I. Die Rettung der Selbständigkeit unseres Volkes im Kampfe mit den Römern. 1. Die Kimbrer und Teutonen. Die Römer hatten ein gewal¬ tiges Reich gegründet, welches Südeuropa, Nordafrika und Westasien umfaßte; da drohte ihnen zuerst Gefahr von einem Volke, welches sie noch garnicht kannten, und welches dereinst das Weltreich in Trümmer schlagen sollte. Das germanische Volk der Kimbrer, hohe, schlanke Gestalten mit tiefblonden Locken und hellblauen Augen, hatte seine Heimat in Jütland verlassen, weil das Ackerland die Volkszahl nicht mehr zu ernähren ver¬ mochte, und war aus der Suche nach neuen Wohnsitzen an die Grenze des Römerreiches gelangt, in das heutige SteiermarkA). Der römische Konsul wollte sie hinterlistig einen Weg führen, der sie in seine Gewalt bringen sollte, aber sie sagten: „Der gerade Weg ist der beste" und stürzten sich im Jahre 113 v. Chr. mit solchem Ungestüm auf die römischen Legionen, daß sie dieselben in die Flucht jagten. Es war ein v wanderndes Volk, das mit Weib und Kind, mit Hab und Gut auszog. Ihre von Stieren gezogenen Karren mit ungefügen Vollrädern waren gleichsam das Haus, wo unter dem übergespannten Lederdach neben dem Gerät sich Platz fand für die den Männern an Kraft und Größe wenig nachstehenden Frauen und die Kinder „mit den Greiseuhaareu". Gewaltige Furcht2) ergriff die Römer, denn sie glaubten, jeden Augenblick die Nordlandsriesen vor den Mauern Roms erscheinen zu sehen; aber — wir wissen nicht, weshalb, — die Kimbrer, welche sich auf der Wanderung mit den germanischen Teutonen und einigen gallischen Schwärmen vereinigt hatten, zogen an den Alpen entlang westwärts nach Gallien (Frankreich), wo sie sich Hütten bauten. Mehrere römische Heere wurden gesandt, um sie zu vertreiben; aber die ungefüge Kraft der Germanen schlug sie alle zurück und rieb einmal *) Von dem damaligen Namen des Landes, Noricum, heißen die dortigen Alpen die norischen. 2) Noch lange Zeit nachher brachten römische Mütter ihre Kinder zur Ruhe mit den Worten: „Schlafe, sonst kommt der böse Kimbrer." Geschichtsbilder. 1