— 150 — und langsam unter heiligen Gesängen und Gebeten bewegte sich der Zug zuerst nach dem Oelbergs, wo ein Geistlicher, Namens Arnulf, dann Peter der Einsiedler ihre Stimme er- hoben und in Reden voll Feuer zur Tapferkeit, Ausdauer und Einigkeit ermahnten. Die Saracenen dort oben wußten nicht, was dieses Ziehen hin und her, dieses Singen und Lob- preisen da unten zu bedeuten habe. Sie verhöhnten die Chri- ften von der Mauer herab, äfften ihre heiligen Gebräuche nach und schössen mit Pfeilen nach ihnen. In der folgenden Nacht wurden in aller Stille die beiden Thürme rasch an der äußeren Mauer aufgerichtet. Andere brachten Sturmleiter, Wurf- Maschinen und Mauerbrecher herbei. Mit dem Anbruche des Tages begann der Sturm. Gleich wüthendeu Löwen rannten die Christen gegen die Mauern an; aber die Saracenen schleuderten Steine, Balken und Gefäße mit Schwefel und siedendem Oele angefüllt auf ihre Köpfe hinab; brennende Pfeile setzten ihre Kriegsgeräthe in Brand. So kam der Abend heran; ermattet mußten die Christen sich zurückziehen; alles Blut, aller Schweiß war vergebens verrouneu. Nur der Umstand tröstete sie, daß die Feinde nicht im Stande gewesen waren, das heilige Kreuz zu verletzen, welches man auf dem Thurme Gottfrieds von Bouillon errichtet hatte. Am folgenden Tage erneuerte sich der Kampf noch grim¬ miger, als am vorhergehenden; denn jener mißlungene Versuch hatte ihre Wuth nur noch mehr entflammt. Aber alle Tapfer- keit der Christen brach sich an der verzweifelten Gegenwehr der Türken. Sieben Stunden hatte bereits der mörderische Kampf ohne Erfolg gewährt, viele Christen wichen ermüdet zurück und verzweifelten am dem glücklichen Ausgange; da erschien plötzlich auf der Höhe des Oelberges ein Ritter in stralender Rüstung und verklärter Gestalt und streckte feine Waffen über die unten tosende Stadt aus, als wollte er die Christen zu rüstiger Fort- setzung des Kampfes ermahnen. Er wurde allgemein für einen Gesandten Gottes angesehen, und neuer Muth kehrte sogleich