mit ihm alle Ma�regeln, die zur Erschlagung der Freier notwendig schienen. Im Bettlergewand kam er dann zuerst wieder in sein Haus, das er vor zwanzig Jahren bei seiner Fahrt nach Troja verlassen hatte. Unerkannt sah. er hier das zuchtlose Treiben der Freier und ertrug gelassen ihren frechen �bermut. Als aber der rechte Augenblick ge-kommen, begann er den Kampf gegen die Frevler, welche endlich alle seiner Heldenkraft erlagen. Dann reinigte er sich vom Blute der Erschlagenen und begab sich zu seiner Gattin, die, in ihrem von dem Saale der Freier weit ab-gelegenen Gemache von tiefem Schlafe umfangen, das wilde Kampfget�se nicht vernommen hatte. Sie vermochte sich kaum darein zu finden, da� der teure, langentbehrte Gemahl da vor ihr stehe. Als endlich ein Zweifel an seiner Wiederkehr nicht mehr m�glich war, sank sie mit Freudenthr�nen im Auge dem geliebten Gatten in die Arme. �
In zwei gro�en Heldengedichten, der Jlias und der Odyssee, die dem Dichter Homer zugeschrieben werden (um 950 v. Chr.), sind die K�mpfe vor Troja und die Heimkehr des Odyffeus besungen. Diese homerischen Gedichte gelten mit Recht als die gr��ten Meisterwerke, welche die Heldendichtung hervor-gebracht hat. �
Baudenkm�ler der Heroenzeit. Aus der Zeit vor der dorischen W�nde-rung sind noch einige merkw�rdige �berreste von Bauwerken erhalten, die ge-wohnlich dem griechischen Urvolke, den Pelasgern, zugeschrieben werden. Die wichtigsten derselben sind: die cyklopischen Mauern (namentlich bei Myken� und Tiryns), das L�wenthor von Myken� und das sog. Schatzhaus des Atreus in Myken�. (S. Tas. II, 1�8.)
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Die dorische Wanderung und die griechischen Kolonieen.
1. Die dorische Wanderung 1104. Dem Heldenzeitalter 1104 folgen gro�e Wanderungen der griechischen St�mme, durch welche
eine Umwandlung der �ltesten Zust�nde, die Gr�ndung neuer Staaten und St�dte, herbeigef�hrt wurde. Von den wichtigsten Folgen war namentlich die dorische Wanderung. Die Darier, urspr�nglich im Norden Griechenlands (in Thessalien) wohnend, zogen � der Sage nach unter drei Nachkommen des Herkules � durch Mittelgriechenland und dann �ber den korinthischen Meerbusen nach dem Peloponnes und eroberten in l�ngeren K�mpfen die Halbinsel (mit Ausnahme des Berglandes Arkadien). Die bisherigen Bewohner (Ach�er und Jonier) wurden teils unterworfen, teils verdr�ngt.
Viele von ihnen gingen nach den Inseln des �g�ischen Meeres und nach der westlichen K�ste von Kleinasien.
2. Die Kolonieen. Durch diese Wanderung entstanden die griechischen Ko lonieen in Kleinasien. Die wichtigsten derselben waren die sogenannten jonischen, d. h. von dem Stamme der
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Jonier auf der Westk�ste von Kleinasien gegr�ndeten Kolonieen, unter welchen namentlich die St�dte Milet, Ephesus, Smyrna und Phoc�a zu hoher Bl�te gelangten. Auch von den St�mmen der Dorier und �olier wurden Kolonieen in Kleinasien angelegt. In der folgenden Zeit breiteten sich die Pflanzst�dte der Griechen immer weiter aus: an allen K�sten des �g�ischen Meeres nicht weniger als an den Ufern des Schwarzen Meeres, in Unteritalien (Tarent) und Sizilien (Syrakus), selbst in Gallien (Massilia) und Spanien gab es griechische Kolonieen. Dieselben blieben mit dem Mutterlande in Verbindung: griechische Sprache und Gesittung, griechische Kunst und Wissenschaft waren in ihnen verbreitet; ja die Kolonieen eilten in den Fortschritten der Kultur zum Teil dem Mutterlande voraus.
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Die Staatsverfassungen und die Nationaleinheit.
1. Die Staatsverfassungen. Griechenland bildete keinen Gesamtstaat: es zerfiel, durch seine nat�rliche Beschaffenheit vielfach geteilt, in eine Menge kleiner Staaten. Anfangs standen an deren Spitze K�nige. So im Heldenzeitalter; so in den Staaten, welche die Dorier im Peloponnes gegr�ndet hatten. In Sparta regierten immer zwei K�nige (aus zwei k�niglichen Familien) zugleich. Allm�hlich aber wurde fast �berall die K�nigs-Herrschaft gest�rzt und die Staaten in Republiken verwandelt. Herrschten in einer Republik die Vornehmen, so nannte man die Staatsverfassung eine aristokratische; nahm das ganze Volk an der Staatsverwaltung teil, so war dies eine demokratische Verfassung. Zuweilen warf sich in einer Republik ein hervor-ragender Volksf�hrer durch Gewalt und List zum Alleinherrscher auf; man nannte diese M�nner Tyrannen. Die bedeutendsten derselben waren (im 6. Jahrh. v. Chr.) Periander von Korinth, Polykr�tes von Samos, Pisistr�tus von Athen (� 22, 4).
2. Die Einheit des Griechenvolkes. Gegen�ber der Zer-splitterung in zahlreiche Kleinstaaten wurde die nationale Einheit der Griechen aufrecht erhalten und gef�rdert durch ihre gemein-same Sprache und Sitte (Hellenen im Gegensatze zu den Barbaren), sowie durch ihren gemeinsamen G�tterglauben, insbesondere durch das Orakel zu Delphi, dessen Ansehen sich �ber ganz Griechenland und dessen Grenzen hinaus erstreckte.
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Das Orakel zu Delphi � am Fu�e des Parnasfus in der Mitte der Erd-scheide, wie die Griechen glaubten � war dem Gotte Apollon als dem �Pro-pheten des h�chsten Zeus" geweiht. In einer Kammer des Tempels, �ber einem schmalen Erdspalt, der begeisternde D�mpfe ausstr�mte, sa� auf einem mit Lorbeerzweigen bedeckten goldenen Dreifu� eine Priesterin des Gottes, die Pythia genannt. Erregt von den eingeatmeten D�nsten, stie� sie einige un-verst�ndliche Worte aus, welche als von Apollon eingegebene Weissagungen von den Priestern aufgefangen und, in Verse gefa�t, den Ratsuchenden verk�ndet wurden.
3. Die Nationalspiele. Von besonderer Wichtigkeit f�r die Vereinigung der einzelnen griechischen St�mme und Staaten zu einem Volke waren ferner die gro�en Nationalfeste, welche sie be-gingen. Unter denselben treten als die bedeutendsten die olympischen Spiele hervor. Sie wurden alle vier Jahre zu Ehren des Zeus in der Landschaft Elis zu Olympia in dem mit Tempeln und Bild-faulen geschm�ckten Haine Altis f�nf Tage hindurch gefeiert und bestanden in Wettk�mpfen, .im Lauf und Sprung, Speer- und Scheibenwurf und im Ringen (welche f�nf K�mpfe zusammen den F�nfkampf bilden); sp�ter kamen noch hinzu: der Faustkampf, sowie Wagen- und Pferderennen. Des Siegers Preis war ein Kranz von �lzweigen, und dieser Kranz galt den Griechen als der sch�nste Besitz, den der Sterbliche erringen k�nne. Mit den h�chsten Ehren wurde der Sieger bei der R�ckkehr in seine Vaterstadt empfangen; durch ganz Griechenland verbreitete sich sein Ruhm. Dichter ver-herrlichten seinen Namen in Lobliedern, in Olympia wurde seine Bilds�ule in Erzgu� oder Marmor aufgestellt. Nach den olympischen Spielen berechneten die Griechen (seit 776) die Zeit: die vierj�hrige Frist von einem Feste zum andern hie� eine Olympiade. Auch an mehreren andern Orten Griechenlands wurden Nationalspiele gefeiert, so die pythischen Spiele in Delphi zu Ehren des Apollon (welche namentlich aus den sog. musischen Wettk�mpfen� in Musik und Poesie � bestanden), die isthmischen Spiele bei Korinth zu Ehren des Poseidon, die nemeischen in der Landschaft Arg�lis.
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Sparta und die Gesetzgebung des Lykurgus. 1. Die beiden Hauptstaaten Griechenlands- Unter den griechischen Staaten erhoben sich zwei vor den �brigen an Macht und Ansehen: Sparta, das dem dorischen Stamme angeh�rte, und Athen, dessen Bewohner jonischen Stammes waren. Zu-erst von beiden erhielt der Staat der Spartaner, der seit der Ein-
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Wanderung der Dorier durch heftige innere Unruhen und K�mpfe ersch�ttert war, eine feste Ordnung durch
2. Die Gesetzgebung des Lykurgus um 880. Lykurgus war der Bruder eines der beiden in Sparta nebeneinander regieren-den K�nige und hatte, als sein k�niglicher Bruder gestorben war, f�r dessen minderj�hrigen Sohn eine Zeitlang als Vormund die K�nigsw�rde verwaltet. Dann war er ins Ausland gereist und hatte die staatlichen Einrichtungen anderer V�lker, namentlich die auf der Insel Kreta eingef�hrte Staatsordnung kennen gelernt. Von seinen Reisen heimgekehrt, gab er seinem Vaterlande Gesetze, denen das delphische Orakel durch seine Zustimmung und Best�tigung eine h�here Weihe verlieh.
Das Land wurde in 39,000 unverk�ufliche Lose verteilt. Von diesen bekamen die Spartiaten d. h. die herrschenden Dorier 9000 gr��ere, die Umwohner d. h. die rings um Sparta wohnende unterworfene alte Landesbev�lkerung 30,000 kleinere unter sich gleiche Lose. Die Heloten (d. h. die mit den Waffen in der Hand be-zwungenen Einwohner) mu�ten als Leibeigene des Staates den Spartiaten das Land bauen. Den beiden K�nigen wurde die Gerusia, der Rat der 28 Alten, zur Seite gestellt, die wenigstens 60 Jahre z�hlten. An der Volksversammlung, welche �ber Gesetze abstimmte, nahmen alle Spartiaten vom 30. Jahre an teil. Mit der Aufsicht �ber die Ausf�hrung der Gesetze durch die Beamten wurden die 5 Ephoren beauftragt.
Lykurgus wollte die Spartaner zu einem n�chternen, kraft-vollen Kriegervolk bilden. Nicht, wie andere St�dte, durch Festungswerke, sondern durch die Tapferkeit ihrer Bewohner sollte die Stadt Sparta gegen herandringende Feinde gesch�tzt werden; nach der Bestimmung des Lykurgus blieb daher die Stadt ohne Mauern, ein offener Ort, damit das Volk nimmer, vom Kriegs-Handwerk ablassend, in Verweichlichung falle. Um keine Schwelgerei aufkommen zu lassen, f�hrte Lykurgus gemeinsame Mahlzeiten mit einfacher, derber Kost ein, an welchen alle M�nner, auch die K�nige teilnehmen mu�ten, je 15 an einem Tisch. Das Haupt-gericht war hierbei die schwarzeSuppe. Auch in Kleidung und Wohnung war jeder Aufwand untersagt, der Besitz von Gold und Silber verboten und eisernes Geld eingef�hrt. Damit fremde Sitte oder �ppigkeit fern gehalten w�rde, sollte kein Verkehr mit dem Auslande bestehen; daher wurde ein l�ngerer Aufenthalt
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Fremder in Sparta und Reisen der Spartaner ins Ausland nicht gestattet. Die herrschenden Spartiaten trieben weder Handel, noch Ge-werbe; sie besch�ftigten sich allein mit Jagd und kriegerischen �bungen, sowie mit den Angelegenheiten des Staates. Zu r�stigen Kriegsleuten und t�chtigen Staatsb�rgern machte sie die Erziehung, die sie von Kind auf erhielten. Schw�chliche Kinder wurden bald nach der Geburt zum Verhungern im Gebirge ausgesetzt. Die gesunden Knaben blieben bis zum siebenten Lebensjahre im Elternhause, daun wurden sie in �ffentlichen Geb�uden unter Staatsaufsicht erzogen. Ihr K�rper wurde durch kalte B�der im Eurotasflusse, leichte Bekleidung, sp�rliche Nahrung und hartes Nachtlager abgeh�rtet, durch scharfe Z�chtigung, ja blutige Gei�elung an Ertragung von Schmerzen gew�hnt, auf den Ringpl�tzen in der Gymnastik wie in der F�hrung der Waffen ge�bt. Dabei wurden sie zu strengem Gehorsam gegen die Gesetze erzogen, ihnen Hochachtung gegen das Atter eingepflanzt, ihr Verstand gesch�rft und auf listige Anschl�ge hingelenkt, ihre Rede an inhaltreiche K�rze (lakonische Rede) gew�hnt. � Auch die Erziehung der M�dchen war, wenn auch nicht �ffentlich, doch vom Staate geregelt und �berwacht. Die Frauen genossen ein hohes Ma� von Ehre und hatten gr��eren Einflu� als in irgend einem andern griechischen Staate. Ihre hochherzige Gesinnung zeigten spartanische M�tter darin, da� sie den Tod ihrer S�hne in der Schlacht einer ruhmlosen R�ckkehr ans dem Kampfe vorzogen. So war das gesamte Leben der Spartaner dem Vaterlande geweiht; das ganze Volk ein Kriegsheer, das an T�chtigkeit nicht seinesgleichen hatte. In die Schlacht zogen die Spartaner wie zu einem Feste, geschm�ckt mit purpurfarbenen Gew�ndern, mit Kr�nzen im Haar, unter Gesang und Fl�tenspiel. Der Tod im Kampfe galt f�r die h�chste Ehre: die Gefallenen wurden wie Sieger mit Lorbeerzweigen geschm�ckt bestattet, denn sie hatten ihr Leben dem Vaterlande zum Opfer gebracht. � Nach feierlicher Einf�hrung seiner Gesetze verlie� Lykurg Sparta und starb im Auslande. Die Spartaner aber er-wiesen die Kraft, welche sie durch diese Gesetzgebung erlangten, zun�chst in den
3. messenischen Kriegen. Es waren dies langdauernde, wechsel-volle K�mpfe (der erste Krieg um 740, der zweite um 670), durch welche die Spartaner die an Lakonika westlich angrenzende srucht-bare Landschaft Meffenien eroberten, so k�hn auch im zweiten Kriege der messenische Volksheld Aristomenes sein Vaterland ver-
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leidige. Der athenische S�nger Tyrtiius feuerte durch seine Kriegs-ges�nge die Kampflust der Spartaner an: sie siegten in einer gro�en Schlacht und dr�ngten die Messenier in die Bergseste Jra zur�ck, die erst nach zehnj�hrigem, hartn�ckigem Widerstande sich den Be-lagerern ergab. Viele Messenier verlie�en ihr Land und zogen nach der Stadt Zankle auf Sizilien, die von nun an Mess�na hie�; die zur�ckbleibenden wurden Heloten der Spartaner. � Nach der Unter-werfung Messeniens errang Sparta auch �ber die meisten �brigen Staaten des Peloponnes eine Art Vorherrschast, die sog. Hegemonie (d. i. F�hrung im Kriege).
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Athen und die Gesetzgebung des Solon.
1. Die K�nigsherrschaft. In der �ltesten Zeit stand Athen unter K�nigen, von denen Kekrop s als Erbauer der Burg Kekropia, Theseus als Ordner des Staates schon genannt sind (�� 16und 17).
1066 Der letzte dieser K�nige war Kodrus 1066, welcher sich f�r die Rettung seines Volkes opferte. Als n�mlich die Dorier aus dem Peloponnes in Attila eingedrungen waren (� 19,1) und die Stadt Athen bedrohten, that das Orakel zu Delphi den Ausspruch, von den K�mpfenden werde dasjenige Volk siegen, dessen K�nig von den Feinden erschlagen werde. Da begab sich Kodrus als Landmann verkleidet ins feindliche Lager, fing dort absichtlich Streit an und wurde get�tet, wie es sein Wille war. Als aber die Dorier den Namen des unbekannten Erschlagenen erfuhren, gaben sie erschreckt den Krieg auf und zogen von dornten.
2. Die Herrschaft der Archonten bis auf Solon (1066�594). Nach dem Tode des Kodrus schafften die Athener das K�nigtum ab: niemand sei w�rdig, nach einem solchen Manne die K�nigs-w�rde zu bekleiden. An die Stelle des K�nigs trat ein Regent, der Archon genannt wurde. Der Archon regierte anfangs lebens-l�nglich, sp�ter wurde er auf je zehn Jahre eingesetzt. Endlich wurden allj�hrlich neun Archonten gew�hlt. Die Regierung der Archonten, welche stets den vornehmen (adeligen) Geschlechtern angeh�rten, artete indes bisweilen in dr�ckende Willk�rherrschast �ber das niedere Volk aus, da geschriebene Gesetze nicht vorhanden
620 waren. Daher verfa�te der Archon Drakon (620) schriftliche Gesetze. Aber diese waren so �bertrieben strenge, da� sie wie �mit Blut geschrieben" schienen und nicht durchgef�hrt werden
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konnten. Da wurde der vom Streite der Parteien tief zerr�ttete Staat gerettet durch
3. die Gesetzgebung des Solon 594. Solon war aus dem 594
Geschlechte des Kodrus und zeichnete sich durch eine so hohe und vielseitige Bildung aus, da� er zu den sieben Weisen der Griechen gez�hlt wurde. Durch Reisen war er mit den Staats-einrichtungen anderer V�lker bekannt geworden; um sein Vaterland hatte er sich durch die Wiedereroberung der Insel Salamis verdient gemacht. Nachdem er als Archon das Vertrauen des Volkes durch Erleichterung der Schuldenlast desselben gewonnen und dadurch den inneren Frieden hergestellt hatte, wurde er zum �Ordner der Ver-fassung und zum Gesetzgeber" ernannt. Er teilte die B�rger nach dem Ertrage ihres Grundbesitzes in vier Klassen. Der ersten Klasse geh�rten die reichsten B�rger an. Sie hatten dem Staate das meiste zu leisten, konnten aber auch allein zu den Stellen der neun Archonten gew�hlt werden, und wenn sie dieses Amt tadel-los verwaltet hatten, so traten sie in den Areop�g, den h�chsten Gerichtshof, ein. Aus den B�rgern der drei obersten Klassen wurde die B u l e, ein Rat von 400 Mitgliedern, gew�hlt. An der Volks -Versammlung dagegen konnten die B�rger aller vier Klassen teilnehmen. Sie entschied die wichtigsten Staatsangelegenheiten: stimmte �ber Gesetze, �ber Krieg und Frieden ab und hatte die Beamten zu w�hlen.
Au�er dieser Staatsverfassung gab Solon noch viele andere wohlth�tige Gesetze. Insbesondere war er auch auf eine sorgf�ltige Erziehung der Jugend bedacht, welche in Athen weit umfassender war, als in Sparta. Denn sie beschr�nkte sich dort nicht, wie bei den Spartanern, auf die Leibes� und Waffen�bungen der �ffentlichen Ringpl�tze; auch der Geist der athenischen Knaben und J�nglinge wurde in allerlei edler Wissenschaft und Kunst, nament-lich auch in der Musik, ge�bt und ausgebildet.
4. Pisistr�tus und seine S�hne. Noch bei Solons Lebzeiten entstanden in Athen zwischen der Partei der Vornehmen und der des niederen Volkes neue heftige K�mpfe. Diese wu�te der F�hrer der Volkspartei, Pisistr�tus, schlau zu benutzen, um sich zum Allein-Herrscher (Tyrannen) emporzuschwingen 560. Er wurde zwar 560 zweimal wieder vertrieben: zuletzt aber behauptete er die Herrschast
bis zu seinem Tode. Er versch�nerte die Stadt Athen durch Bauten und f�rderte den Wohlstand und die geistige Bildung des Volkes.
Sein Sohn Hippias folgte ihm und herrschte anf�nglich milde, wie sein Vater. Als aber sein j�ngerer Bruder Hipparchus bei
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einer Festfeier ermordet worden war, machte sich Hippias durch 510 grausame Strenge verha�t. Er wurde daher vertrieben 510und floh zu dem Perserk�nige Darms.
In Athen aber wurde die solouische Verfassung durch Vermehrung der Volksrechte und Volksfreiheiten weiter gebildet, die ehemalige Adelsherrschaft (Aristokratie) ging mehr und mehr in Demokratie �ber.
Griechische Dichter und Weltweise der ersten Periode.
Die Dichtkunst entwickelte sich zuerst als epische, welche schon im zehnten C. 950 Jahrhundert v. Chr. (c. 950) in den Ges�ngen des Homer (Jlias und Odyssee) ihren H�hepunkt erreichte. Darauf folgte die lyrische Dichtkunst, vertreten durch die Dichterin Sappho auf Lesbos und den lebensfreudigen Anakrkon, zur Vollkommenheit ausgebildet durch Pindar aus Theben um 500, der in seinen Siegesges�ngen die Helden der gro�en Nationalspiele verherrlichte.
Unter den Wissenschaften wurde am fr�hesten die Philosophie gepflegt. Sie forschte anfangs nach dem Urgr�nde der Dinge und trat in Verbindung mit Astronomie und Mathematik auf in Thales aus Milet, einem der s�ge-nannten sieben Weisen, und besonders in Pythag�ras von Samos, der um 540 v. Chr. in Unteritalien den ber�hmten pythagor�ischen Bund gr�ndete.�
Zweite Periode.
Vom Ansang der Perserkriege bis zum Untergang der Unabh�ngigkeit Griechenlands, 500�338 v. Chr.
/� 23.
Die perserkriege 500�449.
500 1. Der Aufstand der Sortier. Die Kolonieen, welche die Griechen auf der westlichen K�ste von Kleinasien gegr�ndet hatten, unter ihnen die bl�henden jonischen Handelsst�dte Milet, Ephe-sus 2C., waren von Cyrus der persischen Herrschaft unterworfen worden. Um sich von derselben frei zu machen, erhoben sie einen Aufstand, bei welchem sie von europ�ischen Griechen, namentlich von den Athenern, die ihnen eine Anzahl Schiffe zuHilfe schickten, unterst�tzt wurden. Allein die Perser besiegten die jonischen St�dte und unterwarfen sie von neuem.
2. Der Krieg des Darius 492 und 490. Der Perserk�nig Darius wollte nun auch an den Griechen in Europa f�r den geleisteten Beistand Rache nehmen. Er schickte Gesandte, welche von ihnen Erde uud Wasser als Zeichen der Unterwerfung forderten;
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aber die Gesandten wurden zu Athen und Sparta schm�hlich mi�-handelt und get�tet.
a. Erster Zug 492. Da sandte Darms seinen Schwieger- 492 s�hn Mardonius mit einem gro�en Heer und einer zahlreichen Kriegsflotte ab. Diese erreichte jedoch Griechenland nicht: unter-wegs, am Vorgebirge Athos, wurde sie von St�rmen vernichtet.
Auch das Landheer mu�te nach gro�en Verlusten umkehren, ohne Griechenland erreicht zu haben.
b. Zweiter Zug 490. Ein neues Heer zog zwei Jahre 490 sp�ter unter den Feldherren Datis und Artaphernes, 100,000 Mann stark, gegen Griechenland und landete in Attika aus der Strandebene Marathon, wenige Meilen nord�stlich von Athen. Die Athener konnten dieser gewaltigen Streitmacht nur 10,000 Mann (mit Einschlu� von 1000 Kriegern aus der b�otischen Stadt Plat��, welche ihnen zuzogen) entgegenstellen, da das spartanische Hilssheer, durch eine Festfeier zur�ckgehalten, zu sp�t eintraf. Doch erfochten
sie unter der F�hrung des Miltiades einen gro�en Sieg in der Schlacht bei Marathon 490. �ber 6000 Feinde wurden get�tet, 490 die �brigen in wilder Flucht auf ihre Schiffe zur�ckgeworfen; von den Athenern fielen nur 192. Hiermit war der ganze Krieg ent-schieden. Denn die Perser, noch immer an Zahl weit �berlegen, wagten nicht, zu einem Angriffe auf die Stadt Athen vorzugehen, sondern kehrten entmutigt nach Asien zur�ck.
3. Themist�kles und Aristides. Nach Miltiades, der bald daraus, von einem mi�lungenen Feldzuge gegen die Insel Paros zur�ckgekehrt, an einer Wunde starb, wurden Themist�kles und Aristides die ersten M�nner in Athen. Themist�kles, hochbegabt und voll Ehrgeiz, widmete sich fr�hzeitig den Staatsangelegenheiten und that sich bald durch seine einsichtsvollen Reden in der Volks-Versammlung hervor. Durch Freigebigkeit gelang es ihm, seinen Anhang stets zu mehren, und da� er bei seinem staunenswerten Ged�chtnis die einzelnen athenischen B�rger mit Namen kannte, schmeichelte der eiteln Volksmenge nicht wenig. So galt er bereits als einer der einflu�reichsten Staatsm�nner und Volksf�hrer, als Milti�des bei Marathon siegte, und wie gl�hend er danach strebte, diesem Helden an kriegerischem Ruhme gleichzukommen, wurde da-durch angedeutet, da� man von ihm sagte: die Troph�en des Milti�des h�tten ihm den Schlaf geraubt. Vor allem besch�ftigte ihn jetzt die Fortsetzung des Kampfes gegen die Perser. Denn da�
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diese den Krieg nach kurzer Frist mit verst�rkter Macht erneuern w�rden, war ihm nicht zweiselhast. Zugleich aber erkannte sein Scharfblick, da� nur durch eine Seemacht Griechenland erfolgreich gegen den drohenden Angriff verteidigt, da� insbesondere Athens Macht und Wohlfahrt nur durch die Entwicklung und Verst�rkung seines Seewesens gef�rdert werden k�nnte. Daher forderte er voll Eifers die Athener zur Erbauung einer Flotte auf. Diesem Plane des Themist�kles trat ein anderer Staatsmann entgegen, der gleichfalls in gro�em Ansehen bei dem athenischen Volke stand. Es war der bed�chtige Aristides, der wegen seiner strengen Unparteilichkeit als Richter den Ehrennamen �der Gerechte" erhalten hatte. Er meinte, da� das Gedeihen des athenischen Staats mehr auf dem Ackerbau als dem Seewesen beruhe; die Gedanken des Themist�kles schienen ihm zu verwegen, ihre Ausf�hrung zu schwierig. Aus diesem Zwie-spalt der Ansichten ging Themist�kles als Sieger hervor. Auf sein Betreiben wurde � wie es in Athen zu geschehen pflegte, wenn einflu�reiche M�nner der Volksfreiheit gef�hrlich und des Strebens nach Alleinherrschaft verd�chtig schienen � ein sogenanntes Scherbengericht (der Ostracismus) abgehalten, durch welches Aristides aus Athen verbannt wurde. Nun war der Widerstand beseitigt; der Bau einer zahlreichen Kriegsflotte wurde von der Volksver-fammlung beschlossen und unter der kr�ftigen Leitung des Themist�kles durchgef�hrt.
4. Der Krieg des Xerres 480 und 479.
a. Beginn des Feldzugs. Unterdessen machten die Perser neue R�stungen gegen Griechenland. Ehe sie vollendet waren, starb der K�nig Darius. Aber dessen Sohn und Nachfolger Xerxes setzte die kriegerischen Vorbereitungen in verst�rktem Ma�e fort. Aus den 47 V�lkerschaften, �ber die der Gro�k�nig gebot, wurde eine Streitmacht gesammelt, so unerme�lich, wie die Welt sie noch nicht gesehen hatte. Das Landheer z�hlte mehr denn anderthalb Millionen Menschen; die Flotte umfa�te zw�lfhundert Kriegs- und dreitausend Transportschiffe. So begann, zehn Jahre nach der Schlacht bei Marathon, der dritte Zug gegen Griechen-480 land 480. Xerxes selbst stellte sich an seine Spitze. Auf zwei Schiffbr�cken �berschritt das Heer den Hellespont: sieben Tage und sieben N�chte dauerte der �bergang. Dann am n�rdlichen User des �g�ischen Meeres weiterziehend, drang es von Norden her in Griechenland ein, und manche griechische Staaten gaben den voraus-
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gesandten Herolden des Perserk�nigs Erde und Wasser. Die �brigen, namentlich Athen und Sparta, vereinigten sich zum Widerstande; Sparta erhielt den Oberbefehl.
b. Schlacht bei Thermopyl� 480. Ein griechisches Heer (von 6200 Mann) unter dem Spartanerk�nig Leomdas besetzte den Engpa� von Thermopyl�, der zwischen dem �tagebirge und dem Meeresstrande den einzigen Eingang aus Nordgriechenland nach Hellas bildet. Hier kam es zu der Schlacht bei Thermopyl� 480. 480 In zweit�gigem Kampfe schlug Leomdas alle Angriffe des �ber-m�chtigen Feindes ab; selbst die Kernschar der 10,000 �Unsterblichen"
warf er zur�ck. Da zeigte der Verr�ter Ephialtes den Persern einen geheimen Fu�steig �ber das Gebirge, auf welchem sie das Griechen-Heer zu umgehen drohten. Jetzt vermochte Leomdas das Vorr�cken
des Feindes nicht l�nger zu hindern. Er entlie� daher die Haupt-masse seiner Streiter, setzte aber, um deren R�ckzug zu decken, mit seinen dreihundert Spartanern, �den Gesetzen gehorsam", den Kampf fort, bis alle, an Tapferkeit un�bertroffen, den Helden-tod f�rs Vaterland gefunden hatten.
c. Seeschlacht bei Salamis 480. Hierauf r�ckte Xerxes mit seinen Heerscharen in Hellas ein: die Eroberung des ganzen griechischen Landes durch den �berm�chtigen Feind schien unver-weidlich. Da kam den Griechen Rettung durch ihre Flotte. Diese k�mpfte zuerst bei dem Vorgebirge Artemisium (am Nord-ufer der Insel Eub�a) r�hmlich, aber ohne entscheidenden Erfolg gegen die Perser. Dann � nach dem Kampfe bei Thermopyl� � zur Deckung der heimatlichen K�sten zur�ckgehend, stellte sie sich auf des Themist�kles Rat bei der Insel Salamis auf. Die Athener, denen das Orakel geraten hatte, sich hinter einer h� lzernen Mauer zu verteidigen, r�umten den teuren Boden der Heimat um der Freiheit willen und gingen an Bord der Schiffe; nach ihrem Abzug r�ckte das persische Landheer in die unverteidigte Stadt und steckte sie in Brand. Durch listige �berredung veranla�te dann Themist�kles den Xerxes, die griechische Flotte durch persische Schiffe zu umschlie�en. So war der Kampf, dem einzelne Flottenf�hrer der Griechen zu entgehen gesucht hatten, unvermeidlich geworden: es erfolgte die gro�e Seeschlacht bei Salamis 480. In derselben fochten 378 480 griechische Schiffe, von denen 200 auf Athen kamen, gegen 900 Schiffe der Perser. Die letzteren glichen vollgef�llten schwimmenden H�usern, denen die leichten Fahrzeuge der Griechen an Beweglichkeit
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weit �berlegen waren; auch k�mpften die Perser, auf ihre Blasse sich verlassend, ohne Plan und Ordnung, in unbekannten Gew�ssern, w�hrend die Griechen alle Vorteile der �rtlichkeit geschickt zu benutzen wu�ten, und namentlich die Athener einen Mut zeigten, wie ihn nur die edelste vaterl�ndische Begeisterung zu verleihen vermag. So sah Xerxes, der von einem Felsensitze am attischen Ufer der Schlacht zuschaute, mit steigender Angst, wie seine Flotte mehr und mehr in Verwirrung geriet, zahlreiche persische Schiffe vernichtet, die �brigen zerstreut und in die Flucht getrieben wurden. Es war ein h�chst gl�nzender, folgenreicher Sieg, den die Griechen erfochten; ihm verdankte das Land seine Rettung aus der schwersten Gesahr, die es bedrohte. Xerxes, infolge der unerwarteten Niederlage feige ver-zagend, kehrte alsbald mit der Hauptmasse seines Heeres nach Asien zur�ck.
cl. Schlacht bei Plat�� 479. Doch lie� er zur Fortsetzung des Krieges 300,000 Mann erlesener Truppen unter Mardonius in Griechenland �berwintern. Der persische Feldherr versuchte zun�chst, die Eroberung des Landes durch Entzweiung der Griechen zu er-reichen. Er machte den Athenern die gr��ten Anerbietungen, um sie auf seine Seite zu ziehen. Aber er erhielt die hochherzige Ant-wort: �Die Freiheit ist unsere Losung, und wir werden sie stets verteidigen. So lange die Sonne ihre Bahn wandelt, so lange noch ein einziger Athener am Leben ist, werden wir mit dem Xerxes einen Vergleich nicht eingehen, sondern ihm beherzt entgegentreten, im Vertrauen auf den Beistand der G�tter, deren Tempel und Bilds�ulen er, der Frevler, zerst�rt hat." So kam es von neuem zum Kampf. Mardonius brach im n�chsten Sommer in Attika ein, verheerte das Land und verbrannte das abermals von feinen Be-wohnern verlassene Athen zum zweitenmal. Dann zog er nach der Landschaft B�otien, wo das Heer der Griechen (110,000 Mann) unter dem Spartanerk�nig Pausanias und dem Athener Aristides seiner Streitmacht (von 300,000 Mann) entgegentrat. In der 479 Schlacht bei Plat�� 479 wurden die Perser g�nzlich geschlagen, Mardonius selbst get�tet.
5. Angriffskrieg gegen die Perser. Nach der Vertreibung der Perser aus Griechenland wurde das durch Themist�kles mit neuen Ringmauern befestigte und durch Anlegung des Hafens Pir�eus verst�rkte Athen die erste Seemacht. Dieselbe erlangte durch den Anschlu� der Inseln und Kolonieen, die sich unter Athens
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F�hrung stellten, eine weite Ausdehnung. Des Milti�des Sohn, (Simon, setzte den Krieg gegen die Perser fort und besiegte sie wiederholt zu Wasser und zu Lande. Doch erst im Jahre 449 h�rte der Krieg v�llig auf: Griechenland hatte sich durch denselben nicht allein seine Unabh�ngigkeit gesichert, sondern auch die klein-asiatischen K�stenst�dte von der persischen Herrschaft freigemacht. 6. Die Helden der Perserkriege.
a. Pausamas befleckte seinen bei Plat�� erworbenen Kriegsruhm dadurch, da� er, den Glanz eines persischen Statthalters dem n�chternen Leben eines Spartanerk�nigs vorziehend, mit den Persern in landesverr�terische Unter-Handlungen trat. Als sein Verbrechen entdeckt wurde, suchte er sich durch die Flucht in einen Tempel zu retten, starb aber dort den Hungertod.
b. Themistokles hatte durch den Sieg bei Salamis unter allen Hellenen den h�chsten Ruhm erlangt. Die Spartaner � sonst nicht geneigt, eines Atheners Verdienste neidlos zu w�rdigen � erwiesen ihm k�nigliche Ehren. Als er daraus bei der n�chsten Feier der olympischen Spiele erschien, pries ihn das ganze versammelte Hellenenvolk durch huldigenden Zuruf als Griechenlands Befreier. Der rastlose Eifer, mit welchem er nach der Vertreibung der Perser den Bau der Ringmauer von Athen und die Befestigung des Hafens Pir�eus betrieb, entzog ihm dann die Gunst der auf Athens wachsende Gr��e eifers�chtigen Spartaner. Sie wu�ten es durch Unterst�tzung seiner Gegner in Athen dahin zu bringen, da� er durch das Scherbengericht aus seiner Vaterstadt verbannt wurde; ja, seine Verfolger beschuldigten ihn sogar des Landesverrats und hetzten den schmachvoll Verurteilten durch ihre Nachstellungen von einem Schlupf-winkel zum andern. Endlich gelang es ihm unter gro�en Gefahren, auf einem Schiffe nach Asien zu entrinnen. Er begab sich zu dem Perser-k�nige nach Susa, der den Griechenhelden mit Gunst aufnahm und ihm die Eink�nfte dreier St�dte zum Unterhalte �berlie�. Er starb zu Mag-nesia in Kleinasien.
c. Aristides war kurz vor der Schlacht bei Salamis aus der Verbannung zur�ckgekehrt und hatte, mit seinem fr�heren Gegner Themistokles aus-ges�hnt, an dem Kampfe selbst teilgenommen. Nach dem Siege bei Pla-t��, den er als Feldherr der Athener miterk�mpft hatte, war er es vor allen, der den Anschlu� der griechischen Seestaaten an Athen bewirkte. Die oberste Verwaltung der gemeinsamen Kriegsflottenkasse wurde ihm in Anerkennung seiner Redlichkeit �bertragen. Er rechtfertigte das ihm erwiesene Vertrauen von neuem dadurch, da� er verm�genslos starb. Die Athener aber erwiesen ihm die Ehre, da� sie ihn auf Staatskosten bestatten lie�en.
d. (Simon, nach des Themistokles und Aristides Abgang der einflu�reichste Mann in Athen, wu�te sich durch Freundlichkeit und Freigebigkeit in der Gunst des athenischen Volkes zu befestigen. Ihm verdankte Athen die Erweiterung feiner Seeherrfchaft, fowie (durch Anlegung der sogenannten langen Mauern, welche den Pir�eus mit der Stadt verbanden) seine
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Sicherung gegen feindliche Angriffe. Auch um die Versch�nerung der emporbl�henden Stadt machte er sich verdient. Gegen die Perser focht er stets siegreich; in der Verwaltung des Staatswesens war er namentlich darauf bedacht, ein freundliches Einvernehmen zwischen Athen und Sparta zu erhalten und zu f�rdern.
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Die bildenden K�nste bis Perikles.
Die Baukunst entwickelte sich vornehmlich im Dienste der Religion. Ihre wichtigste Aufgabe und h�chste Ausbildung fand sie im Bau von Tempeln. Andere �ffentliche Geb�ude, Hallen, Theater k. schl�ssen sich in kunst-reicher Ausf�hrung den Tempeln an, w�hrend die Wohnh�user einfach blieben. Die Tempelanlage war urspr�nglich eine sehr einfache. ! Die urspr�nglichste und einfachste Tempelform ist der Antentempel (s. Tas. H, 5). Derselbe besteht aus 2 R�umen: der Vorhalle (Pronaos) und dem Heiligtum (Naos, Cella) mit dem G�tterbild. Die Vorhalle hat an den beiden Ecken 2 Eckpfeiler (Anten), zwischen diesen sind 2 S�ulen. � Wenn die Seitenw�nde nicht bis zu den Ecken vortreten (also die Vorhalle auch nach den beiden Seiten offen ist), und statt der Anten auch an den Ecken S�ulen stehen (also im ganzen 4 S�ulen), so hei�t der Tempel: Prostylos (d. h. Tempel mit Vorhalle). � Wenn eine ebensolche S�ulenhalle (mit 4 S�ulen) auch an der R�ckseite des Tempels an-gebracht ist, so hei�t der Tempel Amphiprostylos (d. h. mit Vorhalle auf beiden Seiten). � Wenn der Tempel auf allen 4 Seiten von S�ulen umgeben ist, so hei�t er Peripteros; ein solcher hat gew�hnlich vorn und hinten je 6 S�ulen, auf den beiden langen Seiten je 13 S�ulen (s. Tas. III, 5).
Schon von Alters her kommen in der griechischen Baukunst zwei ver-schiedene Baustile neben einander vor: der dorische und der jonische. Die dorische S�ule (f. Tas. III, 1) unterscheidet sich zun�chst dadurch, da� sie keine Basis (Fu�) hat, sondern gleich mit dem Schaft beginnt. Dieser verj�ngt sich nach oben (d. h. ist unten dicker, als oben). An der Oberfl�che hat der Schaft 20 senkrechte Kanneluren (d. h. Rinnen), zwischen welchen die Kanten scharf hervortreten. Gegen das obere Ende des Schaftes ist ein Einschnitt (der den Hals der S�ule bezeichnet). Den �bergang vom Schaft zum Kapit�l bilden einige vortretende Ringe. Das Kapit�l selbst besteht aus 2 Teilen: dem Echi-nus (Wulst) und dem Abakus (Deckplatte). Der Architrav, welcher auf den S�ulen aufliegt, besteht bei dem dorischen Stil aus dicken, schmucklosen Stein-Balken. �ber dem Architrav ist der Fries, der abwechselnd aus Triglyphen und Metopen (mit Reliefbildern) besteht. Dar�ber ist das vorspringende Kranz-gesimse, und �ber diesem (an der Vorder- und R�ckseite des Tempels) der Giebel mit dem Giebelfeld, das mit Statuen geschm�ckt ist (s. Tas. Hl, 6). � Die jonische S�ule (s. Tas. III, 2) hat unten eine Basis (bestehend aus einer viereckigen Platte, mehreren Hohlkehlen und einem Pf�hl). Der Schaft ist schlanker und verj�ngt sich weniger stark, als bei der dorischen S�ule. Derselbe hat 24 Kanneluren, die unten und oben abgerundet sind; die Kanten zwischen den-selben sind abgeschliffen (Stege). Das jonische Kapit�l zeichnet sich namentlich durch die Voluten (Schnecken) aus. Der Architrav ist in 3 parallele Streifen
.
1. KZKlo�ischt gtaner.
2. Schgtzhsvs zu WZKen�.
Z. F�went^or ;u ?t"li)l;ena.
Z. �lecht^non )u
SaftI II.
5. Dorischer Tempr!.
9. Vsrthenon zu Athrn.
Kunst.
___i_____M
� 49 �
geteilt, von denen der obere immer etwas weiter vorragt, als der untere. Der Fries ist nicht in Triglyphen und Metopen geteilt, sondern tr�gt fortlaufende Reliefbilder (Zophoros). �
Von den erhaltenen Tempeln der �lteren Zeit vor Perikles sind nament-lich zu bemerken: der Poseidon-Tempel zu P�stum (in Unteritalien), der Athene-Tempel zu �gina sc. 480) und das Theseion in Athen (von Simon, 469): diese alle im dorischen Stil.
Die Bildnerei (Skulptur) schuf ihre Werke zuerst aus Holz und Thon, Sann aus Erz und Marmor und seit der Zeit der Perserkriege auch aus Gold und Elfenbein. Sie gelangte zu h�herer Entwickelung in der Kunstschule zu �gina (Taf. HI, 5 � die ��gineten" in der Glyptothek zu M�nchen). � Besonders vorteilhaft f�r die Ausbildung der griechischen Skulptur war die griechische Kleidung. Dieselbe bestand nur aus 2 wesentlichen St�cken: 1. dem Chiton, einem leichten Untergewand, das die Arme frei lie� und ent-weder nur bis zu den Knieen reichte (� dorischer Chiton, s. Taf. III, 6), oder bis auf die F��e herabfiel (� jonischer Chiton, s. Taf. III, 7 und 16); 2. dem Himation, d. i. ein langes Umschlagetuch (ebenfalls Taf. III, 7 und 16). Die Reiter tragen die Chlamys (� kurzer Reitermantel).
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Athen unter Perikles.
1. Perikles, der �Olympier". Den gro�en Freiheitskriegen gegen die Perser folgt das perikleische Zeitalter. Es ist so genannt nach Perikles, der w�hrend dieser Zeit den athenischen Staat gelenkt hat. Ein ganzes Menschenalter hindurch hat die Wirksamkeit dieses gewaltigen Mannes gedauert, und sie war so gro�artig und erfolgreich, da� sie Athen zur h�chsten Stufe der Macht und des Glanzes emporhob. Der Einflu� des Perikles auf das Volk der Athener beruhte wesentlich nur auf der unwider-stehlichen Gewalt seiner Beredsamkeit. Wenn er von der Redner-b�hne zu dem versammelten Volke sprach, glich er an W�rde und Majest�t dem olympischen Zeus, der den Blitz und Donner in feiner Hand tr�gt; �die �berredung aber sa� ihm auf den Lippen".
2. Der athenische Staat. Den Staat der Athener erweiterte er zu einem ausgedehnten athenischen Reiche, indem er nicht allein eine Anzahl athenischer Kolonieen gr�ndete, sondern auch die mit Athen verb�ndeten Insel- und K�stenst�dte zu Unterthanen der Athener machte, an welche sie statt der bisherigen Kriegs-leistungen Tribut zur Unterhaltung der Flotte zu zahlen hatten. Die Staatsverfassung bildete Perikles zur vollen Demokratie aus, indem er auch der niederen Volksklasse alle Staats�mter zu-g�nglich machte und ihr die Beteiligung an der Volksversammlung
Andr�-Sevin. Abri� der Weltgeschichte. 4
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erleichterte. Den Handel, das Gewerbe und das Seewesen f�rderte er in jeglicher Weise: Athen wurde der Mittelpunkt des Verkehrs; seine Schiffe beherrschten die See vom Schwarzen Meer bis Italien.
3. Bauwerke. Vorz�glichen Ruhm erwarb sich Perikles durch die herrlichen Bauwerke, die er auff�hren lie�. Vor allem wurde die Burg der Stadt, die Akrop�lis, prachtvoll geschm�ckt (Tas. II, 4, 7 u. 9).
Eine breite Marmortreppe f�hrte zu ihr hinauf. Rechts von derselben stand auf einem Felsenvorsprung der liebliche kleine Tempel der Nike (Sieges-g�ttin), im jonischen Stil. Den Eingang zu der Burg bildeten die Propyl�en, ein marmornes S�ulenthor mit f�nf Durchg�ngen; auf der Burg selbst erhob sich links das Erechtheion/im jonischen Stil (f. Taf. H, 7); rechts der Parthenon, der Tempel der jungfr�ulichen G�ttin Athene im dorischen Stil (Taf. II, 9). Im Innern des Heiligtums prangte das Goldelfenbeinbild der G�ttin, von , Phidkas, dem unerreichten Meister der Bildhauerkunst, gefertigt.
Auf der h�chsten Stelle der Burg stand unter freiem Himmel auf m�chti-gern Fu�gestell eine andere Bilds�ule der Athene, achtzehn Meter hoch, aus Erz gegossen. Schon vom Meere aus, bei der Einfahrt in den Pir�eus, konnte der heimkehrende Schiffer die goldene Spitze des Speeres und den gl�nzenden Helm-busch der kriegerischen G�ttin, der �Vork�mpferin" von Hellas, erblicken.
4. Die Dichtkunst. Auch die Dichtkunst hatte unter Perikles ihr goldenes Zeitalter. Namentlichere Meistern?erte der drei gro�en tragischen Dichter �schy-lus, Sophokles un'd Eunpldes pforenln diese Zeit. Die Namen der einander folgenden drei gr��ten griechischen Tragiker kn�pfen sich an den glorreichsten Sieg, den die Griechen errangen: an der Schlacht bei SalLmis war �schylus als K�mpfer beteiligt; Sophokles f�hrte den Reigen der athenischen J�nglinge bei der Siegesfeier; Euriprdes wurde am Schlachttage geboren; von den beiden ersten sind je 7, von Euripkdes 19 St�cke auf uns gekommen; die urfpr�ng-liehe Zahl ihrer Werke war weit gr��er: SophLkles hat �ber 100, �schylus 70, Euripkdes etwa 90 Trag�dien gedichtet. Die Stoffe derselben sind gr��tenteils der nationalen Heldensage entnommen. Etwas sp�ter als das Trauerspiel ent� wickelte sich die Kom�die, in welcher Aristoph�nes zur Zeit des peloponne-fischen Krieges als erster Meister hervorragte.
Das griechische Theater. Die griechischen Theater bestanden aus 3 R�u-men: 1. der Skene (d. i. B�hne), welche die Form eines langen schmalen Rechtecks hatte und auf 3 Seiten von einem gedeckten Geb�ude umgeben war; 2. der Orch estra (d. h. eigentlich Tanzplatz, weil f�r die Reigent�nze des Chores bestimmt), welche einen Halbkreis bildete, mit der Thymele (dem Altar des Dionysos); 3. dem Theatron, d. h. Zuschauerraum, der sich um die Orchestra herum in immer weiteren und h�heren Sitzreihen stufenf�rmig erhob. Die Orchestra und der Zuschauerraum waren unbedeckt (unter freiem Himmel). (S. Taf. IV, 8.)
5. Die Geschichtschreibung. Auch die Geschichtschreibung nahm mit den gro�en Thaten der Perserkriege einen h�heren Aufschwung: zuerst durch Her�-dot aus Halikarna�, den Vater der Geschichte, der vornehmlich jenen denk-
jjr. -yo� A z.
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4. Korinthischer Slalmkopf.
2. Ionische 3. Korinthische S�ule. S�ule.
8. Sem (Uudobisi).
"um" KIM" //<hiW'
15. Iaokoon
11. Apollo (Vatikan).
Griechische Mu>
Tafel III.
�. Diana (�usatlleej. 7. Julias
14. Artemis. \e
10. Athene (�litmcht),
13, Helmes (Praxiteles).
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w�rdigen Kampf zwischen den Griechen und den Persern in lieblichster Einfalt erz�hlt. Ihn �bertraf an Kunst der Darstellung Thucydldes von Athen, der in seiner Schilderung des peloponnesischen Krieges das gr��te historische Meister-werk des Altertums schuf. Auch Xen�phon, des Sokrates Sch�ler, ist als Geschichtschreiber zu nennen.
6. Gesamtbild. Das perikleische Zeitalter war die Zeit, da alle Bildung, Kunst und Sch�nheit des griechischen Lebens in Athen vereinigt schien;
keine andere Periode der Weltgeschichte hat die Kulturh�he des'perikleischen Zeitalters �bertreffen. Dabei sind aber auch die Schattenseiten dieser so gl�nzenden Kulturepoche nicht zu �bersehen. Da die athenischen B�rger nur f�r den Staat und die Kunst lebten, so wurde dar�ber das Familienleben schwer vernachl�ssigt; die Stellung der Frauen war eine sehr unfreie und unw�rdige. Noch trauriger war die Stellung der Sklaven, welche ganz recht-los waren, und doch bildeten in dieser Bl�tezeit Athens die Sklaven den weitaus gr��ten Teil � c. 4/s � der Bev�lkerung (� auf c. 90000 freie B�rger kamen c. 360000 Sklaven!).
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Der peloponnesische Krieg 431�404.
1. Veranlassung des Krieges. Athens Glanzzeit war nicht on langer Dauer. Ein verlustreicher Kampf mit Sparta, der
peloponnesische Krieg, st�rzte Athens Macht und verdarb sein Volk. Seitdem begann Griechenland zu sinken.
Der verderbliche B�rgerkrieg wurde hervorgerufen durch Athens �bermut gegen die schw�cheren griechischen Staaten und durch Spartas Eifersucht gegen das gl�nzende Emporsteigen der athenischen Macht, durch welche es sich von der Vorherrschaft in Griechenland zur�ckgedr�ngt sah. Den n�chsten Anla� zum Kriege gab bie � . Unterst�tzung, welche Athen der Insel Korcyra^in einem Streite ^
gegen Korinth gew�hrte. Daher bewogen die Korinther die Spartaner mit den �brigen Peloponnesiern zum Kriege gegen Athen.
2. Die erste Kriegszeit. Beim Beginn des Kampfes hatte y $ in Athen das �bergewicht zur See; Sparta mit seinen Bundesgenossen
war zu Lande �berlegen. Ein spartanisches Heer drang verheerend in Attika ein, dessen Bewohner sich hinter die sch�tzenden Mauern von Athen zur�ckzogen. Da brach in der mit Menschen �berf�llten Stadt eine entsetzlich verheerende Pest aus. Auch Perikles,
�der erste B�rger", starb (429), beim Sterben seinen besten Trost darin findend, da� um seinetwillen kein Athener ein Trauerkleid habe anlegen m�ssen, da er seine H�nde rein gehalten von B�rger-blut. Nach dem Tode des gewaltigen F�hrers leitete namentlich der ungest�me �Gerber" Kleon die bewegliche athenische Volksmenge.
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Mit gro�er Erbitterung, jahrelang ohne Entscheidung, wurde der Krieg gef�hrt. Endlich fiel Kleon in einer Schlacht, und man schlo� Frieden.
3. Alcibiades. Aber der Friede hatte keinen Bestand. Denn es gelang dem ehrgeizigen Alcibiades, die Athener zu einer neuen kriegerischen Unternehmung fortzurei�en. Einem der vornehmsten und reichsten Geschlechter Athens entstammend. Verwandter des Perikles, durch Sch�nheit und Geist einnehmend, tapfer und rede-gewandt, aber auch eitel, �berm�tig und grenzenlos leichtsinnig, war dieser junge Mann ein bevorzugter Liebling des athenischen Volkes, dessen Vorz�ge und Fehler sich in seinem Wesen vereinigten. Selbst der edle Sokr�tes wandte ihm seine Teilnahme zu und gab sich alle M�he, seinen Sinn auf die h�heren und edleren G�ter hinzu-lenken. Auch ehrte Alcibiades den Weisen hoch; aber das Trachten nach dem Beifall und den Ehrenbezeigungen der Volksmenge, die Begierde nach Glanz und Ruhm hatte gr��ere Gewalt �ber ihn, als die Mahnungen des philosophischen Freundes. Vor allem die Fortsetzung des Krieges schien ihm g�nstig, sich durch gro�e Thaten hervorzuthun. Er beredete daher die Athener, als eine Stadt auf Sizilien ihre Hilfe anrief, zu einem
4. Feldzug gegen Syrakus. Eine zahlreiche, trefflich aus-ger�stete Kriegsflotte wurde nach Sizilien abgesandt, Alcibiades selbst mit zwei anderen Feldherren an ihre Spitze gestellt. Aber kaum aus der Insel angekommen, erhielt er den Befehl, nach Athen zur�ckzukehren, wo ihn seine Feinde wegen Verspottung der Religion angeklagt hatten. Da er Verurteilung zu bef�rchten hatte, entfloh er unterwegs seinen W�chtern und begab sich nach Sparta. Dort erfuhr er, da� in Athen die Todesstrafe �ber ihn ausgesprochen sei; er bewog daher voll Rachedurst die Spartaner, dem von dem athenischen Heere belagerten Syrakus Hilfe zu senden. Die Athener erlitten eine furchtbare Niederlage: ihre Flotte wurde vernichtet, die Mannschaft auf dem R�ckz�ge zu Lande gefangen genommen, ihre Feldherren hingerichtet.
5. Ausgang des Krieges. Auch in Griechenland selbst brach nun der Kampf wieder aus, und die Athener gerieten in gro�e Bedr�ngnis. Da wurde Alcibiades, der sich aus Sparta entfernt und nach Kleinasien begeben hatte, auf die athenische Flotte zur�ck-gerusen. Er besiegte die Spartaner wiederholt zur See und wurde, im Triumphe in Athen einziehend, als Oberfeldherr zu Wasser und
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zu Lande an die Spitze des Staates gestellt. Bald aber wurde er des Heeresbesehls wieder entsetzt, als in seiner Abwesenheit sein Unterseldherr in einem Treffen unterlegen war. Nnn gewann der kluge und th�tige spartanische Feldherr Lysander das �bergewicht. Er siegte in der Schlacht bei �gospot�moi 405 (am Hellespont), 405 welche den Krieg entschied. Die Stadt Athen, von den spartanischen Heeren umlagert, mu�te sich 404 an Lysander ergeben, ihre Kriegs-schiffe ausliefern, ihre Festungswerke schleifen und die von Sparta eingesetzten sogenannten drei�ig Tyrannen annehmen. Doch wurde deren Schreckensherrschaft schon nach einem Jahre (durch Thrasyb�lus) gest�rzt.
Alcibiades war nach Athens Fall nach Kleinasien geflohen. Allein der persische Statthalter, dessen Schutz er aufgesucht, lie� ihn auf Verlangen der Spartaner durch ausgesandte. Meuchelm�rder t�ten./
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Sokrates.
Zur Zeit des peloponnesischen Krieges lebte in Athen der weise und tugendhafte Sokrates. Er war eines Bildhauers Sohn und widmete sich in seiner Jugend der Kunst seines Vaters. Aber eine innere Stimme trieb ihn zum Suchen der Wahrheit (Philosophie). Die �u�eren Dinge sch�tzte er gering und lebte so einfach als m�glich. �Nichts bed�rfen," sagte er, �ist g�ttlich, und wer am wenigsten bedarf, kommt der Gottheit am n�chsten." F�r das Wichtigste hielt er die Forderung, welche die Inschrift am delphischen Tempel aufstellte: �Erkenne dich selbst!" Keine Weisheit lie� er gelten, die nicht mit der Tugend verbunden war. Darum bek�mpfte er die eigenn�tzige Scheinweisheit der sogenannten Sophisten und suchte seine Sch�ler, die er ohne Lohn unterrichtete, zu ernstem Nach-denken anzuregen und von der Oberfl�che der Dinge zur wahren Erkenntnis zu f�hren. Das delphische Orakel erkl�rte ihn f�r den weisesten der Griechen. Seine Gegner aber verklagten ihn vor Gericht, da� er die Jugend verderbe, an die G�tter des Staates nicht glaube und neue G�tter einf�hren wolle. Und der fiebenzig-j�hrige Greis wurde trotz seiner herrlichen Verteidigungsrede zum Tode verurteilt. Drei�ig Tage verbrachte er dann noch im Gef�ngnis im Verkehr mit seinen Freunden. Einen Vorschlag, sich durch die Flucht zu retten, wies er zur�ck, weil man den Gesetzen des Staates gehorchen m�sse. Nach erhabenen Gespr�chen mit seinen Freunden
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�ber die Unsterblichkeit der Seele trank er endlich mit heiterem Antlitz den ihm dargereichten Giftbecher und erlitt so den Tod, den 399 er mit seinen letzten Worten als eine Genesung bezeichnete, 399.
Von mehreren seiner Sch�ler wurden besondere philosophische Schulen ge-gr�ndet. Der bedeutendste unter ihnen, Platon, und dessen Sch�ler Aristo-teles sind durch ihre Schriften Lehrer aller Zeiten geworden. Auch nach dem Verluste seiner Selbst�ndigkeit blieb Griechenland, namentlich Athen, der Haupt-sitz der Philosophie, wenn auch die sp�teren Weisheitslehrer (wie die Stoiker und Epikur�er u. a.) ihre Vorg�nger nicht erreichten.
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Pelopldas und Epaminondas.
Seit der Besiegung Athens im peloponnesischen Kriege besa� Sparta die Hegemonie (Vorherrschaft) d. h. es stand an der Spitze der griechischen Staaten. Sein K�nig Agesil�us k�mpfte ruhmvoll in Kleinasien gegen die Perser, die sich wieder in die griechischen Angelegenheiten einmischten. In Griechenland aber mi�brauchten die Spartaner ihre Macht zur Unterdr�ckung der Schw�cheren. Ein spartanisches Heer bem�chtigte sich der Kadmea, der Burg von Theben, und stellte die Stadt unter eine dr�ckende Gewaltherrschaft. Aber der vor ihren Nachstellungen ins Ausland geflohene Thebaner Pelopldas kehrte heimlich in die Stadt zur�ck, t�tete die Machthaber bei einem Gelage und stellte die Freiheit Thebens wieder her. Sein Freund, der ebenso edle als kriegskundige Epaminondas, besiegte das heranr�ckende zahlreiche Heer der Spar-tarier mittelst der schr�gen Schlachtordnung in der Schlacht 371 bei Leuktra 371. Dieser gl�nzende Sieg stellte Theben aus einige Zeit an die Spitze der gesamten griechischen Staaten. Epaminondas drang mit Heeresmacht in den Peloponnes ein und r�ckte bis vor die Stadt Sparta, die seit undenklichen Zeiten keinen Feind in ihrer N�he gehabt, wo die Frauen niemals den Rauch eines seind-lichen Lagerfeuers hatten aussteigen sehen. Zwar wurde die Stadt durch die geschickte Verteidigung des Agesil�us gerettet; doch befreite Epaminondas Messenien von Spartas Herrschaft. Auf einen: sp�teren Zuge nach dem Peloponnes siegte er von neuem in der 362 Schlacht bei Mantinea 362, wurde aber durch ein feindliches Gescho� zum Tode verwundet. (Als seine Freunde klagten, da� er keine S�hne als Erben seines Ruhmes hinterlasse, erwiderte er: �Gebt euch zufrieden! ich hinterlasse zwei unsterbliche T�chter, die
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Siege bei Leuktra und Mantinea." Dann verschied er.) Die kurze Glanzzeit Thebens ging mit seinem Tode zu Ende.
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Philipp von Makedonien und der Untergang der Freiheit Griechenlands.
]. Philipp und Demosthenes. Die sortdauernden inneren K�mpfe der Griechen f�hrten endlich zum Untergange ihrer Freiheit. Der K�nig eines kleinen Landes n�rdlich von Griechenland, Philipp von Macedonien, mischte sich in diese Streitigkeiten ein, indem er durch bestochene Verr�ter die Griechen �ber seine Eroberungs-Pl�ne zu t�uschen wu�te. �Ein mit Gold beladener Esel", meinte er, ��bersteigt jede Mauer". Doch in Athen trat ihm ein Mann entgegen, der die gef�hrlichen Absichten des listigen Macedoniers durchschaute. Es war Demosthenes, der gr��te Redner des griechischen Altertums. Sohn eines wohlhabenden Waffenfabrikanten,
fr�h vaterlos, hatte er durch den Betrug seiner Vorm�nder einen Teil seines Verm�gens eingeb��t, so da� er Anklage vor Gericht gegen sie erhob, bei welcher Gelegenheit er den ersten, wenig ge-lungenen Redeversuch machte. Zur gr�ndlichen Ausbildung seines Geistes betrieb er dann mit unabl�ssiger Beharrlichkeit (in einem unterirdischen Zimmer) das Studium der Wissenschaften und suchte die Naturfehler, welche ihm die Wirksamkeit als Redner erschwerten,
seine Kurzatmigkeit, die Schw�che und das Stottern seiner Stimme,
durch die unverdrossenste Anstrengung zu �berwinden. Er ging an das Meeresgestade und bem�hte sich, das Tosen der brandenden Wellen zu �bert�nen; er nahm Kiesel in den Mund und versuchte trotz dieses Hindernisses deutlich zu sprechen; er stieg steile H�hen hinan und sprach dabei laut und anhaltend, um seinen Atem zu l�ngerer Aus-datier zu gew�hnen. So bildete er sich zum vollendeten Staats-redner aus, der nun in der athenischen Volksversammlung zu steigendem Ansehen gelangte. Mit der ganzen Kraft seiner Bered-samkeit warnte er seine Mitb�rger vor der Gefahr, welche ihrer Freiheit durch Philipps Eroberungsgel�ste drohte.
2. Die Schlacht bei Ch�ronea 338. Aber es gelang dem 338 gro�en athenischen Redner doch nicht, rechtzeitig die Griechen unter Athens F�hrung zum Widerstande gegen Philipp zu vereinigen. Pl�tzlich r�ckte der K�nig mit Heeresmacht in Mittelgriechenland ein und nahm eine wichtige Stadt in Besitz. Zwar brachte nun
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Demosthenes ein B�ndnis zwischen Athen und Theben zustande, und ein zahlreiches Heer der Verb�ndeten r�ckte dem K�nig nach B�otien entgegen; aber die Griechen wurden dort in der entschei-denden Schlacht bei Ch�ronea 338 geschlagen. So kam Griechen-land unter macedonische Herrschaft. � Philipp �berlebte diesen Sieg nicht lange. W�hrend er sich zu einem Feldzuge gegen die Perser r�stete, wurde er bei einem Hosfeste von einem seiner 336 Leibw�chter ermordet 336.
Dritte Periode.
Das macedonische Zeitalter.
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Alexander der Gro�e 336�323. Seine Jugend und Thronbesteigung.
1. Der junge Alexander. Auf Philipp folgte sein Sohn Alexander als K�nig von Macedonien, bei seiner Thronbesteigung erst zwanzig Jahre alt. Er war in der Nacht geboren, da Herostr�tus, um sich einen Namen zu machen, den Tempel der Artemis zu Ephesus, eins der Wunderwerke der alten Welt, in Brand steckte. Seine Erziehung wurde von Aristoteles geleitet, dem gr��ten Gelehrten der Griechen. Der f�hrte ihn in die Wissen-schasten ein und machte ihn mit den Werken der gro�en griechischen Dichter bekannt. Vor allem wu�te er eine begeisterte Liebe zu den homerischen Gedichten in Alexanders Seele zu wecken: eine Abschrist dieser Heldenlieder lag stets unter dessen Kopfkissen. Achilles, der Heldenj�ngling der Jliade, galt dem k�niglichen Knaben als Vor-bild, dem er an Gro�thaten �hnlich zu werden trachtete. In den Leibes�bungen zeichnete er sich vor allen seinen Jugendges�hrten aus; an Kraft und Raschheit that's keiner ihm zuvor. Doch ver-schm�hte er es, sich an den olympischen Spielen zu beteiligen. �Ich kann ja da nicht," sagte er stolz, �mit K�nigss�hnen um die Wette lausen." Er allein vermochte das wilde Pserd Buceph�lus, das ihn sp�ter in die Schlachten trug, zu b�ndigen, so da� sein Vater voll freudigen Staunens ausrief: �Mein Sohn, suche dir ein anderes K�nigreich; Macedonien ist f�r dich zu klein!" Fr�h gab sich die gl�hende Ruhmbegierde kund, die ihn erf�llte. Als einst ein neuer Sieg Philipps verk�ndet wurde, sah man bei dem allge-
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meinen Jubel ihn allein ganz traurig. �Ach," sprach er ernst, �mein Vater wird mir nichts mehr zu erobern �brig lassen."
2. Alexander und Diogenes. Doch hinterlie� ihm Philipp den gro�en Plan eines Eroberungszuges gegen die Perser. Mit Begierde nahm Alexander, sobald er K�nig geworden, des Vaters Gedanken aus und beeilte sich, ihn auszuf�hren. Indem er sich als R�cher der Griechen an den Persern ansah, lie� er sich aus einer allgemeinen Versammlung derselben zu Korinth zu ihrem Oberbefehlshaber gegen die Perser ernennen. In Korinth lebte damals der sonderbare Philosoph Diogenes, der des Sokrates Mahnung, der Mensch solle sein Gl�ck nicht im Besitze verg�nglicher G�ter suchen, so weit trieb, da� er, nur mit einem Bettelsack versehen und mit einem groben Mantel bedeckt, in einer Tonne wohnte. Diesen Mann, dem kein Ding f�r erstrebenswert galt, suchte der k�nigliche J�ngling, dessen Streben aus Erlangung der Weltherrschaft gerichtet war, kennen zu lernen. Er fand ihn, sich an dem warmen Sonnenschein erquickend, vor seiner Tonne behaglich auf den Boden hingestreckt. Alexander freute sich seiner scharssinnigen, treffenden Reden und fragte ihn freundlich, ob er ihm eine Gunst erweisen k�nne. �O ja," versetzte Diogenes, �gehe mir doch ein wenig aus der Sonne!" Die Begleiter des K�nigs wurden unwillig �ber solche Geringsch�tzung der dargebotenen Gnade. Alexander aber sprach: �Beim Zeus, w�re ich nicht Alexander, so m�chte ich Diogenes sein."
3. Alexander und die Pythia. Auch zu dem Orakel in Delphi begab sich damals Alexander, um �ber den bevorstehenden Feldzug den Ausspruch des allwissenden Gottes einzuholen. Die Priesterin des Apollon weigerte sich, den Dreifu� zu besteigen, weil gerade ein Ungl�ckstag fei, an dem kein Orakel erteilt werden d�rfe. Aber der rasche Alexander fa�te sie bei der Hand und zog sie mit Gewalt zu dem Sitze hin. Da rief die erschreckte Prophetin: �O Sohn, du bist unwiderstehlich." �Mit diesem Spruche habe ich genug," sagte der K�nig und ging von bannen.
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Die Eroberung des Perserreiches.
1. Alexanders Siege in Kleinasien. Zwei Jahre nach feiner Thronbesteigung, im Jahre 334 v. Chr., trat Alexander den Feld-zug gegen das persische Reich an, das damals unter der Herrschaft
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des K�nigs Tarsus Kodomannus stand. Mit einem Heere von 35,000 Mann r�ckte er �ber den Hellespont in Kleinasien ein. Auf der St�tte, wo das alte Troja gestanden, opferte er den G�ttern und bekr�nzte das Grab des Achilles. An dem kleinen Flusse Granikus stie� er dann auf ein persisches Reiterheer: er griff es 334 an und erk�mpfte den ersten Sieg in der Schlacht am Granikus 334. Bei dem Gefechte brachte ihn sein verwegener Mut in gro�e Ge-fahr; doch rettete ihm fein herbeieilender, Feldherr Klitus das Leben. Ohne Widerstand zu finden, nahm er nun Kleinasien in Besitz; in der Stadt Gordinm zerhieb er den ber�hmten gordischen Knoten; zu Tarsus im S�dosten der Halbinsel wurde er nach einem kalten Flu�bade von einer heftigen Krankheit befallen, jedoch durch die Kunst seines verleumdeten Arztes Philippus geheilt. �stlich von Tarsus, nahe der Grenze Syriens, erfocht er in der 333 Schlacht bei Jssus einen gro�en Sieg �ber den K�nig Darius, dessen Mutter, Gemahlin und Kinder in seine H�nde fielen, aber r�ck-sichtsvoll behandelt wurden. Der geschlagene Perserk�nig floh in das Innere seines Reiches zur�ck und lie� dem Sieger die Halste seines Reiches anbieten, wenn er Frieden machen wolle. �Was meinst du dazu?" fragte Alexander feinen Feldherrn Parmenio. �Ich th�te es," antwortete dieser, �wenn ich Alexander w�re." �Ich auch," versetzte der K�nig, �wenn ich Parmenio w�re." Er lehnte den Antrag ab; denn nur der Besitz des ganzen Perserreiches konnte dem stolzen Helden gen�gen.
2. Alexander in Syrien und �gypten. Darauf zog Alexander, um zun�chst die persischen K�stenl�nder zu gewinnen, weiter gegen S�den. Syrien unterwarf sich ihm ohne Kampf. Dagegen konnte er die altber�hmte Seestadt Tyrus erst nach siebenmonatlicher Belagerung gewinnen. Pal�stina ergab sich ihm leicht: zu Jerusalem besuchte er den pr�chtigen Jehovatempel. In �gypten wurde er als Befreier von der verha�ten persischen Herrschaft freudig aufgenommen. Er gr�ndete dort die nach feinem Namen genannte Stadt Alexandria, welche bald zu einer der wichtigsten Weltst�dte emporbl�hen sollte. Von hier aus besuchte er das hoch angesehene Orakel des Zeus Ammon, dessen Priester ihn als Sohn des Gottes erkl�rten.
3. Alexander im Innern des Perserreiches. Von �gypten aus wandte sich nun Alexander wieder nach Asien zur�ck. Er �ber-schritt den Euphrat und Tigris und erfocht in Assynen, nicht fern
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von dem alten Nimve, den entscheidenden Sieg bei Gaugamela 331. Die Hauptst�dte des Reiches (Babylon, Snsa, Persep�lis und Ekbatana) mit unerme�lichen Sch�tzen fielen in seine H�nde. (In Persep�lis steckte er die K�nigsburg in Brand, um f�r den Verheerungszug des Xerxes nach Griechenland Vergeltung zu �ben.) Darauf zog er dem Darius nach, der nach den nord�stlichen L�ndern seines Reiches geflohen war, und ehe ihn Alexander erreichte, von dem Satrapen B e s s u s ermordet wurde. Die Provinzen im Osten bis zum Jndusstrome wurden in den folgenden Jahren von dem unwiderstehlich vordringenden Sieger s�mtlich unterworfen und dem neuen Weltreich um so fester eingef�gt, als Alexander durch seine Verm�hlung mit der baktrischen F�rstentochter Roxane und durch Annahme persischer Sitten und Gebr�uche die neuen Unterthanen mit seiner Herrschaft zu befreunden wu�te. Dagegen erregten die Ehrenbezeugungen, namentlich die Kniebeugung, welche Alexander als Nachfolger der Perserk�nige in Anspruch nahm, Unzufriedenheit bei seinen Macedoniern und Griechen: der alte Feldherr P armenio wurde wegen Mitwissenschaft um eine Verschw�rung gegen des K�nigs Leben hingerichtet, Klitus von Alexander selbst bei einem Gelage mit der Lanze durchbohrt./
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Alexanders Zug gegen Indien und sein Tod.
1. Alexander in Indien. Um seine Herrschaft auch �ber das reiche Indien auszubreiten, �berschritt Alexander (im Jahre 327) den Indus str�m und eroberte unter best�ndigen K�mpfen gegen die in-dischen K�nige, die mit riesigen Elefanten in die Schlacht r�ckten, das vom Indus und seinen vier Nebenfl�ssen bew�sserte sogenannte F�nfstromland (Pendjab). Aber als er, unaufhaltsam weiterdringend, auch den �stlichsten dieser Fl�sse, den H y p h � s i s, �berschreiten wollte, erhoben seine kampfesm�den macedonischen Krieger Widerspruch, soda� er sich zur Umkehr entschlie�en mu�te. Er teilte das Heer in zwei Teile: die eine H�lfte machte unter einem seiner Feldherren den R�ckweg zu Wasser von der M�ndung des Indus westw�rts nach dem Euphrat, die andere f�hrte er selbst zu Lande unter un-s�glichen Beschwerden und Entbehrungen nach Persien zur�ck.
2. Alexanders Ende 323. In Susa verm�hlte er sich mit des Darius Tochter und gab vielen seiner griechischen Feldherren und Krieger Perserinnen zu Frauen, indem er bem�ht war,
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persisches und griechisches Wesen zu einem Ganzen zu vereinigen. Doch w�hrend er f�r die Gestaltung des Reiches sorgte und neue Kriegsz�ge vorbereitete, starb er, nicht lange nach dem Tode seines 323 Freundes Heph�stion, 323 zu Babylon, erst 33 Jahre alt. Sein Leichnam wurde in goldenem Sarge zu Alexandria in �gypten bestattet.
Durch Alexander wurden die V�lker des Morgen- und Abendlandes enger miteinander verbunden; griechische Sprache und Bildung kam nach Asien und verbreitete sich unter seinen Nachfolgern immer weiter �ber die von ihm er-oberten L�nder.
� 33.
Die Reiche der Nachfolger Alexanders.
Alexander hinterlie� keinen Sohn und keinen m�nnlichen Ver-wandten, der s�hig war, �ber das von ihm gegr�ndete Weltreich zu herrschen. Daher geschah es, da� seine Feldherren die L�nder desselben an sich zu rei�en trachteten und dadurch in langwierige und zerr�ttende K�mpfe gerieten, aus welchen folgende gr��ere Reiche hervorgingen:
1. in Europa das macedonische Reich, mit welchem auch Griechenland verbunden war;
2. in Asien das syrische Reich unter den Seleuciden (mit Seleucia und Antiochia), von dem indessen bald die Part her abfielen, die dann ein eigenes Reich (mit Ktesiphon) gr�ndeten; daneben noch in Kleinasien das kleine Reich von Pergamum;
3. in Afrika das �gyptische Reich unter dem Hause der Ptole-m�er, mit der Hauptstadt Alexandria, welche durch weit ausgebreiteten Land- und Seehandel Mittelpunkt des Welt-Verkehrs und zugleich ein hervorragender Sitz griechischer Wissenschaft wurde.
Alle diese Reiche erlagen sp�ter der Macht der R�mer.
� 34.
Griechische Kunst und Wissenschaft nach Perikles.
Auch zur Zeit des politischen Verfalles Griechenlands und sogar nach dem Untergang der griechischen Freiheit dauerte doch die Bl�te der griechischen Kunst und Wissenschaft fort. In der Baukunst kam zu den beiden bisherigen Stil-formen (dem dorischen und jonischen Stil) noch eine dritte Stilform hinzu: der korinthische Stil, der aber eigentlich nur eine reichere Ausbildung des jo-ntschen Stils darstellt. Die am meisten hervorspringende Eigent�mlichkeit des
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korinthischen Stils ist das Akanthusblatt des Kapitals. (S. Taf. III, 3.) � Von den (wenigstens in Tr�mmern) erhaltenen Baudenkm�lern dieser sp�teren Zeit sind namentlich zu erw�hnen: das Grabmal des K�nigs Maus�lus zu Halikar-na� (f. Taf. n, 6), und das choragische Denkmal des Lysikrates zu Athen. � Von der hohen Entwickelungsstufe der Bildhauerkunst bei den Griechen zeugen noch einzelne auf uns gekommene Werke, wie der Apoll vom Belve-bere (im Vatikan zu Rom), die Hera Ludovisi, die Laok�onsgruppe, die dem Skopas oder Praxiteles zugeschriebene Gruppe der NiLbe, der j�ngst in Olympia aufgefundene Hermes des Praxiteles, die Gigantenschlacht vom Altar zu Pergamum (jetzt in Berlin) u. a. (Taf. LH, 6�16).
Sp�ter als bie Bau- unb Bilbhauerkunst erhob sich bie Malerei. Als ihr hervorragenbster Meister ist vor allen Apelles, ber Zeitgenosse Alexanbers d. Gr., zu nennen. � Die Wissenschaften wurden im macedonischen Zeit-alter besonders zu Alexandria weiter gef�rdert. Am meisten gepflegt waren w�hrend dieser Periode die grammatischen und die mathematischen Wissenschaften, in welchen letzteren vor allen Euklides (zu Alexandria) und Ar ch im cd es (zu Syrakus 212) sich Verdienste erwarben.
/ Drittes Kapitel.
G esch ichke der R�mer.
� 35.
Die R�mer und das alte Italien.
(Nebst Einteilung der r�mischen Geschichte.)
(Karte IV.)
1. Die weltgeschichtliche Bedeutung der R�mer. Wenn unter den L�n-dern Europas am fr�hesten auf der s�d�stlichsten Halbinsel, in Griechen-land, ein Volk durch seine Kultur sich zu weltgeschichtlicher Bedeutung erhob, so folgt diesem auf der ihm zun�chst gegen Westen gelegenen Halbinsel des Mittelmeeres, in Italien, das zweite Volk, das eine hervorragende Stelle in der Geschichte einnimmt. Es sind die R�mer, das gewaltigste Herrschervolk der alten Welt, das, von den kleinsten Anf�ngen ausgehend, allm�hlich alle das Mittelmeer umgebenden L�nder zu einem festgef�gten Reiche vereinigte, welches, an Macht und Dauer ohnegleichen, durch seine staatlichen und recht-lichen Ordnungen weit �ber die Zeit seines Bestehens hinaus in die Entwicke-lung der Menschheit eingegriffen hat. /
2. Die Landschaften Italiens. Das alte Italien wurde in Ober-, Mittel- und Unteritalien eingeteilt.
a. Oberitalien hie� im Altertum G-allia cisalpina (Gallien s�dlich von den Alpen) und wurde erst in sp�terer Zeit zu Italien gerechnet.
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b. Mittelitalien zerfiel in mehrere Landschaften, deren wichtigste waren:
1. an der Westseite: Etrurien, Latium mit Rom an der Tiber, Campanien mit der Stadt Capua;
2. Inmitten von Italien (�stlich von Latium): Samnium.
c. Unteritalien oder Gro�griechenland hatte an seinen K�sten viele grie-chische Kolonieen, unter denen Tarent die bedeutendste.
Die nahe gelegene gro�e Insel Sizilien war ebenfalls reich an grie-chischen Kolonieen, wie Syrakus und Mess�na.
3. Die Bewohner. Die Bev�lkerung Italiens bestand aus verschiedenen V�lkerschaften, die sich in die drei Hauptst�mme der Gallier, der Etrusker und der Jtaliker sondern lassen.
a. Die Gallier oder Kelten drangen gegen Ende des 5ten Jahrhunderts vor Chr. aus dem heutigen Frankreich �ber die Alpen ein und nahmen Ober-italien in Besitz (daher der Name Gral Iia cisalpina).
b. Die Etrusker, welche die Landschaft Etrurien bewohnten, besa�en eine alte Kultur. Ihre eigent�mliche Sprache ist noch unentziffert.
c. Die Jtaliker d. h. die Bewohner des �brigen Italiens teilten sich in zahl-reiche kleinere V�lkerschaften, unter welchen besonders hervortreten:
1. Die Sabiner, ein tapferes Bergvolk im mittleren Apennin. Abk�mm-linge der Sabiner waren die Samniter (in Samnium).
2. Die Latiner wohnten in der Landschaft Latium, der �breiten Ebene". Von ihrer Stadt Rom ging die Vereinigung aller St�mme Italiens zu einem Volke aus.
Endlich hatten die Griechen die K�sten von Unteritalien und Sizilien in Besitz genommen.
4. Einteilung der r�mischen Geschichte.
Die r�mische Geschichte wird in drei Perioden eingeteilt: 753�510 v. Chr. Erste Periode: Rom unter K�nigen. 510�30 v. Chr. Zweite Periode: Rom als Republik. 30 b.�476 n. Chr. Dritte Periode: Rom als Kaiserreich.
Erste Periode.
Rom unter K�nigen 753�510 v. Chr.
/� 36.
Roms Gr�ndung.
Die Stadt Rom entstand aus der Verschmelzung dreier Ge-meinden (der Ramner, Titier und Lucerer). Der Sage nach soll Romnlus im Jahre 753 v. Chr. sie gegr�ndet haben.
Die Sage lautet: Nach der Zerst�rung Trojas (1184) kam der trojanische Held �neas nach Italien. Sein Sohn Aska-
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Verlag von R. Voigtlinder in Kreuznach.
Zink�tzung und Druck von Rudolf Lo6s In Leipzig.
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nius erbaute s�dlich von der M�ndung der Tiber die Stadt Albalonga. Ein Nachkomme desselben, Amulius, wurde dadurch K�nig von Alba, da� er seinen �lteren Bruder Numitor vertrieb. Um sich in der Herrschaft zu befestigen,
lie� er die S�hne, welche Nunntors Tochter Rea Silvia bekam, die Zwillinge Romulus und Remus, in der Tiber ausfetzen. Aber die Knaben wurden durch die W�lfin des Kriegsgottes Mars wunderbar erhalten, dann durch einen Hirten (Faust�lus) gerettet und auferzogen. Herangewachsen t�teten sie den Amulius und setzte�: ihren Gro�vater Numitor wieder als K�nig von Albalonga ein. Das�r gestattete ihnen dieser, am linken Tiberufer auf dem palatinifchenH�gel eine Stadt zu gr�nden. Der Streit der Br�der, wer von 753 ihnen der neuen Stadt den Namen geben sollte, wurde durch Vogelflug f�r Romulus entschieden, der die Stadt Rom nannte, den Remus aber erschlug, als dieser spottend �ber die niedere Stadtmauer sprang.
/� 37.
Die K�nige.
Anfangs stand Rom unter K�nigen. Nach der �berlieferung herrschten deren nacheinander folgende sieben:Romulus,Numa Pompilius, Tullus Hostilius, Ancus Marcius, Tar-quinius Priscus, Servius Tullius und Targuinius Superbus.
Von den K�nigen Roms wird folgendes erz�hlt:
1. Romulus vergr��erte schnell die Bev�lkerung der neuen Stadt, besonders durch Aufnahme der Sabiner, welche nach dem Raube ihrer T�chter Rom bekriegten, bald aber sich mit den R�mern zu einem Staat vereinigten.
Die �lteste Verfassung. Das altr�mische Volk umfa�te � wie es aus der Vereinigung dreier Gemeinden erwachsen war � drei Teile oder Tribus, welche in je zehn, zusammen also drei�ig Curien zerfielen, die aus je zehn (im ganzen 300) sogenannten Geschlechtern bestanden. Wer einem dieser Geschlechter angeh�rte, war r�mischer B�rger. Diese (Voll-)B�rger hie�en auch Patrizier. Aus ihnen ging der Senat (Rat der Alten) hervor, der 300 Mitglieder z�hlte und dem K�nige in wichtigen F�llen Rat zu erteilen halte. Neben den Patriziern gab es noch einen zweiten Stand, die sogenannten Plebejer. Es waren die Fremden, die sich in Rom niedergelassen hatten. Sie besa�en keinen Anteil an der Staatsverwaltung (keine politischen Rechte).
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�er kriegerische Romulus, w�hrend eines Unwetters in den Himmel entr�ckt, wurde hinfort als Gott Quirinus verehrt.
2. Numa Pompilius, ein Sabiner, gab Religionsgesetze und er-baute den Janustempel, der nur im Kriege offen stehen sollte, aber w�hrend seiner milden und friedlichen Regierung geschlossen blieb.
Die Leitung des G�tterdienstes hatten Priester, an deren Spitze der Oberpriester (Pontisex Maximus) stand. Unter ihnen waren be-.sonders einflu�reich die Augurn, denen es oblag, bei wichtigen Ge-legenheiten aus dem Fluge und dem Geschrei der V�gel oder dem Fressen der heiligen H�hner den Willen der G�tter zu deuten. Andere Priester weissagten aus den Eingeweiden der Opfertiere; die (4) vestalischen Jungfrauen h�teten das Feuer im Tempel der G�ttin Vesta. � Auch der r�mische Kalender wird auf Numa zur�ckgef�hrt.
_3. Tullus Hoftilius, ein R�mer, unterwarf nach dem Zweikampfe der 3 Horatier mit den 3 Curiatiern die Albaner, lie� ihren verr�terischen Anf�hrer (Mettius Fuffetius) hinrichten, zerst�rte die Stadt Albalonga und verpflanzte ihre Bewohner nach Rom.
4. Ancus Marcius, Enkel des Numa, gr�ndete die Hafenstadt Ostia an der Tiberm�ndung.
5. Tarquinius Priscus, der aus Etrurien eingewandert war, erbaute die Kloaken (unterirdische Kan�le) und legte das Forum (Marktplatz) und den Circus Maximus (Rennbahn) an. Auf Anstiften der vom Throne ausgeschlossenen S�hne des Ancus wurde er ermordet und durch die List der K�nigin Tan�quil sein Schwiegersohn Servius Tullius zum K�nig erhoben.
Wenn von der Sage diese �ltesten Bauwerke, namentlich die Kloaken, in denen bereits der Gew�lbebau angewandt ist, aus den aus Etrurien eingewanderten K�nig Tarquinius Priscus zur�ckgef�hrt werden, so ent-spricht dem jedenfalls die Thatsache, da� die R�mer ihre �lteste Kultur, namentlich die Baukunst, den Etruskern zu verdanken haben, und da� insbesondere die Erfindung des Bogen- und Gew�lbebaues von den Etruskern herr�hrt.
6. Servius Tullius bildete Roms �lteste Verfassung weiter aus. Er teilte das gesamte Volk, Patrizier und Plebejer, nach dem Verm�gen in f�nf Klassen und innerhalb dieser Klassen in 103 Centurien (Hundertschaften) ein. Nach dieser Ein-teilung wurden die Steuern und der Kriegsdienst geregelt. Au�erhalb der s�nf Klassen standen als sechste Ordnung die
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�rmsten Leute, die sogenannten Proletarier, welche vom regelm��igen Heeresdienste frei waren. Von den 198 Centurien kamen 80 auf die erste (reichste) Klasse, die demnach an Ein-flu� die andern Klassen �bertraf. Der Versammlung der Centurien wurde die Entscheidung �ber einen Teil der Staats-angelegenheiten �bertragen, welche sr�her ausschlie�lich vor die Versammlung der Patrizier geh�rt hatten. So wurden auch die Plebejer am Staatswesen beteiligt.
Servius Tullius umgab die nun �ber sieben H�gel aus-gedehnte Stadt Rom (Siebenh�gelstadt) mit einer Ring-mauer. Er wurde ermordet von seinem Schwiegersohne Lucius Tarquinins, der die Regierung gewaltsam an sich ri�.
7. Tarquinius mit dem Beinamen Superbus d.i.derHosf�rtige brachte durch gl�ckliche Kriege die ganze Landschaft Latium unter r�mische Oberherrschaft und vollendete den Bau desKapitols, reizte aber das Volk durch harten Druck gegen sich aus. Eine Frevelthat seines Sohnes Sextus gegen die edle R�merin Lucretia rief einen Aufstand unter Junius Brutus hervor, durch welchen die K�nigsfamilie vertrieben wurde.
Zweite Periode.
Rom als Republik 510-30 v. Chr.
I. K�mpfe zwischen Patriziern und Plebejern. Unterwerfung
von Italien.
(Von der Vertreibung der K�nige bis zum ersten pnnischen Kriege 510�264.)
t � 38.
Die Gr�ndung der Republik.
1. Die Konsuln. Nach der Vertreibung des Tarquinius Superbus wurde Rom eine Republik 510. An die Spitze derselben traten 510 zwei Konsuln, die immer auf ein Jahr gew�hlt wurden. Die ersten Konsuln waren Brutus und Collatinns (der Gemahl
der Lucretia).
2. Porsena. Die neue Republik hatte bald schwere K�mpfe zu bestehen. Der K�nig Porsena von Clnsium in Etrurien, von dem vertriebenen Tarquinius ausgereizt, r�ckte mit einem starken Heere bis vor Rom. (Die Sagen von Horatins Cocles und
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 5
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Mucius Sc�vola.) Die R�mer mu�ten des K�nigs Abzug durch Abtretung ihres Gebiets auf dem rechten Tiberufer erkaufen.
1. Die Volkstribunen. Bald brachen in der neuen Republik heftige innere K�mpfe aus: zwischen den Patriziern und den Plebejern. Seit dem Sturze der K�nige war alle Staatsgewalt den Patriziern zugefallen, sie allein im Besitze aller b�rgerlichen und priesterlichen �mter. Die Plebejer dagegen waren, namentlich durch die Kriegsdienste, welche unentgeltlich geleistet wurden, in schwere Schulden geraten und wurden von den Patriziern hart bedr�ckt. In ihrer Not schritten sie endlich zur Auswanderung auf den
494 heiligen Berg 494, um dort, eine Stunde Weges von Rom ent-sernt, sich anzusiedeln. Doch dem volkssreundlichen Patrizier Menenius Agrippa gelang es (durch die Fabel von dem Magen und den Gliedern) sie zur R�ckkehr nach Rom zu bewegen. Zu ihrem Schutze gegen Bedr�ckung wurde eine neue Obrigkeit, die Volkstribunen, eingesetzt, welche ihre Rechte zu vertreten hatten.
2. Coriolanus. Der stolze Patrizier Coriolanns suchte bei einer Hungersnot den Plebejern das Volkstribnnat wieder zu ent-rei�en. Deshalb aus Rom verdr�ngt, f�hrte er ein feindliches Heer aus dem Nachbarstamme der Volsker gegen die Stadt, wurde jedoch durch die Bitten seiner Mutter und seiner Gattin zum Abzug bewogen (490). Er starb im �Elend." der Fremde.
450 3. Die Deeemvirn. Geschriebene GeseM, welche die Plebejer zu ihrer Sicherstellung gegen die Willk�r der Patrizier mehr und mehr drohend forderten, erhielt Rom zuerst durch die Deeemvirn d. i. Zehnm�nner 451 und 450, welche die Zw�lftafelgesetze aufstellten. Die versuchte GelVvltthat des Appius Claudius gegen die Plebejerin Verginia, der sie nur durch den Tod von des Vaters Hand entgehen-^konnte, f�hrte zum Sturze der in Ge-waltherrschaft ausgearteten Regierung der Deeemvirn, ihre Gesetz-gebung blieb jedoch bestehen.
Kriege mit den Nachbarst�mmen. Die Gallier in Rom. 1. Cineinnatus und Camillus. Die R�mer f�hrten fast unaufh�rlich Krieg, zun�chst mit den Nachbarst�mmen der Volsker,
� 39.
Patrizier und Plebejer.
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�quer 2c. Die letzteren besiegte der vom Pfluge geholte und zum Diktator erhobene Cincinnatus. Lange dauerten die K�mpfe gegen die m�chtige Stadt Veji (in Etrurien). In einem Kriege gegen dieselbe fiel das ganze vornehme r�mische Geschlecht der Fabier (306 Mann) bis aus einen. Endlich wurde die Stadt nach zehn-j�hriger Belagerung von Camillus erobert.
2. Brennus und Manlius. Bald daraus r�ckten von Norden her Gallier unter Brennus gegen Rom heran, besiegten die R�mer am Fl��chen Allia 390 und verbrannten die verlassene Stadt mit 390 Ausnahme des Kapitals, das durch Manlius (und die G�nse) ge-rettet wurde. Ihr Abzug mu�te von den R�mern mit Gold erkauft werden. Nach einer sp�teren Sage soll der aus der Verbannung zur�ckkehrende Camillus die Gallier vertrieben haben. Er wurde als �zweiter Gr�nder" Roms gepriesen, weil er die Aus-Wanderung des Volkes aus der zerst�rten Stadt nach Veji ver-hinderte. Manlius dagegen, der den Ehrennamen Capitolinns erhalten, wurde, weil die Patrizier dem Freunde und Wohlth�ter der Plebejer schuld gaben, er strebe nach k�niglicher Herrschaft, vom tarpejischen Felsen (neben dem Kapitol) herabgest�rzt.
/ � 41.
Die licinischen Gesetze 366. 366
Der lange Kampf der Plebejer mit den Patriziern wurde endlich ausgeglichen durch die Gesetze, welche auf den Vorschlag der Volks-tribunen Sextius und Licinius angenommen wurden. Es wurde festgesetzt,
a. da� jeder r�mische B�rger (auch die Plebejer) Anteil am r�mischen Gemeindelande haben, keiner aber mehr als 500 Morgen desselben besitzen sollte;
b. da� von jetzt an immer einender beiden Konsuln aus den Plebejern gew�hlt werden sollte.
Allm�hlich erlangten nun die Plebejer den Zugang zu allen obrigkeit-lichen Stellen. Die vorz�glichsten r�mischen Staatsbeamten waren:
1. die Konsuln (Oberfeldherren, sowie Vorsitzende des Senats);
2. die Pr�toren, welche an der Spitze des Gerichtswesens standen;
3. die �dilen, welche die Polizei besorgten und die �ffentlichen Geb�ude
und Spiele beaufsichtigten;
4. die Qu�storen, welche die Staatskasse verwalteten. �
Eine au�erordentliche W�rdewar die Diktatur. Der Di ktatorwurde in gefahrvoller Zeit mit unumschr�nkter Gewalt auf 6 Monate an die Spitze des Staates gestellt.
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� 42.
Die Samniterkriege 343�290.
In drei Kriegen gegen die Samniter (denen sich K�mpfe mit den Latinern, Campanern, Etruskern 2C. anschl�ssen) eroberten die R�mer ganz Mittelitalien. Es war die Helden-zeit der R�mer und der entscheidende Kampf um die Herrschaft �ber Italien. Der erste Krieg brachte noch keine Entscheidung. Darauf folgte zun�chst der Latinerkrieg. In diesem f�r die R�mer besonders gef�hrlichen Kriege gab der Konsul Manlius Torqu�tus ein furchtbares Beispiel strenger Kriegszucht, indem er seinen eigenen siegreichen Sohn hinrichten lie�, weil er das Kriegs-gesetz verletzt hatte. In der Schlacht am Vesuv weihte sich der Konsul Decius Mus dem Tode, um seinem Heere den Sieg zu verschaffen. In dem darauffolgenden zweiten Samniterkrieg hatten die Samniter einen trefflichen Feldherrn an Gavius Pontius, welcher ein r�misches Heer in den caudinischcu Engp�ssen einschlo� und unter das Joch schickte. Aber doch siegten schlie�lich die R�mer auch in diesem Kriege. In dem dritten Samniterkrieg verbanden sich die meisten V�lker Italiens mit den Samnitern gegen die R�mer. In der Schlacht bei Sentinnm weihte sich der j�ngere Decius Mus dem Tode und verschaffte dadurch den R�mern den Sieg. Die Samniter mu�ten endlich ihren Widerstand aufgeben und sich mit den andern V�lkerschaften Mittelitaliens.den R�mern unterwerfen.
A 43.
Der Krieg gegen pyrrhus 280�275.
Daraus folgte ein Krieg mit der reichen Seehandelsstadt Tarent in Unteritalien. Den Tarentinern kam der kriegst�chtige K�nig Pyrrhus von Epir�s (in Nordgriechenland) zuhilse. Er be-280 siegte die R�mer durch seine Elefanten in der Schlacht bei Heraklea 280. Dann schickte er seinen beredten Gesandten Cineas mit Friedensantr�gen nach Rom; allein der r�mische Senat, der einer �Versammlung von K�nigen" glich, lehnte aus den Rat des alten blinden Appius Claudius (der an die altr�mische Sitte erinnerte, im Ungl�ck nicht zu verzagen) die Bedingungen des K�nigs ab. Den r�mischen Senator Fabricius vermochte Pyrrhus weder mit Gold zu bestechen, noch durch seinen riesigen Elefanten in Schrecken zu setzen. Zwar besiegte er die R�mer noch einmal
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in W Schlacht bei Ask�lum 279; aber dieser Sieg war durch 279 gewaltige Verluste erkauft, so da� Pyrrhus ausrief: �Noch ein solcher Sieg und ich bin verloren." Wegen dieser Verluste und �berw�ltigt durch den Edelmut des Fabricius, der ihm den Ver-gistungsanschlag seines Arztes entdeckte, gab dann Pyrrhus alle r�mischen Gefangenen ohne L�segeld frei, stellte den Kampf mit den R�mern ein und zog nach Sizilien ab. Doch nach drei Jahren kehrte er von dort nach Italien zur�ck, wurde aber von Curius Dentatus in der Schlacht bei Beneventnm 275 v�llig geschlagen, 275 so da� er Italien ans immer verlie�. Bald darauf ergab sich Tarent den R�mern, und seinem Falle folgte die Unterwerfung von ganz Unteritalien.
So erstreckte sich im Jahre 266 v. Chr. die Herrschaft der R�mer �ber ganz Italien (d. h. Mittel- und Unteritalien).
Fast ein halbes Jahrtausend war von der Gr�ndung Roms bis zur Eroberung Italiens vergangen./
II. Das Zeitalter der punischen Kriege.
(Vom ersten panischen Kriege bis auf die Gracchen
264�133.)
� 44.
Der erste panische Krieg 264�241.
1. Karthago. Nachdem die R�mer Italien ihrer Herrschaft unterworfen hatten, strebten sie auch nach dem Besitze der Insel Sizilien. Ein Teil dieser Insel stand damals unter der Herr-schast der Karthager, die auch Punier (d. i. Ph�nizier) hie�en,
weil sie von den Ph�niziern abstammten. Die ph�nizische F�rstin Dido hatte n�mlich (um 850 v. Chr.) die Stadt Karthago auf der Nordk�ste von Afrika gegr�ndet. Dieselbe war durch ihren Handel reich geworden und durch Gr�ndung von Kolonieen und Unterwerfung des afrikanischen K�stenlandes und mehrerer Inseln des Mittelmeeres zur ersten Seemacht emporgewachsen.
2. Der Krieg. Als die Karthager sich in der sizilischen Stadt Mess�na festzusetzen suchten, wurden die R�mer gegen sie zuHilfe gerufen. So entstand der erste punische Krieg. Um den Kampf gegen die seem�chtigen Karthager mit Erfolg f�hren zu k�nnen, bauten die R�mer (in 60 Tagen) eine Kriegsflotte. Mit dieser errang der Konsul Duilius vermittelst der Enterbr�cken den ersten
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Seesteg der R�mer bei Myl� (260). Der Konsul Regulus setzte nach einem neuen Siege zur See sogar nach Aftika �ber und bedrohte die Stadt Karthago, wurde aber geschlagen und gefangen genommen. Von den Karthagern sp�ter nach Rom gesandt, um den Frieden zu erwirken, riet Regulus den R�mern viel-mehr, den Krieg gegen den geschw�chten Feind fortzusetzen, und kehrte, seinem Eide treu, in die Gefangenschaft zur�ck. Da� er dort einen gewaltsamen Tod erlitten, wird f�lschlich berichtet. Der karthagische Feldherr Hamilkar Barkas k�mpfte dann noch l�ngere Zeit in Sizilien r�hmlich gegen die R�mer. Endlich aber entschied 241 der gro�e Seesieg bei den �gatischen Inseln 241 (westlich von Sizilien), welchen der r�mische Konsul Lutatius Cat�lus erk�mpfte, den ganzen Krieg: Sizilien wurde die erste r�mische Provinz.
Provinzen nannten die R�mer von nun an alle diejenigen L�nder, welche sie au�erhalb Italiens eroberten. Dieselben wurden anfangs durch be-sondere Pr�toren, sp�ter durch abgegangene Konsuln (Prokonsuln) und abge^ gangene Pr�toren (Propr�toren) verwaltet.
Nach Beendigung des ersten pnnischen Krieges bem�chtigten sich die R�mer auch der Inseln Sardinien und Korsika, welche nun eine weitere Provinz bildeten. Ferner besiegten sie die Gallier in Ober-italien und verwandelten deren Land in die Provinz Grallia cisalpina.
� 45.
Der zweite punische (hannibalische) Krieg 318�201. 1. Die Karthager in Spanien und der junge Hannibal.
Um sich f�r den Verlust von Sizilien zu entsch�digen, unterwarfen die Karthager unter Hamilkar Barkas und dessen Schwieger-s�hne Hasdr�bal, der ihm im Heeresbefehl folgte, einen gro�en Teil des silberreichen Spaniens, wo sie als St�tzpunkt ihrer Macht die Seestadt Neu-Karthago (Cartagena) gr�ndeten. Nach Hasdrubals Tode wurde Hamilkars Sohn, der sechsundzwanzig-j�hrige Hannibal, vom karthagischen Heere zum Oberfeldherrn aus-gerufen, ein Kriegsheld, dem in der Weltgeschichte nur sehr wenige sich vergleichen d�rfen.
Als neunj�hriger Knabe schon hatte er seine Vaterstadt Karthago ver-lassen, um seinen Vater, der das Heer nach Spanien f�hrte, auf seinen Feld-z�gen zu begleiten. Da, vor der Abreise, hatte ihn der Vater zu einem Altar gef�hrt und ihn im Angesichte der G�tter feierlich schw�ren lassen, da� er sein lebenlang ein Feind der R�mer sein wolle. Und Hannibal hat diesen Schwur gehalten. Im Kriegslager aufgewachsen, der Liebling des Heeres, das den jungen Mann felbst an seine Spitze berief, hat er bis zu feinem Ende das
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m�chtige Rom mit einer Ausdauer bek�mpft, die, unterst�tzt von einem un�ber-troffenen Feldherrntalent, den stolzen Feind mit Schrecken erf�llte und nicht minder zur Bewunderung fortri�. �Alles an ihm" � so berichten die ihn tief hassenden R�mer selbst � �alles verriet den angeborenen Herrscheradel. Wenn es galt, sich in die Gefahr zu st�rzen, war er ganz K�hnheit; in der Mitte der Gefahr verlie� ihn die Besonnenheit nie. Keine Anstrengung konnte seinen K�rper erm�den oder die Kraft seines Geistes l�hmen. Er war unempfindlich gegen Frost und Hitze und verschm�hte alle weichlichen Gen�sse. Leicht ertrug er Nachtwachen, Hunger und Durst. Mit seinen Soldaten teilte er jegliche Be-schwerde. Oft schlief er unter den Wachen im Kriegsrocke auf blo�er Erde. In seiner Kleidung war nichts Ausgezeichnetes; nur an den Waffen und dem Streitro� erkannte man den Feldherrn. Kam es zur Schlacht, so war er immer der erste, der ins Treffen ging, der letzte, der das Gefecht verlie�."
Zum Kriege gegen die R�mer entschlossen, griff er die spanische, mit Rom verb�ndete Stadt Sagnnt an und eroberte sie nach achtmonatlicher Belagerung. Da erkl�rten die R�mer an Karthago den Krieg.
Zun�chst forderten die r�mischen Gesandten, welche nach Karthago kamen, Hannibals Auslieferung. Die Karthager konnten sich nicht dazu entschlie�en. Da fa�te einer der Gesandten, des langen Redens und VerHandelns m�de, seine Toga in der Form eines Beutels zusammen und sprach: �Hier habe ich Krieg und Frieden; w�hlt das eine oder das andere." � �Gieb, was du willst," ant-werteten die Karthager. � �So sei es Krieg!" rief der R�mer und lie� die Toga auseinanderfallen.
2. Hannibals Siegeslauf. Hannibal beschlo�, die R�mer sofort in Italien selbst anzugreifen. Im Jahre 218 trat er daher mit einem Heere von 60,000 Mann und 37 Elefanten von Spanien aus den Zug �ber die Pyren�en und die Alpen (wahrscheinlich �ber den kleinen St. Bernhard) an. Es war ein bis dahin uner-h�rtes Unternehmen voll unerme�licher Beschwerden und Gefahren.
�ber die H�lfte des Heeres erlag den M�hsaleu des Marsches: mit nur 26,000 Mann und wenigen Elefanten kam Hannibal in Ober-Italien an. Doch besiegte er die R�mer sofort in einem Reiterkampf an dem Alpenflu� Ticinus, darauf in einer Schlacht am Flusse Treb ia 218. Dann r�ckte er �ber den Appennin in Mittelitalien 218 ein und schlug die Feinde zum dritten Male: am trasimenischen See (217). Die Niederlage der R�mer war eine vollst�ndige: die stolze Stadt zitterte vor dem gewaltigen Sieger; der Weg dahin stand ihm offen. Doch Hannibal wollte erst das �brige Italien von Rom abtr�nnig machen und auf seine Seite bringen, ehe er aus die Stadt selbst losging. Daher zog er der K�ste des adriatischen Meeres entlang in das s�dliche Italien, und die R�mer gewannen
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Zeit, ein neues Heer aufzustellen. Der Diktator Fabius Maxi-mus, an der Spitze desselben, folgte dem Karthager auf den An-h�hen hinziehend, und suchte als �Roms Schild" Hannibals Fortschritte zu hemmen, vermied aber vorsichtig jede offene Schlacht gegen den Gewaltigen, weshalb er den Beinamen Cunctator d. i. der Zauderer erhielt. Seine Nachfolger im Oberbefehle aber, die Konsuln �milius Paulus und Terentius Varro, wagten den Kamps: sie wurden in der gro�en Schlacht bei Cann� 216 von Hannibal g�nzlich geschlagen. Es war die entsetzlichste Nieder-l�ge, welche die R�mer jemals erlitten; ihr ganzes Heer bis auf einen geringen �berrest wurde vernichtet, 70,000 Erschlagene deckten das Schlachtfeld.
3. Die Zeit des schwankenden Kriegsgl�cks. Auch nach diesem gl�nzenden Siege hielt es Hannibal noch nicht f�r geraten, das wohlbefestigte Rom selbst anzugreifen; doch schl�ssen sich mehrere St�dte ihm an, unter ihnen das wichtige Capua (in der Landschaft Campanien), wo sein Heer Winterquartiere bezog. Dort ergaben sich die Truppen dem Wohlleben, soda� sie die bis-herige Kriegst�chtigkeit einb��ten. Auch konnte der Feldherr aus Karthago die Unterst�tzung an Geld und Mannschaft, deren sein durch so viele K�mpfe zusammengeschmolzenes Heer bedurfte, in ausreichendem Ma�e nicht erhalten. Die R�mer dagegen, auch irrt gr��ten Ungl�ck nicht verzagend, stellten stets neue Heere unter die Waffen. Ihr Feldherr Claudius Marcellus erwarb sich den Ehrennamen �das Schwert Roms", indem er in einigen Treffen mit Gl�ck gegen die Karthager k�mpfte. Dann ging er nach Sizilien hin�ber, wo die m�chtige Stadt Syrakus sich den Karthagern angeschlossen hatte. Der r�mische Feldherr begann die Belagerung der Stadt mit allem Nachdruck. Aber der ber�hmte Mathematiker Archimedes, der in Syrakus lebte, wu�te durch die von ihm erfundenen Maschinen lange Zeit jeden feindlichen Angriff zur�ckzuweisen, bis es endlich dem beharrlichen Marcellus gelang, durch einen unerwarteten �berfall in die Mauern einzudringen. Da fand auch der treffliche Archimedes seinen Tod. (�Zerst�re mir meine Kreise nicht!") � Im folgenden Jahre belagerten die R�mer auch die Stadt Capua. Um das r�mische Heer von der Belagerung abzulenken, machte nun endlich Hannibal einen Zug gegen Rom. Ein entsetzlicher Schrecken kam �ber die Bewohner der Stadt, und das Angstgeschrei: �Hannibal vor den Thoren!" erscholl durch
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alle Stra�en. Doch die Gefahr ging vor�ber: Hannibal hielt sein Heer nicht f�r stark genug, um die Stadt erfolgreich anzugreifen.
Dagegen fiel nun Capua in die H�nde der R�mer, die hiermit wieder die Oberhand in Italien gewannen. Hannibal zog sich nach S�ditalien zur�ck, wo er von Spanien her Hilfe erwartete.
4. Die letzten Kriegsereignisse; Scipio. Auch in Spanien hatten die R�mer und Karthager lange Zeit mit wechselndem Erfolg gegen einander gek�mpft. Zuletzt erlangten die R�mer durch den jungen P. Cornelius Seipio das �bergewicht. Der karthagische Feldherr Hasdr�bal verlie� Spanien, um sein Heer nach Italien seinem Bruder Hannibal als Verst�rkung zuzuf�hren. Aber ehe er diesen erreichen konnte, wurde er in Oberitalien von den R�mern besiegt und in der Schlacht get�tet (207). Sein blutiges Haupt lie� der siegreiche r�mische Feldherr dem Hannibal �ber den Wall ins Saget.
zuwerfen. Da rief der Held traurig aus: �Wehe, jetzt sehe ich Karthagos Schicksal entschieden." Er zog sich aus die �u�erste S�dspitze Italiens zur�ck, wo er sich nur durch sein Feldherrntalent gegen die seinem Heer an Zahl weit �berlegenen r�mischen Streit-kr�ste zu behaupten vermochte. Da verlegte Scipio, nachdem er das ganze karthagische Spanien der r�mischen Herrschaft unterworfen hatte, den Krieg nach Afrika. Hannibal wurde zum Schutze des bedrohten Karthago aus Italien zur�ckgerufen. Es kam zu der ent-scheidenden Schlacht bei Zama 202, in welcher Hannibal von 202 Scipio (der den Ehrennamen Asricanus erhielt) geschlagen wurde.
Im Frieden (201) mu�te Karthago 1. alle seine Besitzungen au�er- 201 halb Afrikas aufgeben, 2. seine Kriegsschiffe ausliefern, 3. eine gro�e Geldsumme (10,000 Talente d. i. 47 Mill. Mark) zahlen und 4. sich verpflichten, keinen Krieg ohne Erlaubnis der R�mer zu f�hren.
Hannibals Ende. Auch nach Karthagos Besiegung erschien Hannibal den R�mern noch gef�hrlich. Sie beschuldigten ihn, mit neuen Kriegspl�nen umzugehen, und forderten von den Karthagern seine Auslieferung. Da entfloh er nach Asten./- Aber auch dorthin verfolgte ihn der Ha� der R�mer. Als er endlich ihren Nachstellungen nicht mehr entgehen konnte, t�tete er sich durch Gift 183. In demselben Lahre starb auch Scivio Africanus. � or-
�ie Kriege im Osten.
Durch die Besiegung Karthagos war Rom die herrschende Macht im Westen geworden. Nun suchte es feine Herrschaft auch im Osten zu gr�nden.
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1. Im ersten macedonischen Kriege wurde K�nig Philipp II. besiegt und mu�te die Unabh�ngigkeit Griechenlands auerkennen.
2. In einem Kriege gegen den K�nig Anti�chus den Gro�en von Syrien wurde das westliche Kleinasien erobert und zun�chst den Verb�ndeten der R�mer, namentlich dem K�nig Eumenes von Pergamum, �berlassen.
, Unter dem folgenden syrischen K�nige Anti�chus Epiphanes fielen die // Juden ab und errangen ihre Unabh�ngigkeit (unter den Makkab�ern).
3. Im zweiten macedonischen Kriege wurde Macedouieu vollends bezwungen; Perseus, der letzte K�nig des Landes, wurde
168 in der Schlacht bei Pydna 168 (in Macedonien) von �milius Paulus (dem Sohne des bei Cann� gefallenen) besiegt und gefangen.
4. Durch den dritten macedonischen Krieg wurde Macedonien (146) in eine r�mische Provinz verwandelt.
5. Auch Griechenland wurde nach der Zerst�rung 146 Koriuths 146 durch Mummius der r�mischen Herrschaft unterworfen,
und unter dem Namen Achaja mit der Provinz Macedonia ver-bunden.
wurde durch Roms Eifersucht aus Karthagos Wiederemporbl�heu herbeigef�hrt. Unabl�ssig machte der alte Cato im r�mischen Senate die Meinung geltend, �Karthago m�sse zerst�rt werden". Auch durch Auslieferung ihrer Kriegsschiffe und Waffen konnten sich die Kar-thager den Frieden nicht erkaufen: die R�mer forderten sie auf, ihre Stadt zu verlassen und sich zwei Meilen von der See entfernt neu anzusiedeln. Als diese unerh�rte Zumutung verweigert wurde, begann der Krieg, der nach heldenm�tigem Widerstande der Kar-146 thager mit der Zerst�rung Karthagos 146 durch Scipio Africanus den J�ngeren endete. Das karthagische Gebiet wurde unter dem Namen Afrika r�mische Provinz.
In Spanien rief die harte und habs�chtige Verwaltung der r�mischen Statthalter viele Aufst�nde hervor. Endlich wurde das Land nach der Ein-n�hme Numantias (am Duero) durch den j�ngeren Scipio Africanus 133 der r�mischen Herrschaft unterworfen. � In demselben Jahre starb K�nig Attalus von Pergamum und vermachte in feinem Testament sein Reich den R�mern (Provinz Asia).
� 47.
Her dritte punische Krieg 149�146
� 75 �
III. Das Zeitalter der B�rgerkriege.
(Von den Gracchen bis zum Ende der Republik 133�80 v. Chr.).
� 48.
Die Gracchen.
1. R�mische Zust�nde. Die gewaltige, rasch fortschreitende Ausbreitung des r�mischen Reiches mu�te auch f�r Roms innere Zust�nde von wichtigen Folgen sein. Durch die Unterwerfung Griechenlands wurden die kriegerischen R�mer mit der hellenischen Bildung n�her bekannt: zahlreiche griechische Kunstwerke kamen nach Rom, griechische K�nstler, Dichter und Gelehrte siedelten sich dort an, und die vornehmen R�mer (insbesondere die hochverdienten Seipionen) gewannen mehr und mehr Neigung f�r Kunst und Wissenschaft. Allein die Anh�ufung ungeheurer Reicht�mer, die aus den Pro-vinzen nach Rom str�mten, verdr�ngte auch die altr�mische Sitten-strenge und erzeugte Habgier, Prachtliebe und Genu�sucht � Laster, welche einzelne M�nner, wie der strenge Cato, nur bek�mpfen, aber nicht ausrotten konnten. So wurde die Zerst�rung Karthagos � der Wendepunkt der Republik zum Verfall. Ein Jahrhundert voll innerer Unruhen und B�rgerkriege f�hrte sie ihrer Aufl�sung entgegen.
2. Die Optimalen. Gef�hrlich f�r den Staat wurde zu-n�chst die gro�e Ungleichheit seiner B�rger. Der alte Unter-schied zwischen Patriziern und Plebejern hatte zwar in Rom fast aufgeh�rt; allein es war allm�hlich ein anderer schroffer Gegensatz zwischen den vornehmen und reichen B�rgern, den sogenannten Optimaten (deren Vorfahren hohe Staats�mter bekleidet und durch Verwaltung der Provinzen gro�e Reicht�mer gesammelt hatten) und den immer mehr verarmenden niederen Klassen des Volkes ent-standen, die an jenen W�rden nicht teilnahmen.
3. Die Familie der Gracchen. Von einer der vornehmsten und angesehensten Optimatenfamilien ging der Versuch aus, die aus der eigenn�tzigen Parteiherrschaft der Optimaten herr�hrenden Mi�-st�nde zu beseitigen: es war die Familie der Gracchen. Die an-gesehenste r�mische Frau, Cornelia, die Tochter des �lteren Scipio Asrikanus (des Siegers von Zama), war mit Tiberius Gracchus verm�hlt gewesen, und hatte nach dem Tode ihres Gemahls
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sich ganz der Erziehung ihrer S�hne Tiberius und Gaius Gracchus gewidmet. Um diesen Pflichten besser gen�gen zu k�nnen, wies sie sogar die Werbung des �gyptischen K�nigs Ptolem�us zur�ck. � Als einst eine andere vornehme und reiche Frau sie besuchte, ihre kostbaren Schmucksachen zeigte und dann auch Cornelia nach ihren Schmucksachen fragte, sagte diese, aus ihre Kinder deutend: �Siehe, dies ist mein Schmuck."
4. Tiberius Gracchus. Als der �ltere Sohn, Tiberius Gracchus, erwachsen war, zeichnete er sich zuerst im spanischen Kriege aus. Dann aber lie� er sich, anstatt sich um die h�heren Staats-�mter zu bewerben, zum Volkstribunen erw�hlen, um sich so des unterdr�ckten Volkes annehmen zu k�nnen. Als Volkstribun setzte er 133 die Erneuerung des licinischen Gesetzes durch, nach welchem kein B�rger mehr als 500 Morgen Gemeindeland besitzen sollte. Das dadurch gewonnene Land und die Sch�tze des K�nigs Att�lus von Perg�mum, der den R�mern sein Reich vermacht hatte, sollten an die besitzlosen B�rger verteilt werden. Als das Volk den Tiberius auch s�r das folgende Jahr zum Tribunen erw�hlen wollte, wurde er bei einem Ausstande, den der Senat erregte, mit dreihundert seiner Anh�nger erschlagen.
5. Gaius Gracchus. Zehn Jahre sp�ter (123) erneuerte des Tiberius j�ngerer Bruder Gaius Gracchus das nicht vollst�ndig ausgef�hrte Ackergesetz und suchte durch Umgestaltung der Staatsverfassung die Macht des Senats zu schw�chen und die Herrschaft der Vornehmen zu st�rzen. Aber er sand (121) in einem Stra�en-kampse gegen die Senatspartei seinen Tod und mit ihm dreitausend seiner Partei.
1. Siege des Marius. Bald nach dem Untergange der Gracchen gelang es dem Gaius Marius, einem Manne, der aus einer armen Bauernsamilie stammte, durch seine Kriegst�chtig-keit sich zu den h�chsten Ehren emporzuschwingen. Einen Krieg 106 gegen Jugurtha, K�nig von Numidien (in Afrika), beendete er siegreich. Daraus wandte er sich gegen die Cimbcrn und Teutonen, wilde germanische V�lkerschaften, welche in das r�mische Reich eingefallen waren und mehrere r�mische Heere besiegt hatten: es waren die ersten K�mpfe der R�mer mit den Germanen. Die
� 49. Marius und Sulla.
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Cimbern waren aus dem Norden Deutschlands (der j�tischen Halb-infel) bis in die Ostalpen vorgedrungen und hatten ein r�misches 113 Heer, das ihnen entgegentrat, in der Schlacht bei Noreja 113 v. Chr. v. (im heutigen K�rnten) besiegt. Dann zogen sie gen Westen nach Gallien, dessen s�dlichsten Teil (Gallia Narbonensis) die R�mer vor kurzem unterworfen hatten, und schlugen dort noch mehrere r�mische Heere, so da� die furchtbare Angst des �cimbrischen Schreckens" �ber das stolze Rom kam. Ein anderer deutscher Stamm, die Teutonen, welche gleichfalls aus ihren Sitzen ausgewandert waren, schlo� sich den Cimbern in Gallien an. Beide drangen dann gegen Italien heran. Marius, als Feldherr gegen sie ausgesandt, wu�te seine zagenden Soldaten wieder zu ermutigen und an strenge Kriegszucht zu gew�hnen, und als nun die Teutonen (unter ihrem K�nig Teut�bod) aus dem s�dlichen Gallien in Italien einbrechen wollten, vernichtete er sie in der Schlacht bei Aqua Sexti� 102 (Aix in 102 der Provence). Dann wandte er sich nach Norditalien, wo die Cimbern �ber die Alpen eingedrungen waren. Er schlug auch diese in der m�rderischen Schlacht bei Vercell� (in Oberitalien) und rettete dadurch Rom aus der gr��ten Gesahr (�dritter Gr�nder Roms"). Als hierauf ein Krieg mit Mithrid�tes, K�nig von 88 Pontus (am Schwarzen Meere), ausbrach, forderte Marius den Ober-befehl in diesem Kampfe. Aber der Senat �bertrug die F�hrung des Krieges dem Konsul Sulla, der dem Stande der Vornehmen angeh�rte, w�hrend die Volkspartei den Marius zum Befehlshaber w�hlte. So kam es zwischen Marius und Sulla zum gg
2. ersten B�rgerkrieg 88�82. Sulla verjagte den Marius bis aus Rom und trat dann den Feldzug gegen Mithrid�tes an. Aber 82 bald darauf tehrte der (unter mancherlei Gefahren) nach Afrika ent-stohene Marius zur�ck, drang an der Spitze eines aus dem niedersten Volke gesammelten Heeres in Rom ein und lie� Sullas Anh�nger grausam verfolgen und morden. Er wurde zum siebenten Male zum Konsul gew�hlt, starb aber nach wenigen Tagen. Doch
der B�rgerkrieg dauerte fort.
3. Sullas Herrschast. Als Sulla aus dem Kriege mit Mithrid�tes siegreich nach Italien zur�ckkehrte, nahm er an der Partei des Marius furchtbare Rache. Er bem�chtigte sich der Stadt Rom, lie� seine Gegner �chten (Proskriptionen) und zu Tausenden hinschlachten, sich selbst aber als Diktator unumschr�nkte Herrschergewalt �bertragen, die er dazu benutzte, die Macht der
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Vornehmen zu st�rken. Nach wenigen Jahren legte er jedoch seine Diktatur freiwillig nieder und starb bald daraus auf seinem Land-gute. Wegen der gro�en Erfolge, die er errungen, hat er sich den Beinamen �der Gl�ckliche" beigelegt.
� 50.
Pomp ejus und C�sar.
1. Pompejus. Nachdem Tode Sullas wurde sein Anh�nger Pomp ejus der erste Mann in Rom. Er vernichtete die letzten Reste der Partei des Marius in Afrika, befreite in der kurzen Zeit von drei Monaten das Mittelmeer von den pl�ndernden See-r�ubern und besiegte den K�nig Mithridates in einem neuen
^-^rtege g�nzlich, so da� dieser sich selbst t�tete. Darauf unterwarf Pompejus in gl�nzendem Siegeszuge ganz Vorderasien bis zum Euphrat (namentlich auch Syrien) der r�mischen Herrschast. Ein unerh�rt prachtvoller, dreifacher Triumph belohnte seine Siege in drei Weltteilen (�ber 15 Reiche und 400 St�dte). � Die unter-
63 dessen durch die Verschw�rung Catilinas 63 bedrohte Stadt Rom wurde von dem Konsul und Redner Cicero gerettet.
2. Julius C�sar. Neben Pompejus schwang sich C. Julius C�sar zu hohem Ansehen empor. Geboren 100 v. Chr., aus altem patrizischem Geschlecht, doch als Neffe der Frau des Marius der marianischen Partei angeh�rend, war er von Sulla verfolgt, aber (�obgleich in ihm mehr als ein Marius steckte") auf die F�rbitte einflu�reicher Freunde begnadigt worden. Dann auf einer Reise nach der Insel Rhodus von Seer�ubern gefangen, kaufte er sich durch ein L�segeld von 50 Talenten frei und bestrafte seine R�uber (wie er ihnen gedroht) mit Kreuzigung. Als Qu�stor war er in Spanien (die Statue Alexanders d. Gr. in Gades); zu Rom gewann er als �dil das Volk durch pr�chtige Spiele, wurde Ober-priester (Pontisex maximus) und verwaltete dann als Statthalter die Provinz Spanien. Mit dem Ehrgeize zur�ckgekehrt, in Rom der erste Mann zu werden, verband er sich jetzt mit Pompejus und dem reichen Cr assus zu dem sogenannten ersten Triumvirat
60 (Dreim�nnerbund) im Jahre 60./ Die Triumvirn verteilten unter sich die Provinzen des r�mischen Reiches: Crassus ging nach Asien, wo er im Kampfe gegen die tapferen Parther umkam; Pompejus blieb in Rom und lie� seine Provinzen (Spanien) durch Stellver-treter verwalten; C�sar f�hrte einen r�hm- und erfolgreichen Krieg
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in Gallien. Er schlug die in Gallien eingedrungenen Germanen unter Ariovist (bei M�lhausen), besiegte die einzelnen gallischen V�lkerschaften, ging zweimal �ber den Rhein, setzte auch zweimal nach Britannien �ber und brachte ganz Gallien unter die Herrschaft der R�mer. Der Rhein wurde die Grenze zwischen der r�mischen Provinz Gallien und dem freien Germanien. Durch diese K�mpfe bildete er sich ein kriegsge�btes Heer, das seinem gro�en Feldherrn ganz ergeben war.
3. Der zweite B�rgerkrieg 49�45. Da wurde Pompejus eifers�chtig auf Casars Ruhm. Er lie� ihn durch den Senat auf-fordern, nach vollbrachter Eroberung Galliens sein Heer nunmehr zu entlassen. C�sar aber, diesen Befehl nicht achtend (�der W�rfel ist geworfen"), �berschritt den Rubiko, das Grenzfl��chen, welches die Provinz Gallia (cisalpina) von Italien trennte, und drang nach Rom vor, soda� Pompejus (der nicht, wie er geprahlt, �Legionen aus dem Boden stampfen" konnte) mit seinen Anh�ngern nach Griechenland floh. C�sar machte sich in zwei Monaten zum Herrn von Italien, folgte dann aber nicht seinem Gegner sofort nach Griechenland, sondern ging zun�chst nach Spanien, wo er des Pompejus �Heer ohne Feldherrn" schlug. Darauf kam es zum Entscheidungskampfe auf griechischem Boden. Dort, im Norden des Landes, folgte die gro�e Schlacht bei Phars�lus 48. C�sar ge- 48 wann (vorz�glich durch die Tapferkeit der deutschen Truppen, die in seinem Heere dienten) den Sieg �ber die zahlreichere Streitmacht des Gegners. Der geschlagene Pompejus fl�chtete sich nach �gypten, wo er in dem Kahn, der ihn von seinem Schiff an das Gestade bringen sollte, schmachvoll ermordet wurde. C�sar, der dem Be-siegten nach �gypten nachgeeilt war, errang hierauf noch eine gl�nzende Reihe weiterer Siege:
a. im alexandrinischen Kriege setzte er die von ihrem Bruder vertriebene Kleop�tra als K�nigin von �gypten (unter r�mischer Oberhoheit) ein;
b. darauf besiegte er des Mithrid�tes Sohn, Pharn�ces, der seines Vaters Reich wieder erobern wollte, so leicht und rasch, da� er nach Rom nur die Worte schrieb: �ich kam, ich sah, ich siegte" (47);
c. dann schlug er die Anh�nger der Republik in der Schlacht bei Thapsus in Afrika (Cato der J�ngere t�tete sich selbst in Utika, 46);
- 80 �
d. endlich �berwand er die S�hne des Pompejus bei Munda
in Spanien (45).
4. Casars Alleinherrschaft. So wurde C�sar, der in f�nf Triumphen seine Siege feierte, Herr des ganzen r�mischen Reiches (lebensl�nglicher Diktator und Imperator). Als Staatsmann gleich ausgezeichnet wie als Feldherr, �ein geborener Herrscher", regierte er einsichtsvoll, thatkr�ftig und milde und machte sich durch viele wohlth�tige Einrichtungen (wie die Einf�hrung des juli-anischen Kalenders ac.) verdient. Allein den Anh�ngern der Republik war feine Alleinherrfchaft verha�t: es bildete sich eine Verschw�rung unter Junius Brutus und Cassius gegen ihn, und als ihm f�r einen bevorstehenden Feldzug die K�nigsw�rde er-teilt werden sollte, wurde er in einer Sitzung des Senats, am Standbilde des Pompejus von 23 Dolchstichen getroffen, ermordet 44 15. M�rz 44./
� 51.
Octavianus und Antonius.
1. Der dritte B�rgerkrieg. C�sar hatte den Enkel seiner Schwester, den jungen Octavianus, zu seinem Erben eingesetzt. Dieser schlo� mit C�sars Feldherren Antonius und Lepldus das
43 zweite Triumvirat 43. Die Trinmvirn besiegten die Republikaner 42 Brutus und Cassius in der Schlacht bei Philippi (in Mace-donien) und teilten sich in die r�mischen Provinzen. Lepidus wurde jedoch bald verdr�ngt, und Octavianus herrschte nuu im Westen, Antonius im Osten des Reiches.
2. Ende der r�mischen Republik. Weil Antonius in �gypten durch unw�rdiges Leben die r�mische Ehre verletzte und r�mische Provinzen an die sch�ne K�nigin Kleopatra verschenkte, bewog Octavianus den Senat, ihn feiner W�rden zu entsetzen und der
31 Kleop�tra den Krieg zu erkl�ren. In der Seeschlacht bei Aetium (Vorgebirge in Griechenland) 31 wurden Antonius und Kleopatra besiegt und flohen nach �gypten. Als Octavian ihnen dorthin folgte, t�teten sie sich selbst. �gypten wurde r�mische Provinz, und Octavianus kehrte nun als Alleinherrscher, C�sar (Kaiser) Augustus, 30 nach Rom zur�ck 30. Der Republik folgte die Kaiferherrfchaft.
Beim �bergang der Republik in ein Kaisertum hatte das r�mische Reich eine ungeheuere Ausdehnung erlangt. Es umfa�te alle L�nder um das Mittell�ndische Meer herum: Spanien, Gallien, Italien, Jllyrien, Macedonien, Griechenland, Kleinasien, Syrien, �gypten, das Gebiet von Karthago, Numidien
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1. Wasserleitung,
& 10. Erajans-effnle.
L Basilika des (Konstantin.
Tskel IV.
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4
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� das Ganze mit 120 Millionen Einwohnern, 6000 bedeutenderen St�dten, unter denen die volkreichsten: Alexandria in �gypten, Antiochia in Syrien und vor allen Rom, die Welthauptstadt, mit P/2 Millionen Bewohnern, 400 Tempeln, vielen Pal�sten ic. Unerme�lich waren die Reicht�mer der Vor-nehmen, eines Lucullus, Crassus :c.: einzelne Familien hielten 10,000 Sklaven. Von ihrer Prachtliebe und Genu�sucht zeugen die Lucullischen Gastm�hler, die Fischteiche, Landh�user, Bilds�ulen und kostbaren Ger�te, die B�der, Renn-bahnen 2c. Diesen Reicht�mern gegen�ber war das niedere Volk immer mehr verarmt; der P�bel lebte von Getreideausteilungen und hatte nur Sinn f�r �ffentliche Spiele (namentlich Fechterspiele und Tierk�mpfe). Das Sitten-verderben wurde immer st�rker und allgemeiner.
� 52.
Die Kultur der R�mer bis zum Ende der Republik.
Wenn die Griechen durch ihre geistige Bildung unter den V�lkern des Altertums hervorragten, so waren die R�mer, wie ihre Geschichte gezeigt hat, das gr��te Herrschervolk. Kein anderes Volk hat so wie sie verstanden, einen Staat zu schaffen und gro� und m�chtig zu machen. Daher findet sich hier die vollkommenste Ausbildung des Kriegswesens, der Staatsverwaltung und der Rechtspflege. � Auch die Religion war wesentlich Staatsreligion, unter Leitung des Staates stehend und den Zwecken desselben dienend. Die r�mische Religion verband mit dem n�chternen Dienste heimischer Gottheiten (Janus � mit 2 Gesichtern, der Saatengott Saturn, der herdenbesch�tzende Faunus, die Laren und Penaten) die Verehrung griechischer G�tter (Jupiter, Mars, Juno, Minerva, Diana, Vesta). �
H�here geistige Bildung entwickelte sich erst sp�t und wurde nie Ge-meingut des Volkes, sondern blieb Eigentum der Vornehmeren. Erst als die R�mer in n�here Ber�hrung mit den Griechen kamen, namentlich seit der Er-oberung Griechenlands, reiften, zugleich mit dem beginnenden Verfalle der ein-fachen v�terlichen Religion und Sitte, allm�hlich K�nste und Wissenschaften heran. Doch blieben die Griechen unerreichte Vorbilder f�r die derberen weniger kunstfinnigen R�mer.
Was zun�chst die bildenden K�nste betrifft, so brachte die Baukunst schon in fr�her Zeit gewaltige Werke hervor, indem die R�mer den von den Etruskern �berkommenen Bogenbau zu gro�artigen praktischen Bauwerken, wie: Heerstra�en, Br�cken, Wasserleitungen (Aqu�dukte) verwendeten (s. Taf. IV, 1). Den Gew�lbebau bildeten die R�mer in 3 verschiedenen Systemen aus: Tonnen-gew�lbe, Kreuzgew�lbe und Kuppel. Als die R�mer dann die griechische Kunst kennen lernten, verband sich mit dem etruskischen Bogenbau der grie-chische S�ulen bau, in welcher Verbindung das Wesen'des r�mischen Bau-stiles besteht. Unter den 3 griechischen S�ulenordnungen bevorzugten die R�mer namentlich den korinthischen Stil. � Unter den verschiedenen Arten von Bau-werken sind folgende hervorzuheben: Die Tempel und die Th eater entsprachen tm wesentlichen den griechischen Vorbildern (f. Taf. IV, 2). Das Amphitheater, f�r die Gladiatoren- und Tierk�mpfe bestimmt, hat eine ovale Form; in der Mitte ist die arena (Kampsplatz), ringsherum die Zuschauersitze. Der Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. g
4
� 82 �
Cirkus (Rennbahn), f�r die Wagen- und Pferderennen bestimmt, bildet ein langes, schmales Rechteck, das an einer der kurzen Seiten abgerundet ist. Das Forum (Marktplatz) ist ein �ffentlicher Platz, von S�ulenhallen umgeben (s. Taf.IV, 6). Die Basilika (Gerichtshalle) bildet ein Rechteck, und ist der L�nge nach in 3 parallele R�ume (Schiffe) geteilt, die durch S�ulen getrennt sind; hinter dem Mittelraum ist ein halbkreisf�rmiger Ausbau (Apsis). Das r�mische Haus enth�lt folgende R�ume: vestibulum (Eingang), ostium (Gang), atrium (Hof), um dieses herum die Zimmer, dahinter das tablinum (Staatszimmer), dahinter das peristylium (S�ulenhof) mit dem viridarium (Garten); daneben der Speisesaal und die K�che. �
Die Bildnerei wurde wesentlich nach griechischen Mustern und von grie-chischen K�nstlern ge�bt. Die r�mische Kleidung ist der griechischen �hnlich und besteht aus den 2 Hauptst�cken: tunica (Untergewand) und toga (Obergewand).
Auf dem Gebiete der Dichtkunst sind nur die Kom�dien dichter Plautus und Terentius zu nennen.
Die Redekunst hatte in den letzten Zeiten der Republik ihren voll-endeten Meister in M. Tullius Cicero, von dessen Reden noch �ber f�nfzig auf uns gekommen find. Auch philosophische Schriften hat er verfa�t, in allen seinen Schriften umfassende wissenschaftliche Bildung und die h�chste Vollendung der sprachlichen Darstellung aufweisend, die je ein r�mischer Schrift-steller erreicht hat.
In der Geschichtschreibung haben sich Sallust (der den Krieg des Ju-gurtha und die Verschw�rung des Catilina schilderte) und C�sar (der seinen �gallischen Krieg" schmucklos, aber klar und lebendig erz�hlte) ausgezeichnet.
Dritte Periode.
Rom als Kaiserreich 30 v.�476 n. Chr.
(Ausgang der alten Welt und Anf�nge der christlich-germanischen Welt.)
I. R�mische Kaisergeschichte bis 324.
� 53.
/%aiht �mgustus.
1. Augustus 30 v. � 14 n. Chr. stellte nach der Verwir-rung der B�rgerkriege Ordnung und Frieden im Staate her (der Janustempel eine Zeit lang geschlossen), und da er kr�ftig und milde zugleich regierte, konnte seine Herrschaft als eine �gl�ckliche" gepriesen werden. Durch Prachtbauten (Pantheon, ein Rundbau mit Kuppel; Tas. IV, 4 und 11) versch�nerte er Rom, das sich aus einer Backsteinstadt in eine Marmorstadt umwandelte; die r�mische Litteratur hatte unter ihm ihr goldenes Zeit-
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alter (die Dichter Vergil, Horaz und Ovid der Geschichtschreiber Livius).
Vergil (der auch Hirtengedichte schrieb und den Landbau besang) hat in dem Heldengedichte ��neis" die Irrfahrten des �neas nach der Zerst�rung Trojas und seine Ansiedelung in Italien besungen und damit den Ursprung des glorreichen augustischen Kaiserhauses verherrlicht; Horaz hat Oden gedichtet und in Satiren und Episteln die Zust�nde seiner Zeit und die Leidenschaften und Thorheiten der Menschen mit geistreichem Witz und treffender Wahrheit ge-schildert; Ovid, der fruchtbarste und gewandteste r�mische Dichter, hat in seinem bekanntesten Werke: den �Metamorphosen" d. i. �Verwandlungen"
dieSagen der Mythenwelt in kunstreicher Verkn�pfung zusammengefa�t. Livius verfa�te eine Geschichte Roms vom Anfang bis auf seine Zeit.
2. Armin, Germaniens Befreier. Unter dem Kaiser Angustns begann dann der Eroberungskrieg der R�mer gegen Germanien. Des Kaisers Stiefsohn Drnsus unternahm drei Feldz�ge (12 � 9 v. Chr.), legte am Rhein eine betr�chtliche Reihe von Festungen an und drang bis an die Elbe vor, starb aber auf dem R�ckz�ge infolge eines Sturzes mit dem Pferde.
Sein Bruder Tiberius brachte weniger durch Waffengewalt, als durch Unterhandlung und List die westlichen Volksst�mme zwischen Rhein und Elbe zur Unterwerfung.
Bald darauf aber gl�ckte es den Germanen, sich von der Herr-schast der R�mer zu befreien. �Im Stamme der Cherusker" � so erz�hlt ein gleichzeitiger r�mischer Geschichtschreiber � �lebte damals ein J�ngling von vornehmem Geschlecht, tapferer Hand,
schnellem Sinn, gewandtem Geiste, mit Namen Arn�nius. Sohn eines F�rsten des Stammes, hatte er neben dem r�mischen B�rger-recht den Rang eines r�mischen Ritters inne." Dieser vereinigte mehrere germanische St�mme in der Stille zu einem Bunde, ver-leitete den durch Auflegung schwerer Steuern und Einf�hrung der r�mischen Rechtspflege und Sprache den Germanen verha�ten r�mischen Statthalter Varus durch die verabredete Emp�rung eines entfernt wohnenden germanischen Volkes zu einem Zuge durch den unwegsamen Teutoburger Wald und besiegte ihn dort g�nzlich 9 n. Chr.: die drei besten Legionen Roms, 27 000 Mann, wurden 9n.Chr. in dreit�giger Schlacht v�llig vernichtet; Varus t�tete sich selbst; Germanien bis zum Rheine ward wieder frei./
Germanicus, des Drnsus Sohn, drang auf mehreren Feld-z�gen wieder bis �ber die Weser siegreich vor, wurde aber, ohne die Unterwerfung Germaniens vollbracht zu haben (17 n. Chr.), vom Oberbefehle abberufen. Bei dem Triumphe, den er in Rom
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feierte, schritt Armins Gattin Thusnelda, die von den R�mern zur Gefangenen gemacht worden war, vor dem Wagen des Siegers her. Armin selbst fiel bald darauf (21 n. Chr.) in den Partei-k�mpfen seines Stammes durch Meuchelmord, erst 37 Jahre alt. Mit Recht wird er als �Germaniens Befreier" gepriesen.
3. Die F�lle der Zeit. Endlich f�llt unter die Regierung des Augustus das in seinen Folgen wichtigste Ereignis der Welt-geschichte: die Geburt Jesu Christi.
In bedeutsamer Weise trifft das Ende der r�mischen Republik und der Anfang des r�mischen Kaisertums zusammen mit dem Eintreten einer neuen geistigen Macht in die Geschichte, des jungen Christentums, und zugleich mit dem Eintritt des neuen jugendfrischen Volkes, das zum Tr�ger dieser neuen geistigen Macht bestimmt war, der Germanen.
� 54.
Die Kaiser ans dem Hause des Augustus 14�68.
1. Tiberius, des Augustus Stiefsohn, war ein kluger, aber argw�hnischer und finsterer Herrscher, der auf den Rat seines G�nstlings Sejanus, des Befehlhabers der Pr�torianer (kaiserliche Leibwache), sich zuletzt aus Rom in die Einsamkeit der Insel Capri zur�ckzog. Als aber Sejanus unter sch�ndlichen Un-thaten kund gab, da� er selbst nach dem Throne strebte, lie� ihn Tiberius hinrichten. Seitdem steigerte sich der Menschenha� des greisen Kaisers mehr und mehr zu blutd�rstiger Grausamkeit, die zu zahlreichen Hinrichtungen f�hrte. �V Unter die Regierung des Kaisers Tiberius f�llt der Tod Christi und die Gr�ndung der christlichen Kirche.
2. Caligula war ein verschwenderischer unsinniger Tyrann.
3. Claudius, ein Schw�chling, stand unter der Herrschaft seiner verworfenen Weiber Messalina und Agrippina, deren letztere ihn vergiftete.
Unter diesem Kaiser begannen die R�mer die Unterwerfung Britanniens.
/4. Nero lie� seine Mutter, seine Gattin, seinen Lehrer Se-neca und tausende der angesehensten R�mer ermorden. Die Schuld des ihm vom Volksgrimm zugeschriebenen Brandes von Rom schob er den unschuldigen Christen zu, die er dann mit den em-p�rendsten Martern verfolgte. Endlich erniedrigte er die kaiserliche Majest�t so tief, da� er selbst als Wagenlenker und Schauspieler vor dem Volke auftrat. Als endlich alles von dem unw�rdigen
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im 2^ Jahrhundert n.Chr. Geb. Ml: 18000.000
Milia passuum Rom.
Verlag von B. Voigtl&nder in Kreuznach.
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Kaiser abfiel, t�tete er sich selbst. Mit ihm erlosch das Haus des 68 Augustus./
/� 55.
Die Flavier (69�96).
1. Vespasianus. Auf Nero folgten nacheinander drei Kaiser, die von den Soldaten eingesetzt wurden und nur ein Jahr re-gierten. Dann (im Jahre 69) wurde der Feldherr Vespasianus zum Kaiser erhoben, ein einsichtsvoller und kr�ftiger Herrscher. Unter seine Regierung f�llt die Zerst�rung Jerusalems 70 durch seinen 70 Sohn Titus.
2. Titus wurde wegen seiner Menschenfreundlichkeit �die Liebe und Wonne des Menschengeschlechts" genannt. Das denk-w�rdigste Ereignis seiner nur zweij�hrigen Herrschaft war die Ver-sch�ttung der St�dte Pompeji und Herculanum durch einen Ausbruch des Vesuv (79)./
3. Domitianus, des Titus Bruder und Nachfolger, war ein verschwenderischer, grausamer Tyrann. Unter ihm wurde (durch Agric�la) Britannien zu einer r�mischen Provinz gemacht.
Von den Kaisern Vespasianus und Titus wurde das gro�e �flavische Amphitheater" (jetzt Coliseo oder Kolosseum) erbaut (Taf. IV, 6); ebenso r�hrt von Titus der ber�hmte Triumphbogen (zu Ehren des Sieges �ber die Juden � der Eroberung Jerusalems) her.
� 56.
�ie guten Kaiser (96�180).
Eine gl�ckliche Zeit hatte dann das r�mische Reich unter den f�nf Kaisern Nerva, Trajauus, Hadriauus, Autonwus Pius und Marcus Aurelms. Der hervorragendste derselben war Trajau (um d. I. 100), welcher durch siegreiche Feldz�ge die r�mische Herrschaft im Norden �ber die Donau, im Osten �ber den Euphrat und Tigris erweiterte, fo da� unter ihm das r�mische Reich seine gr��te Ausdehnung hatte. Der letzte dieser f�nf Kaiser, Marc Aurel, der wegen seiner Weisheit und Gelehr-samkeit �der Philosoph" genannt wurde, f�hrte l�ngere Zeit Krieg gegen die Markomannen, ein deutsches Volk an der Donau, und starb in Wien.
Unter Trajanus lebte der gro�e Geschichtschreiber Tacitus, welcher die r�mische Kaisergeschichte schrieb (Annalen und Historien); ferner schrieb er das f�r die �lteste Geschichte unseres Volkes so wichtige B�chlein �Germania" (��ber die Landesbeschaffenheit, Sitten und V�lker Germaniens").
� 86 �
Von Trajanus r�hrt auch die ber�hmte Trajanss�ule (zu Ehren seiner Siege �ber die Dacier) her (Taf. IV, 10); von Hadrianus das gro�e Mauso-leum Hadrians, jetzt Engelsburg (Taf. IV, 9).
� 57.
Der verfall des Reiches bis auf Konstantinus (180�324).
Unter einer langen Reihe gro�enteils grausamer und roher Kaiser geriet dann das Reich durch Sittenverderben, innere Kriege und Einf�lle deutscher V�lker mehr und mehr in Verfall. Die meisten dieser Kaiser wurden von den Soldaten, namentlich von der kaiserlichen Leibwache, den sogenannten Pr�torianern, ein- und abgesetzt. � Der Kaiser
Diokletian (seit 284) teilte, um das Reich besser sch�tzen zu k�nnen, die Regierung freiwillig mit mehreren Mitregenten.
Das Reich wurde in 4 Teile geteilt, �ber welche zwei eigent-liche Kaiser mit dem Titel Augustus, und zwei andere (zu Thron-folgern bestimmt) mit dem Titel C�sar regieren sollten. Auch f�hrte Diokletian ein strenges Hofceremoniell nach orientalischer Weise ein. Zuletzt legte er die Regierung freiwillig nieder. Die Teilung 4 des Reiches dauerte auch nach seiner Abdankung fort.
II. Die Germanen vor der V�lkerwanderung.
� 58.
Land und Volk.
(S. Karte VI.)
1. Das alte Deutschland. Die �ltesten Nachrichten �ber das Land und Volk der Deutschen haben wir von den R�mern er-halten. Sie nannten Germania das Land vom Rheine bis �ber die Weichsel hinaus und von der Donau bis zur Nord- und Ost-see. Das Land auf der linken Rheinseite bis zu den Vogesen, obwohl von germanischen V�lkerschaften bewohnt, wurde von ihnen zu Gallien gerechnet. Sie schildern Germanien als ein rauhes, gr��tenteils mit Wald bedecktes Land und heben namentlich den herzynischen Wald hervor, der sich � die vom Schwarzwald durch Mitteldeutschland bis zu den Karpathen reichenden Gebirge umfassend � 60 Tagereisen in die L�nge und 8 in die Breite er-streckte. Eine Menge Wild hauste im Dickicht der Urw�lder: Auerochsen, Elenntiere, B�ren, W�lfe, Eber 2C. Grasreiche Weiden
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n�hrten Rinder, Pferde und mancherlei Kleinvieh; Viehbesitz war des Deutschen einziger und liebster Reichtum. Die gew�hnliche Ackerfrucht war Hafer; auch Gerste, Roggen und Weizen wurden gebaut, R�ben, Rettiche und Flachs gezogen; edle Obstarten fehlten noch. (Das verbreiterte Obst war der Apfel.) St�dte gab es nicht im Lande, denn so enges Zusammenwohnen widerstrebte dem Volke; es lebte aus zerstreut liegenden H�sen und in D�rfern, deren H�user nicht aneinandersto�end Gassen bildeten, sondern, je von einem freien Platze umgeben, einzeln standen, roh aus unbehauenen Baum-stammen ausgef�hrt und mit Schindeln oder Stroh gedeckt.
2. Dic Germanen, in alter Zeit aus Hochasien eingewandert, ein Zweig der gro�en indo-europ�ischen V�lkersamilie, waren �ein nnvermischtes, reines, nur sich selbst �hnliches" Volk. Durch hohe, kraftvolle Gestalt, k�hn blickende blaue Augen und rotblondes Haar unterschieden sie sich von den s�dlicher wohnenden V�lkern. Der Name Germanen, der wahrscheinlich �Nachbarn" be-deutet, wurde ihnen in Gallien zuerst, dann von den R�mern beigelegt Der Name Deutsche ist erst um die Wende des 9. und 10. Jahrhunderts ausgekommen; bis dahin hatten sie selber keinen das ganze Volk umfassenden Namen, sondern nur Namen f�r die einzelnen V�lkerschaften, in welche sie zerfielen. Dieser V�lker-schasten gab es eine gro�e Menge. Unter ihnen ragten im west-lichen Deutschland hervor: die Cherusker an der Weser, die Katten in Hessen, die Sigambrer an der Ruhr, die Friesen in Holland; im Osten war der Stamm der Sueben ausgebreitet, zu welchem die Semnonen in Brandenburg, die Langobarden am linken Elbufer bei L�neburg, die Vandalen am Riesengebirge, die Goten an der Weichselm�ndung geh�rten.
� 59.
Lebensweise und Sitte.
Von hohem Werte sind die Berichte, welche zwei der gr��ten Meister der Geschichtschreibung, die R�mer C�sar (um 50 v. Chr.) und Tacitus (um 100 n. Chr.), von den Zust�nden des deutschen Volkes erstatten, als es zuerst in die Weltgeschichte eintritt. �ber Lebensweise und Sitte der Germanen lautet 1. Casars Bericht:
�Jagd und kriegerische �bung f�llt der Germanen Leben aus. Schon von klein auf gew�hnen sie sich deshalb an harte Strapazen und �ben
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ftd) m der Ausdauer. Zur Kleidung dienen ihnen Felle und kurze Pelzr�cke. Wemg besch�ftigen sie sich mit Ackerbau; der gr��ere Teil ihrer Nahrung be-steht in Milch, K�se und Fleisch. � An dem Gastfreunde sich zu vergreifen, d�nkt sie frevelhaft. Wer aus irgend einem Grunde zu ihnen kommt, den sch�tzen sie vor Unbill und halten ihn f�r unverletzlich. Alle H�user stehen ihm offen, und der Lebensunterhalt wird mit ihm geteilt. � Die Einfuhr von Wein dulden sie nicht, weil sie meinen, da� er den Menschen zum Ertragen von Strapazen unf�hig mache und verweichliche."
Ausf�hrlicher ist 2. Tacitus' Bericht:
"Die allgemeine Volkstracht der Germanen," so schreibt der ber�hmte Geschichtschreiber, �besteht in einem Mantel (aus Wollzeug), den eine Spange oder, wenn es daran fehlt, ein Dorn zusammenh�lt. Die Wohlhabenden zeichnen sich durch ein Gewand aus, das sich dem K�rper enger anschlie�t. Auch tr�gt man Felle wilder Tiere, an den Ufern des Rheines ohne sonderliche Aus-schm�ckung, weiter im Innern mit mehr Auswahl. Dort sucht man die Tier-art sorgf�ltig aus und verbr�mt die Felle mit buntgefleckten Pelzen von Tieren, die der ferne Ozean hervorbringt. Die Frau kleidet sich nicht viel anders, als der Mann: nur tr�gt sie h�ufiger ein leinenes Gewand, in das sie rote Streifen einwebt. Diefe Kleider haben keine �rmel; der Arm bleibt blo�."
�Einfach sind ihre Speisen: wildes Obst, frisches Wildbret und saure Milch; ohne Auswand, ohne Leckerbissen stillen sie den Hunger."
�Nicht so m��ig sind sie im Trinken. Sie bereiten ihr Getr�nk � das Vier � aus Gerste oder Weizen; die dem Rheine benachbarten St�mme kaufen auch Wein.
/,Jst der Germane nicht durch den Krieg in Anspruch genommen, so bringt er seine Zeit mit Jagd, wohl auch im M��iggang hin. Gerade die tapfersten und kampflustigsten M�nner liegen in tr�ger Ruhe da; die Haus-Wirtschaft, die Bestellung des Ackerfeldes ist den Frauen, den Alten und Schwachen der Familie �berlaffen. Sie selbst bleiben unth�tig.
�Gastfreundschaft pflegt kein Volk in ausgedehnterem Ma�e, als die Germanen. Irgend einem Menschen den Eintritt in das Haus zu verweigern, halten sie f�r gottlos. Nach bestem Verm�gen bewirtet ein jeder den Fremden. Ist der Vorrat ausgezehrt, so weist der, welcher eben den Wirt machte, dem Gastfreunde den Weg nach einem andern Hause und begleitet ihn dorthin. Un-geladen treten sie in den n�chstgelegenen Hof. Da finden fie den gleichen freund-lichen Empfang. Ob der Gast bekannt, ob er unbekannt ist, das Gastrecht macht keinen Unterschied. Beim Abschied tauscht man Gastgeschenke aus.
�H�ufig gehen die Germanen zum Gelag, bei dem sie stets mit Waffen erscheinen. Tag und Nacht fortzuzechen ist f�r keinen eine Schande. Da kommt es nat�rlich in der Trunkenheit oft zu Streitigkeiten, und man be-gn�gt sich dann nicht mit Scheltworten; manchmal geht es bis zu Blutvergie�en und Totschlag weiter. Doch auch �ber Wiederauss�hnung von Feinden, �ber Ankn�pfung ehelicher Verbindungen, �ber die Wahl von F�rsten, �ber Frieden endlich und Krieg pflegt man beim Gelage zu beraten, gleich als wenn nie sonst der Mensch so treuherzig gestimmt und f�higer w�re, sich f�r gro�e Gedanken
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zu erw�rmen. Ohne Arglist, in unbefangener Heiterkeit erschlie�en sich da die Geheimnisse der Brust; offenkundig wird eines jeden Meinung. Doch am Tage darauf wird in neuer Beratung noch einmal n�chternen Mutes gepr�ft, was bei der Fr�hlichkeit des Mahles verabredet war, damit kein wichtiger Beschlu� ohne reifliche �berlegung gefa�t werde.
�Bei ihren geselligen Versammlungen erg�tzen sie sich am Schwerttanz, dem einzigen Schauspiel, das sie kennen. J�nglinge tummeln sich dazwischen drohend aufgepflanzten Schwertern und Lanzen kecken Mutes herum, um ihre �bung und Gewandtheit zu zeigen. Dem W�rfelspiel sind sie mit solcher Leidenschaft ergeben, da� sie, wenn alles verloren ist, auf den letzten ver-zweifelten Wurf ihre pers�nliche Freiheit setzen. Der Verlierende ergie�t sich in die freiwillige Knechtschaft, l��t sich binden und verkaufen. So gro� ist auch in einer schlechten Sache ihre Beharrlichkeit; sie selber nennen es Treue.
�Vorz�gliches Lob unter den Sitten der Germanen verdient ihre Heilig-Haltung der Ehe. Vielweiberei ist bei ihnen unzul�ssig. Mitgift bringt nicht die Frau dem Manne, sondern der Mann der Frau zu: Geschenke, nicht auf die weibliche Eitelkeit berechnet oder zum Schmuck f�r die junge Gattin be-stimmt, sondern es sind Rinder, ein gez�umtes Ro�, ein Schild nebst Speer und Schwert. So wird das Weib schon an der Schwelle des Ehestandes er-innert, sie komme zu dem Manne als Genossin in Arbeit und Gefahr, die in Krieg und Frieden fein Schicksal und seinen Wagemut zu teilen habe. Dies k�ndet das Stierpaar, das kampfger�stete Ro� und das Waffengeschenk an. In diesem Geiste soll sie leben und sterben. So ist die Frau �berall des Mannes treue Gef�hrtin. Auch bei der Schlacht ist sie in seiner N�he, und die K�mpfenden h�ren den Zuruf ihrer Weiber, deren Zeugnis ihnen als das heiligste, deren Lob als das gr��te gilt. Manchmal haben Frauen schon wankende und zum R�ckz�ge geneigte Schlachtreihen durch ihr Flehen wieder zum Stehen gebracht und zur Ausdauer ermutigt, indem sie auf die drohende Gefangenschaft hinwiesen, die den Germanen als ein doppelt unertr�gliches �bel erscheint, wenn es ihre Frauen gilt. Ja, etwas Heiliges sehen sie in den Frauen und schreiben ihnen Prophetengabe zu; daher sie ihren Rat nicht ver-schm�hen und ihre Ausspr�che nicht unbeachtet lassen."
So �u�ert sich der gro�e r�mische Geschichtschreiber �ber der alten Germanen Lebensweise und Sitten. Sie waren ein noch rohes, aber naturkr�ftig gesundes, edles Volk, von dem er r�hmen darf: �Gute Sitten verm�gen bei ihnen mehr, als anderswo gute Gesetze."
� 60.
Religion und Verfassung.
1. Die G�tter^). Der G�tterglaube der Germanen ging von der Naturbetrachtung aus und spiegelte wie die Gem�tstiefe,
') Vergl. �Walhall". Germanische G�tter- und Heldensagen. Von Felix und Therese
Dahn. 8. und 9. Aufl. Jllustr. geb. 10 M. Bildlose Ausg. geb. 6 M. Leipzig, Verlag von R. Voigtl�nder.
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so das kampfbewegte Leben des Volkes ab. Die gewaltigen Natur-m�chte, vor allen die Leben und Segen spendende Sonne und die fruchtbringende Erde, ferner die unbezwingliche Heldenkraft, die in den Schlachten den Sieg erk�mpft, � das waren des Volkes Gottheiten. Als h�chster Gott wurde der Wind - und Sturmgott Wuotan (Odin) verehrt, der Gott der alldurchdringen-den Luft, der Allvater und Weltlenker, der jeglichen Segen spendet, namentlich das h�chste der G�ter, den Sieg in der Schlacht, ver-leiht. Er thront in Walhall auf goldenem Hochfitz; zwei Raben auf feinen Achseln fl�stern ihm Kunde vom Stande der Welt ins Ohr, zu seinen F��en strecken sich zwei W�lfe. Das ganze Weltall �berschaut der Gott von diesem Hochfitz aus, nichts entgeht feinem Blick. Wenn er �ber die Erde hinf�hrt, ist er in einen blauen (Wolken-) Mantel geh�llt und tr�gt einen breitrandigen Hut auf dem Haupt. In den Kampf reitet er als K�nig und Anf�hrer der G�tter (Afen) und Helden auf achtf��igem Schlachtro�, in goldstrahlendem Panzer, mit goldenem Helm geschm�ckt, den Sieges-speer schwingend, der alle Feinde niederstreckt. Wuotans Sohn war Donar (Thor), der rotb�rtige Donnergott, der auf einem mit B�cken bespannten Wagen in der Gewitterwolke dahinrollt und mit seinem Steinhammer den einschlagenden Blitz wie den befruchtenden Regen herniederfendet. Als der dritte der gro�en G�tter galt Ziu (Tyr), der einarmige Kriegs- und Schwertgott. Ein anderer Sohn Wuotans ist der jugendlich sch�ne Lichtgott Baldur, der aber auf Anstiften des b�fert Gottes Loki get�tet wird. Unter den G�ttinnen waren Frigg, Wuotans Gemahlin, die G�ttin der Ehe, und Freya, die G�ttin des Fr�hlings und der Liebe, die angesehensten. Als alln�hrende, m�tterliche Gottheit wurde Ner-thus gefeiert, die G�ttin der Erde. Auf einem Eiland im n�rd-lichen Meere, berichtet Tacitus, lag ein stiller Hain, dessen uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. In dem Haine stand ein geweihter Wagen, mit T�chern �berdeckt. Zu gewissen Zeiten, wahrscheinlich beim Beginn des Fr�hlings, wenn die Erde zu neuem Leben erwacht, kam die G�ttin dorthin. Dann fuhr der Wagen, mit geweihten K�hen bespannt, von Priestern geleitet, in feierlichem Zuge durch das Land. Das waren festliche Tage f�r alles Volk: da ruhten die Waffen, eingeschlossen ward alle Eisen-wehr; da herrschte nur Friede und Freude. Nach vollbrachtem Umzug kehrte der G�tterwagen nach dem heiligen Haine zur�ck.
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wurde in dem See gewaschen, und die G�ttin verschwand wieder von der Erde. � Au�er den h�heren G�ttern werden auch Halb-g�tter genannt, ferner Naturgeister: Riesen und Zwerge, Nixen, Lichtelfen und Schwarzelfen 2c. � Dereinst wird die ganze alte G�tterwelt nebst der Erde durch die �G�tterd�mmerung" untergehen; aber ans dem Weltbrande wird ein neues G�ttergeschlecht und eine neue sch�nere Welt hervorgehen.
2. Der G�tterdienst fand auf Berggipfeln, an Seen und Quellen, namentlich aber in dem geheimnisvollen Dunkel der Haine und W�lder statt. Dort, unter alten, geheiligten B�umen brachte man Pferde, die liebsten Tiere, ja wohl auch Menschen als Opfer dar; dort betete man, den Blick gen Himmel gekehrt, zu der un-sichtbaren Gottheit. Den Willen der G�tter verk�ndeten Priester und weise Frauen aus dem Wiehern heiliger Rosse, dem Vogelflug und den Runen (d. i. Zeichen, die man in St�bchen von Baumzweigen eingeritzt hatte). Tempel und G�tterbilder hatten die Deutschen nicht; die G�tter erschienen ihnen zu erhaben, um in Geb�uden von Menschenh�nden wohnen zu k�nnen oder in menschlicher Gestalt abgebildet zu werden. An ein zuk�nftiges Leben glaubten sie fester, als irgend ein heidnisches Volk. Darum kannten sie keine Todesfurcht. Wurden doch die im Kampfe gefallenen Helden von den Walk�ren, den Schildjungfrauen Wuotans, nach der Himmelsburg Walhall emporgetrageu, wo sie alles in F�lle fanden, was sie auf Erden begl�ckte: unanfh�r-liche Heldenk�mpfe, fr�hliche Jagden, festliche Schmausereien. Die Feigen freilich und die Gottlosen waren von Walhalls Freuden ausgeschlossen; sie kamen in das schaurige unterirdische Reich der Hel, die H�lle, und mu�ten dort in ewiger Finsternis schmachten.
Die Hauptquelle f�r die germanische Mythologie ist die Edda, eine Sammlung alter G�tter- und Heldenlieder (die �ltere c. 1100, auf Island, geschrieben).
3. Staats- und Kriegswesen. Die alten Germanen waren ein Volk der Freien: ausgedehnt war die Selbst�ndigkeit und das Recht der einzelnen Volksgenossen, �die Freiheit ein ger-manisches Gut". Neben den Gemeinsreien gab es Edelinge (Adel), die durch altber�hmtes Geschlecht und Reichtum hervorragten, aber keinen bevorrechteten Stand bildeten. Nicht zum Volke geh�rten und rechtlos waren die Unfreien, meist Kriegsgefangene, die als (leibeigene) Knechte einem Herrn dienten. � Aus der Ver-
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einigung mehrerer benachbarter Familien entstand eine Gemeinde; mehrere Gemeinden bildeten einen Gau. Gemeinsame Angelegen-heitert beriet und entschied die Volksgemeinde, zu der alle Freien zu bestimmten Zeiten, bei Neumond oder Vollmond, im Waffenschmuck zusammentraten. An der Spitze der Gaue standen die F�rsten (Vorsteher), die aus den angesehensten und erfahren-sten M�nnern gew�hlt wurden. F�r den Krieg wurde der tapferste der F�rsten zum Heerf�hrer oder Herzog erhoben. Bei einigen St�mmen gab es auch K�nige, die aus den durch gro�en Grund-besitz und alten Heldenruhm hervorragenden Geschlechtern durch Erhebung aus den Schild erkoren wurden. An einem allgemei-nen Kriege mu�te jeder wehrf�hige freie Mann teilnehmen; das Aufgebot aller Wehrhaften hie� Heerbann. Auf einzelnen Waffen-fahrten begleitete den H�uptling ein Gefolge von J�nglingen, die durch ein enges Band der Treue auf Tod und Leben mit ihm vereinigt waren.
� 61.
Beziehungen der R�mer;u den Germanen.
1. Zwei Jahrhunderte friedlichen Verkehrs. Seit der Schlacht im Teutoburger Walde wagten die R�mer es nicht mehr, die Eroberung des freien Germaniens zu versuchen. Nur im S�dwesten �berschritt die Herrschaft der R�mer die Grenzfl�sse Rhein und Donau durch die Gr�n-duug der sogenannten Zehnt lande, zu deren Schutz gegen die Ger-manen sie einen befestigten Grenzwall, den Pfah lgraben, anlegten, der 60 Meilen lang von der oberen Donau (bei Regensburg) bis zur Lahnm�ndung sich erstreckte (f. Karte VI). Hier entwickelte sich allm�h-lich ein lebhafter friedlicher Verkehr zwischen R�mern und Germanen, und hier machte sich zuerst der Einflu� der r�mischen Kultur geltend. Namentlich brachten die R�mer dahin den Weinbau, und wo sie warme Quellen fanden, legten sie B�der an (Baden-Baden, Badenweiler, Wiesbaden). Auch erwuchsen aus den r�mischen Stand-lagern an der Grenze des R�merreichs gegen Germanien die �ltesten St�dte auf dem Boden Deutschlands, und zwar am linken User des Rheines (Konstanz, Stra�burg, Mainz, Koblenz, K�ln, Trier, Aachen) und auf der rechten Seite (oder s�dlich) der Donau (Augsburg, Regensburg, Wien). Auch traten immer h�ufiger germanische J�nglinge in r�mische Kriegsdienste und lernten hier r�mische Sprache, Bildung und Kriegskunst. Fast 2 Jahrhunderte dauerte dieser (im ganzen) friedliche Verkehr. Als aber dann der Verfall
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des r�mischen Reiches eintrat, begannen (seit Marc Aurel) die Angriffskriege der Germanen gegen das r�mische Reich. Um diese Kriege aber mit Erfolg f�hren zu k�nnen, mu�ten die zahllosen kleinen germanischen V�lkerschaften aus ihrer Vereinzelung heraustreten und sich zu gr��eren und st�rkeren Vereinigungen zu-sammenschlie�en. So entstanden im dritten Jahrhundert unter den deutschen St�mmen namentlich vier
2. V�lkerb�ndnisse. Dieselben sind:
a. die Alemannen am Oberrhein,
b. die Franken am Niederrhein,
c. die Sachsen zwischen Niederrhein und Elbe,
d. die Goten im Osten Deutschlands.
Diese V�lkervereine machten fortw�hrend Einf�lle in das r�-mische Reich. Vorz�glich m�chtig wurden die Goten, die ihre Herrschaft bis zum Schwarzen Meere und zum Don ausbreiteten. Sie teilten sich in die Westgoten und die Ostgoten. Durch ihren Zusammensto� mit den Hunnen kam es dann zu der gro�en V�lkerwanderung.
III. Die christliche Kirche der drei ersten Jahrhunderte, und das christliche R�merreich.
� 62.
Die christliche Kirche der drei ersten Jahrhunderte.
1. Ausbreitung des Christentums. W�hrend der Staat der Juden mit der Zerst�rung Jerusalems (70) unterging, machte die Ausbreitung des Christentums schnelle Fortschritte. Bald war dasselbe �ber das ganze r�mische Reich verbreitet. Seine ersten Bekenner gewann das Christentum nicht unter den Vorneh-men und Gebildeten, sondern in den niederen St�nden des Volkes; aber Sklaven und Frauen brachten es bald in alle Klassen der Gesellschaft.
2. Christliches Leben. Die Bruderliebe hob die Scheidung von Stand und Rang, namentlich wurde durch das Christentum die Sklaverei allm�hlich beseitigt. Im Gegensatz gegen die heidnische Genu�sucht war die Sitte einfach und streng; mehr und mehr entwickelte sich die Vorliebe f�r ein Leben der Entsagung; der ehelose Stand begann f�r verdienstlich geachtet und bei den Geistlichen zur immer allgemeineren Regel zu werden. Aus dieser Richtung des Zeitalters ging, zun�chst im Morgenlande, das M�nch tum hervor, dessen Begr�nder der �gypter Antonius (um 300) wurde.
8. Kultus. Der Gottesdienst bestand im Vorlesen der heiligen Schrift,
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in Predigt, gemeinsamem Gebet, Gesang und Abendmahlsfeier. Das anf�nglich mit der letzteren verbundene Liebesmahl h�rte allm�hlich auf. Als gottes-dienstlicher Tag erhielt der Auserstehungstag des Herrn, der Sonntag, den Vorzug vor dem Sonnabend, dem Sabbat der Juden. Als hohe Jahresfeste wurden am fr�hesten das Osterfest und das Pfingstfest begangen, denen sich bald das Weihnachtsfest anschlo�. Die Feste waren zugleich Tauf-zeiten der Neubekehrten, die in wei�en Gew�ndern erschienen. Die Todes-tage der M�rtyrer feierte man als Geburtstage �ber deren Gr�bern. An die Stelle der urspr�nglichen Versammlungss�le, die man in den Zeiten der Verfolgung wohl mit Katakomben vertauschen mu�te, traten seit dem dritten Jahrhundert Kirchen, welche im Stile der Basiliken (Taf. IV, 7; V, 1) erbaut wurden.
4. Die christliche Lehre. Als Grundlage ihrer Lehre hatte die christ-liche Kirche von Ansang an die Predigt der Apostel von Christus, dem Heiland. Die Schriften der Evangelisten und Apostel wurden im Neuen Testament zusammengefa�t. Als kurze Summa der Hauptlehren des Evan-geliums entstand das apostolische Glaubensbekenntnis. Gegen�ber den Irrlehren, welche die christliche Wahrheit zu entstellen drohten, wurde die Kirchenlehre an gelehrten Schulen allm�hlich wissenschaftlich entwickelt.
5. Kirchenverfassung. Die Verfassung der christlichen Kirche in der Zeit der Apostel war sehr einfach. An der Spitze der gesamten Gemeinden standen als Begr�nder des Christentums die Apostel; die Gemeindeglieder waren untereinander gleich, nur die mannigfache Verteilung der Gaben des heiligen Geistes brachte Unterschiede unter ihnen hervor. Die wirklichen Gemeinde�mter bildeten sich aus dem Bed�rfnis nach dem Vorbilde der j�dischen Synagoge. Jeder Gemeinde wurden �lteste (Presbyter) als Leiter vorgesetzt, f�r die Pflege der Armen und Kranken Diener (Diakonen) bestellt.� In der nachapostolischen Zeit schl�ssen sich die Kirchenbeamten mehr und mehr zu einem festen, immer reicher gegliederten Stande zusammen, der sich als Klerus von der Menge der Gemeindeglieder, den Laien, sonderte. Unter dem Klerus selbst aber erhob sich der B i s ch o s (Aufseher), der als Stell-Vertreter und Nachfolger der Apostel angesehen und geehrt wurde. Die Bisch�se der Hauptst�dte der Provinzen erlangten den Vorrang vor den �brigen; die hervorragendsten Bischofssitze waren die gro�en St�dte des Reiches, Alex an dria, Antiochia und vor allen die Weltstadt Rom als �Sitz des Apostelf�rsten Petrus". Diese Entwicklung der Kirchenverfassung war bedingt durch die Zeit-Verh�ltnisse. Je mehr unter den mancherlei Verfolgungen die Kirche in ihrem Dasein gef�hrdet war. je mehr auch in ihr selber Irrlehren aufkamen und Sektenwesen sie mit Spaltungen bedrohte, desto st�rker trat das Bed�rfnis der festen Zusammenf�gung und Einheit aller Gemeinden hervor: es bildete sich die eine allgemeine � katholische � Kirche.
6. Christenvcrfolgungen. �ie Verfolgungen des Christentums im r�mischen Reiche gingen teils vom Volke aus, das die Christen f�r Gottesleugner hielt, teils von der Obrigkeit, welcher die neue Religion als staatsgef�hrlich galt. Man z�hlt derselben zehn, die schwerste war die letzte: unter Diokletian.
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� 63.
Das christliche R�merreich.
1. Kaiser Konstantinus � Sieg des Christentums. Nach der Abdankung Diokletians hatte das Reich eine Zeit lang sechs Herrscher. Unter diesen befand sich
Konstantinus der Gro�e, der alle seine Mitkaiser verdr�ngte 324 und sich zum Alleinherrscher des Reiches (324) machte. Er verlegte die Residenz von Rom nach der Stadt Byzanz am Bosp�rus, welche nach ihm Konstantinopel, d. i. Konstan-tinsstadt, genannt wurde. Mit ihm gelangte das Christentum zum Siege �ber das Heidentum. Schon fr�her dem Christentum g�nstig, erlie� er nach der Besiegung seines Mitkaisers Maxentius (312), welchen Sieg er dem Zeichen des Kreuzes (�in diesem wirst du siegen") zuschrieb, ein Gesetz, das den Christen freie Religions-�bung gew�hrte. Als er nach der Besiegung seiner Mitkaiser Herr des gesamten r�mischen Reiches geworden war, erhob er das Christen-tum zur Staatsreligion 324 und berief die erste allgemeine Kirchenversammlung (Konzil, Synode) nach Nic�a.
Das Konzil zu Nic�a 325. Auf dieser Kirchenversammlung wurde ein Streit, der in der Kirche �ber die Person Christi entstanden war, entschieden. Der Presbyter Arius zu Alexandria hatte n�mlich die Behauptung aufgestellt, da� der Sohn Gottes dem Vater zwar wesens�hnlich, doch nicht wesens-gleich sei. Aber vorz�glich auf Betreiben des Athanasius, der bald darauf Bischof zu Alexandria wurde, verwarf nun die Versammlung der Bisch�fe zu Nic�a die Meinung des'Arius und stellte in dem nic�ischen Glaubens-bekenntnis als Kirchenlehre fest, da� der Sohn Gottes gleichen Wesens mit dem Vater sei. Dennoch dauerte der einmal erregte Streit in der Kirche noch lange fort und hatte mancherlei Verwirrung und Zerr�ttung im Gefolge. �berhaupt nahm die Kirche seit ihrem �u�eren Siege an innerer Kraft und Lauterkeit ab, da die maffenhaften �bertritte zum Christentum, welche seit Konstantin erfolgten, viel unreines Wesen in die Kirche brachten. � Der Kaiser selbst befleckte sich durch einzelne Handlungen der Grausamkeit. Die Taufe empfing er erst kurz vor seinem Tode (337). � Von Konstantin r�hrt der Konstantinsbogen her (Tas. IV, 3).
2. Konstantins Nachfolger. Nach Konstantins Tode teilten sich seine drei S�hne in das Reich; zuletzt wurde einer derselben, Konstantins, Herr des Ganzen. Dessen Nachfolger, Julianus der Abtr�nnige, suchte das Heidentum wieder zur Herrschaft zu bringen. Aber der Versuch mi�lang. Nach 20monatlicher Re-gierung fiel der Kaiser in einer Schlacht. Nach Julian herrschten wieder chriftliche Kaiser: im Westen Valentinian I., im Osten
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ftin Bruder Valens. Unter diesem Kaiser begann die gro�e V�lkerwanderung.
IV. Die V�lkerwanderung (bis 476).
� 64.
Die Hunnen.
Die Hunnen waren ein wildes Nomadenvolk mongolischen Stammes aus Mittelasien. Von abschreckender H��lichkeit, schienen sie - so berichten die alten Schriftsteller - mehr zweibeinigen Bestien, als Menschen zu gleichen. Sie waren von kleiner Gestalt, aber festem, starkknochigem K�rperbau, ihr Kopf dick, der fleischige Hals zwischen den Schultern wie vergraben, die Stirn kurz, die Nase wie gequetscht, der Mund breit, die Gesichtsfarbe schmutzig-gelb, die Augen klein und tiefliegend, die schwarzen Augenbrauen schr�g und sehr d�nn. Sie lebten von wilden Wurzeln und von Fleisch, das sie nicht kochten, sondern wie einen Sattel aufs Pferd legten und durch einen t�chtigen Ritt m�rbe machten. Feste Wohnsitze kannten sie nicht; nie kamen sie unter ein Dach; nicht einmal Rohrh�tten gab es bei ihnen. Unst�t schweiften sie von Kindes-beinen an im Freien, in Bergen und W�ldern umher und lernten Hitze und K�lte, Hunger und Durst ertragen. Ihre Kleider waren leinene Kittel oder zusammengef�gte Felle von Waldm�usen; den Kopf bedeckten sie mit Pelzkappen; die Beine umwickelten sie mit Bocksfellen. Von ihren kleinen, struppigen aber ausdauernden Pferden waren sie unzertrennlich; sie a�en, tranken und schliefen darauf. Ihre Weiber und Kinder f�hrten sie in Karren mit sich. Krieg war ihre gr��te Lust. Mit schrecklichem Geheul begannen sie die Schlacht; ohne Ordnung, aber mit der Schnelligkeit des Falken und mit der Wut des L�wen st�rzten sie sich auf den Feind. Wich er ihren Pfeilen und S�belhieben aus, so warfen sie ihm Schlingen um den Hals und schleppten ihn mit sich fort. Nichts kam ihrer Raubsucht und Grausamkeit gleich. So zogen sie jetzt pl�ndernd, sengend und mordend von Land zu Land und trieben die V�lker vor sich her.
Jtn Jahre 375 brachen sie �ber die Wolga her in Europa ein und warfen sich dann auf die Ostgoten. Der 110j�hrige Ost-gotenk�nig Hermanarich wurde in der Schlacht besiegt und gab sich, da er seinen alten Kriegsruhm und das Ungl�ck seines Volkes
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nicht �berleben mochte, selbst den Tod; die Ostgoten mu�ten sich den Hunnen unterwerfen.
� 65.
Die Westgoten, Kaiser Theodolms, Al�rich.
1. Die Schlacht bei Adrianopel 378. Westlich von den Ost-goten, im Norden von der unteren Donau, hatten die Westgoten, die gro�enteils schon Christen waren, ihre Sitze. Au�erstande, den herandr�ngenden Hunnen Widerstand zu leisten, erbaten sie sich von dem r�mischen Kaiser Valens Land und versprachen daf�r Hilfleistung in Kriegsgefahr. Ihr Verlangen wurde gew�hrt; sie erhielten Aufnahme auf der rechten Donauseite. Aber nicht wie freie M�nner, sondern wie elende Knechte von den r�mischen Be-amten behandelt, erhoben sie einen Aufstand und besiegten in der blutigen Schlacht bei Adrianopel 378 das Heer des Valens, der 378 bei der Flucht ums Leben kam. Des Valens Nachfolger, der Kaiser Theodosius, machte Frieden mit ihnen und gab ihnen
als Bundesgenossen der R�mer Wohnsitze s�dlich von der unteren Donau.
Der westgotische (manische) Bischof Ulfilas (-f-381) �bersetzte die Bibel ins Gotische. Ein Teil dieser �bersetzung (�der silberne Codex" in Upsala) ist erhalten und bildet das �lteste schriftliche Denkmal der deutschen Sprache.
2. Theodosius der Gro�e. Der Kaiser Theodosius vereinigte noch einmal � zum letzten Mal � das ganze r�mische Reich unter seiner Herrschaft. Er vernichtete das Heidentum, in-dem er den G�tterdienst streng untersagte und die G�ttertempel zerst�rte. Vor seinem Tode verordnete Theodosius die Teilung des Reiches 395 unter seine S�hne Arkadius, der das Morgen- 395 land, und Honorius, der das Abendland erhielt. Diese Teilung blieb bestehen: es gab von nun an ein ostr�misches (griechisches) und ein westr�misches Reich.
3. Al�rich. Des Theodosius Sohn, der ostr�mische Kaiser Arkadius, bewog dann die Westgoten, unter ihrem jugendlichen K�nig Al�rich nach Italien zu ziehen. Anf�nglich von den west-r�mischen Heeren zur�ckgeschlagen, erschien Al�rich von neuem, be-lagerte Rom dreimal, erst�rmte und pl�nderte die Stadt. Dann r�ckte er weiter nach S�ditalien, um nach Sizilien und Nordafrika �berzusetzen. Allein bei Cosenza am Busento wurde der junge Held vom Tode ereilt 410: im Bette des abgeleiteten Fl��chens 410 erhielt er seine Grabst�tte.
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 7
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4. Das Westgotenreich in Spanien. Nach Al�richs Tode zogen die Westgoten aus Unteritalien nach Gallien, wo nun s�dlich von der Loire das Westgotische Reich mit der Hauptstadt Toulouse gegr�ndet wurde, das sich auch �ber Spanien ans-breitete.
� 66.
Die vandalen, Burgunder, Franken und Angelsachsen.
1. Die Vandalen. Au�er den Westgoten kamen noch andere germanische V�lker nach Spanien gezogen, namentlich die Van-dalen. Dieselben gingen jedoch bald von dort unter ihrem K�nige 429 Geiserich 429 nach Nordafrika hin�ber, wo das Vandalenreich mit der Hauptstadt Karthago ein Jahrhundert lang bestand.
Auch Gallien wurde von deutschen St�mmen in Besitz ge-nommen. Neben den Westgoten im S�dwesten, breiteten sich im s�d�stlichen Gallien die Burgunder, in Nordgallien die Franken ans. 449 2. Die Angelsachsen. Um das Jahr 449 zogen Angeln und Sachsen von der deutschen Nordseek�ste nach Britannien und stifteten dort sieben kleine Reiche, welche sp�ter zu dem K�nigreich England (Angelland) vereinigt wurden. � Die Britten wichen immer weiter nach Westen (Wales) zur�ck.
� 67.
Attila, der Hunnenk�nig.
1. Attilas Person und Hofhalt. Nach der Bezwingung der Ostgoten hatten die Hunnen ihre Herrschaft �ber viele deutsche St�mme ausgebreitet: ihr K�nig Attila (in der Sage Etzel ge-nannt) gebot �ber ein Reich, das von der Wolga bis in das Innere von Deutschland reichte. Dieser m�chtige Herrscher war als echter Hunne von Gestalt klein und h��lich. Aber an dem stolzen Gang, dem strengen Blick, der w�rdevollen Haltung erkannte man alsobald den gewaltigen Gebieter. Ein Haufe von K�nigen und F�rsten unterjochter V�lker umgab ihn; sie erschienen wie seine Diener, zitterten bei seinen Winken und eilten, seine Befehle zu voll-ziehen. Um sich her liebte er die Pracht: seine G�ste a�en aus goldenen und silbernen Gef��en; er selbst duldete auf seiner Tafel nur h�lzerne Sch�sseln und war in Speise, Kleidung und Pferde-schmuck h�chst einfach. Bei Gastm�hlern h�rte er gerne Gesang und heiteren Scherz; doch verlor er dabei nie den strengen Ernst.
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Sein Wohnsitz lag in Ungarn zwischen der Thei� und der Donau.
Dort erhob sich in einem sehr gro�en Dorfe sein Palast, wie die andern H�user nur aus Holz erbaut, doch mit weiten Hallen um-geben und pr�chtig ausgestattet. Von hier aus verbreiteten seine Befehle Schrecken �ber ferne Nationen. Wenn er sein Schwert in die Erde stie�, sagte man, h�tten hundert V�lker gebebt und Rom und Konstantinopel in ihren Grundvesten gezittert. Er selbst nannte sich Godegisil, d. i. Gottesgei�el. Und alles Land, das er be-trat, erfuhr es, da� er wirklich eine Gei�el Gottes, eine Zuchtrute der V�lker war.
2. Die Hunnenschlacht 451. Um seine Herrschaft auch �ber 451 Westeuropa auszudehnen, brach er mit seiner Streitmacht von mehr
als einer halben Million Kriegern aus Ungarn auf und drang,
alles vor sich niederwerfend, donauaufw�rts durch Deutschland �ber den Rhein in Gallien ein. Dort traten die vereinigten Heere der R�mer, Westgoten und Franken dem Weltst�rmer entgegen. In der ungeheuren Schlacht auf den katalaunischen Feldern an der Marne (zwischen Chalons und Troyes) 451 wurde Attila geschlagen und zum R�ckz�ge nach Ungarn gen�tigt.
3. Attilas Ende. Im folgenden Jahre unternahm Attila einen Raubzug nach Italien. Oberitalien fiel in seine H�nde und wurde furchtbar verw�stet. Viele Bewohner des Landes fl�chteten in die Lagunen des adriatischen Meeres und legten dort den Grund zu der stolzen Jnselstadt Venedig. Das erschreckte Rom bat durch eine Gesandtschaft, an deren Spitze der Papst Leo I. der Gro�e stand, den Hunnenk�nig um Schonung. Er lie� sich zum Frieden mit den R�mern bewegen und f�hrte sein von Seuchen heimgesuchtes Heer nach Ungarn zur�ck. Dort starb er 454, von den Hunnen in ihrem Leichengesang gepriesen als �der Vater seines Volkes, die Gei�el seiner Feinde, der Schrecken des Erdballs". Nach seinem Tode l�ste sich das gewaltige Reich auf; die unterjochten V�lker, wie namentlich die Ostgoten, machten sich wieder frei, und die Hunnen verschwanden allm�hlich aus Europa.
� 68.
Antergang des westr�mischen Reiches.
Kaum war Rom vor den Hunnen gerettet, so kam von der entgegengesetzten Seite das Verderben �ber die Stadt. Der Van-dalenk�nig Geiserich landete an der Tiberm�ndung, eroberte
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bie Stabt Rom unb gab biefelbe einer 14t�gigen Pl�nberung preis (455). � Balb barauf w�rbe auch bas westr�mische Reich, bas zuletzt nur noch auf Italien beschr�nkt war, von feinem Schick-fal ereilt Die letzten r�mischen Kaiser hatten nur noch mit Hilfe ihrer germanischen Solbtruppen ihre Herrfchaft behaupten k�nnen. Daburch gerieten sie aber ganz in Abh�ngigkeit von ben F�hrern biefer Solbtruppen, welche zuletzt nach Belieben bie Kaiser ein-unb absetzten. Enblich geschah es, ba� Odoaker, ein Anf�hrer beutscher Hilfstruppen im r�mischen Heere, ben letzten Kaiser, Romulus Augustulus, entthronte unb Italien unter feine eigene Herrschaft brachte. Das war bas
476 Ende des westr�mischen Reiches 476.
Zweiter Teil.
Das Mittelalter.
Vom Untergang des westr�mischen Reiches bis zur Reformation 476�1517.
Die Geschichte des Mittelalters umfa�t:
1. die Zeiten des Frankenreiches;
2. die Geschichte des Deutschen Reiches bis zur Refor-mation.
Erstes Kapitel.
Die Zeilen des Frankenreiches
(476-843).
I. Die Zeit der Merowmger 476�751.
� 69.
Chlodwig, der Gr�nder des Frankenreiches.
1. Chlodwig, der Merowmger 481�511. W�hrend zur 481 Zeit der V�lkerwanderung viele deutsche V�lker in fremden L�ndern Reiche gr�ndeten, die keinen dauernden Bestand hatten, blieben die Franken in ihren Sitzen am Niederrhein, breiteten sich aber von hier immer weiter gen Westen �ber Gallien aus, das nach ihnen Frankreich genannt wurde. K�nig Chlodwig, aus dem Geschlecht der Merowmger, war der Gr�nder ihres m�chtigen Reiches. Durch den Sieg bei Soissons 486 (�ber den r�- 486 mischen Statthalter Syagrius) eroberte er den letzten Rest r�mischer Herrschast in Gallien und dehnte das Reich bis zur Loire aus. Darauf besiegte er die Alemannen in der Schlacht
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496 bei Z�lpich (?) 496 und empfing dann, wie er vor dem Siege gelobt hatte, mit seinem Gefolge die christliche Tause, die der Bischof Remigius zu Rheims an ihm unter den Worten vollzog: �Beuge in Demut deinen Nacken; bete an was du verbrannt, verbrenne was du angebetet hast." Indem er seine Verwandten ver-r�terisch ermordete, vereinigte er die verschiedenen St�mme der Franken zu einem Reiche.
W�hrend die anderen germanischen St�mme, wie namentlich die Goten, dem arianifchen Bekenntnis Beitraten, bekannte sich Chlodwig mit seinen Franken zum athanasianischen oder katholischen Glauben (daher der Titel �allerchristlichster K�nig"). Da auch die fr�here (gallisch-r�mische) Bev�lkerung diesen Glauben bekannte, so wurde dadurch die Verschmelzung der Franken mit der fr�heren Bev�lkerung wesentlich erleichtert. ^
� 70.
Theodorich der Gro�e, Grunder des Ostgotenreichs.
Durch den griechischen Kaiser bewogen, zog Theod�rich, der K�nig der Ostgoten, nach Italien, besiegte den Odoaker in drei Schlachten und t�tete ihn. An die Stelle von Odoakers Reich trat nun in Italien das ostgotische Reich mit der Hauptstadt 493 Ravenna 493. Unter der langen kr�ftigen und friedlichen Re-gierung Theodorichs gelangte dasselbe rasch zu hoher Bl�te.
Doch verhinderte hier die religi�se Verschiedenheit, indem die R�mer katholisch, die Gizten aber Arianer waren, die Verschmelzung der beiden V�lker zu einem Volke.
Theodorich der Ostgote lebt in der deutschen Heldensage fort als �Dietrich von Bern".
� 71.
Resultat der V�lkerwanderung.
(�bersicht der germanischen Reiche um 500 n. Chr.)
So hatte nun die V�lkerwanderung dazu gef�hrt, da� gegen Ende des 5. Jahrhunderts n. Chr. s�mtliche Provinzen des ehe-maligen westr�mischen Reiches in den H�nden der Germanen waren, w�hrend das ostr�mische Reich noch fortbestand. In das durch die Wanderz�ge der Germanen entv�lkerte �stliche Deutschland (bis zur Elbe und dem B�hmerwold) waren slavische (oder wendische) St�mme nachger�ckt.
�bersicht der germanischen Reiche c. 500 n. Chr. (s. Karte VII):
1. In Spanien und im s�dwestlichen Gallien (bis zur Loire): das Reich der
Westgoten. (Daneben im nordwestlichen Spanien noch das Reich der
Sueven, das sich aber bald mit dem westgotischen Reich vereinigte.)
2. Im s�d�stlichen Gallien (an der Rhone): das Reich der B urgunder.
GERMANISCH E REICHE,
m �as Jahr 500 n.Chr
Z�lpich
�al�7771A,
Verlag von K. VolgtUnder in Kreuznach.
Zink�tzung und Druck von Rudolf Lo�, in Leipzig.
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3. Im n�rdlichen Gallien und westlichen Deutschland: das Reich der Fr a nken. (Daneben an den K�sten der Nordsee: die Friesen und Sachsen noch un-abh�ngig.)
4. Im mittleren Deutschland (�stlich von den Franken): das Reich der Th�ringer (ein Mischvolk aus verschiedenen suevischen V�lkerschaften).
6. Im �stlichen Deutschland (am linken Ufer der Donau): das Reich der Langobarden, und weiter �stlich (in Ungarn): das Reich der Gep iben.
6. In Italien, ben Donauprovinzen (s�blich von ber Donau) und Jllyrien: bas Reich ber Ostgoten.
7. In Norbafrika: bas Reich ber Vanbalen.
8. Im �stlichen Britannien: bie Reiche ber Angelsachsen. (Daneben im westlichen Britannien bie Britten noch unabh�ngig.)
� 72.
Chlodwigs Nachfolger.
Chlodwig selbst hatte noch wenige Jahre vor seinem Tode einen siegreichen Kriegszug gegen die Westgoten ausgef�hrt und ihnen das Land zwischen der Loire und Garonne abgenommen. Seine S�hne, unter welche nach seinem Tode das Reich geteilt wurde, vergr��erten dasselbe noch mehr, indem sie auch Burgund und Th�ringen unterwarfen. Nun reichte das Frankenreich von dem englischen Kanal bis zu den Alpen, und von der Garonne bis zur Elbe (s. auf Karte VII die rote Grenzlinie). � Durch immer wiederholte Teilungen und durch greuelvolle Bruderkriege wurde aber sp�ter die Macht der Merowinger geschw�cht. Doch bildete sich w�hrend dieser Zeit eine neue eigent�mliche Staatsordnung aus: das Lehnswesen.
� 73.
Das Lehnswefen.
Wie burch bie Einf�hrung bes Christentums bie alten Sitten ber germanischen V�lker allm�hlich umgebilbet w�rben, so ver�nberte sich burch ihre Ausbreitung �ber frembe L�nber auch ihre urspr�ngliche Verfassung. Die in ihren Sitzen gebliebenen St�mme (bie Sachsen, Friesen, Th�ringer :c.) hielten zwar an ihren alten Einrichtungen noch fest; in ben durch Eroberungen gegr�ndeten germanischen Reichen dagegen entwickelte sich ein neues Staatsleben, dessen Grundlage das Lehens- oder Feudalwesen war. Das eroberte Land wurde n�mlich so geteilt, da� der K�nig einen Teil als Eigentum f�r sich behielt, einen zweiten feinem Gefolge gab und den dritten den Besiegten gegen Zinsabgaben lie�. Aus dem Gefolge bekam jeder einzelne fein Loos als freies erbliches Eigentum � Allod. Von feinem Gute verlieh dann der K�nig wieder St�cke zur Nutznie�ung an einzelne feiner �Getreuen". Ein solches
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St�ck hie� Lehnsgut oder Feod, der es gab: Lehnsherr, der es empfing: Lehnsmann oder Vasall. Der Vasall mu�te dem Lehnsherrn, dem er durch den Lehnseid gelobte, �allzeit treu, hold und gew�rtig" zu sein, im Kriege und bei Hose dienen (Hof�mter). Hierdurch erh�hte sich einerseits des K�nigs Macht, andererseits gelangten die Vasallen zu gr��erem Ansehen, als die andern Freien durch ihr blo�es Allod besa�en. Viele Freie �bertrugen daher ihre Allodien an m�chtige Lehnsherren, um sie von diesen als Lehen wieder zur�ckzuerhalten. Die gro�en Lehnstr�ger aber ahmten das Beispiel des K�nigs nach und ver-liehen ihre Lehen teilweise wieder an andere, um sich ebenfalls getreue Dienst-leute zu schassen. Diese Untervasallen waren demnach dem K�nig mittelbar durch ihre Lehnsherren verbunden. Sie bildeten sp�ter den niedern, letztere den h�hern Lehnsadel. Auf diesem Lehnswesen, das durch die Franken nachher auch in Deutschland aufkam, beruhte im Mittelalter die ganze Staatsverfassung.
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Das griechische Kaiserreich.
Kaiser Justinian I. Als ein Rest aus dem Altertum bestand neben den neugegr�ndeten Reichen der germanischen V�lker noch das morgenl�ndische R�merreich oder das griechische (byzantinische) Kaisertum. Es hatte sich gegen die von au�en andringenden V�lker (Hunnen, Goten ac.) erhalten, obgleich es auch im Innern durch heftige Parteik�mpfe und sittliche Entartung ge-schw�cht war. Unter dem Kaiser Justinian I. (c. 555) hatte es sogar noch einmal eine Zeit des Glanzes. Er besch�tzte die n�rd-lichen Grenzen gegen die Einf�lle barbarischer V�lker und wehrte den Andrang der m�chtigen Perser (unter Kosru I.) ab. Er konnte es sogar unternehmen, die dem r�mischen Reiche durch die V�lkerwanderung entrissenen Provinzen wieder zur�ckzugewinnen. So schickte er zuerst seinen Feldherrn Belisar gegen das Van-dalenreich aus. Der letzte K�nig dieses Reiches, Gelinter, wurde besiegt und gesangen nach Konstantinopel gebracht; das Gebiet des Vandalenreichs (die ehemalige Provinz Afrika) wurde eine Provinz des ostr�mischen Reiches (534). Sodann wurde der sieg-reiche Belisar auch gegen das Ostgoten reich ausgesandt, das uach dem Tode Theodorichs des Gro�en in Zerr�ttung geraten war. Belisar eroberte zuerst Rom und dann auch Ravenna, wo der Gotenk�nig Vitiges (Wittich) gefangen genommen wurde. Dann aber wurde er von dem Kaiser abberufen. Die Ostgoten w�hlten sich einen neuen K�nig, Totilas, der den gr��ten Teil Italiens zur�ckeroberte. Gegen ihn wurde der ostr�mische Feldherr Narses gesandt. Dieser besiegte den Totilas, der in tapferem Kampfe den
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Tod fand. Noch einmal w�hlten sich die Ostgoten einen K�nig, Tejas, der in einem letzten Heldenkampfe am Vesuv erlag. So fand das Ostgotenreich und das Volk der Ostgoten seinen Unter gang, und auch Italien wurde eine Provinz des griechischen Kaiser-reiches 555.
Justinian sorgte auch f�r die Gesetzgebung durch Sammlung der r�mischen Gesetze, erbaute die Sophienkirche in Konstantinopel (Tas. V, 3) und verpflanzte den Seidenbau nach Europa.^
� 75.
Das Reich der Langobarden 568.
Die Griechen herrschten �ber das ganze Italien nur 13 Jahre:
denn 568 drangen (angeblich von dem ostr�mischen Statthalter 568 Narses eingeladen) die Langobarden, welche das Gepiden-reich erobert hatten, unter Alb�in in Italien ein und unterwarfen zun�chst Oberitalien, wo sie das Langobardenreich (Lombardei) mit der Hauptstadt Pavia gr�ndeten. Dann eroberten sie auch noch einen gro�en Teil von Mittelitalien. Aber durch das fr�hzeitige gewaltsame Ende Alboins, der auf Anstiften seiner Gemahlin (Rosamunde) ermordet wurde, geriet der langobardische Siegeslauf ins Stocken. Die Langobarden brachten es nie dahin, das ganze Italien zu unterwerfen. Namentlich die wichtigen Hauptst�dte Rom und Ravenna mit ihrem Gebiet, sowie die K�sten Unter-Italiens verblieben unter der Herrschaft des ostr�mischen Reiches und bildeten das �Exarchat Ravenna".
Infolge dieser Verh�ltnisse wurde der r�mische Bischof oder �Papst"
(rote er etroa von dieser Zeit an genannt wurde) thats�chlich fast ganz unab-� h�ngig von jeder weltlichen Macht. � Mit dem gro�en Gregor I., der zu dieser Zeit (c. 600) Papst war, beginnt die von da an immer mehr wachsende Macht des Papsttums.
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Mohammed und der Islam.
1. Mohammed. W�hrend das Christentum sich unter den germanischen V�lkern ausbreitete, wurden seiner Herrschaft, namentlich im Morgenlande, viele L�nder durch eine neue Religion wieder entrissen, die rasch zu ungeheurer Ausbreitung gelangte. Der Stifter dieser Religion war Mohammed, der (fr�her Kaufmann) zu Mekka in Arabien als gottgesandter Prophet auftrat. An-
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s�nglich von seinen Landsleuten verfolgt, gewann er nach seiner 622 Flucht nach Medina (Hedschra) begeisterte Anh�nger, eroberte Mekka und unterwarf nach und nach ganz Arabien seiner Religion und Herrschaft.
Die Anh�nger dieser Lehre, des Islam (gl�ubige Hingabe in Allahs Willen), hei�en Moslem in (Gl�ubige), ihr heiliges Buch ist der (nach Moham-meds Tod gesammelte) Koran (Schrift). Die wichtigsten Lehren und Ge-setze find: Ein Gott, dessen Prophet Mohammed; Paradies und H�lle (mit sinnlichen Farben ausgeschm�ckt); unab�nderliche Vorherbestimmung; t�glich f�nfmaliges Gebet, Gottesdienst am Freitag in den Moscheen, Fasten und Al-mosen (�Beten f�hrt auf halbem Wege zu Gott, Fasten bis an die Th�re seines Hauses, Almosen �ffnet die Pforte"), Wallfahrten nach der Kaaba in Mekka, Krieg f�r den Glauben; Verbot des Weines, Gestattung der Vielweiberei.
2. Die Kalifen, die Nachfolger des Propheten, dehnten ihre Herrschaft und Mohammeds Lehre bald weit �ber die Grenzen Arabiens aus.
Schon unter dem zweiten Kalifen, dem gewaltigen Omar, wurde Syrien nebst Pal�stina, sowie �gypten dem ostr�mischen Reiche entriffen, dann auch das ganze neuperfifche Reich (der Saffaniden) erobert. Unter den folgenden Kalifen (den Omajaden) wurde die Residenz von Medina nach Damaskus ver-legt, und eine Arabische Seemacht gegr�ndet. Auch die Nordk�ste von Afrika, das Gebiet des ehemaligen Vandalenreiches, wurde nun von den Arabern er-obert; diese verbanden sich hier mit den Ureinwohnern, den Mauren, weshalb die Araber im Abendlande dann selbst Mauren genannt wurden.
Von Afrika setzte der arabische Feldherr Tarik �ber die Meerenge (welche mm Stra�e von Gibraltar, d. i. Berg des Tarik, genannt wurde) nach Spanien �ber. Durch den Sieg 711 �ber die Westgoten bei Xerez de la Frontera 711 wurde das Westgotenreich zerst�rt, und Spanien der arabischen Herr-schast unterworfen.
Der �berrest des Westgoten - Volkes zog sich in die n�rdlichen Gebirge' Spaniens zur�ck und gr�ndete dort das kleine christliche K�nigreich Asturien.
Von Spanien aus bedrohten nun die Araber bereits das Frankenreich.
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Das Frankenreich unter den letzten Merowingern, � die Hausmeier.
Die merowingifchen K�nige entarteten immer tiefer und sanken in Schw�che und Verachtung. Da kam die Regierungsgewalt in die H�nde der Hausmeier.
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Die Hausmeier (Majores domus) waren die Vorsteher des k�niglichen Haus- und Hofwesens und die Anf�hrer des Lehns-Heeres. Unter ihnen wurde vorz�glich Pippin von Heristall (um 700) m�chtig, der sich Herzog und F�rst der Franken nannte. Ihm folgte in der Hausmeierw�rde sein Sohn Karl Martell (der Hammer). Derselbe rettete ganz Europa aus einer gro�en Gefahr, indem er die aus Spanien eingedrungenen Araber in der gewal- ^ tigen Schlacht bei Tours und Poitiers 732 zur�ckschlug. Karls 732 Sohn Pippin der Kleine entsetzte mit Zustimmung des Papstes den letzten Merowinger Childerich III., der nur dem Namen nach K�nig war, seiner W�rde, schickte ihn in ein Kloster und lie� sich selbst zum K�nig der Franken salben 751. So folgte dem 751 Hause der Merowinger das Haus der Pippiniden oder Karo-linger.
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Dos Christentum bei den Deutschen. Bonifatius.
1. Vor Bonifatius. Seit Chlodwigs Sieg bei Z�lpich hatten sich die Franken dem Christentum zugewendet. In das innere Deutschland kam das Evangelium zuerst aus Irland, das schon im f�nften Jahrhundert sich be-kehrt hatte, dann aus dem Reiche der Angelsachsen (England), wo der Papst Gregor der Gro�e am Ende des 6. Jahrhunderts das Christentum hatte verk�ndigen lassen. So brachten die irischen M�nche Columbanus und G allu's den Alemannen im Wasgenwald und in der Schweiz (Kloster St. Gallen), Kilian den Ostfranken bei W�rzburg das Evangelium, w�hrend der Angelsachse Willibrord unter den Friesen an der Nordsee wirkte. Aber nur hier und da konnten diese frommen M�nner den Samen des Christentums aus-streuen; ihre Pflanzungen waren vereinzelt und nicht hinreichend befestigt; die Masse des Volkes leistete den Bem�hungen der Glaubensboten hartn�ckigen Widerstand.
2. Bonifatius. Da wurde der angels�chsische M�nch Winfried, mit kirchlichem Namen Bonifatius genannt, der eigentliche Apostel der Deutschen. Einem vornehmen Geschlecht im S�den Englands entsprossen, hatte er sich im Kloster fr�h auf den Missionsberuf vorbereitet. Zur Zeit des Haus-meiers Kar l Martell kam er nach Deutschland. Zuerst wirkte er unter dem wilden Friesenvolke; dann ging er zu den Hessen und Th�ringern und predigte mit reichen Erfolgen. Bei dem Dorfe Geismar (unweit Fritzlar) im Hessenlande stand eine uralte, dem Donnergotts geheiligte Eiche. Bonifatius f�llte vor versammeltem Volke den m�chtigen Baum mit der Axt. Als die Eiche zusammenst�rzte, ohne da� der Gott sein Heiligtum sch�tzte und den Frevler durch seinen Blitzstrahl niederschmetterte, sagte sich das Volk von seinen ohnm�chtigen G�ttern los und nahm willig die Taufe an. An der Stelle, wo die Eiche gestanden, errichtete Bonifatius ein Kreuz; aus dem Holze derselben
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erbaute er eine dem heiligen Petrus geweihte Kapelle. Das Christentum ge-wann nun immer weitere Ausbreitung: ganz Hessen, ganz Th�ringen wurde bekehrt. Daher erhob der Papst den gro�en Glaubensprediger zum E r z b i s ch o s der gesamten deutschen Kirche. Als solcher errichtete er in den bekehrten Gegenden eine Anzahl Bischofssitze, wie W�rzburg, Erfurt, Eichst�dt, Salzburg u. a. und gr�ndete Kl�ster, Kirchen und Schulen zur Befestigung des neuen Glaubens. Seine Lieblingsstiftung war das Kloster Fulda, wo unter einem seiner Sch�ler eine ber�hmte Schule f�r Geistliche aufbl�hte. Er selbst hatte sp�ter seinen erzbisch�flichen Sitz in Mainz, und alle Bist�mer Deutschlands waren ihm untergeordnet. Doch entsagte er als vierundsiebenzigj�hriger Greis dieser hohen Stellung, um noch einmal zu den Friesen zu gehen und das Werk ihrer Bekehrung zu vollenden. Von einer Anzahl von Gehilfen begleitet, kam er, den Rhein hinabfahrend, in ihr Land und gewann durch seine Predigt dem Evangelium zahlreiche Bekenner. Aber als eines Tages die Neubekehrten von ihm die Firmung empfangen sollten, �berfiel ihn ein Haufe mordgieriger heidnischer Friesen in seinem Gezelte, um die erz�rnten heimischen G�tter zu r�chen. Seine Gef�hrten wollten sich zur Wehr setzen; aber er rief ihnen zu: �Lasset ab vom Kampfe; denn die Schrift sagt: vergeltet nicht B�ses mit B�sem! Endlich ist der lang-ersehnte Tag herbeigekommen und die herrliche Zeit unseres Abscheidens vorhanden; hoffet auf den Herrn! Er wird eure Seele erl�sen!" Kaum hatte er diese Worte geredet, da st�rzten die Feinde �ber ihn her und erschlugen ihn, w�hrend er betend das Evangelienbuch �ber seinen Kopf hielt, mit 52 Gef�hrten (754). Die Leiche des M�rtyrers wurde sp�ter nach dem Kloster Fulda gebracht, das er sich selbst zur letzten Ruhest�tte auserkoren hatte.
3. Das Klosterwesen. Wichtig f�r die Anpflanzung und Ausbreitung des Christentums wurde besonders das Klosterwesen. Bald nach seiner Entstehung in �gypten auch im Abendlande verbreitet, erhielt dasselbe durch Benedikt don Nursia (529) eine neue Gestaltung, indem dieser au�er Religions�bungen auch Handarbeit, Landbau und Unterweisung der Jugend zur Aufgabe der M�nche machte; wissenschaftliche Besch�ftigung trat bald hinzu. Seine Regel f�r das von ihm gestiftete Kloster Monte Casino bei Neapel, der Mutterabtei des gro�en Benediktinerordens, verpflichtete zu lebens-l�nglichem Bleiben im Kloster und zu den Gel�bden der Armut, der Ehelosigkeit und des unbedingten Gehorsams. Sie ist im wesentlichen bis heute in Geltung geblieben.
Wie die sich rasch mehrenden Kl�ster eine Hauptst�tze der christlichen Kirche wurden, so sind sie auch als Pflanzst�tten h�herer Kultur und milderer Sitte von gro�er Bedeutung. Sie gew�hrten in jenen rohen, kampferf�llten Zeiten, da sie zuerst auf deutschem Boden aufkamen, den Bedr�ngten Aufnahme und Schutz gegen Verfolgung; sie f�rderten den Anbau des Landes, indem die M�nche die dichten, unwegsamen W�lder lichteten und in Acker- und Gartenfeld umschufen; sie veranla�ten die Entstehung von D�rfern, die Ausbildung mancher Handwerke und K�nste; sie pflegten die Wissenschaften und bewahrten die wertvollsten Schriften des griechischen und r�mischen Altertums der Nachwelt. Durch ihre weitreichende Wirksamkeit haben sich namentlich die Kl�ster St. Gallen, Reichenau, Fulda, Wei�enburg, Pr�m, Corvey :c. bekannt gemacht.
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II. Die Zeit der Pippiniden (Karolinger) 751�843.
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Pippin der Kleine und Karl der Gro�e (seine Bedeutung in der Geschichte).
1. Pippin der Kleine 751�768 brachte dem Papste Hilse gegen die Langobarden (in Italien). Er entri� ihnen Ravenna und die Umgegend von Rom und schenkte diese Eroberung dem �heiligen Petrus" d. h. dem Papste. Das war der Ansang des Kirchenstaates.
2. Karl der Gro�e 768 � 814. Karls Bedeutung in der Geschichte. K�nig Pippin der Kleine hinterlie� das fr�nkische Reich seinen beiden S�hnen Karl und Karlmann 768. Der 768 letztere starb schon nach drei Jahren, und der �ltere Bruder Karl wurde nun Alleinherrscher. Mit Recht ist er in der Geschichte �der Gro�e" genannt. Nicht allein als Kriegsheld hat er sich hervorgethan und durch Eroberungen ein ausgedehntes Reich, das m�chtigste in Europa, geschaffen; er hat auch die verschiedenen V�lker, welche er seiner Herrschast unterwarf, durch treffliche Ein-richtungen zu einem wohlgeordneten Ganzen verbunden und mit Kraft und Weisheit gelenkt; er ist endlich f�r die F�rderung der Bildung und Gesittung seiner Unterthanen mit unabl�ssigem Eifer bem�ht gewesen. Weithin in ferne L�nder ist sein Ruf gedrungen,
�ber Europas Grenzen hinaus der Glanz seines Namens erstrahlt. Und Jahrhunderte hindurch haben sich die V�lker erz�hlt von dem gro�en Karl und seinen Ruhm in Sagen und Liedern gefeiert.
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Karls Kriege.
1. Der Sachsenkrieg (772�803). Die Sachsen wohnten von den Grenzen des Frankenreichs am Niederrhein gegen Osten bis zur Elbe und Nordsee. Sie waren ein tapferes, freiheitliebendes Volk, das einem fremden Herrn nicht dienen mochte. Wie an den Sitten der V�ter, hielten sie sest an ihrem heidnischen G�tterdienst. Von alters her lagen sie mit den Franken im Streit: fortw�hrend machten sie verheerende Einf�lle ins Frankenland. Um sein Reich gegen diese l�stigen Nachbarn zu sichern, beschlo� Karl, sie seiner Herrschaft und der christlichen Kirche zu unterwerfen. Er drang
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mit Heeresmacht in ihr Land ein, eroberte ihre Feste Eresburg (an der Diemel), zerst�rte ihr Hauptheiligtum, die Jrminsul, und lie� in ihrem Lande das Christentum einf�hren. Aber die Bezwingung war keine vollst�ndige. W�hrend Karl in Kriege gegen andere V�lker verwickelt war, erhoben sich die Sachsen unter der Anf�hrung ihres streitbaren Herzogs Widukind in wiederholten Ausst�nden gegen das fr�nkische Joch und konnten erst durch mehrere blutige Schlachten und furchtbare Verheerungen ihres Landes v�llig bezwungen werden. Da beugte sich Widukind vor der Macht des gro�en Frankenk�nigs und lie� sich taufen; die Sachsen unterwarfen sich der fr�nkischen Herrschaft und nahmen das Christentum an. Zur Befestigung der christlichen Kirche er-richtete Karl acht Bist�mer (Paderborn, M�nster, Osnabr�ck, Bremen u. a.) im Sachsenlande. �So wurden" � sagt ein alter Geschichtschreiber � �Sachsen und Franken Br�der und gleichsam ein Volk durch den christlichen Glauben".
2. Krieg gegen die Langobarden (774). Die Lango> barden, welche seit 200 Jahren in Italien herrschten, lebten in unaufh�rlichem Zwist mit den P�psten. War schon Pippin der Kleine dem Papste gegen diese Feinde zuhilfe gezogen, so wollte auch Karl, der, wie sein Vater seit der Gr�ndung des Kirchen-staates, Schutzherr von Rom war, den Beistand nicht versagen, als jetzt der Langobardenk�nig Desiderius dem Papste ins Land gefallen war und die Stadt Rom bedrohte. Karl zog �ber die Alpen, eroberte die Hauptstadt Pavia, schickte den Desiderius ins Kloster und vereinigte das langobardische Reich, dessen eiserne Krone er sich aussetzte, mit dem fr�nkischen.
Karls Feldzug gegen die Langobarden ist von der Sage ausgeschm�ckt. Als der Frankenk�nig � so erz�hlt sie � mit seinem stattlichen Heere �ber die beschneiten Alpen zog, zeigte ihm ein lombardischer Spielmann den Weg �ber das Gebirge und erhielt daf�r von Karl so viel Land zum Geschenk, als man rings im Umkreis das Blasen seines Hornes h�rte. Den Langobarden-k�nig aber befiel gro�e Angst, als der gewaltige Held gegen seine Hauptstadt heranzog. Begleitet von einem vornehmen Franken, der vor Karls Ungnade zu ihm geflohen war, bestieg er seinen h�chsten Turm und schaute weithin nach der Ankunft des Feindes. Als der Tro� sich zeigte, fragte er: �Ist Karl in dem gro�en Heere?" � �Noch nicht," erwiderte der Franke. Darauf kam der fr�nkische Landsturm. �Hierunter befindet sich Karl aber gewi�," sagte der K�nig. �Noch nicht, noch nicht," lautete die Antwort. Dann erschienen neue Haufen. Und der erschreckte K�nig rief wieder: �Das ist Karl selbst." Aber es hie� von neuem: �Noch immer nicht." N�chstdem erblickte man in langem
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Zuge die Bisch�fe, �bte und die ganze Geistlichkeit mit ihren Dienern. Des K�nigs Angst wuchs. �D, la� uns niedersteigen/' stammelte er, �und uns unter die Erde verbergen vor dem Zornantlitz dieses furchtbaren Feindes!" Der Franke aber sprach: �Wenn du eine Saat von Eisen in dem Felde auf-starren siehst, dann gewarte, da� Karl kommt." Kaum hatte er dies gesagt, als sich im Westen eine finstere Wolke zeigte, die den hellen Tag beschattete-Als sie sich n�herte, sah man den eisernen Karl in einem Eisenhelm, in eisernen Schienen, eisernem Panzer um die breite Brust, eine eiserne Lanze hoch in der Linken und das m�chtige, nie bezwungene Schwert in der Rechten. Auch sein Schild war ganz aus Eisen, und selbst sein Streitro� schien ganz von Eisen zu sein. Fast ebenso war auch sein ganzes Heer ger�stet. Die Stra�e, das ganze Feld war mit eisernen M�nnern bedeckt und die Schwerter blitzten in der Sonne. �Siehe, da ist er, nach dem du so viel gefragt hast," rief der Franke- Wie h�tte der Langobardenk�nig einem folchen Feinde widerstehen k�nnen?
3. Krieg gegen die Araber in Spanien. Als Karl zu Paderborn im Sachsenlande einen Reichstag hielt, wurde er von einem spanischen Statthalter zuHilfe gegen den maurischen Herrscher gerufen. Er eroberte das n�rdliche Spanien bis zum Ebro � die sp�tere spanische Mark � kehrte dann aber wegen eines Aus-standes der Sachsen um und verlor aus dem R�ckz�ge in den pyren�ischen Gebirgsth�lern von Roneesvalles durch einen feindlichen �berfall einen Teil seines Heeres und den tapferen Markgrafen Roland.
Die Sage berichtet: Als Roland, der gewaltige Held, von vier Speeren zum Tode verwundet war, nahm er fein herrliches leuchtendes Schwert Durand� und schlug aus allen Kr�ften auf einen Marmorstein, denn er wollte es lieber zertr�mmern, als den Arabern �berliefern. Aber das Schwert spaltete den Stein und wurde nicht einmal schartig. Alsdann ergriff er sein hellt�nendes Horn Olivant und stie� mit solcher Kraft hinein, da� es in der Mitte brach und die Adern an Rolands Halse zerrissen. K�nig Karl, der schon acht Meilen voraus war, vernahm den gewaltigen Schall und kehrte wieder um; aber er fand den Helden tot daliegen und beweinte ihn bitterlich.
4. Krieg gegen die Avaren. Der Herzog Tassilo von Bayern, den Karl zur Unterwerfung gezwungen hatte, suchte seine Unabh�ngigkeit wieder zu erk�mpfen, indem er sich mit den Avaren verb�ndete, einem r�uberischen, den Hunnen verwandten Volke, das sich �stlich von Bayern in den Donaul�ndern aus-gebreitet hatte. Karl setzte den abtr�nnigen Tassilo ab, schickte ihn ins Kloster und hob die Herzogsw�rde in Bayern auf. Dann griff er die A v a r e n in ihrem eigenen Lande an und trieb sie bis hinter die Raab zur�ck; ihr Hauptfestungswerk, der gro�e �Ring" zwischen Thei� und Donau, in welchem unerme�liche zusammengeraubte
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Sch�tze aufgeh�uft lagen, wurde erst�rmt und in dem eroberten Lande die �stliche Mark (�sterreich) errichtet.
5. Die Kriege gegen die Slaven, welche die w�hrend der V�lkerwanderuug verlassenen ostdeutschen L�nder eingenommen, hatten die Sicherung der Ostgrenze des Reiches zur Folge, w�hrend gegen die D�nen (Normannen) die Eider als Nordgrenze festgesetzt wurde.
� 81.
Karl als Kaiser und Regent.
800 1. Karl r�mischer Kaiser 800. Durch seine siegreichen Kriege hatte Karl das fr�nkische Reich so ausgebreitet, da� es vom atlantischen Meere und vom Ebro bis zur Thei�, von der Eider bis lenseit der Tiber sich erstreckte (Karte VIII). Er war der m�chtigste Herrscher in Europa, der Kirche starker Schirmherr, des Papstes Freund. Als er daher im Jahre 800 am Weihnachtsfeste in Rom war und im festlichen Schmucke am Altare der Peterskirche zum Gebet niederkniete, trat pl�tzlich der Papst vor ihn hin und setzte dem K�nig eine goldene Kaiserkrone anss Haupt. Das ver-sammelte Volk aber rief mit lautem Jubel: �Heil und Sieg Karl dem G��en, dem von Gott gekr�nten, sriedebringenden r�mischen Kaiser!" So wurde die r�mische Kaiserw�rde, die seit dem Untergange des alten R�merreiches vor mehr als dreihundert Jahren aufgeh�rt hatte, wiederhergestellt. Wie der Papst an der Spitze der christlichen Kirche stand, so war der Kaiser der oberste weltliche Herr in der gesamten abendl�ndischen Christenheit.
2. Reichseinrichtungen. Sein weites Reich brachte Karl in die beste Ordnung. Die alte Herzogsw�rde, welche der festen Einigung des Reiches widerstrebte und die k�nigliche Macht einschr�nkte, schaffte er ab. An die Spitze der einzelnen Gauen, in welche das Reich geteilt war, wurden Grafen gestellt. Eine erweiterte Macht besa�en in den Grenzlanden oder Marken die Markgrafen; in den Pfalzen (Hoflagern) vertraten den K�nig die Pfalzgrafen. Zur Beauf-sichtiguug der Grafen bediente sich Karl der Sendgrafen, welche die Gaue zu bereisen und dem Kaiser Bericht zu erstatten hatten. Allj�hr-lich wurden die Gro�en des Reiches, die Grasen und Bisch�fe, zu einem Reichstag (der Maifeld hie�, weil er gew�hnlich im Mai abge-halten wurde) zu Beratungen �ber wichtige Reichsgesetze und zu Be-schl�ssen �ber Krieg und Frieden versammelt.
Lothars^ Ludwigs. Karls v
Anteil bei der Teilung des Reicks zu Vcfdun.uJ.843.
Verlag von R. Voigtlinder in Kreuznach.
Zink�tzung und Druck von Rudolf Loes in Leipzig
DAS REICH KARLS desCRQSSEH.
k Grenze des Jleichs beb Karls Tode i.J.Sl�-,
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3. Karls Sorge f�r die Bildung seines Volkes. Karl f�rderte die Bildung und Gesittung seines Volkes durch allgemeine Einf�hrung der christlichen Religion (Stiftung von Bist�mern, Erbauung von Kirchen, Verbesserung des Gottesdienstes und des Kirchengesanges), durch Errichtung von Schulen (Alkuins Musterschule in Tours), durch Vereinigung gelehrter M�nner, wie A l k u i n und E i n h a r d, an seinem Hofe. �Die uralten Lieder seines Volkes, in denen die Thaten und K�mpfe der alten K�nige (Hermanarich, Attila, Theodorich) besungen wurden, lie� er aufschreiben und so der Vergessenheit entrei�en. Auch begann er eine deutsche Sprachlehre abzufassen. Den Monaten gab er deutsche Namen." Die Baukunst begann sich in gr��eren Werken zu entwickeln (der Dom zu Aachen, die Pfalzen zu Aachen und Ingelheim); Ackerbau, Handel und Verkehr (Rheinbr�cke bei Mainz) wurden gehoben.
Karls Ruhm war so ausgebreitet, da� selbst die K�nige der Araber in Asien und Afrika ihm durch feierliche Gesandtschaften ihre Ehrfurcht bewiesen. Der gro�e Kalif Harun al Raschid (von dem neuen Kalifengeschlecht der Abbafiden) in Bagdad lie� ihm zu feiner Kaiserkr�nung Gl�ck w�nschen und schickte ihm einen Elefanten von wunderbarer Gr��e, k�stliche Gew�rze, ein pr�chtiges Zelt und eine Uhr, die durch ihre kunstvolle Einrichtung in Erstaunen setzte. War's zw�lf Uhr mittags, fo sprangen an der einen Seite derselben Th�ren auf, aus denen zw�lf Reiter hervorkamen, die auf der andern Seite wieder hineinritten. Karls Gegen-gefchenke bestanden in Pferden, Jagdhunden, feiner Leinwand und andern Weber-arbeiten, welche die fr�nkischen Frauen geschickt zu fertigen verstanden.
� 82.
Karls Lebensweise und Tod.
�Kaiser Karls Leben" hat der gelehrte Einhard, der am kaiserlichen Hose lebte, in einem eigenen B�chlein beschrieben. Dieser sch�nen und wertvollen Schrift sind die folgenden Mittei-lungert entnommen:
1. Karls �u�ere Erscheinung. �Karl war von starkem K�rperbau und hervorragender Gr��e, die jedoch das richtige Ma� nicht �berschritt � denn seine L�nge betrug wie bekannt sieben seiner F��e �, seine Augen waren sehr gro� und lebhaft; die Nase ging etwas �ber das Mittelma�. Er hatte sch�nes wei�es Haar und ein freundliches, heiteres Gesicht. So bot seine Gestalt, mochte er sitzen oder stehen, eine h�chst w�rdige und stattliche Er-
scheinung..... Er hatte einen festen Gang, eine durchaus mann-
liche Haltung des K�rpers und eine helle Stimme, die jedoch zu der ganzen Gestalt nicht recht passen wollte..... Best�ndig �bte
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 8
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er sich im Reiten und Jagen. Sehr angenehm waren ihm die D�mpfe der hei�en Quellen; er �bte seinen Leib flei�ig im Schwim-men, und keiner that's ihm darin zuvor. Darum erbaute er sich auch zu Aachen eine k�nigliche Psalz und wohnte dort in seinen
letzten Lebensjahren ohne Unterbrechung bis zu seinem Tode.....
Er kleidete sich nach vaterl�ndischer d. h. fr�nkischer Weise. Aus-l�ndische Kleidung jedoch wies er zur�ck, mochte sie auch noch so sch�n sein, und legte sie nie an, au�er da� er zweimal in Rom auf Bitten des Papstes zu einem langen Obergewande und dem Purpurmantel sich bequemte.
2. Karls Lebensweise. �In Speise und Trank war er m��ig, besonders im Trank. Seine gew�hnliche Mahlzeit bestand nur aus vier Gerichten, abgesehen von dem Braten, den die J�ger am Bratspie� hereinbrachten und der ihm lieber war als jede andere Speise. W�hrend der Tafel h�rte er gerne Musik oder einen Vorleser, der ihm die Geschichten und Thaten der Alten vorlas. Im Sommer a� er nach dem Mittagsmahl etwas Obst; dann pflegte er zwei bis drei Stunden zu ruhen. Nachts unter-brach er den Schlaf vier- oder f�nfmal, indem er nicht blo� auf-wachte, sondern auch ausstand. W�hrend er sich am Morgen an-kleidete, unterhielt er sich mit seinen Freunden, oder er lie� auch wohl Gesch�ftsleute oder Kl�ger vor und sprach nach Untersuchung des Falls das Urteil, als s��e er auf dem Richterstuhl. Und das war nicht das einzige, sondern was es f�r diesen Tag von Ge-sch�sten zu thun gab, das besorgte er zu dieser Stunde."
3. Karls geistige Bestrebungen. �Reich und sicher flo� ihm die Rede vom Munde: was er wollte, vermochte er leicht und klar auszudr�cken. Neben der Muttersprache lernte er mit gro�em Flei� auch fremde Sprachen. Latein sprach er wie Deutsch; das Griechische aber konnte er besser verstehen, als selber sprechen. Die edeln Wissenschaften pflegte er mit warmem Eifer, namentlich wandte er viel Zeit und M�he aus, um sich in der Astronomie zu unterrichten. Auch zu schreiben versuchte er und pflegte deshalb, selbst im Bett Schreibtafel und Papier unter dem Kopfkissen bei sich zu haben, um in m��igen Stunden seine Hand an die Ge-staltung der Buchstaben zu gew�hnen; indes brachte er es hierin nicht weit, da er es zu sp�t angefangen hatte." .. .
4. Karls Ende. Bis in sein h�heres Alter war Karl von guter Gesundheit: in den vier Jahren vor seinem Tode jedoch
wurde er h�ufig von Fiebern heimgesucht; zuletzt hat er auch mit einem Fu�e gehinkt. Diese letzten Lebensjahre des Kaisers waren durch schmerzliche Verluste getr�bt: zwei treffliche S�hne starben ihm, nur sein j�ngster Sohn, Ludwig, blieb �brig. Als nun Karl, gebeugt durch Alter und Krankheit, sein Ende herannahen f�hlte, versammelte er in Aachen die Gro�en aus dem ganzen Frankenreiche und erkl�rte vor ihnen mit aller Beistimmung seinen Sohn Ludwig zum Mitregenten und zum Erben des kaiserlichen Namens, setzte ihm die Krone aufs Haupt und befahl, ihn Kaiser zu nennen. Bald darauf, am 28. Januar 814, starb Karl, 72 Jahre alt, im 46ften Jahre seiner Regierung. Noch an dem-selben Tage wurde der Leichnam in der von ihm gebauten Marien-kirche zu Aachen beigesetzt. Hier sa� er � so erz�hlt die Sage � aus goldenem Stuhle in vollem Kaiserschmuck, die Krone auf dem Haupt, einen Kelch in der Hand, an der Seite das Schwert, um die H�fte die goldene Pilgertasche, auf den Knieen ein goldenes Evangelienbuch, Scepter und Schild zu F��en. Eine einfache Marmorplatte deckt heute die Grabst�tte des gro�en Kaisers.
� 83.
Ludwig der Fromme. �er Vertrag ;u Verdnn.
1. Ludwig der Fromme (814�840) teilte sich schon wenige Jahre nach seiner Thronbesteigung mit seinen S�hnen Lothar, Pippin und Ludwig in die Regierung des Reiches. Aber da er sp�ter zu gunsten eines vierten Sohnes (aus zweiter 6he)f Karls des Kahlen, diese Teilung �nderte, erhoben sich die �lteren S�hne gegen den Vater und nahmen den von allen ver-r�terisch Verlassenen auf dem (seither so genannten) L�genfelde bei Kolmar gefangen. Lothar n�tigte ihn sogar zu �ffentlicher Kirchenbu�e und hielt ihn in Haft. Die andern S�hne jedoch be-freiten ihn wieder, und Ludwig teilte nun, nach Pippins Tode, das Reich abermals unter seine drei �brigen S�hne. Allein diese Teilung f�hrte zu neuen K�mpfen, die nach des Kaisers Tode (auf einer Rheininsel bei Ingelheim) zwischen den Br�dern aus-brachen. Ludwig und Karl besiegten den Lothar und n�tigten ihn zu dem
2. Vertrag zu Verdun 843. In demselben erhielt
Lothar: die Kaiserkrone und Italien sowie das Land zwischen
Rhein, Maas und Rhone (Lotharingien);
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Ludwig (der Deutsche): Ostfranken d. i. Deutschland �stlich vom Rhein, ferner auf der linken Rheinseite die bisch�flichen Sprengel von Speier, Worms und Mainz;
Karl der Kahle: Westfranken oder Frankreich.
Das Reich Lothars, dessen Geschlecht bald ausstarb, zerfiel schnell wieder. Dagegen blieben die beiden anderen Reiche neben einander bestehen: das Deutsche Reich und Frankreich; und damit schieden sich auch f�r immer die im Frankenreiche vereinigten V�lker: die Deutschen und die Franzosen.
�84.
Die Kultur w�hrend der Jetten des Frankenreiches.
Der sp�rliche �berrest der Kultur (sowohl Kunst als Wissenschaft), welcher den Untergang der antiken Welt und die St�rme der V�lkerwanderung �ber-dauert hatte, befand sich im christlichen Abendlande ausschlie�lich im Besitz der Geistlichen und wurde fast lediglich zu kirchlichen Zwecken verwertet.
I. Die Baukunst entfaltete sich am gro�artigsten im Kirchenbau.
1. Die Basilika. In der �lteren Zeit war die vorherrschende Form der Kirchen die Basilika (Taf. V, 1), ein langes Viereck, durch doppelte oder vier-fache S�ulenreihen in drei oder f�nf Schiffe geteilt, von denen das Mittelschiff die Seitenschiffe an H�he �berragte und dem Eingang gegen�ber in eine halb-runde Nische (Apfis) auslief. Diese enthielt den Hauptaltar und die Sitze der Priesterschaft. Die Hinzus�gung eines Querschiffes gab dem Bau die Kreuz-form. Das Balkenwerk des Daches bildete die Decke. Abgesondert, an einer der Langseiten der Kirche stand der Glockenturm, wenn ein solcher hinzu-gef�gt war.
2. Der byzantinische Stil. Mit der Erbauung der Sophienkirche in Konstantinopel (Taf. V, 3) durch den Kaiser Justinian I. wurde im 6. Jahr-hundert der byzantinische Baustil im ostr�mischen Reiche herrschend, der seine Eigent�mlichkeit in der �ber dem Mittetraume in Form einer Halb-kugel sich ausspannenden Kuppel hat, die oft von mehreren Nebenkuppeln umgeben ist. Die bedeutendsten Denkm�ler dieser Stilart au�er der Sophienkirche sind das von Karl dem Gro�en erbaute M�nster zu Aachen und (etwas sp�ter, c. 1000) die pr�chtige Markuskirche zu Venedig (Taf. V, 4).
3. Der maurische Stil. Dem byzantinischen Stile verwandt, doch eigen-artig entwickelt ist die Baukunst der Araber (Taf. V, 5 und 6), in deren Werken sich eine vorwiegende Neigung zu phantastischer Pracht und �ppigem Reichtum des Zierwerks (�Arabesken") zu erkennen giebt.
Eine besondere Eigent�mlichkeit des maurischen Stils sind die k�nstlichen Bogensormen, wie: der Hufeisenbogen, der Spitzbogen, der Kielbogen, der �ber-h�hte Bogen, der Zackenbogen. Die Hauptdenkm�ler sind: die Moscheen zu Eord�ba und Delhi (Taf. V, 5 und 6) und der K�nigspalast Alhambra zu Gran�da.
II. Wissenschaft und Litteratur. Die Sprache der Kirche, das
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Latein, war auch die Sprache der Wissenschaft geworden und bildete neben der religi�sen Unterweisung den Hauptlehrgegenstand in den kirchlichen Schulen (Domschulen und Klosterschulen). Dadurch wurde die Ausbildung der deutschen Sprache zur Schriftsprache und die Entwickelung einer nationalen deutschen Litteratur sehr beeintr�chtigt. Dazu suchten die Geistlichen die alten germa-Nischen Sagen- und Dichtungsstoffe wegen ihres heidnischen Inhalts zu unter-dr�cken. So hat sich in der That davon in Deutschland selbst fast nichts er-halten. Das einzige, was sich in einem gr��eren Bruchst�cke erhalten hat, ist das Hildebrandslied (aus dem 8. Jahrhundert). Dagegen suchten die Geistlichen dem Volke statt der heidnischen Dichtungsstoffe christliche Dichtungen zu bieten. So entstanden die beiden Evangelienharmonien: der �Heliand", unter Ludwig dem Frommen, c. 830 (� noch mit Allitteration oder Stabreim), und etwas sp�ter, unter Ludwig dem Deutschen c. 860: der � Krist" von dem M�nch Otfried von Wei�enburg (� bereits mit Endreim).
Zweites Kapitel.
Geschichte des Deutschen Reiches
im Mitlelallrr (843�1517).
I. Die deutschen Karolinger, nebst Konrad I.
� 85.
Die deutschen Karolinger 843�911.
1. Ludwig der Deutsche (848 � 876). Zu den L�ndern, welche Ludwig der Deutsche durch den Vertrag von Verduu er-halten hatte, erwarb er bei der Aufl�sung des Reiches Lothars durch einen weiteren Vertrag mit Karl dem Kahlen (zu Mersen 870) auch noch Lothringen. W�hrend seiner Regierung wurden die Ostgrenzen von den Slaven beunruhigt und die K�sten-gegenden durch die pl�ndernden Einf�lle der Normannen (die aus D�nemark und Norwegen kamen) verheert. Ihm folgte sein Sohn
2. Karl (III.) der Dicke (876�887). Er vereinigte noch einmal Karls des Gro�en Reich, nachdem Lothars Geschlecht aus-gestorben und von Karls des Kahlen Nachkommen nur ein unm�ndiges Kind �brig war, das vom Throne ausgeschlossen wurde. Doch war er zu schwach, das Reich gegen die Normannen zu besch�tzen, denen er sogar Tribut bewilligte. Daher wurde er auf einer Reichsversammlung zu Tribur abgesetzt und sein Neffe
3. Arnulf von K�rnten (887�899) zum K�nige gew�hlt. Er gewann �ber die Normannen einen Sieg bei L�wen. Sein un-m�ndiger Sohn
4. Ludwig das Kind (899�911) stand unter der Vormund-schaft des Erzbischofs Hatto von Mainz. Neue Feinde, die Un-garn (Magyaren), machten von der Thei� her wiederholt Raubz�ge in das Reich, das unter best�ndigen Fehden in tiefste Schw�che sank. Mit Ludwig starben die Karolinger in Deutschland aus.
Seit der Niederlage der Normannen bei L�wen h�rten deren Einf�lle in Deutschland auf; dagegen lie�en sie sich nun dauernd an der Nordk�fte Frank-reichs nieder, wo sie das Herzogtum Normandie gr�ndeten.
� 86.
Konrad I. von Franken 911�918.
Unter den letzten Karolingern war, mit der Abnahme des k�niglichen Ansehens, die herzogliche Macht wieder ausgekommen und gewachsen; beim Erl�schen dieses Hauses umfa�te Deutschland die f�nf Herzogt�mer: Franken, Sachsen, Schwaben (oder Ale-mannten), Bayern und Lothringen. Die Gefahr einer Aus-l�sung des Reiches in diese Herzogt�mer wurde abgewandt durch die Wahl des (von m�tterlicher Seite den Karolingern verwandten) Frankenherzogs Konrad zum K�nig: seitdem blieb Deutschland ein Wahlreich (bis 1896). Konrad I. suchte vergeblich die Her-z�ge zur Anerkennung seiner k�niglichen Herrschaft zu bringen: namentlich leistete der Herzog Heinrich von Sachsen erfolgreichen Widerstand, als der K�nig seine Macht zu beschr�nken suchte. Von au�en machten die Ungarn fast allj�hrlich verheerende Raubz�ge nach Deutschland. Zur Herstellung der Ordnung und Einheit des Reiches empfahl daher Konrad vor seinem Tode, indem er seinen Bruder Eberhard zum Verzicht auf die K�nigskrone bewog, den kr�ftigen Sachsenherzog Heinrich zum Nachfolger.
II. Die s�chsischen Kaiser 919�1024.
� 87.
Heinrich I.
1. Heinrichs I. K�nigswahl. Heinrich I. (919 � 936) ist
der Wiederherstellet: oder vielmehr der eigentliche Gr�nder des Deutschen Reiches. Man hat ihm den Beinamen des
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Finklers ober Vogelstellers gegeben, weil eine alte Sage erz�hlt, ba� bie Boten bes Reiches ben Herzog Heinrich, als sie ihm nach seiner Wahl zum K�nige bie Reichskleinobien �berbringen wollten, bei Queblinbnrg am Harz beim Vogelherbe getroffen haben. Aber bie Sage ist unverb�rgt, unb Heinrich hat sich burch seine Herrscherthateu bas Recht erworben, stolzere Beinamen zu s�hren, als ben vom Finkenfang hergenommenen. Er war � so wirb er geschilbert � herrlich an Leib unb Seele. Hochgewachsen, von starkem Arm unb feurigem Blick, vereinigte er Mut unb ent-schloffene Thatkraft mit einem milben, menfchenfrennblichen, stets nur auf bas Gute gerichteten Sinn; bie Anmut unb bie Herablassung seines Wesens, welche keine H�rte unb Ungerechtigkeit zu-lie�, machte ihn allen teuer. Als ihn baher ber Frankenherzog Eberharb, ebelm�tig ben eigenen Anspr�chen entsagenb, ans ben Wunsch bes verstorbenen K�nigs bei einer Versammlung beutfcher St�mme zu Fritzlar im Heffenlanbe zur Wahl empfahl, stimmten alle bei unb riefen ihn jubelnb zum K�nig ber Deutschen aus. So ging bie Herrfchaft von ben Franken auf ben Stamm ber Sachsen �ber.
2. Einigung und Kr�ftigung des Reiches. Vor allem ging Heinrich barauf aus, bie einzelnen beutfchen St�mme, welche fast felbst�nbig nebeneinanber stanben, zu einem einigen beutfchen Reiche zu verbinben. Die wiberstrebenben Herz�ge unterwarf er mit starker Hanb unb weifer M��igung ber k�niglichen Herrfchaft. Unb wie er baburch bas Reich in feinem Innern einigte, suchte er auch bessert Grenzen zu sch�tzen gegen bie �u�eren Feinbe. Dazu beburfte es einer Verst�rkung unb Umgestaltung ber Wehr-kraft bes beutfchen Volkes.
3. St�dtegr�ndung. Die gef�hrlichsten Feinbe bes Reiches waren bie Ungarn. Ihren verheerenben Einf�llen erfolgreichen Wiber-ftanb entgegenzusetzen, war Heinrichs Macht vorerst noch zu gering. Dazu waren umfaffenbe Vorbereitungen erforberlich. Um baf�r Zeit zu gewinnen, schlo� Heinrich mit ihnen einen Waffenstill* ftanb ausneunJahre,bm er freilich mit einem j�hrlichen Tribut erkaufen mu�te. Diese Zeit ber Ruhe benutzte er zun�chst zur Anlegung fester Burgen, woraus bann St�bte erwuchsen. Die Ausf�hrung war erschwert burch bie Abneigung ber Deutschen vor bem Zusammenwohnen in St�bten. Da befahl Heinrich, je ber neunte Mann m�sse in bie mit Mauer unb Graben befestigte
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Stadt ziehen und die Landbewohner dorthin einen Teil des Er-tr�ges ihrer Felder liefern, wogegen ihnen in Kriegsn�ten Schutz hinter den Mauern gew�hrt wurde. So entstanden in Th�ringen und Sachsen die St�dte Goslar, Merseburg, Quedlinburg zc. Um die St�dte emporzubringen, wurden die M�rkte und Feste dorthin verlegt und dadurch Handel und Gewerbe belebt und gehoben.
4. Bildung eines Reiterheeres. Ferner schuf Heinrich eine Reiterei, wie sie den Reiterheeren der Ungarn gegen�ber not-wendig geworden war. Die gr��eren Lehnstr�ger mu�ten berittene Kriegsknechte stellen, und so entwickelte sich allm�hlich der bald so bedeutsam hervortretende Ritt er st and.
5. Grenzkriege. Nach diesen Vorbereitungen wandte sich Heinrich zun�chst gegen die Slaven an der Elbe, welche zum Teil mit den Ungarn verb�ndet waren. Mitten im Winter eroberte er, �ber das Eis der Havel heranr�ckend, Brennaburg (Branden-b�rg), die Hauptstadt des Stammes der Heveller. Gegen sie wurde die Nordmark (auf der linken Seite der Elbe) errichtet. Dann besiegte er die D�nen und gr�ndete jenfett der Eider die Mark Schleswig.
6. Die Ungarnschlacht 933. Als nun der Waffenstillstand mit den Ungarn abgelaufen war und Heinrich fernere Tribut-zahlung ablehnte, brachen die r�uberischen Feinde mit gro�er Heeres-macht verheerend ins Land ein. Bei Riade oder Rietheburg, einem Dorfe an der Unstrut, erfolgte eine blutige Schlacht. Da erk�mpfte K�nig Heinrich, der seine Deutschen selbst in den Kampf f�hrte, einen gl�nzenden, entscheidungsvollen Sieg. Die Mehrzahl der Ungarn wurde niedergehauen, die �brigen in schimpfliche Flucht gejagt. So war Deutschland auf l�ngere Zeit vor den Raubz�gen der wilden Feinde gesichert. � Bald darauf starb Heinrich, �der Vater des Vaterlandes", zu Memleben an der Unstrut und wurde zu Quedlinburg begraben.
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Otto I. der Gro�e.
1. Ottos Wahl und Kr�nung. Otto I. (936-973), Heinrichs Sohn, war ein so hervorragender Herrscher, da� in der ganzen Reihe der r�misch-deutschen Kaiser nur er neben Karl dem Gro�en den Ehrennamen des Gro�en erhalten hat. Bei seines Vaters Tode 24 Jahre alt, von hoher, kraftvoller Gestalt, mit gro�en, stolz
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blickenden Augen in dem gebr�unten Gesicht, blondgelocktem Haupt-haar, lang herabwallendem Bart, k�ndete er durch die Majest�t seiner Erscheinung den geborenen K�nig an. In der Kaiserpsalz zu Aachen � so erz�hlt ein Zeitgenosse � w�hlten ihn die deutschen F�rsten einstimmig zum Oberhaupte, setzten ihn aus den Thron und leisteten ihm durch Handschlag das Gel�bnis der Treue. Dann f�hrten sie ihn aus der S�ulenhalle in die ansto�ende Domkirche, wo an der Spitze der Geistlichkeit der Erzbischos von Mainz als der erste unter den Bisch�fen des Reiches ihn empfing und bis in die Mitte der Kirche geleitend ihn dem sich dr�ngenden Volke mit den Worten vorstellte: �Sehet hier den von Gott erkorenen und jetzt von allen F�rsten erw�hlten K�nig Otto; gef�llt euch diese Wahl, so bezeuget es damit, da� ihr die rechte Hand zum Himmel emporhebt!" Da hob alles Volk die Rechte in die H�he und w�nschte mit gewaltigem Geschrei dem neuen Herrscher Heil und Segen. Sodann schritt der Erzbischos mit dem K�nig bis zum Altar vor, auf welchem die Abzeichen des K�nigtums lagen: das Schwert mit dem Wehrgehenk, der Mantel mit den Arm-spangen, der Hirtenstab, das Scepter und die Krone. Er �berreichte ihm die einzelnen Jnsignien mit passenden Ansprachen; zu-letzt salbte er ihn mit dem heiligen �l und setzte ihm die goldene Krone aufs Haupt. Als hiermit die Wethe vollendet war, f�hrten alle drei Erzbisch�se � die von Mainz, K�ln und Trier � den Gekr�nten zu einem zwischen zwei Marmors�ulen erh�hten Thron, von dem er das ganze versammelte Volk �berschauen und von allen geschaut werden konnte.
Nach der kirchlichen Feier fand in der k�niglichen Pfalz an marmorner Tafel das Kr�nungsmahl statt. Bei demselben verrichteten damals zuerst die Herz�ge die seitdem �blich gewordenen Erz�mter des Reichs: der Erzk�mmerer sorgte f�r die Woh-nung und die Bewirtung der Festg�ste; der Erztruchse� setzte die Speisen auf den K�nigstisch; der Erzschenk go� den Wein ein; dem Erzmarschall lag die Unterbringung der Rosse ob. Dieser Ehrendienst der Herz�ge bewies, da� sie den K�nig als ihren Herrn ansahen und sich nur als die ersten seiner Dienstleute betrachteten.
2. Otto und die Herz�ge. Hatten sich die deutschen Herz�ge bei Ottos Kr�nungsfeste vor des K�nigs Hoheit gebeugt, so erhoben sich doch bald mehrere derselben im Ausstande gegen ihn, als er
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ihnen die vorwiegende Stellung der K�nigskrone zu f�hlen gab. Selbst Ottos eigener Bruder Heinrich, der ehrgeizige Hoffnungen auf den Thron n�hrte, schlo� sich den Emp�rern an. Aber Otto dem�tigte und unterwarf die Widerspenstigen, schr�nkte die herzog-liche Gewalt ein und verlieh mehrere Herzogt�mer an seine Ver-wandten. Seinem Bruder Heinrich, der reum�tig zu ihm zur�ck-kehrte, gab er das Herzogtum Bayern.
3. Ausw�rtige Feinde. Die Grenzen des Reiches sch�tzte und erweiterte Otto durch gl�ckliche Kriege gegen die ausw�rtigen Feinde. Die S lav e n unterwarf er bis zur Oder und gr�ndete zur Befestigung des Christentums unter ihnen die Bist�mer Havelberg und Branden-b�rg und das Erzbistum Magdeburg. B�hmen wurde lehnspflichtig; auch die Polen wurden abh�ngig.
955 4. Die Ungarnschlacht aus dem Lechselde 955. � Einen gro�en und wichtigen Sieg gewann Otto �ber die Ungarn. Diese wilden R�uber zogen in unabsehlichen Scharen durch S�ddeutschland aber-mals heran. Unweit Augsburg aus dem Lechselde, einer weiten Ebene, die der Lech durchstr�mt, stie� Otto mit seinen Deutschen auf die Landsch�diger 955. Es kam zu einer hei�en Schlacht, in welcher die Feinde scharenweise dem Racheschwerte der Deutschen erlagen. Hundert-tausend Ungarn sollen in dem Kampfe gefallen sein; was von ihnen der Schlacht entfloh, wurde auf der Flucht von den ergrimmten Bauern erschlagen. Wenige sahen die Heimat wieder. Nur sieben Mann, er-z�hlt die Sage, lie� der siegreiche Otto mit abgeschnittenen Nasen und Ohren nach dem Ungarlande zur�ckkehren, um dort von ihrer schm�h-lichen Niederlage zu erz�hlen. Seit dieser Zeit h�rten die verheerenden Einf�lle der Ungarn aus. Auch nahmen sie bald daraus das Christen-tum an, das sie an mildere Sitten gew�hnte.
5. Otto K�nig von Italien. Die folgenreichsten K�mpfe hatte Otto in Italien. Dort war der burgundische K�nig Lothar als �K�nig von Italien" anerkannt worden, aber dann rasch gestorben, und der Markgras Berengar von Jvrea hatte sich des Thrones be-m�chtigt. Da derselbe Lothars junge Witwe Adelheid verfolgte, wandte sich diese an den deutschen K�nig Otto um Hilfe. Otto kam mit einem Heere nach Italien, besiegte Berengar und verm�hlte sich mit Adelheid. Darauf lie� er sich, nachdem wiederholte Emp�rungen Berengars niedergeschlagen waren, in Mailand als K�nig von Italien die eiserne lombardische Krone aufsetzen.
962 6. Das heilige r�mische Reich deutscher Nation 962. Von
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Mailand begab sich Otto nach Rom. Dort empfing er vom Papste die Kaiserkrone 962. Seit dieser Zeit blieb die Kaiserw�rde bei dem Deutschen Reiche, das von nun an �heiliges r�misches Reich deutscher Ration" genannt wurde und an die Spitze aller Staaten des Abendlandes trat. Damit begannen die f�r Deutschland so verh�ngnisvollen �R�merz�ge". � Auf einem sp�teren Zuge nach Italien verm�hlte der Kaiser, um auch das unter der Herrschaft des griechischen Kaisers stehende Unteritalien an sein Hans zu bringen, seinen Sohn Otto mit der griechischen PrinzessinTheoph�no. Nach Deutschland heimgekehrt, starb er, wie sein Vater, zu Memleben und wurde zu Magdeburg, seinem Lieblingsaufenthalte, beftattet. Er hinterlie� das Reich stark nach innen wie nach au�en.
� 89.
Die letzten s�chsischen Kaiser.
1. �>tto II. (973 � 983) trieb den K�nig von Frankreich, der, um Lothringen dem deutschen Reiche zu entrei�en, die Kaiserstadt Aachen unvermutet mit einem Heere �berfallen hatte, bis nach Paris zur�ck und zwang ihn, auf Lothringen Verzicht zu leisten. Auf einem Zuge nach Unteritalien, dessen Besitz er im Namen seiner Ge-mahlin beanspruchte, erlitt er eine Niederlage und entging nur mit M�he durch einen Sprung ins Meer der Gefangenschaft. Er starb zu Rom im 28. Jahre seines Alters, das Reich seinem unm�ndigen Sohne �berlassend, der eben in Aachen als K�nig gekr�nt war.
2. Otto III. (983�1002), bei seines Vaters Tode erst drei Jahre alt, stand zuerst unter der Vormundschaft feiner Mutter Theo-ph�no, die, unterst�tzt von dem gelehrten franz�sischen Abt Gerbert/ (sp�ter Papst Sylvester II.), den Sinn des �Wunderkindes" von der �f�chfifchen Roheit" auf die griechisch-r�mische Bildung hinlenkte. Kaum zum J�ngling herangewachsen, zog Otto �ber die Alpen nach Italien, lie� sich in Rom zum Kaiser kr�nen und begeisterte sich an dem Gedanken, die ewige Stadt zur Hauptstadt des Reiches und zum Kaiser-sitze zu erheben. Doch die R�mer vergalten des jungen Kaisers Vor-liebe mit wiederholten Emp�rungen. � Er starb, ein J�ngling von 22 Jahren, in Italien.
3. Heinrich II. der Heilige (1002�1024), Herzog von Bayern, ein Urenkel Kaiser Heinrichs I., hatte namentlich in Italien viele, K�mpfe zu bestehen. Er empfing in Rom die Kaiserkr�nung, bei welcher ' ihm der Papst den goldenen, mit einem Kreuze gezierten Reichsapfel,
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das Sinnbild der Weltherrschaft, �berreichte. Ein Freund der Geist-lichkeit machte er mit seiner frommen Gemahlin Kunigunde viele kirchliche Stiftungen, namentlich gr�ndete er das Bistum Bam-berg, in dessen Dome (Tafel V, 7) er mit seiner Gattin bestattet ist. Mit ihm erlosch das s�chsische Kaiserhaus.
W�hrend der Regierung Heinrichs II. setzten sich die Normannen auch in Unteritalien fest, wo sie das Herzogtum Apulien gr�ndeten.
III. Die fr�nkischen oder salischen Kaiser 1024�1125.
� 90.
Konrad II. und Heinrich III.
1. Konrad II. von Franken (1024�1039) wurde auf der Ver-sammlung der deutschen St�mme in der Rheinebene zwischen Worms und Mainz gew�hlt (indem der j�ngere Frankenherzog Konrad nach-gab) und bald darauf in Rom als Kaiser gekr�nt. Er brachte Bu r-gund oder das arelatische K�nigreich (s. Karte IX) nach bem Aussterben des K�nigshauses an das Deutsche Reich. Um die �ber-m��ige Fehdelust der Ritter einzuschr�nken, f�rderte er den von der Kirche empfohlenen sogenannten Gottesfrieden, der allw�chentlich von Mittwoch abends bis Montag fr�h Waffenruhe gebot. Er starb in Utrecht und wurde (als der erste von acht deutschen Kaisern) im Dome zu Speier begraben, zu dem er den Grund gelegt.
2. Heinrich III. (1039�1056), Konrads Sohn, war ein kraft-voller Herrscher, unter welchem die Kaiserinacht ihren H�hepunkt, das Deutsche Reich seine gr��te Ausdehnung hatte. Selbst die Ungarn erkannten, wenn auch nur f�r kurze Zeit, in dem Kaiser ihren Lehns-Herrn.
Das Reich umfa�te drei K�nigreiche (Italien, Burgund, Ungarn), 7 deutsche Herzogt�mer (Franken, Sachsen, Schwaben, Bayern, Ober- und Niederlothringen und K�rnten), 2 finnische Herzogt�mer (Polen und B�hmen).
� 91.
Heinrich IV.
1. Heinrichs Jugend und der Sachsenkrieg. Heinrich IV. (1056�1106), der Sohn Heinrichs III., schon vor des Vaters Tode zum K�nige gew�hlt, war ein sechsj�hriges Kind, als er den Thron bestieg. Der Erzbischos Anno von K�ln entf�hrte (bei Gelegenheit eines Festes zu Kaiserswert am Niederrhein) den Knaben seiner Mutter und hielt ihn, indem er fortan als sein Vormund die Reichsregierung
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leitete, in strenger Zucht. Doch nach einiger Zeit wu�te der Erzbischof Adalbert von Bremen die Vormundschaft �ber den jungen K�nig und dessen weitere Erziehung in seine H�nde zu bringen. Er wirkte durch �bergro�e Nachgiebigkeit aus Heinrichs noch unbefestigten Cha-rakter verderblich ein und erf�llte sein Gem�t mit Geringsch�tzung gegen die F�rsten, insbesondere mit Ha� gegen die s�chsischen. Als Heinrich, schon in seinem f�nfzehnten Jahre m�ndig erkl�rt, die Re-gierung antrat, erregte er bei den Sachsen durch harte Behandlung ihrer F�rsten, durch Erbauung von Burgen (die Harzburg bei Goslar) und dr�ckende Hofhaltung in ihrem Lande solche Erbitterung, da� ein Aufstand der Sachsen erfolgte, in welchem der K�nig zur Flucht gen�tigt und seine Burgen zerst�rt wurden. Bald darauf aber besiegte Heinrich, der bei den St�dten und F�rsten am Rhein und in S�d-deutschlaud Beistand gefunden, die Emp�rer in einer Schlacht und be-handelte sie mit gro�er Strenge. Da verklagten ihn die Sachsen beim Papste, Gregor VII.
2. Papst Gregor VII. Auf dem p�pstlichen Stuhle sa� damals Gregor VII., der vor seiner Erw�hlung zum Papste den Namen Hildebrand gef�hrt hatte. Er stammte aus einer armen Familie im n�rdlichen Italien, hatte eine Zeitlang als M�nch in einem Kloster gelebt und war allm�hlich zum einflu�reichen Ratgeber der P�pste emporgestiegen. Durch Klugheit und Kraft ausgezeichnet, hatte er endlich selbst die p�pstliche W�rde erlangt. Mit allem Eifer war er nun darauf bedacht, die Macht des Papsttums zu erh�hen. �Zwei Lichter,"sagte er, �regieren am Himmel, die Sonne und der Mond. Die p�pstliche Gewalt ist wie die Sonne, die k�nigliche Macht gleicht dem Monde. Wie der Mond sein Licht von der Sonne hat, so find Kaiser, K�nige und F�rsten nur durch den Papst, der Gottes S'tellv ertreter und ChristiStatthalterauf Erden ist. Also ist die Macht des p�pstlich en Stuhles weit gr��er, als die Macht der Throne, und der K�nig ist dem Papste unterthan und Gehorsam schuldig." Zun�chst kam es darauf an, die p�pstliche Herrschaft fest zu gr�nden und v�llig selbst�ndig zu machen; daher gebot Gregor vor allem die all-gemeine Durchf�hrung des C�libats d.h.der Ehelosigkeit der Priester. Nicht durch irdische R�cksichten, nicht durch die Sorge f�r Weib und Kind sollten die Priester an ihre F�rsten gebunden, sondern, ganz unabh�ngig von der weltlichen Gewalt, einzig der Kirche angeh�ren und dem Papste unbedingt gehorsam sein. Darum sollte denn auch der Papst allein das Recht der Investitur d. h. das Recht haben, geistliche W�rden zu vergeben und die Bischofsstellen zu besetzen. Indem Gregor den F�rsten dies bisher von ihnen vielfach ausge�bte Recht absprach, rief er den sogenannten Jnvestlturstreit hervor, der f�nfzig Jahre hindurch Kaiser und Papst entzweit hat.
3. Heinrich IV. im Kampfe mit Gregor VII. Der Papst beschied Heinrich IV. zur Verantwortung auf die Anklage der Sachsen nach Rom. Heinrich wies diese Zumutung entr�stet zur�ck; ja er ging, seine Macht �bersch�tzend, so weit, da� er (durch eine Versammlung
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deutscher Bisch�fe) den Papst als abgesetzt erkl�ren lie�. Da that Gregor den Kaiser in den Bann, entsetzte ihn des Thrones und ent-band alle seine Unterthanen vom Eide der Treue. Nun erhoben sich Zwietracht und Ausruhr im ganzen Reiche, und die deutschen F�rsten drohten, einen neuen Kaiser zu w�hlen, wenn Heinrich nicht binnen kurzer Zeit des Bannes ledig sei. In dieser Not begab sich Heinrich unter gro�en Beschwerden mitten im Winter �ber die Alpen nach 1077 Italien, flehte vor dem Schlosse Canossa 1077 drei Tage barfu� und im B��erkleide des Papstes Gnade an und erlangte durch unerh�rte Dem�tigung Lossprechung vom Banne. Da indes der Papst z�gerte, Heinrichs k�nigliche Rechte anzuerkennen, kam es bald zu neuem Bruche zwischen beiden, und die p�pstlich gesinnten F�rsten w�hlten den Herzog Rudolf von Schwaben zum Gegenk�nig. Im Anfang des hier-durch entstehenden B�rgerkrieges schien Rudolf Gl�ck zu haben; schon �bersandte ihm der Papst im Namen des heiligen Petrus eine Krone und that Heinrich abermals in den Bann. Allein bald daraus wurde Rudolf in einer Schlacht verwundet und starb. Heinrich aber zog nun mit Heeresmacht �ber die Alpen gegen Gregor und eroberte nach drei-j�hriger Belagerung die Stadt Rom, so da� der Papst nach Unter-' Italien fliehen mu�te, wo er im n�chsten Jahre starb.
4. Heinrich I V. und seine S�hne. Endlich hatte Heinrich mit seinen eigenen S�hnen zu k�mpfen, die von der unvers�hnlichen Gegenpartei zur Emp�rung verleitet wurden. Der �ltere Sohn, Konrad, wurde deshalb von der Nachfolge ausgeschlossen und endete in Schmach. Der j�ngere Sohn aber, Heinrich, nahm den Vater durch sch�ndliche List gefangen, zwang ihn durch Drohungen, der Krone zu entsagen, und behandelte ihn wie einen Verbrecher. Der alte Kaiser entkam der Haft, floh nach L�ttich und starb dort in Kummer und Verlassenheit. F�nf Jahre noch stand der Leichnam des Gebannten in ungeweihter Kapelle; dann erst nach L�sung vom Banne erfolgte die feierliche Bestattung im Kaiserdome zu Speier.
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Der erste MreuMg 1096�1099.
W�hrend die Kaisermacht durch ihren langen Kampf mit dem Papsttum mehr und mehr geschw�cht wurde, erhielt die Macht und das Ansehen des Papstes eine erhebliche F�rderung durch die Kreuzz�ge.
Diese gewaltigen Feldz�ge nach dem Morgenlande wurden her-vorgerufen durch die frevelhafte Bedr�ckung und Mi�handlung der
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christlichen Pilger, welche nach dem gelobten Lande wallfahrteten, um am Grabe des Heilandes zu beten. Sie hatten zum Zweck, Pal�stina den H�nden der T�rken, die es beherrschten, zu entrei�en und wieder zu einem christlichen Reiche zu machen. Vor allen fachte der Einsiedler Peter von Amiens den Eifer des christlichen Volkes f�r das verdienst-liche Unternehmen an. Und als der Papst IX r 6 et n II. auf der gro�en Kirchenversammlung zu Clermont (1095) zur Teilnahme an dem heiligen Kriege aufforderte, da riefen Unz�hlige: �Gott will es!" und hefteten ein rotes Kreuz auf die rechte Schulter. So kam es zum
Ersten Kreuzzug 1096. DieerftenScharenvonKreuzfahrern, 1096 welche unter Petervon Amiens (und Walter von Habenichts)
nach dem Morgenlande ausbrachen, waren zuchtlose Haufen, die unter-wegs durch Elend und feindliche Angriffe zugrunde gingen. Der Haupt-zug, an dem sich mit Gottfried von Bouillon. Herzog von Nieder-lothringen, viele F�rsten, Bisch�fe und Ritter, namentlich aus Frank-reich und Italien, beteiligten, vielleicht eine halbe Million Streiter und Pilger, kam, nach uns�glichen Drangsalen und verlustreichen K�mpfen auf 20000 Krieger zusammengeschmolzen, im heiligen Lande an und erst�rmte nach m�hevoller Belagerung die Stadt Jerusalem 1099. 1099 Herzog Gottfried weigerte sich, da die K�nigskrone zu tragen, wo der Heiland unter der Dornenkrone geblutet hatte, und nannte sich nur �Schirmherr des heiligen Grabes". Nach seinem bald erfolgten Tode wurde sein Bruder Balduin von Flandern als der erste K�nig vonJernsalem gekr�ntllOO. Aber das neue K�nigreich Jerusalem 1100 konnte zu einem gesicherten Best�nde nicht gelangen; stets durch die Macht der T�rken bedroht, bedurfte es fortw�hrender Unterst�tzung und immer neuer Zuz�ge aus dem Abendlande.
� 93.
Heinrich V. � Lothar der Sachse.
1. Heinrich V. (1106�1125) schlo� nach heftigem Streit (�ber
die Investitur) mit dem Papste das Wormser Konkordat 1122, nach 1122 welchem die Bisch�fe vom Papste mit der geistlichen Gewalt (durch Ring und Stab), vom Kaiser mit den weltlichen G�tern (durch das Scepter) belehnt werden sollten. Heinrich starb kinderlos; das mit ihm erl�schende fr�nkische Kaiserhaus hatte, wie das voraufgehende s�chsische Haus, hundert Jahre �ber Deutschland geherrscht.
2. Lothar der Sachse, 1125 �1137, wurde gew�hlt mit Um-gehung der n�chsten Anverwandten des fr�nkischen Kaiserhauses, der
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hohenstaufischen Br�der Friedrich und Konrad (Schwesters�hne Heinrichs V.). Um gegen diese, die sich ihm nicht unterwerfen wollten, eine m�chtige St�tze zu gewinnen, verm�hlte er seine einzige Tochter (Gertrud) mit dem Welsen Heinrich dem Stolzen von Bayern. Auch belehnte er Albrecht Den B�ren aus dem Hause Askanien oder Wallenstedt mit ber Nordmark. Dieser gewann dazu von den Wenden das Havelland und nannte sich nach ber Einnahme ber Stabt Brandenburg zuerst MarkgrasvonBranbenburg. Durch Herbeiziehung beutscher Ansiedler kultivierte er das Land, in welchem er zugleich das Christentum fester begr�ndete. � Fast zwei Jahrhunderte lang herrsch-ten die a s k a n i s ch e n M a r k g r a s e n in Brandenburg.
IV. Die hohenstaufischen Kaiser 1138�1254.
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Konrad III. � Der zweite KreuMg.
1. KonraD III. (1138�1152) hatte einen m�chtigen Gegner in Heinrich dem Stolzen ans dem Hanse Wels, Herzog von Bayern und Sachsen. Der Kaiser entzog diesem seine beiden Herzogt�mer und besiegte die Welsenpartei bei der schw�bischen Stadt Weinsberg (Sage von der Weibertreue). Doch gab er nach Heinrichs des Stolzen Tode an dessen Sohn Heinrich Den L�wen das Herzogtum Sachsen zur�ck.
1147 2. Der zweite Krenzzng 1147. W�hrend der Regierung Kon-rads III. fiel die Stadt Edessa (jenseit des Euphrat), die beim ersten Kreuzzug in den Besitz der Christen gekommen war, wieder in des Feindes Hand; Jerusalem schien in Gefahr. Daher predigte der hochangesehene Abt BernharD von Clairvanr mit unwiderstehlicher Beredsamkeit einen neuen Zug nach dem Morgenlande: der Kaiser Konrad III. und der K�nig Ludwig VII. von Frankreich nahmen das Kreuz. Aber das Unternehmen mi�lang v�llig: die beiden Kreuzheere wurden in Kleinasien aufgerieben.
� 95.
Friedrich I. Barbarossa. � Der dritte Kreuzzug.
1. Friedrich I. Barbarossa d. i. Rotbart (1152 � 1190), Konrads III. Neffe, war nach Karl dem Gro�en und Otto I. der gr��te Kaiser des Mittelalters. Von sch�ner m�nnlicher Gestalt und w�rde-voller Haltung, mittelgro�, mit blondem Haar und r�tlichem Bart, in
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allen ritterlichen K�nsten hervorragend, zeigte er sich stets als klugen, gerechten und kraftvollen Herrscher, der, streng gegen Widerstrebende, vers�hnlich gegen Reuige, �berall das Recht zu ehren f�r die erste seiner Pflichten hielt. Karl der Gro�e galt ihm als Vorbild; ihm nach-strebend bezeichnete er es als seine Aufgabe, das Wohl der Kirche und der Staaten, die Unverletzlichkeit der Gesetze im ganzen Reiche zu gr�n-den und herzustellen. � Er hatte langwierige K�mpfe in Italien (6 R�merz�ge), besonders gegen die lombardischen St�dte, bezwang seinen Gegner Heinrich den L�wen und unternahm den dritten Kreuzzug.
a. K�mpfe in Italien. Die durch Handel und Gewerbflei� reich und m�chtig gewordenen lombardischen St�dte, vor allen Mai-land, hatten sich der Gewalt des Kaisers allm�hlich fast ganz ent-zogen. Um das kaiserliche Ansehen wieder herzustellen, machte Friedrich sechs Z�ge nach Italien. Er empfing die lom-bardische und die r�mische Krone, lie� die kaiserlichen Rechte den St�dten gegen�ber auf einem Reichstage (in den ronkalischen Feldern bei Piacenza) festsetzen, unterwarf die oberitalienischen St�dte und zerst�rte das widerspenstige Mailand. Aber die St�dte vereinigten sich unter der Leitung des Papstes A l e x a n -der III. zu einem gro�en Bunde gegen Friedrich, stellten Mai-land wieder her, bauten die Feste Alessandria und siegten in der Schlacht bei Legnano (1176), so da� Friedrich im Frieden (von Konstanz) den St�dten gro�e Freiheiten zugestehen mu�te.
b. Heinrich der L�we hatte von Friedrich auch das Herzogtum Bayern zur�ckerhalten und durch Bezwingung slawischer V�lker-schasten an der Ostsee seine Herrschaft so ausgedehnt, da� sie vom baltischen Meere gegen S�den bis zu den Alpen sich erstreckte (M�nchens Gr�ndung). Da er vor der Schlacht bei Legnano sich mit seinen Streitkr�ften von dem Kaiser pl�tzlich trennte, dessen flehentliche Bitten verachtend, und dadurch Friedrichs Niederlage verschuldete, wurde er mit der Reich sacht belegt und seiner Lehen verlustig erkl�rt: das Herzogtum Bayern erhielt O tto von Wittelsbach, in dessen Hause das Land fortan blieb. Sachsen wurde unter mehrere F�rsten geteilt. Heinrich behielt nur seineStammlandeBraunschw eig und L�neburg und mu�te eine Zeitlang in die Verbannung gehen. Er starb nach seiner R�ckkehr in Braunschweig.
c. Endlich beteiligte sich Friedrich an dem dritten Kreuzzug.
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 9
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1189 2. Der dritte Kreuzzug 1189�1192 wurde veranla�t durch den Fall der Stadt Jerusalem, welche der Sultan Saladin von �gypten nach einem gro�en Siege �ber die Christen bei Tiberias (1187) er-oberte. Um die christliche Herrschaft im Morgenlande wieder auszu-richten, entschlossen sich die Beherrscher der drei europ�ischen Haupt-reiche: der Kaiser Friedrich Barbarossa und die K�nige Philipp August von Frankreich und Richard L�wenherz von England, mit ansehn-lichen Heeren gegen die Ungl�ubigen zu ziehen. Kaiser Friedrich be-gann den dritten Kreuzzug 1189, indem er eine Streitmacht von 100,000 Mann durch Ungarn und das griechische Reich bis nach Klein-asien f�hrte; allein der alte Held sand im Flusse S a l e s (in Cilicien) seinen Tod 1190, und sein Sohn Friedrich von Schwaben, der nun die F�hrung des Heeres �bernahm, starb mit dem gr��ten Teile der Mannschaft bei der Belagerung der Festung Akkon (Ptolemais) an der Pest. Die beiden K�nige, unterdessen zur See angekommen, er-oberten mit Herzog Leopoldvon Oft erreich Akkon. Aber Leopold, von Richard L�wenherz schwer beleidigt, kehrte heim; auch Philipp August ging nach Frankreich zur�ck, und Richard, jedes Beistandes be-raubt, sah sich gen�tigt, einen Waffenstillstand mit Sal�din einzugehen, nach welchem dieser Jerusalem behielt, und den Christen nur das K�stenland von Joppe bis Akkon und der Besuch der heiligen Orte zu-gestanden wurde. Bei seiner R�ckkehr wurde Richard auf dem Wege durch �sterreich von Herzog Leopold gefangen genommen, dem Kaiser Heinrich VI. ausgeliefert und nur.'gegen ein bedeutendes L�segeld end-lich freigegeben. (Die Sage vom S�nger Blondel.)
Der alte Barbarossa lebte fort in der Sage des deutschen Volkes. Im Th�ringerlande, so erz�hlt sie, tief im unterirdischen Schlosse des Kiffh�userberges sitzt er schlafend, das Kinn gest�tzt auf einen steinernen Tisch, durch den sein Bart ihm bis auf die F��e gewachsen ist. Den Gipfel des Berges umkreisen Raben; endlich aber wird ein Adler kommen und sie hinwegscheuchen. Dann erwacht der alte Barbarossa aus seinem Schlummer und bringt die alte Macht und Herrlichkeit des Deutschen Reiches wieder.
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Heinrich VI., Philipp von Schwaben (und Otto IV.) � Her vierte Rremzug.
1. Heinrich VI. (1190�1197), Friedrichs I. Sohn, verm�hlt mit K o n st a n t i a, der (normannischen) Erbin des K�nigreichs Neapel
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und Sizilien, gelangte erst nach blutigem Kriege in den Besitz dieser Lande. Sein Plan, die Kaiserw�rde in dem hohenstaufischen Hause erblich zu machen, scheiterte an dem Widerstande der (geistlichen) F�rsten. Er starb in noch jugendlichem Alter zu Messina.
2. Philipp von Schwaben (1198�1208) und Otto IV. (1198 bis 1215). Nach Heinrichs VI. Tode w�hlten die Ghibellinen dessen Bruder Philipp (den j�ngsten Sohn Friedrichs I.), die Welsen Heinrichs des L�wen Sohn Otto. Im Kampfe beider Kaiser gegen-einander behielt im ganzen Philipp die Oberhand, obgleich Otto anf�nglich von dem gro�en Papste Jnnocenz III. unterst�tzt wurde.
Nach Philipps Ermordung durch den Pfalzgrafen Otto von Wittels-b a ch wurde Otto IV. als Reichsoberhaupt allgemein anerkannt. Er zerfiel aber sp�ter mit dem Papste, der Heinrichs VI. Sohn, den jungen Friedrich, als Kaiser aufstellte. Friedrich wurde in Aachen von den F�rsten gekr�nt, und Otto, jetzt von allen verlassen, zog sich in seine braunschweigischen Erblande zur�ck, wo er nach einigen Jahren starb.
3. Der vierte Kreuzzug 1202 wurde von franz�sischen Rittern angetreten 1202 die aber, statt nach Pal�stina zu segeln, in einen Thronstreit des griechischen Reiches eingreifend, Konstantinopel eroberten und das lateinische Kaisertum stifteten, das etwa ein halbes Jahrhundert bestanden hat.
� 97.
Friedrich II. und Ronrad IV. � Untergang der Hohenstaufen. � Du letzten Kreuzz�ge.
1. Friedrich II. (1215�1250), ein hochbegabter, gl�nzender Herrscher, K�nig von Sizilien, bis zum Antritt seiner Regierung unter der Vormundschaft des Papstes Jnnocenz III., geriet bald nach seiner Kaiserkr�nung mit den folgenden P�psten in den heftigsten Streit, zun�chst weil er den von ihm bei feiner Kr�nung gelobten Kreuzzug nicht sogleich ausf�hrte. Beide Parteien � die Anh�nger des Kaisers oder Ghibellinen und die p�pstlich Gesinnten oder Welsen � k�mpften um den Vorrang. Friedrich wurde in den Bann gethan, zog aber dennoch nach Pal�stina (5. Kreuzzug) und erhielt in einem Ver- 1228 trage mit dem Sultan von �gypten die Stadt Jerusalem, wo er sich selbst die Krone als �K�nig von Jerusalem" aufsetzte, nebst Bethlehem und Nazareth. Nach seiner R�ckkehr hatte er wider die lombar-dischen St�dte zu k�mpfen und siegte beiCortenuova (1237), entzweite sich aber von neuem mit dem Papste Jnnocenz IV., der ihn (durch die Kirchenversammlung zu Lyon 1245) als abgesetzt erkl�ren
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lie� und die Wahl des Landgrafen Heinrich Raspe von Th� -ringen zum Kaiser bewirkte. Dieser nur von geistlichen F�rsten ge-w�hlte Gegenkaiser konnte sich jedoch nicht behaupten und starb bald. Aber die Entzweiung in Deutschland dauerte fort, und Friedrich rieb sich in steten K�mpfen in Italien aus.
W�hrend seiner Regierung drangen die den Hunnen verwandten Mongolen, die sich unter demDschingisChan Temudschin zu gro�er Macht erhoben hatten' aus Asien durch Ru�land und Ungarn verw�stend bis Schlesien vor. siegten bei Liegnitz (1241), gingen dann aber nach Ungarn zur�ck. (Ru�land blieb ihnen noch 200 Jahre lang unterworfen.)
2. Konrad IV. (1250�1254), Friedrichs Sohn, ging, um sich das K�nigreich Neapel zu erhalten, das der Papst als erledigtes Lehen erkl�rte, nach Italien, starb aber dort bald. Er war der letzte Kaiser aus dem hohenstausischen Hause.
3. Untergang der Hohenstaufen. Da Konrads IV. Sohn Kon-radin (d. i. der kleine Konrad) bei des Vaters Tode noch ein unm�n-diges Kind war, so nahm, vom Papste herbeigerufen, der Graf Karl von Anjou, Bruder des K�nigs Ludwig des Heiligen von Frankreich, Neapel und Sizilien in Besitz. Konradin, in Deutschland aufgewachsen, kam als f�nfzehnj�hriger J�ngling zur Eroberung feiner Erblande mit einem Heere �ber die Alpen, wurde aber in der Schlacht bei Tagliacozzo geschlagen, aus der Flucht gefangen und (1268) mit seinem Freunde Friedrich von Baden auf Befehl Karls von Anjou zu Neapel hingerichtet. Er starb mit dem Herzen eines Kindes: sein letzter Ausrus galt dem Jammer seiner Mutter. Mit ihm erlosch das Haus der Hohenstaufen.
Karls tyrannische Regierung veranla�te einen Aufstand auf Sizilien, die sizilische Vesper 1282, der seiner Herrschaft auf der Insel ein Ende machte. Peter von Aragonien, durch seine Gemahlin den Hohenstaufen verwandt, er-hielt die Krone von Sizilien.
4. Ende der Kreuzz�ge. Die von Friedrich II. in Pal�stina errungenen Erfolge waren von kurzer Dauer. Schon nach 10 Jahren ging Jerusalem den Christen abermals verloren. Es wurden daher noch 2 weitere Kreuzz�ge unternommen, aber ohne Erfolg.
1248 5. Der sechste Kreuzzug 1248, von K�nig Ludwig IX. dem Heiligen von
Frankreich unternommen, wendete sich gegen �gypten, wo der K�nig nach anf�ng-lichem Vordringen in Gefangenschaft geriet und nur durch Aufgeben des er-oberten Gebiets seine Freiheit wieder erlangte.
1270 6. Der siebente Kreuzzug 1270 wurde ebenfalls vonLudwigdemHeiligen angetreten. Der K�nig f�hrte sein Heer nach Nordafrika, um zun�chst dort die Un-gl�ubigen zu bek�mpfen, starb aber vor der Stadt Tunis an einer Seuche.
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Hiermit endeten die Kreuzz�ge. Pal�stina blieb, nachdem den Christen (1291) auch Akkon, ihre letzte Besitzung im heiligen Lande, verloren gegangen, seitdem in den H�nden der T�rken.
� 98.
Das Papsttum und das M�nchswefen. Kirchliche Baukunst.
1. Die Macht des Papstes. Die Kreuzz�ge hatten zwar nn-erme�liche Opfer gefordert � 6 Millionen Europ�er fanden im Mor-genlande den Tod � ohne da� das erstrebte Ziel erreicht wurde; aber diese zweihundertj�hrigen Glaubensk�mpfe �bten doch einen gewaltigen Einflu� auf die Zust�nde Europas. Zun�chst und vor allem hoben sie � wie sie ja von der Kirche angeregt und gef�rdert wurden � die Macht und das Ansehen der Kirche und des Papstes. Ihren Gipfel erreichte die p�pstliche Gewalt durch Jnnocenz III. (t 1216), in welchem sie, wie die Sonne den Mond, alle weltliche Herrschaft an Glanz und Ausdehnung �berstrahlte.
K�nige und Kaiser dem�tigte der Papst durch den Bann und vergab K�nigs-throne nach Gefallen, ja er belegte selbst ganze L�nder mit dem Interdikt. Abtr�nnige von der r�misch-katholischen Kirche, wie die Albigenser und Waldenser im s�dlichen Frankreich, wurden durch die Gewalt der Waffen oder der Jnqui-sition (ein Glaubensgericht, welches Jnnocenz zur Aufsuchung und Bestrafung der Irrgl�ubigen einsetzte) vernichtet.
2. Die M�nchsorden. Eine bedeutende St�tze fand die p�pst-liche Macht in den sich mehrenden Kl�stern und M�nchsorden.
Unter denselben sind namentlich bemerkenswert: die Karth�user, der strengste aller Orden, der seinen Mitgliedern ewiges Schweigen auferlegte; die Cisterzienser,zu Citeaux bei Dijon gegr�ndet; die Karmeliter auf dem Berge Karmel in Pal�stina u. a. Vor allen aber waren durch eingreifende Wirksamkeit als Beichtiger, Seelsorger, Prediger hervorragend: die unter Jnnocenz III. entstandenen Bettelorden der Dominikaner oder Prediqerm�nche (gestiftet von dem Spanier Dominicus) und der Franziskaner oderMinoriten(durch Franz von Assisi gegr�ndet). Die ber�hmtesten Kirchenlehrer der zwei folgenden Jahrhunderte waren Bettelm�nche.
3. Kirchliche Baukunst �: der romanische Baustil. Im 11. und 12. Jahrhundert entwickelte sich aus dem Stil der Basilika der sogenannte roma-nische Baustil (Rundbogenstil). Der Grundri� der Basilika mit der Kreuz-form blieb im wesentlichen erhalten; durch die Verl�ngerung des Mittelschiffes �ber das Querschiff hinaus entstehtder Chor(stattderApsis). Die anfangs flacheHolzdecke wurde bald durch das Kreuzgew�lbe ersetzt. Der fr�her abgesondert stehende Turm ist nun mit der Kirche zu einem einheitlichen Ganzen verbunden; gr��ere Kirchen sind mit mehreren T�rmen (f�nf und dar�ber) ausgestattet, die ihnen zum befon-derenSchmucke gereichen. Die Mauern sind dick und massig; daher treten tirt Innern an die Stelle der schlanken S�ulen, wie sie die Basilika zeigt, m�chtige Pfeiler.
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Die rundbogigen Fenster sind klein und schmal; oft sto�en ihrer mehrere, nur durch S�ulen geschieden, aneinander (Taf. V, 10).
Zu den herrlichsten Bauwerken dieses Stils, der namentlich am deutschen Rhein seine rechte Heimat gefunden hat, geh�ren: der Dom zu Mainz, der Kaiserdom zu Speier, die sechst�rmige Abteikirche zu Laach, die Apostelkirche zu K�ln, die Dome zu Hildesheim und Braunschweig; ferner (im sog. �bergangsstil): die Dome zu Worms, Bamberg, Limburg a. d. L. (Taf. V, 7�11). In Italien ist vor-z�glich der Dom zu Pisa mit dem schiefen Turm (Taf. V, 2) bemerkenswert.
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Das Rittertum.
Eine eigent�mliche Erscheinung des Mittelalters, die gleichfalls durch die Kreuzz�ge wesentlich ausgebildet und zu h�herer Bedeutung erhoben wurde, war das Rittertum.
1. Das weltliche Rittertum. Die Entstehung des Rittertums wird auf den Kaiser Heinrich I. und seine K�mpfe gegen die Ungarn zur�ckgef�hrt. Es hatte sich aus der Zahl derer gebildet, die den Kriegsdienst zu Pferde leisteten. Die Ritter standen in der Mitte zwischen dem hohen Adel und denjenigen Freien, denen das Kriegs-Handwerk nicht herk�mmlich war, und bildeten den Ansang des niederen Adels. In den Kreuzz�gen waren sie der Kern der Heere. Als eigner Stand schl�ssen sie sich allm�hlich mehr und mehr ab, namentlich durch die Turniere, festliche Kampfspiele, welche die Glanzpunkte des Ritterlebens bildeten und zu denen nur, wer von ritterlicher Her-knnft (ritterb�rtig) war und die Pflichten des Ritterstandes erf�llte, zugelassen wurde. Diese Pflichten bestanden darin, da� der Ritter seine Ehre unbefleckt erhielt, der Kirche gehorsam, dem Lehnsherrn treu, hold und gew�rtig war, die Schwachen und Bedr�ngten besch�tzte und gegen die Frauen Bescheidenheit und H�flichkeit beobachtete. Der Ritterstand hatte die drei Abstufungen des Edelknaben, des Knappen und des Ritters. Zu der Ritterw�rde wurde der Knappe nach hin-reichender Erprobung seiner Waffent�chtigkeit durch den Ritter-schlag erhoben. Die Ritterburgen, meist auf Bergh�hen, hatten als Hauptbestandteile den hohen Wartturm (Berchfrit), das Herrenhaus (Palas) und das Frauenhaus (Kemenate).
Zu den �ltesten Burgen geh�ren: die Habsburg, der Trifels, die Hohenzollern-b�rg (Taf. VII, 5) und die Wartburg (s�mtlich aus dem 11. Jahrhundert).
2. Die geistlichen Ritterorden. Durch die Kreuzz�ge gewann das Rittertum h�here geistige Bildung, feinere Sitten und eine reli-gi�fere Richtung. Insbesondere wurden durch sie die in Pal�stina ge-
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Tafel V.
3. Sophienl�rche in Konstsntinopel,
8 a Dom zu Speier . �rontirisa. 'f
?. Apostelkirche zu K�ln.
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Delhi. �. Moschee in Corboba.
Baukunst
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stifteten drei geistlichen Ritterorden hervorgerufen. Die Mit-glieder derselben legten au�er den drei M�nchsgel�bden (Armut, Ehe-losigkeit, Gehorsam) noch das vierte Gel�bnis ab, die Waffen zur Ver-teidigung der christlichen Religion gegen die Ungl�ubigen zu f�hren. Jedem Orden stand ein Gro�meister oder Hochmeister vor. Die einzelnen Orden waren:
a. Die Johanniter. Kaufleute aus Unteritalien hatten schon vor den Kreuzz�gen ein Hospital zur Pflege kranker christlicher Pilger in Jerusalem gestiftet. Nach dem ersten Kreuzzuge wurde dieser Verein zu einem Ritterorden erhoben, dessen Mitglieder sich nach ihrem Schutzpatron Johannes dem T�ufer Johanniter nannten. Ordenstracht war ein schwarzer Mantel mit wei�em Kreuze.
Nach dem Verluste Pal�stinas eroberten die Johanniter die Insel Rho-dus, weshalb sie auch Rhodiserritter genannt wurden, und vonRhodus durch die T�rken vertrieben, erhielten sie (von Kaiser KarlV.) 1530 Malta, wo der Orden (der Malteser) bis 1798 seinen Sitz hatte.
b. Die Tempelherren. ein Orden aus einem Vereine franz�sischer Ritter entstanden und nach ihrer Wohnung an der Stelle des ehe-maligen salomonischen Tempels benannt, trugen als Ordenskleid einen wei�en Mantel mit rotem Kreuze.
Der Ordenverlegte nach dem Ende der Kreuzz�ge seinen Hauptsitz nach Cy-perrt, wurde aber bald daraus(1312), aus Betreiben des K�nigs Philipp IV. des Sch�nen von Frankreich, der nach ihren Reicht�mern trachtete, vom Papste als aufgehoben erkl�rt, seiner Besitzungen in Frankreich beraubt, und auf Philipps Befehl eine Anzahl seiner Mitglieder (auch der Gro�meister Jakob von Molay) wegen vorgeblicher Irrlehren auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
e. Der deutsche Orden (Deutschherren), 1190 bei der Belagerung von Akkon (im 3. Kreuzzug) durch Friedrich von Schwaben ge-stiftet, hatte zum Ordenskleide einen wei�en Mantel mit schwarzem Kreuze. Akkon war sein erster Hauptsitz, nach dessen Fall Venedig. W�hrend der Regierung Kaiser Friedrichs II. rief ein polnischer Herzog (Konrad von Masovien) die Hilfe des deutschen Ritter-ordens gegen die wilden, heidnischen Preu�en an, welche an der unteren Weichsel und Memel wohnten. Der Hochmeister Her-mannvonSalza sandte (1227) ei,nen Teil seiner Ritter (unter Hermann von Balk), denen bald ein gr��eres Heer folgte. Die Preu�en wurden nach 50j�hrigem Kampfe unterworfen und zum Christentum bekehrt. Von da an verbreitete sich deutsche Kultur in dem Lande, und es erhoben sich neue deutsche St�dte (wie: Kulm, Thorn, Elbing, K�nigsberg). 1309 wurde der Sitz des
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fo^Vlf 3)* ��n no<^ der Marienburg verlegt (Tafel VI, � 100.
Bl�tezeit der deutschen Dichtung.
mr� .^eJtorter der Kreuzz�ge und der hohenstaufischen Kaiser ist auch eine -�lutezert der deutschen Dichtung(1150�1250)
1. Das nationale Heldengedicht (Volksepos). Namentlich erhob sich die nationale Heldendlchtung, welche die in der Volkssage lebenden Helden,vor allen den Frankenk�nig Siegfried und den Ostgotenk�nig D ietri ch von B ern verherrlichte. '
�>� ,a' Das Nibelungenlied. Das gro�artigste dieser Heldengedichte ist das Jltochmgcitheb oder, rote der urspr�ngliche Name lautet, derNibelunae not. Dasselbe ist um 1200 von einem unbekannten Verfasser, einem Angeh�rigen des Rttterstandes, gedichtet. Es besteht aus zwei Teilen: der erste erz�hlt Siegfrieds Tod, der zweite Kriemhilds Rache.
b. Kudrun. Als zweites gro�es Nationalgedicht steht neben dem Nibelungen-lied, nnt dem es ungef�hr gleichzeitig entstanden ist, das Lied von Kudrun, das man wohl etne �Nebensonne der Nibelungen" oder auch �die deutsche Odyssee neben der deutschen Ilms" genannt hat. Das Gedicht hat die Nordseek�sten nebst der Normandie zum Schauplatz und besteht aus drei Teilen, von denen die beiden ersten aus den drrtten vorbereitend, von den Vorfahren der K�nigstochter Kudrun berichten' der dritte und Hauptteil die Schicksale Kudruns selbst erz�hlt.
2. Die Ritterdichtung (Kunstepos). Neben der Volkspoesie entwickelte sich auch die sogenannte K u nstd i ch tung, welche mehr Wert auf kunstreiche Darstellung und Ausschm�ckung legt, und, haupts�chlich vom Ritterstande und an F�rstenh�fen gepflegt, auch H�fische oder Ritterdichtung genannt wird. Die E r z � h lu n g e n der H�fischen Dichter behandeln � im Unterschiede von der nationalen Helden-dlchtung- vorzugsweise fremde, au�erhalb des Kreises des deutschen Lebens liegende Stoffe, wie die franz�sischen Sagen von Karl dem Gro�en, die Sage von dem britischen K�nige Artus und den Helden seiner Tafelrunde und die Sage von dem heiligen Gral (d. h. von dem mit Wunderkraft ausgestatteten Gef��, dessen sich Christus bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls bediente und in welchem dann des sterbenden Heilands Blut aufgefangen wurde). Die hervor-ragendsten dieser S�nger waren: Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Stra�burg.
a. Hartmann von Aue (um 1200) aus Schwaben hat � au�er andern Werken (wie: Jwein, der Ritter mit dem L�wen) � die r�hrende Erz�hlung Der arme Heinrich gedichtet.
b. Wolfram von Eschenbach war der gr��te Dichter des deutschen Mittel-alters. Ein Ritter aus dem St�dtchen Eschenbach bei Ansbach, geh�rte er dem S�ngerkreise an, der sich an dem gl�nzenden Hofe des Landgrafen Hermann von Th�ringen zusammenfand. Auf der Wartburg bei Eisenach hat er, obwohl des Schreibens und Lesens unkundig, das gro�artigste Werk der Ritterpoesie, den Par-zival, (zwischen 1205 und 1215) gedichtet.
c. Gottfried Von Stratzburg, ein Zeitgenosse Wolframs, hat in seinem gro�en,
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aber unvollendeten Gedicht Tristan und Isolde das heiter bewegte Treiben wie die leichtfertige Sitte der h�fischen Ritterwelt in h�chst gewandter, anmutig hin-flie�ender Darstellung geschildert.
3. Der Minnegcsang: Walter von der Vogelweide.
Neben der erz�hlenden Poesie schwang sich die Liederdichtung, der so-genannte Minnegesang, empor. Die Zahl der Minnes�nger ist eine bedeutende; auf den Burgen der Ritter wie an den H�fen der F�rsten wurden ihre Lieder gern geh�rt. Den Hauptinhalt derselben bildete die Verehrung, die Verherrlichung der Frauen. �Nichts," hei�t es von ihnen in einem Minnelied, �nichts gleicht der Wonne sie zu schauen, nichts in L�sten noch aus Erden noch in allen gr�nen Auen." Doch sangen die Dichter auch vom Lenz mit seinem Gr�n und seinen Blumen, �von Freiheit, M�nnerw�rde, von Treue und Vaterland." Der trefflichste und viel-seitigste derselben warWaltervonder Vogelweide, der, ein Edelmann und doch ein fahrender S�nger, in der ersten H�lfte des 13. Jahrhunderts in Wien und auf der Wartburg, wie an den H�fen der hohenstaufischen Kaiser Philipp und Friedrich II. seine herrlichen Lieder sang, bis der lange Umhergetriebene endlich von Kaiser Friedrich II. das ersehnte kleine Lehen, vermutlich in der N�he von W�rzburg erhielt, wo er hochbetagt seine Grabst�tte fand. �Deutschland hat vor Goethe keinen Lyriker gehabt, der sich mit Walter von der Vogelweide vergleichen lie�e."
� 101.
Das Interregnum 1254�1273.
Mit dem Falle der Hohenstaufen war die Herrlichkeit des Deutschen Reiches dahin. Das Kaisertum gelangte nicht mehr zu seiner fr�heren Macht und Bedeutung. Besonders erniedrigt wurde dasselbe durch das ungl�ckselige Zwischenreich oder Interregnum. Da n�mlich keinen deutschen F�rsten nach der verh�ngnisvollen Kaiserkrone gel�stete, so erkauften zwei Ausl�nder die deutsche K�nigswahl mit Geld: der eine Teil der bestochenen F�rsten w�hlte den englischen Grafen Richard von Cornwallis,der andere den K�nig Alfons von Kastilien. Beide blieben jedoch ohne Ansehen im Reiche: Richard kam selten, Alfons niemals nach Deutschland. Die wichtigsten kaiser-lichen Rechte gingen an die F�rsten verloren; das deutsche Reich be-gann sich mehr und mehr in einzelne Landesgebiete aufzul�sen. Zer-r�ttende Fehden, Raubwesen und Faustrecht erf�llten diese �kaiser-lose, schreckliche Zeit".
V. Die Kaiser aus verschiedenen H�usern 1273-1347.
� 102.
1. Rudolf von Habsburg (1273 � 1291). Um das Deutsche Reich vor der v�lligen Aufl�sung zu bewahren, welcher es durch das unheilvolle Interregnum entgegengef�hrt wurde, bewirkte der einflu�-
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reiche Erzbischof Werner von Mainz, unterst�tzt von dem (hohenzollern-schen) Burggrafen Friedrich von N�rnberg, die Wahl des Grafen 1273 Rudolf von Habsburg zum deutschen K�nig. Rudolf � dessen Stammburg in dem Schweizerkanton Aargau lag � war nicht hervorragend m�chtig an Land und Leuten, aber ein tapferer und kluger, leutseliger und frommer Herr. Vorsichtig enthielt er sich jeder Ein-Mischung in die Angelegenheiten Italiens: das Land gleiche der H�hle des L�wen, in welche man wohl hineinkomme, aus der man aber nicht wieder zur�ckkehre. So lie� er sich auch nicht in Rom zum Kaiser kr�nen. In Deutschland suchte er die tiefersch�tterte Ordnung herzu-stellen: viele Raubburgen wurden zerst�rt, die Raubritter hingerichtet. Des Kaisertums fr�heren Glanz zur�ckzuf�hren, verhinderte ihn die Ausdehnung, welche die F�rstenmacht erlangt hatte. Doch wurde der m�chtigste Reichsf�rst, der K�nig Ottokar von B�hmen, welcher �sterreich, Steiermark, K�rnten und Krain an sich gebracht hatte und des �armen Grasen" Rudolf Oberherrschaft nicht anerkennen wollte, von ihm zur Unterwerfung gen�tigt. Nach einem neuen Abfall wurde Ottokar auf dem Marchfelde (unweit Wien 1278) besiegt, und fiel in der Schlacht. Von den L�ndern desselben verlieh Rudolf �fter-reich (mit Steiermark und Krain) seinen eigenen S�hnen Albrecht und Rudolf und legte dadurch den Grund zu der welthistorischen Stellung des Hauses Habsburg. Von jetzt an war das Hauptstreben der Kaiser: dieGr�ndung einer bedeutendenHausmacht.� Indes gelang es Rudolf nicht, die Wahl seines stolzen, l�ndergierigen Sohnes Albrecht zu seinem Nachfolger im Reiche bei den F�rsten durchzusetzen. Er starb, ein Greis von 73 Jahren, auf einem Ritt nach Speier, der Stadt der Kaisergr�ber, zu Germersheim.
2. Adolf von Nassau (1292�1298) wurde aus Besorgnis vor der Macht des Habsburgischen Hauses gew�hlt. Zu dieser Zeit geschah die Gr�ndung der schweizerischen Eidgenossenschast. Bereits 1291, gleich nach Kaiser Rudolfs Tode, hatten die Waldst�tten Schwyz, Uri und Unterwalden, die zur Zeit Rudolfs unter die Erbvogtei der Habs-burger sich beugen mu�ten, einen ewigen Bund zur Erhaltung ihrer alten Reichsuumittelbarkeit geschlossen, die ihnen nun auch von Adolf von Nassau best�tigt wurde. Dieser Bund war der Ursprung der schweizerischen Eidgenossenschaft. Adolf suchte, um seine geringe Haus-macht zu mehren, das von dem Landgrafen Albrecht dem Entarteten er-kanfteTh�ringen gegen dessen S�hne Friedrich (unrichtig �Friedrich mit der gebissenen Wange" genannt) und Diezmann zu behaupten.
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erregte aber damit Unzufriedenheit bei mehreren Kurf�rsten, die ihn f�r abgesetzt erkl�rten und K�nig Rudolfs Sohn, Albrecht von �fter-reich, w�hlten. Adolf fiel gegen diesen in dem Gefecht bei G�ll-heim am Donnersberg.
Die Sage (vom R�tlibund, von Ge�ler und Tell) verlegt die Gr�ndung der schweizerischen Eidgenossenschaft in die Regierung des folgenden Kaisers Albrecht von �sterreich.
3. Albrecht von �sterreich (1298�1308) war eifrig bem�ht,
seine Hausmacht zu vergr��ern, konnte aber weder Th�ringen noch B�hmen unter �sterreichs Herrschaft bringen. � Albrecht wurde von feinem Neffen Johann (Parricida) von Schwaben, dem er sein v�terliches Erbe vorenthielt, am Ufer der Reu� unweit der Habsburg ermordet.
4. Heinrich TBE. von Luxemburg (1308�1313) brachte �
durch Verm�hlung seines Sohnes Johann mit einer b�hmischen Prin-zessin � B�hmen an sein Haus und begr�ndete dadurch die Macht des luxemburgischen Hauses in Deutschland. Dann unternahm er, um die kaiserliche Herrschaft �ber Italien herzustellen, einen R�-merzug, auf welchem er bald starb.
5. Ludwig der Bayer (1314 �1347) hatte zum Gegenk�nig Friedrich den Sch�nen von �sterreich (1314�1330, Kaiser Albrechts Sohn), den er in der Schlacht bei M�hldorf 1322 (die Sage vom 1322 �frommen" Schweppermaun) besiegte und gefangen nahm, dann aber,
seine Treue ehrend, zum Mitkaiser machte. Als die P�pste (welche
seit 1309 siebzig Jahre hindurch zu Avignon residierten) den Kaiser Ludwig unvers�hnlich verfolgten', erkl�rte der Kurverein zu Rense 1338 1338 d. h. die bei Rense (oberhalb Koblenz) versammelten Kurf�rsten, da� der von den deutschen F�rsten gew�hlte Kaiser der Best�tigung seiner W�rde durch den Papst nicht bed�rfe. � Die Macht seines Hauses vermehrte Ludwig, indem er � bei dem Aussterben des aska-nischen Hauses � Brandenburg seinem Sohne Ludwig verlieh. So folgten in Brandenburg auf die Askanier die bayerischen Mark-grasen (3 S�hne Ludwigs des Bayern). � Nach Ludwigs Tode (durch einen Schlaganfall auf einer B�renjagd) kam mit Karl von B�hmen, Heinrichs VII. Enkel, der zuletzt als Gegenk�nig Ludwigs aufgetreten war, das H a u s L u x em b u r g zur Regierung.
VI. Die luxemburgischen Kaiser 1347�1437.
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1. Karl IV. (1347 � 1378) ist von einem seiner Nachfolger
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�B�hmens Vater, des heiligen r�mischen Reiches Erzstiefvater" ge-nannt worden. Von ihm wurde zu Prag die erste Universit�t im Deutschen Reiche gestiftet (1348). Sein Hauptwerk f�r das 1356 Reich war die goldene Bulle 1356. In derselben wurde festgesetzt, da� die Kaiserwahl durch sieben Kurf�rsten: die drei Erz-bisch�se von Mainz, Trier und K�ln und vier weltliche F�rsten: den K�nig von B�hmen (Erzschenk), den Pfalzgrafen bei Rhein (Erztruch-se�), den Herzog von Sachsen - Wittenberg (Erzmarschall) und den Markgrafen von Brandenburg (Erzk�mmerer) in Frankfurt erfolgen, die Kr�nung des Kaisers in Aachen geschehen solle. Die Kurf�rsten, �die sieben S�ulen und Leuchter des heiligen r�mischen Reiches", wurden mit gro�en Vorrechten ausgestattet. Karl gr�ndete sich eine sehr bedeutende Hausmacht, indem er die Mark Brandenburg, Schlesien und andere Gebiete mit seinem Er blande B�hmen verband, das unter ihm seine goldene Zeit hatte. (Die Mark Branden-b�rg erwarb er durch Kauf von dem letzten der 3 bayerischen Mark-grasen, und �bertrug sie seinem Sohne Wenzel, s�r den er selbst zu-n�chst die Regierung f�hrte. So folgten auf die bayerischen Mark-grasen die l u x e m b u r g i s ch e n.)
W�hrend Karls Regierung verheerte eine entsetzliche Pest, der sogenannte s ch w a r z e T o d, die L�nder Europas. (Die Flagellanten oder Gei�ler.)
2. Wenzel (1378�1400), Karls Sohn, war K�nig von B�hmen und bisher auch Kurf�rst von Brandenburg, das er aber nun seinem Bruder Sigismund �berlie�. Unter seiner schlaffen Regierung nahm das Raub- und Fehdewesen im Reiche �berhand (der St�dtekrieg in Schwaben, Sieg Eberhards des Greiners bei D�ffingen 1388). Wenzel wurde endlich von den vier rheinischen Kurf�rsten als �unn�tz-licher und saumseliger Entg lieberer des heiligen r�mischen Reiches" abgesetzt, und Ruprecht von der Pfalz (1400�1410) gew�hlt, der zwar �reich an gutem Willen, aber schwach an Mitteln war, um das Unrecht zu kr�nken und zu st�rken das Recht".
3. Sigismund (1410�1437), Kurf�rst von Brandenburg, durch seine Gemahlin K�nig von Ungarn und nach seines Bruders Wenzel Tode auch K�nig von B�hmen, suchte vor allem die in der K i r ch e eingetretenen Wirren zu beseitigen und betrieb daher die Berufung des
1414 a. Konzils zu Konstanz (1414�1418). Die n�chste Aufgabe dieser gr��ten und gl�nzendsten Kirchenversammlung des Mittelalters war, dem sogenannten Schisma d. h. der verderblichen Spaltung
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der Kirche, in welcher sich damals drei P�pste um die Herrschaft stritten, ein Ende zu machen. Dieser Zweck wurde erreicht: die drei P�pste teils entsetzt, teils zur Niederlegung ihrer W�rde bewogen und ein neuer Papst gew�hlt. Aber eine �Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern", welche vor allen die Deutschen von dem Konzil forderten, kam nicht zustande. Der B�hme Johann HuS, der gegen verschiedene Lehren und Satzungen der Kirche eifrigen Widerspruch erhoben hatte,
wurde trotz des kaiserlichen Geleitsbriefs 1415 zu Konstanz als Irr-lehrer auf dem Scheiterhaufen verbrannt, und sein Freund Hieronymus von Prag erlitt im folgenden Jahre die gleiche Strafe.
Diefe Vorg�nge riefen den
b. Hussitenkrieg hervor. Die Anh�nger von Hus erhoben unter Zizka einen Aufstand, der sich �ber ganz B�hmen verbreitete, weiger-ten sich, nach Wenzels Tode (1419) den �wortbr�chigen" Sigismund als K�nig anzunehmen, schlugen seine Heere mehrmals zur�ck, machten nach dem Tode des blinden Zizka auch verheerende Einf�lle in die Nachbarl�nder und wurden erst nach dem Zugest�ndnisse des Kelches (beim Abendmahle), den ihnen das Konzil zu Basel (seit 1431) gestattete, durch innere Spaltung (in die milderen Kalixtiner und die strengeren Taboriten) geschw�cht, unterworfen.
c. Die Hohenzollern in Brandenburg. W�hrend des Kon- 1415 stanzer Konzils 1415 erhob Sigismund den Burg grasen Fried-
rich VI. von N�rnberg aus dem Hause Hohenzollern zum Mark-grasen von Brandenburg.
Die Hoh enzollern stammen ans S�ddeutschland: auf einem Bergkegel der rauhen Alp, bei Hechingen in Schwaben liegt ihr Stammschlo�. Ein Zweig dieses alten Grafenhauses erhielt unter den hohenstaufischen Kaisern die Burggrafe n-w�rde von N�rnberg und erwarb sich betr�chtlichen L�nderbesitz und hervor-ragende Verdienste um das Deutsche Reich. Im Jahre 1411 setzte Kaiser Sigismund den Burggrafen Friedrich VI. zum �obristen Hauptmann" und Verweser ein, um �mit Gottes Hilfe die Mark aus ihrer jammervollen Lage zu erretten". Auf dem Konzil zu Konstanz 1415 �bertrug dann der Kaiser auf Friedrich das Markgraftum Brandenburg nebst der Kur- und Erzk�mmererw�rde erbeigent�mlich.
Mit Friedrich beginnt die Reihe der hohe nzollerischenKur-surften (1415�1701). Es herrschten deren im ganzen zw�lf.
Friedrich I. (1415�1440) war ein ausgezeichneter Landesf�rst. Die trotzigen Raubritter, unter welchen die Quitzow die gewaltt�tigsten waren, bezwang er mit kraftvoller Hand, indem er ihre festen Schl�ffer durch feine gewaltige Donnerb�chse �die faule Grete" zerst�rte. Dadurch stellte er Ruhe und Sicherheit im Lande her, f�r dessen Wohl er, unterst�tzt von seiner Gemahlin, ber �sch�nen Else", treulich sorgte.
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VII. Kaiser aus dem Hause �sterreich 1438-1519.
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1. Albrecht II. (1438 �1439), Kaiser Sigismunds Schwiegersohn, der als Erbe der luxemburgischen Hausmacht auch in B�hmen und Ungarn als K�nig folgte, beginnt die Reihe der Kaiser aus dem Hause �sterreich, das im Besitze der r�mischen Kaiserw�rde bis 1806 geblieben ist.
2. Friedrich III. (1440-1493), ein Vetter Albrechts, regierte am l�ngsten unter den deutschen Kaisern, wie sein Vorg�nger am k�rzesten. Aber tr�ge und �allwege unschl�ssig", konnte sich der �un-n�tze Kaiser" weder im Reiche, wo er w�hrend 25 Jahren nicht ein einziges Mal erschien, noch in seinen Erblanden Ansehen verschaffen. Das Faustrecht herrschte ungehemmt, �berall ri� Unordnung ein. B�hmen und Ungarn trennten sich vom Hause Habsburg und w�hlten sich eigene K�nige. � Der deutsche Ritterorden, dessen Macht durch die Niederlage bei Tannenberg (1410) gegen den K�nig von Polen gebrochen war, verlor im Frieden zu Thorn 1466 Westpreu�en (mit der Marienburg) an Polen und mu�te die polnische Lehnshoheit �ber Ostpreu�en anerkennen.
W�hrend Friedrichs Regierung suchte der m�chtige Herzog Karl der K�hne von Burgund, welcher auch den gr��ten Teil der Nieder-lande besa�, sich ein K�nigreich zu gr�nden. Er eroberte Lothringen und wollte sich dann auch die Schweiz unterwerfen, wurde aber von den Schweizern bei Grandson, Mnrten und zuletzt bei Nancy 1477 besiegt, wo er fiel. Seine Erbtochter Maria verm�hlte sich mit des Kaisers Sohne Maximilian, der zwar das Herzogtum Bur-gund (die Bonrgogne) an Frankreich �berlassen mu�te, das �brige Erbe aber behauptete, so da� die bl�henden Niederlande an das �fter-reichische (habsburgische) Haus kamen.
3. Maximilian I. (1493�1519), �der letzte Ritter", gr�ndete den ewigen Landsrieden 1495, zu dessen Aufrechterhaltung er das Reichskammergericht (in Speier, zuletzt in Wetzlar) einsetzte und Deutschland in zehn Kreise teilte (s. Karte X). Den Verkehr bef�rderte er durch Einf�hrung des Postwesens (Thurn- und Taxissche Posten). An den Kriegen der Franzosen und Spanier um Italien nahm er ohne Nutzen teil. Dagegen er�ffnete er dem Haufe Habsburg die Aussicht auf neuen Machtzuwachs durch die Verm�hlung seines Sohnes Philipp mit der Erbin von Spanien (Johanna, der Tochter Ferdinands des Katholischen, � 109, 2) und die Verlobung
TUmxlnoy.
nach seiner Einteilung in
nebst Angabe der historisch merkw�rdigsten Orte vom Ausgange des Mittelalters bis auf Friedrich den Grossen.
I-1 Ober-S�chsischer Kreis
L_i Nieder-S�chsischer "
I_I Westf�lischer "
L-^J Obcr-Rheinischer " I 1 Nieder-Rheinischer � I 1 Burgundischer i i �sterreichischer " Schw�bischer "
I_I Fr�nkischer "
1�J Saprischer "
Die. zur Hansa, geh�rigen) St�dte, S�UL unterstrichen.
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Verlag von B. Voigtl�nder in Kreuznach.
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Zink�tzung tmd Druck von Rudolf LoSs in Leipzig.
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seines Enkels Ferdinand mit der Schwester (Anna) des kinderlosen K�nigs von B�hmen und Ungarn.
(�Kriege m�gen andere f�hren; du, gl�ckliches �sterreich, heirate!")
Die schweizerische Eidgenossenschaft. Obgleich Kaiser Heinrich VII. die (schon von Adolf von Nassau anerkannte) Reichsunmittelbarkeit den Waldst�tten Schwyz, Uri und Unterwalden von neuem best�tigt hatte, machte doch das Haus Habsburg (�sterreich) wiederholte Versuche, dieselben wieder zu unter-werfen. Aber in der Schlacht am Morgarten (1316) schlugen sie Friedrichs des Sch�nen Bruder, den Herzog Leopold I. von �sterreich, mit seiner schweren Reiterei. Ihr Bund vergr��erte sich allm�hlich ^Eidgenossenschaft der acht alten Orte. JnderSchlacht bei Sempach(1386)siegten dann die Eidgenossen (denen � der Sage nach � Arnold Winkelried von Stanz durch Selbstauf-opferung �eine Gasse machte") �ber Leopold III. von �sterreich, und nach ihren Siegen �ber Karl den K�hnen schl�ssen sich neue Orte der Eidgenossenschaft an. Kaiser Maximilians Versuch, die Schweizer dem Reichskammergerichte zu unter-werfen, mi�lang, und seitdem kann man sie als losgetrennt vom Reiche betrachten. Ihre v�llige Trennung von Deutschland wurde jedoch erst im westf�lischen Frieden 1648 ausgesprochen.
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Verfall des Rittertums. Das St�dtewesen.
1. Versall des Ritterwesens. Hatten die Kreuzz�ge zur h�heren Entwicklung des Rittertums erheblich beigetragen, so geriet dasselbe seit dem Mi�lingen dieser Heerfahrten rasch in immer tieferen Verfall. An die Stelle edler Rittersitte trat mehr und mehr rohe Gewaltth�tig-keit und w�ste Fehdesucht. Manche Ritter lebten nur von Streit und Fehde; ja, sie sch�mten sich des Raubes nicht. Aus ihren unzug�nglichen, gegen Angriffe wohl verwahrten Burgen fielen die Raubritter mit ihren Reisigen �ber die vor�berkommenden Warenz�ge der Kaufleute her und pl�nderten sie aus; an den Ufern der Fl�sse forderten sie von den Schiffen willk�rliche Zollabgaben. Ihre unaufh�rlichen Fehden zerr�tteten den Wohlstand ganzer Gegenden. Konnten sich die St�dte durch Mauern und Gr�ben gegen �berf�lle sch�tzen, so wurden dagegen die Felder des Landmannes schonungslos verw�stet. Bei der Abnahme der kaiserlichen Gewalt seit dem Falle der Hohenstaufen hatte das Ge-setz sein Ansehen verloren: das blinde Walten des eisernen Speers, die Herrschaft des alle Ordnung aufl�senden Faustrechts trat an seine Stelle. Durch solche Ausartung, der freilich die kr�ftigeren Kaiser mit Strenge entgegentraten, verlor das Rittertum seinen alten Ruhm. Endlich, als nach der Erfindung des Schie�pulvers die eherne Waffen-r�stung und die seste Burg dem r�uberischen Wegelagerer und Land-besch�diger keine gesicherte �bermacht mehr gew�hrten, h�rte das
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Ritterwesen, das im Mittelalter eine so hervorragende Stelle ein-nimmt, nach und nach ganz auf.
Sem Raub- und Fehdewesen traten in Westfalen (auf der roten Erde) die Femgerichte entgegen, die eine gro�e, allm�hlich furchtbar mi�brauchteGe-walt �bten, jedoch seit dem Ende des 15. Jahrhunderts bereits im Sinken waren.
2. EntWickelung des St�dtewesens. W�hrend das Rittertum immer tiefer sank, erhob sich das St�dtewesen immer h�her. Der Schutz gegen Angriffe von au�en war bei Anlage der St�dte stets der n�chste Zweck; daher diese mit starken, turmgekr�nten Ringmauern, mit Wall und Graben umschlossen wurden. Die Stra�en imJnnern waren meist krumm und wegen ihrer Enge d�ster und schmutzig; die H�user, anf�nglich nur von Holz und Lehm gebaut, bestanden aus mehreren �bereinander gegen die Gasse vorragenden Stockwerken; sie waren ein-fach eingerichtet, wie es der herrschenden m��igen Lebensweise ent-sprach. Im Gegensatz zu der Schlichtheit der Wohnh�user stand nicht selten die Gro�artigkeit der �ffentlichen Geb�ude: der Rath�user, Kaufhallen, Stadtthore, vor allem der Kirchen. Indes brachte der zunehmende Wohlstand auch den Bau der Privath�user zu h�herer Ent-Wickelung: man begann mehr und mehr dieselben aus Stein auszu-f�hren und immer reichlicher, geschmack - und kunstvoller einzurichten und auszuschm�cken (Tas. VII. 2 und 4); auch die Stra�en wurden allm�hlich breiter angelegt und gepflastert, und St�dte wie N�rnberg und Augsburg, Regensburg, K�ln und Wien wurden nicht allein wegen der Zahl und Macht ihrer Bev�lkerung, sondern mit Recht auch wegen ihrer Sch�nheit gepriesen.
3. Bl�te des St�dtewesens. Die Bl�te der St�dte beruhte vor allem auf ihrer Gewerbth�tigkeit und ihrem Handel. Wenn in dem Gewerbe Italien das Musterland war und durch gro�artige Ausbreitung des Handels vor allen Italiens Seest�dte Venedig, Genua und Pisa hervorragten, so schl�ssen sich diesen die deutschen St�dte (Augsburg, N�rnberg, Ulm, Frankfurt a. M. u. a.) an, welche die aus dem Morgen lande zur See herbeigef�hrten Waren nach dem mittleren und n�rdlichen Europa weiter f�rderten. �Vene-diger Macht, Augsburger Pracht, Ulmer Geld herrschen durch die ganze Welt , so hie� es in einem damals ausgekommenen Spr�chlein.
4. Reichsst�dte, St�dteb�nde, die Hansa. Durch lebhaften Handel, dem sich eine nicht minder rege Gewerbth�tigkeit anschlo�, zu Reichtum und Ansehen gelangt, erwarben sich die St�dte eine immer gr��ere Selbst�ndigkeit. In Deutschland entstanden allm�hlich etwa
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60 Reichsst�dte, die, nur dem Kaiser nnterthan, durch einen aus B�rgern bestehenden Rat (an dessen Spitze die B�rgermeister standen) regiert wurden. Neben den Gesch lechtern oder Patriziern, aus denen die Ratsmitglieder gew�hlt wurden, schl�ssen sich dieHandwerker in Z�nften (Gilden, Innungen) zusammen. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts bildeten sich Vereinigungen von deutschen St�dten zur Aufrechterhaltung des Landfriedens, zur Erweiterung ihrer Rechte und Freiheiten und zur Bef�rderung ihres Handels. So der r h e i n i s ch e S t � d t e b u n d, der �ber 70 St�dte (auch vom Rheine abgelegene, wie N�rnberg, Erfurt zc. 2C.) umfa�te und von Basel bis Wesel reichte. Vorz�glich m�chtig wurde die Hansa. Ihren Anfang bildete ein (um 1241) zwischen L�beck und Hamburg geschlossenes B�ndnis, dem bald andere St�dte beitraten, so da� im 14. Jahr-hundert etwa 80 St�dte dem Verein angeh�rten, darunter L�beck (das an der Spitze stand), Hamburg, Bremen, K�ln, Amsterdam, Braunschweig, Magdeburg, Danzig, Riga. Der Bund beherrschte durch Handel und Waffen alle K�sten von Nord- und Westeuropa; in London, Bergen, Nowgorod, selbst in Portugal und Spanien hatte er Niederlagen, und seine Flotten f�hrten eigene Kriege, namentlich mit den K�nigen von D�nemark. Erst am Ende des Mittelalters, durch die Entdeckung von Amerika, geriet er in Verfall.
� 106.
Kunst und Wissenschaft des sp�teren Mittelalters.
1. Bildende K�nste. Im 13. und 14. Jahrhundert bl�hte in Deutschland der aus dem n�rdlichen Frankreich stammende gotische Baustil.
Die gro�artigsten k�nstlerisch vollendetsten Bauwerke, welche die Welt kennt, sind in diesem Stile errichtet. Der zum Himmel sich hinaufsehnende und emporschwingende Geist des christlichen Glaubens kommt hier zum erhabensten Ausdruck. Der Grundri� der gotischen Kirche stimmt im allgemeinen mit dem der romanischen �berein; aber durch die Anwendung des Spitzbogens erh�lt der Bau ein neues, eigent�mliches Gepr�ge. Alles strebt aufw�rts: die im Verh�ltnis zu den schmal gehaltenen Schiffen ungeheuer hoch emporsteigenden spitzbogigen Kreuz- und Netz-gew�lbe, welche die Decke bilden; die schlanken S�ulenb�ndel, welche die W�lbungen st�tzen; die hohen, durch reiches Ma�werk sch�n gegliederten und bunt gemalten Fenster, die samt dem farbigen Radfenster �ber dem Hauptportal ein geheinmis-volles D�mmerlicht in die d�steren R�ume werfen. Das Ganze, mit feinem mannig-faltigen Zierwerk an S�ulen, Bogen, Fenstern, ist einem steinernen Hochwald vergleichbar, der die Herzen mit ehrf�rchtigen Schauern f�llt und andachtsvoll gen oben zieht. Auch das �u�ere zeigt durch die Strebepfeiler und Strebebogen, welche den Druck der Gew�lbe tragen, durch verzierte Giebel und eine Menge kleiner T�rmchen eine ungemein reiche Gliederung. An der Westseite erheben sich zwei Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 10
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T�rme (wohl auch nur einer �ber dem Haupteingang), nach oben sich verj�ngend und in einer durchbrochenen Pyramide endigend, die von der Kreuzblume gekr�nt ist. Einige dieser T�rme geh�ren zu den h�chsten Bauwerken der Welt.
Die hervorragendsten Kirchen des gotischen Stils sind: in Frankreich die Dome von Paris (Notredame) und Rheims (Tas. VI, 3), in Italien der Dom in Mailand; � in Deutschland die �ltesten: die Liebfrauenkirche zu Trier und die Elisabethkirche zu Marburg: dann vor allen der K�lnerDom (begonnen 1248, vollendet 1881, Tas. VI, 1 und VII, 1), ferner die M�nster zu Stra�burg (Tafel VI, 2), Freiburg und Ulm, die Dome zu Magdeburg und Regensburg, die Lorenzkirche zu N�rnberg, die Katharinenkirche zu Oppenheim; in �sterreich die Stephanskirche in Wien.
Von weltlichen Bauwerken steht obenan das Hochmeisterschlo� zu Marienburg (Taf.VII,3; VI, 10). Weiter sind noch zu nennen: die Stadtthore zu Prag und zu Basel, die Rath�user zu M�nster, Braunschweig und Ulm; Wohn-H�user zu Hildesheim, Greifswald (Taf. VII, 2 und 4), N�rnberg, L�beck und Danzig. �
In der Bildhauerkunst, welche im Mittelalter nicht selbst�ndig, sondern der Baukunst untergeordnet war, zeichnete sich am Ende dieser Periode der N�rn-berger Meister Peter Bischer (Grabdenkmal des heiligen Sebaldus, Tas. VI, 9) aus. Auch die Holzschnitzerei leistete T�chtiges. �
Die Glasmalerei erlangte ihre volle Ausbildung in der Farbenglut, mit der sie die gotischen M�nster f�llte. Die �lmalerei wurde von dem Niederl�nder JohannvanEyk (um 1420) mit siegreichem Erfolge eingef�hrt.
2. Dichtkunst und Wissenschaft. Von der H�he, welche die deutsche Di cht-kunst im 13. Jahrhundert erreicht hatte, war sie im 14. und 16. Jahrhundert herab-gesunken. Von den H�fen der F�rsten war sie in die Werkst�tten der Handwerker �bergegangen, an die Stelle des Minnegesangs der zunftm��ige Meistergesang getreten (Hauptschulen zu N�rnberg, Augsburg und Stra�burg; Meisters�nger: Heinrich Frauenlob zu Mainz und Hans Sachs zu N�rnberg, der jedoch mehr dem 16.Jahrhundert angeh�rt). Auf der alten Tiersage beruht das Gedicht von Reineke Fuchs, das um 1500 in niederdeutscher Sprache erschien. Ein frischer Geist weht in dem Volkslied, das sich immer reicher zu entwickeln begann. In die letzten Zeiten des Mittelalters (feit c. 1300) f�llt auch die Entstehung des deutschen Dramas (Fastnachts-und Osterspiele). � Sie Wissenschaften hatten neue Pflegest�tten in den Universit�ten erhalten. Nach dem Vorgange Prags waren noch im 14. Jahrhundert zu Wien und zu Heidelberg, im 15. zu K�ln, Erfurt, Leipzig, T�bingen u. a. Universit�ten gegr�ndet worden. Besonders aber bl�hten die Wissenschaften empor seit der Eroberung Konstantinopels.
Anhang. Die wichtigsten autzerdentschen L�nder.
� 107.
Frankreich.
1. Die Karolinger und Capetinger (bis 1328). In Frankreich herrschtedas Haus der Karolinger, das in Deutschland bereits 911 erloschen war, bis zum Jahre
5. SZuIenko�k.
hj'j 4. Strebebogen jjjj| mit Strtbtpft�zi F|jj und Fisle.
0. Selraltmsgrab in U�rnbtrz.
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2. Munster in Stnssbnrct.
1. Dom in K�ln. Slnfriss t5
Tskel VI.
7. Iftilti-gmnttriss.
10. Kemter in glaiimburg (siehr auch Eaftl V1IJ
siebt auch Take! VTI).
3. Iatbldrale in Khiims,
8. Fensler.
Kunst.
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987. Nach vielen Pl�nderungsz�gen setzten sich die Normannen im n�rdlichen Teile des Landes fest: ihr F�hrer Rollo, nach der Taufe Robert genannt, wurde 911 als Herzog der Normandie belehnt. Auf die Karolinger folgten mit Hugo Capet die Capetinger (987�1328), unter welchen namentlich Philipp II. August 987 (der sich am dritten Kreuzzuge beteiligte) und Ludwig IX. der Heilige (der die beiden letzten Kreuzz�ge unternahm) die durch die Macht der gro�en Vasallen beschr�nkte K�nigsherrschaft erweiterten, Philipp IV. der Sch�ne die K�nigsmacht fast unum-schr�nkt machte und bewirkte, da� die P�pste in Avignon 1309 ihren Sitz nahmen.
2. HausValois(1328�1589). Unter den K�nigen aus dem Hause Valois 1328 wurde ein mehr als hundertj�hriger Krieg zwischen Frankreich und England gef�hrt, welcher durch Anspr�che der englischen K�nige auf den franz�-fischen Thron veranla�t wurde. Als in diesem Kriege (unter K�nig Karl VII.) Frankreich aufs h�rteste bedr�ngt war, wurde die Jungfrau von Orleans 1429 1429 (Johanna d'Arc aus Dom Remy in Lothringen), indem sie in den entmutigten Franzosen neue vaterl�ndische Begeisterung erweckte, des Landes Retterin: den Engl�ndern, welche bereits einen gro�en Teil Frankreichs in Besitz genommen hatten.
blieb schlie�lich nur noch die Stadt Calais. Der folgende K�nig Ludwig XI. vernichtete durch Gewalt und Hinterlist die Macht der gro�en Vafallen und stellte die k�nigliche Alleinherrschaft fest, fo da� Frankreich (umgekehrt wie Deutsch-land) am Ende des Mittelalters ein einheitliches, kr�ftiges Reich bildete.
� 108.
England.
1. Die Angelsachsen bis 1066. Aus der Vereinigung der von den Angel-sachsen in Britannien gegr�ndeten sieben Reicheqing das K�nigreich England hervor 827. Den fortw�hrenden Angriffen der eingedrungenen D�nen trat Alfred der 827 Grosze (871�911) siegreich entgegen und wirkte f�r die Bildung feines Volkes als
ein anderer Karl der Gro�e. Unter seinen Nachfolgern kehrten die Einf�lle der D�nen wieder: deren K�nig Kannt der Grotze 1016, welcher au�er D�nemark auch Norwegen beherrschte, unterwarf England seiner Herrschaft. Kurze Zeit regierten dann wieder angels�chsische K�nige, bis Wilhelm der Eroberer, Herzog der Nor- 1066 mandie, durch die Schlacht bei Hastings 1066 das Land eroberte.
2. Von Wilhelm dem Eroberer bis zum Hause Tndor (1066�1485). Die normannischen K�nige herrschten bis 1154, wo das Haus Plantagenet auf den englischen Thron kam. Der K�nig Richard L�wenherz (welcher am dritten Kreuz-zuge teilnahm) geh�rte diesem Herrscherhause an. Ihm folgte sein Bruder Johann ohne Land, der vom Papste Jnnocenz III. aufs tiefste gedem�tigt und vom Adel seines Landes gezwungen wurde, die Magna Charta 1215 zu gew�hren, welche 1215 die Grundlage der englischen Verfassung und Volksfreiheit enth�lt. Im Jahre 1399
kam das Haus Laneaster (eine Nebenlinie des Hauses Plantagenet) zur Regierung,
unter welchem, nach Beendigung des hundertj�hrigen Krieges mit Frankreich, zwischen den H�usern Lancaster und Aork der Krieg der roten und wei�en Rose ausbrach. Eine Zeitlang war das Hans ?)orf im Besitze der Herrschaft, bis der verheerende Partei- und B�rgerkrieg beendigt wurde durch die Thronbesteigung Heinrichs VII., der die Reihe der Herrscher aus dem Hanse Tudor 1485 er�ffnet. 1485
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Spanien.
1. Die Herrschast der Araber. Durch die Schlacht bei Xerez de la Fron-<11 tera 711, welche dem Westgotenreiche ein Ende machte, kam Spanien fast ganz
unter die Herrschaft der Araber. Das von denselben (756) gegr�ndete ��lifut �0tt Cordova hatte im 10. Jahrhundert eine sehr glanzreiche Zeit. Die Wissen-schasten (namentlich die Mathematik, die Astronomie und die Sternkunde) bl�hten auf; die Baukunst erzeugte den eigent�mlichen maurischen Stil (f. die Moschee zu Cordova: Taf. V,6); die Dichtkunst erhob sich; Handel, Gewerbe, Bergbau gediehen Au�erordentlich war die Pracht der Hofhaltung und der k�niglichen Pal�ste (die-Alhambra zu Granada). Aber allm�hlich wurde das Reich durch innere Spal-tungen geschw�cht und durch das Vordringen der Christen in seinem Umfange ge-mindert.
2. Die christlichen Reiche. In den asturischen Gebirgen hatte sich n�mlidj ein Rest der Westgoten von der maurischen Herrschaft unabh�ngig erhalten; Karl der Gro�e gr�ndete die spanische Mark; aus diesen christlichen Gebieten gingen sp�ter die Reiche Kastilien, Aragonien und Portugal hervor, welche durch erfolgreiche K�mpfe, in denen namentlich der Ruhm des Cid (+ 1099) hervorgl�nzte, die Araber nach und nach auf das K�nigreich Gran�da beschr�nkten. Die K�niginJsabella von Kastilien machte endlich durch Eroberungvon Gran�da
1492 der arabischen Herrschaft ein Ende 1492. Die Verm�hlung Jsabellas mit Ferdinand dem Katholischen von Aragonien hatte die Vereinigung von Kastilien und Aragonien zur Folge. Die Erbtochter Ferdinands und Jsabellas, Johanna, verm�hlte sich mit Kaiser Maximilians Sohne Philipp I., mit welchem das Haus Habsburg zur Regierung gelangte. Der Sohn Philipps, Karl I., seit 1516 (der nachmalige deutsche Kaiser Karl V.), nannte sich zuerst K�nig von Spanien.
Nach dem Ende der hohenstaufischen Zeit zerfiel Italien in eine Anzahl kleinerer Staaten. Unter denselben erhob sich in
1. Oberitalien das zur Zeit Attilas gegr�ndete Venedig, eine Republik unter gew�hlten Dogen, seit den Kreuzz�gen zur ersten See- und Handelsmacht der Welt. Bei der Gr�ndung des lateinischen Kaisertums erwarb es mehrere K�stengebiete und zahlreiche Inseln Griechenlands. Auch viele St�dte der Lom-bardei, ganz Dalmatien und Cypern wurden erobert. Durch das Vordringen der T�rken jedoch und die Auffindung des Seewegs nach Ostindien geriet es seit dem Ende des 15. Jahrhunderts allm�hlich ins Sinken. Auch Mailand und das Handel-treibende Genua bildeten l�ngere Zeit eigene Staaten.
2. Die Medieeer. In Florenz gelangte die reiche Kaufmannsfamilie der Mediceer feit 1400 zu steigender Macht. Cosimo von Medici und sein Enkel Lorenzo der Pr�chtige (fl492) lenkten fast w�hrend des ganzen 15. Jahrhunderts den Staat und machten sich um die F�rderung der K�nste und Wissenschaften hochverdient. In der Poesie hatte schon um 1300 der Florentiner Dante durch seine �g�ttliche Kom�die" sich einen unverg�nglichen Namen erworben; 50 Jahre
� 110. Italien.
�. Denkmsl Friedrichs d. Gr. 6. Knuch.
ffsfel VII.
3. Schloss Wallenburg (i�adtstrinban).
der SubseiteX
5. Kurz Hohenzollern.
gmsburq.
4. Haus in �mfsfoalh (Kackstcinban).
�euere Kunst.
sp�ter lebte der in Rom als Dichter gekr�nte Petrarca, der namentlich durch seine Sonettendichtung ber�hmt geworden ist. Auch die B aukunst und die Bildnerei schwangen sich empor, und die Malerei eilte in immer vollendeteren Sch�pfungen dem H�hepunkte ihrer Entwickelung entgegen.
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Vorboten der neuen Zeit.
Gegen Ende des Mittelalters wurde durch eine Reihe wichtiger Be-gebenheiten eine gro�e Ver�nderung in dem Zustande der europ�ischen V�lker hervorgebracht und dadurch eine neue Zeit herbeigef�hrt.
Diese Begebenheiten sind: die Erfindungen des Schie�pulvers, des Kom-passes und der Buchdruckerkunst, die Eroberung Konstantinopels durch die T�rken und die Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ost-indien.
1. Das Schietzpullier � schon in alten Zeiten den Chinesen und Indern, dann den Arabern in Spanien bekannt � um das Jahr 1330, wie man annimmt, von dem deutschen Franziskanerm�nch Bertold Schwarz zu Freiburg (im Breisgau) wieder erfunden, gestaltete das Kriegswesen um und veranla�te den Untergang des Rittertums.
2. Der Kompatz, der um 1300 von dem Italiener Flavio Gioja erfunden wurde, erm�glichte erst gr��ere Seefahrten im offenen Welt-meer, und so f�hrte diese Erfindung dann zu den gro�en Entdeckungen am Ende des 15. Jahrhunderts.
3. Die Buchdruckerkunst, von dem Mainzer Johann Gutenberg
um 1440 erfunden, bewirkte eine raschere und allgemeinere Verbreitung 1440 der geistigen Bildung unter den V�lkern.
4. Die Eroberung Konstantinopels durch die T�rken 1453 1453 machte dem griechischen (ostr�mischen) Kaiserreiche, das fast um ein Jahrtausend das westr�mische Reich �berdauert hatte, ein Ende. Die T�rken waren seitdem �ber zwei Jahrhunderte hindurch eine stete Ge-
fahr und furchtbare Gei�el der christlichen Nachbarl�nder. � �brigens hatte der Fall Konstantinopels auch die wichtige Folge, da� die Sch�tze der alten griechischen Bildung, welche in dem ostr�mischen Reiche be-wahrt geblieben, nun durch Gelehrte, die nach Italien auswanderten und dort namentlich am Hose der M e d i c eer zu Florenz gastliche Auf-n�hme fanden, auch im Abendlande bekannt und verbreitet und durch die Wiederherstellung der Wissenschaften ein m�chtiger Aufschwung des geistigen Lebens der V�lker bewirkt wurde.
Unter den M�nnern, welche in Deutsch laud die Wissenschaften am bedeu-tendsten hoben (Humanisten), zeichneten sich aus: Reuchlin (von Pforzheim), der
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zuerst die hebr�ische Sprache lehrte und dadurch den Urtext des Alten Testaments zug�nglich machte, und Erasmus (von Rotterdam), der zuerst das Neue Testament im griechischen Urtext herausgab (beide M�nner um 1500).
� 112.
Entdeckungsfahrten der Portugiesen.
Die Entdeckung neuer L�nder, welche auf den weiteren Verlauf der Weltgeschichte von tiefgreifendem Einfl�sse war, ging aus von den Seefahrten der Portugiesen.
1. Heinrich der Seefahrer. Der durch die Kreuzz�ge angeregte Handelsverkehr mit dem Morgenlande, welcher namentlich durch die italienischen Seest�dte Venedig und Genua schwungvoll und ge-winnreich betrieben wurde, war doch dadurch erheblich erschwert und eingeschr�nkt, da� die kostbaren Erzeugnisse Indiens, aus deren Bes�r-derung es vorzugsweise ankam, von den Europ�ern nicht unmittelbar aus Indien selbst geholt, sondern nur an der Ostk�ste des Mittelmeers (namentlich in Alexandria) durch Vermittlung der Araber bezogen wer-den konnten, die den Handel mit dem inneren Asien ganz in ihren H�n-den hatten. Seit nun die K�sten Vorderasiens und Nordafrikas in die H�nde der T�rken gefallen waren, wurde dieser Handelsverkehr gest�rt, und daher trat immer st�rker das Bestreben hervor, einen Seeweg nach Indien aufzufinden. Indien konnte aber zur See nur erreicht werden durch Umschiffung Afrikas, dessen Westk�ste und Aus-dehnung nach S�den hin noch unbekannt war. Die Erforschung der afrikanischen K�ste wurde nun namentlich von dem Infanten Heinrich dem Seefahrer, dem Sohne des K�nigs von Portugal, mit Eifer betrieben. Unter seiner Leitung begannen Entdeckungsfahrten, welche g�nstige Erfolge hatten: Porto Santo, Madeira und die kana-tischen Inseln, dann die Azoren, die Inseln des gr�nen Vorgebirges und die K�sten von Guinea wurden ausgefunden, und nicht lange nach Heinrichs Tode (1463) wurde auch der �quator, vor dessen Sonnenglut man sich so sehr gef�rchtet, �berschritten.
2. Diaz und Vasco de Gama. Endlich gelang es dem k�hnen Seefahrer Bartholom�usDiaz, die S�dspitze von Afrika zu er-
i486 reichen 1486. Er nannte sie das Vorgebirge der St�rme; denn schreck-liche St�rme w�teten, als er diese K�ste erblickte. Sobald aber der K�nig von Portugal die Nachricht von der gl�cklichen Entdeckung er-hielt, rief er freudig aus: �Nein, sie hei�e das Vorgebirge der guten Hoffnung, denn jetzt ist ja die Hoffnung vorhanden, da� wir
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bald auch nach Indien gelangen werden." Diese Hoffnung ging zw�lf Jahre sp�ter in Erf�llung. Da umsegelte Vasco de Gama das Kap der guten Hoffnung, fuhr dann an der Ostk�ste von Afrika hinauf,
endlich f�nfhundert Meilen quer �ber den Ocean und gelangte so, bei-nahe ein Jahr nach seiner Abfahrt, nach dem Hafen Kalikut an der K�ste Malabar. So war der lange gesuchte Seeweg nach Indien ge�ffnet; das gepriesene Land der k�stlichen Spezereien und Gew�rze war erreicht 1498. 1498
Die Portugiesen gr�ndeten nun an den K�sten Indiens gro�artige Nieder-lassungen, traten mit China in Handelsverkehr, und ihre Flotten beherrschten alle Meere von der Westk�ste Afrikas bis zur S�dsee. � Eine weitere Entdeckung wurde durch Cab ral gemacht, der, durch St�rme nach Westen verschlagen, 1500 Brasilien auffand.
� HB.
Bit Entdeckung Amerikas. Columbus.
Mitten in die Zeit der portugiesischen Seehelden Diaz und Vasco de Gama, sechs Jahre nach der Auffindung des Kaps der guten Hoffnung, sechs Jahre vor der Erreichung Indiens auf dem Seewege, f�llt die von Spanien ausgehende Entdeckung eines neuen Welt teils: Columbus entdeckte Amerika 1492. 1492
1. Christos Columbus (italien. Cristosoro Colombo, spa-nisch Crist�bal Colon) war in Genua geboren und hatte sich von fr�her Jugend an dem Seewesen gewidmet. Durch die Entdeckuugs-fahrten der Portugiesen angeregt, begab er sich nach Portugal, wo er, von der Kugelgestalt der Erde �berzeugt, den Gedanken fa�te, Indien durch eine gen Westen gerichtete Fahrt zu erreichen. Er legte diesen Plan zun�chst seiner Vaterstadt Genua vor, wurde aber als Schw�rmer zur�ckgewiesen; auch der K�nig von Portugal lehnte sein Anerbieten ab. Hierauf wandte er sich nach Spanien uud fand g�tige Aufnahme bei der K�nigin Jsabella von Kastilien; doch dauerte es auch hier mehrere Jahre, bis er mit seinem Vorhaben durchdrang. Es wur-den ihm 3 Schiffe und 90 Mann zu feiner Entdeckungsfahrt bewilligt, und in einem Vertrage mit der Krone Kastilien ihm die W�rde eines atlantischen Admirals und Vizek�nigs in den zu entdeckenden L�ndern und der Zehnte von den Eink�nften derselben zugesichert.
2. Die erste Entdeckungsreise begann am 3. August 1492 ; am 12. Oktober wurde von dem ausdauernden Seehelden die Bahama-Insel Guauahaui aufgefunden, die Columbus San Salvador (Erl�serinsel) nannte, bald darauf die gro�en fruchtbaren, von kupfer-
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roten Wilden bewohnten Inseln Kuba und Haiti entdeckt und in Besch genommen, worauf Columbus nach Spanien zur�ckkehrte, um �ber die Erfolge seiner Fahrt Bericht zu erstatten. Er landete am 15. M�rz 1493 an der spanischen K�ste und wurde vom Volke mit Jubel begr��t, am K�nigshose mit hohen Ehren empfangen.
3. Die zweite Reise wurde schon im September 1493 mit 1500 Mann auf 17 Schiffen angetreten. Sie f�hrte abermals zur Entdeckung mehrerer Inseln, unter denen Portoriko und Jamaika die bedeutendsten waren. Aus Haiti, der Lieblingsinsel des Columbus, entstand durch die Habgier der Europ�er und die grausame Mi�handlung der Eingeborenen, welche Indianer genannt wurden, Unordnung und Emp�rung. Columbus schlug zwar die Aufst�ndischen nieder,' wurde aber selbst von seinen Widersachern beim K�nige verklagt und kehrte daher nach Spanien zur�ck, wo er bei Hofe sein Verhalten rechtfertigte.
4. Die dritte Reise 1498 ist namentlich durch die Entdeckung des Fest-landes von S�damerika an der M�ndung des Orinokostromes bemerkenswert. Auf Haiti aber fand Columbus arge Verwirrung, und auf Betreiben seiner Feinde erschien ein k�niglicher Bevollm�chtigter auf der Insel, der den Helden in Ketten nach Spanien abf�hren lie�. Dort wurde der Gefangene zwar sofort freigegeben; allein die Belohnungen, welche ihm fr�her zugesichert waren, wurden ihm nicht zu-teil. Gleichwohl unternahm der in seinen Rechten so schwer gekr�nkte Held noch sine
5. vierte Reise 1502. Auf derselben hatte er furchtbare Gefahren zu bestehen. Nachdem ihm alle Schiffe nacheinander zugrunde gegangen waren, schmachtete er mit seiner Mannschaft acht Monate lang auf einer Jnfel mitten unter den Wilden in der �u�ersten Not: der gro�e Weltentdecker war von dem jammervollsten Unter-gange bedroht. Endlich erschien ein Fahrzeug, das ihn nach Haiti f�hrte, von wo er krank und von Gram gebeugt nach Spanien zur�ckkehrte. Bald darauf starb er in der Stadt Valladolid (1506). Seine Leiche wurde nach Haiti und sp�ter nach Kuba gebracht und dort in der Kathedrale von Habana beigesetzt; die Kette, mit welcher er einst gefesselt war, wurde ihm, wie er verordnet hatte, mit ins Grab ge-regt. Der von ihm entdeckte Erdteil aber erhielt nicht nach ihm, sondern nach dem Italiener Amerigo Vespucci, der ihn zuerst beschrieb, den Namen Amerika.
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Entdeckungen und Eroberungen in der neuen Welt.
1. Balboa 1513. Die Entdeckungen des Columbus wurden durch unter-
nehmende M�nner fortgesetzt. Vor allem kam es darauf an, die neue Welt mehr und mehr aufzuschlie�en und von ihren L�ndern und Sch�tzen Besitz zu ergreifen. Zuerst richtete sich der Entdeckungstrieb aus das mittlere und s�dliche Amerika� der Norden des Erdteils wurde erst sp�ter erforscht. Den n�chsten wichtigen Erfolg errang der k�hne Spanier Balboa 1513. Er �berschritt mit einer geringen An-zahl Gef�hrten unter schweren M�hsalen die gebirgige Landenge von Panama und erreichte die K�ste des Grotzen Oceans, den noch keines Europ�ers Auge geschaut hatte.
2. Cortez 1519. Von besonderer Wichtigkeit war die Entdeckung und Er-
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oberungvon Mexiko, welche durch den spanischen Helden Ferdinand Cortez 1519 vollbracht wurde. Auf einer kleinen Flotte fuhr er (mit 700 Mann, 16 Pferden 1519 und 14 Gesch�tzen) von Kuba aus nach der mexikanischen K�ste und verbrannte nach seiner Landung die Schiffe, um seine Gef�hrten, denen dadurch jede Aussicht auf R�ckkehr oder Flucht abgeschnitten war, zur �u�ersten Entschlossenheit zu zwingen. Er war �berrascht, in dem Lande, das er betreten, nicht rohe Wilde, sondern ein Volk zu finden, das in St�dten wohnte, Gewerbe trieb und von einem m�chtigen K�nige beherrscht wurde. Doch gelang es dem k�hnen Manne, mit seinem kleinen Heere bis zur Hauptstadt vorzudringen, durch List und Tapferkeit sowie durch r�ck-sichtslose Grausamkeit den Widerstand der unkriegerischen Mexikaner, denen der Anblick der nie gesehenen Streitrosse der Spanier und der Donner ihrer Kanonen Entsetzen einfl��te, zu �berw�ltigen und das ganze weitausgedehnte Land der Herrschaft des K�nigs von Spanien zu unterwerfen.
3. Pizarro 1532. Nicht lange danach entdeckte und eroberte ein anderer 1532 Spanier, Franz Pizarro, das Goldland Peru 1532, das gleichfalls von einem schon gesitteten, friedliebenden Volk bewohnt war. Tapfer und thatkr�ftig wie Cortez, an Grausamkeit ihn �bertreffend, wu�te er durch rohe Gewalt und treu-
losen Verrat die Herrschaft der Jnkas, die sich �Sonnenkinder" nannten, weil sie ihren Ursprung von der Sonne ableiteten, zu st�rzen, und das reiche Land in den Besitz der Spanier zu bringen. Um den Verkehr mit dem Mutterlande zu erleichtern, gr�ndete er an der K�ste die neue Hauptstadt Lima, und scharenweise str�mten bald habgierige Einwanderer in das neu entdeckte Land, um sich dort anzusiedeln und zu bereichern.
4. Magalhaens und die erste Erdumsegelung 1519�1522. Der von Colum- 1519 bus gesuchte westliche Seeweg nach Indien war zwar durch das zwischenliegende Amerika zun�chst versperrt; doch gab man den Gedanken nicht auf, eine Durchfahrt
in den jenseitigen Ocean aufzufinden und dadurch nach Asien zu gelangen: dieser Plan wurde ausgef�hrt durch den Portugiesen Ferdinand Ma gell an (Magal-haens) 1519�1522. In spanischen Diensten schiffte er durch die Meerenge, welche nach ihm Magellan-Stra�e genannt wurde, um S�damerika herum, fuhr dann durch den gro�en Ocean, den er so ruhig fand,da� er ihn das Stille Meer nannte, und gelangte endlich in den indischen Archipel, fand aber auf einer der Philippinen in einem Gefechte mit den Eingeborenen den Tod. Der kleine Rest seiner Mannschaft (nur noch 13 Mann) kehrte dann, das Kap der guten Hoffnung umsegelnd, 1522 nach Spanien zur�ck. So war in dreij�hriger Fahrt die erste Reise um die Welt vollbracht. Es dauerte �ber 50 Jahre, bis der Engl�nder Franz Drake zum zweitenmal die Erde umsegelte.
5. Folgen der Entdeckungen. Die gro�en L�nderentdeckungen waren von den wichtigsten Folgen. Ein neuer Erdteil trat in die Geschichte ein., Der historische Schauplatz erweiterte sich. Amerika gewann eine weitgreifende, stets zunehmende Bedeutung. Zwar war es bei seiner Entdeckung noch eine gr��tenteils mit Urwald bedeckte unerme�liche Wildnis; aber die Fruchtbarkeit des Bodens und der uner-sch�pfliche Reichtum an Edelmetallen bewogen bald zahlreiche Europ�er, namentlich Spanier, zur Einwanderung und Niederlassung in der neuen Welt. Freilich war es meist nur ungez�gelte Habsucht, welche die Ank�mmlinge herbeif�hrte. Gewalt-th�tigen Sinnes, voll gewissenloser Grausamkeit, legten sie den Eingeborenen das schwerste Joch auf. Sie zwangen die Indianer, die sie als ihre Knechte betrach-
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teten, unter schmachvollen Mi�handlungen zu den h�rtesten Arbeiten in den Berg-werken und Pflanzungen, deren ungewohnter Last die Ungl�cklichen massenweise erlagen. Vergebens suchte der edle Priester Las Casas das Los der Unterdr�ckten zu erleichtern. Da kam er auf den Gedanken, statt der schw�chlichen Indianer die kr�ftigen Neger aus Afrika zur Arbeit zu empfehlen. Sein Vorschlag fand Ein-gang. Aber die Folge war, da� nun der Negersklav enh andel aufkam, der �ber drei Jahrhunderte hindurch als eine Schmach f�r die Menschheit bestanden hat und erst in unfern Tagen abgeschafft worden ist.
Europa zog aus den neu entdeckten L�ndern mannigfachen gro�en Gewinn. Stolze Silberflotten f�hrten allj�hrlich die unerme�lichen Sch�tze der Berg-werke von Mexiko und Peru nach den spanischen H�sen. Neue Bodenprodukte: Zucker und Kaffee, Tabak, Mais, Kartoffeln 2c. wurden aus den Kolonieen einge-f�hrt und durch die neuen Nahrungs- und Genu�mittel die Lebensweise vielfach ver�ndert. Der Handel erfuhr eine v�llige Umgestaltung. An die Stelle des Verkehrs auf den Binnenmeeren trat der oceanische Welthandel, der die europ�ischen Wimpel an die Gestade aller Oceane trug. Dadurch verloren die alten Seehandels-st�dte Venedig und Genua mehr und mehr an Bedeutung; auch der Handel der Hansa geriet in Verfall. An ihrer Stelle bl�hten die atlantischen Staaten empor, zun�chst Spanien und Portugal. Lissabon war jetzt der Markt f�r die kostbaren Erzeugnisse Ostindiens und wurde der erste Welthandelsplatz. Auch die Wissenschaften, vor allen die Erd- und die Naturkunde, wurden durch die neuen Entdeckungen erheblich erweitert und bereichert. � So traten in den Zust�nden der europ�ischen V�lker weitreichende Ver�nderungen ein: die alte Welt wurde durch die neue vielfach umgestaltet.
Dritter Teil.
Die neue Zeit.
Vom Beginn der Reformation bis zur Gegenwart 1517�1890.
Die Geschichte der Neuzeit wird in folgende Perioden ein-geteilt:
1517�1648. Erste Periode: vom Beginn der Reformation bis zum westf�lischen Frieden.
1648�1789. Zweite Periode: vom westf�lischen Frieden bis zum Ausbruch der gro�en franz�sischen Revolution.
1789�1890. Dritte Periode: vom Ausbruch der franz�-fischen Revolution bis zur Gegenwart.
Erste Periode.
Vom Beginn der Reformation bis znui Wests�lischen Frieden 1517�1648.
Das Zeitalter der Religionsk�mpfe.
� 115.
Martin Luther.
Im Laufe der Zeit waren in die christliche Kirche mancherlei Mi�-brauche eingedrungen, und das Bed�rfnis einer Verbesserung der Herr-schenden kirchlichen Zust�nde machte sich immer st�rker und dringender geltend. Gleichwohl hatte die gro�e Kirchenversammlung zu Konstanz das Verlangen nach einer �Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern" nicht befriedigt. Da trat als Refor-mator Martin Luther auf.
1. Der junge Luther. Martin Luth er war am St. Martinsabend, 10.No-fem6er 1483, zu Eisleben am Harz geboren. Von seiner Herkunft erz�hlt er: �Ich bin eines Bauern Sohn: mein Vater, Gro�vater, Ahnherr sind rechte Bauern Sem est. Hernach ist mein Vater gen Mansseld gezogen und daselbst ein Berghauer worden." Der Vater hie� Hans Luther und wohnte anf�nglich im Dorfe M�hra unweit Salzungen, dann zog er nach Eisleben. �Allda" � so berichtet Luthers �ltester Biograph Mathesius � �segnete Gott seine Bergarbeit und bescherte ihm bald darauf zwei Schmelz�fen zu Mansfeld, da� er sein S�hnlein mit Ehren erziehen konnte. Und da Martin zu seinen vern�nftigen Jahren kam, lie� ihn sein Vater in die lateinische Schule gehen, wo der Knabe seine zehn Gebote, Kinderglauben, Vaterunser, neben der Grammatik und christlichen Ges�ngen flei�ig und schleunig gelernt. Hernach, da er in sein vierzehntes Jahr ging, hat ihn sein Vater nach Magdeburg in die Schule gesandt, welche damals vor vielen andern weit ber�hmt war. Daselbst ist der Knabe, wie manches ehrlichen Mannes Kind, nach Brot gegangen und hat vor den B�rgerh�usern gesungen. Im folgenden Jahre begab er sich nach Eisenach (auf die Lateinschule). Als er daselbst auch eine Zeit-
lang vor den Th�ren sein Brot erfang, nahm ihn Frau Cotta an ihren Tisch, weil sie um seines Singens und herzlichen Gebetes willen in der Kirche Zuneigung zu ihm trug." Achtzehn Jahre alt, bezog er die Universit�t zu Erfurt, wurde dort nach mehrj�hrigen Studien Magister und hielt philosophische Vorlesungen. Da griffen zwei Ereignisse tief in fein Leben ein. Sein bester Freund Alexius wurde in der Nacht zu Erfurt �von b�sen Buben" erstochen. Luther selbst wurde bei einem Gang �ber Feld von einem Unwetter �berfallen; ein furchtbarer Donnerschlag fuhr neben ihm herab und streckte ihn bet�ubt zu Boden. �Wie," dachte er, �wenn du nun vom Blitze erschlagen und so unerwartet vor Gottes Richterstuhl getreten w�rest?" �Dar�ber best�rzt und in sich gekehrt, beschlo� er, der Welt zu entsagen und sein Leben Gott zu weihen."
2. Luther im Kloster. Erging daher ins Augustinerkloster zu Erfurt und wurde M�nch. Sein alter Vater, der gew�nscht hatte, da� er ein Rechtsge-lehrtet werde, war �ber diesen Schritt anf�nglich sehr ungehalten. Luther aber f�gte sich willig in das Klosterleben, betete und fastete viel und legte sich au�er den vorgeschriebenen �bungen freiwillig die h�rtesten B��ungen aus. �Wahr ist es," sagte er selber, �ein frommer M�nch bin ich gewesen und Hab' streng meinen Orden gehalten. Ja, ich h�tte mich, wo es l�nger gew�hret, zu Tode gemartert mit Beten. Fasten, Wachen, Frieren. Dennoch war ich so traurig und betr�bt, da� ich gedachte, Gott w�re mir nicht gn�dig." In seiner Gewissensnot suchte er Trost in der Bibel, die er im Zusammenhange las, sowie in den Schriften der gro�en Kirchenlehrer, namentlich des heiligen Augustinus, die er mit so angestrengtem Eifer studierte, da� er sich bald durch gr�ndliche Gelehrsamkeit hervorthat, w�hrend sein niederge-dr�cktes Gem�t allm�hlich Aufrichtung und Frieden fand in der Schriftlehre, da� der s�ndige Mensch durch den Glauben an die Barmherzigkeit Gottes in Christo selig werden solle. Namentlich befestigte ihn in diesem Glauben der Zuspruch des Vorgesetzten der Augustinerkl�ster in Deutschland, Johannes Staupitz, der dem gelehrten ernsten jungen M�nch seine besondere Gunst zuwandte. Auf seine Empfehlung geschah es denn auch, da� Luther nach dreij�hrigem Klosterleben in Erfurt von dem Kurf�rsten Friedrich von Sachsen zum Professor an die neu errichtete Universit�t zu Wittenberg berufen wurde.
3. Luther in Wittenberg. Er war ein Mann von 25 Jahren, als er diese ehrenvolle Stelle antrat (1508). Mit Eifer und Erfolg widmete er sich der Bibel-auslegung und �hielt der Propheten und Apostel Schrift, die aus Gottes Munde hervorgegangen ist, h�her, gr�ndlicher, gewisser, denn alle Schulgelehrsamkeit"; auch als Prediger an der Stiftskirche gewann er Ansehen und Einflu�. Eine Reise, die er um diese Zeit in Sachen seines Ordens nach Rom machte, wurde f�r ihn be-sonders dadurch wichtig, da� sie seine Kenntnis der kirchlichen Zust�nde erweiterte und ihm die Notwendigkeit einer �irchenoer&esseruttg klarer machte. �Nicht tausend Goldgulden," sagte er sp�ter, �rn�cht' ich daf�r nehmen, da� ich Rom nicht sollte gesehen haben." Aber er dachte noch in keiner Weise daran, sich gegen den Papst� den er als das Oberhaupt der Christenheit hoch verehrte, aufzulehnen. Nach Wittenberg zur�ckgekehrt, erwarb er sich die W�rde eines Doktors der heiligen Schrift und setzte noch jahrelang seine Lehr- und Predigerwirksamkeit ungest�rt fort. Da that sich f�r ihn unerwartet eine gr��ere Wirksamkeit auf. Der M�nch von Wittenberg wurde zum Reformator der Kirche.
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Der Anfang der Reformation. 1517 1. Die Thesen 1517. Das Werk der Reformation hat da-mit begonnen, da� Luther in 95 Thesen (S�tzen), die er am Vorabend des Allerheiligentages, 31. Oktober 1517, an die Schlo�kirche zu Wittenberg schlug, zun�chst den Abla�handel angriff, welchen der Dominikanerm�nch T e tz e l in der N�he von Wittenberg trieb. Diese Thesen �liefen schier in vierzehn Tagen durch ganz Deutschland und kamen auch bald gen Rom". Der Papst Leo X., der zur Bestreitung des Ausbaues der Peterskirche zu Rom (f. Taf. VIII, 1) den Abla� ausgeschrieben hatte, lie� deshalb Luthern, nachdem er ihn vergeblich zur Verantwortung nach Rom gefordert hatte, durch den Kardinal C a j e t a n in Augsburg verh�ren. Allein weder dieser, noch der sp�ter gesandte p�pstliche K�mmerling Miltitz, der sich zu Altenburg mit Luther unterredete, konnte ihn zum Widerrufe bewegen. Doch ver-sprach Luther, um des Friedens willen �ber den Abla� Schweigen zu beobachten, wenn auch seine Gegner schweigen w�rden.
2. Lossagung vom Papste. Aber bald darauf bewog ihn das Auftreten eines neuen Widersachers, des Professors Dr. Eck aus Ingolstadt, sich an der Disputation zu Leipzig zu beteiligen, in welcher er den g�ttlichen Ursprung der Gewalt des Papstes bestritt. Die gegen ihn auf Ecks Betreiben erlassene Bannbulle verbrannte er (1520) �ffentlich zu Wittenberg (vor dem Elsterthor) und sagte sich durch diesen unerh�rten Schritt vom Papste f�rmlich los. Auch unter-lie� er nicht, den von ihm gegen die Lehre und Satzungen der Kirche erhobenen Widerspruch durch Schriften, z. B. �An den christlichen Adel deutscher Nation", im Volke zu verbreiten. Er gewann viele Anh�nger: der N�rnberger Meister Hans Sachs sang von der �Wittenbergisch Nachtigall"; unter dem Adel schloffen sich die Ritter Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen der mehr und mehr um sich greifenden Bewegung an; vor allen f�rderte der gelehrte Melanch-thon Luthers Bestrebungen als treuer Ratgeber und Gehilfe.
3. Philipp Melanchthon war 1497 zu Bretten (im heutigen Gro�herzogtum Baden) als Sohn eines Waffenschmiedes geboren. Seinen v�terlichen Namen Schwarzerd verwandelte er, einer damals unter den Gelehrten �blichen Sitte folgend, durch �bersetzung ins Griechische in Melanchthon. Schon in sehr jungen Jahren durch umfassende Gelehrsamkeit ausgezeichnet, wurde er als 21 j�hriger J�ngling (1518) Professor in Wittenberg, wo er durch Lehre und Schriften bald zu den ersten Zierden der Universit�t geh�rte. Mit Luther in treuer Freundschaft verbunden, �eine kleine unachtbare Person, wenn er neben Luther ging," hat er den Freund an gelehrtem Wissen �berragt, wenn er auch an Begeisterung und Thatkrast
ihm nicht gleich kam. �Ich bin dazugeh�ren," sagt Luther, �da� ich mu� mit den Rotten und Teufeln zu Felde liegen, darum meine B�cher viel st�rmisch und kriege-risch sind. Aber Magister Philipp f�hrt s�uberlich und stille daher, bauet und pflanzet, s�et und begie�et mit Lust, nachdem ihm Gott hat gegeben seine Gaben reichlich."
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Regierungsantritt Kaiser Karls V. (1519�1556). � Fortgang der Reformation.
1. Karls Regierungsantritt. Nach dem Tode Maximilians I. 1519 war dessen (erst 19j�hriger) Enkel als Karl V. zum deutschen 1519 Kaiser gew�hlt worden. Von seiner Mutter (Johanna), der Tochter Ferdinands und Jfabellas, besa� er (als K�nig Karl I. seit 1516) Spanien, Neapel und die in Amerika entdeckten L�nder; durch seinen Vater Philipp, Kaiser Maximilians Sohn, war er Erbe der �sterreichischen Hausmacht. Man hat daher von seinem weit ausgebreiteten Reiche gesagt, da� in ihm die Sonne nicht untergehe.
2. Der Reichstag zu Worms 1521. Im Jahre 1521 hielt der 1521 junge Kaiser Karl V. seinen ersten Reichstag zu Worms. Von ihm
zur Verantwortung beschieden und mit kaiserlichem Geleitsbrief ver-sehen, kam Luther dorthin. Am 17. und 18. April stand er vor Kaiser und Reich. Auf die ihm vorgelegte Frage, ob er die in seinen Schriften enthaltene Lehre widerrufen wolle, antwortete er ablehnend in einer l�ngeren Verteidigungsrede, die mit den Worten schlo�: �Es sei denn, da� ich mit Zeugnissen der heiligen Schrift oder mit �ffentlichen hellen und klaren Gr�nden �berwunden und �berwiesen werde, so kann und will ich nichts widerrufen, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas wider das Gewissen zu thun. Ich kann nicht anders, helfe mir Gott! Anten." Er wurde hierauf durch das Wormser Edikt als �offenbarer Ketzer" in die Reichsacht erkl�rt. Doch der Kaiser hielt ihm sein Wort auf sicheres Geleit: �Ich will nicht err�ten wie Sigismund,"
sprach er. �Wenn in der ganzen Welt keine Treue zu finden w�re, so mu� sie doch beim deutschen Kaiser sein." So konnte Luther unter kaiserlichem Schutze von Worms abreisen. Aber nach vier Wochen trat das Edikt in Kraft, welches gebot, den ge�chteten M�nch, wo man ihn finde, zu fassen und zur Bestrafung einzuliefern.
3. Luther auf der Wartburg. Doch fand Luther Sicherheit vor seinen Feinden durch die F�rsorge seines Kurf�rsten Friedrich des Weisen. Auf dessen Veranstaltung wurde er auf seiner Heimfahrt in der N�he von Eisenach durch einige verkappte Ritter �berfallen und
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auf die Wartburg entf�hrt. Dort lebte er als Junker J�rg tief ver-borgen, eine Zeitlang von Freunden und Gegnern tot geglaubt, bis neu von ihm ausgehende Schriften bezeugten, da� er noch lebe. Von besonderer Wichtigkeit war die �bersetzung der Bibel, die er auf der Wartburg begann. Das von ihm verdeutschte Neue Testament konnte bereits 1522 im Druck erscheinen.
4. Luther gegen die Schwarmgeister. Luthers Aufenthalt auf der Wartburg dauerte nur zehn Monate. Als er erfuhr, da� in Witten-berg unter den Anh�ngern seiner Lehre mancherlei Unordnung und Verwirrung ausgebrochen sei, da� der Gottesdienst gest�rt und die Heiligenbilder in den Kirchen zertr�mmert w�rden und nun sogenannte Propheten aus Zwickau dorthin gekommen seien, welche gef�hr-liche Schw�rmerei unter dem Volke verbreiteten, glaubte er nicht l�nger auf seinem einsamen Bergschlosse zur�ckbleiben zu d�rfen. Voll Be-sorgnis, das Reformationswerk k�nne auf schlimme Wege geraten, ver-lie� er daher pl�tzlich die Wartburg und kehrte trotz Acht und Bann nach Wittenberg zur�ck. Dort bek�mpfte er in einer Reihe von ein-dringlichen Predigten die falschen Ausw�chse seiner Lehre, und die Schwarmgeister zogen sich ins Dunkel zur�ck. Nun gab er dem neuen Gottesdienste eine festere Ordnung, wirkte f�r Errichtung christlicher Schulen und trat, das M�nchskleid ablegend, wie viele andere Geist-liche, in den Ehestand, indem er sich mit KatharinavonBora verm�hlte (1525).
1525 5. Der Bauernkrieg 1525. Unterdessen erhob sich, aus Mi�-Verst�ndnis der Predigt von der christlichen Freiheit und wegen harter Bedr�ckung der Bauern durch ihre Gutsherren, besonders am Rhein, in Schwaben, Franken und Th�ringen der Bauernkrieg, in welchem eine Menge Kl�ster und Schl�sser beraubt und zerst�rt wurden, bis der von Luther verdammte Aufstand (nach der Niederlage des Schw�rmers Thomas M�nzer bei Frankenhausen in Th�ringen) mit harter Be-strafung der Emp�rer endete.
6. Einf�hrung der Reformation. Die Reformation aber wurde in einem gro�en Teile von Deutschland eingef�hrt, besonders im Kur-f�rstentum Sachsen durch Johann denBe st�ndigen (den Nach-folget seines Bruders Friedrich des Weisen seit 1525), in Hessen durch den Landgrasen Philipp den Gro�m�tigen, in vielen Reichs-st�dten, ferner in Preu�en, wo der Hochmeister des deutschen Ordens Albrecht von Brandenburg mit seinem �bertritte zur evange-
1525 lischeu Lehre das Land in ein weltliches Herzogtum verwandelte 1525.
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Karl V. und Franz I. � Ausbreitung der Reformation.
1. Kaiser Karl V. und K�nig Franz I. von Frankreich (die 2 ersten Kriege). Karl f�hrte vier Kriege gegen Franz I. von Frankreich, der sich vergeblich um die deutsche Kaiserkrone beworben hatte und das von ihm in Besitz genommene Herzogtum Mailand, sowie das dem Kaiser Maximilian (bei dessen Verm�hlung mit Maria von Bur-gund) vorenthaltene Herzogtum Burgund herauszugeben sich weigerte.
a. Im ersten Kriege wurde Franz, nachdem sein Feldherr Bayard, �der Ritter ohne Furcht und Tadel", gefallen war, in der Schlacht bei Pavia 1525 (Frundsberg, der F�hrer der deutschen Landsknechte) 1525 besiegt und gefangen genommen. Er versprach darauf im Frieden von Madrid, sowohl Mailand als Burgund abzutreten, brach aber, freigelassen, sein Versprechen. Daher kam es zum
b. zweiten Kriege, in welchem der Papst mit Frankreich ver-b�ndet war. Da zog das kaiserliche Heer auf Rom los, erst�rmte und pl�nderte die Stadt und n�tigte dadurch den Papst, von dem franz�-fischen B�ndnis zur�ckzutreten. Im (� Damen"-)Frieden von Cam-bray (1529) verzichtete Franz auf Mailand, blieb aber im Besitz von Burgund. Karl empfing vom Papste zu Bologna (1530) die Kaiserkrone ; es war die letzte Kr�nung eines deutschen Kaisers durch den Papst.
2. Die Reichstage zu Speier und Augsburg 1529 und 1530. Infolge der Vers�hnung mit dem Papste war der Kaiser nun um so eifriger darauf bedacht, die Reformation in Deutschland zu unter-dr�cken. Schon w�hrend seiner Abwesenheit lie� er durch seinen Bruder Ferdinand denReichstagvonSpeier abhalten, 1529, welcher die 1529 weitere Ausbreitung der Reformation verbot. Dagegen protestierten
die Evangelischen, weshalb sie den Namen Protestanten erhielten. Nun erschien der Kaiser selbst wieder in Deutschland und hielt den Reichstag zu Augsburg 1530. Hier �berreichten die Protestanten dem Kaiser ihr von Melanchthon (in 28 Artikeln) verfa�tes Glaubens-bekenntnis, die Augsburgische Konfession; und als der Kaiser im 1530 Reichstagsabschiede binnen kurzer Frist R�ckkehr zur katholischen Kirche forderte, schl�ssen die meiften protestantischen F�rsten und St�dte zur Verteidigung ihres Glaubens das B�ndnis zu Schmalkalden (in Hessen). Der Kaiser aber sah sich durch einen drohenden Krieg gegen die T�rken gen�tigt, ihnen freie Religions�bung bis zu einem allge-meinen Konzil zu bewilligen. Nun breitete sich die evangelische Lehre
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 11
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rasch weiter aus: W�rttemberg, Elsa�, Baden, Pommern, viele nord-deutsche St�dte, sp�ter (nach des Herzogs Georg Tode) auch das Her-zogtum Sachsen und (unter Joachim IL 1539) die Mark Brandenburg nahmen sie an.
3. Die Hoheuzollem zur Zeit der Reformation. Joachim I. (Nestor)war ein Zeitgenosse und eifriger Gegner Luthers. Er stiftete eine Universit�t zu Frank-furt a. O. und errichtete als obersten Gerichtshof das Kammergericht zu Berlin. Unter ihm erwachte die Raublust des Adels von neuem. Und da er diesem Unwesen streng entgegentrat, drohten ihm die Raubritter: �Jochimke, Jochimke, h�te di; fangen rat di, so hangen rai di." Er aber lie� sich nicht einsch�chtern, auch als sie ihm wirklich nach dem Leben stellten; durch bewaffnete Reiter lie� er vielmehr die Wegelagerer und Landsch�diger aufgreifen und h�ngen. Alle Einsprache gegen dieses Verfahren lehnte er ab. �Ich habe," sagte er, �kein adelig Blut vergossen; die ich dem Henker �berliefert, waren Schelme, Stra�enr�uber und M�rder. W�ren dies rechte Ebelleute gewesen, so w�rden sie keine Verbrechen begangen haben." Sein Sohn Joachim II. (H ektor) f�hrte (1539) bie Reformation (nach Luthers Lehre) in ber Mark ein. Er schlo� mit bem Herzog von Liegnitz einen Erbvertrag, nach welchem beim Erl�schen bes Mannsstammes ber Herz�ge beren Lanbe Lieg-nitz, Brieg unb Wohlau an Branbenburg fallen sollten.
4. Die Reformation im Norden Europas. Gustav Wasa. Die brei skandi-navischen Reiche D�nemark, Norwegen unb Schweden waren durch die so-genannte kalmarische Union (1397) zu einem Ganzen verbunden worden. Indes strebten die Schweden danach, sich von dem Bunde loszurei�en und ihre Selbst�ndig-keit wiederherzustellen. Zwar suchte ber gewaltt�tige Unionsk�nig Christian II. burch das entsetzliche Stockholmer B lutbad (1520)seineHerrschaft�berSchweden neu zu befestigen; doch gelang es dem Gustav Wasa, nach mancherlei Abenteuern und Gefahren die dalekarlifchen Bauern zum Ausst�nde zu bewegen, der zur Vertreibung der d�nischen Gruppen aus Schweden f�hrte. Nach der Eroberung von Stock-Holm wurde Gustav von dem schwedischen Volke zum K�nig erhoben (1523). Die lutherische Lehre wurde im Lande eingef�hrt.
Wie in Schweden wurde dann auch in D�nemark und Norwegen sowie in den Ostseel�ndern die Reformation nach lutherischem Bekenntnis eingef�hrt.
5. Gr�ndung der reformierten Kirche. In der Schweiz war bereits 1518 Ulrich Zwingli (geb. 1484), Pfarrer zu Z�rich, als Re-formator aufgetreten. Er predigte, wie Luther, zun�chst gegen den Abla�handel, ging jedoch in seinem Widerspruche gegen die bisherige Kirchenlehre noch weiter, als der wittenbergische Reformator: Alles, was nicht aus der heiligen Schrift zu erweisen sei, m�sse getilgt werden. Von Luther wich er namentlich in der Abendmahlslehre ab, und das Religionsgespr�ch zu Marburg (1529) konnte eine Einigung beider M�nner nicht herbeif�hren, da namentlich Luther mit gro�er Ent-fchiedenheit an seiner Ansicht festhielt. So schieden sich die Anh�nger der Reformation in Lutheraner und Reformierte. Mehrere Schweizer Kantone (Z�rich, Basel, Bern zc. 2C.) nahmen die reformierte
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Lehre an. Zwischen ihnen und den katholisch gebliebenen Kantonen (den f�nf Orten Schwyz, Uri, Unterwalden, Zug und Luzern) entstand offener Krieg, und Zwingli fiel in der Schlacht bei Kappel 1531; 1531 doch blieb sein Werk bestehen, und die reformierte Lehre breitete sich bald noch weiter aus, namentlich durch die Wirksamkeit Johann Calvins. Ein Franzose von Geburt (geb. 1509 zu Noyon in der Picardie), kam dieser hochbegabte und sittenstrenge Mann, da er als Religions-neuerer Frankreich verlassen mu�te, nach der Stadt Gens, wo er eine h�chst erfolgreiche reformatorische Th�tigkeit entfaltete. Er bildete Zwinglis Lehre eigent�mlich weiter aus und gab der reformierten Kirche durch neue Ordnungen festen Halt und gro�e Lebenskraft. Hatte die lutherische Kirche haupts�chlich das n�rdliche Deutschland in Besitz genommen, so wurde die reformierte Lehre in Westdeutschland vor-herrschend und sand bald Eingang in den Niederlanden, in Frankreich, England und Schottland.
6. Heinrich Till, von England. � Anf�nge der anglikanischen Kirche. In England herrschte seit 1485 das Hans Tndor, das mit Heinrich VII. zum Throne gelangt war. Dessen Sohn und Nachfolger Heinrich VIII. (seit 1509)
f�hrte eine grausame Willk�rherrschaft. Anfangs verteidigte er in einer Schrift gegen Luther die katholische Lehre und erhielt daf�r vom Papste den Ehrentitel �Verteidiger des Glaubens". Als aber sp�ter der Papst sich weigerte, ihn von seiner Gemahlin (Katharina von Aragonien, Tante Kaiser Karls V.) zu scheiden sagte sich der K�nig von demselben los, verm�hlte sich mit Anna Boleyn und er-kl�rte sich zum Oberhaupte der englischen Kirche. Mit gro�er Willk�r traf er nun kirchliche Anordnungen, hob die Kl�ster auf und schrieb seinen Unterthanen Glau-bensartikel vor; Widerstrebende � Katholiken wie Protestanten � wurden hinge-richtet. Von seinen sechs Frauen lie� Heinrich zwei, unter ihnen Anna Boleyn, enthaupten. � Heinrich VIII. hatte die englische Kirche nur vom p�pstlichen Stuhle getrennt, aber noch keineswegs eine Reformation eingef�hrt. Dies geschah erst unter seinem Sohn und Nachfolger Eduard VI. Unter dieser Regierung wurde (namentlich durch den Erzbischos Cranmer von Canterbury) der Grund zu der a n g -likanischen Kirche gelegt.
7. Karl gegen die Seer�uber; die zwei letzten Kriege gegen Franz I. Die Reformation konnte sich zu dieser Zeit um so ungest�rter ausbreiten, weil der Kaiser fortw�hrend durch �u�ere Kriege� sowohl gegen die T�rken als auch wieder gegen Franz I. � besch�ftigt war. Die T�rken bedrohten nicht nur von Ungarn aus das Deutsche Reich; sie machten auch durch Raubz�ge zur See, namentlich von Nord-Afrika aus, das Mittell�ndische Meer unsicher. Der Kaiser unternahm daher einen Zug gegen Tunis. Er eroberte Tunis und befreite daselbst �ber 20 000 Christen-sklaven. Aber nun mu�te er sich wieder gegen Franz I. wenden, der nochmals versuchte, Mailand zur�ckzugewinnen. Durch den dritten Krieg mit Franz I.
n�tigte er diesen nochmals, von Mailand abzulassen. Darauf machte der Kaiser noch einen Zug gegen die Seer�uber in Algier, der aber infolge schwerer St�rme und Regeng�ss e verungl�ckte. Darauf kam es zum vierten Krieg mit Franzi.
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Des Kaisers Vordringen in Frankreich n�tigte diesen endlich zum Frieden zu
1544 Cresp y 1544, in welchem er f�r immer auf Mailand, Karl auf Burgund ver-zichtete.
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Bek�mpfung der Reformation. � Susgang Karls V.
1. Das Konzil zu Trient; die Jesuiten. Nach Beendigung der ausw�rtigen Kriege hielt der Kaiser nunmehr die Zeit f�r gekommen, um mit aller Macht den Religionsneuerungen Einhalt zu thun. Im
1545 Jahre 1545 bewirkte er endlich die Berufung des Konzils zu Trient. Durch die Beschl�sse dieses Konzils erhielt die Lehre der r�misch-katho-tischen Kirche gegen�ber den Lehren der Reformation einen festen Ab-schlu�.
Mit besonderem Eifer und bedeutenden Erfolgen trat der weiteren Aus-breitung der Reformation der neue Orden der Jesuiten entgegen. Sein Stifter war der Spanier Ignatius (Don Jnigo) von Loyola (geb. 1491). Als junger Edelmann im Kampfe gegen die Franzosen schwer verwundet, hatte er auf feinem langen Krankenlager sich durch Heiligenlegenden zu dem Entschl�sse begeistert, �als geistlicher Ritter in dem Heerlager Jesu gegen den Antichrist zu dienen". Wiederher-gestellt ergab er sich strengen Bu�llbungen, wallfahrtete nach Rom und Jerusalem und vertiefte sich nach seiner R�ckkehr in theologische Studien. Er setzte diese mit Eifer fort an der Hochschule zu Paris, wo er dann mit einigen Genossen den Ent-schlu� fa�te, �zur Verbreitung der wahren Religion unter Ketzern und Heiden" einen Orden zu stiften. Der Gedanke, insbesondere die Reformation zu bek�mpfen, kam sp�ter als Ordensaufgabe hinzu. Ignatius nannte feinen Verein: �Gesell-schast Jesu" und erlangte im Jahre 1540 die Best�tigung derselben durch den Papst. Er selbst wurde erster Ordensgeneral mit dem Sitze in Rom. Bei seinen: Tode (1556) z�hlte die �Kompanie Jesu", die ihrem General �einen zugleich solda-tischen und geistlichen Gehorsam leistete", bereits �ber 1000 Mitglieder.
2. Luthers Tod. Der schmalkaldische Krieg. Die Protestanten versagten dem Konzil zu Trient ihre Anerkennung, weil es vom Papste ausging. Daher beschlo� der Kaiser, Gewalt gegen sie zu brauchen. Er sprach �ber die H�upter des schmalkaldischen Bundes, den Kurf�rsten Johann Friedrich von Sachsen (der seinem Vater, Johann dem Be-st�ndigen, 1532 gefolgt war), und den Landgrafen Philipp von Hessen die Reichsacht aus. So kam es zum schmalkaldischen Kriege 1546. Vor dem Ausbruche des Krieges starb Luther, auf einer Reise
1546 begriffen, am 18. Februar 1546 in seiner Geburtsstadt Eisleben. Seine Leiche wurde in der Schlo�kirche zu Wittenberg bestattet. � Die protestantischen Anf�hrer unterlie�en es, den anf�nglich wenig ger�steten Kaiser rechtzeitig anzugreifen. Dagegen nahm der mit dem Kaiser ver-b�ndete (protestantische) Herzog Moritz von Sachsen das Kurf�rstentum in Besitz, so da� Johann Friedrich sich vom Bundesheere trennen und
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gegen diesen wenden mu�te. W�hrend er sein Land von den Feinden befreite, bezwang der Kaiser die s�ddeutschen protestantischen St�dte und zog dann, mit Moritz und seinem Bruder Ferdinand vereinigt,
gegen den Kurf�rsten, welchen er in der Schlacht bei M�hlberg (an der Elbe) besiegte und gefangen nahm (1547). Auch Philipp von Hessen ergab sich nun und wurde des Kaisers Gefangener.
3. Der Augsburger Religionsfriede 1555. Moritz, der von dem Kaiser die Kurw�rde und Johann Friedrichs Lande erhalten hatte,
trat jedoch � als er das allein noch unbezwuugeue protestantische Magdeburg belagerte � pl�tzlich zur Partei seiner Glaubensgenossen �ber. Er verband sich mit dem franz�sischen K�nig Heinrich II. (dein Sohne und Nachfolger Franz des I.), welcher die wichtigen Grenzst�dte Metz, Tonl und Verdun besetzte. Moritz selbst drang unerwartet gegen den Kaiser in Tirol vor, n�tigte den kranken, gichtbr�chigen Mann zur Flucht und erzwang den Passauer Vertrag 1552: den Protestanten 1552 wurde freie Religions�bung bewilligt, die gefangenen F�rsten losge-geben. Der Augsburger Religionsfriede 1555 best�tigte den Passauer 1555 Vertrag und gestand den Anh�ngern der augsburgischen Konsession gleiche Rechte wie den Katholiken zu.
4. Karls V. Abdankung. Niedergedr�ckt durch diesen Ausgang des Religionskampfes und durch Krankheit gebeugt, entsagte Karl V. 1556 der Regierung und gab seinem Sohne Philipp Spanien, Neapel, 1556 Mailand, die Niederlande und Amerika; sein Bruder Ferdinand,
K�nig von B�hmen und Ungarn, folgte ihm in den �sterreichischen L�ndern und in der Kaiserw�rde. Karl zog sich in das Kloster San Inste in der spanischen Landschaft Estremadura zur�ck, wo er nach zwei Jahren (1558) starb.
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Die n�chsten Nachfolger Karls V.: Ferdinand I. (1556�1564) und Maximilian II. (1564�1576).
1. Auf Karl V. folgte in �sterreich und dann auch als deutscher Kaiser dessen Bruder, Ferdinand I. (1556�1564), dem Karl schon bei seinen Lebzeiten die Regierung �sterreichs �berlassen hatte und der damit noch � durch seine Verm�hlung mit der Erbin von Ungarn und B�hmen � diese beiden K�nigreiche vereinigt hatte. Doch blieb der s�dliche und �stliche Teil Ungarns noch l�ngere Zeit in der Gewalt der T�rken. Ferdinand war ernstlich und mit Erfolg bestrebt, den Frieden zwischen Katholiken und Protestanten aufrecht zu erhalten.
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2. Ebenso geschah dies unter Ferdinands Sohn, Maximilian II. (1564�1576), der ihm in �sterreich (nebst B�hmen und Ungarn) so-wie als deutscher Kaiser nachfolgte (w�hrend Ferdinands j�ngster Sohn, Karl, Steiermark erhielt). Maximilian duldete sogar, da� in seinen eigenen Erblanden (namentlich in �sterreich und B�hmen) die Reformation sich immer weiter verbreitete.
3. W�hrend aber so in Deutschland zu dieser Zeit der Friede zwischen den verschiedenen Religionsparteien gewahrt blieb, fanden in den westlichen N a ch b a r -l�ndern Deutschlands heftige religi�se K�mpfe statt.
a. In England war nach dem fr�hzeitigen Tode Eduards VI. (1547) Maria die Katholische (die �lteste Tochter Heinrichs Vm. und Katharinas von �ra-gonien) gefolgt, welche sich mit Philipp EL von Spanien verm�hlte. Sie wollte die katholische Kirche in England wiederherstellen und verfolgte die Protestanten mit grau-samer Strenge. Viele derselben, namentlich auch der Erzbischof Cranmer, starben den Tod auf dem Scheiterhaufen. Aber nach kurzer Regierung starb Maria, und nun(1558) folgte ihre protestantische Halbschwester Elisabeth von England (die Tochter HeinrichsVIII. und Anna Boleyns) als K�nigin von England. Durch sie wurde die anglikanische Kirche wiederhergestellt und (durch die �39 Artikel") noch fester begr�ndet. Von dieser trennten sich die Presby terianer oder Puritaner, welche die bisch�fliche Gewalt verwarfen und Vereinfachung des Gottesdienstes forderten. In Schottland wurde die presbyterianische oder reformierte Lehre und Kirchen-Verfassung (namentlich durch Johann Knox) allgemein eingef�hrt. Die katholische K�nigin Maria Stuart wurde vertrieben und mu�te nach England fliehen. Dort wurde sie in langer Gefangenschaft gehalten und endlich, der Teilnahme an mehreren Verschw�rungen gegen Elisabeth beschuldigt, hingerichtet (1587). � Im �brigen war Elisabeths Regierung wohlth�tig f�r England, dessen Handel sie f�rderte und dessen Seemacht einen kr�ftigen Aufschwung nahm. Franz Drake umsegelte die Erde, in Amerika wurden die ersten Kolonieen (� �Virginia") gegr�ndet, und die ostindische Kompanie legte den Grund zu Englands Besitzungen in Indien.
b. In Frankreich folgten auf Heinrich II. (f 1559) feine drei elenden S�hne (Franz II., Karl IX. und Heinrich III.), die nacheinander den K�nigsnamen f�hrten, aber ganz unter dem Einfl�sse ihrer Mutter, der r�nkevollen Katharina von Medici, standen. Zu dieser Zeit wurde Frankreich 30 Jahre lang von Religions- und B�rgerkriegen zerr�ttet.
Die Reformation, insbesondere die Lehre Calvins, hatte n�mlich auch in Frankreich Verbreitung gesunden. Ihre Anh�nger wurden hier Hugenotten (d. i. Eidgenossen) genannt. An deren Spitze befand sich die Familie der Bourbo-nett, sowie der Admiral Coligny; ihnen entgegen stand die katholische Partei unter der m�chtigen Familie der Guifen. Nach mehrj�hrigen K�mpfen schien der Hof den Frieden durch eine Verm�hlung des Bourbonen Heinrich von Navarra mit Margareta, der Schwester des K�nigs Karl IX., befestigen zu wollen. Aber 1572 in der Bartholom�usnacht (24.�25. August) 1572 wurden die Hugenotten, welche zum Hochzeitsfeste in Paris versammelt waren, auf Anstiften der Katharina von Medici zu Tausenden, unter ihnen Coligny, hingemordet. Daher der Name der Pariser Bluthochzeit. Der B�rgerkrieg entbrannte nun von neuem und dauerte (nach Karls IX. Tode) w�hrend der ganzen Regierung Heinrichs HI. fort Der
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K�nig selbst, mit der katholischen Partei entzweit, mu�te aus Paris fliehen: er suchte Schutz im Lager Heinrichs von Navarra, wurde aber dort durch den Domi-nikanerm�nch Jakob Clement ermordet. MitihmstarbdasHausValoisaus,
und in Heinrich von Navarra, der ihm als Heinrich IV. auf dem Throne folgte, ge-langte das Haus Bourbon (1589) zur Regierung.
K�nig Heinrich IV. (1589�1610) wurde erst nach Besiegung seiner Gegner und nach seinem �bertritt zur katholischen Kirche allgemein als K�nig anerkannt.
Durch das Edikt von Nantes (1598) gestattete er den Protestanten die Aus�bung ihrer Religion und verlieh ihnen Zutritt zu Staats�mtern. Unter seiner weisen und wohlth�tigen Regierung erholte sich das Land schnell von den Verheerungen der langwierigen inneren Kriege. Auch dieser K�nig endete durch die Hand eines fanatischen M�rders (Ravaillac).
c. Die Niederlande (das jetzige Holland und Belgien) geh�rten eigentlich noch zum Deutschen Reiche; seit diese Lande aber (1556) an Philipp IL von Spanien gekommen, waren sie thats�chlich schon von dem Deutschen Reiche losgetrennt.
Philipp n., der die Niederlande zuerst durch seine Halbschwester Margareta von Parma regieren lie�, verletzte die alten Rechte des Volkes und suchte durch Ver-mehrung der Bist�mer und Einf�hrung der I n q u i s i t i o n die Reformation, welch e in das Land eingedrungen war, zu unterdr�cken. Der Statthalterin Margareta von Parma setzte er in der Regierung den Kardinal Granvella zur Seite, der sich durch seine Willk�r beim Volke �u�erst verha�t machte. Da entstand, um der Inquisition entgegenzutreten, unter vielen Edelleuten die Verbindung der (�bis zum Bettelsack getreuen") Geusen, und vor allen der Prinz Wilhelm von �r�nim und die Grafen Egnwnd und Hoorne, die H�upter des Adels, verteidigten die Rechte des Landes.
Granvella verlie� zwar die Niederlande; aber bald darauf (1567) r�ckte der Herzog Alba mit einem spanischen Heere ein und �bte durch Verhaftungen, Blut-ger�ste und Scheiterhaufen eine unerh�rte Schreckensherrschaft. Als wegen dieser Ma�regeln Margareta der Regierung entsagte, ging die Statthalterschaft an Alba �ber, der (1568) den Egmond und Hoorne in Br�ssel hinrichten lie� und die Verfolgungen noch steigerte. Wilhelm von Oranien war jedoch entflohen, sammelte Truppen in Deutschland und brachte die n�rdlichen Provinzen zum Aus-st�nde gegen die Spanier. Auch zur See k�mpften die Niederl�nder (die Wasser-geusen) f�r ihre Freiheit. Damit begann der Abfall der Niederlande 1572. 1572 Alba legte darauf, da er die Emp�rung nicht mehr zu �berw�ltigen vermochte, fein Regiment nieder (1573).
Unter Albas Nachfolgern in der Statthalterschaft dauerte der Krieg mit ab-wechselndem Gl�cke fort (Belagerung von Leyden, Einnahme und Pl�nderung von Antwerpen durch die Spanier). Dem dritten derselben, Alexander Farnese von Parma (dem Sohne der Margareta), gelang es zwar, die s�dlichen Nieder-lande (Belgien) f�r Spanien zu behaupten und dort die katholische Religion zu be-festigen; allein die sieben n�rdlichen Provinzen (Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Groningen, Friesland und Oberyssel), in denen die Reformation einge-f�hrt war, vereinigten sich zur Utrecht er Union 1579 und jagten sich von der 1579 spanischen Regierung los. Nach der Ermordung Wilhelms von Oranien (zu Delft 1584) trat dessen junger Sohn Moritz an die Spitze der (vereinigten General-) Staaten, und verteidigte, von der K�nigin Elisabeth von England unterst�tzt, deren
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_e Unabh�ngigkeit. Um England und Holland zugleich zu treffen, sandte Philipp II. lO�� die gro�e Armada (�un�berwindliche Flotte") aus (1588), welche aber teils den Angriffen der englischen und holl�ndischen Flotte, teils schweren St�rmen erlag. Von da an sank die Macht Spaniens; dagegen wurden nun England und Holland die ersten Seem�chte. Die neue Republik Holland (unter Erbstatthaltern aus dem Hause Dramen) erhob sich rasch zu hoher Bl�te. Sie eroberte viele spanisch-portugiesische Kolonieen und gr�ndete Batavia auf Java, welches der Mittelpunkt des holl�ndisch-ostindischen Handels wurde.
� 121.
Rudolf II. (1576�1612) und Matthias (1612�1619).
1. Rudolf II. (1576�1612). Auf Maximilian II. folgte sein d�sterer, thatenloser Sohn Rudolf II., der sich am liebsten mit Stern-deuterei und Goldmacherei besch�ftigte. Unter ihm geriet das Reich durch T�rkennot und zunehmenden Religionshader in tiefe Zerr�ttung. Mehrere protestantische F�rsten traten unter dem (reformierten) Kur-f�rsten (Friedrich IV.) von der Pfalz zu einer Union 1608 zusammen, ber die Katholiken (unter dem Herzog Maximilian von Bayern) eine Liga entgegenstellten. Den Protestanten in B�hmen mu�te der Kaiser durch den sogenannten Majest�tsbrief freie Religions�bung zu-sichern. Schon jetzt drohte der Ausbruch eines Religionskrieges: wegen des J�lich-Kleveschen Erbsolgestreites. Nach dem Tode des kinderlosen Herzogs (Johann Wilhelm) von J�lich (1609) erhoben so-wohl der Kurf�rst Johann Sigismund von Brandenburg (1608 bis 1619), als auch der Pfalzgras (Wolfgang Wilhelm) von Neuburg Anspruch auf dessen Hinterlassenschast. Inmitten dieser drohenden Lage starb Rudolf II., und es folgte ihm sein Bruder
2. Matthias (1612�1619). Der drohende Krieg wurde noch abgewendet durch einen Teilungsvertrag (zu Xanten 1614), in welchem der Kurf�rst von Brandenburg, der zur reformierten Lehre �bergetreten war, Kleve, Mark und Ravensberg, der Pfalzgraf von Neu-b�rg J�lich und Berg erhielt. � Derselbe Johann Sigismund ver-einigte dann auch nach dem Tode seines Schwiegervaters, des Herzogs Albrecht Friedrich von Preu�en, das Herzogtum Preu�en mit Bran-
1618 denburg (1618). � Endlich kam es in B�hmen wegen Verletzung des Majest�tsbriefs, namentlich wegen St�rung des Baues evangelischer Kirchen (zu Braunau und Klostergrab), zu Streitigkeiten, welche den schon lange drohenden Ausbruch eines neuen gro�en Religionskrieges � des Drei�igj�hrigen Krieges � veranlagten.
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� 122.
Der Drei�igj�hrige Krieg 1618�1648.
I. Der b�hmisch-pf�lzische Krieg (1618�1624).
1. Der Winterk�nig. Die Beeintr�chtigungen der b�hmischen Protestanten veranla�ten (unter F�hrung des Grafen Matthias von Thurn) einen Aufstand in Prag 1618: zwei kaiserliche Statthalter (Martinitz und Slavata) wurden �als Verletzer des Ma-jest�tsbrieses und als Feinde des Gemeinwohls" aus den Fenstern des Schlosses gest�rzt; die Protestanten bem�chtigten sich der>Staatsgewalt. Als bald darauf Kaiser Matthias starb, erkl�rten die B�hmen dessen Nachfolger (den bisherigen Herzog von Steiermark), Ferdinand II. (1619�1637), einen Z�gling der Jesuiten, des b�hmischen Thrones verlustig und w�hlten den Kurf�rsten Friedrich V. von der Pfalz, das Haupt der Union, zu ihrem K�nige. Und der ehrgeizige junge F�rst nahm � wie es hei�t, auf das Zureden seiner Gemahlin Elisa-beth, einer englischen Prinzessin � die gef�hrliche Krone an. Aber die Freude seines K�nigtums war von kurzer Dauer: Friedrichs Heer wurde von dem Herzog Maximilian von Bayern (und seinem Feldherrn Tilly) an der Spitze der Liga, welche dem Kaiser Bei-stand leistete, inderSchlachtansdemwei�enBergebeiPrag 1620 besiegt: der �Winterk�nig" Friedrich entfloh und wurde in die 1620 Acht erkl�rt, B�hmen der Herrschaft Ferdinands unterworfen, der Majest�tsbrief zerschnitten, die evangelische Lehre mit Strenge unter-dr�ckt, und die katholische Kirche wiederhergestellt.
2. Mansseld und Tilly. Nach Aufl�sung der Union setzten, als Verteidiger des ge�chteten Kurf�rsten, Graf Ernst von Mans-feld, Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach und der abenteuerliche Prinz Christian von Braunschweig den Krieg fort. Mausfeld pl�nderte die katholischen Stifter am Rhein; dagegen besiegte Tilly, der Feldherr der Liga, den Markgrafen Georg Friedrich von Baden bei Wimpfen und nahm die Pfalz aufs h�rteste mit (die Heidelberger Bibliothek wurde als Geschenk dem Papste nach Rom ge-sandt). Die pf�lzische Kurw�rde und die Oberpfalz erhielt Maximilian von Bayern.
II. Der nieders�chsische oder d�nische Krieg (1624�1629).
1. Wallenstein. Als nun Tilly auch das n�rdliche Deutschland bedrohte, trat der K�nig Christian IV. von D�nemark, der als Herzog von Holstein deutscher Reichsf�rst war, f�r die Sache der Pro-
testanten auf. Der Kaiser dagegen, der bisher von der Streitmacht der Liga abh�ngig war, erhielt ein eigenes Heer durch Wallenstein. Dieser merkw�rdige Mann � er hie� eigentlich Alb recht von Wald st ein �stammte aus einem b�hmischen Adelsgeschlechte; seine Eltern waren lutherisch. Fr�h verwaist, erhielt er in einer Jesuiten-anstatt seine Erziehung und ging zur katholischen Kirche �ber. Dann machte er gr��ere Reisen, wurde nach seiner R�ckkehr Offizier im kaiserlichen Heere und verm�hlte sich mit einer Witwe, die ihm bei ihrem bald erfolgten Tode ein sehr betr�chtliches Verm�gen hinterlie�. Er vermehrte seinen Reichtum noch durch den Ankauf einer gro�en Anzahl von eingezogenen G�tern b�hmischer Edelleute, die bei der Unter-wersung des Landes ge�chtet worden waren, und vereinigte seine ge-samten Besitzungen zu einer �Herrschast Friedland". Der Kaiser aber, dem er eifrig ergeben war und bereits wichtige Dienste als Reiter-f�hrer geleistet hatte, ehrte ihn dadurch, da� er ihn zum Herzog von Fried land erhob. Jetzt machte Wallenstein dem Kaiser das An-erbieten, auf eigene Kosten ein Heer aufzustellen und zu unterhalten, wenn ihm der unbeschr�nkte Oberbefehl �ber dasselbe erteilt werde. Sein Vorschlag wurde angenommen. Und als nun des Friedl�nders Werbetrommeln ger�hrt wurden, str�mte von allen Seiten so zahl-reiches k�mpf - und beutelustiges Kriegsvolk zusammen, da� schon in einigen Monaten ein stattliches Heer versammelt war. Mit demselben zog Wallenstein zun�chst gegen Mansfeld. Er besiegte ihn an der Dessauer Elbbr�cke (1626) vollst�ndig, verfolgte ihn durch Schlesien und dr�ngte ihn nach Ungarn. Bald darauf starb Mansfeld: in kriegerischer R�stung, auf zwei seiner Gef�hrten gelehnt, erwartete er stehend den Tod. Unterdessen hatte auch Tilly den D�nenk�nig
16*26 bei Lutter am Barenberg (einem St�dtchen im Braunschwei-gischen) geschlagen. Wallenstein aber, von seinem Verfolgungszuge zur�ckkehrend, verw�stete alle d�nischen Besitzungen aus dem Festlande, verjagte die Herz�ge von Mecklenburg und lie� sich vom Kaiser mit Mecklenburg belehnen. Nur die feste Hansastadt Stralsund hielt gegen seinen Angriff hartn�ckig stand, obwohl Wallenstein geprahlt hatte: �Und wenn sie mit eisernen Ketten an den Himmel gebunden w�re, sie m��te herunter!" Er schlo� hieraus mit D�nemark den Frieden zu L�beck (1629), in welchem Christian zwar seine L�nder behielt, aber der Teilnahme an den deutschen Angelegenheiten entsagte.
1629 2. Das Restitutionsedikt (1629). Seinen vollst�ndigen Sieg benutzte der Kaiser zu den strengsten Ma�regeln gegen die Protestanten.
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Er befahl ihnen durch das sogenannte Restitutionsedikt, alle Kircheng�ter, welche sie seit 70 Jahren (b. h. seit dem Passauer Vertrag) in ihren Besitz gebracht hatten, Bist�mer, Kl�ster 2c. herauszugeben. SeineHeere blieben unter den Waffen, um die Durchf�hrung seiner Anordnungen zu sichern und zu erzwingen; ganz Norddeutschland war den entsetzlichen Gewaltthaten und Brandschatzungen der verwegenen wallensteinischen Kriegsscharen preisgegeben. Da erhoben die deutschen F�rsten, auch die katholischen, des Kaisers Verb�ndete, laute Klagen gegen Wallensteins �bermut und bewogen Ferdinand, dessen �bermacht im Deutschen Reiche jetzt hinl�nglich befestigt schien, seinen Feldherrn vom Oberbefehl zu entfernen. Wallenstein f�gte sich ohne Widerrede in ferne Abfetzung und zog sich auf feine b�hmischen G�ter zur�ck (1630). Er glaubte, in den Sternen gelesen zu haben, da� in naher Zukunft eine noch weit r�hm- und glanzreichere Laufbahn feiner warte.
HL Der schwedische Krieg (1630�1635).
1. Gustav Adolf. Den besiegten Protestanten kam Hilfe und Rettung aus ihrer Bedr�ngnis durch den Schwedenk�nig Gustav Adolf. Ein hochgewachsener kraftvoller Mann von 36 Jahren, in kirchlicher Wissenschaft wohlbewandert und dem evangelischen Glauben herzlich zugethan, als tapferer Kriegsmann und geschickter Feldherr erprobt, zog er 1630 in den Kamps s�r seine deutschen Glaubens-genossen. Mit 13 000 Mann erlesener Truppen landete er an der pommerschen K�ste, vertrieb bie Kaiserlichen aus Pommern unb r�ckte in bie Mark Branbenburg ein.
In Brandenburg war auf Johann Sigismund 1619 sein Sohn Georg Wilhelm gefolgt, unter den trefflichen hohenzollernfchen F�rsten der einzige, dem es an Herrscherkraft und Einsicht fehlte, wie sie zumal eine schwere Zeit erforderte. So geriet das Land durch den Drei�igj�hrigen Krieg, der w�hrend seiner ganzen Regierung w�tete, in die tiefste Zerr�ttung.
Zwar konnte Gustav Ab�ls, burch Unterhandlungen mit den mi�trauischen Kurf�rsten von Brandenburg und Sachsen aufgehalten, die Einnahme Magdeburgs durch Tilly 1631, durch welche die m�chtige evangelische Stadt in Asche sank, nicht mehr verhindern; doch schlug er bald darauf, mit den Sachsen verb�ndet, in der Schlacht bei Leipzig (Breitenfeld) 1631 den bisher unbesiegten Tilly g�nz-lich und zog dann siegreich durch Franken an den Rhein, w�hrend der mit ihm verb�ndete Kurf�rst von Sachsen in B�hmen einr�ckte. Im n�chsten Fr�hjahr (1632) zog Gustav Adolf gegen Bayern, wo der alte
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Tilly am Lech besiegt wurde und die Todeswunde empfing. Nun zog Gustav Adolf als Sieger in M�nchen ein.
2. Wallenftein und Gustav Adolf. Der Kaiser befand sich nach Gustavs ungeheueren Erfolgen in der gr��ten Not. Nur Wallen-stein schien imstande, ihm Rettung gegen die Schweden zu bringen. Der abgesetzte Feldherr lebte jetzt, von mehr als k�niglicher Pracht umgeben, auf seinen Schl�ssern in B�hmen. Nicht ohne Schadenfreude sah er des Kaisers wachsende Bedr�ngnis; sie mu�te den hohen Herrscher zwingen, sich um Hilfe bittend an ihn zu wenden; denn er allein konnte helfen. Nur z�gernd gab er jetzt den immer dringenderen kaiserlichen Antr�gen Geh�r und schuf in kurzer Frist ein neues Heer, dessen Oberbefehl er als �Generalissimus" mit einer Machtvollkommen-heit �bernahm, wie sie noch nie ein Herrscher seinem Feldherrn bewilligt hatte. Von neuem den Feinden entgegenziehend, vertrieb er zu-n�chst die Sachsen aus B�hmen, dann behauptete er sich gegen Gustav Adolf zwei Monate lang in einem verschanzten Lager bei N�rnberg und fiel nach des K�nigs Abzug verw�stend in Sachsen ein. Dort wurde er von dem zum Schutze dieses Landes herbeieilenden Schweden-
1632 f�nig in der Schlacht bei L�tzen 1632 (16. November) besiegt: Gustav Adolf und der kaiserliche Reitergeneral Pappenheim fielen in der Schlacht; Wallenstein zog sich nach B�hmen zur�ck.
3. Wallenstcins Ermordung. Nach Gustav Adolfs Tode �ber-nahm der schwedische Reichskanzler Axel Oxenstierna die Leitung der schwedischen Angelegenheiten. Er lie� den Krieg durch die Feld-Herren Bernhard von Weimar und Horn fortsetzen, welche Bayern schwer heimsuchten, ohne da� Wallenstein, der in B�hmen stand, sie daran hinderte. Deshalb wurde dieser, des Verrats be-schuldigt, vom Kaiser abgesetzt und unter Leitung des Obersten Butler
1634 (durch den Hauptmann Deveroux) 1634 zu Eger ermordet. Darauf wurde Ferdinand, des Kaisers Sohn, an Wallensteins Stelle zum Oberfeldherrn des kaiserlichen Heeres ernannt. Er schlug die Schweden bei N�rdlingen, und Sachsen schlo� mit dem Kaiser den Prager Frieden 1635, dem mehrere protestantische F�rsten beitraten.
IV. Der schwedisch-franz�sische Krieg (1635�1648).
Nun mischte sich auch Frankreich (wo 1610 auf Heinrich IV. sein unm�ndiger Sohn Ludwig XIII. gefolgt war) in den Krieg ein. Der Kardinal Richelieu, welcher damals Frankreich regierte, suchte
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besonders die Macht �sterreichs zu schw�chen und unterst�tzte daher die Schweden, die unter Baner im n�rdlichen Deutschland, unter Bernhard von Weimar am Rheine siegreich k�mpften. Die Kriegsnot stieg durch unerh�rte Grausamkeiten der entmenschten S�ld-nerscharen auss h�chste. Ferdinand II. starb, sein Sohn, Kaiser Fer-Mit mit) III. (1637�1657), setzte den Krieg fort. Auch Bernhard von 1637 Weimar starb, und die Franzosen nahmen das von ihm eroberte Elsa� in Besitz. Baners Nachfolger Torstenson drang wiederholt in das Herz der �sterreichischen Staaten ein. Nachdem er wegen Gichtkrank-heit den Oberbefehl niedergelegt hatte, verheerten die Schweden unter Wrangel mit den Franzosen unter Turenne Bayern, und ein anderes schwedisches Heer eroberte die Kleinseite von Prag, als nach langen Unterhandlungen der Friede dem Drei�igj�hrigen Kriege ein Ende machte.
V. Der westf�lische Friede.
Der Friede wurde in den westf�lischen St�dten M�nster und 1648 Osnabr�ck abgeschlossen. In demselben wurde der Augs b�rg er Religionsfriede best�tigt und auf die Reformierten ausgedehnt. An L�ndern erhielt:
1. Frankreich: das �sterreichische Elsa�;
2. Schweden: Vorpommern mit Stettin;
3. Brandenburg: Hinterpommern, das Erzbistum Magde-b�rg und die Bist�mer Halberstadt und Minden;
4. der Sohn Friedrichs V. von derPsalz: die Pfalz am Rhein und die achte Kurw�rde.
Die Unabh�ngigkeit der Schweiz und der vereinigten Niederlande wurde anerkannt.
Die F�rsten erhielten in ihren Gebieten die Landeshoheit,
so da� die Einheit des Reiches in einen lockeren Bund von mehr als 300 fast selbst�ndigen Staaten sich ausl�ste.
VI. Die Folgen des Krieges s�r Deutschland waren die unheilvollsten. Es hatte durch denselben zwei Drittel seiner Bewohner verloren: von 18 Millionen war die Bev�lkerung durch das Schwert, durch Brand, Hunger, Seuchen und Elend aller Art aus kaum 7 Millionen herabgesunken. Tausende von St�dten und D�rsern lagen in Tr�mmern; von manchem verschwun-denen Dorf hat man kaum die St�tte wiederfinden k�nnen. Wohlbe-v�lkerte Landschaften waren zu Ein�den geworden, Felder und Wiesen
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in Wald und W�stenei verwandelt; Handel und Gewerbe lagen tief danieder; an vielen Stellen waren sie ganz vernichtet. Mit der Verarmung des Volkes verband sich eine grauenhafte Verwilderung desselben: Bettler, Heimatlose, R�uber schweiften massenweise umher und hemmten jeden geordneten Verkehr. Es ist begreiflich, da� bei so-viel Not und Elend auch das g ei st ig e Leben nicht gedeihen konnte: Deutschland mu�te auf l�ngere Zeit auch in Kunst und Wissen-schaft gegen andere L�nder zur�ckbleiben.
� 123.
Wissenschaften und K�nste im Reformationszeitalter.
1. Die Wissenschaften. Die seit dem Ende des 15. Jahrhunderts wiederauflebenden Wissenschaften erhielten im 16. Jahrhundert neue Anregung und F�r-derung durch die Reformation, die zu gr�ndlicher Bibel-und Geschichts-forschung Veranlassung gab. Durch Luthers Bibel�bersetzung bekamen wir eine neue, einheitliche Schriftsprache (das Neuhochdeutsche). Um die Gr�ndung und Hebung des gelehrten Schulwesens erwarb sich Melanchthon so gro�e Verdienste, da� er der �Lehrer Deutschlands" genannt wurde. � Eine v�llige Umgestaltung erfuhren die Naturwissenschaften durch die wichtigsten Entdeckungen: Coper-nicus(ausThorn) entdeckte das nach ihm benannte Weltsystem, Kepler(einW�rttem-berger) die Gesetze der Planetenbewegung, der Italiener Galilei die Gesetze des Pendels und des Falls. � Die Zeitrechnung wurde durch Einf�hrung des g r e -gorianischen Kalenders (nach Papst Gregor XIII. benannt) 1582 verbessert.
2. Die K�nste.
a. Italien. Die K�nste gelangten zur h�chsten Bl�te in Italien, wo die Bekanntschaft mit den Werken des griechischen Altertums, die hierdurch neu erweckte Begeisterung f�r das Sch�ne und die Unterst�tzung kunstliebender F�rsten (der Mediceer in Florenz, des Papstes Leo X. u. a.) die Talente zur Hervorbringung der vollendetsten Sch�pfungen anregten. Die Baukunst schuf als ihr gr��tes Werk seit dem Verfall des gotischen Stils die Peterskirche zu Rom, deren Bau von B ra -mante begonnen, von Rafael und Michel Angelo (dem Meister dreier K�nste) fort-gesetzt wurde (Taf. VIII, 1). Mit dem Kirchenbau wetteiferte der Palastbau (Pa-lazzo Pitti in Florenz, Dogenpalast und Markusbibliothek in Venedig) (Taf. VIII, 2 und 4) im Stil der sogenannten Renaissance d.h.der �wiedergeborenen" alten griechisch-r�mischen Kunst, deren Werke als Vorbilder galten und nachgeahmt wurden. In der Bildnerei gl�nzte vor andern Michel Angelo (Grabm�ler der Medici, Statue des Moses). Namentlich aber hatte ihr goldenes Zeitalter dieMalerei, in welcher die Meister Lionardo da Vinci (Christi Abendmahl), Cor-reggio (die heilige Nacht), Michel Angelo (das j�ngste Gericht), Tizian (die Himmel-fahrt Marias) und � der K�nig der Maler � Rafael (Madonnenbilder, namentlich diesixtinischeMadonna,die Stanzen und Loggien im Vatikan, die Verkl�rung Christi ic.) hervorragten. � Die Poesie erhob sich zu hoher Vollendung in den (epischen) Dichtungen des Ariost, der in dem �rasenden Roland" das abenteuer-
4*- Fenster bom Dogrn�nlsst.
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reiche Ritterwesen schilderte, und des Torquato Tafso, der in dem �befreiten Jeru-salem" den ersten Kreuzzug verherrlichte.
b. Portugal, Spanien und England. Italien gab den Ansto� zu voll-fommenerer Ausbildung der Dichtfunst in Portugal, wo Carnoens in einem gro�en Heldengedicht (�Die Lusiaden") Vasco de Gamas Entdeckungsfahrt nach Ostindien besang, und in Spanien, wo Cervantes den Don Quixoteschrieb und Calderon durch dramatische Dichtungen gl�nzte. Den gr��ten dramatischen Dichter der ganzen christlichen Zeit aber brachte England in William Shakespeare hervor (gest. 1616).
(Die Zahl der von Shafespeare gedichteten Dramen ist 37, unter ihnen die gro�en Trag�dien: Hamlet, Macbeth, Romeo und Julia, Othello, Julius C�sar, K�nig Lear; ferner die englischen K�nigsdramen; dann �Der Kaufmann von Ve-nedig", �Wie es euch gef�llt", �Der Sommernachtstraum", �Die lustigen Weiber von Windsor" und andere f�ftltche Lustspiele.)
c. Deutschland nebst den Niederlanden. Die deutsche Baufunst brachte als Hauptwerf das Heidelberger Schlo� hervor, dessen Otto-Heinrichsbau (Taf. VIII, 5) zu den herrlichsten Sch�pfungen des Renaissancestils gez�hlt wird. Auch die Rath�user zu K�ln, Bremen, Augsburg und N�rnberg verdienen genannt zu werden. � DieMalerei hatte im Anfange des 16. Jahrhunderts eine Zeit des Glanzes, der durch die Namen eines Albrecht D�rer aus N�rnberg (Anbetung der K�nige, bie vier Temperamente), welcher auch Meister des Holzschnitts und des Kupferstichs war, Hans Holbein (der Totentanz) und Lukas Cranach (Christi Kindersegnung, Bildnisse der Reformatoren) bezeichnet wird. In den Niederlanden erhielt dieselbe Kunst ihre h�chste Ausbildung am Ende dieser Periode durch Rubens, den fruchtbarsten aller Maler, der �ber zweitausend Bilder hervorbrachte (Haupt-werfe: die Kreuzabnahme und das j�ngste Gericht). Sein Sch�ler war der gro�e Portr�tmaler van Dyf; ausgezeichnet ist ferner: Rembrandt, der Meister in der Darstellung des Helldunfels.
In der Dichtfunst trat Deutschland noch zur�ck, obwohl der Meistersang in dem ungemein fruchtbaren N�rnberger Poeten Hans Sachs seinen H�hepunft erreichte und das von Luther begr�ndete evangelische Kirchenlied (�Ein feste Burg", �Aus tiefer Not" zc.) sich fr�stig und reich entwickelte. Der bedeutendste Kirchenliederdichter n�chst Luther war Paul Gerhardt, dessen fromme Ges�nge im gesamten deutsch-evangelischen Volfe leben.
Zweite Periode.
Vom westf�lischen Frieden bis zum Ausbruch der gro�en franz�sischen Revolution 1648�1789.
� 124.
Brandenburg-Preu�en und die Hoheuzolleru. 1. Brandenburg-Preu�en. Durch den Drei�igj�hrigen Krieg und den westf�lischen Frieden war das Deutsche Reich thats�chlich zer-
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tr�mmert, wenn es auch dem Namen nach und in den �u�eren Formen (� mit dem Kaiser an der Spitze des Reiches und dem Reichstag zu Regensburg) noch fortbestand. Aber aus den Tr�mmern des alten Reiches erstand nun ein neues, viel fester gef�gtes deutsches Staats-wesen, welches dazu bestimmt war, Deutschlands Gr��e und Ehre zu wahren, die getrennten Glieder wieder zu einigen, und so endlich wieder ein neues Deutsches Reich zu begr�nden, viel st�rker und Herr-licher, als je das alte �heilige r�mische Reich deutscher Nation" ge-wesen ist. Dieses neue deutsche Staatswesen, auf dem die Zukunft Deutschlands ruhte, war der braudeuburgisch-preutzische Staat unter dem Herrscherhaus der Hoheuzollern. Von da an (seit dem westf�lischen Frieden) wird daher die deutsche Geschichte im wesentlichen zur bran-denburgisch-preu�ischen Geschichte *).
2. Zusammenstellung der fr�heren Geschichte Brandenburgs und Preu�ens.
a. Brandenburg bis 1618:
Gr�ndung der Nordmark: s. � 87, 5.
Albrecht der B�r � die askanischen Markgrafen: s. � 93, 2.
Die bayerischen Markgrafen: s. � 102, 5.
Die luxemburgischen Markgrafen: f. � 103, 1.
Die Hohenz�llern � Friedrich I.: s. � 103, 3, c.
Joachim I. und Joachim II: s. � 118, 3.
Johann Sigismund: f. � 121 (1 und 2).
b. Preu�en bis 1618:
Das Ordensland Preu�en: s. � 99, 2, c, und � 104, 2.
Das Herzogtum Preu�en: s. � 117, 6.
c. Brandenburg-Preu�en seit 1618 � Georg Wilhelm: f.� 122,HL, 1.
3. Stammtafel der Hohenzollern. (Auf Seite 177.)
I. Das Zeitalter des Gro�en Kurf�rsten (1640�1688).
� 125.
Regierungsantritt des Gro�en Kurf�rsten. � (Erste englische
Revolution.)
1640 Es war Friedrich Wilhelm, der Gro�e Kurs�rst 1640 bis 1688, der zu der sp�teren Gro�macht Preu�en den Grund gelegt hat. Ein zwanzigj�hriger J�ngling, Neffe des Schwedenk�nigs Gustav Adolf, war er zur Regierung gekommen, als der Drei�igj�hrige Krieg noch fortdauerte. Im westf�lischen Frieden erhielt er �
*)Wir legen daher von da an der deutschen Geschichte statt der sogenannten deutschen Kaiser, welche tats�chlich mehr zu au�erdeutschen F�rsten geworden sind, die brandenburg-preu�ischen Herrscher zu Grunde.
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Zink�tzung und Druck von Rudolf Loes in Leipzig.
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1415 Iis 1869.
Br�nn� � I Aiurtrrlitz
ErJd�ruiLg der Farben.
_ (Die, Starrunlaiide unter Kur,
1-Friedrich,I. IUS-U40.
� � . j Erwerbungen bis auf Fried* \ ,1p*. Ci-ntcrn. 1440-1740.
p-�I | Enterbung CJI Friedrichs des - ' Grossen 1740 -1786.
j Erxrerbioujen, von i 1786-1861.
f Erwerbungen unter K�nig \ 1VWiebw 1.1S6S - 1866.
wieder abgetretene. LaruLestciLe
G flitz
-
� 177 �
Friedrich von Hohenzollern,
_Kurf�rst von Brandenburg 1416�1440.
Kurf�rst Friedrich II. 1440�70. Kurf. Alb re ch'T�ch il Ies 1470�86/
Kurf. Johann Cicero 1486�99. Markgraf Friedrich�. Ansbach u.Baireuth.
Kurf.Ivachiml.Nestor 1499�1535. Hochmeister Albrecht, Georg, Markgr.
1525 Herzog in Preu�en, von Ansbach.
Kurf.Ioachim II.Hektor 1535�71. Herzog Albrecht Friedrich,
I verm. mit Maria Eleonore
Kurf. Johann Georg 1571�98. v. J�lich-Kleve (f 1618).
Kurf. Joachim Friedrich 1598�1608.
Kurf. Johann Sigismund 1608�19, verm. mit An n a, Erbin v. J�lich-Kleve. Kurf. Georg 2B iTh elm 1619�40.
Kurf. Friedrich Wilhelm der Grotze 1640�1688.
Kurf. Friedrich III. 1688�1701, als K�nig Friedrich 1.1701�1713. K�nig Friedrich Wilhelm I. 1713�1740.
K�nig Friedrich II. der Grotze 1740�1786. August Wilhelm f 1758.'
K�nig Friedrich Wilhelm II. 1786�1797. ___K�nig Friedrich Wilhelm III. 1797�1840.
K�nig Friedrich Wilhelm IV.~" K�nig Wilhelm I. 1861�1888, ' 1840-1861. Deutscher Kaiser 1871�1888.
Kaiser und K�nig Friedrich III. 1888.
Kaiser und K�nig Wilhelm II. seit 1888.
infolge der Erbanspr�che des brandenburgischen Hauses auf Pommern, dessen Herz�ge (1637) ausgestorben waren � Hinterpommern, und f�r Vorpommern Magdeburg, Halberstadt und Minden. Seine selb-st�ndige Stellung in Deutschland st�tzte Friedrich Wilhelm namentlich auf das stehende Heer, das er errichtete. Um dessen kriegst�chtige Ausbildung machte sich vor allen der Feldmarschall Dersflinger verdient, der Gr�nder der brandenburgischen Reiterei. Anfangs nur 3000 Mann stark, war das stehende Heer in wenigen Jahren auf 8000 angewachsen; zuletzt z�hlte es 25 000 Mann.
Erste englische Revolution. Das Haus Stuart, welches nach Elisabeths Tod (1603) den englischen Thron bestieg, regierte ungl�cklich, da sein Streben nach unumschr�nkter K�nigsmacht und sp�ter seine Hinneigung zur katholischen Kirche es in Widerspruch mit dem englischen Volke brachte. England sank unter ihm von der H�he wieder herab, die es unter Elisabeth erreicht hatte. Nach langem Zwie-spalt und Kampf unterlagen endlich die Stuarts den Freiheitsbestrebungen der Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 12
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Nation, bereit Macht nun rasch einen gro�en Aufschwung nahm. � Der ersteK�nig dieses Hauses in England war
Jakob I. (1603�1625), Sohn der Maria Stuart, bisher als Jakob VI. K�nig von Schottland, das nun mit England vereinigt wurde. Des K�nigs Will-k�r erzeugte gro�e Unzufriedenheit im Lande; doch wurde der von einigen Katho-liken gefa�te Anschlag, K�nig und Parlament in die Luft zu sprengen, die s�ge-nannte Pulververschw�rung, vereitelt.
Karl I. (1625�1649), Jakobs Sohn, reizte durch Verletzung des Steuerbe-willigungsrechts das englische Parlament, durch Einf�hrung der bisch�flichen Kirchenverfasfung die Schotten gegen sich auf. Im Kriege gegen das Heer des langen Parlaments von Oliver Cromwell besiegt, floh er zu den Schotten, wurde aber von diesen ausgeliefert, und das Rumpfparlament lie� den K�nig 1649 als �Tyrannen" hinrichten 1649.
Nach Karls Hinrichtung wurde England in eine Republik verwandelt. Cromwell schlug die Schotten, welche Karls I. Sohn als K�nig anerkannten, in mehreren Schlachten, n�tigte den Prinzen zur Flucht aus dem Lande und lie� sich dann, nachdem er das Parlament wiederholt aufgel�st hatte, von seinen Offizieren 1653 zum Protektor der Republik (1653�1658) erheben. Den ihm angebotenen K�nigstitel lehnte er ab. Durch die N�vigationsakte, welche den fremden Nationen nur die Einf�hrung ihrer eigenen Erzeugnisse nach England gestattete, f�hrte er einen Krieg mit Holland herbei, der jedoch gl�cklich endete. Furcht vor den Mordanschl�gen seiner Gegner beschleunigte seinen Tod. Nach l�ngeren Wirren wurde K ar l, der Sohn des enthaupteten K�nigs, als Karl 11. auf den Thron berufen.
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Polnisch-schwedischer Krieg. � Unabh�ngigkeit Preu�ens.
Schweden war feit dem Drei�igj�hrigen Kriege die erste Macht des Nordens. Auf Gustav Adolf war (1632) seine (sechsj�hrige) Tochter Christine (anf�nglich unter Vormundschaft) als K�nigin gefolgt. Reich begabt und voll Liebe zu den Wissenschaften, aber unbest�ndig und eigenwillig, legte sie, des Regierend �berdr�ssig, (1654) die Krone nieder, verlie� Schweden, trat in Innsbruck zur �katholischen Kirche �ber und starb in Rom. Ihr Vetter Karl X. Gustav (mit welchem das Haus Pfalz-Zweibr�cken auf den schwedischen Thron kam) wurde von dem polnischen K�nig (Johann Kasimir) nicht anerkannt. Deshalb kam es zum Kriege zwischen Polen und Schweden.
Der Gro�e Kurf�rst benutzte daraus die Gelegenheit des pol-nisch-schwedischenKrieges,umdie Unabh�ngigkeit desHerzog-tums Preu�en von Polen zu erringen. Er schlo� sich daher an Schweden an, und die vereinigten Heere des Schwedenk�nigs (Karls X.) und des Gro�en Kurf�rsten siegten in der Schlacht von Warschau �ber das polnische Heer. Darauf erkannte Polen im Vertrag von 1657 Wehlau 1657 die Unabh�ngigkeit Preu�ens an, die dann auch im Frieden von O liv a (1660) best�tigt wurde.
Polen war seit dem Aussterben des jagellonischen K�nigshauses in ein Wahl-
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reich (1572) umgewandelt worden, und seitdem wurde die k�nigliche Macht durch den Adel, der den K�nig jedesmal w�hlte, sehr eingeschr�nkt. Deshalb geriet das Reich mehr und mehr in Schw�che und Verfall.
Der Gro�e Kurf�rst und Ludwig XIV. � Holl�ndischer Krieg.
1. Ludwig XIV. (1643�1715). Nachdem der Drei�igj�hrige Krieg Deutschland tief geschw�cht und erniedrigt hatte, erhob sich Frankreich unter der langen glanzreichen Regierung Ludwigs XIV. zum m�chtigsten Staate Europas.
Ludwig war ein f�nfj�hriges Kind, als er seinem Vater Ludwig XIII. auf dem Throne folgte. W�hrend seiner Minderj�hrigkeit leitete, achtzehn Jahre lang, der Kardinal Mazarin, Nichelieus Z�gling und Nachfolger, die Staats-Gesch�fte ganz im Geiste seines Vorg�ngers. Im w ests�lischen Frieden er-roarb er f�r Frankreich das �sterreichische Elsa�.
Nach Mazarins Tode (1661) �bernahm Ludwig selbst die Regierung des Staates. Ein geborener Selbstherrscher, erreichte er, was Richelieu angebahnt hatte: die Unumschr�nktheit der K�nigsmacht im Innern (l'etat c'est moi) und Frankreichs �bergewicht in Europa. Ludwig XIV. ben�tzte die Schw�che der Nachbarstaaten und die �bermacht Frankreichs zu mehreren Raub-Kriegen.
Zun�chst erhob er � nach dem Tode Philipps IV. von Spanien (als Gemahl -von dessen Tochter) � Erbanspr�che auf die spanischen Niederlande, fiel in das Land ein und nahm mehrere Festungen in Besitz; allein das B�ndnis zwischen England, Holland und Schweden, die sogenannte Tripelallianz, n�tigte ihn Zum Frieden zu Aachen 1668, in welchem er nur 12 Grenzst�dte (darunter Lille) behielt. �
Um sich an der Republik Holland f�r die Stiftung der Tripelallianz zu r�chen, Hegann Ludwig, nachdem er Schweden und England auf seine Seite gebracht hatte, einen zweiten Raubkrieg: gegen Holland.
2. Der holl�ndische Krieg. Als Ludwig XIV. Holland bedrohte, kam der Gro�e Kurf�rst zuerst und allein dem bedr�ngten Staat zu Hilfe. Schon hatten die Franzosen in raschem Siegeslaufe einen betr�chtlichen Teil des Landes erobert; schon war die Hauptstadt selbst in Gefahr, als das Durchstechen der D�mme die Franzosen am Vordringen hinderte. Der junge Wilhelm III. von Oranien, zum Feldherrn und Statthalter erw�hlt, trat dem Feinde kraftvoll entgegen. Unterdes bewog der Gro�e Kurf�rst (der Oheim Wil-Helms von Oranien) auch den Kaiser (Leopo ld I., seit 1658) zur Teilnahme am Kriege; das Deutsche Reich und Spanien traten eben-falls auf Hollands Seite, und der Kampf verbreitete sich �ber die spanischen Niederlande und die Rheingegenden. T�renne verw�stete die Pfalz, fiel aber in der Schlacht bei Sasbach in Baden, und die Franzosen mu�ten �ber den Rhein zur�ckgehen. Die Schweden, welche
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Ludwig zu einem Einfall in die Mark Brandenburg bewogen hatte, 1675 wurden von dem Gro�en Kurf�rsten in der Schlacht bei Fehrbellin 1675 (� der Stallmeister Froben) geschlagen. Dieser gl�nzende Sieg hatte die Eroberung von ganz Vorpommern zur Folge. Inzwischen aber schlo� der Kaiser, indem er den Kurf�rsten im Stiche lie�, sowie 1678 Spanien mit Ludwig XIV. den Frieden von Nymwegen 1678, in welchem dieser von Spanien die Freigrafschaft (Franche Comte) erhielt. Nun mu�te auch der Gro�e Kurf�rst auf die Forderung des �berm�chtigen Frankreichs (im Frieden von St. Germain 1679) den Schweden das eroberte Vorpommern zur�ckgeben. �Da� doch dereinst aus unferm Gebein ein R�cher erst�nde!" soll er voll Unwillens aus-gerufen haben, als er den Friedensvertrag unterschrieb.
3. Die Reunionen. � Die T�rken vor Wien. Sogar nach Abschlu� des Friedens setzte Ludwig XIV. seine Eroberungen fort. Dies geschah durch die sogenannten Reunionen. Der franz�sische K�nig, setzte n�mlich Gerichtsh�fe ein (die sog. Reunionskammern), die unter-suchen sollten, welche Gebiete fr�her einmal zu den feit dem westf�lischen Frieden an Frankreich abgetretenen L�ndern geh�rt hatten, und diefe sollten dann mit Frankreich �wieder vereinigt" werden. So nahm nun Ludwig XIV. mitten im Frieden eine Reihe von Orten an der Grenze in Besitz, namentlich auch die wichtige deutsche Reichsstadt
1681 Stra�burg 1681. � Der Kaiser Leopold vermochte diesem Raube nicht zu wehren, da er zu dieser Zeit wiederholt von den T�rken 1683 bedr�ngt wurde. Diese drangen 1683 bis vor Wien und belagerten die Kaiserstadt, die jedoch (von Starhemberg heldenm�tig ver-teidigt) von dem Polenk�nige Johann Sobiesky gerettet wurde.
4. Die Regententh�tigkeit des Gro�en Kurf�rsten war in jeder Weise aus die F�rderung der Wohlsahrt seines Landes gerichtet. Er unterst�tzte die Landwirtschaft und lie� in die durch den Krieg ent-v�lkerten und ver�deten Gegenden Ansiedler aus Holland und der Schweiz kommen, deren Flei� den w�ste liegenden sandigen Boden Brandenburgs in Ackerfeld und G�rten umschuf. F�r Gewerbe, Fabriken und Handel war er nicht minder th�tig; er legte Verkehrswege an, baute zur Verbindung der Oder und Spree den Friedrich-Wilhelmskanal, f�hrte in feinen Landen die Post ein und stiftete sogar eine Gesellschaft f�r den Seehandel nach Afrika, wo fchon da-mals deutsche Kolonieen entstanden (die aber sp�ter wieder ausgegeben wurden). Ein besonderes Verdienst erwarb er sich durch die Auf-n�hme von 20 000 franz�sischen Protestanten, welche
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infolge der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) aus ihrem Vaterlande ausgewandert waren. So entstand die franz�sische Kolonie in Berlin. Ausgezeichnet durch ernste Fr�mmigkeit, regsamen Flei� und mancherlei Kunstfertigkeit, haben diese neuen Einwanderer gro�en Segen gestiftet. Auch der geistigen Bildung seiner Unterthanen wid-tnete der Kurf�rst die treueste F�rsorge. So hinterlie� er bei seinem Tode ein wohlgeordnetes Land von 2000 HZ M., dessen Gl�ck und Ruhm sein Werk war. Er war der gr��te F�rst seiner Zeit, ein kern-deutscher Mann, ein frommer Christ. � Seine erste Gemahlin war tue hochgebildete, fromme Luise Henriette, eine Tochter des holl�ndischen Erbstatthalters Friedrich Heinrich von Dramen.
5. �Das Zeitalter Ludwigs XIV." Die F�lle seiner K�nigsmacht und K�nigsherrlichkeit zeigte Ludwig in der Staatsverwaltung und in der gl�nzenden Hofhaltung, die er gr�ndete. Das Hofleben, die Etikette, die Feste und Bauten in Versailles galten den �brigen H�fen Europas als Muster. Von da begann nament-lich auch in Deutschland die Nachahmung franz�sischer Mode und Sitte, die Bevor-zugung der franz�sischen Sprache und Litteratur. Denn dasZeitalter LudwigsXIV. war auch die goldene Zeit der franz�sischen Litteratur. Es bl�hten zu gleicher Zeit: die Trag�diendichter Corneille (der Cid, die Horatier) und Racine (Athalie), der Kom�diendichter Molibre(Tart�ffe, derGeizige, der Menschenfeind), der Fabeldichter Lafontaine, der fromme Bischof Fenelon (Verfasser des Tele-rrtaque) u. a. In den K�nsten ragte namentlich der Landschaftsmaler Claude Lorrain hervor.
6. Die zweite englische Revolution (1688). K�nig Karl II. von England und nach ihm sein Bruder Jakob II. herrschten unbesonnen und willk�rlich: Ja-kob II. trat offen zur katholischen Kirche �ber und suchte sie durch Herbeiziehung ber Jesuiten in England wieder zur Herrschaft zu bringen. Daher kam es bei der Geburt eines (katholischen) Kronprinzen zur Revolution 1688. Der Statthalter 1688 der Niederlande, Wilhelm von Oranien, Jakobs Schwiegersohn, landete mit einer holl�ndischen Flotte in England, und Jakob floh, von allen verlassen, nach Frankreich. Wilhelm von Oranien wurde als
Wilhelm III. (mit seiner Gemahlin, Jakobs �ltester Tochter Maria) auf den Thron erhoben, best�tigte die Rechte des Parlaments und die Freiheiten des Volkes, verteidigte in den nun folgenden Kriegen gegen Ludwig XIV. die Unabh�ngigkeit Europas und befestigte Englands Seeherrschaft.
II. Die Zeiten Friedrichs III. (I.) und K�nig Friedrich Wilhelms I. (1688�1740).
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Friedrich III. als Kurf�rst.
1. Friedrich III. Des Gro�en Kurf�rsten Nachfolger war sein Sohn, der als Kurf�rst Friedrich III. von Brandenburg dreizehn
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Jahre (1688�1701) regierte. Er war kein kraftvoller Herrscher, wie sein ruhmreicher Vater, sondern mehr den K�nsten des Friedens zu-geneigt. In Halle errichtete er eine Universit�t, die bald zu sch�ner Bl�te gelangte. Unter ihren Lehrern befand sich auch der fromme August Hermann Francke, der das gro�e, gesegnete Waisenhaus ge-stiftet hat. � Friedrich III. war namentlich sehr prachtliebend. Er suchte den Glanz des vielbewunderten Ludwigs XIV. nachzuahmen: wie in den Schl�ssern zu Versailles reihte sich auch am Berliner Hofe eine prunkvolle Festlichkeit an die andere. Diese Verschwendung ver-ursachte schwere Abgaben, die dem Volke auserlegt wurden, und dr�ckte den Wohlstand des Landes.
Seine Gemahlin Sophie Charlotte von Hannover war durch Sch�nheit und hohe Geistesbildung ausgezeichnet. Dem gl�nzenden Hofleben zog sie den Verkehr mit hervorragenden Gelehrten und K�nstlern vor, die sie auf dem ihr zu Ehren er-bauten und nach ihr benannten Schlosse Charlottenburg um sich zu sammeln liebte.
Trotz der friedlichen Neigungen Friedrichs III. war er w�hrend seiner ganzen Regierung in Kriege verwickelt; ja, es wurden zu dieser Zeit immer gleichzeitig zwei Kriege gef�hrt: zun�chst der ps�lzische Erb so lg ekrieg und der T�rken krieg.
2. Der pf�lzische Erbfolgekrieg (1688�1697). Bei dem Aus-sterben des pf�lzischen Hauses erhob Ludwig XIV. f�r seine Schw�gerin , die an den Herzog von Orleans verm�hlte pf�lzische Prinzessin Elisabeth Charlotte, Erbanspr�che an die Pfalz, und besetzte alsbald dieses Land. Um ihm entgegenzutreten, verbanden sich der Kaiser (nebst dem Deutschen Reich), Spanien, Holland und England (Wilhelm III. von Oranien). Da die Franzosen gegen die vielen Feinde die Pfalz nicht behaupten konnten, so gab Ludwig XIV. den barbarischen Befehl, die ganze Pfalz zu verw�sten. So wurden nun namentlich Heidelberg und sein sch�nes Schlo�, Worms, Speier mit seinen Kaisergr�bern, und viele Burgen am Rhein (auch das Badener Schlo�) in Asche gelegt. Endlich kam es zu dem Frieden von Ryswyk
1797 (bei dem Haag) 1797, in welchem Ludwig das Elsa� mit Stra�burg behielt, jedoch die �brigen w�hrend des Krieges gemachten Eroberungen zur�ckgab.
3. Der T�rkenkrieg. W�hrend des ganzen pf�lzischen Erbfolge-krieges hatte der Kaiser zugleich gegen die T�rken zu k�mpfen. Seit der Befreiung Wiens (im Jahre 1683) k�mpften nun aber die kaiser-lichen Heere mit Gl�ck gegen die T�rken. Der Markgraf Ludwig von Baden (der sogenannte T�rkenlouis) schlug sie in mehreren
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Schlachten; die gl�nzendsten Erfolge aber errang Prinz Eugen,
�der edle Ritter".
Dieser ber�hmte Kriegsheld war als der j�ngste Sohn des fran-z�sischen Generals Moritz von Savoyen - Carignan in Paris geboren und wegen seines kleinen, schw�chlichen K�rpers f�r den geistlichen Stand bestimmt worden. Sein Verlangen, in franz�sische Kriegsdienste einzutreten, wurde abgewiesen. Da ging er nach �sterreich, wurde kaiserlicher Offizier und besch�mte bald durch gl�nzende Waffenthatm den Spott der Soldaten. In kurzer Zeit fchwang er sich zum Feldmarschall empor und erfocht nun als solcher in der gro�en T�rken-schlecht bei Zenta (1697) einen Sieg, der die Bewunderung Europas erregte. �sterreich behielt nicht allein Ungarn, sondern erwarb im Frieden von Carlowitz 1799 auch Siebenb�rgen. 1799
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Friedrich III. als K�nig Friedrich I.
1. Die spanische Erbfolge. - Preu�en K�nigreich. Kurf�rst Friedrich HI. von Brandenburg hatte in den beiden letzten Kriegen f�r den Kaiser r�hmlich mitgek�mpft, ohne zun�chst f�r sein Land einen Gewinn davonzutragen. Nun aber bot sich eine gerade f�r ihn sehr verlockende Aussicht, n�mlich auf die Erwerbung des k�nig-li chen Titels. Die Gelegenheit dazu ergab sich durch die streitige spanische Erbfolge.
In Spanien erlosch mit dem Tode des kinderlosen K�nigs Karl II. 1700 das sp anisch-habsburgis che Haus. Auf die gro�e Erbschaft, welche Spanien, Neapel mit Sizilien, Belgien und die L�nder in Amerika umfa�te, machten Anspr�che der Kaiser Leopold I. und Ludwig XIV., die mit Schwestern des K�nigs Karl II. verm�hlt gewesen. Der Kaiser bestimmte seinen zweiten Sohn, Karl, Lud-wig XIV. seinen zweiten Enkel, Philipp von Anjou,zum Erben des spanischen Reiches. Der letztere, welcher auch in Karls Testament zum Erben ernannt war, nahm nach dessen Tode als Philipp V. den Thron Spaniens in Besitz. Mit dem Kaiser verbanden sich die Seem�chte Holland und England (unter Wilhelm III. von Oranien,
seit 1702 unter Wilhelms Schw�gerin Anna), mit Ludwig die Kur-s�rsten von Bayern und von K�ln.
F�r den Kaiser wurde es nun besonders wichtig, die Unterst�tzung Brandenburgs zu gewinnen. Der Kurf�rst war bereit, mit seinem ganzen Heere dem Kaiser beizustehen, wenn dieser ihm daf�r gestatte,
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f�r fein an�erbeutschesLand, das Herzogtum Preu�en, den K�nigs-1701 t�l�nzunehm^ Mit Einwilligung des Kaisers setzte er bann sich und semer Gemahlin Sophie Charlotte am 18. Januar 1701 zu K�nigsberg unter gro�artigen Feierlichkeiten bie �iSnigsf rotte aus (�ttflung des schwarzen Ablerordms). Als Konig aber wollteFriebrich seldstanbig dastehen; daher nannte er sich nicht K�nig von Branden-durg, weil dieses Land als Teil des Deutschen Reiches vom Kaiser ab-hangig war, sonbern Friebrich I., K�nig in Preu�en; benn �ber Preu�en herrschte er in voller Unabh�ngigkeit. So traten an dieStelle der Kurf�rsten von Brandenburg die preii-�ls chen K�ni ge. Freilich wurde durch die blo�e neue W�rde der S-taat nicht machtiger; aber sie war, wie Friebrich der Gro�e sich �u�ert �eme Lockspeise, welche ihr Stifter allen seinen Nachfolgern tztnniarf, unb rooburch er ihnen zu sagen schien: Ich habe euch einen Titel erworben, macht euch beffm w�rbig; der Grund zu eurer Gr��e :st gelegt; ihr m��t das Werk vollenden." � Friedrich regierte als K�nig noch zw�lf Jahre (1701 � 1713).
CW ,2' �cr !�anif*c Erbsolgekrieg w�rbe gef�hrt in Spanien, galten, Deutschland und den Niederlanden. Des Kaisers Feldherr, der Prinz Eugen, k�mpfte siegreich gegen die franz�sischen Heere m staken, und der Engl�nder Marlborough besiegte darauf, mit i 1(\a f "f" t,ereini9t;bie Franzosen und Bayern in der S ch l a ch t bei H � ch -'tabt 1704 (bei Donauw�rt an der Donau). Unter Kaiser Joseph I der seinem Vater Leopold I. (1705) folgte, dauerten die gl�cklichen Erfolge der beiden gro�en Feldherren fort. Marlborough eroberte faft die gesamten spanischen Niederlande, Eugen vertrieb durch den (mit Hilfe der Preu�en unter Leopold von Dessau erfochtenen) Sieg bei ^u r*n 1706 die Franzosen aus Italien. In Spanien wurde mit 170Q me(Wnbem�totfe gek�mpft. Allein nach neuen Siegen Eugens und Marlboroughs, namentlich bei Malplaquet 1709 (im franz�sischen Departement Nord) war Ludwig so ersch�pft, da� er Frieden verlangte und zur Aufopferung der ganzen spanischen Mon-archie, ja selbst des Elsasses, sich bereit erkl�rte. Nur die �berspannte Zumutung der Verb�ndeten, da� er Truppen hergebe, um seinen Enkel aus Spanien zu vertreiben, bewog ihn dazu, den Krieg fortzusetzen. Da �nderte sich die Lage der Dinge. Die K�nigin Anna von England (bei welcher Marlboroughs einflu�reiche Gemahlin in Ungnade ge-fallen war) rief den Marlborough vom Oberbefehl ab und begann Friedensunterhandlungen mit Frankreich; Kaiser Joseph starb (1711),
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und sein Bruder Karl wurde Kaiser (Karl VI.) und Herr der �fter-reichischen L�nder. Daher entzogen dem Kaiser seine Verb�ndeten,
welche die Vereinigung der spanischen und �sterreichischen Macht unter einem Haupte nicht w�nschten, ihre Hilfe und schloffen mit Frank-reich den
Utrechter Frieden 1713, in welchem Philipp V. als K�nig von 1713 Spanien (samt den Kolonieen) anerkannt wurde, unter der Bedingung, da� die spanische und franz�sische Krone nie vereinigt werden d�rften. Seitdem herrs chte das Haus BourboninSpanien. England be-kam Gibraltar; Preu�en erwarb Obergeldern und die allgemeine An-erkennung seiner K�nigsw�rde. Daraufmachte auch ber Kaiser mit den Franzosen Frieden zu Rastatt 1714 und erhielt in demselben die 1714 spanischen Niederlande (Belgien), Neapel, Mailand und Sardinien (das er bald an Savoyen gegen Sizilien vertauschte).
Im Jahre 1714 starb die K�nigin Anna von England, und es kam nun mit Georg I., dem Kurf�rsten von Hannover, das Haus Hannover aufjden englischen Thron.
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Der gro�e nordische Krieg. � Peter der Gro�e.
1. Peter der Groge (bis 1700). Gleichzeitig (mit dem spanischen Erbsolge-krieg wurde auch im Norden ein gro�er Krieg gef�hrt: von Schweden gegen D�ne-mark, Polen und Ru�land.
Durch diesen Krieg trat eine neue Gro�macht auf den europ�ischen Schau-platz: Rutzland. Der Gr�nder dieser neuen Gro�macht ist Peter der Grotze. Ru�-land stand (seit 1613) unter der Herrschaft von Zaren aus dem Hause Romanow,
die in Moskau residierten. Als Feodor EH. (1682) starb, wurde sein zehnj�hriger Halbbruder Peter zum Zaren ausgerufen.
W�hrend seiner,Minderj�hrigkeit stand er unter der Leitung seiner Mutter;
aber feine herrschs�chtige �ltere Stiefschwester Sophie wu�te sich der Regentschaft zu bem�chtigen und ging darauf aus, ihn ganz vom Throne zu verdr�ngen. Von ihr aufgewiegelt, erhoben die Strelitzen, dieLeibgarde der Zaren, einen furchtbaren Aufstand gegen Peter: er floh Schutz suchend in eine Kirche. Dort fanden ihn die Emp�rer am Altare knieend, und schon wollte einer ihm das Messer ins Herz sto�en,
als ein anderer ausrief: �Halt, Bruder! Nicht hier am Altare. Er wird uns ja doch nicht entrinnen." In diesem Augenblicke aber erschien Reiterei und trieb die Strelitzen auseinander: Peter war gerettet. Er zog sich nun mit seiner Mutter nach einem Dorfe bei Moskau zur�ck und lebte hier unter einem Schwarme junger Russen in ungebundener Fr�hlichkeit. Ein kenntnisreicher Genfer, mit Namen Lefort,
der nach Moskau gekommen war, wu�te durch feine Erz�hlungen von den Sitten und Einrichtungen der gebildeteren V�lker ein begeistertes Interesse f�r europ�ische Kultur in dem jungen Zaren zu erwecken. Vor allem zog diesen das Milit�rwesen an. Er bildete daher aus seinen Spielgenossen eine kleine Soldatenschar und lie� sie von Lefort nach ausl�ndischer Weise ein�ben und ausbilden. Diese Waffen-
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�bungen f�hrten bald eine Menge vornehmer russischer J�nglinge herbei, die unter die .Poteschni", d.i.Kameraden des Zaren, wie Peter seine neue Kompanie nannte, aufgenommen wurden. Nun merkte Sophie, wie gef�hrlich ihr Peter mit seinen bewaffneten Gef�hrten werden k�nnte. Sie hetzte daher die Strelitzen von neuem auf, ihn zu ermorden. Allein Peter unterdr�ckte durch feine �Poteschni" die Emp�rung und verwies seine Stiefschwester in ein Kloster. � Nun war der siebenzehn-j�hrige J�ngling Alleinherrscher (1689). Seine n�chste Sorge ging dahin, sich ein t�chtiges Heer zu bilden, zu welchem er in der Schar der �Kameraden" den Grund gelegt. Aber er dachte auch an die Gr�ndung einer Seemacht. Um See-schiffe zu sehen, machte er eine Reise nach Archangel am Wei�en Meere, erg�tzte sich dort am Anblicke der vor�bersegelnden holl�ndischen Schiffe und befuhr in Schiffer-tracht das Meer. Als bald darauf ein gl�cklicher Krieg gegen die T�rken die Festung Asow in seinen Besitz brachte, lie� er eine Flotte von 60 Schiffen f�r das Schwarze Meer bauen. Aber die wegen feiner Neuerungen im Heerwesen erbitterten Strelitzen bedrohten sein Leben durch eine neue Verschw�rung. Er erhielt jedoch Kunde von dem Vorhaben, und unvermutet in die M:tte der versammelten Verschw�rer tretend, lie� er sie verhaften und unter furchtbaren Martern hinrichten. � Um feine Kenntnisse immer mehr zu bereichern, entschlo� sich Peter, die fremden L�nder, von denen ihm Lefort erz�hlt hatte, selbst zu sehen. Er r�stete daher (1697) eine Gesandtschaft von mehreren hundert Personen aus, die durch einen gro�en Teil von Europa reisen sollte. Er selbst begleitete sie nicht als Zar, sondern als einfaches Mitglied, um alles desto ungest�rter erkunden zu k�nnen. �ber K�nigsberg und Berlin kam er nach Amsterdam. Dort erf�llte ihn das Seewesen mit freudiger Bewunderung. In der Kleidung eines holl�ndischen Schiffszimmermanns begab er sich nach dem benachbarten Dorfe Zaandam,um dort den Schiffsbau zu erlernen. Nach sieben-w�chentlicher Arbeit kehrte er nach Amsterdam zur�ck und lie� ein gr��eres Kriegs-schiff bauen, das er, mit Seeleuten, Offizieren, Wund�rzten und Handwerkern reich-lieh versehen, nach Archangel schickte. Von Holland ging er nach England. Dort lie� der K�nig ihm zu Ehren ein �Betreffen auff�hren. �Wahrlich," rief Peter staunend aus, �w�re ich nicht als Zar von Ru�land geboren, fo m�chte ich englischer Admiral fem!" Dann kam er abermals nach Holland, und von hier reiste er �ber Dresden nach Wien. Eben wollte er auch nach Italien gehen, da rief ihn die Nachricht, die Strelitzen h�tten sich schon wieder einmal emp�rt, nach Ru�land zur�ck. Er fand den Aufruhr schon ged�mpft, alle Gef�ngnisse mit Misseth�tern angef�llt. Peter lie� die Hauptschuldigen an den Galgen h�ngen und hob die Schar der Stre-ritzen ganz auf. � Seine im Ausland gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen suchte nun Peter mit rastlosem Eifer f�r die Bildung seiner noch halbwilden Russen zu verwerten. Mit dem �u�ern fing er an, indem er seinen Unterthanen das Tragen der langen B�rte verbot und die gewohnten langen R�cke mit europ�ischer Kleidung zu vertauschen befahl. Ferner betrieb er die Anlegung von Schulen und He� belehrende B�cher des Auslandes ins Russische �bersetzen.
2. Der nordische Krieg (1700�1721). Um aber in den Weltverkehr ein-zutreten, bedurfte Ru�land vor allem der Verbindung mit dem Meere. Peter fa�te daher den Plan, fein Reich bis zur Ostfee zu erweitern, und nachdem er ein zahlreiches, von ausl�ndischen Offizieren einge�btes Heer gebildet, suchte er dieses Ziel durch Eroberung der schwedischen Ostseel�nder zu erreichen.
Peter der Gro�e verband sich mit den K�nigen von D�nemark und
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Polen gegen Karl XII. von Schweden, dessen unerfahrene Jugend � er z�hlte erst 18 Jahre � die Eroberungen, auf welche die Verb�ndeten ausgingen, zu er-leichtern schien. (In Polen war gerade der Kurf�rst August II. von Sachsen zum K�nig gew�hlt worden [1797], weshalb er zum katholischen Glauben hatte �bertreten m�ssen.) So kam es zum gro�en nordischen Kriege (1700�1721).
Der Krieg begann mit gleichzeitigen Angriffen der Verb�ndeten auf die schwedischen Besitzungen. Aber KarlXII. landete sofort mit einer Flotte auf See-land und zwang durch einen Angriff auf Kopenhagen den D�nenk�nig zum Frieden. Dann wandte er sich gegen die Russen und besiegte mit8000 Mann deren viermal so zahlreiches Heer in der Schlacht bei Narwa (1700). Darauf schlug er das in Livland eingedrungene Heer des Polenk�nigs zur�ck, eroberte nach ferneren Siegen ganz Polen und lie� den K�nig A u g u st II. des polnischen Thrones entsetzen und an seine Stelle den jungen Stanislaus Leszinski w�hlen. Durch einen Zug nach Sachsen n�tigte er August zum Frieden, in welchem dieser der pol-nischen Krone entsagte.
Unterdessen hatte Peter der Gro�e im R�cken Karls XII. sich in den Ostsee-l�ndern festgesetzt und dort die neue Hauptstadt St. Petersburg gegr�ndet (1703). Um ihn zu bek�mpfen, drang Karl nun in Ru�land ein. Da ihm aber durch Verw�stung des Landes der gerade Weg nach Moskau versperrt blieb, lie� er sich durch den Kosakenhetman Mazeppa verleiten, gen S�den nach der Ukraine zu ziehen,
wo er vergeblich die Hilfe der Kosaken erwartete, w�hrend Hunger und Frost sein Heer schw�chten. So wurde er von Peters �berlegener Macht in der Schlacht bei Pultawa (1709) g�nzlich geschlagen. � Er fl�chtete mit einem kleinen �berreste seiner Truppen �ber die t�rkische Grenze, und es gelang ihm, die T�rken zum Kriege gegen Ru�land zu bestimmen. Sie schloffen Peters Heer am Pruth ein (1711); doch erkaufte Peters Gemahlin Katharina durch Bestechung des Gro
veziers (gegen R�ckgabe von Asow) den Frieden mit den T�rken. Karl verweilte darauf gegen den Willen des Sultans, der ihm die Gastfreundschaft aufk�ndigte,
noch l�ngere Zeit in einem befestigten Lager bei Bender und kehrte erst nach f�nf-j�hrigem Aufenthalte in der T�rkei nach Schweden zur�ck. � Allein Peter der Gro�e hatte unterdessen die schwedischen Ostseel�nder vollst�ndig unterworfen,
August II. den polnischen Thron wieder eingenommen, und nun nahm auch Preu�en am Kriege teil.
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B�nig Friedrich Wilhelm I. (1713-1740).
1. Friedrich Wilhelms I. Regierungsantritt und Charakter.
Auf den ersten preu�ischen K�nig Friedrich I. folgte 1713 sein Sohn 1713 Friedrich Wilhelm I. (1713�1740). Er setzte die gr��te Einfachheit an die Stelle der Pracht, mit welcher sein Vater sich umgeben hatte.
Allen �berfl�ssigen Aufwand entfernte er und beschr�nkte die Hof-Haltung auf das Notwendigste. Seine Lebensweise war die eines schlichten B�rgers; seine Mahlzeiten bestanden aus Hausmannskost. Des Abends suchte er seine Erholung in dem sogenannten Tabaks-ko llegium, einer kleinen Gesellschaft von Offizieren, in der geraucht
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und bei einem Kruge Bier mancher derbe Scherz gemacht wurde. Das leichtfertige franz�sische Wesen, welches damals �berhand genommen, war des K�nigs schlichtem, frommem, rauhem Sinne zuwider, auch edle wissenschaftliche Bildung wu�te er nicht zu sch�tzen. Desto strenger hielt er auf Zucht und Arbeitsamkeit; desto gewissenhafter verwaltete er die Staatseink�nfte; desto th�tiger sorgte er f�r die Gewerbe und f�r den Anbau des Landes, namentlich auch durch die Aufnahme Protestantischer Salzburg er in seinen Staat, die ihres Glaubens wegen aus der Heimat vertrieben worden waren. Seine gr��te Sorgfalt aber widmete der K�nig seinen lieben �blauen Kindern", den Soldaten, und auf sein Potsdamer Riesenregiment verwandte der sonst so sparsame Mann die gr��ten Geldsummen. Sein Haupt-gehilse bei der Ein�bung und Ausbildung des Heeres war der F�rst Leopold von Dessau, �der alte Dessauer". Der K�nig brachte seine trefflich geschulte Armee bei einer Landesbev�lkerung von zwei Millionen auf die hohe Zahl von 83 000 Mann. Er ist als der eigent-liche Sch�pfer des preu�ischen Heeres zu betrachten.
2. Ende des gro�en nordischen Krieges. Gleich am Anfang seiner Regierung hatte Friedrich Wilhelm Gelegenheit, mit seinem trefflichen Heere in einen Krieg einzugreifen und dadurch eine wichtige Erwerbung zu machen. Nachdem n�mlich der spanische Erbfolgekrieg, in welchem die preu�ischen Truppen s�r �sterreich gek�mpft hatten, beendigt war, konnte der K�nig dieselben f�r einen anderen, ihm n�her liegenden Zweck verwenden, n�mlich zur Erwerbung Vorpommerns. Zu diesem Zweck trat er nun ebenfalls in den gro�en nordischen Krieg ein, indem er sich den Feinden des Schwedenk�nigs Karls XII. anschlo�. In kurzer Zeit eroberten die preu�ischen Truppen ganz Vorpommern, auch die Festung Stralsund.
Der Schwedenk�nig versuchte nun, um sich f�r seine Verluste zu entsch�digen, den D�nen Norwegen zu entrei�en, aber sein Angriff aus das Land war ohne Erfolg: bei der Belagerung der Festung Friedrichshall wurde er durch eine feindliche Kugel erschossen (1718). Er war nur 36 Jahre alt geworden, ein Held von un�bertroffener Tapferkeit, m��ig, gerecht, gottesf�rchtig, aber auch ein �Eisenkopf", dessen unbeugsamer Eigensinn nicht ohne Schuld ist an Schwedens Niedergang.
Nach Karls XII. Tode beeilte sich Schweden, mit seinen vielen Feinden Frieden zu schlie�en. Im Frieden von Stockholm (1720) trat Schweden das s�dliche Vorpommern (bis zur Peene) nebst der wichtigen Hauptstadt Stettin an Preu�en ab; der n�rdliche Teil Vor-
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pommerns (mit Stralsund und der Insel R�gen) blieb einstweilen noch schwedisch.
Endlich schlo� Schweden auch mit Ru�land Frieden: imFriedenzuNy-ft�bt (1721) trat Schweden die Ostfeeprovinzen Livland, Estland und Jngerman-land an Ru�lanb ab. So verlor Schweden feinen Vorrang im Norden Europas, undnunwurde Ru�land die erste Macht im Norden und Osten Europas. Peter der Gro�e nahm (1721) neben dem altrussischen Titel Zar den europ�ischen Namen Kaiser an und war bis zu seinem Tode rastlos bem�ht, Ru�lands Gr��e zu f�rdern (sein den Reformen widerstrebender Sohn Alex ei endete im Kerker). Peter starb (1725) nach 36 j�hriger Regierung, erst 53 Jahre alt.
Ihm folgte auf dem Throne feine Gemahlin Katharina I., eine Livl�nderin von niedriger Herkunft.
3. Kaiser Karl VI. und das Deutsche Reich. Im Deutschen Reiche war dem Kaiser Joseph I. sein Bruder Karl VI. (1711� 1740) als Kaiser gefolgt. Unter ihm sank Deutschlands Macht und Ansehen tiefer und tiefer. Nachahmung franz�sischer Sitte und Bil-dung hatte es von dem Einfl�sse Frankreichs abh�ngig gemacht; die �ppigkeit und Schwelgerei der H�fe (z. B. des s�chsischen unter August dem Starken, der, wie viele andere F�rsten, in dem �gro�en" Ludwig sein Vorbild sah) hatte Zerr�ttung der Staatseink�nfte, Verarmung des Volkes (bei welchem jetzt zuerst die Auswanderung nach Nord-amerika aufkam), Unterdr�ckung der alten b�rgerlichen Freiheiten 2C.2C. herbeigef�hrt. Die Reichsf�rsten, untereinander uneinig, sorgten selbsts�chtig nur f�r sich und verga�en ihre Pflichten gegen den Kaiser und das Reich. Der Kaiser dagegen war darauf bedacht, seine Haus-macht auszubilden und das Reich f�r seine Zwecke zu gebrauchen. Seine W�rde war mehr eine Last, als da� sie Macht verlieh; bei mehr als 300 beinahe selbst�ndigen Staaten, in welche das Reich zerfiel, war eine einheitliche oberste Gewalt fast nur noch ein Name. Der Reichstag, der! seit 1663 seinen st�ndigen Sitz zu Regensburg hatte, wurde nicht mehr von den F�rsten in Person besucht, sondern durch Gesandte beschickt. Seine Verhandlungen schleppten sich unter lauter F�rmlichkeiten in endloser Breite hin: Beschl�sse kamen nur m�hsam zustande. Er bestand aus drei Abteilungen: dem Kurf�rsten-kollegium, dem F�rstenkollegium und dem St�dterat. Nur wenn alle drei Kollegien den kaiserlichen Antr�gen zustimmten, konnte ein g�l-tiger Reichsschlu� ergehen. � Auch nach au�en erlitt das Reich wieder eine Einbu�e durch den
polnischen Erbsolgelrieg (1733�1738). Der nach Augusts IL Tode von den Polen zum K�nig gew�hlte StanislausLeszinski war n�mlich mit Einwilligung des Kaisers von den Russen vertrieben,
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und August III. von Sachsen als K�nig eingesetzt worden. Daher hatte Frankreich, dessen K�nig Ludwig XV. eine Tochter des Stanis-laus zur Gemahlin hatte, Krieg gegen den Kaiser begonnen. Im Frieden zu Wien (1738) �berlie� Karl VI. das alte deutsche Herzog-tum Lothringen an Stanislaus, nach dessen Tode es an Frankreich fallen sollte, und trat Neapel und Sizilien an einen spanischen (bour-bonischen) Prinzen ab. Der Herzog von Lothringen, Franz Stephan, des Kaisers Schwiegersohn, wurde mit dem Gro�herzogtum Toskana, wo das Haus der Mediceer erloschen war, entsch�digt, August III. als K�nig von Polen anerkannt.
F�r diese Opfer erhielt Karl VI., der ohne m�nnliche Erben war, die Anerkennung der pragmatischen Sanktion, d. h. des Ge-setzes, welches seine Tochter Maria Theresia zur Erbin der �fter-reichischen Staaten erkl�rte.
4. Frankreich unter Ludwig XV. Auf den K�nig Ludwig XIV. war dessen f�nfj�hriger Urenkel Ludwig XV. (1715�1774) gefolgt, der anfangs unter der Vormundschaft des Regenten, des talentvollen, aber lasterhaften Herzogs von Orleans, stand. Auch sp�ter f�hrte Ludwig nicht selbst die Regierung des Landes: er ergab sich einem weichlichen und �ppigen Genu�leben und lie� sich ganz von ver-worsenen Weibern, besonders von der Mar quise von Pompadour, beherrschen, die den verderblichsten Einflu� auf das gesamte Staatsleben aus�bten. Das Sittenverderben, welches am Hofe herrschte, verbreitete sich immer weiter im Volke; die christliche Religion, deren Lehren von geistreichen Schriftstellern, wie Voltaire, Rousseau u.a., angegriffen und wohl gar verspottet wurden, geriet in Verfall; die Verschwendung des Hofes erzeugte eine ungeheure Schuldenlast. Diese wurde noch vergr��ert durch Ludwigs Kriege.
III. Das Zeitalter Friedrichs des Gro�en.
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Friedrichs des Gro�en Jugend und erste Thaten.
1. Friedrich vor seinem Regierungsantritt. Auf Friedrich Wilhelm I. folgte sein Sohn Friedrich II. der Gro�e 1740�1786,
durch welchen Preu�en zu einer Gro�macht Europas erhoben werden sollte. Er war geboren am 24. Januar 1712; seine Mutter (Sophie Dorothea) war eine Tochter des Kurf�rsten von Hannover, der (1714) als Georg I. K�nig von England wurde. In seiner fr�hesten Kindheit war nach damaliger Sitte eine Franz�sin, Frau von Roueoulle, seine Erzieherin; von seinem 7. Jahre an wurde seine Erziehung von M�nnern geleitet, denen der K�nig die Vorschrift er-teilt hatte, den Kronprinzen zum guten Christen, sparsamen Hauswirt,
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vor allem aber zum t�chtigen Soldaten heranzubilden. Sehr fr�he wurde der Prinz zu strengen milit�rischen �bungen angehalten. Aber der stramme Exerzierdienst gew�hrte seinem reichen Geiste keine Be-friedigung: er besch�ftigte sich lieber mit franz�sischen B�chern, mit Dichtkunst und Fl�tenspiel. Das war dem derben Sinne des Vaters, der . die Blitzfranzosen, die Poeterei und Querpfeiferei" ha�te, h�chlich zuwider; er meinte, sein Sohn �mache sich nichts aus den Soldaten und werde ihm seine ganze Arbeit verderben". Daher behandelte er den heranwachsenden Prinzen mit einer H�rte, die diesem unertr�glich schien und ihn endlich zu dem verderblichen Entschl�sse brachte, zu seinem Oheim, dem K�nige (Georg IL) von England, zu entfliehen.
Aber als er auf einer Reise, die er mit dem Vater nach S�ddeutsch-land machte, dieses Vorhaben ausf�hren wollte (1730), wurde er verhaftet. Der zornige K�nig griff, als der Gefangene ihm vorgef�hrt wurde, nach dem Degen, um den �feigen Ausrei�er", wie er den Prinzen nannte, zu durchbohren. Aber ein alter General (von Mosel)
hielt des Erz�rnten Arm zur�ck mit den Worten: �T�ten Sie mich,
Sire, aber schonen Sie Ihres Sohnes". Der Kronprinz wurde nun auf die Festung K�strin ins Gef�ngnis gebracht. Ein Kriegsgericht sollte ihn auf des K�nigs Befehl zum Tode verurteilen. Aber die dringende F�rsprache fremder H�fe rettete des Prinzen Leben. Doch wurde sein Freund, der Lieutenant v. Katte, der den Fluchtversuch unterst�tzt hatte, an den Fenstern seines Kerkers vor�ber zur Hinrich-tung gef�hrt. Endlich, nachdem er ernste Reue gezeigt, der strengen Haft entlassen, mu�te der Prinz noch l�ngere Zeit bei der Kriegs-und Dom�nenkammer in K�strin zu seiner Ausbildung arbeiten, bis der Vater ihn vollst�ndig begnadigte (1732). Er wurde dann Oberst eines Regiments zu Ruppiu, verm�hlte sich ohne Neigung, dem Willen des Vaters sich f�gend, mit der Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig - Bevern und verlebte unter wissenschaftlichen Besch�ftigungen und im Verkehr mit geistvollen Freunden mehrere gl�ckliche Jahre auf dem Lustschlosse RHeinsberg. Am31. Mai 1740 starb 1740 Friedrich Wilhelm I., und Friedrich II. bestieg, 28j�hrig, den Thron.
2. Der erste schlesische Krieg (1740 � 1742). Er erbte von seinem Vater ein Land von 2300 Quadratmeilen mit 2 240 000 Einwohnern, einen Schatz von 9 Millionen Thalern (27 Millionen Mark) und ein trefflich einge�btes Heer von 83 000 Mann. Wenige Monate nach Friedrichs II. Regierungsantritt starb Kaiser Karl VI. Mit ihm erlosch der Mannesstamm des Hauses Habsburg, und
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Karls VI. jugendliche Tochter, Maria Theresia, wurde kraft der sogenannten pragmatischen Sanktion Herrscherin der �sterreichischen L�nder. Friedrich erhob auf Grund des Erbvertrages unter dem Kur-f�rsten Joachim II. auf die schleichen Herzogt�mer Brieg, Liegnitz und Wohlau (sowie J�gerndorf), welche �sterreich an sich genommen Hatte, Anspr�che, und da Maria Theresia diese nicht anerkannte, griff er zu den Waffen. So kam es zum ersten sch lesischen Krieg/
1740 Friedrich r�ckte im Dezember 1740 in Schlesien ein, eroberte das Land binnen Monatsfrist und siegte dann bei Molwitz 1741 (bei Brieg). 1742 drang er in M�hren vor und erzwang den Frieden zu Breslau, in welchem er Schlesien und die Grafschaft Glatz erwarb (700 DM. mit 1 400 000 Einw.).
1741 3. Der �sterreichische Erbfolgekrieg (1741 -1748) und der zweite schlesische Krieg. Unterdessen hatte derKurf�rstKarl Alb recht von Bayern (als Nachkomme des Kaisers Ferdinand I.) Anspr�che auf die �sterreichische Erbschaft erhoben, und Frankreich, Spanien, Sachsen und Preu�en hatten sich mit ihm gegen Maria Theresia ver-b�ndet. In dem hierdurch veranla�ten �sterreichischen Erb-folgekriege besetzte Karl Albrecht mit einem franz�sisch-bayerischen Heere �sterreich und lie� sich in Prag als K�nig von B�hmen und in Frankfurt als Kaiser Karl VII. (1742 � 1745) kr�nen. Aber die Ungarn, welche auf dem Reichstage zu Pre�burg gelobten, ..f�r ihren K�nig Maria Theresia in den Tod zu gehen", befreiten �sterreich wieder, drangen siegreich in Bayern ein und eroberten M�nchen. � Die Erfolge �sterreichs machten Friedrich II. um den Besitz von
1744 Schlesien besorgt. Er begann daher den zweiten schleichen Krieg (1744�1745), indem er mit 80 000 Mann �kaiserlicher Hilfsv�lker" in B�hmen einfiel. Infolge davon konnten nun auch die Franzosen und Bayern wieder nach Bayern vordringen und dieses Land zur�ckerobern. Aber kaum war Karl VII. wieder in feine Hauptstadt M�nchen zur�ck-gekehrt, so starb er (1745). Sein Sohn Maximilian Joseph verzichtete im Frieden zu F�ssen aus die �sterreichische Erbschaft. Nun wurde Maria Theresias Gemahl (F r a n z S t e p h a n von Toskana) als Franzi, zum Kaiser (1745 �1765) gew�hlt. Mit diesem kam die deutsche Kaiserw�rde an das Haus (Habsburg-) Lothringen (1745�1806). � Da nun auch Sachsen aus �sterreichs Seite trat, so geriet Friedrich II. in gro�e Bedr�ngnis. Aber durch seinen Sieg bei Hohenfriedberg 1745 (in Schlesien) und den Sieg des alten Dessauers bei Kesselsdorf 1745 (unweit Dresden) f�hrte er den
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Frieden zu Dresden 1745 herbei, in welchem Friedrich Schlesien 1745 behielt.
Die Franzosen setzten den Kampf gegen �fterreich noch fort und eroberten (unter dem Marschall von Sachsen) die �sterreichischen Niederlande (Belgien). Doch gaben sie in dem allgemeinen Frieden zu Aachen 1748ihre Eroberungen an Maria Theresia zur�ck.
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Der Siebenj�hrige Krieg 1756�1763.
1. Die zwei ersten Kriegsjahre. Um Schlesien wieder zu er-langen und Preu�ens aufstrebende Macht zu vernichten, hatte Maria Theresia (auf den Rat ihres Ministers Kaunitz) mit Frankreich, Ru�land (unter der Kaiserin Elisabeth, Peters des Gro�en Tochter) und Sachsen ein geheimes B�ndnis verabredet. Von der ihm drohen-den Gefahr unterrichtet, beschlo� Friedrich, nur mit England verb�n-det, dem Angriff seiner Feinde zuvorzukommen, und begann den Krieg, indem er 1756 unvermutet in Sachsen einfiel und Dresden 1756 einnahm. Er schlug die heranr�ckenden �sterreicher in der Schlach t bei Lobositz (in B�hmen) und nahm das s�chsische Heer bei Pirna gesangen. Im folgenden Jahre traten auch Schweden und das Deutsche Reich auf �sterreichs Seite. Einer halben Million feindlicher Truppen konnte Friedrich nur 200 000 Mann entgegenstellen. Zun�chst wandte er sich gegen die �sterreicher und erfocht, in B�hmen einr�ckend, den mit schweren Verlusten und dem Heldentode des Feldmarschalls Schwerin erkauften Sieg bei Prag, wurde dann aber von dem �sterreichischen 1757 Feldherrn Daun in der Schlacht bei Kolin (in B�hmen) geschlagen,
so da� er B�hmen r�umen mu�te. Nach dieser Niederlage des K�nigs drangen im Westen die Franzosen bis zur Weser vor, die Russen fielen in Ostpreu�en ein. Aber inmitten dieser Bedr�ngnis bew�hrte Fried-rich sein unvergleichliches Feldherrntalent. Mit einem Heere von nur 22 000 Mann jagte er die Franzosen samt der deutschen Reichsarmee (�Rei�ausarmee"), 64000 Mann stark, in der Schlacht bei Rotzbach (unweit Merseburg), bei der sich namentlich der k�hne Reitergeneral Seydlitz hervorthat, in schimpfliche Flucht. Ganz Deutschland sroh-lockte �ber die lustige �Franzosenjagd"; der Tag von Ro�bach erschien als ein Ehrentag f�r die ganze Nation; denn ein deutscher Held war es, der den �berm�tigen Franzosen deutsche Hiebe erteilt hatte.
Auch im �brigen Europa bewunderte man seitdem den gro�en K�nig des kleinen Preu�enlandes. Vier Wochen nach der Schlacht von Ro�-
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 13
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bach gewann Friedrich einen neuen gl�nzenden Erfolg. Er errang mitten im Winter mit 33000 Mann, der �Potsdamer Wachtparade", wie der feindliche Feldherr das kleine Heer ver�chtlich nannte, �ber 80 000 �fter* sicher den gro�en Sieg bei Leuthen (westlich von Breslau). Das vom Feinde besetzte Schlesien kam wieder in des K�nigs Besitz
2. Die K�mpfe von 1758 und 1759. Unterdessen waren die Russen unter greuelvollen Verheerungen in Brandenburg einger�ckt. Da wandte sich Friedrich gegen sie und zwang sie durch den h�chst blutigen
� Sleg bei Zorndorf (unweit K�strin) 1758 zum R�ckzug. Bald darauf stand der Held den �sterreichern in Sachsen bei dem Dorfe Hochkirch gegen�ber. Er hatte eine so geringsch�tzige Meinung von dem Feinde, da� er ihnen den Mut zu einem Angriffe nicht zutraute und ganz in chrer N�he ein offenes Lager bezog. Aber in der Nacht wurde er von Daun �berfallen und mu�te sich unter schweren Verlusten an Gesch�tz und Mannschaft zur�ckziehen. Eine weit furchtbarere Niederlage erlitt ber K�nig im folgenden Jahre, dem ungl�cklichsten des ganzen Krieges. Die Heere der �sterreicher (unter L a u d o n) und der Russen hatten sich vereinigt; Friedrich zog ihnen entgegen, und in der N�he von Frank-li59 f�rt an der Oder erfolgte die Schlacht bei Kunersdorf 1759. Der K�nig wurde v�llig geschlagen, sein Heer bis ans wenige tausend Mann vernichtet. Er selbst suchte den Tod ans dem Schlachtfelde, da er alles verloren glaubte; fast mit Gewalt mu�te man ihn aus dem Kampfe rei�en. Allein die Feinde, untereinander uneins, verstanden ihren Sieg nicht zu benutzen. Dadurch wurde Friedrich gerettet. Er konnte sein Heer wieder sammeln und verst�rken.
3. Die letzten Kriegsjahre 1760-1763. Das Jahr 1760 brachte 1760 dem K�nig wieder zwei Siege: in der Schlacht bei Liegnitz ver-
galt er den �sterreichern den �berfall von Hochkirch, indem er sie fr�h morgens mit einem pl�tzlichen Angriffe �berraschte und v�llig aufs Haupt schlug. Freilich drangen inzwischen Russen und �sterreicher bis in seine Hauptstadt Berlin vor und hausten dort acht Tage in wildem �bermute. Allein sobald nur der Ruf erscholl: �Der K�nig kommt!" eilten die Feinde best�rzt von dannen. Darauf gewann ihm noch in 1760 der hei�en Schlacht bei Torgau in Sachsen die Tapferkeit seines alten Generals Zielen den sch�nsten Sieg. Im Jahre 1761 geriet Friedrich durch den Austritt der Engl�nder aus dem B�ndnisse mit ihm in gro�e Bedr�ngnis und konnte sich den vereinigten �sterreichern und Russen gegen�ber nur in dem festen Lager bei Bunzelwitz (unweit Schweidnitz) verschanzt halten. Da, als Friedrich in der h�ch-
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ften Not war, starb 1762 die Kaiserin Elisabeth von Ru�land, und 1762 Ru�land sowie Schweden schl�ssen Frieden mit ihm. Endlich wurde auch mit Osterreich und Sachsen auf einem s�chsischen Jagdschlo� der Hubertusburger Friede 15. Februar 1763 geschlossen, in welchem 1763 Preu�en im Besitze Schlesiens blieb.
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Friedrich der Gro�e, Maria Theresia und Kaiser Joseph II.
1. Friedrich der Gro�e als Regent. Durch den Siebenj�hrigen Krieg war Friedrichs Land furchtbar ersch�pft und ver�det. Der gro�e K�nig that alles, demselben wieder empor zu helfen. Er erlie�, soweit es m�glich war, auf k�rzere oder l�ngere Zeit die Abgaben, verteilte Getreide und gab Pferde f�r den Ackerbau her, baute Hunderte von neuen D�rfern, lie� unfruchtbare Strecken urbar machen und zog (�ber 200 000) flei�ige Ansiedler ins Land. Handel und Fabrikth�tigkeit,
Berg- und H�ttenwesen wurden bef�rdert, die Rechtspflege verbessert und ein neues Gesetzbuch, das preu�ische �allgemeine Landrecht", ausgearbeitet (das jedoch erst nach Friedrichs Tode inkraft trat). Das Heer wurde bis auf 200 000 Mann vermehrt. F�r sich selbst brauchte der K�nig sehr wenig: seine Lebensweise, feine Kleidung waren h�chst einfach. �berall dachte er zuerst an den Vorteil des Volkes, und zuletzt an sich. �Mein Schatz," sagte er, �geh�rt nicht mir, sondern dem Staate." Unerm�dlich war er th�tig. �Ich bin des Staates erster Diener.
Mein Stand verlangt Arbeit und Th�tigkeit; mein Geist und mein Leib beugen sich unter ihre Pflicht." So sprach und so handelte er. Vom fr�hesten Morgen an war er, zw�lf Stunden des Tages, bei der Arbeit, alle Staatsangelegenheiten ordnend, alle wichtigeren Gesch�fte selbst leitend. �Keinen Tag hat er verloren." Seine Erholung suchte er in der Musik (Fl�tenspiel), in wissenschaftlicher Besch�ftigung und im Umgange mit geistvollen M�nnern, die er um sich versammelte.
Sein Lieblingssitz war das kleine Lustschlo� S a n s s o n c i, das er sich bei Potsdam erbaut hatte.
Zahlreich und gehaltvoll sind die von ihm verfa�ten Schriften, s�mtlich in franz�sischer Sprache, die er wegen ihrer Gl�tte und Anmut der damals noch weniger entwickelten, wenn auch in frischem Aufbl�hen begriffenen deutschen Sprache und Dichtung vorzog. Lessings Verdienste wu�te der Bewunderer Voltaires nicht zu sch�tzen; selbst durch ihre begeisterten Loblieder auf des gro�en Friedrichs Ruhm traten die preu�ischen Dichter Kleist, Ramler, Gleim:c. dem K�nig nicht n�her; der Fabeldichter Geliert schien ihm noch �der vern�nftigste aller deutschen Gelehrten". Auch das Wesen des christlichen Glaubens blieb, namentlich infolge ungeeigneter Erziehung, Friedrichs Sinne um so fremder, je mehr er der neuen �Auf*
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rottt^e9" $U9et^n m0t' biB Befonber5 durch franz�sische Schriftsteller verbreitet
r � maVla In Osterreich herrschte vierzig Jahre
wg Maria Theresia (1740-1780), die letzte des Habsburgischen Geschlechts, eme F�rstin, die durch ihre weiblichen Tugenden wie durch ihre Regenteneigenschaften dem Throne wieder einen pers�nlichen Glanz und Zauber verlieh, wie ihn seit Maximilian dem �letzten Ritter" kein Herrscher aus dem Hause Habsburg mehr um sich verbreitet hatte. Sch�n und sittenrein, durch Liebensw�rdigkeit und teilnahmvolles Wohlwollen die Herzen des Volkes gewinnend, dabei ihrer hohen Herr-Herstellung und Herrscherpflichten stets eingedenk, erkannte sie nicht allein mit klarem Verst�nde die zahlreichen Sch�den des erstarrten �sterreichischen Staatswesens, sie besa� auch die ausdauernde Thatkraft, die dr�ckendsten Mi�st�nde zu beseitigen und notwendige Neuerungen und Verbesserungen um so erfolgreicher durchzuf�hren, als ihre vorschreitende Wirksamkeit nichts �bereilte, sondern �berall von Vorsicht und M��igung begleitet war. Ihr Gegner im Kriege, Friedrich der Gro�e, war ihr Vorbild in der Regentenarbeit; wie durch dessen Herrschergr��e das junge, kleine Preu�en emporgehoben wurde, so drang mit der Regierung Maria Theresias ein neuer Lebensstrom in das alte �sterreich ein; die vielerlei unter dem einen Staatsoberhaupt nur locker verbundenen �sterreichischen L�nder wurden durch ihren sch�pferischen Herrschergeist. unter mannigfach verbesserten Einrichtungen zu einem enger und fester zusammenh�ngenden und dadurch neu gekr�ftigten Reiche vereinigt. � . 3. Kaiserin Katharina II. (1762-1796) und die erste
Zeitung Polens. Unter Peters des Gro�en Nachfolgern auf dem russischen Throne ragte vor allen die Kaiserin Katharina II. hervor, eine Deutsche von Geburt, freien, aufgekl�rten Geistes, durch gro�e Herrschergaben ausgezeichnet. Sie vor allen setzte Peters des Gro�en Werk fort. Sie gab ihrem Reiche eine angemessenere Einteilung, suchte eine bessere Verwaltung herzustellen, legte Schulen an und f�rderte den Landbau, den Gewerbflei� und den Handel. Erfolgreiche Kriege f�hrte sie gegen die T�rken und Polen. Den T� rken entri� sie die Krim, welche sie unter dem Namen Taurien durch ihren G�nstling Potemkin ihrem Reiche einverleibte. In einem zweiten T�rkenkriege erweiterte sie das russische Gebiet bis zum Dnjestr. Vorz�glich aber vergr��erte sie Ru�lands Macht durch die Vernichtung Polens.
Nach dem Tode des Polenk�nigs August III. bewirkte Katharina II., da� ihr G�nstling Stanislaus Poniatowski zum K�nige von Polen gew�hlt wurde. Gegen ihn und Ru�land ergriffen polnische Edelleute, von den T�rken unterst�tzt, die Waffen. Da ver-band sich Ru�land mit Preu�en und �sterreich zur ersten Teilung 1772 Polens 1772: ein Drittel des Reiches wurde weggerissen, von wel-
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chem Ru�land den gr��ten Teil, �sterreich Galizien, Preu�en West-Preu�en (au�er Danzig und Thorn) erhielt.
4. Kaiser Joseph II. Maria Theresias Sohn, Joseph II. (1780�1790), der ihrem Gemahl Franz I. bereits 1765 in der Kaiserw�rde gefolgt war, wurde erst nach der Mutter Tode (1780) selbst�ndiger Herrscher in den �sterreichischen Staaten. Ein Bewunderer Friedrichs des Gro�en, durchgreifender in seinen Regierungsthaten als seine besonnene Mutter, suchte er voll Feuereifers durch Abschaffung alter Lasten und Mi�br�uche und freiheitliche Neugestaltungen seine Unterthanen zu begl�cken und die Kr�fte seines Reiches zu steigern. Die Leibeigenschaft hob er auf; seinen evangelischen Unterthanen, die fr�her schwer bedr�ckt waren, gew�hrte er staatsb�rgerliche Rechte; eine Menge Kl�ster zog er ein. Aber da der menschenfreundliche �aufge-kl�rte" Herrscher mit seinen Neuerungen allzu rasch und r�cksichtslos vorging, hatten die meisten derselben keinen dauernden Bestand. Ebenso mi�lang sein wiederholter Versuch, Bayern (beim Aussterben des wittelsbachisch-bayerischen Mannsstammes) f�r �sterreich zu erwerben, da Friedrich der Gro�e diesem Plane entgegentrat.
5. Ausgang Friedrichs des Gro�en. Gegen das Umsichgreifen �sterreichs in Deutschland gr�ndete Friedrich II. noch dendeutschen F�rstenbund (1785). Dies war sein letztes Werk. Im n�chsten Jahre � am 17. August 1786 � starb er in der Einsamkeit seines 1786 Schlosses Sanssouci nach 46j�hriger Regierung, von ganz Europa als
der erste Mann des Jahrhunderts bewundert, im Herzen seiner Preu�en als der �einzige Friedrich" sortlebend. Selbst sein Gegner Kaunitz konnte ihm das Zeugnis nicht versagen, da� er �wie kaum ein zweiter in der Geschichte den Thron und das Diadem geadelt" habe. Preu�en umfa�te bei Friedrichs EL Tode 3600 Quadratmeilen mit 6 Millionen Einwohnern; es war durch Friedrich weniger nach seinem Umfang, als durch innere Kraft und Ruhm zu einer europ�ischen Gro�macht geworden.
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England und Nordamerika.
1. Die englischen Moniten in Nordamerika. Nach den ersten Versuchen unter der K�nigin Elisabeth wurden seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts, namentlich w�hrend der inneren Unruhen und B�rgerkriege unter den Stuarts, englische Niederlassungen auf der Ostk�ste von Nordamerika gegr�ndet. So Virginien, die sog. Neu-England-Staaten (mit Boston), das von William Penn kolonisierte Pennsylvanien (mit Philadelphia) ic. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts gab es 13 Kolonialprovinzen (mit 3 Millionen Einwohnern). Unter Georg II. und Georg III. f�hrte England gleichzeitig mit dem Siebenj�hrigen Kriege, in
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welchem es mit Friedrich dem Gro�en verb�ndet war, einen gro�en Seekrieg mit Frankreich, der Frankreich n�tigte, Kan�da und mehrere westindische Inseln an England abzutreten.
Als nun England, dessen Staatsschuld durch den letzten Seekrieg mit Frankreich sich sehr vermehrt hatte, die Kolonieen durch einen Eingangszoll auf den Thee zu besteuern suchte, widersetzten sich die Amerikaner und versenkten eine englische Theeladung im Hasen von Boston. Der Aufstand verbreitete sich rasch �ber das Land. Da beschlo� England mit Gewaltma�regeln einzuschreiten, und es begann 1776 2. der nordamerikanische Freiheitskrieg 1776�1783. Die Nordamerikaner w�hlten einen Pflanzer in Virginien, Georg Washington, zum Oberbefehlshaber, 1776 der unter gro�en Schwierigkeiten ein Heer bildete. Am 4. Juli 1776 erkl�rten sich die 13 vereinigten Staaten f�r unabh�ngig von der englischen Herrschaft. Den kriegsge�bteren Engl�ndern (die durch von dem Landgrafen von Hessen ihnen verkaufte deutsche Truppen unterst�tzt wurden) waren die der Kriegs-zucht ungewohnten Amerikaner anfangs nicht gewachsen; doch erk�mpfte der treffliche Washington bald mehrere Erfolge, welche der amerikanischen Sache neue Kraft verliehen. Neben ihm erwarb sich Benjamin Franklin die h�chsten Verdienste um sein Vaterland. Fr�her Buchdrucker in Philadelphia, durch Flei� und Klugheit emporgekommen, durch seine Volksschriften und gemeinn�tzigen Bestrebungen bekannt und beliebt, durch die Erfindung des Blitzableiters ber�hmt, war er feit dem Ausbruche des Krieges amerikanischer Gesandter am franz�sischen Hose und wu�te durch geschickte Unterhandlungen Frankreich und Spanien zur Hilfeleistung zu be-wegen. Von nun an wurde der Krieg auch zur See gef�hrt, und ein franz�sisches Landheer nahm am Kampfe in Amerika teil. Mit dieser Hilfe entschied Washington den Landkrieg dadurch, da� er eine englische Armee (bei Yorktown in Virginien) Zur Ergebung zwang, woraus die Engl�nder, so gl�cklich sie zur See gek�mpft hatten, den Krieg aufgaben und im Frieden zu Versailles die Unabh�ngigkeit der 1783 vereinigten nordamerikanischen Staaten 1783 anerkannten. Die Freistaaten gaben sich sp�ter eine Verfassung, nach welcher die Regierung einem jedes-mal auf vier Jahre gew�hlten Pr�sidenten �bertragen wurde. Der erste Pr�sident war der verdienstvollste und edelste Mann des Landes, der Befreier Washington, zu dessen Ehren die Bundeshauptstadt Washington gegr�ndet wurde. Seitdem haben sich die Freistaaten an Zahl aus 40 mit 60 Millionen Bewohnern vermehrt.
3. Die Engl�nder in Ostindien. Den Verlust in Nordamerika ersetzte England durch die Ausbreitung feiner Herrfchaft in Ostindien. Die unter der K�nigin Elisabeth gestiftete o st indische Handelskompanie benutzte die Aus-l�sung des gro�en Mongolenreiches im nordwestlichen Ostindien, foroie das Sinken der holl�ndischen und franz�sischen Macht in Asien zur Gr�ndung eines Reiches, welches das Mutterland an Umfang und Einwohnerzahl bald weit �bertraf. Eine weitere Ausdehnung erhielt das englische Handels- und Kolonialwesen durch die drei Entdeckungsfahrten des Weltumseglers Cook (1768�1779).
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Die christliche Kirche.
W�hrend im Reformationszeitalter die wichtigeren weltgeschichtlichen Ereignisse von der christlich en K ir ch e ausgingen oder doch mit ihr im Zusam-
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menhange standen, tritt seit dem westf�lischen Frieden der Einflu� der Kirche auf die Staatsangelegenheiten mehr zur�ck.
I. Die evangelische Kirche.
1. �u�ere Schicksale. Im n�rdlichen Europa, in England und Holland zur Herrschaft gelangt, hatte die evangelische Kirche im Deutschen Reiche und in Frank-reich (durch das Edikt von Nantes) zwar die gesetzliche Anerkennung ihres Bestehens erlangt, wurde aber hier gleichwohl von der katholischen Obrigkeit vielfach bedr�ckt und in ihrem Umfang eingeschr�nkt. So suchte sie LudwigXIV. durch harte Ge-waltma�regeln in Frankreich auszurotten; in Salzburg vertrieb der Erz-bischos Graf Firmian (1731) die Evangelischen aus seinem Gebiet; in Ungarn wurde durch lange fortgesetzten Druck ihre Zahl um mehr als die H�lfte vermindert, in den andern �sterreichischen Erbl�ndern der evangelische Gottesdienst v�llig aufgehoben. Erst Kaiser Joseph II. stellte diesen wieder her und erteilte den Evangelischen staatsb�rgerliche Rechte.
2. Pietisten und Herruhuter; Qu�ker und Methodisten. Wenig erfreulich war das evangelische Kirchenwesen namentlich in der ersten H�lfte des 17. Jahrhunderts. Lutheraner und Reformierte lagen in bitterem Streit gegen einander; im Eifer f�r die reine Lehre �bersch�tzte man das �u�ere Bekenntnis und verga� dar�ber allzusehr die Heiligung des Herzens und die �bung der Liebe, durch welche der Glaube sich th�tig erweisen soll. Gegen�ber dieser unfruchtbaren Rechtgl�ubig-keit, die nicht selten mit weltlicher Gesinnung und roher Sitte verbunden war, wu�te Spener(geb. 1635 zu Rappoltsweiler im Elsa�, gest. 1705 zu Berlin) eine lebendige, liebeseifrige Fr�mmigkeit anzuregen, die mit dem Namen des Pietis-mus bezeichnet wurde. Er wurde ein Seelenf�hrer f�r weite Kreise der lutherischen Kirche. Ihm schlo� sich an August Hermann Francke, der das Hallesche Waisenhaus gr�ndete, ein Siegesdenkmal des Gottvertrauens und der Menschen-liebe. Als eine inniger verbundene Gemeinschaft innerhalb der evangelischen Kirche entstand, gestiftet durch den Grafen Ziuzeudorf (gest. 1760), zu Herrnhut in der Lausitz die evangelische Br�dergemeinde, die insbesondere f�r die Ausbrei-tung des Christentums unter denHeiden(Mission) mit aufopfernder Liebe gewirkt hat. In England trennte sich von der herrschenden Kirche die von Georg Fox gegr�ndete Sekte der Qu�ker, welcher William Penn angeh�rte, der Stifter des Staates Pennsylvanien in Nordamerika. Gleichfalls in England ging aus einem Verein frommer M�nner, die sich um John Wesley sammelten und wegen ihres pedantisch heiligen Lebens Methodisten genannt wurden, einem�chtige religi�se Erregung f�r England und namentlich f�r Nordamerika hervor.
3. Die Aufkl�rung. Gleichzeitig mit diesen Regungen einer lebendigeren Fr�mmigkeit trat aber auch, vornehmlich unter den h�heren St�nden, mehr und mehr Gleichgiltigkeit gegen die Kirche und selbst Abfall von den Lehren des Christen-tums ein. Zuerst in England bek�mpften sogenannte Freigeister den alten Bibel-glauben; dann verbreitete sich von Frankreich aus, wo die Angriffe auf die christ-liche Religion bis zur Verspottung derselben und zum v�lligen Unglauben ausge-artet waren, allm�hlich auch �ber Deutschland, das sich sklavisch an das franz�sische Wesen hingab, der Widerspruch gegen die Lehren des Christentums. Der Abfall von dem Althergebrachten, die neue Aufkl�rung � wie man den vorz�glich im Zeitalter Friedrichs des Gro�en eingetretenen Umschwung im gesamten geistigen Leben der Nation benannte � verirrte sich jedoch hier nur ausnahms-
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wetfe m g�nzliche Losrei�ung vom christlichen Glauben; man raubte aber demselben
f*netLuCrl!'firr" D0rsa6, �On �emrteten Bestandteilen zu reinigen; man f^roachte das Christentum zu etner blo�en Sitten- und Gl�ckseligkeitslehre ab Neben den Vertreter dieser Richtung hatte indes auch der Glaube der V�ter noch seme Vertreter, und M�nner wie Hamann, Lavater, Jung-Stilling und Claudius waren m der glaubenslosen Zeit eifrige Zeugen f�r die Herrlichkeit des alten Christentums.
II. Die katholische Kirche.
1. Ausbreitung, neue Orden. Der katholischen Kirche wurden f�r die Ver-luste. welche sie durch die Reformation erlitten hatte, neue ausgedehnte Gebiete in Amerika. Indien und China namentlich durch die Th�tigkeit geistlicher Orden unter-worfen. Als neue Orden entstanden, au�er den schon im 16. Jahrhundert gestif-teten volkst�mlichen Kapuzinern und den der Erziehung des weiblichen Ge-schlechts sich widmenden Urs uliner innen, im 17. Jahrhundert die strengen ^ rappisten. die f�r Krankenpflege th�tigen barmherzigen Schwestern (Stifter: Vincenz von Paula), die Br�der der christlichen Schulen u. a.
2. Die Jesuiten. Eine Hauptst�tze ihrer Macht fand die Kirche an den Je-f uiten. Wie sich dieselben vor allen andern Orden im Missionswerke heroorthaten, so wirkten sie insbesondere auch der Ausbreitung der evangelischen Kirche mit gro�em Erfolge entgegen und �bten durch Seelsorge und Jugendunterricht, wi.' durch weltm�nnische Bildung und Gewandtheit den entschiedensten Einflu� in Staat und Kirche aus. Ihr Eindringen in alle Lebensverh�ltnisse und die �berspannung ihrer Macht rief jedoch immer st�rkeren und allgemeineren Widerspruch hervor, und der Geist der neuen �Aufkl�rung" forderte vor allem ihren Sturz. Zu-erst aus Portugal, dann aus Frankreich und Spanien vertrieben, wurde der Orden endlich vom Papste Clemens XIV. (Ganganelli) 1773 f�rmlich aufgehoben, um, nue es in der p�pstlichen Bulle hie�, �den wahren und dauerhaften Frieden der Kirche wiederherzustellen". Der Orden z�hlte bei seiner Aufl�funq �ber 22 500 Mitglieder.
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Munft und Wissenschaft. Bl�te der deutschen Dichtkunst.
Wenn in der vorigen Periode zun�chst Italien durch seine Bildung hervor-ragte und auch die s�dwestlichen Staaten Europas, Spanien und Portugal, eine Bl�tezeit ihrer Sitteratur hatten, so treten diese L�nder seitdem mehr zur�ck, und Frankreich. England und Deutschland sind von nun an die vornehmsten Schaupl�tze der geistigen Entwicklung der Menschheit.
1. Frankreich und England. In Frankreich folgte den bereits genannten gro�en Dichtern des Zeitalters Ludwigs XIV. in Ludwigs XV. Zeit eine Anzahl nicht minder ber�hmter Schriftsteller. unter denen vor allen Voltaire (1694-1778) und der Genfer I. I. Rousseau (1712-1778) hervorragen. Unerme�lich war der Einflu�, den ihre durch den Zauber der sch�nsten Sprache bestechen-den Werke auf das gesamte geistige Leben der franz�sischen Nation aus�bten. Aber ihre Wirkung ging noch weit �ber Frankreichs Grenzen hinaus. Das schon unter Ludwig XIV. in das Ausland und namentlich in Deutschland eingedrungene Franzosentum griff dort weiter und weiter. �Man ging," sagt Goethe, �bei den Franzosen in die Schule, um lebensartig zu werden." Mit dem franz�sischen Ge-
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schmack verbreiteten sich, vornehmlich in den h�heren St�nden, franz�sische Sitten-die franz�sische Sprache wurde zur Sprache der H�fe, der Staatsm�nner und der feineren Welt �berhaupt erhoben. � England brachte eine Reihe ber�hmter Dichter (Milton, gest. 1674, Dichter des �verlorenen Paradieses", u. a.), Geschicht-seh reib er und Denker hervor. Den h�chsten Ruhm in der Wissenschaft erwarb Newton (gest. 1727), durch welchen die Mathematik, Physik und Astronomie (Ent-deckung der Gesetze der Schwere) au�erordentliche Fortschritte machten.
In S p a n i e n bl�hte am Anfang dieses Zeitraums der gro�e Maler Murillo, in Italien am Ende desselben der Bildhauer Canova.
2. Deutschland lag seit dem Drei�igj�hrigen Kriege bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts wie in seinem Staatswesen, so auch in Kunst und Wissenschaft darnieder. Der Einflu� Frankreichs war auch in dieser Hinsicht nur nachteilig. Selbst die deutsche Sprache erlitt durch das Eindringen von (franz�sischen und italienischen) Fremdw�rtern schm�h-liche Verunstaltungen. Im Zeitalter Friedrichs des Gro�en dagegen begann hier ein gro�artiger Ausschwung des geistigen Lebens, der zun�chst und vorzugsweise auf dem Gebiete der Dichtung sich in umfassendster Weise geltend machte. Freilich sagte Friedrich zu Anfang des Siebenj�hrigen Krieges von sich selbst: �Ich habe von Jugend auf kein deutsch Buch gelesen und spreche das Deutsche sehr schlecht; jetzo bin ich ein Mann von 46 Jahren und habe keine Zeit mehr dazu." Gleichwohl kam nach Goethes Wort �der erste wahre und h�here eigent-liche Lebensgehalt durch Friedrich den Gro�en und die Thaten des Siebenj�hrigen Krieges in die deutsche Poesie." �Es war diePers�n -lichkeit des gro�en K�nigs, die aus alle Gem�ter wirkte." Ergab dem deutschen Volk einen Helden, dessen Ruhm die Welt erf�llte; seine Gro�thaten gew�hrten der Poesie den w�rdigsten Stoff. Und rasch erfolgte die Wirkung dieser fruchtbaren Anregung: Friedrich selbst erlebte noch
A. Die Bl�tezeit der deutschen Dichtung.
1. Der Vorbereitungszeit, welche bis zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts reicht, geh�ren vor andern die Dichter Haller, Hage-dorn und Geliert an.
von Haller war 1708 zu Bern geboren. Sein ber�hmtestes Gedicht, �die Alpen", schildert in edler, gehaltvoller Darstellung die gro�artige Natur des Alpenlandes und das sittenreine, zufriedene Hirtenleben der Gebirgsbewohner. Und daran schlie�t der Dichter die Frage: �Sag' an, Helvetien, du Heldenvaterland, wie ist dein altes Volk dem jetzigen verwandt?"
von Hagedorn, ein Hamburger, ebenfalls 1708 geb., hat leichte, anmutige, heitere Lieder, Fabeln und Erz�hlungen gedichtet; unvergessen ist noch heute sein �Johann, der muntre Seifensieder".
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Gellert, Professor in Leipzig, geb. 1715, wurde durch seine Fabeln, � die auch Friedrichs des Gro�en Beisallfanden, und durch seine geistlichen Lieder, von denen nicht wenige in die evangelischen Gesangb�cher �bergingen (�Mein erst' Gef�hl sei Preis und Dank", �Wie gro� ist des Allm�cht'gen G�te" 2c.), einer der Lieblingsdichter des deutschen Volkes. � Auch Lichtwer und der etwas j�ngere Els�sser Pfeffel sind bekannte Fabeldichter.
2. Klopstock, Lessing, Wieland. Der Vorbereitungszeit folgte dann die eigentliche Bl�teperiode unserer Poesie, die mit dem Hervor-treten Klopstocks und Lessings um 1750 begann. Neben diesen beiden ist zun�chst Wieland zu nennen.
Klopstock war 1724 zu Quedlinburg geboren und starb 1803 zu Hamburg. Ein bahnbrechender Dichtergenius von Gottes Gnaden, der, voll Begeisterung f�r Religion und Vaterland, der deutschen Poesie einen h�heren Geist einhauchte und
� mit Anwendung der dichterischen Ma�e und Formen des klassischen Altertums
� eine neue, gehobene Sprache gab. Seinen Ruhm begr�ndete er durch den � Messias", dessen drei erste Ges�nge 1748 erschienen und von dem deutschen Volke mit �berschw�nglicher Bewunderung aufgenommen wurden. In diesem gro�en Heldengedicht (20 Ges�nge in Hexametern) singt der Dichter �der s�ndigen Menschen Erl�sung, die der Messias auf Erden in seiner Menschheit vollendet". Dem erhabenen Gegenstand entspricht die Erhabenheit der Darstellung; doch fehlt dem Werke, das zu hoch �ber die irdische Welt hinausgreift, die rechte Anschaulich-keit und lebensvolle Mannigfaltigkeit: kaum gelingt noch der Versuch, es vollst�ndig zu lesen. Von hohem dichterischen Werte sind ferner Klopstocks Oden, in denen er die edelsten G�ter und Gef�hle, Gott, Vaterland, Freundschaft 2c. voll Begeisterung in schwung- und kunstreichen (reimlosen) Versen feiert. Hier feien nur genannt: �der Z�richer See", �der Eislauf", �die Fr�hlingsfeier". � Auch geistliche Lieder (� Auf er steh n, ja auserstehn" u. a.) hat er gedichtet.
Sehr verschieden von dem erhabenen Schw�nge der Poesie Klopstocks, aber durch edelste Klarheit und wirkungsvolle Kraft der Sprache ausgezeichnet ist die Dichtung des nur f�nf Jahre j�ngern
Lessing. Geb. 1729 zu Kamenz in Sachsen, gest. 1781 in Braunschweig, hat er seine poetische Th�tigkeit vorzugsweise dem Drama zugewandt. In seiner � Minna von Barnhelm" schuf er das beste Lustspiel, das wir besitzen, nach Goethes Behauptung, �die erste Theaterproduktion von vollkommenem National-gehalt, die den Blick in eine h�here bedeutendere Welt gl�cklich er�ffnete;" in der �Emilia Galotti" gab er der deutschen B�hne das erste tragische Meister-werk. Sind diese beiden Schauspiele in Prosa gedichtet und zwar der trefflichsten, die sich bis dahin bei einem deutschen Schriftsteller findet, so ging Lessing schlie�lich doch zum Drama in Versen �ber: seinem folgenden � und letzten � St�ck verlieh er den Schmuck der rhythmischen Rede. Es war das dramatische Gedicht �Nathan der Weise", durch welches er den f�nff��igen Jambus zum stehenden Verse des Dramas f�r unsere ganze Bl�tezeit erhob. Auch hat Lessing wertvolle Fabeln (in Prosa) geschrieben. � Seine wissenschaftlichen Schriften sind durch Geist, Gr�ndlichkeit und Scharfsinn ausgezeichnet, in der sprachlichen Dar-stellung wie alle seine Werfe mustergiltig f�r alle Zeiten. Mit Recht sagt Goethe
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von dem gro�en Manne: �Vormals im Leben ehrten wir dich als einen der G�tter; nun du tot bist, so herrscht �ber die Geister dein Geist."
Wieland, 1733�1813, ist der �lteste der sogenannten weimarischen Dichter. Er verstand, leicht, lebendig und witzig in Prosa und Versen zu erz�hlen; doch sind seine zahlreichen Schriften mehr und mehr der Vergessenheit anheimgefallen. Von bleibendem Werte dagegen ist sein Hauptwerk,, Oberon, ein romantisches Helden-gedicht in zw�lf Ges�ngen", von dem Goethe r�hmt: �So lange Poesie Poesie, Gold Gold und Kristall Kristall bleibt, wird Oberon als Meisterst�ck poetischer Kunst geliebt und bewundert werden."
3. Zeitgenossen Klopstocks und Lessings waren die preu�ischen Dichter Gleim, Ewald von Kleist und Ramler, welchenament-lich den Ruhm Friedrichs des Gro�en besangen.
Gleim in Halberstadt, gest. 1803, hat heitere, spielende Lieder von Rosen, Wein, Freundschaft :c., �leichte S�chelchen" ohne h�heren Wert, gedichtet; kr�ftiger sind feine �preu�ischen Kriegslieder von einem Grenadier" aus Friedrichs Feld-z�gen von 1756 und 1757.
Kleist, Ewald Christian von, preu�ischer Major, der an einer in der Schlacht bei Kunersdorf 1779 erlittenen Verwundung starb, ein sanfter, die Natur und die Einsamkeit liebender Dichter, hat besonders durch sein beschreibendes Gedicht �der Fr�hling" wohlverdienten Ruf erlangt. Es ist, wie Lessing sagt, �eine mit Emp-pstndungen durchflochtene Reihe von (Landschafts-)Bildern".
Ramler in Berlin feierte in wohlgefeilten kunstvollen Oden seines gro�en K�nigs Thaten.
4. Der G�ttinger Dichterbund. In engem Anschlu� an Klop-stock entstand der G�ttinger Dichterbund, der sich auch Hain-b u n d nannte. Ihm geh�rten als hervorragendste Mitglieder an: V o �, die beiden Br�der Grasen zu Stolberg und H�lty; die Dichter B�rger und Claudius standen dem Verein nahe.
Der Hainbund wurde 1772 zu G�ttingen von einigen dort studierenden dichterisch-begabten J�nglingen geschlossen. Voll jugendlicher Begeisterung wid-meten sie dem S�ngerhelden Klopstock die h�chste Verehrung, nach dessen Vorbild sie Gott und Tugend zu preisen, die Liebe zur Natur anzuregen, den Sinn f�r Vaterland und Freiheit zu beleben sich zur Aufgabe stellten. Der Bund selbst �ber-dauerte zwar nicht den Aufenthalt der jungen M�nner in G�ttingen; doch griff er durch einzelne t�chtige Mitglieder in die .weitere Entwicklung der deutschen Dichtung ein. Unter ihnen hat sich
geb. 1751 im Mecklenburgischen, gest. 1826 in Heidelberg, vor allen durch seine �bersetzung der homerischen Gedichte (Odyssee und Jlias) um die h�here Ausbildung unserer dichterischen Sprache sehr verdient gemacht. Von seinen eigenen Gedichten sind die Idyllen: �Luise" und �der siebenzigsteGeburts-tag" (beide in Hexametern) hervorzuheben.
Unter den beiden Grafen zu Stolberg ist der j�ngere Bruder Friedrich Leopold (geb. 1750)bedeutender, als Christian, der �ltere. Er vertritt unter den Hainbunddichtern vorzugsweise die vaterl�ndische und christliche Richtung Klopstocks. Sein im Jahre 1800 erfolgter �bertritt zur katholischen Kirche erregte
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gro�es Aufsehen und schied ihn von seinem alten Freunde Vo�. Einige seiner Lieder, wie �S��e heilige Natur" und �Sohn, da hast du meinen Speer" sind noch heute allgemeiner bekannt.
_ H�lty, der schon in jugendlichem Alter (1776) starb, war der volksbeliebteste der Hainbunds�nger. In seinen zarten, gef�hlvollen Gedichten ist herzliche Freude an der sch�nen Gotteswelt (�Wer wollte sich mit Grillen plagen?" und �Rosen auf den Weg gestreut"), Sehnsucht nach l�ndlicher Stille, sanfte Schwermut und weh-mutige Todesahnung in so edler, wohllautender Sprache ausgedr�ckt, wie sie uns nur bei den besten unserer Dichter begegnet. Sein Lied: ��b' immer Treu' und Redlichkeit" lebt noch fort im Volke.
B�rger, geb. 1747, geh�rt zu den sprachgewandtesten unserer Dichter, ohne da� es ihm doch gelang, das erstrebte Ziel, der erste Volks s�nger seiner Zeit zu werden, v�llig zu erreichen. So lebensvoll seine Darstellung ist, so leicht und klang-voll seine Verse dahinflie�en, hat er gleichwohl nicht immer den echten Volkston ge-troffen. Ausgezeichnet ist B�rger in der Balladendichtung: seine Lenore gilt noch heute als ein kaum erreichtes Meisterst�ck dieser Gattung; bekannt sind ferner: .das Lied vom braven Mann", �der wilde J�ger", �der Kaiser und der Abt" u.a.
Auch Claudius, geb. 1740, der in Wandsbeck bei Hamburg lebte und die Zeit-schrist: �der Wandsbecker Bote" schrieb, wollte ein volkst�mlich er Dichter sein und hat sich auch durch seine einfachen Lieder voll nat�rlicher Frische uno schalkhafter Herzlichkeit, voll lauterer Fr�mmigkeit und deutscher Gem�tlichkeit des Volkes Liebe gewonnen. Im Geiste Paul Gerhardts hat er das sch�ne Abendlied gesungen: �Der Mond ist aufgegangen"; durch sein unverg�nglich fortlebendes �Rheinweinlied ^Bekr�nzt mit Laub den lieben vollen Becher' hat er in zahllosen geselligen Kreisen die Festfreude erh�ht; im lustigsten Tone wei� er die �Geschichte vom Riefen Goliath" zu erz�hlen, und von �Urians Reise um die Welt" Bericht zu erstatten.
5. Die Weimarer Dichter. Weit �ber die zuletzt genannten Dichter erheben sich durch Gro�artigkeit und k�nstlerische Vollendung ihrer Werke Herder. Goethe und Schiller, die wir (nebst Wieland) nach der Hauptst�tte ihres dichterischen Schaffens als die Weimari-s chen Dichter bezeichnen d�rfen. Durch sie gelangte die B l � t e z e i t unserer Poesie zu ihrem H�hestand. Indes s�llt, namentlich bei Goethe und Schiller, nur der fr�here Teil ihres Dichterlebens noch in Friedrichs des Gro�en Zeitalter; die sp�tere H�lfte ihres Wirkens wird erst in der folgenden Periode der Weltgeschichte zu behandeln sein.
An dem kleinen F�rstenhofe zu Weimar wu�te man eine Reihe der besten Schriftsteller dauernd zu fesseln. Die geistvolle Herzogin AnnaAmalie, Friedrichs des Gro�en Nichte, berief dorthin Wieland zum Erzieher ihrer S�hne; der �ltere der Prinzen, Karl August, der 1775 im Alter von achtzehn Jahren als Herzog zur Regierung gelangte, gewann Goethe,Herder und Schiller f�r sein Weimar. �Was diese edelsten Geister unserer Nation in ihren reifsten Jahren geschaffen, war zugleich ein Denkmal von Karl Augusts glorreicher Verwaltung." Der �lteste der drei gro�en Dichter war
Herder, geb. 1744 zu Mehrungen in Ostpreu�en, gest. 1803 in Weimar, ein
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reicher Geist, der nach den verschiedensten Richtungen hin anregend, weckend und befruchtend wirkte. Insbesondere ragte er hervor durch seine tiefe Einsicht in das Wesen und den Ursprung der Poesie, die er nicht als Besitztum einzelner, sondern als eine V�lkergabe, als �die Muttersprache des menschlichen Geschlechts" be-zeichnete. Das Volk galt ihm als die Quelle, die alten Volksges�nge als die Grund-l�ge aller echten Poesie. Mit Hingebung und anschmiegendem Verst�ndnis studierte er in umfassendster Weife die Dichtungen fremder V�lker und entlegener Zeiten und gab sie in trefflichen �bersetzungen und Nachbildungen wieder. Seine �Stimmen der V�lker in Liedern" enthalten charakteristische Gedichte aus allen Nationen-Sein �Cid", ein Epos in Liedern, ist eine Umdichtung spanischer Romanzen. Neben seinen meisterhaften �bersetzungen erheben sich Herders eigene Gedich te nicht zu gro�er Wirkung. Unter ihnen treten als die bemerkenswertesten die Legenden und Parabeln hervor.
Goethe, Johann Wolfgang (von), war am 28. August 1749 zu Frankfurt a. M. geboren. K�rperlich und geistreich ausgestattet, einer gebildeten und wohlhabenden Familie entstammend, stellt er sich und die Eltern uns mit den Worten vor: �Vom Vater Hab' ich die Statur, des Lebens ernstes F�hren, vom M�tterchen die Froh-natur und Lust zu fabulieren." Auf den Universit�ten Leipzig und Stra�burg studierte er die Rechte und dichtete reizende Lieder. Manche der letzteren find an die anmutige Pfarrerstochter Friederike Brion von Sefenheim gerichtet, die er von Stra�burg aus kennen lernte. Wichtig f�r seine tiefere Einf�hrung in das Wesen der Poesie wurde der engere pers�nliche Verkehr, in welchen er zu Stra�-b�rg mit dem dort verweilenden, ihm an Jahren und geistiger Reife �berlegenen Herder trat. Von der Universit�t in die Heimat zur�ckgekehrt, ging er auf kurze Zeit nach Wetzlar, um am Reichskammergericht zu arbeiten. Dort befreundete er sich mit Lotte Buff, die sich bald nachher als Gattin mit dem hannoverschen Gesandtschaftssekret�r Kestner verband. Als er dann in Frankfurt als Rechtsanwalt th�tig war, fl��te ihm die �Jugendbl�te", die �liebliche Gestalt" der holden Pa-trijiertochter Lili (Schonemann eine Neigung ein, die er in neuen k�stlichen Liedern zum Ausdruck brachte. Immer ferner trat ihm der juristische Beruf, immer m�chtiger regte sich fein Dichtergeift. Vor allem offenbarte sich dieser jetzt in zwei gr��eren Werken, die 1773 und 1774 erschienen und eine tiefgreifende, unerme�liche Wir-kung �bten. Es waren das Nationalf chaufpiel �G� tz von 33 erl ich in gen" und der Roman �Die Leiden des jungen Werthers". Diese Sch�pfungen erhoben Goethe mit einem Male zu Deutschlands gefeiertstem Dichter. Selbst der trockene Vater entdeckte nun in dem Sohne einen �singularen Menschen", die Mutter aber, die heitere �Frau R�tin", freute sich der Ehre, die vielen ausgezeichneten M�nner zu bewirten, die den Bewunderten in Frankfurt aufsuchten. Auch der junge Herzog K a r l Au g u st von Weimar kam dorthin und lud ihn an seinen Hof. Goethe folgte dem Rufe: 1775 ging er nach Weim ar. Dort lebte er fortan als des Herzogs vertrautester Freund, Ratgeber und Minister bis zu feinem Tode. Einen bedeutsamen Einflu� auf fein Leben und Dichten �bte fein inniger Freundfchaftsbund mit der hochgebildeten Frau von Stein. Im Jahre 1786 machte er eine Reife nach Italien und verweilte dort, umgeben von den reichen Sch�tzen der Natur und der Kunst, zwei Jahre, in denen fein dichterischer Geist zur h�chsten Ausbildung gelangte. Er vollendete in Italien den �Egmont", ein Schauspiel, das dem G�tz sich w�rdig an die Seite stellt; er gab der zuerst in Prosa geschriebenen �Jphi-
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genie in Tauris" durch Umdichtung in Verse die edle, vollkommene Form, welche diesem hohen �Seelendrama" entspricht; er schuf endlich in �Tasso" ein zweites Seelendrama, das an Gl�tte und Glanz der Sprache die Iphigenie vielleicht noch �bertrifft. Die Abfassungszeit dieser St�cke reicht bis 1789. Die �brigen Hauptwerke Goethes fallen in die folgende Geschichtsperiode.
Schiller, Friedrich (von), war zu Marbach in W�rttemberg am 10. November 1759 geboren, studierte Medizin auf der Karlsschule zu Stuttgart, floh, als ihm die Freiheit der dichterischen Th�tigkeit verk�mmert wurde, nach Mannheim, begab sich daraus nach Leipzig und Dresden (zu seinem Freunde K�rner), wurde 1789 Professor der Geschichte in Jena. � Seine Hauptwerke geh�ren der dramatischen Poesie an. Von denselben wurden seine vier Jugendst�cke: �fcije R�uber" (1781), �Fiesko", �Kabale und Liebe", �Don Carlos" vor 1789 gedichtet � Werke voll Freiheitsglut, voll Bewegung und Leidenschaft, die in ihm schon Deutschlands gr��ten Dramatiker ahnen lie�en, als welchen er in seinen sp�ter folgenden gro�artigen Sch�pfungen sich erwies.
B. Die �brigen K�nste und Wissenschaften in Deutschland.
Ungef�hr gleichzeitig mit der Poesie, ihr teilweise vorauseilend, erhielt die deutsche Musik durch eine Reihe trefflicher Meister, namentlich durch Sebastian Bach (t 1750;'die Matth�us-Passion), H�ndel (t 1759; �der Messias") und Mozatt f 1791; die Opern �Don Juan", �Zauberfl�te ic.\ das Requiem), denen sich Gluck (Iphigenie in Aulis und in Tauris :c.) und H a y d n (�bie Sch�pfung", �die Jahreszeiten") beigesellten, ihre vollkommenste Ausbildung. Auch die Maleret fing an sich zu erheben. Die Bildnerei und die Baukunst hatten einen t�ch-tigen Meister in Schl�ter (um 1700), der Berlin mit Denkm�lern zu schm�cken Begann (das Zeughaus, das Reiterstandbild des Gro�en Kurf�rsten). � In den Wissenschaften leuchtete am Ende des 17. Jahrhunderts der vielseitig gelehrte Leibniz hervor, in der zweiten H�lfte des 18. der gro�e K�nigsBerger Denker Kant, der Vater der neueren Philosophie, ferner Winckelmann, der durch seine �Geschichte der Kunst des Altertums" uns die Herrlichkeit der griechischen Kunst-denkmale erschlo�, u. a.
Aus der Kulturgeschichte sind endlich noch einige Erfindungen anzuf�hren, die in diese Periode fallen: so die Erfindung des B litz a B leiters(1751 von Ben-j a m i n F r a n k l i n), der Dampfmaschine (1769 von dem Engl�nder James Watt, des LuftBallons (1782von dem Franzosen Montgolfier).
Dritte Periode.
Vom Ausbruch der grotzen franz�sischen Revolution bis zur Gegenwart 1789�1889.
I. Die Revolution und Napoleons I. Kaiser-Herrschaft 1789-1815.
� 138.
Friedrich Wilhelm II. � Die Revolution in Frankreich. 1. Friedrich Wilhelm II. Auf Friedrich II. (den Gro�en) folgte sein Neffe Friedrich Wilhelm II. 1786�1797. Er kam seinem gro�en
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Vorg�nger bei weitem nicht gleich. Und doch h�tte gerade jetzt Preu�en eines besonders einsichtigen und thatkr�ftigen Herrschers bedurft. Denn zu dieser Zeit � 3 Jahre nach Friedrichs des Gro�en Tod � 1789 1789 brach in Frankreich jene gro�e Revolution aus, welche am Ende des 18. Jahrhunderts Frankreich v�llig umgestaltete und auch die �brigen Staaten Europas in heftige K�mpfe verwickelte.
2. Ursachen der Revolution. Die franz�sische Revolution wurde durch das tiefe Verderben hervorgerufen, in welches das franz�sische Staatswesen geraten war.
W�hrend der Regierung der K�nige LudwigXIV. und LudwigXV. war durch Kriegf�hrung und Verschwendung eine ungeheure Staatsschuld aufgeh�uft worden,
welche sich durch Frankreichs Teilnahme am nordamerikanischen Freiheitskriege noch erheblich vermehrte und fortdauernd zunahm. Der hierdurch veranlasste Abgabendruck lastete fast allein auf dem B�rger- und Bauernst�nde, w�hrend die beiden h�heren St�nde, die G e ist l i ch k e i t und der A d e l, bei geringer Besteuerung,
fast zwei Dritteile der L�ndereien besa�en und alle h�heren �mter bei Hofe und im Heere inne hatten. Die Willk�rherrschaft seit LudwigXIV. hatte das K�nig-tum verha�t gemacht, das sittenlose Hofleben LudwigsXV. es in Verachtung gebracht. Endlich war durch beredte Schriftsteller (Voltaire u. a.) die Ehrfurcht vor den Lehren der Religion untergraben und Unzufriedenheit mit den bestehenden Staatseinrichtungen verbreitet. Zwischen den �ffentlichen Zust�nden und den herrschenden Ansichten bestand ein schroffer Gegensatz.
3. Anfang der Revolution. Ludwig XVI. (1774�1792), ein Enkel Ludwigs XV., verm�hlt mit Maria Antonie, einer Tochter der Kaiserin Maria Theresia, war ernsthaft bem�ht, der Not, in welche vor allem die gewaltige S ch u l-denlast das Land gebracht hatte, abzuhelfen. Er berief daher auf den Rat feines Finanzministers Necker eine Versammluug der Reichsst�nde d.h. Abgeordnete des Adels, der Geistlichkeit und des B�rgerstandes nach Versailles 1789. Allein bald erhob sich Streit unter diesen Abgeordneten, da der Adel und die Geistlichkeit es ablehnten, sich mit den B�rgern, dem sogenannten dritten Stande, zu gemeinschaftlicher Beratung zu vereinigen. Da erkl�rte sich der dritte Stand, der die gro�e Mehrheit der Nation vertrat, zur Nationalversammlung, welche, dem Willen der Regierung Trotz bietend, aus Antrieb des redegewaltigen Abgeordneten Grafen Mirabeau, den Beschlu� fa�te, nicht auseinander zu gehen, bis sie dem Staate eine neue Verfassung (Konstitution) gegeben h�tte. Hiermit begann die Revo-lution.
4. Die konstituierende Nationalversammlung (1789�1791). Die Aufregung,
welche der Zusammentritt der konstituierenden (d.i. verfassunggebenden) Na-tionalversammlung im Volke erzeugt hatte, wurde immer st�rker; als der Hof zu seinem Schutze Truppen in der N�he von Versailles zusammenzog, kam es in Paris, trotz der Errichtung der Nationalgarde unter Lasayette, zu einem blutigen Ausst�nde, bei welchem die Zerst�rung der Bastille (des Staatsges�ng-
nisses) 14. Juli erfolgte. Nicht lange darnach zogen bewaffnete P�belhaufen von 14. IM Paris nach Versailles und zwangen den K�nig, um ihn ganz in die Gewalt der Umsturzpartei zu bringen, seinen Wohnsitz in Paris zu nehmen, wohin nun auch die Nationalversammlung ihren Sitz verlegte. Der Jakobinerklub, welcher sich aus Freunden der Revolution gebildet hatte, n�hrte die Unordnung und entflammte
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die wildesten Leidenschaften. Unterdessen hob die Nationalversammlung alle Vor-rechte des Adels und der Geistlichkeit auf, zog die Kircheng�ter ein und beschr�nkte die k�nigliche Macht aufs �u�erste. Ein gro�er Teil des Adels, von aufst�ndischen Volkshaufen in seiner Sicherheit bedroht, wanderte aus dem Lande (Emigranten). Endlich entfloh auch der bedr�ngte K�nig mit seiner Familie aus der Hauptstadt. Aber er wurde unterwegs in dem St�dtchen Varennes angehalten und nach Paris zur�ckgef�hrt (1791). Trotz der endlich festgestellten und vom K�nige angenommenen Verfassung wurde die Bewegung immer heftiger.
5. Die legislative Versammlung (Herbst 1791�Herbst 1792). Die neu zusammentretende legislative (d. i. gesetzgebende) Nationalversamm-lung ging namentlich unter dem Einfl�sse der wilden Bergpartei darauf aus, das K�nigtum ganz abzuschaffen. Um dies mit einem Schlage zu erreichen,
1792 erregten 1792 (10. August) die Jakobiner einen neuen entsetzlichen Aufstand: das k�nigliche Schlo� (die Tuilerien) wurde erst�rmt, die k�nigliche Leibgarde nieder-gemetzelt, der K�nig mit dem Tode bedroht. Er suchte (mit seiner Familie) Schutz in der Nationalversammlung; aber diese lie� ihn ins Gef�ngnis (den Tempelturm) abf�hren. Die in den Kerkern schmachtenden Anh�nger des K�nigtums, 1500 Menschen, namentlich Priester und Edelleute, wurden in den f�nft�gigen s�ge-nannten Septembermorden (2.-7. September) grausam hingeschlachtet. Da nach diesen Vorg�ngen die K�nigsherrschaft und die bisherige Verfassung nicht weiter bestehen konnte, wurde zur Neugestaltung des Staatswesens der Zusammen-tritt einer neuen � der dritten � Nationalversammlung angeordnet. Es war der sogenannte Konvent.
6. Feldzug der �sterreicher und Preu�en 1792. Die Revo-lution st�rzte Frankreich in Krieg mit den meisten L�ndern Europas. Zun�chst bewirkten die Unruhen in Frankreich und die daraus f�r Deutschland hervorgehenden Gefahren ein B�ndnis zwischen � st e r -reich und Preu�en. In �sterreich war auf Joseph II. sein Bruder Leopold II. gefolgt, der aber nur 2 Jahre regierte (1790�1792) und gerade starb, als ihm Frankreich (wegen der Kriegsr�stungen der Emigranten) den Krieg erkl�rte. Auf ihn folgte sein Sohn Franz IL, der letzte Kaiser des alten deutschen Reiches. Aus Frankreichs Kriegs-erkl�rung r�ckte ein preu�isches Heer (unter dem Oberbefehl des Her-zogs von Braunschweig) in die Champagne ein, mu�te sich aber, durch Krankheiten geschw�cht, bald zur�ckziehen, worauf die Franzosen die unverteidigte Reichsfestung Mainz wegnahmen und die �fter-reichischenNiederlande (Belgien) eroberten. (Aufruf aller V�l-ker zur Freiheit: �Krieg den Pal�sten, Friede den H�tten!")
� 139.
Der National-Ronvent. � Der erste Koalitionskrieg bis zum Frieden von Bafel.
1. Der Nationalkonvent; Frankreich eine Republik 1792�1804. Der Nationalkonvent, der drei Jahre (1792�1795) an Frankreichs Spitze stand, er-
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H�tte in feiner ersten Sitzung Frankreich als 5Repu6�U792(21.@q,tem6e� 1792 Darauf bewirkte die Bergpartei unter Robespierre, Danton und Marat (denen sich der elende Herzog von Orleans, ein Verwandter des k�niglichen Hauses, unter dem Namen Egalite anschlo�), da� der K�nig unter der Anklage,
er halte es mit Frankreichs Feinden und habe Gewalt gegen die B�rger gebraucht, ^93 vom Konvent zum Tode verurteilt und durch die Guillotine enthauptet wurde, 21. Jan. 21. Januar 1793. Die vollziehende Gewalt in der Republik wurde bald darauf vom Konvent einem sogenannten Wohlfahrtsausschu� �bertragen, der nur aus Jako-binern bestand. Im Konvent wurde der Kampf der Parteien immer w�tender: dte Gem��igteren erlagen der �bermacht der blutd�rstigen Bergpartei. Zwar siel der nichtsw�rdige Marat durch den Dolch der schw�rmerischen CharlotteCorday;
aber das von ihm gesch�rte Revolutionsfeuer schlug nur f�rchterlicher empor; an die Stelle der Verfassung trat die Schreckensherrschaft (Juni 1793 bis Ende Juli 1794), deren Haupt Nobespierre war, der Leiter des Wohlfahrtsausschusses. Allenthalben in Frankreich bildeten sich Revolutionsaussch�sse, welche ihre Blut-urteile durch die Guillotine vollstreckten. Die K � ni gi n, seit lange gefangen ge-halten und uns�glichen Mi�handlungen ausgesetzt, wurde am 16. Oktober1793 (noch nicht 38 Jahre alt) hingerichtet; auch der Herzog von Orleans, der f�r den Tod des K�nigs gestimmt, endete sein schuldvolles Leben unter dem Fallbeil; nicht minder starben viele der gem��igteren Mitglieder des Konvents, sowie tapfere Ge-nerale, hervorragende Staatsm�nner und Gelehrte nebst unz�hligen andern durch die Guillotine; neben ihren Gegnern �verschlang die Revolution ihre eigenen Kinder". Durch Str�me von Blut sollte ein Staat der �Freiheit, Gleichheit und Br�derlichkeit" aus den Tr�mmern der Vergangenheit, gleichsam als eine neue Welt, aufgerichtet werden; darum wurde eine neue Zeitrechnung, die mit dem Gr�ndungstage der Republik, 21. September 1792, begann, eingef�hrt, der Kalender g�nzlich ver�ndert, das Christentum abgeschafft und ein sogenannter Ver-nunstdienst befohlen, jede altehrw�rdige Sitte und hervorragende Geistesbildung verfolgt und unterdr�ckt. Endlich gerieten die verbrecherischen Gewalthaber selbst in Streit gegeneinander; eine ganze Reihe seiner bisherigen Genossen, unter ihnen selbst den m�chtigen Danton, der durch seine Donnerstimme und seine wilde Thatkrast die Pariser P�belhaufen gelenkt, lie� der furchtbare Robespierre guillotinieren , um �ber den neuerrichteten Freiheitsstaat eine schrankenlose Herrscher-
gewalt (Diktatur) auszu�ben. Seltsamerweise meinte der blutbefleckte Mensch, diese Gewaltherrschaft durch den Glauben an ein h�chstes Wesen und die Unsterblichkeit,
den er nun durch einen Konventsbeschlu� wiederherstellen lie�, befestigen zu k�nnen. Mit gro�em Prunk lie� er das Fest des h�chsten Wesens begehen, bei welchem er an der Spitze des Konvents wie ein neuer Hoherpriester auftrat. Aber da feine Blutgier immer gr��licher sich kund gab � Tag f�r Tag wurden auf seinen Befehl 50, 60 und mehr Menschen hingerichtet � so wagten endlich seine von ihm bedrohten Gegner den Tyrannen vor dem Konvent anzuklagen, der Konvent beschlo� seine Ver-Haftung (am 9. Thermidor, 27.Juli 1794) und lie� ihn am folgenden Tage mit seinen vertrautesten Genossen enthaupten. Nun erlangte allm�hlich die Partei der Gem��igteren die Oberhand; der Jakobinerklub wurde aufgehoben und der Konvent selbst geschlossen, nachdem er die Einsetzung einer neuen Regierung, des sogenannten Direktoriums, beschlossen hatte.
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 14
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2. B�rgerkrieg. Durch die Enthauptung des K�nigs rief die Revolution emen mneren Krieg in der Bend ee hervor, welche f�r Ludwigs XVI. Sohn als
naTL/hrT8 t' mffm Cr9riff- �er zehnj�hrige Prinz starb jedoch
nach sch�ndlichen Mi�handlungen (1795) im Gef�ngnisse; der Aufstand wurde durch
die republikanischen Heere mit Grausamkeit unterdr�ckt. Ferner erhoben sich die
St�dte Bordeaux, Marseille, Lyon und Toulon gegen die Gewaltthaten
bestraft" aud^ *te murben �berw�ltigt und mit unerh�rter Strenge
1793 3. Die erste Koalition gegen Frankreich (1793�1797). Nach Ludwigs XVI. Hinrichtung stiftete der englische Minister Pitt eine gro�e Verbindung (Koalition) der meisten Staaten Europas gegen Frankreich. Der Krieg wurde anf�nglich von den Verb�ndeten mit Gl�ck gef�hrt: die �sterreicher gewannen Belgien, die Preu�en Mainz wieder. Jetzt aber stellte die franz�sische Republik, deren Kriegs-angelegenheiten Carnot, Mitglied des Wohlfahrtsausschusses, mit Kraft und Einsicht leitete, durch ein allgemeines Aufgebot der waffenf�higen Jugend zahlreiche freiheitstruukene Heeresmassen ins Feld, welche das ganze linke Rheinufer und (unter General Pichegr�) Holland eroberten, das in eine sogenannte batavische Republik verwandelt wurde (1794). Diese raschen Fortschritte der Franzosen wurden insbesondere dadurch erm�glicht, da� unter den Verb�ndeten selbst, namentlich zwischen �sterreich und Preu�en, Uneinigkeit ausgebrochen war. Daran waren haupts�chlich die Verh�ltnisse in P olen schuld.
4. Das Ende Polens. Als zu dieser Zeit die Polen dem russi-scheu Drucke sich zu entziehen suchten und ihrem Staate eine neue Verfassung geben wollten, r�ckten russische Heere ins Land, denen die Polen unter Kosziusko vergeblichen Widerstand entgegensetzten. Nun verband sich Ru�land mit Preu�en allein � ohne �sterreich beizu-ziehen � zu einer nochmaligen Teilung Polens. In dieser zweiten 1793 Teilung 1793 wurde ein zweites Drittel losgetrennt, von welchem Ru�land wieder das weitaus gr��ere St�ck sich zueignete, Preu�en Dauzig, Thorn und Gro�polen (nun �S�dpreu�en" genannt) er-hielt. Die Polen erhoben sich dann in allgemeinem Aufstande, unter-lagen aber nach heldenm�tigem Kampfe den �berm�chtigen Feinden, 1795 und dnrch die dritte Teilung 1795, zu der nun auch �sterreich wieder zugezogen wurde, wurde der polnische Staat vernichtet, indem Ru�land auch jetzt abermals das gr��te Gebiet, �sterreich �West-Galizien", Preu�en � Neu-Ostpreu�en" mit der Hauptstadt Warschau nahm.
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Im ganzen erhielt Ru�land 8500, �sterreich 2300, Preu�en 2600 Quadratmeilen polnisches Gebiet. � Im n�chsten Jahre (1796) starb Katharina II., und es folgte ihr Sohn Paul I.
5. Der Friede von Basel. Nun zog sich Preu�en von dem Koalitionskriege zur�ck und schlo� f�r sich allein mit Frankreich den Frieden von Basel 1795 (� die Demarkationslinie). Von da an 1795 schieden sich f�r eine Reihe von Jahren die Wege Preu�ens und Deutschlands �: zum Unheil f�r beide.
� 140.
Jas Direktorium. � Ende des ersten Koalitionskrieges.
1. Das Direktorium, welches f�nf Mitglieder z�hlte (und dem als gesetz- 1795 gebende Gewalt der Rat der �250 � Alten und der Rat der F�nfhundert
zur Seite standen), stand vier Jahre (1795�1799) an der Spitze der Republik, die durch seine Unf�higkeit und Willk�r mehr und mehr zerr�ttet wurde.
2. Ende des ersten Koalitionskrieges � Napoleon Bonaparte.
Als nach dem Frieden von Basel die Franzosen (unter den Generalen Jonrdan und Moreau) auch in S�ddeutschlandeindrangen, wurden sie von den �sterreichern unter dem Erzherzog Karl �ber den Rhein zur�ckgeschlagen (1796). Desto gl�nzendere Siege erk�mpften sie in I t a l i e n unter dem jungen General Bon aparte.
Napoleon Bonaparte war 1769 (15. August) zu Ajaceio auf der Insel Korsika geboren, eines Advokaten Sohn. Auf der Kriegsschule zu Brienne, zuletzt in der Artillerieschule zu Paris wurde er zum Offizier gebildet. Als er (1785) die Schule verlie�, um als Artillerielieutenant ins Heer zu treten, erhielt er das Ab-gangszeugnis: �Zur�ckhaltend und flei�ig, zieht er das Studieren jeder Art von Vergn�gen vor; er liest gern Autoren. Auf die abstrakten Wissenschaften ver-wendet er viel Flei�; die andern �ben gar keine Anziehung auf ihn aus. Gr�nd-liehe Kenntnisse hat er sich in der Mathematik und der Geographie erworben. Die Einsamkeit liebend, ist er launisch, hochfahrend und �beraus selbsts�chtig. Er ist verschlossen und spricht wenig. In seinen Antworten ist er bestimmt, in den Gegenbemerkungen schlagfertig und scharf. Er hat sehr viel Eigenliebe, ist ehr-geizig und Streber. Dieser junge Mann ist wert, protegiert zu werden." Beim Ausbruch der Revolution schlo� er sich der Bewegung an, und als sich 1793 die Stadt Toulon gegen den gewaltth�tigen Konvent erhob, leistete er als Artillerie-Hauptmann bei der Belagerung der Stadt vorz�gliche Dienste. Erst 25 Jahre alt,
wurde er 1794 Brigadegeneral, und schon nach zwei Jahren erhielt er den Ober-befehl des franz�sischen Heeres, das in Oberitalien k�mpfte.
Er schlug die Feinde (�sterreicher und Sardinier) in einer Reihe von Schlachten, namentlich bei Lodi und Arkole 1796; machte der 1796 alten Republik Venedig ein Ende und zwang durch diese Erfolge �sterreich, im Frieden zu Campo Formio 1797 (Schlo� im Vene- 1797 tianischen) Belgien und die Lombardei abzutreten, wogegen es Venedig
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erhielt. Oberitalien, bald darauf auch Rom und Neapel, wurden von den siegreichen Franzosen in Republiken verwandelt (die eis-alpinische, r�mische und parthenop�ische Republik; daneben die hel-vetische Republik).
� 141.
Kiedrich Wilhelm III. � Der Weite NoalitionsKrieg. � Die Ronsularregierung.
1. Friedrich Wilhelm III. In Preu�en starb 1797 Friedrich Wilhe lm II. und es folgte ihm sein Sohn Friedrich Wilhelm III. 1797�1840. Er war verm�hlt mit Luise von Mecklenburg-Strelitz, einer der edelsten aller Frauen, die je die K�nigskrone getragen. Im Genu� des sch�nsten Familiengl�ckes und von Natur friedliebend, w�nschte der K�nig vor allem, sich auch fernerhin des Friedens erfreuen zu k�nnen. Dies schien gerade jetzt um so eher zu hoffen, weil seit dem Frieden von Campo Formio nur noch Frankreich und England im Kriege miteinander begriffen waren.
2. Bonaparte in �gypten. In diesem Kriege, der fast nur zur See gef�hrt wurde, behielten die Engl�nder die Oberhand, und entrissen den Franzosen die meisten ihrer Kolouieeu. Um diesen Verlust zu ersetzen, schiffte sich 1798 Bonaparte in Toulon zur Eroberung �gyptens ein, nahm unterwegs den Johan-niterrittern die Insel Malta weg und erst�rmte sofort nach seiner Landung in �gypten die Stadt Alexandria. Dann erfocht er den entscheidenden Sieg bei den Pyramiden, nach welchem er fast das ganze Land in seine Gewalt brachte. Doch vernichtete der englische Admiral Nelson in der Seeschlacht bei Abukir (1798) die franz�sische Flotte. Bon aparte machte hierauf einen Einfall in Syrien der aber erfolglos blieb. Nach �gypten zur�ckgekehrt, schlug er ein T�rkenheer, bei Abukir; dann ging er, sein Heer unter dem General K leb er zur�cklassend, pl�tzlich nach Frankreich zur�ck (1799), das in eilten neuen Krieg verwickelt war.
3. Die zweite Koalition (1799 � 1801). England hatte, als Bonaparte sich in �gypten befand, mit �sterreich, Ru�land und andern M�chten 1798 sich von neuem gegen Frankreich verbunden, und das Kriegsgl�ck war anfangs auf feiten der Verb�ndeten: der Erzherzog
1799 Karl schlug die Franzosen aus Deutschland zur�ck, der russische Geueral Suworoff nahm ihnen durch mehrere Siege ihre Eroberungen in Italien weg. Da kam Bonaparte aus �gypten zur�ck.
4. Die Konsularregierunq in Frankreich 1799 � 1804. Er st�rzte mit Waffengewalt die verachtete Direktorialregierung (9. No-
1799 vember 1799) und stellte sich an die Spitze des Staates. Nur dem Namen nach blieb Frankreich noch eine Republik. Denn Bonaparte als erster Konsul 1799�1804 (mit zwei einflu�reichen Nebenkonsuln),
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auf zehn Jahre eingesetzt, �bte volle monarchische Gewalt aus. Der Krieg nahm nun eine andere, den Franzosen g�nstige Wendung. Mit einem Heere die Alpen �berschreitend, besiegte Bonaparte die �fter-reicher in der Schlacht bei Marengo 1800 und gewann dadurch Ober- 1800 italien wieder. Der General Mvre au drang �ber den Rhein in Bayern vor, schlug die �sterreicher in der Schlacht bei Hohen-linden und bedrohte Wien. Diese Siege der franz�sischen Waffen f�hrten zu dem Frieden zu L�neville 1801, in welchem das gesamte 1801 linke Rheinufer (1150 HHMeilen und fast vier Millionen Ein-wohner) an Frankreich abgetreten und die in Holland und Ober-italien von den Franzosen errichteten Republiken anerkannt wurden.
Auch mit Ru�land (wo 1801 der Kaiser Alexander I. seinem Vater Paul auf dem Throne gefolgt war) wurde Frieden gemacht, und mit England schlo� Frankreich den Frieden zu Amiens 1802, in 1802 welchem England die meisten eroberten Kolonieen in Westindien an Frankreich zur�ckgab.
Die deutschen F�rsten, welche im L�neviller Frieden Besitzungen auf dem linken Rheinufer verloren, wurden durch Einziehung geistlicher Herrschaften (S�kularisationen) und freier Reichsst�dte entsch�digt. Von den letzteren blieben nur sechs: Augsburg und N�rnberg, Frankfurt a. M., Hamburg, L�beck und Bremen erhalten. Die geistlichen Kurf�rstent�mer K�ln und Trier gingen ein, der geistliche Kurf�rst von Mainz blieb als Kurerzkanzler (mit dem Sitz in Regensburg). W�rttemberg, Baden, Hessen-Kassel und Salzburg wurden Kurf�rstent�mer (deren jetzt im ganzen 10 waren).
Bonaparte regierte als Konsul mit Kraft und Einsicht. Er stellte durch ein Konkordat mit dem Papste die katholische Kirche in Frankreich wieder her und gestattete den meisten Emigranten die R�ck-kehr ins Vaterland. 1802 lie� er sich zum Konsul auf Lebens-zeit erheben und sich die W�rde eines Pr�sidenten der ita-lienischen Republik �bertragen. Die Entdeckung einer Ver-schw�rung unter Pichegr� zur Herstellung der K�nigsherrschaft in Frankreich f�hrte zur Erschie�ung des auf deutschem Boden (in dem badischen St�dtchen Ettenhe�n) aufgegriffenen Herzogs von Enghien, zu Pichegr�s gewaltsamem Tode im Gef�ngnis und zur Verbannung des republikanisch gesinnten Generals Morectu. Darauf erkl�rte sich Bonaparte als Napoleon I. zum erblichen Kaiser der Fran-zosen 1804.
Napoleon lie� sich am 2. Dezember 1804 unter gro�em Prunk in 1804 der Notre-Damekirche zu Paris vom Papste falben und fetzte sich und feiner Gemahlin Jofephine die Kaiferkrone auf. Seine Br�der
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w�rben zu franz�sischen Prinzen, feine Schwestern zu Prinzessinnen erhoben, ein gl�nzenber Hosstaat unbErz�mter eingef�hrt, Gro�beamte des Reiches, unter biefen 16 Marsch�lle, ernannt.
Die bedeutenderen Marsch�lle sind: Berthier, Murat, Jourdan,
Lannes, Auger eau, Ney, Soult, Macdonald, Davoust, Verna dotte.
Die italienische Republik w�rbe 1805 in bas K�nigreich Italien umgestaltet, beffen eiserne Krone Napoleon sich aufs Haupt setzte. Seinen Stiefsohn Eugen ernannte er zum Vieek�nig von Italien.
� 142.
Napoleon I., Kaiser der Franzosen.
Carlo Buonaparte (f 1785), verm�hlt mit L�titia Ramolwo (f 1836).
Joseph, 1806 K�nig von Neapel; 1808�1813 K�nig von Spanien.
Beauharnais
Napoleon I.,
geb. 15. August 1769; Kaiser 1804�1814 (1815), f 1821, verm�hlt 1. mit der Witwe des Generals Beauharnais, Jos ephine, (geb. Tascher de la Pagerie von Martinique).
Eugen, 1805-14 Vizek�nig von Italien.
Hortense,
verm�hlt an Ludwig Bonaparte.
2. mit Maria Luise von �sterreich, 1814 Herzogin von Parma (f 1847).
Napoleon (II.),
K�nig von Rom, geb. 1811; gest. als Herzog von Reichstadt 1832.
Ludwig, Jerome, Karoline, � 1806�1810 1807�1813 verm�hlt an r K�nig von K�nig von Joachim Holland, Westfalen. Murat, � verm�hlt 1806�1808 c
mit Gro�herzog f
Hortense von Berg;
(Beauharnais). 1808�1815 c
K�nig von Neapel, j
(Charles Louis) Napoleon III., geb. 20. April 1808;
Pr�sident der franz�sischen Republik 1848�1852;
Kaiser der Franzosen 1852�70;
gest. 1873;
verm�hlt mit Eugenie Montijo, Gr�fin von Teba,
Eugen Ludwig Napoleon,
geb. 1856, f�llt im Zulukriege 1879.
� 143.
Die dritte Koalition; der Rheinbund; das Ende des heil, r�misch-deutschen Reiches.
1. Die dritte Koalition 1805. Schon 1803 war es wegen Nichterf�llung bes Friebens von Amiens zwischen Frankreich uub
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England von neuem zum Bruche gekommen. Auf Englands Kriegs-erkl�rung hatte Napoleon Hannover besetzt und die Einfuhr der eng-tischen Waren in Frankreich verboten; dies war der Anfang des Kontinentalsystems. Um Frankreich auf seine alten Grenzen zu beschr�nken, bewirkte nun Pitt die dritte Koalition zwischen England, Ru�land, �sterreich und Schweden gegen Frankreich 1805. 1805
2. Austerlitz 1805. Napoleon, verb�ndet mit Baden, W�rttemberg und Bayern, drang, nachdem der �sterreichische General Mack in Ulm sich ergeben hatte, ohne Widerstand in �sterreich ein, besetzte Wien und besiegte dann die Russen und �sterreicher in der Dreikaiser-schlacht bei Austerlitz, 2. Dezember 1805. �sterreich trat darauf im 1805 Frieden zu Pre�burg Venedig an das K�nigreich Italien, Tirol �
an Bayern ab. Bayern und W�rttemberg wurden K�nigreiche.
W�hrend Napoleon die M�chte des Festlandes dem�tigte, behielt England im Seekriege die Oberhand. Der Admiral Nelson vernichtete in der Seeschlacht beim Kap Trafalgar (unweit Kadiz) 1805 die spanisch-franz�sische Flotte, �ber- 1805 lebte aber den Sieg nicht.
3. Napoleonische K�nige. Weil Neapel w�hrend des Krieges die Landung einer rnssisch-englischen Flotte zugelassen hatte, erkl�rte Napoleon von Sch�nbrunn aus: �Der K�nig von Neapel hat auf-geh�rt zu regieren" und gab dessen Land (mit Ausnahme von Sizilien, indessen Besitz der K�nig sich behauptete) seinem Bruder Joseph. Die batavische Republik als K�nigreich Holland erhielt sein Bruder Ludwig; sein Schwager Joachim Murat wurde Gro�herzog von Berg.
4. Rheinbund, Ende des r�misch-deutschen Reiches 1806. Um Deutschlands Unabh�ngigkeit zu sichern, schuf dann Napoleon den Rheinbund, dem 16 deutsche F�rsten angeh�rten, unter seinem 1806 Protektorate. Hierdurch wurde die Aufl�sung des tausend-j�hr igen r�misch-deutschen Reiches bewirkt 1806: der Kaiser 1806 Franz II. legte am 6. August die deutsche Kaiserw�rde nieder und f�hrte hinfort nur den Titel eines erblichen Kaisers (Franzi.) von �sterreich, den er bereits 1804 angenommen hatte. Napoleon
aber nannte sich jetzt: Kaiser der Franzosen, K�nig von Italien, Protektor des Rheinbundes, Vermittler der Schweiz.
� 144.
Preu�ens Erniedrigung und innere Wiedererhebung.
1. Krieg Preu�ens gegen Napoleon 1806 � 1807. K�nig Friedrich Wilhelm III. hatte bisher immer noch jeden Streit mit
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Frankreich �ngstlich vermieden. Aber dadurch geriet Preu�en mehr mtb mehr in Trennung von den �brigen gegen Frankreich verb�ndeten Staaten und wurde dennoch von Napoleon r�cksichtslos behandelt. Seit der Stiftung des Rheinbundes gab sich in der Hauptstadt Berlin und vornehmlich im preu�ischen Heere eine lebhafte Stimmung f�r den Krieg kund, und als Napoleon die Zur�ckziehung seiner Truppen aus Deutschland verweigerte, erkl�rte ihm Preu�en den Krieg (Oktober 1806).
In Th�ringen stie�en die beiden feindlichen Heere aufeinander. Nach einem Gefecht bei Saalfeld, in welchem der preu�ische Prinz Louis Ferdinand fiel, wurden die Preu�en unter der An-s�hrung des Herzogs von Braunschweig und des F�rsten Hohenlohe in der Doppelschlacht bei Jena und Auerst�dt 14. Ok-
1806 tober 1806 vollst�ndig geschlagen. Die wichtigsten preu�ischen Festungen, unter ihnen auch Magdeburg, ergaben sich sast ohne Widerstand dem Feinde; nur Graudenz (unter Courbiere) und Kolberg (von Gneisenan, Schill und Nettelbeck verteidigt) hielten sich tapser. Am 27. Oktober zog Napoleon in Berlin ein; die preu�ische K�uigssamilie fl�chtete sich nach K�nigsberg und weiter nach Memel. Der greise Herzog von Braunschweig (der, blind geworden, in Ottensen bei Hamburg starb) und der Kurf�rst vou Heffett verloren ihre L�nder. Der Kurf�rst von Sachsen, bisher mit Preu�en ver-b�ndet, trat (wie die s�chsischen Herz�ge) dem Rheinbunde bei und er-hielt die K�nigsw�rde. Nun griff Ru�land, mit Preu�en ver-b�ndet, in den Kamps ein; das preu�ische Polen aber schlo� sich Napoleon an, der nach Ostpreu�en vordrang und gegen den russischen General Bennigsen die Mutige Schlacht bei Preu�isch-Eylau
1807 (7. und 8. Februar 1807) lieferte, die erste, welche der Sieggewohnte nicht gewann. Nach viermonatlicher Waffenruhe erfocht darauf Na-poleon den Sieg bei Fried land 14. Juni und zwang hierdurch
1807 Ru�land und Preu�en zum Frieden zu Tilsit 7. imd 9. Juli: der K�nig vou Preu�en verlor die H�lfte seiner L�nder, n�mlich a. die ehemals polnischen Gebiete (mit Ausnahme von West-preu�en), welche als Herzogtum Warschau an den K�nig von Sachsen fielen; b. das Land zwischen Elbe und Rhein, aus dem in Vereinigung mit Braunschweig und Hessen - Kassel f�r Napoleons j�ngsten Bruder Jerome das K�nigreich Westfalen (mit der Hauptstadt Kassel) gebildet wurde. Erst nach ungeheueren Erpressungen (�ber 1000 Millionen Francs) r�umten die Franzosen die dem
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K�nig von Preu�en noch gebliebenen L�nder, und die k�nigliche Familie kehrte (gegen Ende 1809) aus Ostpreu�en nach Berlin zur�ck.
2. Preu�ens innere Neugestaltung 1807�1818- Durch den ungl�cklichen Krieg von mehr als 9 auf uur Millionen Bewohner heruntergebracht, durch feindliche Bedr�ckung tief verarmt, in seiner Kriegsmacht auf ein Heer beschr�nkt, das nach Napoleons Befehl nicht �ber 42 000 Mann z�hlen durfte, konnte der schwergepr�fte preu�ische Staat nur durch durchgreifende Verbesserungen seiner Zust�nde auf-recht erhalten und mit erneuter, h�herer Lebenskraft erf�llt werden. Diese innere Erneuerung Preu�ens war das Werk einer Anzahl hochbegabter, vaterl�ndisch gesinnter M�nner, an denen es gerade in dieser tr�ben Zeit dem Lande nicht fehlte. Unter ihnen ragte vor allen der gro�e Minister Freiherr vom Stein hervor. Geboren in dem St�dtchen Nassau an der Lahn, aus altem Reichsrittergeschlecht, als einsichtsvoller, thatkr�ftiger Beamter wohl bew�hrt, unternahm er, nach dem traurigen Frieden zu Tilsit vom K�nig von Preu�en zur Leitung des Staatswesens berufen, mit unverdrossenem Mut und patriotischer Begeisterung das schwierige Werk der Wiederausrichtung des tiefgebeugten Vaterlandes. Er befreite den Bauernstand aus seiner bisherigen gedr�ckten Lage, hob den B�rgerstand durch wichtige Rechte, die er ihm durch eine neue St�dteordnung verlieh, und suchte in jeglicher Weise kr�ftigen Gemeinsinn und echte Vaterlandsliebe in den Herzen zu wecken und zu beleben. Zwar wurde der deutsche Mann schon nach kurzer Wirksamkeit von Napoleon in die Acht erkl�rt und mu�te vor dem Zorne des Gewaltigen nach �sterreich und dann nach Nu�land fliehen; aber �unersch�tterlich in Acht und Bann", lie� er auch in der Fremde nicht nach, Deutschlands Befreiung aus derZwiug-Herrschaft vorzubereiten. In Preu�en selbst setzte sein Nachfolger (der Staatskanzler) Hardenberg das von ihm begonnene Werk fort. Der Kriegsminister Scharnhorst gestaltete das Heerwesen um und machte d urch Eins�hru n g der allgem einen W eh rp flicht das ganze preu�ische Volk kriegst�chtig. Und damit auch die edle Wissen-s ch a s t in dem neu erstehenden Staate eine gr�ndliche und eifrige Pflege erfahre, wurde (namentlich durch die F�rsorge des trefflichen WilhelmvonHnmboldt)in Berlin eine neue, reich ausgestattete Universit�t gegr�ndet (1810), an welcher hochbegabte M�nner, wie der Philosoph Fichte, der gelehrte und beredte Schleier-macher u.a. mit der F�rderung der wissenschaftlichen Studien zugleich
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vaterl�ndischen Sinn und Vertrauen auf die nahe �Wiederkehr einer gl�cklichen Zeit" erweckten und verbreiteten.
3. Die K�nigin Luise. Freilich wurde in dieser Zeit seiner inneren Wiederaufrichtung das preu�ische Volk noch von einem schweren Verluste betroffen. Seine geliebte K�nigin Luise starb in der Bl�te ihrer Jahre. Mit ganzer Seele hatte sie �inmitten des Un-gl�cks, der zahlreichen Dem�tigungen und namenlosen Kummers" ( es sind ihre eigenen Worte) an allen Bestrebungen, das Vaterland aus seiner Bedr�ckung wieder zu erheben, Anteil genommen. Doch sie sollte den Morgenglanz der Freiheit nicht mehr schauen: noch in den magert der Knechtschaft, als Napoleons Macht h�her und h�her stieg, sank die fromme Dulderin dahin, �wie die Blume, die des Lichtes entbehrt." Sie starb gebrochenen Herzens w�hrend eines Besuches bei ihrem Vater, dem Herzog von Mecklenburg-Strelitz, aus dem Lust-schl�sse Hohenzieritz am 19. Juli 1810, erst 34 Jahre alt. Tiefe Trauer ging durch das ganze Land. (�Ich bin wie vom Blitz ge-troffen," schrieb General Bl�cher, �Gott im Himmel, sie mu� vor uns zn guht gewesen sein.") Doch ihr hehres Bild blieb den Gem�tern lebendig eingepr�gt, ihre warme vaterl�ndische Gesinnung wirkte segensvoll fort unter dem preu�ischen Volke.
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Jas Kontinentalsystem. Napoleons Krieg in Portugal und
Spanien.
1. Das Kontincntalsystcm. Immer noch setzte England den Krieg mit Frankreich fort. Deshalb ordnete Napoleon von Berlin aus (1806) die sogenannte Kontinentalsperre an, indem er allen Verkehr mit England und allen Handel mit englischen Waren verbot, um die Engl�nder von jeder Verbindung mit dem Festlande auszuschlie�en. Alle europ�ischen Staaten, au�er Portugal und der T�rkei, traten diesem System bei.
2. Portugal. Weil das von England abh�ngige Portugal dem Konti-nentalsystem sich nicht anschlie�en wollte, lie� Napoleon durch ein Heer (unter Junot) 1807 das Land besetzen; die K�nigsfamilie fl�chtete sich nach Brasilien.
3. Spanien. Darauf bewog Napoleon den K�nig Karl IV. von Spanien und dessen Sohn Ferdinand (VII.), Zwistigkeiten unter ihnen benutzend, in Bayonne dem Throne zu entsagen und er-
1808 nannte seinen Bruder Jos eph zum K�nige von Sp anien(1808); dessen K�nigreich Neapel bekam Joachim Murat, der bisherige Herzog von Berg. Aber jetzt erfolgte ein allgemeiner 2lufstctnd der Halbinsel gegen die ihr schmachvoll aufgedr�ngte franz�sische Herrschaft. Die Engl�nder unter Wellesley (sp�ter: Lord
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Wellington) vertrieben die Franzosen aus Portugal; Joseph mu�te aus Madrid weichen. Doch f�hrte ihn Napoleon mit Heeresmacht dahin zur�ck, verlie� aber bald Spanien, weil ein Krieg mit �sterreich ausbrach. Der Marschall Soult n�tigte darauf die Engl�nder zum Abz�ge aus Spanien; auch das heldenm�tig verteidigte Saragossa fiel; allein Wellington erschien bald wieder mit einem Heere und erfocht mehrere Siege, w�hrend zugleich der allenthalben entbrannte Volks-krieg die Franzosen bedr�ngte. So erhob sich hier zum erstenmal ein Widerstand, den Napoleon nicht mehr zu b�ndigen vermochte.
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�sterreichs Freiheitskampf 1809.
1. Napoleon und �sterreich. Seit dem Frieden von Tilsit herrschte Freundschaft zwischen den Kaisern Alexander von Ru�-land und Napoleon. Auf dem gl�nzenden F�rstenkongresse zu Erfurt (1808), zu welchem auch die Rheinbundf�rsten im Gefolge Napoleons sich eingestellt hatten, erschienen die beiden Herrscher als die Gebieter Europas, die darauf ausgingen, sich in die Weltherrschaft zu teilen. Einen Widerstand gegen derartige Herrschergel�ste von feiten �sterreichs schlug Napoleons �bermut uicht hoch an. �Ich h�tte," schrieb er von Erfurt aus auden �sterreichischen Kaiser, �die Monarchie Ew. Majest�t aufl�sen k�nnen; was sie ist, das ist sie durch mein Zu-gest�ndnis." Eine solche erniedrigende Stellung ertrug �sterreichs Ehre nicht. In der Stille geschahen R�stungen, und w�hrend Napoleon mit dem Kriege in Spanien besch�ftigt war, erfolgte �sterreichs Er-Hebung zum Freiheitskampfe. Erzherzog Karl als Ober-feldherr rief die gesamte �deutsche Nation" zur Wiederherstellung ihrer Freiheit auf. Aber Preu�en lag noch ohnm�chtig darnieder; der Rheinbund aber, dem Befehle seines Protektors gehorchend, kehrte seine Waffen gegen �sterreich.
2. Aspern und Wagram. An der Spitze eines meist aus Rhein-b�ndnern bestehenden Heeres rasch heranr�ckend, besiegte Napoleon auf der bayerischen Hochebene zwischen Isar und Donau in mehreren Gefechten, namentlich bei Eckm�hl, den Erzherzog, zwang ihn, nach B�hmen zur�ckzugehen und nahm, unaufhaltsam die Donau abw�rts ziehend, Wien zum zweitenmal. Als er dann aber versuchte, im Angesicht der heranr�ckenden Armee des Erzherzogs die Donau zu �ber-schreiten, da bereitete ihm der Todesmut der �sterreichischen Krieger seine erste Niederlage: der bisher Un�berwundene wurde in der
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1809 zweit�gigen Schlacht bei Aspern vom Erzherzog Karl besiegt, so da� er sich nach Wien zur�ckziehen mu�te. Bald darauf jedoch entschied er, nachdem nun der �bergang �ber die Donau gegl�ckt war, durch den Sieg bei Wagram den ganzen Krieg. Im Frieden zu Wien mu�te �sterreich Salzburg an Bayern, die illyrischen Provinzen an Frankreich, Westgalizien an das Herzogtum Warschau abtreten.
3. Die Tiroler unter �ufer. W�hrend des Krieges waren die Tiroler unter der F�hrung des Sandwirts Andreas Hofer f�r �fter-reich gegen die bayerische Herrschaft aufgestanden, hatten wiederholt ihre Freiheit errungen, wurden aber nach heldenm�tigem Kampfe unterworfen. Hofer, der aus seinem lieben Land Tirol nicht fl�chten mochte, durch Verrat ergriffen und in der Festung Mantua erschossen (1810).
Der Versuch des preu�ischen Majors Schill, mit seiner Freischar das n�rd-liche Deutschland zur Vertreibung der Franzosen aufzuregen (� �lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende!") mi�lang; Schill fiel bei der Ver-teidigung Stralsunds.
� 147.
Napoleon auf der H�he seiner Macht.
1. Des Kaisers Familie. In der Absicht, seinen Thron zu be-festigen und mit erh�htem Gl�nze zu umgeben, verm�hlte sich Na-poleon, nachdem er sich von feiner Gemahlin I o f e p h i n e geschieden,
1810 1810 mit der Erzherzogin Maria Luise, der Tochter des Kaisers von �sterreich, welche ihm 1811 einen Sohn, den �K�nig von Rom", schenkte.
2. Das napoleonische Weltreich. Die Grenzen seines Kaiserreiches erweiterte er ferner dadurch, da� er (1809) die weltliche Herrschaft des Papstes f�r aufgehoben erkl�rte und den Kirchenstaat mit Frankreich vereinigte. Und als (1810) der K�nig von Holland, weil die Machtgebote des Kaisers zu Hollands Nachteile ge-reichten, die Krone niederlegte, verband Napoleon auch Holland mit Frankreich, dem er ferner noch Oldenburg und die drei norddeutschen Hansest�dte einverleibte. So erstreckte sich das Weltreich Napoleons, der sich als Nachfolger Karls des Gro�en betrachtete, 130 Departements umfassend, den K�sten des westlichen und s�dlichen Europas entlang von Danzig und Hamburg bis Trieft und Korfu. Die meisten �brigen Staaten Europas standen in mittelbarer Abh�ngigkeit von ihm (f. Karte XII).
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Napoleons Zug nach RussUuuL
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� 148.
Napoleons Feldzug gegen Ru�land 1812.
1. Zug bis Moskau. Da der Kaiser AlexanderI. von Ru�-land von dem Kontinentalsystem, welches den Handel seines Reiches zu vernichten drohte, sich lossagte, geriet er in Krieg mit Napoleon. Dieser sammelte ein Heer, so ungeheuer und bunt gemischt, wie es die Welt seit den Tagen des Xerxes nicht gesehen, Franzosen, Deutsche, Holl�nder, Schweizer, Polen, Italiener, Spanier und Portugiesen; dazu kam ein preu�isches und ein �sterreichisches Hilfscorps; im ganzen eine Streitmacht von 600 000 Mann mit 140 000 Pferden und 1800 Gesch�tzen. Im Juni �berschritt der Kaiser den Niemen mit der Hauptarmee und r�ckte in der Richtung auf Moskau, das Herz des russischen Reiches, vor; gleichzeitig sollte ein Heeresteil, zu welchem die Preu�en geh�rten, gegen Riga, ein anderer, haupts�chlich �sterreicher, von den Karpathen aus vorgehen. Die Russen, an Zahl dem Feinde bei weitem nicht gewachsen, wichen ohne Kampf, alles hinter sich ver-heerend, zur�ck; auch Smolensk wurde eingenommen. Erst bei dem Dorfe Borodino (westlich von Moskau, am Fl��chen Moskwa) kam es zu einer furchtbar blutigen �Schlacht (7. September), in welcher Napoleon das russische Heer unter Kutusoff besiegte. Einige Tage darauf zog er in Moskau ein. Mit der alten Hauptstadt, dem heiligen Mittelpunkt des Zarenreiches, schien ganz Ru�land �berw�ltigt zu seinen F��en zu liegen; hier hoffte er f�r sein Kriegsheer Ruhe und ausreichende Vorr�te zu finden; hier gedachte er dem bezwungenen Feind einen dem�tigenden Frieden vorzuschreiben.
2. R�ckzug. Aber er fand die Stadt ver�det; ihre Bewohner waren gefl�chtet und hatten alle Lebensmittel fortgeschafft oder ver-nichtet. Und alsbald verwandelte � von dem russischen General-Gouverneur Rostops chin als Rettungsmittel ersonnen � der furchtbare Brand von Moskau fast die ganze unerme�liche Hauptstadt in einen Tr�mmerhaufen. Da mu�te Napoleon der ihn bedr�ngenden Not weichen und sich zum Abz�ge entschlie�en. Umsonst war es, da� er mit dem Kaiser Alexander Friedensunterhandlungen anzukn�pfen suchte: der von ihm ge�chtete preu�ische Minister Stein befand sich jetzt als Alexanders Ratgeber in Petersburg und bewog den russischen Kaiser, den Friedensantrag mit der Antwort abzulehnen: �Jetzt soll der Krieg erst recht anfangen." Unter diesen rnssischerseits absichtlich verz�gerten fruchtlosen Verhandlungen war es bereits Sp�therbst geworden, als Napoleon endlich mit seinem Heere den R�ckmarsch an-
trat. Es war ein beispiellos verlustreicher, grauenvoller R�ckzug. Der Weg s�hrte weithin durch nuwirtbare Landstriche, die, durch den Krieg v�llig ver�det, keine Lebensmittel darboten. Und als nun bald der nordische Winter einfiel, lag vor dem ungl�cklichen Heere nur eine unerme�liche Schneew�ste. Kein Dorf, keine Feuerstatt, soweit das Auge reichte. Menschen, Pferde, Wagen blieben im Schnee stecken; Hunger und Frost forderten Tag f�r Tag zahlreiche Opfer. Dazu ringsum die schw�rmenden Kosaken, die den ersch�pften Feinden keine Ruhe g�nnten. Bei dem �bergang �ber dieBeresina (26. November) erreichte das Elend seinen Gipfel. Napoleon lie� zwei Br�cken �ber diesen Flu� schlagen, und die Truppen begannen hin�ber zu r�cken. Aber pl�tzlich erschienen die Russen und feuerten Schu� auf Schu� in die dichten Haufen. Da entstand eine unbeschreibliche Verwirrung. Alles stie� und dr�ngte, um sich �ber die Br�cken zu retten; viele wurden in dem grausen Gewirr zerdr�ckt und zertreten, von den R�dern der Wagen zermalmt, in den brausenden Eisstrom hinab-gest�rzt. Endlich brachen die Br�cken zusammen; tausende versanken in den Fluten, und alle, die noch am andern Ufer waren, wurden ge-fangen. Napoleon, der jetzt sein Heer verloren sah, eilte auf einem Schlitten von donnert, um in Paris neue R�stungen zu betreiben. Von da au schwand alle Zucht und Ordnung, in regellosen Haufen schleppten sich die armen Tr�mmer des stolzen Heeres dahin -wankende, hohlwangige Jammergestalten, viele blind und taub vor K�lte, mit w�lfischer Gier an jedem Aase nagend, waffenlos, in aben-tenerlicher Vermummung. (�So hat sie Gott geschlagen mit Ro� und Mann und Wagen.") Kaum der zwanzigste Teil derer, die ausgezogen waren, kehrte wieder: Napoleon selbst mu�te in seinem letzten Kriegs-bericht (dem neunundzwanzigsten Bulletin) verk�nden, die gro�e Armee sei vernichtet.
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Me Befreiungskriege 1813�1815. Preu�ens Erhebung.
1. Der Aufruf des K�nigs von Preu�en. Die Kunde von dem Untergange, den Napolons Heer in Ru�land gesunden, bewegte ganz Europa. F�r die unterdr�ckten V�lker schien die Stunde gekommen, das lastende Joch der Fremdherrschaft abzuwerfen. Vornehmlich in dem von Napoleon aufs h�rteste mi�handelten Preu�envolke durch-gl�hte das Verlangen nach Befreiung des Vaterlandes alle Herzen. Und als nun der General Nork, der Befehlshaber des preu�ischen
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Hilfscorps, das sich dem napoleonischen Heere gegen Ru�land hatte anschlie�en m�ssen, an der ostpreu�ischen Grenze bei Tauroggen sich von den Franzosen getrennt und durch einen Vertrag zur Ein-stellung der Feindseligkeiten gegen die Russen verpflichtet hatte (30. Dezember 1812), da fing sofort das Volk in Ostpreu�en an, sich f�r den bevorstehenden Freiheitskampfzu r�sten. Der K�nig, auf seines Volkes Begeisterung gest�tzt, z�gerte nun nicht l�nger, den Krieg gegen Napoleon aufzunehmen. Er begab sich , um nach freier Entschlie�ung handeln zu k�nnen, von Berlin nach Breslau, erlie� dort am 3. Februar 1813 einen Aufruf zur Bildung freiwilliger J�gercorps, schlo� ein B�ndnis mit Ru�land und erkl�rte an Napoleon den Krieg. Am 10. M�rz (dem Geburtstage der K�nigin Luise) wurde f�r die Helden des Kampfes der Orden des eisernen Kreuzes gestiftet; es erging der Befehl zur Errichtung der Landwehr und des Land-st�rm es; am 17. M�rz erfolgte der k�nigliche Aufruf �An Mein Volk." �Es ist der letzte, entscheidende Kampf," sprach der K�nig, �den wir bestehen f�r unser Dasein, unsere Unabh�ngigkeit, unseren Wohlstand. Keinen andern Ausweg giebt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. Auch diesem w�rdet ihr getrost entgegengehen um der Ehre willen, weil ehrlos der Preu�e und der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir d�rfen mit Zuversicht vertrauen: Gott und unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen und mit ihm einen sicheren, glorreichen Frieden und die Wiederkehr einer gl�cklichen Zeit."
2. �Das Volk steht auf." Und begeistert erhob sich das Volk �mit Gott f�r K�nig und Vaterland." Da war unter den Preu�en nur eine Stimme, ein Gef�hl, ein Zorn und eine Liebe, das Vaterland zu retten, Deutschland zu befreien und den franz�sischen �bermut zu brechen. J�nglinge, die kaum wehrhaft waren, M�nner mit grauen Haaren und wankenden Knieen, Offiziere, die wegen Wunden und Ver-st�mmelungen lange ehrenvoll entlassen waren, reiche Gutsbesitzer und Beamte, V�ter zahlreicher Familien und Verwalter weitl�ufiger Gesch�fte wollten nicht zur�ckbleiben; ja sogar Jungfrauen unter mancherlei Verkleidungen dr�ngten sich zu den Waffen. Jede Stadt, jeder Flecken, jedes Dorf schallte von Kriegslust und Kriegsmusik und war in einen �bnngs- und Waffenplatz verwandelt, jede Schmiede war eine Waffenwerkst�tte.
3. Heilige Begeisterung. Und das war das Sch�nste bei diesem heiligen Eifer, da� alle Unterschiede von St�nden, Klaffen und Altern
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vergessen und aufgehoben waren, da� das eine gro�e Gef�hl des Vaterlandes und seiner Fr e i h ei t und E h r e alle andern Gef�hle verschlang. Die Menschen f�hlten es: sie waren gleich geworden durch das lange Ungl�ck, sie wollten.auch gleich sein im Dienst und im Ge-horsmn. Und so sehr erhob die heilige Pflicht und das gemeinsame Streben, wovon sie beseelt waren, alle Herzen, da� nichts Niedriges, Gemeines uud Wildes die herrliche Begeisterung dieser unverge�lichen Tage entweihte; es war, als f�hlte auch der Kleinste, da� er ein Spiegel der Sittlichkeit, Bescheidenheit und Rechtlichkeit sein m�sse, wenn er den �bermut besiegen wollte , den er an dem Feinde so sehr verabscheut batte.
4. Die deutschen Frauen; allgemeine Opferfreudigkeit. Was die M�nner so unmittelbar unter den Waffen und f�r die Waffen thaten, das that das schw�chere Geschlecht der Frauen durch stille Gebete, inbr�nstige Ermahnungen, fromme Arbeiten, menschliche Sorgen und M�hen f�r die Ausziehenden, Kranken und Verwundeten. Die Zahl derer aber, welche Geldsummen, Ringe und goldene Ketten, Kleidungsst�cke und Mittel znr Verpflegung der Verwundeten spendeten oder auf ihre Kosten Freiwillige kleideten und ausr�steten � ist Legion. Kinder und Gesinde leerten ihre Sparb�chsen; eine schlesische Jungfrau, Ferdinande von Sch mettau, schnitt sich, weil sie nichts anderes zu geben vermochte, ihr reiches Lockenhaar ab und brachte den Erl�s dem Vaterlande dar.
5. Die vaterl�ndischen Dichter. Es war ein frommer, weihe-voller Sinn, der die Nation durchdrang: in den Gottesh�usern, unter Gesang und Gebet wurden die Wehrm�nner f�r den heiligen Krieg eingesegnet. Und Dichter, wie Ernst Moritz Arndt, Theodor K�rner, Max von Schenkendorf und Friedrich R�ckert, er-hoben die Herzen durch hohe Lieder von Vaterland und Freiheit. So k�hn entschlossen und freiheitsmutig ging im Fr�hling 1813 das preu�ische Volk dem entscheidungsvollen Kamps entgegen. Der kleine Staat stellte in unerh�rter Kraftanstrengung ein Heer von 270 000 Bewaffneten auf, einen Soldaten auf je 17 Einwohner.
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Fortsetzung. Ute Schlachten vom Jahre 1813.
1. Die ersten K�mpfe. Rasch erschien Napoleon mit einem neugeschaffenen Heere in Sachsen. Er besiegte, trotz des heldenm�tigen Widerstandes der preu�ischen Truppen, durch seine �bermacht das
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verb�ndete russisch - preu�ische Heer in der Schlacht bei Gro�-g�rschen oder L�tzen (2. Mai), in welcher der treffliche Scharn-Horst die Todeswunde empfing, der er bald daraus (in Prag) erlag. Einen zweiten Sieg gewann Napoleon bei Bautz e n (20. und 21. Mai), infolge dessen die Verb�ndeten nach Schlesien zur�ckweichen mu�ten. Dann unterbrach ein zweimonatlicher Waffenstill st and -die Feind-seligkeiten. Die w�hrend desselben in Prag stattfindenden Friedens-Verhandlungen blieben ergebnislos; doch trat �sterreich den Ver-b�ndeten bei, England versprach Hilfsgelder; Schweden hatte sich schon vorher angeschlossen und unter dem Kronprinzen (dem ehe-maligen franz�sischen Marschall Bernadotte) ein Truppencorps gesandt.
2. Die Streitkr�fte; Held Bl�cher. Die Verb�ndeten stellten drei Heere ins Feld:
a. die (gro�e) b�hmische Armee, bei welcher die drei verb�ndeten Herrscher von Ru�land, �sterreich und Preu�en sich befanden, unter dem �sterreichischen F�rsten Schwarzenberg, dem Ober-befehlshaber der gesamten verb�ndeten Heere;
b. die fchlefifche Armee (der auch Jorks Corps angeh�rte) unter Bl�cher;
c. die Nordarmee unter dem Kronprinzen von Schweden.
Der hervorragendste unter diesen Feldherren war der siebzigj�hrige
Husarengeneral Gebhard Leberecht von Bl�cher, geboren in Rostock, schon unter Friedrich dem Gro�en in preu�ischen Diensten.
Den drei Heeren der Verb�ndeten, im ganzen 480 000 Mann, stellte Napoleon 440 000 Mann entgegen. Er hatte Dresden zum Mittelpunkte seiner Stellung; im Halbkreise umgaben ihn die verb�n-deten Heere.
3. Siege der Verb�ndeten. Nach Ablauf des Waffenstillstandes begann gegen Ende August der Kampf von neuem. In der S ch l a ch t bei Gro�beeren (23. August) besiegte die Nordarmee, insbesondere die Preu�en unter B�low, den napoleonischen Marschall Oudinot und rettete dadurch Berlin vor einem Angriffe der Franzosen. Durch den gl�nzenden SieganderKatzbach (26. August) �ber den Mar-schall Macdonald vertrieb Bl�cher (der �Marschall Vorw�rts") den Feind aus Schlesien. Dagegen wurde die Armee Schwarzenbergs von Napoleon in der Schlacht bei Dresden (26. und 27. August) geschlagen.W�lows Sieg beiDennewitz (6. September) �ber den Marschall Ney vereitelte dann einen neuen Versuch der Franzosen,
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 15
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gegen Verlin vorzudringen. Das schlesische Heer aber �berschritt nach Yorks Sieg bei W a r t e n b n r g (3. Oktober) die Elbe; auch die gro�e Armee r�ckte nun wieder aus B�hmen heran, so da� Napoleon, um eine Vereinigung der drei seindlichen Heere zu hindern, Dresden ver-lie� und seine Streitkr�fte in den Ebenen von Leipzig zusammenzog.
4. Die V�lkerschlacht bei Leipzig. Hier erfolgte der entscheidende 'Kampf, der die V�lkerschlacht bei Leipzig (16.�19. Oktober) genannt wird. Am 16. Oktober focht Napoleon gegen die b�hmische Armee bei W a ch a u (s�dlich von Leipzig) unentschieden, dagegen siegte Bl�cher (Yorks Corps) in blutigem, h�chst glorreichem Kampfe bei M�ckern (im Norden der Stadt) �ber den Marschall Marmont; am 17. unterbrachen Unterhandlungen die Schlacht; am 18. k�mpften die durch das Einr�cken der Nordarmee (auf 255 000 Mann) verst�rkten Verb�ndeten gegen das (an 160000 Mann starke) Heer Napoleons mit solchem Erfolge, da� die Franzosen den R�ckzug antraten, der durch die Erst�rmung Leipzigs am 19. in verlustreiche Flucht verwandelt wurde. Auf dem R�ckz�ge erk�mpfte sich das franz�sische Heer bei Hanau (gegen die Bayern, welche den Verb�ndeten seit 8. Oktober beigetreten waren, unter Wrede) den �bergang �ber den Rhein. Auch die �brigen Rheinbundf�rsten schl�ssen sich nun dem Kampfe gegen Napoleon an.
� 151.
Der Nampf in Frankreich 1814 und der Wiener Kongre�.
1. Vom Rheine bis Paris. Erst nach l�ngerem Stillestehen auf der rechten Rheinseite entschlossen sich die Verb�ndeten zum Ein-marsch in Frankreich. Das Hauptheer unter Schwarzenberg �ber-1814 schritt bei Basel, das schlesische unter Bl�cher am 1. Januar 1814 bei Kaub den Rhein. Bl�cher r�ckte dann l�ngs der Marne, Schwarzen-berg der Seine entlang gegen Paris vor. Aber Napoleon dr�ngte die einzelnen Corps beider Armeen in mehreren Gefechten wieder zur�ck, bis Bl�cher, k�hn vorw�rts ziehend, den Sieg bei L a o n (9. und 10. M�rz) gewann, worauf auch Schwarzenberg (bei Ar eis an der Aube) gl�cklich k�mpfte. Da warf sich Napoleon in den R�cken seiner Feinde, um sie von Paris abzuziehen und nach dem Rheine zu locken. Allein die Verb�ndeten marschierten auf die Hauptstadt los und n�tigten sie nach Erst�rmung der H�hen des Montmartre zur �bergabe. Am 31. M�rz erfolgte ihr Einzug in Paris; Napoleon wurde vom Senate abgesetzt erkl�rt und entsagte dem franz�sischen Thron, wogegen er die Insel Elba als F�rstentum bekam und den Kaisertitel behielt.
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Seiner Gemahlin Maria Luise (f 1847) wurde das Herzogtum Parma zugeteilt. Ludwig XVIII., der Bruder Ludwigs XVI., kehrte als K�nig nach Paris zur�ck und gab durch die Charte Frankreich eine neue Verfassung. Im ersten Frieden zu Paris (30. Mai) wurde Frank-reich auf die Grenzen von 1792 beschr�nkt. 1814
2. Der Wiener Kongre�. Um die Angelegenheiten Europas zu ordnen, versammelten sich die Vertreter der europ�ischen M�chte, na-mentlich die Kaiser von �sterreich und Ru�land und der K�nig von Preu�en, sowie viele andere F�rsten, Staatsin�nner und Feldherren auf dem Kongresse zu Wien (1. November 1814 bis 9. Juni 1815).
Nach langen Verhandlungen, die namentlich das Schicksal Polens und Sachsens betrafen, wurde folgendes bestimmt:
a. �sterreich erhielt die illyrischen Provinzen, die Lombardei und Venedig, Salzburg und Tirol;
b. Preu�en erhielt die H�lfte von Sachsen, ferner Posen, Schwedisch-Pommern, die Rheinprovinz und Westfalen.
Preu�en erlangte damit den Umfang nicht wieder, den es 1806 gehabt; es war um mehr als 600 02JI. (von 5725 auf 5050 02R.) verkleinert; dazu in zwei getrennte L�ndermassen geteilt, aber auch durch die Verminderung seiner slavischen Bestandteile nicht mehr der Gefahr ausgesetzt, seine Eigent�mlichkeit als deut-scher Staat zu verlieren.
c. An die Stelle des ehemaligen Deutschen Reiches trat der Deutsche Bund, bestehend aus den deutschen L�ndern von �fter-reich und Preu�en und den �brigen deutschen Staaten (zusammen 38),
unter denen Hannover zum K�nigreiche, Weimar, Oldenburg und die beiden Mecklenburg zu Gro�herzogt�mern erhoben, Frankfurt a. M., Hamburg, L�beck und Bremen freie St�dte wurden. Frankfurt wurde Sitz des Bundestages.
d. Ru�land bekam den gr��ten Teil des Herzogtums Warschau als K�nigreich Polen.
e. Der K�nig von England erhielt das deutsche K�nigreich Hannover zur�ck.
f. Aus Holland und Belgien wurde das K�nigreich der ver-einigten Niederlande gebildet, und dem ehemaligen Statthalter von Holland als K�nig Wilhelm I. verliehen.
g. Schweden blieb im Besitze des den D�nen entrissenen Nor-wegen.
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� 152.
Napoleons Wiederkehr und Ende.
1. Die hundert Tage; Waterloo. W�hrend noch der Kongre� 1815 Zu Wien versammelt war, landete Napoleon am 1. M�rz 1815 bei Cannes an Frankreichs S�dk�ste; die gegen ihn ausgesandten Truppen Ludwigs XVIIL, auch der Marschall Ney, gingen zu ihm �ber, und schon in wenigen Wochen (20. M�rz) zog er triumphierend in Paris ein, von wo der K�nig nach Gent gefl�chtet war. Die in Wien ver-einigten F�rsten erkl�rten ihn als �Feind und St�rer der Ruhe der' Welt" in die Acht und sammelten zum Kampfe gegen ihn zahlreiche Streitkr�fte. Den rechten Fl�gel derselben bildeten ein englisch-dent-sches Heer unter Wellington und ein preu�isches unter Bl�cher, die in Belgien standen, jedes etwa 100 000 Mann stark. Ihnen zog Napo-leonmit 128000Mann entgegen. Durch die Schlacht beiLigny, 16. Juni, n�tigte er Bl�cher zum R�ckz�ge, w�hrend an demselben Tage Ney bei Quatrebras (wo der Herzog Wilhelm von Braun-1815 schweig den Heldentod fand) von Wellington aufgehalten wurde. Am 18. Juni 18. Juni geschah dann die entscheidende Schlacht bei Waterloo oder Belle Alliance (in der N�he von Br�ssel). Wellington, der dort mit seinem Heere stand, hatte Bl�cher gebeten, ihm ein Armeecorps zuhilse zu schicken, wenn er von Napoleon angegriffen werde. �Nicht mit einem Corps," lie� ihm Bl�cher antworten, �sondern mit einem ganzen Heere werde ich kommen." Frischen Mutes trat er dann am fr�hen Morgen mit seinen Preu�en den Marsch an. Ein heftiger Regen str�mte hernieder. �Siehe da, unser Bundesgenosse von der Katzbach!" rief der Heldengreis heiter; �da sparen wir dem K�nig wieder viel Pulver." Aber der Boden war so aufgeweicht, da� Fu�-volk und Reiter kaum weiter kamen. Da sprengte Bl�cher von Trupp zu Trupp, und voll Sorge, nicht zur rechten Zeit auf dem Schlachtfelde einzutreffen, mahnte er unabl�ssig: �Vorw�rts, Kinder, vorw�rts!" �Es geht nicht, Vater Bl�cher, es ist unm�glich," schallt es ihm ent-gegen. �Kinder, es mu� gehen," ruft er wieder, �ich Hab' es ja meinem Bruder Wellington versprochen. Ihr wollt doch nicht, da� ich wort-br�chig werden soll!" Unterdessen war Wellington schon im hei�esten Kampfe. Napoleon hatte ihn mit Ungest�m angegriffen; doch die englischen Krieger standen wie Mauern. Sturm auf Sturm wurde von ihnen abgeschlagen; allm�hlich aber ersch�pfte sich ihre Kraft. Die franz�sischen Feuerschl�nde richteten in ihren Reihen schreckliche Ver-W�stungen an. Da seufzte der unersch�tterliche Wellington: �Ich
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wollte, es w�re Nacht, oder die Preu�en k�men!" Und die Preu�en kamen, sp�t, aber nicht zu sp�t. Sosort greifen sie in den Kampf ein. Es entsteht ein gr��liches Blutbad; die franz�sischen Garden k�mpfen mit dem Mute der Verzweiflung. Aber vergeblich ist ihr Widerstand;
bald ert�nt aus den Reihen der Franzosen der Ruf: �Rette sich, wer kamt!" und das Heer ergreift die Flucht. Als der Abend herabdunkelte, begr��ten sich Wellington und Bl�cher vor dem Hofe von Belle Alliance als Sieger. Kaum entrann Napoleon selbst den H�nden der verfolgen-den Preu�en; seinen Reisewagen, aus dem er entsprungen, samt Hut, Mantel und Degen mu�te er ihnen zur�cklassen. Als Fl�chtling kam er nach Paris; sein Heer war vernichtet.
2. Napoleons Verbannung. Bl�cher schrieb vom Schlachtfelde aus: �Die sch�nste Schlacht ist geschlagen, der herrlichste Sieg ist er-fochten. Ich denke, die Bonapartesche Geschichte ist nun vorbei." So war es. Die Verb�ndeten zogen zum zweitenmal in Paris ein, nach-dem Napoleon �zu gunsten seines Sohnes" der Krone entsagt und in dem Hasen Rochefort in den Schutz der Engl�nder sich begeben hatte. Er wurde aber als Kriegsgefangener nach der fernen Felseninsel St. Helena gebracht. Dort lebte er, umgeben von einigen Getreuen,
noch f�nf Jahre. Er starb am 5. Mai 1821.
3. Der zweite Pariser Friede 1815. Ludwig XVIII. nahm 1815 den franz�sischen Thron wieder ein. Der zweite Pariser Friede beschr�nkte Frankreich auf den Umfang von 1790; es trat einige Grenz-festnngen an die Niederlande, Saarbr�cken und Saarlouis an Preu�en, Landau an Bayern ab und gab die in seinen Eroberungskriegen ge-raubten Kunstsch�tze an ihre fr�heren Besitzer zur�ck. In Paris schl�ssen
(auf Kaiser Alexanders Veranlassung) die Herrscher Ru�lands, �fter-reichs und Preu�ens den heiligen Bund, in welchem sie gelobten,
nach Befehl der heiligen Schrift wie V�ter ihre V�lker zu regieren, untereinander Frieden zu halten und als Br�der einander Hilfe und Beistand zu leisten. Die meisten �brigen F�rsten traten in den folgen-den Jahren der �heiligen Allianz" bei.
II. Die neueste Zeit 1815�1888.
(Verfassungs-,Freiheits-und Einigungsk�mpfe.)
� 153.
Deutschland bis 1848.
1. Der Deutsche Bund. Der 1815 gegr�ndete Deutsche Bund vereinigte die als selbst�ndig erkl�rten Einzelstaaten zu einem Staaten-
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bunde, dessen gemeinsame Angelegenheiten am Bundestage zu Frankfurt a. M. verhandelt wurden. In mehreren deutschen Staaten (Sachsen-Weimar, Bayern, Baden, W�rttemberg, Hessen-Darmstadt) wurden nach und nach l a n d st � n d i s ch e V e r f a s s u n g e u eingef�hrt. Aber die beiden deutschen Gro�m�chte, sowohl �sterreich als Preu�en, waren damals allen freiheitlichen Bestrebungen abgeneigt und suchten solche daher auch im �brigen Deutschland niederzuhalten (die Karls -bader Beschl�sse 1819). So kam zu der Zerspaltung Deutsch-lands auch noch die Unterdr�ckung: die Eintracht zwischen Regierung und Volk war getr�bt; Mi�trauen und Verstimmung ergrissen die Herzen und verbreiteten sich weiter uud weiter.
2. �sterreich unter Metternichs Verwaltung. In �fter-reich, das sich mehr und mehr gegen das deutsche Leben absperrte, leitete die Staatsaugelegenheiten 39 Jahre (1809�1848) hindurch der Staatskanzler F�rst Metternich, der, freiheitliche Neuerungen f�r staatsgef�hrlich erachtend, nur die alten Zust�nde zu bewahren bestrebt war, w�hrend er zugleich eine gedeihliche Entwicklung der deutscheu Bundesverfassung verhinderte und als Hauptverfechter der unnm-schr�nkten F�rstengewalt in den europ�ischen Angelegenheiten eine ein-flu�reiche Rolle spielte. Auf Kaiser Franz I. folgte (1835) sein schwacher Sohn Ferdinand I.
3. Preu�en. In Preu�en regierte bis 1840 Friedrich Wil-l)ditt III., der den Frieden nach au�en und die Ordnung im Innern erhielt, das Milit�rwesen pflegte, die Volksschule wie die h�heren Lehranstalten (Gr�ndung der Universit�t Bonn) f�rderte und den Wissenschaften th�tige F�rsorge widmete. Durch die Ein-s�hrung der e v a n g e l i f ch e n U n i o n in Preu�en (1817) gab er f�r die meisten Staaten Deutschlands den Ansto� zur Vereinigung der lutherischen und der reformierten Kirche. Durch die Gr�ndung des preu�isch-deutschen Zollvereins (1834) wurde nicht allein der Verkehr erleichtert und der deutsche Handel und Gewerbflei� erheb-lich gesteigert, sondern auch eine zuk�nftige engere Einigung der dent-schen Staaten vorbereitet.
4. Deutsche Mittel- und Kleinstaaten. Einzelne der deutschen Kleinstaaten wurden l�blich regiert, wie Sachsen-Weimar uuter dem Gro�herzog Karl August, dem Freunde Goethes; in Baden sand unter Gro�herzog Leopold (seit 1830) das Freiheitsstreben des Volkes in der zweiten Kammer beredten Ausdruck; in W�rttem-berg folgte auf den despotischen K�nig Friedrich I. sein einsichtsvoller
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Sohn Wilhelm I. (1816�1864); in Bayern auf den leutseligen Maximilian Joseph I. sein Sohn Ludwig I. (1825�1848), ein f�r deutsche Art, Gesinnung und Bildung begeisterter Vaterlandsfreund, der seine Regierung durch eine F�rderung derbildendenKunst tierherrlich te, wie sie an Ausdauer und Erfolgen in der deutschen Geschichte nicht ihresgleichen hat. Zahllos sind die gro�artigen Sch�pfungen der Bau- und Bildhauerkunst und der Malerei, die der kunstsinnige K�nig hervorrief; seine Hauptstadt M�nchen wurde durch ihn zur gl�nzendsten Heimst�tte deutscher Kunst erhoben.
Desto glanzloser und unr�hmlicher war die Regierung einiger anderen deutschen F�rsten. Hannover wurde durch den Tod des K�nigs Wilhelm IV. von England 1837 vom englischen Staatsverbande gel�st und bekam einen eigenen K�nig in Wilhelms Bruder Ernst August, der die dem Lande kurz zuvor erteilte Verfassung wieder aufhob.
� 154.
Innere K�mpfe in Spanien, Portugal und Italien.
Die nach dem Sturze der napoleonischen Herrschaft an die Spitze der euro-Peuschen Angelegenheiten tretenden f�nf Gro�m�chte: England, Frankreich, �sterreich, Preu�en und Ru�land wu�ten l�ngere Zeit den Frieden zwischen den einzelnen Staaten aufrecht zu erhalten; doch wurde in mehreren derselben die innere Ruhe durch Aufst�nde und heftige Parteik�mpfe gest�rt. Zun�chst wurden die Staaten im s�dlichen Europa der Schauplatz von Thron- und Verfassungsstreitigkeiten, die bis zum B�rgerkriege f�hrten.
1. Spanien geriet unter Ferdinand VII., der die Inquisition und Folter wiederherstellte, in innere Wirren, so da� die Gro�m�chte zu gunften des K�nigs einschritten und durch eine ins Land einr�ckende franz�sische Armee die unum-schr�nkte K�nigsgewalt befestigten.
Die spanischen Kolonieen in Amerika erhoben sich, als ihnen von Spanien gleiche Rechte mit dem Mutterlande verweigert wurden, zu wechselv.ollen, langwierigen Unabh�ngigkeitsk�mpfen, die mit ihrer Lostrennung von Spanien endeten. So entstanden die Republiken: Columbia (Neu-Granada, Venezuela und Ecuador), Rio de la Ptatet (argentinische Republik), Uruguay, Chile, Peru, Bolivia, Paraguay; ebenso in Nordamerika: Mexiko. Den Spaniern verblieben von allen ihren amerikanischen Besitzungen nur die Inseln Kuba und Portoriko.
2. Portugal. Der von Napoleon vertriebene K�nig Johann VI. kehrte erst 1821 aus Brasilien nach Portugal zur�ck. Darauf machte Brasilien sich unabh�ngig und wurde ein eigenes Kaiserreich (unter Johanns �ltestem Sohne Peter I.).
3. Italien wurde in mehreren Staaten, namentlich in Neapel und im K�nigreiche Sardinien, durch Aufst�nde, welche von dem geheimen Bunde der
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Garbortari (K�hler) ausgingen und Einf�hrung neuer Verfassungen und Ver-emigung des ganzen Italiens zu einem Staate zum Ziele hatten, ersch�ttert. -Sie Gro�machte vereinigten sich jedoch (1821) zur Unterdr�ckung dieser Be-wegungen, bte dann auch durch �sterreichische Heere erfolgte.
� 155.
9er Freiheitskampf der Griechen (1821-1828) und der russisch-t�rkische Krieg (1828-1829).
Um Griechenland von dem Joche der t�rkischen Herrschaft zu befreien, ver-anla�te Alexander Dpsilanti einen Aufstand zu Jassy in der Moldau (1821). Dieser wurde zwar, da der erwartete Beistand Ru�lands ausblieb, von der �ber-macht der T�rken unterdr�ckt; allein nun erhob sich das ganze griechische Volk, und seine Vertreter sprachen (1. Januar 1822) Griechenlands Unabh�ngigkeit aus. Zahlreiche Griechenfreunde (Phi lhellenen, unter ihnen der ber�hmte englische Dichter Lord Byron) eilten aus den meisten L�ndern Europas herbei den Griechen beizustehen, die zu Lande wie zu Wasser heldenm�tig gegen die T�rken k�mpften. Doch eroberte Ibrahim, der Sohn des Paschas Mehemed Ali von �gypten, f�r die Pforte Morea wieder, nahm das ruhmvoll verteidigte Miffo-lunghi ein (1826), und schon war die Freiheit der in viele Parteien zerfpaltenen Griechen dem Untergange nahe, als England (Minister Canning), Frankreich und Ru�land (Kaiser Nikolaus seit 1825) sich f�r deren Rettung verbanden. Ihre ver-1097 e'n^*e un*er kein englischen Admiral Codrington vernichtete in der See-1�J' wacht bei Navarin 1827(20. Oktober) die t�rkische, und ein franz�sisches Heer n�tigte den Ibrahim, Morea zu r�umen.
Der russische General Diebitsch (Sabalkanski) �berschritt(1828)mit einem Heere den Balkan, zog in Adrianopel ein und zwang dadurch den Sultan, im F r i e d e n z u A d r i a n o p e l (1829) an Ru�land freie Schiffahrt auf dem Schwarzen Meere sowie die Durchfahrt durch den Bosporus und die Dardanellenstra�e f�r russische Handelsschiffe zu bewilligen und die Unabh�ngigkeit Griechenlands an-zuerkennen. Griechenland wurde ein selbst�ndiger Staat und erhielt nach der Ermordung des Pr�sidenten Capo d'Jstria den jungen bayerischen Prinzen Otto zum K�nige 1832.
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flu Iulirevolution und ihre n�chsten Folgen.
1. Die K�nige Ludwig XVIII. und Karl X. In Frankreich herrschte w�hrend der Regierung der beiden alten bonrbonischen K�nige, die dem gewaltigen Napoleon I. nacheinander auf dem Throne gefolgt waren, viel Unzufriedenheit und Parteihader: K�niglichgesinnte (Royalisten), Republikaner, Anh�nger Napoleons, bek�mpften einander voll Erbitterung. Je reicher an Macht und Ruhm die Kaiserherrschaft gewesen, um so ruhmleerer erschien die Regierung des schwerf�lligen, gichtbr�chigen Ludwig XVIII. (1814�1824); je ausgedehntere Freiheiten einst die Zeit der Republik dem Lande gebracht, desto gr��ere
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Besorgnis erregte der freiheitsfeindliche Sinn seines Bruders und Nach-folgers Karl X. (1824�1830), der von dem Umfange der K�nigs-geroalt die �berspannteste Vorstellung hatte. Man gedachte im Volke des Ausspruches Napoleons, da� die Bourbonen �nichts gelernt und nichts vergessen" h�tten, und das sich kundgebende Streben des Hofes,
durch Beg�nstigung des alten Adels und der Geistlichkeit die Zust�nde vor 1789 mehr und mehr wiederherzustellen, erregte im Volke eine zu-nehmende tiefe Verstimmung, die auch durch den neuesten Waffenerfolg des franz�sischen Heeres, die Eroberung Algiers (Juli 1830),
nicht beseitigt wurde.
2. Die Thronumw�lzung. Vielmehr entstand wegen der ver-fassungswidrigen Erlasse (Ordonnanzen) des Ministers Polignac,
welche die Wahlberechtigung f�r die Volksvertretung verminderten und
die Pre�freiheit einschr�nkten, am 27. Juli 1830 ein Aufstand des 1830 Volkes in Paris, das in dreit�gigem blutigen Barrikadenkampfe die k�niglichen Truppen besiegte. Aus dem Aufstande wurde eine Thron-umw�lzung, die Julirevolutiou. Der K�nig Karl X. nebst seiner Familie wurde vertrieben und sein Vetter, derHerzogvonOrleans, Ludwig Philipp (1830�1848), zum K�nige der Franzosen erhoben (7. August).
3. Errichtung des K�nigreichs Belgien. Infolge der Juli-revolntion brach im August 1830 ein Aufstand zu Br�ssel aus, der sich �berBelgien verbreitete und die Trennung dieses katholischen Landes von dem protestantischen Holland bewirkte. Der Prinz Leopold von Sachsen-Koburg wurde 1831 zum K�nige der Belgier er-w�hlt und behauptete sich gegen die anfangs siegreichen Holl�nder durch den Beistand eines franz�sischen Heeres. Der K�nig von Holland wil-ligte erst 1838 in die Abtretung Belgiens. K�nig Leopold I. von Belgien regierte weise und segensreich.
4. Aufstand der Polen. Die Polen, unzufrieden mit der Regierung ihres Statthalters, des russischen Gro�f�rsten Konstantin, und angeregt durch Frank-reich6 Beispiel, emp�rten sich (November 1830) gegen die Herrschaft der Russen. Ein hartn�ckiger Kampf begann, in welchem die Polen � Linientruppen wie Sensenm�nner � dem russischen General Diebi tsch tapferen Widerstand leisteten.
Allein seit ihrer Niederlage bei Ostrolenka (1831) verlie� sie das Gl�ck; zwar starb Diebitsch an der Cholera, aber dessen Nachfolger Paskiewitfch schlug durch die Einnahme von Warschau den Aufstand zu Boden. Viele Polen fl�chteten sich in fremde L�nder. Polen wurde in eine russische Provinz verwandelt.
5. Die Schweiz. Die Schweiz hatte 1815 einen Bundesvertrag erhalten, nach welchem fie einen Staatenbund von 22 lose vereinigten Kantonen bildete mit'einer Tagsatzung und drei wechselnden Vororten: Bern, Z�rich und
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Luzern. Infolge der Julirevolution wurde die bis dahin bestehende Regierung der Patrizier mit der dr�ckenden Oberherrschaft der St�dte �ber das Landvolk ge-st�rzt. Mit dem steigenden Einflu� der Jesuiten in mehreren Kantonen wuchs dann der Parteistreit, bis sich aus den katholischen Kantonen Luzern, Schwyz, Uri, Unterwalden, Zug, Freiburg und Wallis der sogenannte Sonderbund bildete (1846). Da kam es zum Kriege. Unter General Dusour schritt ein Heer von 50000 Mann gegen den Sonderbund ein und zwang ihn zur Unter-wersung. Darauf gab sich die Schweiz eine neue Gesamtverfassung 1848, durch welche (zur Beseitigung des �Kant�nligeistes") der Staatenbund in einen enger geeinigten B u n d e s st a a t verwandelt wurde. Ein Bundesrat von 7 Mit-gliedern f�hrt die Regierung; die Gesetzgebung und die Wahl der obersten Bundes-beh�rden wird ausge�bt durch die Bundesversammlung, die aus dem Nationalrat (ein Mitglied auf 20000 Seelen) und dem St�nderat (2 Mitglieder aus jedem Kanton) besteht; Bundesstadt ist Bern.
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�ie Februarrevolution in Frankreich.
1. K�nig Ludwig Philipp 1830�1848. Der durch die Juli-revolutiou auf den franz�sischen Thron erhobene K�nig Ludwig Phi-tipp (der �B�rgerk�nig") hatte es trotz seiner gro�en Klugheit doch nicht verstanden, seiner Regierung in der Liebe und Anh�nglichkeit des Volkes eine seste St�tze zu verschaffen. Man warf ihm vor, da� er mehr seinen und seines Hauses Vorteil, als Frankreichs Gr��e im Auge habe. Obgleich er bei seiner Thronbesteigung verhei�en hatte, da� das Grund-gefetz des Staates (die Charte) unter seiner Regierung eine �Wahrheit" sein werde, beschuldigte man seine Minister, da� die Verfassung von ihnen nur scheinbar beobachtet werde, und forderte immer dringender gr��ere Freiheiten, insbesondere Erweiterung des Rechts f�r die Wah-lert der Volksvertreter. Zwischen den einzelnen St�nden des Volkes war eine starke Spannung eingetreten; der reichere B�rgerstand schien vom Hose auf Kosten anderer St�nde beg�nstigt; die Unzufriedenheit der besitzlosen Arbeiterklasse wurde durch Einwirkung von Volksauf-wieglern bis zum t�dlichen Hasse gegen die Reichen und bis zur Drohung, die bestehende Ordnung umzust�rzen, gesteigert. Da der K�nig, sowie sein Minister G u i z o t, sich abgeneigt zeigten, die Berechtigung f�r die Volksvertreterwahl � kaum eine halbe Million Staatsb�rger besa� das Wahlrecht � zu erweitern, stieg die G�rung im Volke so gewaltig, da� (bei Gelegenheit eines von der Regierung verbotenen Reformbanketts) am 22. Februar 1848 ein Aufstand zu Paris ausbrach, der an den bei-den folgenden Tagen zum blutigen Barrikadenkampfe wurde uud eine neue Staatsumw�lzung, die sogenannte Februarrevolution, zur Folge
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hatte. Ludwig Philipp mit seiner Familie mu�te die Flucht ergreifen (und starb 1850 in England), der K�nigsthron wurde zertr�mmert, und Frankreich als Republik erkl�rt. Zur einstweiligen Leitung des Staates wurde eine sogenannte �provisorische Regierung" (Lamar-tine) eingesetzt, welche durch allgemeine Volksabstimmung den Zusam-mentritt einer �verfassunggebenden Nationalversammlung" herbeif�hrte.
2. Frankreich eine Republik 1848�1852. Als die Nationalversammlung durch die von ihr beratene neue Verfassung wieder eine festere Staatsordnung einzuf�hren begann und die unzufriedenen �Ar-beiter" hierdurch ihre Absicht, das Bestehende v�llig umzukehren, ver-eitelt sahen, entstand (im Juni) eine wilde Erhebung derselben, um die �rote Republik" zu errichten, d. h. dem sogenannten �vierten Stande" die Herrschast zu verschaffen. Die Verteidigung des Staa-tes gegen den furchtbaren Angriff �bertrug die Nationalversammlung dem GeneralCavaignac, der in einer mehrt�gigen blutigeuSchlacht in den Stra�en von Paris den Aufruhr bew�ltigte. Die Verfassungs-beratung war im November beendigt: ein jedesmal auf 4 Jahre durch Abstimmung des gesamten Volkes ernannter Pr�sident sollte an die Spitze der Verwaltung treten, neben ihm eine gesetzgebende National-Versammlung stehen. Als Pr�sident wurde (am 10. Dezember 1848) 1848 durch Volksabstimmung gew�hlt der Neffe des Kaisers Napoleon I., Ludwig Napoleon Bonaparte.
3. Der Pr�sident Ludwig Napoleon Bonaparte. Er war der Sohn des ehemaligen K�nigs Ludwig Bonaparte von Holland und der Hortense Beauharnais (s. Stammtafel � 142). Seit der Entthronung seines Oheims Na-poleon hatte er, aus Frankreich verbannt, mit seiner Mutter auf dem kleinen Gute Arenaberg (bei Konstanz) im Schweizerkanton Thurgau gelebt und dann das Gymnasium in Augsburg als Sch�ler besucht. Dann war er in schweizerische Kriegsdienste getreten. Im Jahre 1836 machte er einen Aufstandsversuch in Stra�burg, um das napoleonische Kaisertum wieder aufzurichten, wurde aber ge-fangen genommen und nach Amerika verbannt. Von dort bald zur�ckgekehrt, pflanzte er 1840 in Boulogne von neuem die kaiserliche Fahne auf, wurde aber wieder ergriffen, zu lebensl�nglicher Haft verurteilt und auf die Festung H a m gebracht, von wo er (als Arbeiter verkleidet) 1846 nach England entwich. Nach dem Ausbruch der Februarrevolution kam er nach Frankreich zur�ck, �um unter die Fahne der Republik zu treten," und wurde in die Nationalversammlung gew�hlt.
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T�nig Friedrich Wilhelm IV. � Nevolutionsbewegnngen in Deutschland.
1. K�nig Friedrich Wilhelm IV. In Preu�en war auf Fried-rich Wilhelm III. sein Sohn Friedrich Wilhelm IV. gefolgt,
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1840�1861. Ein F�rst von hoher Geistesbildung, gew�hrte er den Wissenschaften jegliche Unterst�tzung und regte die K�nste zu mancherlei Meisterwerken an. Durch Errichtung des Vereinigten Landtages (1847) suchte er die staatlichen Zust�nde zu verbessern, doch gen�gte dies dein Volke bald nicht mehr.
2. Die M�rzunruhen 1848. Die frkmz�sische Februarrevolution gab auch in Deutschland den Ansto� zu gewaltigen Bewegungen. All-gemein wurde Erweiterung der Volksfreiheiten und Umgestaltung der deutschen Bundesverfassung gefordert. In einigen Staaten traten Re-gierungswechsel ein. So legte K�nig Ludwig I. von Bayern die Krone nieder, welche auf seinen SohnMaximilianIl. (1848�1864)�ber-ging. Im Gro�herzogtum Baden erkl�rten bewaffnete Freischaren die Republik, wurden jedoch durch Truppenmacht �berw�ltigt. Auch in Wien brach eine Emp�rung aus, welche den Kaiser Ferdinand und seinen alten verha�ten Kanzler Metternich zur Flucht n�tigte, und in Berlin kam es zu einem Stra�enkampfe zwischen den Aufst�ndischen und den k�niglichen Truppen.
1848 3. Die deutsche Nationalversammlung 1848�1849. Am 18. Mai 1848 trat in Frankfurt ct. M. eine Nationalversammlung zusammen, um eine neue Reichsverfassung zu beraten. Unter dem Pr�sidenten Heinrichvon Gagern w�hlte sie, nach Aufhebung des Bundestages, den Erzherzog Johannvon� st erreich zum Reichs-verweserund stellte dann nach langen Beratungen den Entwurf einer Verfassung auf, nach welcher der deutsche Staatenbund in einen enger vereinigten Bundesstaat unter einem erblichen Kaiser umgestaltet wurde. Der von der Versammlung zum deutschen Kaiser ge-w�hlte K�nig Friedrich Wilhelm IV. von Preu�en lehnte je-
1849 doch (April 1849) diese W�rde ab. Hierdurch scheiterte das Versassungs-werk, und die Nationalversammlung fiel auseinander. Auch Preu�ens Versuch, eine neue deutsche Bundesverfassung zu schaffen, mi�lang, und nach mancherlei Wirren endete die Bewegung damit, da� 1851 der alte Bundestag wieder eingesetzt wurde.
4. Osterreich. In �sterreich war zwar der bei dem M�rzauf-st�nde aus Wien gefl�chtete Kaiser nach der Hauptstadt zur�ckgekehrt; doch bald (im Okt. 1848) n�tigte ihn ein neuer Aufstand, sich nach Ol-m�tz zu retten. Nachdem dann Wien mit Waffengewalt wieder unter-worfen war, entsagte der schwache Kaiser (2. Dezember) der Regierung, und sein achtzehnj�hriger Neffe, Franz Joseph, wurde Kaiser von Oster-reich. Die Emp�rung der U n g a r n, die sich unter K o s s u t h von der
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Verbindung mit �sterreich losgesagt und eine Republik errichtet hatten,
wurde in l�ngerem Kampfe durch den Beistand eines russischen Heeres unterdr�ckt.
5. Preu�en. Eine in Berlin tagende Nationalversammluug erwies sich unf�hig, eine neue Staatsverfassung zustande zu bringen. Da erteilte der K�nig dem Lande eine Konstitution, welche, nach-dem sie von Abgeordneten des Volkes gepr�ft worden war, am 31. Jan. 1850 endgiltig festgestellt und (am 6. Febr.) mit dem Eide des K�nigs 1850 besiegelt wurde. In mehreren andern deutschen Staaten schlug Preu�en durch seine Kriegsmacht die Revolution nieder. Seine Heere bezwangen einen Aufstand zu Dresden, machten dann unter der Anf�hrung des P r i n z e n v o n P r e u � e n der Republik in Rheinbayern ein Ende und stellten in Baden die Regierung des Gro�herzogs wieder her.
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Kaiser Napoleon III.
1. Der Staatsstreich Ludwig Napoleons. Zum Pr�sidenten derRepublik erhoben, befestigte LudwigNapoleon mit Kraft die Ordnung im Lande. Da aber die Nationalversammlung seinem Herr-scherstreben hinderlich war, trieb er sie durch den blutigen Staats-streich vom 2. Dezember 1851 gewaltsam auseinander und ri� die Alleinherrschaft an sich, deren fast uneingeschr�nkte Macht er unter dem Namen eines Prinz-Pr�sidenten aus zehn Jahre durch Volksabstim-lnung sich best�tigen lie�. Die Republik war seitdem nur noch ein leerer Schein. Und so trat denn auch schon nach einem Jahre an ihre Stelle das zweite Kaisertum in Frankreich 1852�1870: nach einer neuen allgemeinen Abstimmung wurde der Prinz-Pr�sident als Napo-
Icott III. zum Kaiser der Franzosen ausgerufen, 2. Dezember 1852. 1852
2. Das zweite Kaiserreich (1852�1870). Als Kaiser der Franzosen war Ludwig Napoleon mit Eifer und Klugheit bestrebt, die Macht und den Glanz der Regierung seines Oheims zur�ckzuf�hren und zugleich den Besitz des franz�sischen Kaiserthrones dem napoleonischen Hause zu sichern. War der kriegsherr-liehe �C�sar" Napoleon I. gest�rzt worden und das von ihm gegr�ndete fran-z�sische erste Kaiserreich mit ihm gefallen, so gedachte Napoleon III. eine dauernde Kaiserherrschaft gleich dem gl�cklicheren Augustus aufzurichten. Er bezeichnete dieselbe ausdr�cklich als ein Friedens reich (l'empire c'est la paix);
denn die Welt verlangte nach Frieden, und selbst die ruhms�chtige franz�sische Nation schien ein friedliches Gedeihen den Wechself�llen kriegerischer Unter-nehmungen vorzuziehen. Zun�chst begehrte sie nach den Ersch�tterungen und Ge-fahren, welche ihr seit 1848 die Revolution und Republik von neuem gebracht, den Frieden und die Ruhe im Innern; darum lie� sie sich eine Zeitlang die aus-
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^dehnte und strenge Herrschermacht des Kaisers gefallen, der doch mit strammer Kraft die innere Ordnung aufrecht zu erhalten wu�te. Es war freilich eine un-gewohnte, fast schrankenlose Gewalt, die �der Empork�mmling" Napoleon III. durch Gl�ck und Klugheit in dem freiheitsbegehrlichen Lande errungen hatte. Zwar gab es neben der Regierung eine Volksvertretung; aber der �gesetzgebende K�rper" besa� nur ein d�rftiges Ma� von Rechten und �bte diese Rechte nur aus nach dem Gefallen der kaiserlichen Regierung, die durch ma�lose Beeinflussung des �allgemeinen Stimmrechts" ihren Anh�ngern die Mehrzahl der Sitze in der Versammlung zu verschaffen wu�te: der �Senat", dessen Mitglieder der Kaiser einsetzte und gl�nzend besoldete, war des Gebieters gef�giger Diener. So herrschte des Kaisers Wille allein im Staate: das Landvolk, das Heer, in dem die alten napoleonischen Erinnerungen neu geweckt wurden, st�tzten diese Herrschast; selbst ein Teil der Arbeiterklasse wurde durch gro�e Bauten, welche lohnende Besch�ftigung boten, besonders den Umbau von Paris zu einer Prachtstadt, an das Kaisertum gefesselt. Freilich war hierdurch der franz�sische Thron dem Hause Napoleon noch nicht f�r die Dauer gesichert, woraus doch des Kaisers Be-m�hen vor allem ging. Er suchte daher, da er dem im Volke mehr und mehr laut werdenden Freiheitsverlangen nicht entgegenkommen mochte, den verg�tterten Oheim nachahmend, die leicht erregbare Ruhmgier der �gro�en Nation" durch Waffenthaten zu s�ttigen: das �Kaisertum des Friedens" er�ffnete wieder eine Epoche der Kriege, die alle Hauptstaaten Europas nacheinander in gewaltige, folgenreiche K�mpfe hineinzog. Und da diese Kriege gr��tenteils ohne zureichende Ursache, lediglich aus dem Entschl�sse des selbsts�chtigen, schrankenlosen Herrschers pl�tzlich hervorgingen, so war das zweite Kaiserreich eine Quelle fortdauernder Unsicherheit der Welt.
Zun�chst f�hrte Napoleon, mit England und der T�rkei verb�ndet, den Krimkrieg gegen Ru�land mit gl�cklichem Erfolge.
� 160.
Ufr Nrimkrieg 1853�1856.
1. Veranlassung. Unter der Regierung des Kaisers Nikolaus war namentlich seit dem Frieden von Adrianopel Ru�lands Einflu� in der T�rkei �berwiegend geworden. Um seine Herrschaft im Osten noch zu erweitern, verlangte nun (1853) der Kaiser, der das t�rkische Reich f�r einen �kranken Mann" hielt, von der Pforte, da� ihm die Schutzherrschast �ber alle in der T�rkei wohnenden griechisch-katholischen Christen �bergeben werde, und lie�, als diese Forderung verweigert wurde, die Moldau und Walachei von seinen Truppen besetzen, woraus ihm der Sultan den Krieg erkl�rte, 1853.
2. Erste K�mpfe. Der t�rkische Oberfeldherr Omer Pascha hielt an der Donau die Russen vom Vorr�cken ab, w�hrend diese eine t�rkische Flotte bei Sin�pe zerst�rten. Darauf sandten England und Frankreich, mit der T�rkei verb�ndet, eine vereinigte Flotte in das Schwarze Meer, vor welcher sich die rufst-sehe in den Hafen von Sebastopel rettete. Das russische Landheer kehrte an den Grenzflu� Pruth zur�ck, und die �sterreicher r�ckten infolge eines Vertrages mit dem Sultan in die Donauf�rstent�mer ein.
3. Sebastopel. Um eine Entscheidung des Krieges herbeizuf�hren, landete
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dann im Herbst 1854 ein starkes franz�sisch-englisches Heer in der Krim, die jetzt der Hauptschauplatz des Kampfes wurde. Die Verb�ndeten errangen dort mehrere Siege und eroberten endlich nach zw�lfmonatlichem Belagerungskampfe im Sep-tember 1855 (unter General Peliffier) die Hauptst�tze der russischen Macht im Schwarzen Meere, die starke Seefestung Sebastopel.
4. Friede. Kaiser Nikolaus war bereits (am 2. M�rz 1855) gestorben, und sein Sohn und Nachfolger Alexander II. schlo� nun Frieden mit den Verb�n-beten. Im Frieden zu Paris 1856 verzichtete Ru�land auf sein �bergewicht im Schwarzen Meere, das dem Handel aller Nationen ge�ffnet wurde und gab die Schutzherrschaft �ber die Moldau und Walachei auf. Die beiden F�rstent�mer vereinigten sich 1861 zu dem F�rstentum Rum�nien; 1866 wurde der Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen als F�rst erw�hlt, der 1881 die K�nigskrone von Rum�nien annahm.
In Ru�land war Kaiser Alexander II. bestrebt, die innere Wohlfahrt seines Reiches zu heben. Seine wichtigste Regententhat war die 1861 verk�ndete B e -freiung der Leibeigenen, wodurch 24 Millionen bisher leibeigener Bauern freie Landbesitzer wurden.
� 161.
�cr italienische Krieg. � Italiens Einigung.
1. Italienischer Krieg 1859. Das Verlangen der Italiener, ihr Land von der �sterreichischen Herrschaft zu befreien und zu einem Staate zu vereinigen, fand besonders durch den K�nig Viktor Ema-Miel von Sardinien und seinen Minister Cavour Unterst�tzung. Ein B�ndnis zwischen Sardinien und Frankreich gegen �sterreich wurde insgeheim abgeschlossen, und als nun in Sardinien gesahrdro-hende Kriegsr�stungen betrieben wurden, �berschritt ein �sterreichisches Heer die sardinische Grenze. Hiermit begann der italienische Krieg. 1859 Die vereinigten franz�sisch-sardinischen Truppen schlugen die �fter-reicher in der S ch l a ch t bei M a g e n t a (4. Juni), r�ckten in Mailand ein
und siegten dann entscheidend in derSchlacht bei Solserino (24. Juni). 1859 Im Frieden zu Z�rich trat �sterreich die Lombardei ab, welche von Napoleon an Sardinien gegeben wurde, behielt aber Venedig.
2. Das K�nigreich Italien. Bald darauf schl�ssen sich auch Toskana, Parma, Modena und ein Teil desKirch enstaates an Sardinien an, das jedoch S av o y en und Nizz a an Frankreich als Lohn f�r dessen Hilfe abtreten mu�te. Im folgenden Jahre (1860) lan-dete Garibaldi, der k�hne F�hrer italienischer Freischaren, mit 1000 Mann auf Sizilien und brachte die ganze Insel zum Abfall von der neapolitanischen Herrschaft. Dann setzte er nach dem s�ditalischen Fest-lande �ber und hielt bald seinen Einzug in die Hauptstadt Neapel, wor-auf ein Heer Viktor Emanuels den Kirchenstaat in Besitz nahm bis auf
die Stadt Rom und deren n�chste Umgebung, das sogenannte Patri-monium Petri, das dem Papste blieb. Das K�nigreichNeapel und der gr��te Teil des Kirchenstaates wurden nun mit den �brigen italienischen Staaten unter Viktor Emanuel vereinigt, und die Gr�n-dung des K�nigreichs Italien feierlich verk�ndet, 1861.
� 162.
K�nig Wilhelm I. von Preu�en.
1. Wilhelm I In Preu�en folgte dem K�nig Friedrich Wilhelm IV., der am 2. Januar 1861 kinderlos starb, fein Bruder Wilhelm I. 1861�1888 auf dem Throne. Geboren am 22. M�rz 1797, hatte er als Knabe die schwere Zeit der Bedr�ckung Preu�ens durch Napoleon I. durchlebt, als J�ngling an der glorreichen Erhebung des Landes und an den Freiheitskriegen teilgenommen. �Meine Kr�fte geh�ren dem Vaterlande, ich will soviel Gutes stiften, als in meinem Verm�gen steht," gelobte er bei seiner Konfirmation (1815). W�hrend der Regierung seines Vaters und seines Bruders widmete er sich vorzugsweise dem preu�ischen Milit�rwesen, und mit freudigem Stolze schaute das Heer in dem ritterlichen Prinzen ein hohes Vorbild kriege-rischer T�chtigkeit. Als bei den Revolutionsst�rmen 1849 in Rheinbayern und im Gro�herzogtum Baden die Republik ausgerufen worden war, besiegte er als Oberbefehlshaber eines preu�ischen Heeres in einem kurzen, gl�cklichen Feldzuge den Aufstand und stellte die Ordnung in diesen L�ndern wieder her. Im Jahre 1858 �bernahm er, da sein k�niglicher Bruder unheilbar erkrankt war, die Regentschaft in 1861 Preu�en, welcher nach Friedrich Wilhelms IV. Tode 1861 seine Thronbesteigung folgte. �M�ge es mir unter Gottes Beistand gelingen, Preu�en zu neuen Ehren zu f�hren!" �u�erte er sich in seiner ersten k�niglichen Ansprache an sein Volk, und dieses Wort sollte sich in gro�artigster Weise erf�llen. Die n�chste Aufgabe feiner Regierung fand er in derErh�hung der preu�ischen Wehrkraft. Denn nur auf diesem Wege war es m�glich, Preu�en zu neuer Macht und Gr��e zu erheben und die langersehnte Neugestaltung des Deutschen Bundes herbeizuf�hren. Allein da die vom K�nig unter Mitwirkung des trefflichen Kriegsministers Roon geschaffene �Reorganifatio n", d. i. Neugestaltung des Heeres, durch welche die Zahl der schlag-fertigen Truppen erheblich vermehrt wurde, mit bedeutendem Kosten-aufw�nde verbunden war, so fand das wichtige Werk im Abgeordneten-hause des Landtages heftigen Widerspruch. Nur des K�nigs un-
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Schlacht bei Sedan
Stellung der Deutschen- tairz vor Beendigung da- l�anptk.
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ersch�tterliche Ausdauer und die unvergleichliche staatsm�nnische Be-gabung des gro�en Ministers, der ihm zur Seite stand, waren diesem Widerspruche gewachsen.
2. Otto von Bismarck entstammt einem al^en^brandenburgischen Adelsgefchlechte; er ist am 1. April 1815^anf ^em Aann!iengute Sch�n- '
Hausen in der Altmark^eboren. Als Mitglied des Vereinigten Landtags j 1847 und des preu�ischen Abgeordnetenhauses that er sich durch seine ftn'J*,. gehaltvollen Reden hervor; dann war er l�ngere Zeit Gesandter beim Lf , Bundestage in Frankfurt und an den H�fen von Petersburg und Paris,^
und als nun der Kamps wegen der Heeresumgestaltung entbrannte,)"^" ^ r' wurde er, zun�chst mit der Aufgabe, die Reorganisation vor dem Land-tage zu vertreten, an die Spitze des preu�ischen Staatsministeriums be-berufen, 1862. Ein un�bersehliches Heer von Gegnern stellte sich dem 1862 �kecken Junker" mit ungest�mer, blinder Leidenschaftlichkeit entgegen.
Jahrelang tobte im Abgeordnetenhause der Redekampf gegen den Viel-geha�ten; immer sch�rfer wurde der �Konflikt" zwischen der Regierung und der verblendeten Volksvertretung. Aber der hochbegabte �eiserne"
Minister, m�chtig in Worten und Thaten, stand im Bewu�tsein, da� er f�r des Vaterlandes Gr��e streite, unbezwungen in den St�rmen, die ihn umbrausten, gehoben durch das Vertrauen seines K�nigs, der sein �eigenstes Werk", die Reorganisation, unentwegt festhielt, weil fein k�niglicher Gedanke, �Preu�en zu neuen Ehren zu erheben", ihre Durch-f�hrung erforderte. So wurde, trotz allen Widerstandes, die Neu-gestaltung oes Heeres zustande gebracht und dadurch f�r Preu�en eine Waffenmacht geschaffen, welche bald durch die glorreichsten Erfolge die Welt in Staunen setzte.
� 163.
FranMsche Expedition nach Btenko�
Amerikanischer B�rgerkrieg. Nachdem Kaiser Napoleon III. durch den Krimkrieg Ru�land, durch den italienischen Krieg �sterreich besiegt hatte, suchte er sogar auch in der neuen Welt festen Fu� zu foffen. Dazu schien sich ihm eine gute Gelegenheit zu bieten durch den amerikanischen B�rgerkrieg (1861 bis 1865). Die Vereinigten Staaten von Nordamerika waren seit ihrer Losrei�ung von England an Gebiet und Bev�lkerung m�chtig gewachsen und durch Ackerbau, Handel und Industrie rasch emporgebl�ht. Allm�hlich aber trat der Gegensatz zwischen den industriereichen n�rdlichen und den sklaven-haltenden s�dlichen Staaten immer sch�rfer hervor. Lange Zeit behaupteten die letzteren durch ihr festes Zusammenhalten den �berwiegenden Einflu� auf die Staatsangelegenheiten. Endlich aber siegte die n�rdliche Gegenpartei, welche (1861)
die Wahl Abraham Lincolns, eines Gegners der Sklaverei, zum Pr�sidenten der 1861 Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 16
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Vereinigten Staaten durchsetzte. Da sagten sich die 11 Sklavenstaaten (Virginien, beide Karolina, Tennessee, Arkansas, Georgia, Florida, Alabama, Mississippi, Louisiana und Tejas) von der Verbindung mit dem Norden los und bildeten unter dem Namen konf�derierte Staaten einen neuen Staatenbund. Hierdurch kam es zum B�rger krieg. Anfangs waren die Konf�derierten den schlecht ge-r�steten (23) Nordstaaten �berlegen; als aber Lincoln alle Sklaven im feindlichen Gebiete f�r frei erkl�rte (1. Jan. 1863), griffen auch die Neger zu den Waffen gegen ihre bisherigen Herren; die Streitkr�fte des Nordens wuchsen in dem Ma�e, wie die des S�dens sich minderten, und nach einer Reihe sehr blutiger Schlachten gewann endlich Grant, der Oberbefehlshaber der n�rdlichen Heere, einen entschei-d enden Sieg b ei Petersburg 1865, der den Fall Richmonds, der Hauptstadt der Konf�derierten, herbeif�hrte. So wurde der Krieg zu gunsten des Nordens beendet. Sein Schlu� wurde befleckt durch die Ermordung des auf weitere 4 Jahre gew�hlten Pr�sidenten Lincoln, der als Opfer einer Verschw�rung fiel (April 1865). Nach der Wiederherstellung der Union durch Unterwerfung der Kon-f�derierten wurde die Sklaverei im ganzen Gebiete der Vereinigten Staaten gesetzlich aufgehoben.
Diefe Gelegenheit des B�rgerkrieges in den Vereinigten Staaten hatte nun Napoleon zu einem Feldzuge nach Mexiko ben�tzt. Anf�nglich mit England und Spanien verbunden, um verletzte Rechte europ�ischer Unterthanen zur Geltung zu bringen, sprach Napoleon bald r�ckhaltslos die Absicht aus, �dem Vordringen der Nordamerikaner nach S�den entgegenzutreten, der lateinischen (romanischen) Rasse in Amerika aufhelfen und den Einflu� Frankreichs daselbst fest begr�nden zu wollen" � ein Plan, zu dessen Ausf�hrung feine Verb�ndeten nicht mitwirken wollten. Als daher die englischen und spanischen Truppen nach Europa zur�ck-gekehrt waren, drang das franz�sische Heer siegreich in Mexiko vor und brachte das Land in Frankreichs Besitz (1863). Art die Stelle der mexikanischen Republik setzte Napoleon ein ganz von ihm abh�ngiges Kaisertum, dessen Krone er dem Erzherzog Maximilian von �sterreich verlieh (1864). Allein die ganze Sch�pfung, welche Frankreich ungeheure Opfer gekostet, brach bald zusammen: Napoleon sah sich nach Beendigung des nordamerikanischen B�rgerkrieges durch ernste Mahnung der Unionsregierung gezwungen, sein Heer aus Mexiko zur�ckzuziehen, worauf das junge Kaisertum mit Maximilians Erschie�ung ein trauriges Ende nahm (1867). Das war ein �dunkler Punkt" in Napoleons Regierungsgeschichte.
� 164.
D�nischer Krieg.
Schleswig-Holstein. Schon im Jahre 1848 hatte der Versuch der d�nischen Regierung, das mit dem deutschen Herzogtum Holstein unzertrennlich (�up ewig ungedeelt") verbundene Schleswig mit Aufhebung seiner alten Rechte dem d�nischen Staate v�llig einzuverleiben, eine Erhebung der schleswig-holsteinischen Be-v�lkerung hervorgerufen. Preu�ische und andere deutsche Truppen hatten den Schleswig-Holsteinern Hilfe gebracht und in siegreichen Gefechten die D�nen bis nach J�tland zur�ckgedr�ngt. (Erster schleswig-holsteinischer Krieg.) Allein die Einmischung der fremden Gro�m�chte hatte die d�nische Herrschaft �ber Schleswig-Holstein wieder hergestellt. Doch war festgesetzt worden, da� trotz der
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Verbindung mit D�nemark die eigene Verfassung der Herzogt�mer aufrecht er-halten bleibe.
Als im November 1863 der K�nig Christian IX., der auf Schleswig--Holstein kein Erbrecht hatte, den d�nischen Thron bestieg, genehmigte er eine neue Staatsverfassung, welche Schleswig dem K�nigreiche D�ne-mark v�llig einverleibte. Da lie� der Deutsche Bund, der die von dem Prinzen Friedrich von Augustenburg auf Schleswig-Holstein erhobenen Erbanspr�che beg�nstigte, durch s�chsische und hann�versche Truppen das Bundesland Holstein besetzen; Preu�en und �sterreich lie�en ein gemeinschaftliches Heer unter dem Oberbefehl des preu�ischen Feld-Marschalls Wrangel in Schleswig einr�cken. Hiermit begann der d�nische (oder zweite schleswig-holsteinische) Krieg 1864. Die D�nen gaben die Festungslinie des Danewerks ohne Kampf 1864 auf und gingen, auf dem R�ckz�ge von den �sterreichern unter �ablenz bei �versee geschlagen, in die D�pp eler Schanzen zur�ck. Nach siebenw�chentlicher Belagerung dieser starken Befestigung erfolgte die Erst�rmung von D�ppel (18. April) 1864 durch die Preu�en unter dem Prinzen Friedrich Karl, infolge deren das Festland Schleswig von den D�nen befreit wurde. Nach kurzem Waffenstillst�nde und ver-geblichen Friedensunterhandlungen wurde dann durch den �bergang der Preu�en �ber den Alsensund (29. Juni, unter General Herwarth) auch die Insel Alsen genommen, endlich ganz J�tland bis zum Kap Skagen besetzt. Im Frieden zu Wien (Oktober 1864)
trat der K�nig von D�nemark Schleswig - Holstein (nebst Lauenburg) <m den Kaiser von �sterreich und den K�nig von Preu�en ab. Durch den V e r t r a g z u G a st e i n (August 1865) wurde dann Holstein unter �sterreichische, Schleswig unter preu�ische Verwaltung gestellt; das Herzogtum Lauenburg ging, gegen eine Abfindungssumme an �fter-reich, in den Besitz des K�nigs von Preu�en �ber. (Bismarcks Ver-dienst um diese Erfolge wurde durch seine Erhebung in den Grafenstand vom K�nige anerkannt.)
� 165.
Der Deutsche Krieg von 1866.
1. Vundesreformpl�ne. So vollst�ndig auch die bisherigen Ver-suche, die von allen Seiten als unzureichend erkannte deutsche Bundes-Verfassung aus friedlichem Wege umzugestalten, mi�lungen waren: das Bed�rfnis einer festeren und st�rkeren Einigung Deutschlands, als sie der lose zusammenh�ngende, machtlose Staatenbund von 1815 darbot,
machte sich sortdauerud mit zunehmender St�rke und Allgemeinheit im
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deutschen Volke geltend. Eine bestimmtere Gestalt gewannen diese Einigungsbestrebungen, als im Jahre 1859 der sogenannte Nationalverein gestiftet wurde, der daf�r zu wirken suchte, da� Preu�en als der m�chtigste rein deutsche Staat die F�hrung des geeinigten Deutsch-lands erhalte. Freilich lagen die Dinge so, da�, wie der preu�ische Ministerpr�sident Bismarck offen aussprach, diese Bestrebungen "Nicht durch Reden und Mehrheitsbeschl�sse, sondern nur durch Eisen und Blut" verwirklicht werden konnten. Vornehmlich zwischen den beiden Hauptm�chten, �sterreich und Preu�en, bestand in dieser Frage ein starker Gegensatz. Der Kaiser von �sterreich legte einem von ihm nach Frankfurt berufenen F � r st e n t a g e (1863) einen Bundesreform-plan vor, nach welchem �sterreich an Deutschlands Spitze treten sollte, w�hrend Preu�en in seinem Einfl�sse erheblich gemindert wurde. Der Plan scheiterte, da Preu�en sich an dem F�rstentage nicht beteiligte, vielmehr im Gegensatze zu dem �sterreichischen Reformvorschlage, der dem Verlangen der Nation nach einem freien deutfchenParlament keine Rechnung trug, eine aus allgemeinen Wahlen hervorgehende Ver-tretung des deutschen Volkes als notwendige Grundlage jeder Neu-gestaltung des Bundes bezeichnete.
2. Verwickelung in Schleswig-Holstein. Die schleswig-hol-steinische Angelegenheit gab nun den Ansto� dazu, da� der Gegensatz der beiden M�chte zum blutigen Austrage kam. Als n�mlich bald nach der �bereinkunft von Gastein die �sterreichische Regierung in Hol-stein immer entschiedener daraus hinarbeitete, dieses Land dem Prinzen von Augustenburg zu �berantworten, erhob Preu�en, das die Errich-tung eines neuen Kleinstaates an der Eider nicht dulden konnte, hier-gegen scharfen Widerspruch und stellte, um mit der schleswig-hol-steinischen zugleich die deutsche Frage zur Entscheidung zu bringen, am Bundestage den Antrag aus Einberufung eines deutschen Parlaments. Die Regierungen der meisten deutschen Mittel-staaten widerstrebten einem solchen Parlament; �sterreich aber verband sich dieselben dadurch noch enger, da� es nun die schleswig-holsteinische Sache der Entschlie�ung des Bundes �bergab. Diese �bergabe er-kl�rte Preu�en s�r einen Bruch des Gasteiner Vertrags und lie� Truppen aus Schleswig in Holstein einmarschieren. Vor den Preu�en zogen sich die minder zahlreichen �sterreichischen Besatzungstruppen aus Holstein zur�ck.
3. Ausbruch des Krieges. Wegen der Besetzung Holsteins durch Preu�en beantragte �sterreich Bundeshilfe; als diese in derBundes-
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tags sitz ung vom 14. Juni beschlossen wurde, erkl�rte Preu�en, da� durch diesen Beschlu� der bisherige Bundesvertrag gebrochen und erloschen sei, und lie� sofort Truppen in seine Nachbarstaaten Han-nover, Kurhessen und Sachsen einr�cken, als diese am B�ndnis mit �sterreich festzuhalten erkl�rten. Das hannoversche Heer, das in s�d�stlicher Richtung zu den Bayern durchzubrechen suchte, focht zwar tapfer bei Langensalza (27. Juni) gegen eine preu�ische Heeres-abteilung, streckte dann aber, von der �bermacht umstellt, die Waffen; Kurhessen wurde ohne Schwertstreich besetzt; das s�chsische Heer wandte sich beim Einr�cken der Preu�en au�er Landes nach B�hmen, um sich mit den �sterreichern zu vereinigen.
4. Die ersten K�mpfe in B�hmen. �sterreich hatte in M�hren und B�hmen unter dem Feldzeugmeister Benedek ein Heer von 240 000 Mann aufgestellt, dem sich 23 000 Sachsen anschl�ssen. Gleichzeitig von drei Seiten drangen die Preu�en in B�hmen ein:
1. die Elbarmee, 46000 Mann unter Herwarth von Bittenfeld, zog von Dresden her s�d�stlich, bestand das gl�ckliche Vorpostengefecht bei H�hner-wasser (26. Juni) und vereinigte sich mit der: 2. ersten Armee, 93000 Mann unter dem Prinzen Friedrich Karl, die von der Lausitz her einger�ckt war, worauf am 28. Juni das siegreiche Gefecht bei M�nchengr�tz erfolgte. Durch das gleichfalls g�nstige Treffen bei @ itschin (29. Juni) wurde dann auch die Verbindung mit dem noch �brigen preu�ischen Heere gewonnen. 3. Dieses, die sogenannte zweite oder schlesis ch e Armee, 115000 Mann unter dem Kr�n-Prinzen Friedrich Wilhelm, zog weiter �stlich durch die schleichen Gebirge heran. Der rechte Fl�gel wurde (am 27. Juni) bei Trautenau zur�ckgedr�ngt; aber das Centrum, die Garde, er�ffnete ihm am folgenden!Tage durch das gl�ckliche Treffen bei Soor (Trautenau) wieder die Stra�e zum Vorgehen; der linke Fl�gel, unter Steinmetz, erfocht die Siege bei Nachod (27. Juni) und Skaliiz (23.). Nachdem die �sterreicher in diesen Gefechten bereits erhebliche Verluste erlitten hatten, vereinigte Benedek sein Heer bei K�niggr�tz.
Den Oberbefehl �ber die gesamten preu�ischen Streitkr�fte aber �bernahm nun der K�nig Wilhelm, welcher mit dem Grafen Bis-marck am 2. Juli in Gitschin eintraf; ihm zur Seite stand als Chef des Generalstabs der General Moltke.
Hellmut von Moltke, der durch den von ihm entworfenen trefflichen Feldzugsplan den bedeutungsvollsten Anteil an dem g�nstigen Verlauf des ge-famten Krieges hatte, ist am 26. Oktober 1800 zu Parchim in Mecklenburg-Schwerin geboren. Im Jahre 1822 trat er in die preu�ische Armee. Seit 1858 an der Spitze des gro�en Generalstabs, stand er in dem Kriege gegen D�nemark 1864 dem Prinzen Friedrich Karl zur Seite und stellte sowohl in dem deutschen Kriege von 1866, rote in dem Kriege gegen Frankreich 1870�71 die wichtigsten, von den gl�n-zendsten Erfolgen begleiteten Kriegs- und Schlachtenpl�ne auf.
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Sofort nach der Ankunft des k�niglichen Oberfeldherrn erfolgte dann der entscheidende Kampf,
1866 5. die Schlacht bei K�niggr�lz 3. Juli. Es war ein Riesen-3uIt k�mpf, wie die V�lkerschlacht bei Leipzig: 210000 �sterreicher unb Sachsen standen gegen 220000 Preu�en. Beim Beginn der Schlacht^ morgens 8 Uhr, waren die �sterreicher an Zahl erheblich �berlegen, da von den Preu�en nur die erste Armee unter Friedrich Karl und die Elbarmee unter Herwarth (als rechter Fl�gel) zur Stelle waren^ zusammen 124000 Mann; erst um Mittag konnte die zw eit e Armee (unter dem Kronprinzen) auf dem Kampfplatze erscheinen. Das Ein-greifen dieses linken Fl�gels in die Schlacht entschied, wie einst Bl�chers Erscheinen bei Waterloo, den Sieg f�r die Preu�en. 20 000 Gefangene und 161 Kanonen fielen den Siegern in die H�nde. � Mit dieser gro�en Schlacht war der Krieg auf dem Hauptschauplatze entschieden: in nur acht Tagen (26. Juni bis 3. Juli) hatte das preu�ische �Volk in Waffen" die unentrei�bare Siegespalme errungen. An die Schlacht bei K�niggr�tz reihte sich das Vorr�cken der Preu�en bis in die N�he von Wien. Am 26. Juli machte der Nikolsburger Waffen-stillstand dem Kampfe ein Ende.
6. Der Mainfeldzug. W�hrend dieser Vorg�nge im Osten Deutschlands war auch in den Maingegenden der Kampf zwischen �sterreichs Bundesgenossen, den s�ddeutschen Staaten, und de�; Preu�en entbrannt. Der preu�ische General Vogel von Falken st ein, zu k�hnem und raschem Handeln angewiesen, wu�te eine Vereinigung der in zwei Heere geteilten, an Zahl �berlegenen Gegner abzuwehren, warf sie auf das linke Mainufer zur�ck, r�ckte (am 16. Juli) in das von den Resten des Bundestags verlassene Frankfurt ein und schrieb an den K�nig: �Der Feind ist nach einem Gesamtverlust von mehr als 5000 Mann �ber den Main gezogen und-setzt seinen R�ckzug immer weiter fort. Die L�nder n�rdlich des Mains liegen zu Ew. K�niglichen Majest�t F��en." Sein Nachfolger im Oberbefehl, derGeneral Manteuffel, gewann weitere Erfolge und drang bis W�rzburg, eine andere preu�ische Heeresabteilung bis N�rnberg vor. Ein Waffenstillstand machte dann dem Kampfe ein Ende.
7. Krieg in Italien. Auch K�nig Viktor Emannelvon Italien hatte sich in diesem Kriege an Preu�en angeschlossen, um Venedig zn gewinnen. Er wurde zwar bei Eustozza von den �sterreichern ge-schlagen; aber der gro�e Sieg der Preu�en bei K�niggr�tz gab bald dem Kriege eine neue und entscheidende Wendung. �sterreich, hierdurch aufs �u�erste bedroht, trat sofort Venedig an den Kaiser der Franzosen ab, um durch dessen Vermittelung den Frieden mit Italien zu erlangen. Dieser kam bald in Wien zustande (Okt. 1866) und hatte die �bergabe Venedigs an den K�nig von Italien zur Folge.
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8. Friede. Mit den s�ddeutschen Staaten und mit dem K�nig-reiche Sachsen wurde hierauf in Berlin Friede geschlossen. Zwischen Preu�en und �sterreich kam (am 23. August) der Friede zu Prag zu- 23. Aug st�nde: der bisherige �Deutsche Bund" wurde als ausgel�st erkl�rt, �sterreich schied aus Deutschland aus und trat seine Rechte auf Schleswig-Holstein an Preu�en ab. � Eine weitere Folge des Krieges
war die Einverleibung von Hannover, Kurhessen, Kassau, der freien Stadt Frankfurt und Schleswig-Holstein (1325 Quadratmeilen mit 4300000 Einwohnern) in den preu�ischen Staat, der dadurch abgerundet uud auf 6395 Quadrat-meilen mit 24 (jetzt 28) Millionen Einwohnern vergr��ert wurde.
9. Der Norddeutsche Bund. Die s�mtlichen Staaten Nord-deutschlands (22 an der Zahl) vereinigte darauf Preu�en zu dem �Norddeutschen Bunde", dessen Verfassung am 1. Juli 1867 in Kraft trat. � Mit den s�ddeutschen Staaten schlo� Preu�en B�ndnisvertr�ge ab, welche die Streitkr�fte derselben im Kriegsfalle unter den Oberbefehl des K�nigs von Preu�en stellten. Die Einigung Deutschlands war noch nicht vollst�ndig erreicht, aber doch hoffnungsvoll angebahnt und, wie nicht zu zweifeln stand, nahe ger�ckt.
� 166.
Ier deutsch-franz�sische Krieg von 1870�1871. Der Mampf bis zu Napoleons III. Sturz.
1. Napoleon III. und Preutzen. Seit lange war in dem fran-z�sischen Volke von seinen Geschichtschreibern und Dichtern der Wahn gen�hrt worden, der Rhein sei im Osten Frankreichs �nat�rliche Grenze", das ganze linksrheinische Deutschland samt Belgien m�sse daher mit Frankreich vereinigt werden. Indes war, so lange der Deutsche Bund bestand, Frankreich auch ohne diese Gebietserweiterung dem in sich gespaltenen Nachbarlande an Macht �berlegen: sein vor-wiegendes Ansehen in Europa schien durch Deutschland am wenigsten gef�hrdet. Als aber �ber Napoleons Erwarten hinaus der Krieg von 1866 Preu�ens St�rke gezeigt und dessen Macht gehoben, �sterreichs hemmenden Einflu� entfernt und das �brige Deutschland fester zusammengeschlossen hatte, da regte sich Frankreichs Neid: die eitle �gro�e Nation" betrachtete den Sieg bei K�niggr�tz (Sadowa) mit �patriotischer Beklemmung" wie einen Abbruch, der ihrem eigenen Kriegsruhm widerfahren sei, forderte �Rache f�r Sadowa" und erhob mit neuem Ungest�m das Geschrei nach der �Rheingrenze". Allein Frankreich
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war vorerst noch in den unr�hmlichen Krieg mit Mexiko verwickelt, der seine Wehrkraft schw�chte; Preu�en aber bot durch seine friedliche Haltung keinen Anla� zn feindlichem Angriff. Doch Napoleon gewann dadurch nur Zeit zu umfassenden Kriegsr�stungen, die voll Eifers be-trieben wurden. Endlich erkl�rte sein Kriegsminister (Leboeuf), Frank-reich sei zum Kampfe ��berbereit", und die einflu�reiche Kaiserin Eugenie unterlie� nicht, durch fortdauerndes Dr�ngen (quand aurai-je ma petite guerre?) ihren bed�chtigeren Gemahl zum Los-schlagen zu bestimmen.
2. Veranlassung zum Kriege. Ein der Einwirkung Preu�ens fern-liegender Vorgang wurde zur Kriegsursache gemacht. Die S p a n i e r, deren Thron seit der Vertreibung der K�nigin Jsabella (der Tochter Ferdinands VII.) erledigt war, boten dem Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, einem entfernten Verwandten des preu�ischen K�nigshauses, ihre Krone an. Gegen diese Thron-besetzung, die ohne seinen bestimmenden Einflu� erfolgen sollte, erhob der franz�sische Kaiser, der sich gerne als den obersten Schutzherrn der romanischen V�lker darstellte, Einsprache unter dem seltsamen Vor-geben, da� dadurch Preu�ens Macht gesteigert werde. �Das Haus Hohenzollern gehe damit um, das Weltreich Kaiser Karls V. wieder aufzurichten." Um keine Veranlassung zu einem ungerechten blutigen Kriege zu bieten, leistete Prinz Leopold sofort auf die spanische Krone Verzicht. Allein Napoleon suchte begierig den Krieg. Er stellte daher (durch seinen Gesandten Benedetti) an den K�nig Wilhelm I., der sich eben im Bade Ems aushielt, die ungeb�hrliche Forderung, des Prinzen Verzichtleistung auf den spanischen Thron f�r alle Zukunft zu ver-b�rgen � ein Ansinnen, das von dem K�nige mit Festigkeit zur�ck-gewiesen wurde. Da erkl�rte der franz�sische Kaiser an Preu�en den 1870 Krieg, 19. Juli 1870. �Leichten Herzens" rieten Napoleons �berm�tige Minister ihrem Herrn zu dem verh�ngnisvollen Schritt. Das beth�rte franz�sische Volk aber nahm die Kunde mit Jubel auf; es hatte von jeher nur geh�rt und in den Schulen gelernt, da� die �gro�e Nation" unbefieglich sei. So schwatzten und tr�umten die Pariser nur von Ruhm und Sieg, und die kecksten unter ihnen meinten wohl: �In drei Wochen werden wir bereits in Berlin unsere siegreichen Adler aufpflanzen".
3. Deutschlands Erhebung. Ganz anders waren Preu�ens und Deutschlands Haltung. Der pl�tzliche ruchlose Friedensbruch er-f�llte das gesamte deutsche Volk mit Ingrimm und Abscheu, weckte
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aber auch in allen Herzen das lebendigste Vaterlandsgef�hl. Die Fr�hlingstage von 1813 schienen wiedergekehrt, der Geist der Freiheits-kriege lebte wieder auf. Und hehr und gewaltig, wie in jenen unver-ge�lichen Tagen, ja weiter und allgemeiner noch als damals, �vom Fels zum Meer", von den Gestaden des deutschen und des baltischen Meeres bis zu den Alpen, vom Riemen bis zur Saar flammte die Be-geisterung empor f�r den � heiligen Krieg", f�r den Vergeltungs-k�mpf wider den �Erbfeind". Da gab es keine Trennung mehr zwischen Nord- und S�ddeutschland, keine Uneinigkeit, auf welche Napoleon ge-rechnet; da war die Einheit des Vaterlandes in den Herzen des Volkes mit einem Schlage vollbracht. Und als K�nig Wilhelm von Preu�en, der Oberbefehlshaber der gesamten deutschen Kriegsmacht, zu den Waffen rief, eilten nicht blo� seine Preu�en und die �brigen Norddeutschen kampsesfreudig herbei, da erhoben sich jubelnd auch die Bayern und die Schwaben, die Badener und die Hessen und stellten sich schlachtenmutig und siegesgewi� unter des Heldengreises bew�hrte F�hrung.
4. Die Streitkr�fte. Napoleon gedachte den Feind unvorbereitet zu finden; darum st�rzte er sich so hastig in den Krieg. Allein das deutsche Kriegswesen war seit der allgemeinen Einf�hrung der preu�ischen Wehrverfassung so trefflich geordnet, da� es nur weniger Tage bedurfte, um hunderttausende von Streitern kampfbereit ins Feld zu schicken. So wurde den Franzosen der Vorsprung, welchen sie durch den fr�heren Anfang ihrer R�stungen gewonnen hatten, durch die gr��ere Schlag-fertigkeit der Deutschen vereitelt. Zwar hatte Napoleon eine Streit-macht von 336 000 Mann, die sogenannte �Rheinarmee" (die den Rhein nimmer erreichen sollte), unter seinem Oberbefehl an der deutschen Grenze gesammelt, um, den Feind �berraschend, bei Karlsruhe �ber den Rhein vorzugehen; allein bald standen den Franzosen 384000 Mann deutscher Truppen in drei Heeren gegen�ber: die erste Armee unter Steinmetz bei Trier und Saarlouis, die zweite Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl in der bayerischen Pfalz und die dritte Armee bei der sich die s�ddeutschen Truppen befanden, unter dem Kronprinzen von Preu�en von Speier und Landau her gegen das Elsa� anr�ckend. Am 31. Juli ging der K�nig (umgeben von Bismarck, Roon und Moltke) von Berlin zum Heere ab.
5. Die ersten Siege der Deutschen. Der Kampf begann am 2. August mit einem Angriff der Franzosen auf die offene preu�ische Grenzstadt Saarbr�cken, welche die kleine preu�ische Besatzung nach
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r�hmlichem Widerstande gegen die zwanzigfache feindliche �bermacht in geordnetem R�ckz�ge r�umte. Der Feind hatte den deutschen Boden betreten, � um ihn bald auf immer wieder zu verlassen. Der Krieg nahm nun einen ebenso raschen als f�r die deutschen Waffen h�chst gl�nzenden Verlauf: Sieg reihte sich an Sieg. Am 4. August besiegte der preu�ische Kronprinz ein franz�sisches Heer bei Wei�enburg, o. Aug. zwei Tage daraus schlug er in der gro�en Schlacht bei W�rth 6. August den franz�sischen Marschall Mac Mahon in die Flucht und r�ckte durch die P�sse der Vogesen gegen Nancy vor. Auch die Steinmetzsche Armee k�mpfte am 6. August erfolgreich: sie warf durch den Sieg bei Spichcren (unweit Saarbr�cken) ein franz�sisches Korps auf Metz zur�ck.
6. Die Schlachten bei Metz. Durch diese Schl�ge kam ein ge-waltiger Schrecken �ber das franz�sische Volk. Man schrieb die Schuld an den ganz unerwarteten Niederlagen vor allen dem Kaiser zu, der zur Heeresf�hrung nicht f�hig fei; daher legte Napoleon den Oberbefehl nieder, und der Marschall Bazaine, der sich durch den Feldzug gegen Mexiko bekannt gemacht, trat nun an die Spitze der Truppenmacht, die bei der Festung Metz zusammengezogen wurde. Schon aber waren, gleich der dritten, auch die erste und zweite deutsche Armee aus franz�sischem Boden vorger�ckt. Beide wandten sich gegen Bazaines Heer: des �Schlachtendenkers" Moltke Plan ging dahin, Bazaine von der Verbindung mit Paris abzuschneiden und in Metz einzuschlie�en. Dieser Zweck wurde erreicht durch die K�mpfe vom 14., 16. und 18. August. Am 14. August siegte Steinmetz bei Colombey-Nouilly; zwei Tage sp�ter, 16. August, erfocht der Prinz Fried-
16. Aug. rich Karl den Sieg bei Vionville (Mars la Tour, westlich von Metz). Es war die blutigste Schlacht, der gro�artigste Reiterkampf des ganzen Krieges: 33 000 Mann, unter ihnen 16000 Preu�en, deckten tot oder verwundet das Schlachtfeld. Und abermals nach zwei Tagen, 18.August, erfolgte eine dritte Schlacht, K�nig Wilhelms entscheidender 18. Aug. Sieg bei Gravelotte, durch welchen Bazaines Heer hinter die Festungs-werke von Metz zur�ckgeworfen wurde, so da� es, von den deutschen Truppen wie mit einem eisernen Ringe umschlossen, im freien Felde nicht mehr erscheinen konnte.
7. Scdan. Unterdessen hatten die Franzosen im Lager bei Chalons ein neues Heer gesammelt. Der bei W�rth geschlagene Marschall Mac Mahon stand an seiner Spitze; auch der Kaiser Napoleon befand sich bei demselben. Ihm r�ckten nun die dritte deutsche Armee unter dem preu�ischen Kronprinzen und eine neue sogenannte vierte
Armee entgegen, die von Iber Metz umlagernden Truppenmacht abge-Zweigt unb unter ben Befehl des Kronprinzen von Sachsen ge-stellt war. Aber bie beutschen Heere s�ubert bas franz�sische Lager bei Ehalons leer. Mac Mahon war in ber Stille gegen Norden abmar-schiert, um, w�hrend die get�uschten Feinde ihn vergeblich in Chalons suchten, pl�tzlich vor Metz erscheinend, Bazaines Heer von der Ein-schlie�nng zu befreien und, mit demselben vereinigt, die feindlicheit Streitkr�fte einzeln zu schlagen. So lautete der franz�sische Kriegs-plan; allein dieser Plan wurde vereitelt. Als die deutschen Feldherren des Marschalls Abzug merkten, �nderten sie sofort ihren Weg und eilten dem nordw�rts ziehenden Franzosenheere nach. Am 30. August stie� der Kronprinz von Sachsen auf einen Teil desselben und dr�ngte ihn durch denSiegbeiBeaumont �ber die Maas zur�ck. Zwei Tage danach wurde die Hauptschlacht bei Sedan, 1. September, geschlagen, i. Sept. Die Armeen der beiden Kronprinzen waren unter dem Oberbefehl K�nig Wilhelms vereinigt. Mac Mahons Streitmacht st�tzte sich aus die Festung Sedan. In der ersten Morgenfr�he beginnen die bayerischen Truppen den Angriff auf des Feindes rechten Fl�gel; von hier r�ckt das Gefecht immer weiter bis zur �u�ersten Linken der franz�sischen Aufstellung fort. Mac Mahon wird beim Beginn der Schlacht durch einen Granatschu� schwer verwundet; an seinerStatt �bernimmt General Wimp ssen den Befehl. Aber enger und enger schlie�t sich der seind-liche G�rtel um die Franzosen; von mehreren Seiten zugleich st�rmen die Scharen des preu�ischen Kronprinzen aus sie ein; aus der andern Seite bedr�ngt sie der Kronprinz von Sachsen: rund um Sedan rollt der Donner der siegreich fortschreitenden Feldschlacht. Nach starken Ver-l�ften ziehen sich endlich die Franzosen hinter die Mauern der Festung zur�ck. Aber diese bieten dem zerr�tteten Heere keine Rettung mehr: vernichtend fallen die Bomben und Granaten der Deutschen in die wirren, dichtgedr�ngten Kn�uel von entmutigten Soldaten, die alles verloren sehen. Der Kaiser Napoleon, der an der Schlacht teilge-nommen, sucht umsonst durch einen ehrenvollen Kriegertod der Schmach zu entgehen: keine Feindeskugel trifft ihn ins Herz. Da schreibt der Tiesgedem�tigte an den K�nig von Preu�en: �Weil es mir nicht ver-g�nnt war, inmitten meiner Truppen zu sterben, so �bergebe ich Eurer Majest�t meinen Degen." Und am folgenden Morgen, 2. September, 2. Sept. ergiebt sich das ganze noch �brige Franzofenheer, 85 000 Soldaten mit dem Marschall und allen seinen Offizieren, mit 500 Kanonen und allen Adlern dem Sieger. Es war ein unerme�licher Erfolg, ein Sieg ohne-
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gleichen! Nie, solange Kriege gef�hrt worden, hatte eine so zahlreiche Armee vor dem Feinde die Waffen gestreckt. Napoleon selbst stellte sich dem K�nige Wilhelm als Gefangener. Das Schlo� Wilhelmsh�he bei Kassel, auf welchem einst sein Oheim, der K�nig Jerome von Westfalen, �ppige Feste gefeiert, wurde ihm zum Aufenthalte angewiesen. �Welch eine Wendung durch Gottes F�hrung!" telegraphierte der sieggekr�nte K�nig Wilhelm an die K�nigin Augusta in Berlin.
Napoleon III., beim Friedensschl�sse aus der Gefangenschaft auf Wil-helmsh�he entlassen, begab sich nach England und starb dort am 9. Januar 1873 in der Verbannung.
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Fortsetzung: 2. der Krieg gegen die franz�sische Republik.
1. Napoleons Entthronung. In Paris brach nach diesen Un-gl�cksf�llen eine neue Revolution aus, welche den �feigen Des-poten" Napoleon III. entthronte und, w�hrend die Kaiserin sich nach England fl�chtete, Frankreich wieder in eine Republik verwandelte. Eine sogenannte �Regierung der Nationalverteidigung", welcher T r o ch u, der Gouverneur von Paris, und die Volksvertreter Jules Favre und Gambetta angeh�rten, �bernahm die Fort-setzuug des Krieges, um �Frankreichs heiligen Boden" von den �bar-barischen Eindringlingen" zu erretten, denen �kein Fu�breit Landes, kein Stein einer Festung" abgetreten werden sollte. Es war doch ein recht verwegenes Unternehmen. Denn Frankreich hatte keine Armee mehr im Felde; es konnte sich nur noch auf seine Festungen st�tzen. Der Krieg erhielt hiermit eine neue Gestalt: auf die vierw�chentliche Periode (4. August bis 2. Sept.) der neun gro�en Schlachten folgte zun�chst
2. der Belagerungskrieg. Sosort nach dem Siege bei Sedan trat K�nig Wilhelm mit der dritten und der vierten Armee den Zug auf Paris an: am 19. September war die Einschlie�ung von Paris, der ausgedehntesten Festung der Welt, bewirkt. Am 28. September erfolgte die Einnahme von Strasburg, das seit der Schlacht von W�rth durch preu�ische und badische Truppen unter General Werder gelagert war. Einer der gro�artigsten Kriegserfolge war dann die �bergabe von Metz, 27. Oktober. Wohl hatte Bazaine noch manchen Versuch gemacht, den eisernen G�rtel, mit welchem das deutsche Heer ihn umspannt hielt, zu sprengen; allein stets waren die ausbrechenden Franzosen zur�ckgeworfen worden. Es gab keine Rettung mehr. Da legte die zerr�ttete franz�sische Armee vor dem Sieger die
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Waffen nieder. Ein Heer, doppelt so zahlreich als das bei Sedan: 180000 Mann, drei Marsch�lle (Bazaine, Leboeuf und Canrobert) und 50 Generale wurden kriegsgefangen, 1400 Feld- und Festungsgesch�tze, 300 000 Gewehre erbeutet. K�nig Wilhelm feierte �das gro�e Ereignis, da� nun die beiden feindlichen Armeen, welche im Juli uns gegen�bertraten, in Gefangenschaft sich befinden", dadurch, da� er �die beiden Kommandierenden unserer Armeen, Fritz (den Kronprinzen von Preu�en) und Friedrich Karl zu Feldmarsch�llen" ernannte und den General M o l t k e in den Grasenstand erhob.
Dem Falle von Stra�burg und Metz reihte sich nach und nach die Einnahme einer Anzahl anderer Festungen an: es waren ihrer im ganzen 26, die w�hrend des Krieges in deutsche H�nde fielen.
3. Der franz�sische Volkskrieg. Die Belagerung der feindlichen Festungen, welche die deutschen Heere besch�ftigte, gew�hrte indes den Franzosen Zeit, neue Streitkr�fte aufzustellen. Aus dem umschlossenen Paris war das Mitglied der neuen Regierung, der Kriegsminister Gambetta, in einem Luftballon nach Tours gekommen, um, ein zweiter Carnot, �den Sieg �ber die Barbarenhorden und Tyrannen-knechte zu organisieren". Und wirklich gelang es dem thatkr�ftigen Manne, binnen kurzem wieder zahlreiche Heeresmassen zu sammeln. Der Feldkrieg flammte nun an drei Stellen von neuem empor: an der Loire, im nordwestlichen und im �stlichen Frankreich. Gegen die sranz�sische Loirearmee siegten die Deutschen (unter von der Tann, dem Prinzen Friedrich Karl und dem Gro�herzog von Meck-lenburg) bei Orleans; bei Le Mans (12. Januar 1871) wurde sie vernichtet. Im nordwestlichen Frankreich schlug Mauteussel den Feind wiederholt bei Amiens, und Manteuffels Nachfolger, G�ben, gewann den entscheidenden Sieg bei St. Qu entin. Im Osten zwang Werder durch die ruhmreiche dreit�gige Schlacht bei Montbeliard und Betfort, 15.�17. Januar (45 000 Deutsche gegen 140000 Franzosen), eine feindliche Armee unter Bourbaki, welche das belagerte Belfort entsetzen und in S�ddeutschland einbrechen sollte, zum R�ckzug, worauf ein von Norden heranziehendes neues Heer unter Manteuffel die zur�ckgeworfene franz�sische Armee in die Engen des beschneiten Juragebirges dr�ngte, so da� sie, noch 90 000 Mann z�hlend, aber durch Niederlagen, Hunger und Frost entkr�ftet, zum �bergang auf Schweizer Gebiet gen�tigt war, wo sie die Waffen ab-geben mu�te.
4. Der Fall von Paris. Schon vorher hatte sich das Schicksal
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ber Stadt Paris entschieden. Die zahlreichen Durchbruchversuche, welche die Besatzungsarmee unternahm, konnten ihr keine Rettung schaffen: in allen Gefechten und Schlachten blieben die deutschen Waffen siegreich. Endlich, nach 130t�giger Umlageruug, welche zur v�lligen Aushungerung der Stadt f�hrte, wurde ein Waffenstillstand (28. Januar) unterzeichnet, infolge dessen alle Forts um Paris �bergeben wurden und eine aus allgemeiner Volksabstimmung hervor-gehende Nationalversammlung zur Unterhandlung des Friedens sofort zusammenberufen werden sollte.
5. Der Friede. Die Nationalversammlung, welche in Bordeaux zusammentrat, ernannte den alten ber�hmten Staatsmann T h i e r s zum Haupte der republikanischen Regierung und erteilte ihm den Auf-trag, den sofortigen Abschlu� des Friedens zu betreiben. So wurde am26. Februar in Versailles der Friedensvertrag unterzeichnet und wenige Tage darauf, w�hrend deutsche Truppen in Paris einr�ckten (1. M�rz), von der Nationalversammlung mit gro�er Mehr-
1K71 (546 gegen 107 Stimmen) angenommen. Auf Grund dieses Ver-1�. Maitvaq� routbe dann der endg�ltige Friede zu Frankfurt am 10. Mai 1871 abgeschlossen: Frankreich trat an das Deutsche Reich Elsa� (au�er Belfort) und Deutsch-Lothringen ein-schlie�lich Metzab (263 ? Meilen mit 1500 000 Bewohnern) und zahlte eine Kriegsentsch�digung von f�nf Milliarden (5000 Millionen) Franks. So endete der Krieg zehn Monate nach seinem Beginn; der eigentliche Kampf hatte kaum sieben Monate gedauert; doch war er einer der ungeheuersten, die je gef�hrt worden, sieg- und ruhmreich f�r das deutsche Volk wie kein anderer in der Geschichte: in 200 Tagen hatten die deutschen Heere in 21 gro�en Schlachten gesiegt, 150 Gefechte bestanden, 400000 Kriegsgefangene nach Deutschland gef�hrt.
6. Italien. Der deutsch-franz�sische Krieg zog auch den Unter-gang des Kirchenstaats und die v�llige Einigung Italiens nach sich. Bis jetzt hatte sich � auch nach der Gr�ndung des �K�nigreichs Italien" � von einem franz�sischen Heere gest�tzt, die Herrschaft des Papstes �ber den kleinen Rest des Kirchenstaates noch behauptet. Als aber Na-poleon III. nach dem Ausbruche seines Krieges gegen Deutschland sein Besatzungsheer aus Rom hinwegzog, drang im September 1870 ein Heer Viktor Emanuels in die Stadt ein, und der Rest des elf-hundertj�hrigen Kirchenstaates wurde dem K�nigreiche Italien einverleibt, dessen Hauptstadt Rom wurde.
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Die Wiederherstellung des Deutschen Kaiserreiches.
1. Das neue Deutsche Reich. Das bedeutsamste und segensvollste Ergebnis des gro�en deutsch-franz�sischen Krieges war die Vollendung von Deutschlands Einheit, die Wiederaufrichtung des Deutschen Kaiserreiches. Ehe noch der Kampf mit Frankreich v�llig zu Ende gef�hrt war, sandten die F�rsten von Bayern, W�rttem-berg, Baden und Hessen ihre Vertreter in das Hauptquartier des K�nigs von Preu�en zu Versailles, und dort, vor den Mauern des seinem Falle nahen stolzen Paris, kamen die Vertr�ge zustande, durch welche die s�d-deutschen Staaten mit dem Norddeutschen Bund sich zu einem Deut-scheu Reiche zusammenschl�ssen, das am 1. Januar 1871 ins Leben trat.
2. Der deutsche Kaiser. Und wie in dem alten Reiche deutscher Nation die Einheit des vielgestaltigen Ganzen in dem K ais er sich ver-k�rperte, so sollte nun auch in dem neu geeinten Vaterlande des Deut-fcheu Kaisers �heilige Macht" wieder erstehen. K�nig Ludwig II. von Bayern richtete an den K�nig Wilhelm den Siegreichen von Preu�en die Bitte, die im Ged�chtnis des deutschen Volkes von alters-her lebendig gebliebene, die Machtherrlichkeit der Nation versinnbildende Kaiserw�rde zu erneuern und zu �bernehmen, und die �brigen deutschen F�rsten wie die Freien St�dte stimmten diesem Antrage einm�tig bei.
So geschah es, da� am 18. Januar 1871, dem Tage, da vor^71^ 170 Jahren das preu�ische K�nigtum gestiftet wurde, im Spiegelsaale des Schlosses Ludwigs XIV. zu Versailles, der K�nig Wilhelm I. von Preu�en im Kreise deutscher F�rsten, Heerf�hrer und Krieger feierlich verk�ndete, da� er f�r sich und seine Nachkommen in der Krone Preu�ens die altehrw�rdige Kaiserw�rde annehme �mit dem Bewu�t-sein der Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu sch�tzen, den Frieden zu wahren, die Unabh�ngigkeit Deutsch-lands, gest�tzt auf die geeinte Kraft seines Volkes, zu verteidigen." �Uns aber," so schlo� der deutsche Kaiser Wilhelm I. seine Proklamation an das deutsche Volk, �und Unsern Nachfolgern in der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer des Deutschen Reiches zu sein,
nicht in kriegerischen Eroberungen, sondern an den G�tern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Ge-sittung."
3. Die deutsche Reichsverfassung. Ein in Berlin zusammen-tretender allgemeiner deutscher Reichstag beriet diedeutsche Reichs-Verfassung, welche am 16. April 1871 festgestellt wurde. Nach der-
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selben besteht das Gebiet des Deutschen Reiches (9818 HZ Meilen, 540500 dkm) aus 25 (26) Staaten. Die Reichsgesetzgebung wird ausge�bt durch den B u n d e s r a t und den Reichstag. Der Bundes-rat besteht aus den Vertretern der Mitglieder des Bundes, die zusammen 58 Stimmen f�hren (Preu�en 17, Bayern 6, Sachsen und W�rttemberg je 4, Baden und Hessen je 3, Mecklenburg-Schwerin und Braun-schweig je 2, die 17 Kleinstaaten je 1 Stimme). Das Oberhaupt des Bundes ist der K�nig von Preu�en als deutscher Kaiser. Den Vorsitz im Bundesrate f�hrt der vom Kaiser ernannte Reichskanzler (Bismarck, am 21. M�rz 1871 in den F�rstenstand erhoben). Der allj�hrlich zusammentretende Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen hervor und z�hlt jetzt 397 Mitglieder. Die Friedens-Pr�senzst�rke des deutschen Heeres ist auf ein Prozent der Bev�lkerung (jetzt 468 000 Mann) festgestellt. Die gesamte Landmacht wie die Kriegsmarine des Reiches steht unter dem Oberbefehle des Kaisers.
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Kaiser Wilhelm I. 1871�1888.
1. Wilhelm I. als Regent. Wie Karl der Gro�e an der Spitze der alten r�misch-deutschen Kaiser steht, so er�ffnet Wilhelm I. die Reihe der Kaiser im neuen Deutschen Reich. Durch Krieg und Sieg Einiger des deutschen Volkes, war er schon ein Mann von vier-undsiebenzig Jahren, als er seine Kaiserregierung begann. Er glaubte selbst, in einer �kurzen Spanne Zeit" nur noch die ersten Anf�nge der neuen Ordnung deutscher Dinge erleben zu k�nnen. Aber seine Lebens-kraft reichte �ber die gew�hnliche Grenze weit hinaus. Und seine Herrscherkraft und Herrschergr��e nicht minder. Mit der Weisheit und dem Erfahrungsreichtum des Alters verband er eine auf dem h�chsten Pflichtbewu�tsein ruhende unerm�dete Th�tigkeit, mit der richtigen Einsicht den kraftvollen Willen, �berall das Notwendige zn vollbringen, das Gute zu f�rdern. So gab er durch die Macht feiner Pers�nlichkeit dem werdenden Reiche den inneren Halt. Durch eine weise Gesetzgebung verlieh er dem neuen Staatswesen feste Grundlagen. Nicht eine be-schwerliche Fessel, fondern die zuverl�ssige B�rgschaft der eigenen Rechte, der starke Hort ihrer Sicherheit wurde die Reichsverfafsung den ver-b�ndeten deutschen F�rsten. Denn Kaiser Wilhelm erf�llte die von ihm bei der �bernahme der Kaiferw�rde ausgesprochene Verhei�ung, �in deutscher Treue die Rechte des. Reiches und seiner Glieder zu sch�tzen", allseitig und herrlich. �Jedem das Seine", Deutschlands Gr��e und
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Wohlfahrt �ber alles! � das war der Gedanke, der ihn leitete, den er, unterst�tzt von dem Rate und der Thatkraft seines gro�enKanzlers, in seinem gesamten Herrscherwalten ebenso ausdauernd als erfolgreich beth�tigte.
2. Kulturleben und Gesetzgebung. Wenn so das neue Reich durch Kaiser Wilhelms F�rsorge mehr und mehr erstarkte und befestigt wurde, so machte auch das deutsche Kulturleben manche denk-w�rdige Fortschritte, die sich stets feiner f�rdernden Teilnahme zu er-freuen hatten. Der neubelebte vaterl�ndische Geist trat in gro�artigen Sch�pfungen der vaterl�ndischen Kunst zu Tage. Auf den H�hen des Teutoburger Waldes wurde dem �ltesten �BefreierDeutschlands" Ar-minius, ein Kolossalstandbild errichtet; �zum Andenken an die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches" durch Kaiser Wilhelm stieg das stolze Nationaldenkmal auf demNiederwald am Rheinstrom empor; der Bau der erhabensten deutschen Kirche, desK�lnerDoms, wurde vollendet, dem Ged�chtnis Luthers und der Kirchenreformation ein gestaltenreiches Erzmonument zu Worms gesetzt. Den Weihefest-lichkeiten aller dieser vaterl�ndischen Denkm�ler hat der greise Kaiser pers�nlich beigewohnt. � Auch zu dem Bau des meereverbindenden Nord ostfeekanals hat der Neunzigj�hrige noch selbst den Grund-stein gelegt; die Gr�ndung des Weltpostvereins durch den Reichs-postmeister Stephan,die Errichtung eines regelm��igen R e i ch s p o st -dampffchiffahrtsverkehrs nach Oftasien und Australien, die Anlegung deutscher Kolonien an den K�sten von Afrika und auf der Inselwelt des Gro�en Oceans hat er wirksam gef�rdert. Die erste deutsche Reichsuniversit�t, die Kaiser-Wilhelms-Universit�t, wurde in dem wiedergewonnenen Stra�burg gegr�ndet und reichhaltig ausgestattet; der Entwurf eines b�rg er lich en Gesetzbuches s�r das Reich ausgearbeitet. Eine Hauptaufgabe seines Regentenberufs fand der volksfreundliche Herrscher in der F�rsorge f�r das notleidende niedere Volk: eine Reihe eingreifender Gesetze wurde erlassen, um den vorhandenen gesellschaftlichen Sch�den die Wurzel abzugraben, die Lage der sogenannten arbeitenden Klassen soweit m�glich zu er-leichtern und zu verbessern.
3. Friedeuspslege und Heeresmacht. Diese reiche, segensvolle Herrscherth�tigkeit konnte sich nur entfalten auf der Grundlage eines ungest�rten Friedens. Dies unsch�tzbare Gut seinem Volke zu er-halten und zusichern, galt dem ruhmgekr�nten Kriegshelden als heiligste Herrscherpflicht. W�hrend der siebenzehn Jahre seiner kaiserlichen Re-
Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 17
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gierung hat kein Kriegssturm mehr das Reich ersch�ttert, so unabl�ssig das besiegte Frankreich seinem geha�ten �berwinder mit einem furcht-baren Vergeltungskampfe zu drohen wagte. Zu tats�chlichem Angriff freilich fehlte dem rachebegehrlichen Feinde bei allem Kriegseifer doch die siegverhei�ende �berlegene Heereskraft gegen�ber Deutschlands wohl-ger�steter Streitmacht, die Kaiser Wilhelm in den Friedensjahren so gewaltig zu steigern wu�te, da� des Herrschers vertrautester Rat, der Reichskanzler Bismarck, vor dem versammelten Reichstag das stolze Wort in die Welt hinaus rufen konnte: �Wir Deutsche f�rchten Gott und sonst nichts in der Welt." Durch wiederholte Verst�rkung des stehenden Heeres wie der Landwehr und des Landsturmes wurde die deutsche Wehrkraft f�r den Kriegsfall auf eine H�he von mehr denn drei Millionen waffenge�bter Mannschaft gebracht, eine Macht, wie sie nach Feldmarschall Mo ltkes Ausspruch, �in St�rke und einheitlicher Ausbildung noch keine Nation zu verwirklichen vermocht hat," � ein Heer, das, wenn es die Not gebieten sollte, gleichzeitig gegen zwei Gro�m�chte an entgegengesetzten Grenzen das Vaterland zu verteidigen stark genug w�re. Um aber vor einem solchen Kampfe das Reich nach M�g-lichkeit zu bewahren, hat der f�rsorgende Herrscher nicht unterlassen, durch B�ndnis- und Freundschaftsvertr�ge mit Osterreich und Italien noch weitere B�rgschaft f�r die Sicherung des Weltfrie-dens zu gewinnen. So wurde Deutschland durch Kaiser Wilhelm die waffengewaltigste der europ�ischen Gro�m�chte, die aber � das ist des Herrschers wie des Volkes einm�tiger Wille � nicht aus Kamps und Gebietserweiterung ausgeht, sondern nur aus einen wohlbefestigten Frieden die gedeihliche Entwicklung des Volkslebens und die Meh-rung der Volkswohlfahrt zu st�tzen bestrebt ist.
Der gro�e Kaiser starb am 9. M�rz 1888, ein hochgesegneter Mann von einundneunzig Jahren, dem sich in der langen Reihe der ehemaligen r�misch-deutschen Kaiser im Kriege wie im Frieden nur wenige vergleichen d�rfen, den an F�rstentugend keiner �b er troffen hat. �Als er dahin ging, da war allen zu Mute, als ob Deutschland ohne ihn nicht leben k�nne."
� 170.
Die Kaiser Friedrich III. und Wilhelm II.
1. Kaiser Friedrich III. 1888, der Sohn Wilhelms I., geboren 18. Oktober 1831, erkl�rte bei seinem Regierungsantritt, da� er in den "Wegen des glorreichen Vaters zu wandeln und dessen Werk sortzu-
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f�hren" entschlossen sei. Und das deutsche Volk, das den Helden von K�niggr�tz, W�rth und Sedan, den stattlichen, leutseligen Prinzen, den f�r das F�rstenamt sorgf�ltig vorbereiteten Erben der Krone seit lange ehrte und liebte, kam dem neuen Kaiser voll Vertrauens entgegen. Aber der Anfang seiner Regierung grenzte zu nahe an das Ende: dem edlen F�rsten fehlte die ausreichende Zeit und Lebenskraft, eine eingreifende und fruchtreiche Herrscherth�tigkeit zu entfalten. Schon vor des Vaters Tode von schwerer Krankheit betroffen, konnte er nach seiner Thron-besteigung nur einige Monate imter uns�glichen Leiden pflichtgetreu seines hohen Amtes walten, bis er, ein heldenhafter Dulder, nach kaum hundertt�giger Herrschaft am 15. Juni 1888 aus dem Leben schied. Kein deutscher Kaiser, keiner der Hohenzollerns�rsten hat k�rzer regiert als er; gleichwohl bleibt dem fr�he Geschiedenen neben dem erhabenen Bilde des gro�en Vaters eine dauernde St�tte der Liebe in allen deut-schen Herzen gesichert.
2. Kaiser Wilhelm II. seit 1888. Friedrichs III. Sohn, geboren 27. Januar 1859, bestieg � wie seine ber�hmten Ahnen aus dem Hohen -zollernhause, der Gro�e Kurf�rst und der K�nig Friedrich der Gro�e � in der Vollkraft der Jugend den Herrscherthron. Aber der jugendfrische F�rst zeigte schon bei seinen ersten Kundgebungen, da� er die Lehren besonnener M��igung, volkssreundlicher Milde, arbeitsamer Pflicht-ers�llung und beharrlicher Friedensliebe, welche ihm der Mund und das Beispiel des alterfahrenen Gro�vaters erteilt, nicht vergeblich empfan-gen habe. Als K�nig von Preu�en verb�rgte er dem Landtage die gewissenhafte Aufrechterhaltung der Landesgesetze, der Volksrechte und Volksfreiheiten, und erkl�rte, da� er bei seiner Regententh�tigkeit �sich das Wort des gro�en Friedrich gegenw�rtig halte, da� in Preu�en der K�nig des Staates erster Diener ist." Eine gro�e Stunde deutscher Geschichte war es, da er vor den Reichstag zuerst alsdeutscherKai-f er trat, umschart von den s�mtlichen F�rsten des Reichs, die durch ihr Erscheinen vor den Vertretern der Nation ihre Bundestreue feierlich bekundeten. Die Welt erfuhr, da� Deutschland in sich einig und in seiner Einigkeit stark sei. Sie vernahm des Kaisers ebenso beruhigende als stolze Versicherung: �Ich bin entschlossen, nach au�en hin Frieden zu halten mit jedem, soviel an mir liegt. Deutschland bedarf weder neuen Kriegsruhms noch irgendwelcher Eroberungen, nachdem es seine Berechtigung, als einige und unabh�ngige Nation zu bestehen, end-g�ltig erk�mpft hat." Und mit wie ernstem Eifer der junge Kaiser be-m�ht war, seine Friedensversicherung zu bekr�ftigen und Freundschaft
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Zu pflegen mit den F�rsten der andern M�chte, das hat er durch ein Unternehmen bewiesen, wie es in der V�lkergeschichte ohne Beispiel ist. Zu Wasser und zu Lande, nach Norden und S�den, nach Westen unfr Osten machte er Kaiserfahrten und reichte in St. Petersburg, in Stock-Holm und Kopenhagen, in Wien und in Rom, dann in London, in Athen und Konstantinopel den Herrschern der gro�en europ�ischen Staaten unter dem Zujauchzen der V�lker die eintrachtverb�rgende Bruderhand. Den deutschen Bundess�rsten aber brachte er nach M�nchen, Dresden, Stuttgart, Karlsruhe, Oldenburg, Weimar, Darmstadt zc. zc. seinen kaiserlichen Dank f�r ihre bei seiner Thronbesteigung von neuem kund-gegebene unwandelbare Reichstreue. Auf der H�he solchen Ansehens nach au�en, solchen Einmuts im Innern � alle Einzelstaaten von ein-sichtsvollen, volkst�mlichen Regierungen geleitet � steht das Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm II. herrlich und machtvoll da wie nie zuvor , ein auf gewaltiger Heeresst�rke ruhendes Friedensreich, das, an der Spitze ber europ�ischen Kulturstaaten, dazu berufen erscheint, der Welt die Erhaltung und den Fortschritt der Freiheit und Gesittung zu sichern.
III, Kulturzust�nde.
� 171.
Die Kirche.
(Vgl. � 136.)
Wie das staatliche Leben der V�lker, so wurde w�hrend des letzten Jahr-Hunderts (1789�1889) auch die Kirche von starken, folgereichen Bewegungen er-griffen, die katholische Kirche sowohl als die evangelische.
I. Die katholische Kirche.
1. Die Kirche und die Revolution. Durch die franz�sische Revolution von 1789 geriet die Kirche in die h�rteste Bedr�ngnis. Nicht allein, da� die National-Versammlung die Kircheng�ter in Frankreich als Staatseigentum einzog, die Ver-fassung der Kirche ver�nderte und die geistliche Macht tief herabdr�ckte; der Kon-vent erkl�rte sogar das Christentum selbst als abgeschafft. Freilich konnte dieser �berspannte Beschlu� nicht zu vollst�ndiger Durchf�hrung gelangen; der christliche Gottesdienst wurde bald wieder gestattet, und der erste Konsul stellte durch ein mit dem Papste abgeschlossenes Konkordat (1801) die katholische Kirche in Frankreich neu her. Doch wurde ihr auch jetzt die ehemalige Machtstellung nicht zur�ckgegeben. � Im Deutschen Reiche trat (1803) die wichtige Ver�nderung ein, da� die geistlichen F�rstent�mer und Stifter s�ku-larisiert d. h. in weltliches Gebiet verwandelt wurden. � Im Jahre 1809 entri� NapoleonI. dem Papste Pius VII. seine weltliche Herrschaft, indem er den Kirchenstaat dem franz�sischen Reiche einverleibte. Als dann
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"ber Papst �ber alle, die an dem Erbe des heiligen Petrus sich vergriffen, den Bann sprach, lie� ihn der Kaiser als Gefangenen nach Frankreich abf�hren. Umsonst,
da� er ihn zur Unterwerfung zu stimmen suchte: der waffenlose Greis lie� sich nicht beugen durch den Gewaltigen. Erst Napoleons Sturz brachte dem heiligen Vater seine Befreiung: Die siegreichen Verb�ndeten gaben dem Papste sein Land und alle seine Rechte wieder, und 1814 kehrte er nach Rom zur�ck. Sofort stellte er den Jesuitenorden wieder her, der von neuem eine weite Ausbreitung und bedeutende Macht erlangte und jetzt gegen 10000 Mitglieder z�hlt, seit 1872 jedoch Dorn Gebiete des Deutschen Reiches ausgeschlossen ist.
2. Papst Pius IX. Unter den folgenden P�psten ragt vor allen Pius IX.
hervor. Seine 32j�hrige Herrschaft (1846�1878) �bertraf nicht allein alle �brigen Papstregierungen an Dauer � keiner der P�pste hatte bisher l�nger als 25 Jahre auf St. Peters Stuhle gesessen �, sie war auch wie keine andere der neueren Zeit reich an wichtigen Ereignissen. In die staatlichen K�mpfe Italiens hineingezogen,
wurde die weltliche Papstherrschaft abermals aufgel�st, und der Kirchenstaat 1870 dem K�nigreiche Jtalien einverleibt. Dagegen stieg die geist-li che Macht des Papstes zu einer lange nicht dagewesenen H�he empor. Mehr als hundert neue Bischofsitze wurden unter Pius IX. errichtet. Zum erstenmal seit Jahrhunderten sah die Stadt Rom und zwar zu wiederholtenmalen die katho-lisch en Bisch�fe aus aller Welt um den Statthalter Christi vereinigt; so, als der Glaubenssatz von der unbefleckten Reinheit der Gottesmutter Maria verk�ndet wurde (1854); so bei der Feier des achtzehnhundertj�hrigen M�rtyrertodestages der Apostelf�rsten Petrus und Paulus (1867); so vor allem bei dem 764 Mitglieder z�hlenden zwanzigsten allgemeinen (vatikanischen) Konzil (1869 u. 1870), welches die Unfehlbarkeit des Papstes in Sachen des Glaubens und der Sitte als katholische Kirchenlehre aussprach (18. Juni 1870). Freilich geriet der Papst durch 1870 sein Bestreben, die Macht der katholischen Kirche zu erh�hen und auszubreiten,
in mancherlei Zwistigkeit und Kampf mit mehreren Staatsregierungen. Auch Deutschland wurde von dem Streite der beiden Gewalten ergriffen, und aus der vielfachen Ber�hrung der kirchlichen und staatlichen Angelegenheiten erwuchs na-mentlich in Preu�en der sogenannte �Kulturkampf", dessen Beendigung der greise Pius IX. nicht mehr erlebte.
3. Deutschkatholiken und Altkatholiken. Auch Abfall von der r�mischen Kirche ist namentlich in Deutschland eingetreten. Die Ausstellung des heiligen Rockes Jesu zu Trier 1844, an welche sich die Wallfahrt von mehr als einer Million Menschen nach der alten Bischofsstadt kn�pfte, gab den Gegnern dieser Bewegung Anla� zur Bildung von Gemeinden, die sich deutschkatholische nannten und getrennt von Rom und dem Papste zu bestehen versuchten, wobei sie freilich den Zusammenhang mit der Lehre des Christentums selbst allm�hlich fast g�nzlich verloren. - Als 1870 der Glaubenssatz von der p�pstlichen Unfehlbarkeit verk�ndet wurde, gr�ndeten die Widersacher des neuen Dogmas die sogenannte altkatholische Kirche.
4. Kirchliches Vereinswesen. Innerhalb der r�mischen Kirche selbst aber hat sich in der neuesten Zeit vielfach ein reges Leben kundgegeben. Die Heiden-Mission wird mit Eifer und namentlich in China, Japan und Indien auch mit ziemlichem Erfolg betrieben; im inneren Afrika bereitet die geringe Bildungs-f�higkeit der Neger den Bekehrungsversuchen fast un�berwindliche Hindernisse.
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Neben den alten kirchlichen Orden, unter denen namentlich die barmherzigen Schwestern durch ihre eifrige Th�tigkeit hervortreten, haben sich zahlreiche freie Vereinigungen und Bruderschaften gebildet, die, wie der Bonifatius- und der Borrom�usverein, die Gesellenvereine und manche andere Stiftung eine vielseitige und weitreichende Wirksamkeit im katholischen Volke aus�ben.
5. Papst Leo XIII., der Nachfolger Pius' IX. (feit 1878), war vom Beginn feiner Regierung an mit Eifer bestrebt, ebensosehr das Ansehen und die Macht-f�lle der Kirche aufrecht zu erhalten, wie den mannigfach gest�rten Frieden mit den weltlichen M�chten wiederherzustellen. Und seiner Ausdauer und Weisheit ist Gro�es gelungen: der Erbitterung des Kampfes ist vielfach Auss�hnung und Ruhe gefolgt. Als der Papst das f�nfzigj�hrige Jubil�um feines Priestertums-beging, nahm an den dem heiligen Vater dargebrachten Huldigungen die gesamte katholische Welt begeisterten Anteil und auch ni cht katholische K�nige und F�rsten bezeugten dem Oberhaupt der r�mischen Kirche ihre Verehrung. Der Umfang und die Befestigung der p�pstlichen Herrschaft ist unter Leo XIII. weiter gewachsen: im Jahre 1881 erstreckte sich dieselbe �ber 1135 Bist�mer und Erzbist�mer, von denen 290 nach St�dten �in den L�ndern der Ungl�ubigen" den Namen tragen.
II. Die evangelische Kirche.
1. Unglaube und Abfall. Je gewaltiger und weitgreifender der Um-fchwung war, der im Zeitalter Friedrichs des Gro�en auf dem Gebiete des geistigen Lebens in Deutschland eintrat, umso mehr mu�te auch die evangelisch e Kirche von dem aufkommenden neuen Geiste ber�hrt werden. Die Wirkung war zun�chst eine dem bisherigen Kirchenwesen nachteilige. Die geltende kirch-liche Lehre, wie der hergebrachte feste Bibelglaube wurde bedenklich ersch�ttert: gerade die der �Aufkl�rung" am meisten zugewandten Kreise der Gebildeten kehrten sich von dem kirchlichen Leben und der kirchlichen Gemeinschaft mehr und mehr ab. Und wie die Kirchenhallen leerer und �der wurden, so entwich allm�hlich auch aus den Gottesdiensten selbst der Geist und die Kraft aus der H�he; eint�nig und glaubensarm, vermochten sie nicht mehr die himmlischen Trost und Erquickung suchenden Menschenherzen auf die gr�ne Aue der g�ttlichen Wahrheit und zu dem frifchenWasser des Lebens zu f�hren; die Predigten entarteten zu trockenen Mahn-reden und handelten mehr von weltlichen als von geistlichen und g�ttlichen Dingen; denn die Prediger selbst waren in erheblicher Zahl vom Weltsinn und Weltgeist beherrscht, der Geist Gottes schien von ihnen genommen. So geschah es, da� nicht allein die, welche den christlichen Glauben �berhaupt verloren hatten, sondern auch solche abf�llig wurden, denen die evangelische Kirche selbst nicht (mehr) die volle g�ttliche Wahrheit zu besitzen, nicht den festen Anker zu bieten schien, an den sie sich halten konnten. Die letzteren traten zur katholischen Kirche �ber, die, in ihrer Lehre und Verfassung auf den Felsen Petri unwandelbar gegr�ndet, ihnen als die allein seligmachende galt; es befanden sich unter ihnen hervorragende K�nstler, Dichter, Gelehrte, auch f�rstliche Personen; der be-kannteste von allen �bertretenden war der Dichter GrasFerdinandLeopold zu Stolberg, der eine ausf�hrliche �Geschichte der Religion Jesu" schrieb.
2. Glaube unb Wissenschaft. Aber trotz solchen Abfalls lebte im Kerne des evangelischen Volkes der alte Glaube und die Liebe zu der Kirche noch fort; auch fanden sich noch kirchentreue M�nner, die Segen um sich verbreiteten. Ein leuch-
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tendes Beispiel liebeseifrigen Glaubens gab vor allen der els�ssische Pfarrer Oberlin, der in dem rauhen, armen Steinthal des Vogesengebirges f�r die geistige und leibliche Wohlfahrt der Bev�lkerung wie ein Heiliger der protestantischen Kirche gewirkt hat. � Als Mann derWissenschaft wu�te vor allen Schleier-macher (gest. 1834), Professor und Prediger in Berlin, durch geistvolle Schriften und eindringliche Predigten neue Begeisterung f�r die christliche Religion und die kirchliche Gemeinschaft zu erwecken und namentlich unter den Gebildeten manchen �Ver�chter" des Christentums f�r den Glauben an den Erl�ser zu gewinnen und zu erw�rmen. Zahllose Sch�ler haben sich dem gro�en Gelehrten angeschlossen und als Lehrer an Universit�ten und Prediger mit Segen gewirkt, und wenn neben ihm und nach ihm andere Diener der Kirche noch entschiedener als er an der alten biblischen und resormatorischen Lehre festhielten, so k�nnen doch auch diese nicht leugnen, da� das Wiedererwachen des christlichen Glaubens aus seinem trost-losen Verfall, seine Befreiung von der Herrschaft der selbstzufriedenen �Auf-kl�rung" vorzugsweise der Wirksamkeit Schleiermachers zu verdanken ist.
3. Der Einflu� der Befreiungskriege. Nicht wenig trugen auch die Be-freiungskriege dazu bei, wieder ein frischeres Lebensgef�hl in der Kirche an-zuregen. Hatte die schwere Heimsuchung des Vaterlandes durch die Napoleonische Gewaltherrschaft die Gem�ter tief ergriffen und auf Gott hingewiesen, von dem allein Hilfe kommen konnte in der ungeheuren Not: so sah man, als endlich die M�glichkeit der Rettung sich zeigte, darin Gottes Finger. �Mit Gott" zogen die Streiter in den Kampf; in den Kirchen, unter frommen Ges�ngen und Ge-beten, lie�en sie sich einsegnen f�r den heiligen Krieg, und S�nger wie Arndt und Schenkendorf st�rkten und belebten durch ihre Lieder neben dem National-ges�hl zugleich die Liebe zu dem frommen Glauben der V�ter. Mit dem Ge-danken: �Das hat der Herr gethan und ist ein Wunder vor unseren Augen!" begr��te das Volk seine Befreiung von dem fremden Joch. Zwar war der Unglaube nicht vollst�ndig �berwunden und aus der Welt hinweggenommen, im Gegenteil, er gab sich bald in noch schrofferer Gestalt kund als bisher; aber in der Kirche selbst begann doch ber Geist Gottes wieder m�chtiger zu wehen, und das Wort Christi w�rbe wieber rein und kraftvoll von zahlreichen Dienern des Evangeliums verk�ndet.
4. Die evangelische Union 1817. Als bedeutsames kirchliches Ereignis ist namentlich die Union d. h. die Vereinigung der lutherischen und reformierten Konfession zu einer evangelischen Kirche hervorzuheben, die bei der Jubel-feter der Reformation 1817 vom K�nig Friedrich Wilhelm III. von Preu�en angeregt und bald in fast allen deutschen Staaten vollzogen wurde. Die be-klagenswerte Spaltung der protestantischen Christenheit wurde dadurch beseitigt; durch ihre Einigung gewann die evangelische Kirche festeren Halt und er-h�hte Kraft.
5. Die Bibelgesellschaften. Die Ausbreitung des evangelischen Glaubens wurde vornehmlich betrieben und gef�rdert durch eine Anzahl freier Vereinigungen, welche nach und nach in der Kirche entstanden sind und eine reichgesegnete Wirksamkeit entfaltet haben. Im Jahre 1804 wurde in London �die britische und ausl�ndische Bibelgesellschaft" zu dem Zwecke gegr�ndet, alle V�lker der Erde mit der heiligen Schrift in ihren Sprachen zu versorgen. Das Ziel war ein k�hnes und erhabenes, der Erfolg ein unerme�licher. Unterst�tzt von zahl-
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reichen Tochtergesellschaften, hat die englische Bibelgesellschaft die heilige Schrift in beinahe dreihundert Sprachen �bertragen lassen und in mehr denn hundert Millionen Exemplaren unter das Volk gebracht. Nach Englands Vorgange bildeten sich in s�mtlichen evangelischen und � wo ihnen kein Verbot entgegentrat � auch m katholischen L�ndern �hnliche Vereine, von denen Millionen Bibeln in die Welt ausgingen; in Deutschland werden durch die Hauptbibelgesellschaft zu Berlin allein gegen 50 000 Bibeln und Neue Testamente j�hrlich verbreitet.
6. Die Heidenmission. Den Bibelgesellschaften zur Seite stehen die Missionsvereine, zun�chst diejenigen f�r die Mission unter den Heiden. Waren anfangs die evangelischen Missionen von einzelnen Religionsparteien, vor-zugsweise von den Herrnhutern und Pietisten betrieben worden, so umfa�te die 1795 gestiftete L o nd o n e r M i s si o n s g e s ell s ch a f t die gesamten evangelischen Kirchen. Dann entstanden Missionsgesellschaften zu Basel, zu Berlin, zu Barmen ic., im ganzen jetzt 35 Gesellschaften, die an etwa 1600 St�tten der Erde mehr als 8000 teils abgesandte, teils eingeborene Arbeiter der Mission erhalten. Ihre Th�tigkeit zeigt gute Erfolge in Afrika, besonders im Kapland und auf Madagaskar; in China hat vor allen G�tzlaff (gest. 1851) eine gro�artige Wirksamkeit entfaltet; die meisten Fortschritte macht die Mission in Australien und Polynesien: eine Anzahl Inseln, namentlich die Sandwichinseln, sind durch sie zum gro�en Teil dem Christentume gewonnen. Mit Eifer wird auch unter den morgenl�ndischen Christen Vorderasiens und Abessiniens, wie unter den Mo-hammedanern gewirkt; doch sind trotz der Errichtung des evangelischen Bis-tums zu Jerusalem hier die Erfolge bis jetzt nicht sehr erheblich.
7. Die innere Mission, welche die Aufgabe hat, innerhalb der christlichen Gemeinschaft das Verlorene und Verkommene zu retten, erhielt vor allen durch Wichern (1848) neue, erfolgreiche Anregung: es entstand eine gro�e Anzahl von Anstalten und Gesellschaften zur Erziehung der Verlassenen und Verwahrlosten, zur Pflege der Armen, Kranken, Gefangenen; Rettungsh�user verschiedener Art wurden errichtet, unter denen namentlich das von Wichern gegr�ndete sogenannte �Rauhe Haus" bei Hamburg und die von dem Pastor v. Bodelschwingh in Bielefeld hervorgerufenen Anstalten reichen Segen stiften. F�r die Verbesserung des Loses der Gefangenen wirkte vorz�glich die der Qu�kersekte angeh�rende Engl�nderin Elisabeth Fry, deren rastlose Th�tigkeit nicht allein in ihrem Vater-lande umfassende Erfolge hatte, sondern auch in Deutschland und Amerika segensvolle Fr�chte trug. Die Krankenpflege wurde die Hauptaufgabe der Diakonissinnen, die zun�chst aus der von dem Pfarrer Fliedner in Kaiserswerth errichteten Anstalt hervorgingen und sich durch weitausgebreitete aufopfernde Wirk-samkeit insbesondere auch in den Kriegszeiten von 1866 und 1870 reiche Verdienste erwarben. Auch der 1841 gestiftete Gustav-Adolfs verein, der den notleiden-den evangelischen Gemeinden �in der Zerstreuung" aufzuhelfen bem�ht ist, hat Erfolge erzielt, die von dem in der Kirche waltenden Geiste werkth�tiger Liebe er-treuliches Zeugnis geben.
� 172.
Die deutsche Dichtung (und Musik).
(Vergl. � 137.)
1. Goethe und Schiller. Als mit dem Ausbruche der srauz�si-scheu Revolution 1789 die neueste Periode der Weltgeschichte begann,
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befand sich die deutsche Dichtung in ihrerBl�tezeit. Das Zeit-alterFriedrichsdesGro�en, in welchem zun�chst die Namen Klopstocks und Lessings hervorgl�nzen, war auf dem Gebiete der Poesie mehr und mehr in die Periode des weimarischenDichter-kreis es �bergegangen, dem Wieland und Herder, vor allen aber Goethe und Schiller angeh�ren, die beiden gr��ten Dichter unserer Nation. Wenn von diesem Dichterpaar die vollendetsten Werke unserer Poesie ausgingen, so darf namentlich das Jahrzehnt ihres engen Freund-schaftsbundes, 1795�1805, als die h�chste Glanzzeit der deutschen Dichtung bezeichnet werden. �Eine zweite Jugend," bekannte Goethe, �habe ihm die Verbindung mit dem anregenden, gewaltig fortschreiten-den Freunde gegeben". F�r Schiller waren dieJahre dieser Freundschaft, die ununterbrochen bis zu seinem Tode gedauert hat, die Zeit seiner vollkommenen Dichterreise, da er, nach Goethes Wort, �zum H�chsten sich emporgeschwungen", da er �mit Riesenschritten den Kreis des Wol-lens, des Vollbringens ma�". Zehn reiche Jahre hindurch �bersch�t-teten die beiden Freunde ihr Volk unabl�ssig mit neuen Geschenken ihres dichterischen Schaffens. Goethes �Hermann und Dorothea", das herrliche �b�rgerliche Epos", das Schiller den �Gipfel unserer ganzen neueren Kunst" nennt, ist damals (1797) entstanden; sein be-r�hmter Roman �Wilhelm Meisters Lehrjahre" wurde unter des Freundes f�rdernder Teilnahme zur Vollendung gef�hrt. Schiller aber schuf au�er seinen k�stlichen �Balladen", seinem unvergleichlichen �Lied von der Glocke" und andern gehaltreichen Gedichten die Reihe seiner gro�en Dramen, zun�chst (noch in Jena): die gro�artige Trilo-gie �Wallenstein"; darauf folgten dann, nachdem er 1799 nach Weimar �bergesiedelt: � Maria Stuart", �dieJungsrau von Orleans",� die Braut vonMessina" und � Wi lhelm Tell" (1799�1804), die durch ihre lebensvolle Handlung, durch die W�rde und Hoheit ihrer Gedanken, durch den bezaubernden Glanz und diefun-kelnde Pracht ihrer Sprache alle Herzen ergreifen und �auf immer der Stolz und der Ruhm der deutschen B�hne bleiben werden". Leider endete des Dichters Leben allzufr�h: 9. Mai 1805; er wurde der Welt �mitten in der vollendetsten Reife seiner geistigen Kraft entrissen und h�tte" � so versichert sein Freund W. v. Humboldt � �noch Unendliches leisten k�nnen". Goethe �berlebte den treuen Genossen um 27 Jahre, und seine dichterische Th�tigkeit dauerte fort bis ins hohe Greisen-alter. Unter den gr��eren Werken seiner sp�teren Periode ist besonders �Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit" hervorzu-
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heben, eine ebenso anziehende als gehaltreiche Schilderung seiner Jugend-zeit. Dann erschien der �west �stliche D i v a neine Sammlung von Gedichten im morgenl�ndischen Gew�nde, in welchen uns die hei-tere Lebensweisheit des alternden Dichters, der im Orient �Patriarchen-lust kostet", erfreulich entgegentritt. Die gro�artigste aber aller Dich-tungen, die er geschaffen, ist der �Faust," ein Meisterwerk ohnegleichen, das noch nach Jahrhunderten die Bewunderung aller finden wird, deren Sinn f�r die Macht und Herrlichkeit der Poesie lebendig ist. Nicht lange nach der Vollendung des �Faust" starb Goethe, dreiundachtzig-j�hrig, am 22. Mai 1832. Seine Dichterwirksamkeit umfa�t sechzig Jahre (1772�1832). Er ist Deutschlands gr��terDichter, Schiller der Lieb lings dichter des deutschen Volkes.
2. Schillers und GoethesZeitgenossen. Unter den Zeitgenossen Schillers und Goethes war der ber�hmteste der Schriftsteller Jean Paul, der, an der Grenzscheide des 18. und 19. Jahrhunderts bl�hend, fast den Ruf der gro�en weimarischen Dichter zu erreichen schien. Als Volksdichter erlangte Hebel den gefeiertsten Namen. Der etwas j�n-gere H�lderlin sang in den Weisen des Altertums gedanken-reiche Lieder.
Jean Paul Friedrich Richter, gew�hnlich Jean Paul genannt (1763�1825),
wird zu den sogenannten humoristischen Schriftstellern gez�hlt. Er war ein geist- und phantasievoller Dichter im prosaischen Ausdruck, der durch die Weichheit seiner Empfindung, durch seine Natursehnsucht, durch Witz und Herzlichkeit, durch das Ahnungsreiche und Schw�rmerische in seinen Schilderungen, sowie durch die Bilderf�lle seiner Darstellung � der freilich die geh�rige Formvollendung fehlt � sich unter seinen Zeitgenossen gro�e Gunst, insbesondere auch die Verehrung der Frauenwelt erwarb. Unserer Zeit sind seine einst vielbewunderten Schriften, unter denen der �Titan" hervortritt, fast fremd geworden. Man liest fast nur noch die ihnen entnommenen sch�nen Stellen, sogenannte �Lichtstrahlen aus Jean Pauls Werken".
Hebel(176v�1826), Pr�lat in Karlsruhe, dichtete alemannische Gedichte (in der Mundart des badischen Oberlandes), welche nicht allein k�stliche Natur-schilderungen enthalten, sondern das Leben und die Sitte des Volks mit un�ber-troffener Innigkeit zugleich abspiegeln und verkl�ren. Hervorragend unter seinen Dichtungen sind die Idyllen �Die Wiese", �Die Verg�nglichkeit", �Sonntags-fr�he" 2C. Entschiedener noch als in den alemannischen Gedichten macht sich der echte Volkston geltend in Hebels �Erz�hlungen des rheinischen Haus-freundes", die an Laune, Wahrheit, Treuherzigkeit und lebensfrischer Dar-ftellung nicht ihresgleichen haben.
3. Die Romantiker. Eine neue Dichterreihe beginnt mit der sogenannten romantischen Schule, die seit dem Ausgange des 18. Jahrhunderts drei bis vier Jahrzehnte hindurch einen tiesgreifenden
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Einflu� auf die Entwickelung der deutschen Poesie ge�bt hat. Es war ein hoher Gedanke, der die Romantiker bewegte, ein edles Ziel, das sie erstrebten: sie suchten �die Einheit von Poesie und Leben" herzustellen, wollten, wie einer von ihnen sich ausdr�ckte, die �Poesie lebendig und gesellig und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen". Kunst, Wissenschaft, das gesamte Leben sollte vom Geiste der Poesie durchdrun-gen, sollte Poesie werden. Freilich blieb so k�hnen Verhei�ungen und Vors�tzen gegen�ber die dichterische Kraft der Romantiker sehr zur�ck; ihre F�hrer waren mehr feinsinnige Kenner der Poesie, als sch�pferische Geister von der Gr��e unserer Goethe und Schiller. Doch erwarb sich die romantische Dichtung das gro�e Verdienst, da� sie einen neuen weiten Gesichtskreis dem gesamten F�hlen und Denken der Nation er�ff-nete. Sie verfeinerte und vertiefte das Naturgef�hl, sie weckte den Sinn f�r den �ahnungsvollen Zauber der Waldeinsamkeit, der Felsenwildnis, der moosbedeckten Brunnen". Die Welt des Wunders, des Geheimnis-vollen wurde der deutschen Dichtung erschlossen. �ber ihren Gebilden lag der D�mmerschein der �mondbegl�nzten Zaubernacht, die den Sinn gefangen h�lt". �Uralte, l�ngstverschollene Empfindungen des germa-titschen Volksgem�ts wurden wieder lebendig." Insbesondere wandten die Romantiker ihre Liebe dem Mittelalter zu, in welchem die Poesie �das ganze bunte, farbenreiche Leben nach allen Seiten hin be-gleitet und durchstr�mt" habe. Sie priesen zuerst wieder die �Helden-hafte Gro�heit" des vergessenen Nibelungenlieds; sie gaben die deutschen Minnelieder, die alten Volksb�cher und Volkslieder neu heraus und er-weckten die heimische Sage und �wundervolle M�rchenwelt" zu neuem Leben. Nicht minder war die romantische Schule eifrig bestrebt, die bis dahin den Deutschen noch fast unbekannten Sch�tze der ausl�n -dischen Litteraturen, die Dichtungen eines Dante, Petrarca, Ariost und Tasso, eines Cervantes, Calderon, Shakespeare zc. in trefflichen, zum Teil meisterhaften �bersetzungen auf deutschen Boden zu verpflanzen, die poetischen Formen des S�dens und des Orients uns anzueignen und mit dem deutschen Geiste zu verschmelzen.
Als Dichter der romantischen Richtung sind zun�chst zu nennen: Tieck, der wohl als das Haupt der Schule bezeichnet wird, die beiden Br�der August Wilhelm und Friedrich (von) Schlegel und Novalis; j�ngere Romantiker sind: Brentano, von Arnim, von Fouque, von Eichendorff, denen sich dann noch Wilhelm M�ller. A. vonChamisso und der Dramatiker Heinrich von Kleist anschlie�en.
Tieck, geb. 1773 in Berlin, hat sehr zahlreiche Schriften verfa�t. Unter
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ihnen sind die Dramen: �Leben und Tod der heiligen Genovesa" und �Kaiser Octavianus", die ein verkl�rendes Bild der Herrlichkeiten des mittelalterlichen Lebens aufzurollen suchen, einst viel gepriesen worden. Im �Phantasus" sind die alten Volksm�rchen von der sch�nen Magelone, vom getreuen Eckart, vom Rot-L�ppchen und andere in geschickter Einkleidung erz�hlt. Von Tiecks Novellen geh�ren �Dichterleben", �Der Aufruhr in den Cevennen" und sein letztes Werk �Vittoria Accorombona" zu den bedeutenderen. Unter seinen kleineren Gedichten finden sich einige sch�ne Lieder (�Wohlauf, es ruft der Sonnenschein", �Feldein-w�rts flog ein V�gelein") und die Ballade: �Arion schifft auf Meereswogen". Auch hat Tieck den �Don Quixote" des Cervantes �bersetzt.
Von den Br�dern Schlegel hat der �ltere, August Wilhelm, geb. 1767, eine meisterhafte �bersetzung des Shakespeare geliefert, auch spanische, portu-giesische und italienische Dichtungen geschmackvoll verdeutscht. Was er selbst gedichtet, ist nicht gerade durch bedeutenden Gehalt, stets aber durch reine, vor-treffliche Form ausgezeichnet. Seine Romanze: �Arion war der T�ne Meister" wetteifert mit dem eben genannten Gedicht von Tieck um den Preis. � Sein j�ngerer Bruder
Friedrich Schlegel, geb. 1772, hat sich durch geschichtliche Forschung auf dem Gebiete der Poesie einen ber�hmten Namen erworben; die Zahl der von ihm ge-dichteten Lieder ist nicht erheblich.
Den beiden Schlegel und Tieck in enger Freundschaft verbunden war der sr�hverstorbene Friedrich von Hardenberg (1772�1801), der sich den Dichternamen Novalis beilegte. Er feierte in dem unvollendet gebliebenen Roman �Heinrich von Ofterdingen" die allherrschende Macht der Poesie, sang �Hymnen an die Nacht" in melodischer Prosa und dichtete eine Anzahl tief inniger geistlicher Lieder (�Wenn alle untreu werden", �Wenn ich ihn nur habe" ic.), von denen mehrere in die christlichen Gesangb�cher aufgenommen wurden.
J�nger als die bisher genannten Romantiker find Clemens Brentano (geb. 1778) und Achim von Arnim (geb. 1781), die in �Des Knaben Wunderhorn" eine Sammlung alter deutscher Volkslieder herausgaben, an denen auch Goethe seine Freude hatte. Brentanos �Geschichte vom braven Kasperl und vom sch�nen Annerl" ist die erste und wohl auch eine der besten deutschen Dorfgeschichten. In seinen �M�rchen" hat Brentano k�stliche Erz�hlungen vom Vater Rhein, von den Nixen und dem krystallenen Schlosse drunten in den gr�nen Wellen hinterlassen, �Bilder voll schalkhafter Anmut, traumhaft lieblich wie die rheinischen Sommer-rt�chte". Sein Freund Arnim fand in der M�rchenwelt kein Gen�gen; er schrieb Novellen und Romane, die eine F�lle von Phantasie zeigen, aber der klaren Ge-staltung und k�nstlerischen Abrundung entbehren. � Seine Gattin, Brentanos Schwester Bettina (geb. 1785), hat in �Goethes Briefwechsel mit einem Kinde" ihrer begeisterten Verehrung des gro�en Dichters in Phantasie- und poesievoller Dar-stellung Ausdruck gegeben.
Der Baron Fouyus schilderte das kreuzfahrende Rittertum und die Fahrten altnordischer Recken in phantastischen Romanen, die jetzt vergessen sind. Frisch aber spricht uns auch heute noch sein liebliches M�rchen �Undine" an.
Von den Dichtungen des fr�hverstorbenen Ernst Schulze ist namentlich die Erz�hlung �Die bezauberte Rose" bekannt geblieben, die durch den s��en Wohl-laut ihrer �seidenweichen Verse" an den alten Minnegesang erinnert.
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In hellen Kl�ngen, frisch wie der Vogel in den Zweigen, sang Joseph tum Eichendorff (gest. 1857) die lieblichsten Lieder vom fr�hlichen Wandern durch Ge-birg und Thal, vom tr�umerischen Zauber des Waldes, von der stillen, geisterhaften Mondnacht, von dem Abend, der rosige Flocken streut, von der heiligen Morgen-fr�he, wo er auf der Bergh�he nach dem ersten Strahl schaut, k�hle Schauer in tiefster Brust. Der katholischen Kirche eifrig ergeben, mit seinem warmen Herzen in der Welt der Ritter, der M�nche, der fahrenden Sch�ler lebend, ragt er als der gr��te lyrische Dichter unter den Romantikern hervor. Nicht wenige seiner naturand�chtigen und naturseligen, heiteren und frommen Lieder, �deren Worte sich der Musik von selber f�gen", leben im Ges�nge fort. Von ihnen seien hier ge-nannt: �In einem k�hlen Grunde", �Wer hat dich, du sch�ner Wald, aufgebaut", �Wem Gott will rechte Gunst erweisen", �O wunderbares tiefes Schweigen", �Komm, Trost der Welt, du stille Nacht".
Verwandter Art sind die Gedichte von Wilhelm M�ller (gest. 1827). Auch er besingt gerne das Wandern und liebt es, wie Eichendorff, seine anmutig flie�en-den, melodischen Lieder Musikanten, Zigeunern, Handwerksburschen, Studenten, J�gern, Hirten, Fischern 2c. in den Mund zu legen; vor allen l��t er einen M�ller auftreten, der des Dichters eigenes inneres Empfinden kund giebt. Bekannt ge-blieben ist sein Lied: �Wer hat die wei�en T�cher gebreitet �ber das Land?" und die Romanze �Der Glockengu� zu Breslau". Der Freiheitskampf der Griechen rief seine kr�ftigen und z�ndenden �Grie chenlieder" hervor.
Adalbert von Chamisso (gest. 1838) ist ein geborener Franzose, der sich so vollst�ndig in das deutsche Wesen hineingelebt hat, da� er mit Recht unter den besten unserer neueren Dichter genannt wird. Wie er in schlichten, tiefempfundenen Liedern �der Frauen Liebe und Leben" zu schildern wei�, so giebt ihm seine Reise um die Welt Anla�, die Meereseinsamkeit der S�dseeinseln in den kunstvollsten Dichtungsformen (�Salas y Gomez" zc.) zu besingen. Auch treffliche Balladen hat er gedichtet; �Die alte Waschfrau" ist ein gelungenes Lebensbild aus dem Volke; in dem �Schlo� Boncourt" segnet er liebevoll sogar die Bauern, die �ber den freventlich zerst�rten Sitz seiner V�ter den Pflug f�hren. Sein M�rchen von dem schattenlosen �Peter Schlemihl" ist weltber�hmt.
Heinrich von Kleist, der aus Gram �ber die franz�sische Fremdherrschaft und �ber die Schmach seines Volkes sich selbst (1811) den Tod gab, darf als der be-deutendste Dramatiker unter den romantischen Dichtern bezeichnet werden. Von seinen St�cken ist das Ritterschauspiel �K�thchen von Heilbronn" das be-kannteste; �Die Hermannsschlacht" giebt ein Bild des Kampfes gegen die Unter-dr�cket des Vaterlandes, die grimmig geha�ten Franzosen; voll Anh�nglichkeit an Preu�en und das Hohenzollernhaus ist �Der Prinz von Homburg". Auch Kleists Lustspiel �Der zerbrochene Krug" verdient Erw�hnung.
Ein dramatischer Dichter von Bedeutung ist ferner der Wiener Grillparzer. Sein fr�hestes Schauspiel, �Die Ahnfrau", geh�rt noch in die Reihe der verfehlten sogenannten Schicksal strag�dien, die damals vor�bergehend auf wucherten; aber seine folgenden St�cke: �Sappho", �Das goldene Vlie�" und mehrere andere sind als wertvolle Dichtungen anzuerkennen.
4. Die vaterl�ndischen Dichter. Tiefer und gewaltiger als durch die Poesie der Romantiker wurden die Herzen des deutschen Volkes er-
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griffen und erhoben durch die begeisterten Lieder, welche die vater l�n-dischen Dichter zur Zeit des Befreiungskrieges von 1813 und 1814 erschallen lie�en. An ihrer Spitze steht der S�ngerheld Ernst Moritz Arndt; ihm reihen sich an Theodor K�rner, der J�ngling mit ber Sei er und bem Schmer t, der ritterliche Max von Schenken-dors und Friedrich R�ckert. Der letztere hat neben der Vaterlands-dichtung noch eine ungemein reiche und mannigfaltige poetische Th�tig-keit ge�bt. � Der etwas j�ngere Graf Platen hat sich durch die Form-Vollendung seiner Gedichte vor allen deutschen Dichtern ausgezeichnet.
Arndt war 1769 auf der Insel R�gen geboren und starb neunzigj�hrig, �frisch und freudig bis ans Ende", zu Bonn am Rhein. Von Kopf und Herz ein Kernmensch, der, von dem einen starken Gef�hl beseelt, �Schandeketten zu zer-brechen und den welschen Trug zu r�chen", in den kr�ftigsten Kl�ngen Deutsch-lands Kriegs- und Siegesehren sang. Wer kennt nicht seine Lieder: �Der Gott, der Eisen wachsen lie�, der wollte keine Knechte", �Was blasen die Trompeten",' �Was ist des Deutschen Vaterland", �Aus Feuer ward der Geist geschaffen"? Auch andere frische und kernhafte Lieder, weltliche und geistliche, hat der treffliche Mann gedichtet und sein ereignisvolles Leben in einer ansprechenden Selbstschau geschildert.
Theodor K�rner, geb. 1791, ein Sohn von Schillers vertrautestem Freunde, lebte in den Gesinnungen der Jungfrau von Orleans: �Nichtsw�rdig ist die Nation, die nicht ihr alles freudig setzt an ihre Ehre". �Was ist unschuldig, heilig, menschlich gut, wenn es der Kampf nicht ist ums Vaterland"-? Siegesgewi� ritt er mit �L�tzows wilder Jagd" in den Krieg hinaus, dichtete im Felde selbst seine feurigen Lieder von des Freiheitskampfes Herrlichkeit und besiegelte endlich, den Sang vom �Schwert, der Eisenbraut" noch auf den Lippen, durch einen tapferen Reitertod die Tiefe und Kraft seiner vaterl�ndischen Begeisterung. Un-gemein leicht fl�ssen dem Dichterj�ngling die Verse; als er 22j�hrig starb, hatte er au�er nicht wenigen lyrischen Gedichten bereits mehrere Schauspiele vollendet, unter denen �Zriny" als das bedeutendste gilt.
In weicheren T�nen, voll Wohllaut und Innigkeit begleitete Max von Tchcnkcndorf die Kriegsereignifse. Mit frommer Vaterlandsfreude feierte er dann Deutschlands Wiederherstellung �nach der Knechtschaft, nach dem Streit"; dem Kaiser und Reich, dem �alten" vaterl�ndischen Rheinstrom mit seinen Ritterburgen weiht er gef�hl- und klangvolle Lieder (�Das Lied vom Rhein").
R�ckert hat namentlich in �geharnischten Sonetten" seiner Freiheitsbegeiste-rung markigen Ausdruck gegeben. Vaterl�ndischen Inhalts sind auch: �Deutsch-lands Heldenleib", �Des Rheinstroms Gru�", �Die hohle Weide" :c. � Die Zahl seiner Gedichte ist fast allzugro�. Er entfaltet in denselben eine sprachliche Meister-schaft, wie sie kein anderer deutscher Dichter erreicht hat. Dies gilt insbesondere auch von den bewundernswerten Nachbildungen und Wiederdichtungen, durch welche er uns die Poesie der V�lker des Orients erschlossen hat; denn, wie er sagt: �die Poesie in allen ihren Zungen ist dem Geweihten eine Sprache nur."
Wie R�ckert durch h�chste Mannigfaltigkeit, ist Graf Platen (gest. 1835 in Syrakus) durch vollendete Reinheit der dichterischen Form ausgezeichnet. Darf
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er nach dieser Seite als gr��ter Meister gelten, so fehlt es doch seinen kunstvoll ge-gl�tteten Gedichten an volkst�mlicher Frische und W�rme; sie sind �sch�n und kalt wie Marmor", von dem deutschen Leben zu abgewendet, als da� sie allgemeinere Verbreitung im Volke h�tten finden k�nnen. Von seinen Romanzen sind �Das Grab im Busento" und �Der Pilgrim von St. Just" die bekanntesten.
Gleichalterig mit Platen, aber in seiner Dichtung sehr von ihm verschieden war Jmmermann. der in der Hofschulzengeschichte seines Romans �M�nchhausen" das westf�lische Dorfleben meisterhaft geschildert hat.
5. Der schw�bische Dichterkreis. Neben Schiller der volks-beliebteste aller unserer Dichter war Uhland. Um ihn her gruppieren sich die �brigen S�nger der s ogenannten �schw�bischenSchule", unter denen Justinus Kerner und Gustav Schwab die be-merkenswertesten sind.
Ludwig Uhland lebte zu T�bingen, wo er 1862 starb. Seine Balladen, deren Stoffe gr��tenteils der vaterl�ndischen Sage und Geschichte angeh�ren, seine heiteren und gem�tvollen Lieder sind in aller Mund und Herzen. Wie einst die ritterlichen Dichter mit den Goldharfen, singt er �von Gottesminne, von k�hner Helden Mut, von lindem Liebessinne, von s��er Maienblut", und seine Lieder, die �in Wald und Thal erschollen", wurden eine Macht des Segens f�r das frisch auf-bl�hende kr�ftige Volksleben unseres Zeitalters. Auch zwei dramatische Dich-tungen, �Herzog Ernst" und �Ludwig der Bayer", haben Uhland zum Verfasser.
Mehr als bei Uhland tritt in den Gedichten seines Freundes Justinus Kerner der Ton der Sehnsucht und Wehmut hervor. Bilder des Sterbens dr�ngen sich ihm �berall auf, Schmerz ist ihm der Grundton der Natur. Seine Lieder sind anziehend und volkst�mlich, melodisch, herzbewegend. Unvergleichlich sch�n ist sein Wanderlied: �Wohlauf noch getrunken den funkelnden Wein"; beliebt auch feine Romanzen: �Der reichste F�rst", �Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe" u. a.
Gustav Schwab hat sich namentlich in der Ballade und poetischen Erz�hlung hervorgethan; von ihm sind die Gedichte: �Das Mahl zu Heidelberg", �Das Ge-witter", �Der Reiter und der Bodensee" 2c.
6. Dichter der neuesten Zeit. Von den j�ngeren Dichtern ent-nahmen einige den wenig befriedigenden Zust�nden unseres staatlichen Lebens namentlich in den drei�iger und vierziger Jahren ihre Stoffe: es waren im Gegensatze gegen die vaterl�ndischen S�nger der Ve-sreiungskriege die revolution�r-politischen Dichter. Da ihre Gedichte sich aus vor�bergehende Verh�ltnisse beziehen und meist nur gewisse Parteistandpunkte vertreten, so sind sie ohne bleibende Bedeutung und schon jetzt gr��tenteils vergessen. Mit einem Teile ihrer Leistungen geh�ren zu diesen politischen Poeten auch einige der folgen-den Dichter, die freilich auf einem h�heren, mehr geeigneten Gebiet poetischer Wirksamkeit verdienten Ruf erlangt haben. Es sind vor andern: Heine, Lenau, Anastasius Gr�n, Hosfmann von Fallersleben, Simrock, Freiligrath, Geibel und Scheffel.
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Heinrich Heine, geb. zu D�sseldorf, gest. 1856 zu Paris, war ein Dichter von reicher Begabung, aber ohne feste und reine Haltung, der die Wirkung seiner lieb-lichsten Lieder nicht selten durch kecke Selbstverh�hnung und frechen Witz zerst�rt. Vielgesungen ist sein Lied von der �Lorelei", weitbekannt seine Balladen: �Die Wallfahrt von Kevlaar", �Belsazar", �Die beiden Grenadiere".
Von den beiden �sterreichischen Dichtern Lenan und Anastasius Gr�n ist der schwerm�tige Senau der bekanntere. Au�er einigen gr��eren (epischen) Dichtungen (Savonarola, Die Albigenser) hat er Sieder von hoher Sch�nheit gesungen, wie die �Schilflieder", �Sieblich war die Maiennacht" u. a. Im Hinblick auf den ungl�ck-lichen Freund, der im Jrrenhause starb, sagt der heiterer gestimmte Anastasius Gr�n (Grafvon Auersperg): �Dein Banner war tiefschwarze Seide, ich schwang ein rosenrot Panier." Gr�ns bilderreiche Dichtungen (�Spazierg�nge eines Wiener Poeten", �Schutt" *c.) feiern Vaterland und Freiheit, manche derselben sind humoristischen Inhalts.
Hoffmann von Fallersleben verstand mit bewundernswertem Geschick das alte deutsche Volkslied zu erneuern. Von ihm ist das vielgesungene Vaterlands-lied gedichtet: �Deutschland, Deutschland �ber alles".
Simrock, geb. und gest. in Bonn, hat die Poesie des deutschen Mittelalters durch treffliche neudeutsche Nachbildungen allgemein zug�nglich gemacht. Den sagenber�hmten Strom seiner Heimat besingt er in seinen �Rheinsagen".
Freiligrath (gest. 1877) hat aus entlegenen S�ndern und fremden Zonen der Dichtung neue Stoffe zugef�hrt und seine lebendigen markigen Schilderungen mit der Pracht brennender Farben ausgestattet. Allbekannt sind seine Gedichte: �L�wenritt", �Die Auswanderer", �Der Liebe Dauer".
Geibels (gest. 1884) Gedichte errangen durch Innigkeit der Empfindung, durch reiche, doch stets milde Phantasie, durch Reinheit und W�rme der vater-l�ndischen und religi�sen Gesinnung, wie durch hohen Wohllaut der Sprache unter den poetischen Erzeugnissen der neuesten Zeit den ausgebreitetsten Erfolg. Nament-lich haben fie sich des Beifalls der Frauen zu erfreuen.
Scheffel (gest. 1886) ist durch seinen frischen, kernigen Humor ein rechter Lieblingsdichter des deutschen Volkes, vor allen der gesangfrohen Studentenschaft geworden. Hauptdichtungen: �Der Trompeter von S�kkingen", der Roman �Ekke-hart)", �Gaudeamus".
Die weitaus hervorragendste aller deutschen Dichterinnen ist Annette von Droste-H�lshoff (gest. 1848).
Ausgestattet mit sch�pferischer poetischer Kraft, mit seltener Gem�tstiefe und reicher Phantasie, hat sie das Naturleben ihrer westf�lischen Heimat in den �Heidebildern" ebenso vortrefflich geschildert, als sie �die tiefsten Erlebnisse der menschlichen, zun�chst der reinen weiblichen Seele mit dem scharfen Accent der unmittelbarsten Wahrheit auszusprechen verstand". Ihre poetischen Er-Z�hlungen sind in unserer gesamten neuesten Poesie bis jetzt unerreicht geblieben.
7. Die Musik. In der Musik haben seit dem vorigen Jahrhundert die Deutschen alle V�lker �berfl�gelt. Nach Mozart, dem gr��ten Opernkomponisten der Welt, wurde Ludwig van Beethoven (1770�1827) der Vollender der In-strumentalmusik (Symphonieen). Neben und nach ihm gl�nzten als hervorragendste Meister: Schubert, der dem deutschen Liedergesang seine h�chste Ausbildung
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gab; Karl Maria von Weber, der den �Freisch�tz" schuf; Meyerbeer (durch seine gro�en Opern �Die Hugenotten", �Der Prophet", �Die Afrikanerin" u. a.); Felix Mendels s�hn (durch seine Oratorien �Paulus", �Elias", seine Lieder:c.) und Richard Wagner (durch die Musikdramen �Tannh�user", �Lohengrin", �Die Meistersinger von N�rnberg", �Der Ring des Nibelungen", �Parcival" u. a.).
Auch die bildenden K�nste gelangten in dieser Periode zu reicher Ent-Wickelung; ihre Bl�tezeit begann jedoch erst, als die Dichtung schon in den Herbst eintrat. Die langen Kriegsunruhen bis zu Napoleons Sturz hatten ihr Gedeihen gehemmt; erst in den Friedensjahren nach dem Befreiungskampfe konnte mit der Wiederherstellung der nationalen Selbst�ndigkeit auch die vaterl�ndische Kunst neu aufleben, um nun bald, gef�rdert durch die Gunst deutscher F�rsten, wie z. B. der K�nige Friedrich Wilhelm HI. und IV. von Preu�en, vor allem aber belebt und gehoben durch den begeisterten, opferfreudigen Kunstsinn des K�nigs Ludwig I. Von Bayern, die gro�artigsten Erfolge zu erreichen. Von der frucht-baren Anregung dieses geistvollen Kenners des Sch�nen ging
vornehmlich aus. �Kaum hat je ein anderer Regent so einsichtsvoll, so durch-greifend, so umfassend die Kunst gef�rdert wie dieser Monarch." War unter Herzog Karl August Weimar der gepriesene Sitz der deutschen Dichtung, so wurde durch K�nig Ludwig jetzt Bayerns Hauptstadt M�nchen der Mittelpunkt der deutschen Kunst. Auch andere St�dte, wie Berlin, D�sseldorf, Dresden und sp�ter Karlsruhe und Weimar, erwarben sich das Verdienst einer gedeihlichen, mannigfach ergiebigen Kunstpflege. Die Hauptvertreter unserer bildenden Kunst nach ihren drei Zweigen, Baukunst, Bildnerei und Malerei, sind Schinkel, Rauch und Cornelius.
1. Die Baukunst entwickelte sich nach zwei Richtungen: die eine schlo� sich an die Denkm�ler der alten Griechen, die andere an die Bauformen des Mittel-alters an. Die erstere Richtung kam durch Schinkel in Berlin (gest. 1841) zu ihrer reinsten und sch�nsten Ausbildung. In seinen Hauptwerken hat er das Beste geschaffen, was der Versuch, die griechische Baukunst auf nordischem Boden heimisch zu machen, hervorzubringen �berhaupt imstande war. Zu sehr K�nstler um sich mit einer blo� �u�erlichen Nachahmung zu begn�gen, wollte er so bauen �wie die alten Griechen, wenn sie unter un-^ levlm, gebaut haben w�rden". Unter seinen Bauten treten namentlich hervor: dii K�nigswache, das k�nigliche Schau-spielhaus und das (alte) Museum, s�mtlich in Berlin. In M�nchen wirkte Klenze, der dort die Glyptothek, die Pinakothek und den Neuen K�nigs-bau, die Ruhmeshalle, die Propyl�en, bei Regensburg die Walhalla (Taf. VII, 7) auff�hrte.
Die mittelalterliche Kunst des romanischen Stils und der Gotik wurde zu-n�chst wieder aufgenommen durch G�rtner, der die romanische Ludwigs-k i r ch e in M�nchen erbaute, w�hrend gleichzeitig andere Meister in M�nchen die Andr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte. 18
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Die bildenden K�nste in Deutschland.
die Bl�tezeit der bildenden K�nste
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sch�ne gotische Mariahilf-Kirche in der Vorstadt Au und die gro�artige Bonifatius-Basilika (nach alt-christlichem Muster) errichteten; ferner durch Heideloff, der namentlich in N�rnberg zahlreiche gotische Bauten ausf�hrte, und durch Zwirner, der den Ausbau des K�lner Domes (Taf. VI, 1 und VII, 1) leitete. In Marienburg wurde das Hochmeisterschlo� des Deutschen Ordens (Taf. VII, 3, VI, 10) in seiner alten Pracht wiederaufgerichtet.
Eine neue Wendung erfuhr die Baukunst durch Semper (Theater in Dresden); die Renaissance trat mehr und mehr in den Vordergrund.
Neue sch�ne F�rstenschl�sser erstanden in Braunschweig und Schwerin, w�hrend die Schlo�bauten des K�nigs Ludwig H. von Bayern durch beispiellosen Prunk Aufsehen erregen. Endlich wurden durch die Anlegung von Eisenbahnen manche gewaltige und kunstreiche Bauten hervorgerufen.
2. Die Bildhauerkunst hatte im Anfange des 19. Jahrhunderts einen trefflichen Meister in dem W�rttemberger Dannecker, unterdessen Werken die Statue �Christus der Weltlehrer" hervorragt, sowie die kolossale Marmorb�ste Schillers, in welcher der K�nstler seinen ber�hmten Landsmann und Freund �lebig" zu machen suchte. Er wurde �bertroffen durch den gro�en D�nen Thorwaldsen (gest. 1844), dem der Ruhm geb�hrt, die ideale Sch�nheit der altgriechischen Bild-werke wieder in die Kunst der neuen Zeit eingef�hrt zu haben. Unter seinen zahl-reichen Sch�pfungen haben namentlich �der Alexanderzug", �Christus mit den Aposteln , ferner �der sterbende L�we" bei Luzern allgemeine Bewunderung ge-funden. Auch die Standbilder Gutenbergs in Mainz und Schillers in Stuttgart hat er gefertigt.
Berlin wandte sich der �ltere (Gottfried) S ch a d o w vorzugsweise der Darstellung preu�ischer Feldherren (Zietens, des alten Dessauers :c.) zu; auch wurde die Siegesg�ttin mit dem Viergespann aus dem Brandenburger Thor von ihm modelliert. Gleichfalls in Berlin arbeitete Rauch (gest. 1857), der unter Deutschlands Bildhauern am n�chsten an Thorwaldsens Gr��e hinanreicht. Eins der fr�hesten und sch�nsten seiner Werke ist die Gestalt der im Todesschlummer ruhenden holdseligen K�nigin Luise im Mausoleum zu Charlottenburg: dann schuf er f�r Berlin die Marmor- und Erzstandbilder der Helden des Be-freiungskrieges Scharnhorst, B�low, Bl�cher, York und Gneisenau; den H�hepunkt s eines Ruhms erreichte er jedoch durch dasKolossaldenkmalFriedrichs des Gro�en (Taf. VII, 6), in welchem er den k�niglichen Helden darstellt, wie er hoch zu Ro� �ber die ihn umgebende Schar seiner Feldherren und der geistigen Heroen seines Zeitalters als der alles Beherrschende emporragt. Eine Anzahl trefflicher Sch�ler schlo� sich dem Meister Rauch an; der bedeutendsten einer war Rietschel in Dresden, der das Lessingdenkmal in Braunschweig, die Statuengruppe �Goethe und Schiller" f�r Weimar schuf und f�r Worms die Anfertigung des Lutherdenkmals unternahm, von welchem er das Standbild des Reformators noch selbst vollenden konnte, die Anfertigung des �brigen nach seinem Tode auf seine Sch�ler �berging. � Eine wunderbare Leichtigkeit der Erfindung, �berall mit Anmut vereinigt, entfaltete Schwanthaler namentlich in den zahlreichen Bild-werken, mit welchen er die Giebelfelder der Kunsttempel und die Prachts�le der Schl�sser in M�nchen geziert hat; sein 1850 vor der Ruhmeshalle bei der Stadt aufgestelltes (19 w hohes) Riesenstandbild der B avari a hatte seit dem Kolo� von
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Rhodus in der Erzgie�erkunst nicht seinesgleichen und wird jetzt nur von dem 1875 vollendeten Arminiusdenkmal von B andel an H�he �bertroffen. Ein vaterl�ndisches Denkmal, das den beiden letztgenannten an Massenhaftigkeit zwar nachsteht, an wirkungsvoller Sch�nheit vielleicht �berlegen ist, hat in unseren Tagen Schilling in Dresden geschaffen: das Siegesdenkmal auf dem Niederwald. Ohne Zweifel hat dieses herrliche Erzbild auf der luftigen Berges-h�he am Rheinstrom (1883 enth�llt) unter den neuesten Werken unserer Bildhauer-f�nft die allgemeinste und freudigste Anerkennung bei dem deutschen Volke ge-funden, nicht sowohl um seines hervorragenden Kunstwertes willen, sondern weil es, dem Dichterwort: �Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein" eherne Wucht und Dauer leihend, das stolze Vaterlandsgef�hl ausspricht, da� das neue Deutsche Reich vor keinem �u�eren Feinde sich f�rchtet.
3. Die Malerei. Das Emporbl�hen der Malerei wurde durch einige junge begabte K�nstler angebahnt, die zu ihrer Ausbildung nach Rom gekommen waren und sich dort in dem Gedanken zusammenfanden, im Geiste des Altmeisters D�rer der Malerei �zu Ehren Gottes und des deutschen Vaterlandes" eine neue und h�here Richtung zu geben. Es waren Cornelius, Overbeck, Veit und der j�ngere (Wilhelm) S ch adow. Sie malten 1816 gemeinsam die (biblische) Geschichte Josephs als Wandschmuck der Casa Bartholdy in Rom (jetzt in Berlin), ein Werk, mit dem die Wiedergeburt der deutschen Malerei begonnen hat. Overbeck widmete sich ausschlie�lich der kirchlichen Kunst; seine ber�hmtesten Bilder sind �der Triumph der Religion in den K�nsten" und �die sieben Sakramente". Auch Veit und Schadow behandelten in ihren Gem�lden �berwiegend christliche Stoffe; von dem ersteren wurde �die Einf�hrung der K�nste in Deutschland durch das Christentum", von dem letzteren �die klugen und die th�richten Jungfrauen" dargestellt. Peter (von) Cornelius (1783�1867), der gr��te der neueren deutschen Maler, f�hrt uns in seinen Kunstsch�pfungen au�er den Heiligt�mern des christlichen Glaubens auch die nationalen Helden des Nibelungenlieds sowie die Gestalten der griechischen G�tter- und Heroenwelt vor. Es war eine Zeit des h�chsten k�nstlerischen Schaffens, als er, nach seiner R�ckkehr von Rom 1819 zun�chst in M�nchen wirkend, die Glyptothek und die Pinakothek mit den gro�artigsten Fresken ausstattete, dann in den Wand- und Deckengem�lden der neuen Ludwigskirche den Inhalt der christ-lichen Glaubenslehre von der Weltsch�pfung bis zur Vollendung des Erl�sungs-werkes mit staunenswertem Tiefsinn verherrlichte.
An k�nstlerischem Ruhme kommt dem gro�en Meister am n�chsten sein Sch�ler Wilhelm (von) Kaulbach (gest. 1874), v r gleichfalls in M�nchen und Berlin th�tig war. Sein ber�hmtestes Werk sind die sechs gro�en Gem�lde im Treppenhause des Neuen Museums zu Berlin, welche den Turmbau zu Babel, die Welt der Griechen, die Zerst�rung Jerusalems, die Hunnenschlacht, die Kreuzz�ge und die Reformation darstellen. Unter den �brigen M�nchener K�nstlern traten am meisten hervor: Schnorr von Carolsfeld, der f�r die Prunk-gemacher des K�nigsbaues die gewaltigen Nibelungenbilder malte; Rottmann, der durch seine italienischen und griechischen Landschaften sich wohlverdienten Ruhm erwarb; Schwind, der deutsche Volksm�rchen (�die sieben Raben" zc.) darstellte imd die Wartburg mit Fresken ausschm�ckte.
Der D�sseldorfer Malerschule, welche namentlich die �lmalerei aus-
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bildete, geh�rt neben dem Leiter W. Schadow (s. o.) an: Lessing (gest. 1880), dessen wirkungsvolle Bilder namentlich aus der Geschichte von Hu� zu den ausgezeichnet-sten Kunstwerken z�hlen. In Weimar malte Preller seine herrlichen Odyssee-landschasten; R e t h e l schuf im Rathaussaale zu Aachen treffliche Freskogem�lde aus der Geschichte Karls des Gro�en. In Dresden wirkte au�er dem schon genannten S ch norr von Caro Isfeld, der dort seine �Bibel in Bildern" malte, namentlich der um die Wiederbelebung des Holzschnitts hochverdiente Ludwig Richter, dessen lebensfrische, gem�tvolle Schilderungen des deutschen Volks- und Familien-lebens und Darstellungen aus der M�rchenwelt die weiteste Verbreitung fanden. In B erlin endlich hatAdolfMenzel Friedrich den Gro�en und seine Zeit in einer Reihe von Gem�lden meisterhaft dargestellt, Anton (von) Werner die her-vorragendsten M�nner und bedeutendsten Ereignisse der neuesten deutschen Ge-schichte k�nstlerisch verherrlicht.
� 174.
Die deutsche Wissenschaft.
Der Ausschwung, den, gleichzeitig mit der Dichtung, die deutsche Wissen-sch a st im Zeitalter Friedrichs des Gro�en genommen hatte, dauerte in gesteigertem Grade in der neuesten Geschichtsperiode fort. Der Geist der Romantik ber�hrte auch die wissenschaftliche Forschung, die durch ihn manche neue Anregung erhielt. Namentlich
1. die deutsche Sprach- und Altertumskunde wurde erweitert und vertieft, ja v�llig neu gestaltet. Unverg�ngliche Verdienste um die allseitige Erfor-fchung des Reichtums und Wesens der deutschen Sprache, wie der alten Dichtung, Sage und Sitte unseres Volkes erwarben sich vor allen die Br�der Jakob und Wilhelm Grimm. Eine Anzahl t�chtiger Gelehrten schlo� sich ihnen in gleicher Arbeit an; Simrocks treffliche �bersetzungen des Nibelungenliedes und vieler andern mittelalterlichen Dichtungen in die neudeutsche Sprache sind Fr�chte dieser Forschungen.
2. Als neue Wissenschaft wurde, auf Anregung des vielseitig gelehrten Wilhelm von Humboldt, die vergleichende Sprachforschung durch Bopp begr�ndet, die schon manche bedeutende Ergebnisse f�r die V�lkergeschichte geliefert hat. Sie ging vorzugsweise aus von dem Studium des Sanskrit d. h. der alt-indischen Sprache und Litteratur, eine Wissenschaft, die in Deutschland zuerst durch die Br�der Schlegel angebahnt, von einer Reihe hervorragender Forscher mit Eifer und Erfolg betrieben wird.
Der Wert des Studiums der Sanskritfprach e beruht f�r uns wesentlich darauf, da� sich in ihr das klarste Bild der gro�en indo-europ�ischen Sprach-und V�lkerfamilie abspiegelt, zu der die meisten weltgeschichtlichen V�lker geh�ren. Manche Dunkelheit der Sprache wie der alten G�tter- und Heldensage erh�lt aus jenem entlegenen Gebiet willkommene Erkl�rung.
Neben dem Sanskrit wurden auch die Sprachen, sowie die Religionen der �brigen V�lker des Orients durchforscht, insbesondere die gro�artigen und zahl-reichen Denkm�ler der alt�gyptis ch en Kultur durch Gelehrte wie Lepfius u. a. mehr und mehr aufgehellt.
i.
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3. Der griechischen Altertumskunde gab B�ckh einen auf feste Grundlagen gest�tzten reicheren Inhalt. Die r�mische Geschichte erfuhr eine v�llige Umgestaltung durch Niebuhr, der durch selbst�ndige, geistvolle Forschung und durch tiefere Auffassung des Staatswesens der Begr�nder einer vollkommneren wissenschaftlichen Geschichtschreibung wurde.
4. Ihren gr��ten Meister aber hatte die Geschichtschreibung in Ranke <1795�1886), dessen zahlreiche historische Werke auch durch Sch�nheit der Dar-stellung sich auszeichnen. Neben ihm und Niebuhr sind als verdienstvolle Geschichts-forscher hervorzuheben: Schlosser (Geschichte des 18. Jahrhunderts, und: Weltgeschichte), Raumer (Geschichte der Hohenstaufen), von Sybel (Geschichte der Revolutionszeit), Giefebrecht (Geschichte der deutschen Kaiserzeit), Gervinus (Geschichte der deutschen Dichtung), Duncker (Geschichte des Altertums), Momm-sen (R�mische Geschichte), H�usser (Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Gro�en), von Treitschke (Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert).
5. Die Geographie wurde durch Karl Ritter, den Sch�pfer der �ver-gleichenden Erdkunde", zu einer selbst�ndigen Wissenschaft erhoben. Eine gro�e Anzahl wissenschaftlicher Reisen (wie die A. von Humboldts und in der neuesten Zeit namentlich die Nordpolfahrten und die Reisen durch den �dunkeln Erdteil" Afrika) hat diesem Gebiete der Forschung neue unerme�liche R�ume ge�ffnet.
6. Unter den Naturwissenschaften macht die Astronomie immer weitere Fortschritte in der Kenntnis der �Wunder des Himmels". Die Chemie wurde namentlich durch die ergebnisreichen Forschungen und wichtigen Ent-Deckungen Liebigs weitergebildet. Die Physik erzielte durch die Bearbeitung der Lehre von der Elektrizit�t und dem Magnetismus gro�artige Erfolge, die, wie jene Entdeckungen der Chemie, vielfach neugestaltend in unsere Lebensverh�ltnisse ein-gegriffen haben. Auch den �brigen Zweigen der Naturkunde fehlten weder treff-liehe Meister noch treffliche Fr�chte. Die gesamte F�lle aber des Naturwissens zu �berschauen und zu verbinden, �die Erscheinungen der k�rperlichen Dinge in ihrem allgemeinen Zusammenhange, die Natur als ein durch innere Kr�fte bewegtes und belebtes Ganzes aufzufassen" � das war, mit seinen eigenen Worten ausgedr�ckt, die hohe Aufgabe, welche Alexander von Humboldt (1769�1859), Wilhelm von Humboldts j�ngerer Bruder, unternahm und in seiner ber�hmten �physischen Welt-beschreibung", die er �Kosmos" nannte, auszuf�hren suchte. Man hat ihn als den gr��ten Gelehrten unserer Zeit gefeiert; bis in die fernsten L�nder ist sein Ruhm gedrungen.
7. In der Philosophie endlich erlangten nach Kant vor andern Fichte und Sch�lling ber�hmte Namen; die zahlreichsten Anh�nger aber fand vom Ende der zwanziger bis in die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts die Lehre Hegels, die auch auf die Behandlung anderer Wissenschaften (wie der Religions-, der Rechts-der Kunstlehre :c.) erheblichen Einflu� �bte.
� 175.
Gro�e Erfindungen.
Allseitiger uoch und durchgreifender, als die K�nste und Wissenschaften, haben die Erfindungen, an denen die neueste Zeit so
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reich ist, auf die Zust�nde der Welt eingewirkt. Man hat daher mit gutem Recht das letztvergangene Jahrhundert (1789�1889) das Zeitalter der Erfindungen genannt. Da kettet sich eine wichtige und folgenreiche Erfindung an die andere; alle Lebensgebiete: der Verkehr und der Handel, das Gewerbe und die Industrie, der Ackerbau, die Kriegsf�hrung, das geistige Bildungswesen, werden davon ber�hrt und ver�ndert, die Welt durch sie gleichsam neugestaltet. Ihre Zahl l��t sich kaum �bersehen; der gr��te Teil ist von den Naturwissenschaften ausgegangen. Als allgemeiner hervortretende Erfindungen m�gen hier nur angef�hrt sein: Die Gasbeleuchtung und Gasheizung, das elektrische Licht, der Steindruck, der Stahlstich, der Farbendruck, die Photographie, die N�hmaschine, die Schnellpresse, die Hinterladungs-gesch�tze 2C. Von der weitgreisendsten, weltumgestaltenden Bedeutung aber sind: die Dampfmaschine, die Dampfschiffahrt, die Eisenbahnen und der elektromagnetische Telegraph.
1. Die Dampfmaschine wurde 1769 von dem Engl�nder James Watt erfunden (� 137 Anm.); ihre Erfindung f�llt also bereits in die vorhergehende Geschichtsperiode; doch ihre gro�artige Verbreitung und vielseitige Anwendung geh�rt erst in die neueste Zeit. Eine v�llige Umwandlung des Fabrikbetriebs und des Bergbaues wurde dadurch hervorgerufen; die Industrie in ihrer jetzigen Gestalt ist durch die Dampfmaschine erst geschaffen.
In der Einf�hrung der neuen Erfindung war England den �brigen L�ndern weit voraus: w�hrend dort schon im Jahre 1810 etwa 5000 Dampfmaschinen arbeiteten, begann in Preu�en erst 1830 die allm�hlich zunehmende Verwendung der Dampfkraft; Hannover erhielt 1832, W�rttemberg 1841 die erste Dampfmaschine. Jetzt sind Hunderttausende von Maschinen in Th�tigkeit; auch die bescheidenste ge-werbliche Anstalt wird schon �mit Dampf betrieben". Von besonderer Wichtigkeit aber ist die Anwendung der Dampfkraft auf die Schiffahrt und das Eisen-bahnwesen (Nr. 2 und 3).
2. Die Dampfschiffahrt ist eine Erfindung des Nordamerikaners Robert Fnlton, der 1807 zu Newyork das erste Dampfboot baute. Sie fand rasche Ausbreitung, zun�chst in Nordamerika und England. In Deutschland ging 1817 ein Dampfboot von Berlin bis Hamburg; im folgenden Jahre begannen in England gebaute Dampf-schiffe den Rhein zu befahren. �ber den atlantischen Ocean machte 1819 das erste Dampfschiff die Reise von Nordamerika nach England in 26 Tagen. Jetzt wird diese Strecke schon in 7 bis 10 Tagen zur�ck-gelegt.
Von mehr als 300 Dampfern wird t�glich der Ocean zwischen Europa und
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Amerika durchkreuzt; auf allen Welt- und Binnenmeeren, auf allen Str�men und fahrbaren Fl�ffen der kultivierten L�nder vermittelt eine rege Dampfschiffahrt � gegen 9000 Schiffe allein in Europa � den stets zunehmenden Verkehr.
3. Das Eisenbahnwesen wurde begr�ndet durch den Engl�nder Georg Stephenson (geb. 1781), der im Jahre 1812 die Lokomotive erfand. Unter seiner Leitung wurde die erste f�r den all-gemeinen Verkehr bestimmte Eisenbahn in England 1825 vollendet. F�r die 1830 er�ffnete Bahn zwischen Liverpool und Manchester baute er verbesserte Dampfwagen, und seine Maschinenbauanstalt lieferte bald f�r alle in England und den �brigen L�ndern neu entstehenden Eisen-bahnen die ersten Lokomotiven. Sein Sohn, RobertStephenson, erhob den Maschinen- und Bahnbau zu noch h�herer Vollkommenheit. In Deutschland wurde die erste Eisenbahn 1835 zwischen N�rnberg und F�rth angelegt; 1837 folgte die erste gr��ere Linie Leipzig-Dresden; im Oktober 1838 wurde, zuerst in Preu�en, die Strecke Berlin-Potsdam befahren.
Staunenswert waren die Fortschritte des Eisenbahnverkehrs: breite Str�me, selbst Meeresarme wurden �berbr�ckt, m�chtige Gebirge meilenweit durchbohrt, den in st�rmender Eile daherbrausenden Dampfwagenz�gen Bahn zu schaffen. Schon 1869 wurde die riesige, 5351 Kilometer lange Pacisicbahn er�ffnet, die Nord-amerika von Newyork bis San Francisco in Kalifornien durchschneidet. In Europa hat das Eisenbahnnetz bereits eine L�nge von 200 000, in Deutschland von 38000 Kilometern erreicht, so da� hier auf 100 Quadratkilometer Fl�chenraum �ber 7 Kilometer Eisenbahn kommen. Am st�rksten unter allen L�ndern ist das gewerbreiche Belgien von Eisenbahnen durchschnitten.
4. Der elektromagnetische Telegraph wurde (nachdem der D�ne �rsted 1819 den Elektromagnetismus entdeckt hatte) im Jahre 1833 von Gantz und Weber in G�ttingen erfunden. Die Erfindung erhielt eine weitere Ausbildung durch Steinheil (geb. 1801), der 1837 zwischen M�nchen und der Sternwarte zu Bogenhausen die erste Tele-graphenlinie anlegte. In England wurde gleichzeitig der erste Telegraph zu London errichtet, und in Amerika trat durch M o r s e die elektromagnetische Telegraphie zuerst 1844 zwischen Washington und Boston in Wirksamkeit. Bald folgte auch die Anlegung unterirdischer Telegraphenlinien. Der erste unterseeische Draht (Kabel) wurde 1851 zwischen England und Frankreich durch den Kanal gelegt.
Das Riesenunternehmen, Europa und Amerika durch ein Kabel zu verbinden, kam zuerst 1866 zur Ausf�hrung; 1889 waren im ganzen 950 Telegraphenkabel in Betrieb. Das gesamte sich jetzt �ber alle Weltteile erstreckende Drahtnetz hat eine L�nge von mehr denn 700 000 Kilometern; davon fallen auf Europa 550 000, auf
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Deutschland 86000 Kilometer Telegraphenlinien. J�hrlich werden �ber 100 Millionen Telegramme bef�rdert, in Deutschland allein 21 Millionen d. h. 44 Depeschen aus 100 Einwohner.
^ Verwandt mit dem elektromagnetischen Telegraphen ist das Telephon oder der Fernsprecher, der dazu dient, durch den elektrischen Strom Tone, Vorzugs-weise gesprochene Worte zu �bermitteln. Der Erfinder desselben ist ein Deutscher, Philipp Rei� (geb. in Gelnhausen), der 1861 zu Friedrichsdorf bei Frank-furt a. M. das erste Instrument herstellte, welches dann nach Rei�' Tode der Amerikaner Graham Bell 1877 praktisch verwendbar machte.
getragen.
"5568*-
I. Zeittafel.
I. Altertum.
Von den �ltesten Zeiten bis zum Untergange des west-r�mischen Reiches, x v. Chr.�476 n. Chr.
Jahre v. Chr.
c. 1350. Ramses II. der Gro�e.
c. 1320. Moses.
1104. Dorische Wanderung.
953. Trennung des j�dischen Reiches in Juda und Israel, c. 880. Lykurg in Sparta.
776. Olympiadenrechnung.
753. Roms Erbauung.
722. Zerst�rung des Reiches Israel.
606. Zerst�rung Ninives.
594. Solon in Athen.
586. Zerst�rung des Reiches Juda durch Nebukadnezar: babylo nische Gefangenschaft.
559. Cyrus gr�ndet das Perserreich.
510. Rom wird eine Republik.
500�449. Die Perserkriege.
494. Auswanderung auf den heiligen Berg: Volkstribunen. 490. Schlacht bei Marathon (Milti�des).
480. Schlachten bei Thermopyl� (Leonldas) und Salamis (The mist�kles).
479. Schlacht bei Plat��.
/ 450. Die Decemvirn in Rom: Zw�lftafel-Gesetze.
431�404. Peloponnesischer Krieg.
429. Perikles f.
399. Tod des Sokr�tes.
390. Die Gallier in Rom: Camillus.
/ 371. Schlacht bei Leuktra: Epaminondas.
366. Die licinischen Gesetze.
� 284 �
362. Schlacht bei Mantinea: Epaminondas f.
343�290. Die Samniterkriege.
338. Schlacht bei Ch�ronea: Untergang der Freiheit Griechen-lands.
336�323. Alexander der Gro�e.
333. Schlacht bei Jssus.
290. Die Samniter den R�mern unterworfen.
280�275. Krieg der R�mer mit Pyrrhus.
264�241. Erster pnnischer Krieg.
218�201. Zweiter pnnischer Krieg.
216. Hannibals Sieg bei Cann�.
202. Scipios Sieg bei Zama,
168. Schlacht von Pydna.
149�146. Dritter pnnischer Krieg.
146. Karthago und Korinth zerst�rt.
133. Die Gracchen.
113�101. Die Cimbern und Teutonen.
88. Manus und Sulla.
60. Erstes Triumvirat - Pompejus, C�sar und Crassus. 48. Casars Sieg bei Phars�lus.
44. C�sar ermordet durch Brutus und Cassius.
43. Zweites Triumvirat: Octavianus, Antonius und Lepidus.
42. Schlacht von Philippi (Brutus und Cassius f).
31. Seeschlacht bei Aktium.
30. Rom ein Kaiserreich; der Kaiser Angustns.
� Jesus Christus geboren.
Jahre n. Chr.
9. Schlacht im Teutoburger Walde; Arminius.
68. Kaiser Nero f.
70. Zerst�rung Jerusalems durch Titus.
324. Kaiser Konstantinus der Gro�e: Sieg deS Christentums.
375. Beginn der V�lkerwanderung.
378. Schlacht bei Adrianopel (Kaiser Valens f).
395. Theodosius der Gro�e: Teilung des r�mischen Reiches.
410. Eroberung Roms durch Alarich; Alarich f.
429. Vandalenreich in Asrika (Geiserich).
c. 449. Die Angelsachsen nach Britannien.
451. Die Hunnenschlacht.
476. Ende des westr�mischen Reiches: Romulus Augustulus; Odoaker.
II. Mittelatter.
Vom Untergange des westr�mischen Reiches bis zur Reformation, 476�1517.
481, Chlodwig, Stifter des fr�nkischen Reiches.
493. Reich der Ostgoten in Italien: Theodorich der Gro�e. 496. Schlacht bei Z�lpich: Chlodwig Christ.
c. 555. Kaiser Justinian I.
568. Reich der Langobarden in Italien: Alboin. 622. Mohammed.
711. Die Araber in Spanien.
732. Schlacht bei Tours und Poitiers: Karl Martell. 751�768. Pippin der Kleine.
754. Bonifatius t-768�814. Karl der Gro�e.
800. Karl der Gro�e r�mischer Kaiser.
814�840. Ludwig der Fromme.
843. Vertrag zu Verdun: Deutsches Reich.
843�911. A. Die deutschen Karolinger.
Ludwig der Deutsche.
Karl der Dicke.
Arnulf.
Ludwig das Kind.
911�918. Konrad I. vonFranken.
919�1024. B. Die s�chsischen Kaiser.
Heinrich I.
933. Heinrichs I. Sieg �ber die Ungarn.
Otto I.
955. Ottos I. Sieg �ber die Ungarn auf, dem Sechfelde. 962. Otto I. der Gro�e r�mischer Kaiser.
Otto II.
Otto HI.
Heinrich II. der Heilige.
1024�1125. C. Die fr�nkischen Kaiser.
Konrad II.
Heinrich EI.
Heinrich IV.
1066. Wilhelm der Eroberer in England.
1077. Kaiser Heinrich IV. in Canossa (Papst Gregor VII.). 1096�1099. Erster Kreuzzug: Gottfried von Bouillon. Heinrich V.
1125�1137. Lothar der Sachse.
1134. Albrecht der B�r � Mark Brandenburg. Die Askanier. 1138�1254. D. Die hohenstaufifchen (schw�bischen) Kaiser. Konrad Hl.
1147. Zweiter Kreuzzug unter Konrad III. und Ludwig VII.
� 286 �
Friedrich I. Barbarossa.
1189. Dritter Kreuzzug unter Friedrich Barbarossa, Philipp Auaust und Richard L�wenherz.
Heinrich VI.
Philipp v. Schwaben (und Otto IV.].
1202. Vierter Kreuzzug � nach Konstantinopel: lateinisches Kaisertum. Friedrich TL.
1227. Der deutsche Ritterorden nach Preu�en.
1228. F�nfter Kreuzzug unter Friedrich II.
1248. Sechster Kreuzzug unter Ludwig IX. dem Heiligen (� nach �gypten).
Konrad IV.
1254�1273. Interregnum.
1268. Untergang des hohenstaufischen Hauses: Konradin. 1270. Siebenter Kreuzzug unter Ludwig IX. dem Heiligen (� nach Tunis).
1273�1347. E. Die Kaiser aus verschiedenen H�usern.
Rudolf von Habsburg.
Adolf von Nassau.
Albrecht I. von �sterreich.
Heinrich VII. von Luxemburg.
LudwigderBayer (und Friedrich der Sch�ne von �sterreich). 1347 1437. F. Die Kaiser aus dem Hause Luxemburg.
Karl IV.
1356. Die goldene Bulle.
W enz el.
[Ruprecht von der Pfalz].
Sigismund.
1414�1418. ^ Konzil zu Konstanz: Johann Hu� f.
1415. Friedrich I. von Hohenzollern Kurf�rst von Brandenburg. 1438(�1806). Gr. Die Kaiser aus dem Hause �sterreich.
Alb recht II.
1440. Erfindung der Buchdruckerkunst durch Gutenbera.
Friedrich HI.
1453. Eroberung Konstantinopels durch die T�rken.
1466. Friede von Thorn.
1492. Christoph Columbus entdeckt Amerika.
1493�1519. Maximilian I.
III. Neue Zeit.
Von der Reformation bis zur Gegenwart, 1517�1890.
1517. Beginn der Reformation: Luthers Thesen gegen den Abla�-Handel.
f
� 287 -
1519�1556. Karl V.
1521. Luther vor dem Reichstage zu Worms.
1525. Der Bauernkrieg. Herzogtum Preu�en. Schlacht von Pavia. 1529. Die Protestanten auf dem Reichstage zu Speier. 1580. Augsburgische Konsession.
1546. Luthers Tod. Schmalkaldischer Krieg.
1555. Augsburger Religionsfriede.
1556�1564. Ferdinand I.
1558. Elisabeth von England.
1564�1576. Maximilian IL
1572. Pariser Bluthochzeit.
1576�1612. Rudolf II.
1579. Abfall der vereinigten Niederlande von der spanischen Herr-schast.
1589. Heinrich IV. K�nig von Frankreich: Haus Bourbon. 1598. Edikt von Nantes.
1612�1619. Matthias.
1618�1648. Der Drei�igj�hrige Krieg.
1618. Vereinigung Preu�ens mit Brandmburg.
1619�1637. Ferdinand II.
1632. Gustav Adolfs Tod bei L�tzen.
1637�1657. Ferdinand III.
1640�1688. Friedrich Wilhelm, der Gro�e Kurf�rst (von Brandenburg)*).
1648. Der westf�lische Friede.
1657. Vertrag von Wehlau: Unabh�ngigkeit Preu�ens. 1675. Schlacht bei Fehrbellin.
1678. Friede von Nymwegen.
1681. Raub Stra�burgs.
1683. Die T�rken vor Wien.
1688�1713. Friedrich in. (I.).
1688. Pf�lzischer Erbfolgekrieg.
1697. Friede von Ryswyk.
1700�1721. Der nordische Krieg: Peter der Gro�e von Ru�land und Karl XII. von Schweden.
1701�1714. Der spanische Erbfolgekrieg.
1701. Preu�en zum K�nigreich erhoben: K�nig Friedrich I. 1709. Schlacht bei Pultawa.
1713�1740. Friedrich Wilhelm I.
1740-1786. Friedrich der Gro�e.
1740�1780. Die Kaiserin Maria Theresia.
1740�1742. Erster schlesischer Krieg.
/ 1744�1745. Zweiter schlesischer Krieg.
*1 Vo" hier an werden statt der deutschen Kaiser die brandenburqisch-preu�ischen Herrscher in den Vordergrund gestellt.
1
/ 1756�1763. Der Siebenj�hrige Krieg.
ZZachtm bei Prag Kolin, Ro�bach und Leuths 1759. Schlacht bei Kunersdorf.
1763. Friede zu Hubertusbura.
1765�1790. Kaiser Joseph II.
\ll\- Tnlung Polens, Katharina II. von Ru�land.
/17R� m7 <* \ �A�jnmtoifche Freiheitskrieg.
1786�1797. Friedrich Wilhelm II.
i1�?' ,3!"6,6ttti bc? ��6en sranz�flsche� Revolution.
1792�1804. Frankreich eine Republik.
h'"serichtet. Zweite Teilung Polens. 1793 1797. Erster Koalitionskrieq.
1795. Polens Ende.
1796. Bonapartes Siege in Italien.
1797. Friede von Campo Formio.
1797�1840. Friedrich Wilhelm HI.
1798. Bonaparte in �gypten.
1799 1801. Zweiter Koalitionskrieg.
1799. Bonaparte erster Konsul.
1801. Friede zu L�neville.
1804�1814. Napoleon I. Kaiser der Franzosen.
1805. Dreikaiserschlacht bei Austerlitz.
Rheinbund. Aufl�sung des r�misch-deutscheu Reiches.
1806. Schlacht 6et Jena.
1807. Friede zu Tilsit.
1809. Schlachten bei Aspern und Wagram.
181? Napoleons Feldzug nach Ru�land.
1813�1814. Der Befreiungskrieg.
1813. 16.�19. Okt. V�lkerschlacht bei Leipzig.
1815. 18. Juni. Schlacht bei Waterloo.
1827. Seeschlacht bei Navarin.
1830. Pariser Julirevolution.
1840�1861. Friedrich Wilhelm IV.
1848. Pariser Februarrevolution.
1852�1870. Napoleon HI. Kaiser der Franzosen.
Italienischer Krieg: Schlachten bei Magenta und Solferino. 1861�1888. Wilhelm l. K�nig von Preu�en.
1864. D�nischer Krieg: D�ppel, Alfen.
1866. Deutscher Krieg: Schlacht bei K�niggriih.
1870�1871. Deutsch-franz�sischer Krieg.
1870. Schlachten bei W�rth, Gravelotte, Sedan.
1871. 18. Jan. Wiederherstellung des Deutschen Reiches: Wilhelm I., K�nig von Preu�en, Deutscher Kaiser.
1888. (9. M�rz) Friedrich IH. Deutscher Kaiser.
1888. (15. Juni) Kaiser Wilhelm II.
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II. Die deutschen Kaiser und K�nige bis 1806.
I. 768�911. Die Karolinger.
768. Karl der Gro�e (800 r�mif ch>deuts ch er Kais er). 814. Ludwig der Fromme
(t 840).
843. Ludwig der Deutsche. 876. Karl der Dicke. 887. Arnuls.
899. Ludwig das Kind. I. a. 911. Konrad I. der Franke (t 918).
II. 919�1024. Die s�chsischen
Kaiser.
919. Heinrich I.
936. Otto I. der Gro�e. 973. Otto n.
983. Otto HI. 1002. Heinrich II. der Heilige.
III. 1024�1125. Die fr�nkischen Kaiser.
1024. Konrad II. 1039. Heinrich in. 1056. Heinrich IV. 1106. Heinrich V. HI. a. 1125. Lothar der Sachse (t H37).
IT. 1138�1254* Die hohenstau-fischen (schw�bischen) Kaiser. 1138- Konrad HI. 1152. Friedrich I. Barbarossa. 1190. Heinrich VI, (f 1197). 1198. Philipp von Schwaben (t 1208) [und Otto IV.]. 1215. Friedrich II. 1250. Konrad IV. [und Wilhelm v. Holland t 1256]. IV. a. 1254. Das Interregnum. Y. 1273�1347. Die Kaiser ans verschiedenen H�usern.
1273. Rudolf von Habsburg
(t 1291).
1292. Adolf von Nassau. 1298. Albrecht I. von �sterreich.
1308. Heinrich VII. von Luxemburg (t 1313). 1314. Ludwig der Bayer (und Friedrich der Sch�ne von �sterreich f 1330). VI. 1847�1487. Die Kaiser aus dem Hanse Luxemburg. 1347. Karl IV.
1378. Wenzel.
[1400. Ruprecht von der Pfalz.] 1410. Sigismund (t 1437). TU. 1438�1806.. Die Kaiser aus dem Hanse Osterreich.
a. Die Habsburger. 1438. Albrecht H. (f 1439). 1440. Friedrich HI.
1493. Maximilian I. 1519. Karl V. 1556. Ferdinand I. 1564. Maximilian H. 1576. Rudolf II. 1612. Matthias. 1619. Ferdinand H. 1637. Ferdinand HI. (f 1657). 1658. Leopold I. 1705. Joseph I.
1711. Karl VI. (f 1740). [1742. Karl VH. von Bayern.]
b. Die Lothringer. 1745. Franz I.
1765. Joseph II. 1790. Leopold II. 1792�1806. Franz H.
lndr�-Sevin, Abri� der Weltgeschichte.
19
III. Die Z
I. 1415�1701. Die Kurf�rsten von Brandenburg.
1415. Friedrich I. 1440. Friedrich II. Eisenzahn. 1470. Albrecht Achilles. 1486. Johann Cicero. 1499. Joachim I. Nestor. 1535. Joachim H. Hektor. 1571. Johann Georg. 1598. Joachim Friedrich. 1608. Johann Sigismund. 1619. Georg Wilhelm. 1640. Friedrich Wilhelm der
Gro�e Kurf�rst. 1688. Friedrich lU. (seit 1701 K�nig Friedrich I.).
II. Seit 1701. Die K�nige von Preu�en.
1701. Friedrich I. 1713. Friedrich Wilhelm I. 1740. Friedrich IL der Gro�e. 1786. Friedrich Wilhelm EL 1797. Friedrich Wilhelm III. 1840. Friedrich Wilhelm IV. 1861. Wilhelm I. (1871 Deutscher Kaiser).
Iii. Seit 1871. Die deutschen Kaiser.
1871. Wilhelm I. 1888. Friedrich HI. 1888. Wilhelm II.
IT. Vaterl�ndische Gedenktage.
1. Januar 1871. Wiederherstellung des Deutschen Reiches.
18. � 1701. Preu�en wird ein K�nigreich.
18. � 1871. K�nig Wilhelm I. von Preu�en zum Deut-
schen Kaiser ausgerufen.
24. � 1712. Friedrich der Gro�e geboren.
27. � 1859. Kaiser Wilhelm II. geboren.
9. M�rz 1888. Kaiser Wilhelm I. stirbt.
22. � 1797. K�nig Wilhelm I. von Preu�en, Deutscher
Kaiser, geboren.
10. Mai 1871. Friede zu Frankfurt a. M.
15. Juni 1888. Kaiser Wilhelms II. Regierungsantritt.
18. � 1815. Schlacht bei Waterloo.
3. Juli 1866. Schlacht bei K�niggr�tz.
17. August 1786. Friedrich der Gro�e stirbt.
1. und 2. Sept. 1870. Schlacht bei Sedan.
18. Oktober 1813. Schlacht bei Leipzig.
31. � 1517. Beginn der Reformation.
5. November 1757. Schlacht bei Ro�bach.
16. � 1632. Gustav Adolf f�llt bei L�tzen.
5. Dezember 1757. Schlacht bei Leuthen.
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f�r internationale Schulbucnrorschung
Brauv.suhweig Schulbuchbibliothek
Pierer'sche Hofbuchdruckerei. Stephan Geibel & Co. in Altenburg.
Andr�'s Geschichtliche Lehrb�cher.
Einige Zuschriften von Schulm�nnern an die Verlagsbuchhandlung.
Auf Ihre Anfrage teile ich Ihnen hierdurch mit, da� Andr�'s ,,Grundri� der Weltgeschichte" ebenso wie dessen �Erz�hlungen aus der Weltgeschichte" schon seit einer Reihe von Jahren in meiner h�heren T�chterschule iu Gebrauch und seit Ostern 1888 in zwei Mittelklassen durch das seitdem erschienene �Lehrbuch f�r M�dchenschulen" ersetzt worden ist. Beide B�cher erfreuen sich gro�en Beifalls von feiten des Lehrerkollegiums; ich gedenke 'das Lehrbuch f�r M�dchenschulen durch alle oberen Klassen durchzuf�hren.
14. Oktober 1889. A. Sch., Schulvorsteherin.
Mit Andr�'s �Grundrih der Weltgeschichte", welcher in den mittleren Klassen sowie in Obersekuuda unseres Gymnasiums in Gebrauch ist, haben wir recht gute Erfahrungen gemacht. Das Buch ist kurz, knapp und �bersichtlich geschrieben, soda� dem Sch�ler die Haupt-fachen deutlich uud bestimmt entgegentreten und das verwirrende mancher zu sehr ins Einzelne gehender Schulb�cher gl�cklich vermieden wird. Einige kleine Aettderungen, die sich empfehlen d�rften, werde ich mir erlauben, bei Gelegenheit m�ndlich vorzuschlagen.
L., 20. September 1889. Dr. R. S.
Ich habe mit gro�em Interesse Andr�'s �Grundri�" gepr�ft und kann mich nur lobend �ber Anlage und Ausstattung des Werkes aussprechen. Infolgedessen habe ich den Z�glingen der Anstalt das Buch mit gutem Gewissen empfehlen k�nnen. Eine allgemeine Einf�hrung kann z. Z. noch nicht stattfinden.
M>, 12. September 1889. Vr. W.
Andr�'s �Grundritz der Weltgeschichte" hat hier allgemeinen Beifall gefunden, sowohl was seine Zweckm��igkeit in der Anlage, als auch �u�ere Ausstattung betrifft, lieber den Termin der Einf�hrung berichte ich spater noch N�heres.
R. Voigtl�nder's Verlag in Leipzig
G., 17. September 1889.
A Sch,
d. I g�tigst zugesandte �Grundri� der Weltgeschichte von Andra ift zwar nicht an unserer Anstalt ein-gef�hrt worden, aber ich habe, so oft sich irgend die Gelegenheit bot nn ereil Seinmanstlnnen sowohl, als auch den Sch�lerinnen der Ober-Nassen der mit dein Seminar verbundenen T�chterschnle die Anschaffung dieses ausgezeichneten Buches angelegentlichst empfohlen und werde es auch m Zukunft thun. w
�r.f 12. September 1899. _____ R. M., Dr. phil.
x Ihren Wunsch teile ich Ihnen mit, da� der �Grundri�
oer Weltgeschichte" von Audr� bereits in meiner Schule eingef�hrt iV�r,o, t $ lmd) mit der Bitte, mir auch die anderen bezeichneten Werke des Verfassers zur Pr�fung zn �bersenden, au Sie waudte. Dieselbe ist zu gunsten der B�cher ausgefallen, so da� ich bereits die �Erz�hlungen aus der griechischen und r�mischen Geschichte" und anch die -Erz�hlungen aus der deutschen Geschichte" in der Anstalt eingef�hrt habe. 1
St., 12. September 1889. Th. @
Ew. Wohlgeboren teile ich auf gef�llige Aufrage vom 10. d. Mts,
uiiu in uci i;ic|igeu Plivar-^caocyenia)iite
kl �iur Elnfiihrnng gefbmmejt ist. Ju meiner Anstalt wurde es nur deshalb zu Osteru noch nicht eingef�hrt, weil vorige Ostern mehrere iiod) notwendige Ver�nderungen vollzogen wurden; wahrscheinlich werde ich es Don Ostern 1890 an zur Einf�hrung bringen.
E., 11. September 1889. D,., zj Z.
_ in meiner Klasse eingef�hrten �Erz�hlungen aus der
Weltgeschichte" von Andr� sind ein vorz�gliches Hilfsmittel f�r diesen Unterrichtsgegenstand. Die einfache und doch sch�ne Darstellung, die tress-liche Auswahl des'Stoffes, die konsequente Durchf�hrung in der so n�tigen knappen Auswahl vou Daten uud Namen sind unbestreitbare Vorz�ge des Buches. Die Sch�ler arbeiten mit Lnst uud Liebe in dem Buche und eignen sich nach demselben mit Leichtigkeit den weltgeschichtlichen Stoff an. Das Buch verdient eine recht weite Verbreitung.
R., 16. September 1889. A.B.
Aus Ihre Aufrage teile ich Ihnen mit, da� ich schon seit Ostern 1883 in der neuerrichteten Klasse (conf. der Sexta einer Realschule) Andni's �Erz�hlungen" eingef�hrt und auch dieses Jahr beibehalten habe. Ich finde das Bnch f�r diese Altersstufe ganz vorz�glich, des-gleichen auch den �Grundri� der Weltgeschichte", welcher bei Wetterf�hrung der Klasse gewi� gleichfalls eingef�hrt werden wird.
38., 15. September 1889. g, H.
^ Die Andr�'schen Lehrb�cher sind mir schon seit vielen Jahren liebe Freunde im Geschichtsunterricht, namentlich aber die �Erz�hlungen", die durch ihre sorgf�ltige Auswahl, fesselnde Darstellung uud klare einfache
Sprache das kindliche Gem�t ansprechen. Das�Lehrbuch der Welt-flcfd)id)tc" ist gleichfalls ein mit gr�ndlicher p�dagogischer Einsicht ver--fa�tes Buch und kann an h�heren M�dchenschulen, f�r die es bestimmt ist, dem Geschichtsunterricht recht gute Dienste leisten.
Fr., 15. September 1889. W.
Zur gef�lligen Nachricht, da� wir seit Ostern d. I. den in Ihrem Verlage erschienenen �Leitfaden" von Andr� benutzen und da� der-selbe den Bed�rfnissen unserer Anstalt in vollstem Ma�e entspricht.
W, 14. September 1889. Rektor L.
Empfangen Sie besten Dank f�r die g�tige Zuseudung von Andr�, �Erz�hlungen aus der deutschen (beschichte". In diesem Buche ist das Wissenswerteste aus der vaterl�ndischen Geschichte warm und in angemessener einfacher Form vorgetragen, soda� es f�r Volks-sch�ler vorz�glich geeignet ist und auch dem Lehrer als Muster beim Er-z�hlen dienen kann. Wenn auch die Landsch�ler bei den einfachsten Ver-H�ltnissen znr Befestigung und Wiederholung des aus deu Realien Erlernten meist nur das Lesebuch in den H�nden haben, so ist Andr� doch von Privatsch�leru vortrefflich zu verwerten. So schreibt mir z. V. ein Freund, der Sch�ler f�r die Pr�parandenanstalt vorbereitet, und den ich auf das Bnch empfehlend aufmerksam gemacht hatte, da� er es bei seinen Z�glingen einf�hren werde. Zu �hnlichem Zweck werde ich in den gr��ern Kon-ferenzen, die im Fr�hjahr beginnen, davon Mitteilung machen.
I. bei C., 24. Oktober Ii-89. Schr.
Ich hatte bereits im Fr�hjahr Gelegenheit genommen, Jbnen mit-zuteilen, da� auf meinen Antrag hin das Kgl. Pr�v.-Schnl-Koll. gestattet hat, an unserer Anstalt Andras �(Griechisch-r�mische Geschichte" einzuf�hren. Das Buch ist seit Ostern hier in Gebrauch. Ich kaun das-selbe nur lobeud erw�hnen; es bringt nur das Notwendigste, ist in einem leichtverst�ndlichen Stile geschrieben, soda� es der Sch�ler auch in seinen Mu�estunden als Lesebuch benutzen kann und dazu keinen besondern Er-klarer bedarf. Auch vermeidet es, soweit es angeht, alle �berfl�ssigen und schwer auszusprechenden Namen, die dem Sch�ler in den ersten Jahren besonders viele Schwierigkeiten machen. Kurz, das Buch ist mit den K�rtchen in jeder Beziehung empfehlenswert.
E., 12. September 1889. Dr. H.
Die �Griechisch-r�mische Geschichte" von Andr� ist ein vorz�gliches Werk und jedem Lehrer zur Anschaffung zu empfehlen. Die geschichtlichen Erz�hlungen sind klar, deutlich, schlicht, einfach und anschaulich gehalten. Komplizierte Satzkoustruktioneu, verwickelte Verh�ltnisse, hohle Phrasen und gelehrte Auseinandersetzungen sind vermieden und so werden die Kinder von unn�tiger �berlastung verschont. Der Verfasser hat das Wort Lessing's befolgt: �Die gr��te Deutlichkeit war mir immer die gr��te Sch�nheit".
91., 13. September 1889. A. H.