— 302 — Gebiete damals gleichmäßig innerhalb der Grenzen des römischen Welt- reiches fielen. Von Europa nach Asien und von Asien nach Europa ist an jener Stelle so zu sagen nur ein Schritt. Dazu kommt der unmittel- bare Zusammenhang des Bosporus mit den anderen Theilen des Mittel- meeres, das man von dem festen Byzanz aus nach jeder Richtung zu beHerr- schen vermag, wie ja auch der Handel des Morgenlandes westwärts viele Jahrhunderte lang über diese Stadt ging. Constantinopel wurde sie nach dem Namen dieses mächtigen Kaisers benannt, der sie mit den pracht¬ vollsten Bauten schmückte, sie erweiterte und zu einem zweiten Nom zu gestalten suchte. Um die Aehnlichkeit noch größer zu machen, wurden selbst das Capitol und die sieben Hügel nicht vergessen. Aber statt der heidnischen Tempel erhoben sich hier christliche Kirchen, auf denen das Kreuz als glorreiches Siegeszeichen des Christenthums über das Hei-! denthum prangte. c. Erhebung des Christenthnmes znr Staatsteligion. — Bis kurz vor dem Ende seines Lebens ist Constantin Heide geblieben; dennoch sind seine Verdienste um das Christenthum, zu dem er erst angesichts des Todes übertrat, unberechenbar. Nachdem er schon im Jahre 312 gemein¬ schaftlich mit dem Nebenkaiser ein Toleranz-Gebot erlassen hatte, durch welches alle Cnlte geduldet wurden, erschien auf seine Veranlassung im Jahre 313 das berühmte Edict von Mailand. „Die Christen üben gleich allen übrigen Unterthanen ihre Religion mit völliger Freiheit; jeder kann ungehindert zu ihnen übertreten; die ihnen entrissenen Kirchen und Gemein- degüter sollen ihnen zurückgegeben, und die Käufer solcher Güter aus der Staatskasse entschädigt werden." Eine neue Zeit wurde durch diese goldenen Kaiserworte herangeführt, das Heidenthum sank in die Nacht zurück, und siegreich schwebte über einer glücklicheren Welt das Kreuz der Erlösung! Von Ehrfurcht für das Kreuz beseelt, an welchem das große Werk des Heiles vollbracht war, verbot Constantin auch, ferner die Ver¬ brecher zu kreuzigen; und von dieser Zeit an hat sich diese Art Todes¬ strafe in keinem Gesetzbuche einer christlichen Nation mehr vorgefunden. Ja dasselbe Kreuz, das früher ein Bild der Schmach und des Schreckens war, prangt seitdem glorreich auf den Kronen der Kaiser und Könige, es ist ein Ehrenschmuck des Verdienstes, es thront in stiller Majestät auf den Altären der Kirche. Hoch in der Luft, von den Zinnen der Thürme, leuchtet es bedeutungsvoll dem Wanderer entgegen; es wehet siegreich in unseren Fahnen. Am Fuße jdes Kreuzes suchen Alle Ruhe und Frieden I