— 17 — Jndeß verschlimmerte sich die Lage der Ostgothen von Tag zu Tag. Endlich, auf's Aeußerste gebracht und selbst dem Vitiges nicht mehr trauend, boten sie dem Belisarius die Krone des ostgothischen Reiches an, wenn er zu ihnen übergehen wolle. Dieser nahm das angebotene Ge- schenk scheinbar an und zog trinmphirend, unter dem Jubel des Volkes, in Ravenna ein. Aber dem Feldherrn galt die Pflicht gegen seinen Kai- ser mehr als eine Königskrone. Er nahm den Vitiges gefangen und schickte ihn nach Constantinopel. Der Kaiser verfuhr mit ihm ebenso gnädig, wie mit ©elimer. Schon wollte Belisarius die letzten Ueber- bleibsel der Ostgothen aus Italien vertreiben, als ein plötzlicher Befehl des mißtrauisch gewordenen Kaisers ihn wieder nach Constantinopel zu- rückrief. Der treue Feldherr gehorchte ohne Murren. Die Entfernung des tapferen Belisarius belebte wieder den Muth der Ostgothen. Sie wählten den Totilas, einen gar wackeren und trefflichen Feldherrn, zum Könige. Der junge Held erfocht über die griechischen Anführer Sieg auf Sieg. In zwei Jahren war fast ganz Italien bis auf wenige Städte wiedererobert. Da schickte der Kaiser den tiefgekränkten Belisarius noch einmal nach Italien, gab ihm aber aus Mißtrauen eine so geringe Mannschaft mit, daß er unmöglich das Feld gegen Totilas behaupten konnte. Fast überall mußte er weichen, selbst Rom ging wieder verloren. Nach fünf Jahren ruhmlosen Krieges bat er seinen Kaiser, ihm die Rückkehr nach Griechenland zu gestatten. Diese Erlanbniß ward ihm gegeben. Nach seiner Heimkehr zog der bereits grau gewordene Held noch einmal sein Schwert zur Rettung Constanti- nopels gegen die räuberischen Einfälle der Bulgaren. Und doch verlor er abermals die Gunst feines Herrn und starb voll Schmerz über den Undank der Menschen. Hierauf schickte der Kaiser den Narses mit einem großen und wohl- gerüsteten Heere nach Italien. Dieser Grieche war ein kleines, schwäch¬ liches Männchen, aber voll Muth und Seelenstärke. Er brach 552 in Oberitalien ein und stieß bei Tagina, am Fuße der Apenninen, auf das gothische Heer. Hier fiel die blutige Schlacht vor, die dem Totilas nach heldenmüthigem Kampfe Sieg und Leben kostete. Triumphirend hielt nun der Sieger seinen Einzug in Rom. Aber welch' ein Rom! Früher die Hauptstadt der Welt und in seinen Ringmauern über eine Million zählend, stand es jetzt wie ausgestorben da. Aller Mauern und sonsti- ger Festungswerke beraubt, zählte es kaum noch achthundert freie Bürger. Wcltcr's Wcltgcsch. II. 27. Aufl. 0