Oauerleihgabe von:
Deutsches Institut f�r internationale p�dago gische Forschung (DIPF), Frankfurt/Main
Lehrbuch
der
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~ 1<L.
f�r
h�here Lehranstalten.
Von
Dr. Th- % Wc�cr.
weiland Professor am Gymnasium zu M�nster.
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Erster Theil:
Die Geschichte des Alterthums.
Vier unb brei�igste Auflage, bearbeitet von
Dr. M. L>echelma,tn,
Gymnasial - Director.
M�nster, 1S7<K
Berlag der Coppenrath'schen Buch- & Kunsthandlung.
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Worredc zur ersten Uusgabc.
$'iir c"i gr�ndliches imb gediegenes Studium der Weltgeschichte m�chte l�otjl nichts f�rderlicher sein, als dq� der Sch�ler schon auf den ersten Unter-Tichtsftufcn mit den Hauptbegebenheiten in ihrer chronologischen Folge bekannt gemacht werde, damit fr�hzeitig in seinem Ged�chtnisse ein festes Fachwerk sich bilde, das dem weiterschreitenden Unterrichte zum St�tzpunkte diene und, von diese,n ausgef�llt, zu einem wissenschaftlichen Ganzen verbunden werde. Soll aber ein solcher Geschichts-Knrsns seinem Zwecke ent-sprechen, soll er zum ferneren Studium erwecken nnb beleben, so mu� er zwischen einer epitomatorischen K�rze, bie nur burch b�rres Aufz�hlen von Begebenheiten, Namen unb Zahlen erm�bet unb ben Einbrnck f�r bas Ganze st�ret, unb zwischen einer r�sonnirenben Weitschweifigkeit eine bescheidene Glitte halten. Das richtige Ma� bes Mitzntheilenden zu treffen, ist hier das Schwierigste, und wird durch die Zeit, die dem historischen Unterrichte aus Verschiedenen Gymnasien verschieden zugemessen ist, gr��tentheils be-dingt. Jedoch diese Schwierigkeit ist nicht die einzige. Selbst die bew�hr-testen Kunstrichter gehen in ihren Ansichten �ber das Einzelne, �ber An-vrdnnng unb Darstellungsweise bes ausgew�hlten Materials, so sehr aus-einanber, ba� man sich schon gl�cklich sch�tzen kann, wenn man nur wenige f�r seilte Ansicht gewonnen hat.
Das vorliegend �berf, zun�chst aus bem spedellen Bed�rfni� bes hie-ftgen Gymnasiums erwachsen, ist f�r bie mittleren Klassen bestimmt. Nach diesem Stanbpnnkte ist sowohl bie Auswahl unb Anorbnnng bes Materials, als auch die Ausf�hrung desselben in der entsprechenden Form ge-troffen. Die beiden verschiedenen Darstellungsweisen, die ethnographische und synchronistische, sind m�glichst mit einander verbunden, jedoch so, da�
� IV �
bie erftere, ber beutlicheren Uebersicht wegen, im Ganzen bas leitcube Prinzip bilbete; hierf�r schien mir ber Gang ber EntWickelung bei ben V�lkern bes Alterthums selbst zu sprechen. Die Geschichte bes jiibischen Volkes fa�te ich nur kurz ab; bort bebarf es nnr eines Fingerzeiges, um bas aus bem ersten Unterrichte Erlerute bem Geb�chtnisse wieber vorzuf�hren. Da-gegen lie� ich bie Geschichte ber Griechen unb R�mer mehr hervortreten, jeboch so, ba� nur bie hervorstehenben H�hen mit einem st�rkeren Kolorit gezeichnet w�rben; so bei ben Griechen bie persischen, bei ben R�mern bie pnnischen Kriege. Die Darstellung selbst ist im Ganzen mehr biographisch gehalten. M�nner, bie als Tr�ger ihres Zeitalters erscheinen, an bereit Namen sich eine Reihe merkw�rbiger Begebenheiten kn�pft, stellte ich an bie Spitze; so schien es mir f�r bas Alter, bas ich im Auge hatte, am zweckm��igsten. Wieberholt bot sich auch Gelegenheit bar, von merkw�r-bigen Ersinbungen zn sprechen; so bei ben Aegyptiern von ber Schreib-fimsf, bei ben Ph�niziern von Schifffahrt, Hanbel, M�nzen it. s. w.
Was bie vorangeschickte Urgeschichte betrifft, so ist ber Gang ber Ent-Wickelung ber Menschheit genau in ber Weise geschilbert, wie ihn bie Mosaische Urkuube vorzeichnet, mit welcher auch bie gr�nblichsten Forschungen neuerer Zeit im sch�nen Einkl�nge stehen. Die mehr gl�nzenben als halt-baren Hypothesen einiger Gelehrten unserer Tage ftitb hier ganz �bergangen, ba sie, auch abgesehen von ihrer inneren Unhciltbarkeit, nur ver-wirrenb f�r ben Verstaub nttb trostlos f�r bas jugettbliche Gem�th fiub.
In Hinsicht ber Chronologie habe ich bie bew�hrtesten H�lfsmittel zu Rat he gezogen. Wo kein etitscheibeiiber Gruub bagegeu sprach, suchte ich bem Geb�chtnisse burch rnnbe Zahlen zn H�lfe zu kommen. Um aber bas Geb�chtni� nicht mit Zahlen zu �berlaben, so habe ich sie nur ben wichtigsten Begebenheiten beigef�gt; solche, bei welchen sie fehlen, sinb burch ihre Stellung hinl�nglich bezeichnet.
Besonbere synchronistische Tabellen cwit Schl�sse anzuh�ngen, habe ich nicht f�r n�thig erachtet. Dagegen ist bas Synchronistische in bie Erz�hlung selbst verflochten ober unten in Anmerkungen beigef�gt, bciutit es sogleich bem Auge bes Sch�lers gegenw�rtig sei. Auch habe ich noch zu Anfang, zur Erleichterung ber Uebersicht unb zur Auffrischung bes Geb�cht-nisses, vom biographischen Stanbpunkte aus eine Reihe ber merkw�rbigsten M�nner, bereit Namen an wichtige Begebenheiten erinnern, besonbers auf-gef�hrt unb biese mit ber�hmten Zeitgenossen aus anbereu Nationen in
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mannigfacher Verbindung zusammengestellt. Diese Methode schien mir bi-einfachste zu sein ltnb bas jugenbliche Alter am meisten anzusprechen. Sehr Zweckm��ig b�rste es noch sein, wenn ber Sch�ler zu Zeiten, bei einzelnen Mpetitionen, angeleitet w�rbe, biese Tafeln bnrch neue Zusammenstellungen ans eigenem Geb�chtnisse zu erweitern. Das freie, selbst�nbige Schaffen und Wirken bei derartigen Hebungen hat f�r die Jugend einen eigenth�m-lichen Reiz.
M�nster, im Oktober 1826.
Der verfnj'ser.
Worrede zur einunddrei�igsten Aussage.
Seit dem Erscheinen der ersten Auflage von Welter's Weltgeschichte ist nun fast ein halbes Jahrhundert vergangen. Nicht ohne Bedenken hatte der Verfasser, damals noch ein junger Gymnasiallehrer, den ersten Entwurf gemacht und zur Gewinnung des Urtheiles eines gediegenen Fachmannes das Manufcript dem Confistorial- uud Schulrath zu M�nster, Friedrich K o h lr a n s ch, zur gef�lligen Gutachtuug �bergeben. Beim n�chsten Be-suche empfing Kohlrausch, welcher selbst eine �hnlich angelegte Weltgeschichte unter H�nden hatte, den jungen Lehrer mit den Worten: �Mein lieber Weiter-, ich habe Ihr Manuscript gelesen uud das meine in ben Ofen gesteckt." Gewi� ein Ausspruch selbstloser Anerkennung, ebenso ehrenb f�r den Charakter des Vorgesetzten, als f�r die Arbeit Welter's! Die Folge-zeit hat es bewiesen, da� dem hohen Lobe, welches bat Worten jenes vielerfahrenen Schulmannes innewohnte, ber Werth ber Welter'schen Arbeit wirklich entsprach. In kurzen Zeitr�umen br�ngte eine Auflage bie anbere, die Anerkennung w�rbe eine fast allseitige; Welter's Weltgeschichte war in Deutschlaub bald ein wahres Volksbuch, und auch bas Ausland wu�te bie Vorz�ge vor vieleu �hnlichen Werken so zu sch�tzen, ba� sie schon in den gro�en Nachbarl�ndern, dann in Amerika, endlich sogar in Japan zum Gebrauche beim Schulunterrichte verwendet wurde. Die f�r bie Jugend passende Auslese aus dem reichen Stoffe der Weltereignisse, die klare Auf- -fassuug, die Milde des Urtheils, und vor allem die aumuthige, fesselnde Darstellungsweise haben das Werk nicht allein zu einem Lieblingsbuch der Jugend gemacht, auch der Erwachsene nimmt es gern zur Hand.
�ine solche freundliche Aufnahme wu�te Welter dankbar zu w�rdigen und durch st�ndiges Feilen und Nachbessern suchte er bie Gute seiner Arbeit zu erh�hen. Noch war es dem Greise gestattet, die letzten �Seiten, mit den Heldentaten der deutschen Armee zu f�llen und gehobenen Geistes die Ausrichtung des vaterl�ndischen Kaisertums zu erz�hlen; dann setzte ein sanfter Tod dem Wirken des 76j�hrigen Greises am 28. Juli 1872. ein Ziel.
Die Unterzeichnete wird es sich angelegen sein lassen, den hohen Werth der �berkommenen Arbeit nach Gehalt und Form zu wahren und, so weit es m�glich ist, zu heben. Manches ist im Laufe ber letzten Jahrzehute durch bie Geschichtsforschung klar gestellt ober in ein anderes Licht ger�ckt, ohne da� es in diesem Werke bislang stets bie volle Ber�cksichtigung ge-funben h�tte. Der nat�rliche Wunsch eines Schriftstellers, ohne bringende Notwendigkeit an der ersten Gestaltung nicht erheblich zu �ndern, und die abnehmende Kraft bes Alters waren hinreichenbe Eutschuldignugsgriinde bei einem Werke, welchem einzelne M�ngel unb Unrichtigkeiten seinen hohen Vorzug nicht rauben konnten. Daher wirb auch das ganze Bestreben eines erfahrenen Schulmannes, welchen bie Verlagshandluug mit dieser Arbeit betraut hat, dahin gehen, den alten Bau in feiner alten Sch�nheit zu erhalten; wo ein Stein fehlt, foll einer eingef�gt, und wo durch Alter Schaden eingetreten, dieser mit sorgsamstem Bedacht ersetzt werden, so da� das Neue zum Alten pa�t, unb bie Sch�pfung bes Meisters trotz der n�thigen Neuerungen nach Wesen uub Werth m�glichst dieselbe bleibt.
Die fr�here synchronistische Zusammenstellung einzelner ber�hmter M�nner bes Atterthums ist weggefallen, es schick zweckm��iger, ihre Zahl zu vermehren unb sie in zeitlicher Aitfcinanbcrsolge mit Angabe eines besonders wichtigen Jahres aufzuf�hren.
Auch das Format des Buches ist ge�ndert; bei den erheblich ge-steigerten Kosten der Herstellung konnte auf solchem Wege am leichtesten durch Verminderung der Bogenzahl eine namhafte Erh�hung des Preises vermieden werden.
M�nster, im Juli 1873.
Die DerlnZKlmullung.
� VII �
Worrede zur vierunddrei�igsten Auflage.
Dem Ersuchen der geehrten Verlagshandlung, mich der durch den Tod des Verfassers verwaiseteu Welter'schen Geschichtsbucher annehmen zu wollen, folgte ich um so liebet, als ich in dem Hingeschiedenen meinen fr�heren Lehrer verehre, mit dem sp�ter elf Jahre am Gymnasium der gemeinsamen Vaterstadt als j�ngerer Amtsgenosse zusammen zu wirken mir gestattet war. Auffassung und Darstellungsweise des Verfassers sind mir daher seit meiner Jugendzeit durchaus bekannt und in vorliegender Auflage der alten Geschichte auch m�glichst ma�gebend geblieben. Trotzdem wurden bei dieser neuen Bearbeitung durchgreiseude Aenderungen und Umgestaltungen vollzogen, doch ist es mir nicht zweifelhaft, da� sie im Interesse des Buches lagen und daher die Billigung der Kundigen finden werden. � Die ansprechende Darstellung d�rste durch Entfernung vielfacher subjectiver Zuthaten um so weniger gelitten haben, als daf�r, so weit thunlich, die anschaulichen und aumuthigeu Erz�hlungen der Quellenschriftsteller selbst mitgetheilt wurden. � Der gebotene Stoff ist reicher, aber gedr�ngter und m�glichst �bersichtlich geordnet. Bei der Eintheilnng der griechischen und r�mischen Geschichte erschien mir die Disposition meines verstorbenen Leh-rers Dr. �eckel, eines langj�hrigen Fach- und Amtsgenossen Welter's, auch heute noch so trefflich, da� ich sie in dankbarer Erinnerung mehrfach benutzt habe.
Die angeh�ngten Zeittafeln, welche sich auf das Notwendigste be-schr�nken, d�rften f�r j�ngere Sch�ler eine brauchbare Zugabe bildeu.
Warburg, im Januar 1879.
Dr. A. Kckelmnnn,
Gymnasial - Direktor.
Inhalt.
Einleitung.
�titt
1. Zweck der Weltgeschichte..........l
2. Quellen nitb Hilfswissenschaften derselben. ... 2
3. Die �lteste Erdkunde..........3
4. Eintheilnng der Weltgeschichte. ..... 6
Erste Periode der Geschichte des Alterthums
(von 4000 � 558 vor Christus).
\ l Die Urgeschichte der Menschheit.
a. Sch�pfnng der ersten Menschen und ihr Siindeufall.....9
b. Die S�udsluth. No� (Noah).........10
c. Der Thurmbau zu Babel; Ausbreitung des Menschengeschlechts. (Die
Menschen-Racen.).........11
<1. Die verschiedenen Bildungsstufen der V�lker......12
1. Das Jagdlebeu. Gesittuug der Jagdv�lker. .... 12
2. Das Hirtenleben. Gesittung der Hirtenv�lker. ... 14
3. Der Ackerbau. Folgen des Ackerbaues. . ... . .16
4. Das georduete Staatswesen........19
2. Geschichte der Israeliten.
a. Kurze Beschreibung Pal�stinas.........23
b. Eintheilnng der israelitischen Geschichte.......24
Erste Periode. Die Zeit der Patriarchen.......24
1. Abraham, Isaak, Jakob.........25
2. Joseph (1800 vor Chr.).........27
Zweite Periode. Moses und die Zeit der Richter..........30
� X. �
Seite
Dritte Periode. Die Zeit des K�nigthums..........34
a. Das ungeteilte Reich. . '.......34
b. Die getrennten Reiche Israel und Inda......36
Vierte Periode. Die Jsraeliteu unter fremder Botm��igkeit bis zu
ihrer Zerstreuung.........37
3. Geschichte der Ph�nizier.
a. Beschreibung des Landes..........38
(Aeltester Handel. � M�nzen.).......39
(Entstehung der Jahrm�rkte.)........40
(Erfindung und Vervollkommnung der Schifffahrt.) ... 41
b. Seefahrten der Ph�nizier; ihre Kolonien.......44
c. Erfindungen der Ph�nizier.........46
d. Bl�the Ph�uizieus. � Untergang desselben.......47
4. Geschichte der Aegyptier.
a. Beschreibung des Landes..........49*
b. Einrichtungen und Gesittung der Acgyptier............52
Religion, Thierdienst..........53
Hieroglyphen......................54
(Buchstabenschrift)..........56
Aegyptische Baukunst.................57
Handel, Seehandel..........61
c. Kurze Geschichte der Acgyptier................62
5. Geschichte der Babylonier und Assyrier.
a. Wohnsitz und Cultur derselben.........65
b. Geschichte der Babylonier und Assyrier..............67
6. Geschichte der Meder. . ... 71
Zweite Periode der Geschichte des Alterthums
(von 558�336 vor Chr.). 7. Geschichte der Perser.
Kurze Beschreibung des Laudes und der Cultnr. .... 73 Geschid?te der drei ersten K�nige.
a. Cyrus............74
1. Die Jugeudgefchichte des Cyrus............74
2. Die Kriegesthateu des Cyrus.......78
b. Cambyses................83
c. Darius............85
8. Geschichte der Griechen.
a. Kurze Beschreibung Griechenlands................87
b. Einteilung der griechischen Geschichte.......92
Seite
93
96
97
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164
164
� XI �
Erste Periode. Bon bcu �ltesten Zeiten bis auf Lykurg.
1. Die Stammes-Sagen.........
2. Das Helbenzeitalter.........
Der trojanische Krieg (um 1194�1184 vor Chr.). . R�ckkehr ber Griechen.........
3. Die griechischen Wanbernngen.......
4. Die Vereinigungspunkte ber griechischen Staaten.
Zweite Periode. Von Lykurg bis zum Beginne ber Perserkriege.
a. Die �ltere Geschichte Sparta's. � 1. Lykurg's Verfassung.
2. Die messenischen Kriege........
b. Die �ltere Geschichte Athens. � 1. Die fr�heste Zeit. .
2. Die Verfassung bes Solon.......
3. Athen unter beit Pisistratideu......
Neuerungen bes Klisthenes......
Dritte Periode. Vom Beginne ber Perserkriege bis zum peloponuesi--scheu Kriege.
Der Aufstaub ber Joner......
a. Der Angriffskrieg ber Perser (493�479). .
Erster Felbzng unter Marbonins......
Zweiter Felbzng unter Datis unb Artaphernes. .
Schlacht bei Marathon. Miltiabes......
Dritter Felbzng unter Xerxes.......
Schlacht bei Thermopyl�. Leonibas. .... Seeschlacht bei Salamis. Themistokles. . . . . Die Schlachten bei Plat�� unb Mykale.....
b. Der Vertheibignngskrieg ber Perser (477�449).
Griechenlanb nach Vertreibung ber Perser.
Dritter messenischer Krieg.......
Athens Bl�the unter Perikles. .....
Vierte Periode. Vom Beginne bes peloponnesischen Krieges bis zur Knechtung Griechculaubs burch Macebonieu. Der peloponnesische Krieg.........
a. Erster Abschnitt bes Krieges. Der zehnj�hrige Krieg.
b. Zweiter Abschnitt bes Krieges. Alcibiabes. .
Zug nach Sicilieu........
c. Dritter Abschnitt bes Krieges. Lysauber.
Athens Fall..........
Die brei�ig Tyrannen.......
Sokrates..........
Sparta's abermalige Obergewalt in Griechenlanb nnb ihr Mi�brauch.
R�ckzug ber Zehutauseub.......
Korinthischer Krieg.........
� XII �
Seite
Krieg zwischen Theben und Sparta......165
Schlacht bei Leuktra........167
Schlacht bei Mantinea........168
Untergang der griechischen Freiheit.....169
Schlacht bei Ch�ronsa.............170
Dritte Periode der Geschichte des Alterthums
(von 336�30 vor Chr.).
9. Aufbau des makedonischen Weltreiches.
Alexander der Gro�e. Seine Kriegesz�g�.......172
a. Alexander in Kleinasien.........174
b. Alexander in Ph�nizien und in Aegypten......176
c. Alexander im Innern des Perserreiches. . . . 177
d. Alexander in Indien.........180
e. Alexander's R�ckkehr und Tod........181
Zerfall des macedonischen Weltreiches.......183
Kurze Uebersicht �ber die Geschichte der Theilreiche.....184
10. Geschichte der R�mer.
a. Beschreibung Italiens..........187
b. Die alten R�mer und ihre Lebensweise.......190
c. Die Einteilung der r�misd?en Geschichte......191
Die Vorgeschichte Roms..........191
Erste Periode. Rom unter K�nigen, von 753 � 510 vor Chr.
Die vier ersten r�misd)en K�nige: Romnlns, Nnma Pompilins, Tnl->
lns Hostilins, Ancus Marcius.....193
Die drei letzten r�mischen K�nige: Tarqninins Prisms, Servius
Tnllins, Tarquiuius Superbu�.....201
Zweite Periode. Rom ein Freistaat, von 509�31 vor Chr.
1. Unterabtheilung, von 509�266 vor Chr.
Die ersten Kriege des jungen Freistaates. � Der Krieg mit Porsenna; mit deu Latinern; mit Veji; mit den
Galliern.........208
Der Streit zwischen den Patriciern und Plebejern. � Dicta-tur; Volkstribunen; Coriolanus; Gesetze der zw�lf Tafeln; Gesetze des Canul�jus; endlicher Sieg der Plebejer.........214
I
f.......
� XIII �
Seite
Roms Kriege um den Besitz Italiens: der erste Samniter--krieg; der letzte Latinerkrieg; der zweite Samniter-
krieg; der dritte Samniterkrieg..........223
Der Krieg gegen Tarent und den K�nig Pyrrhus. . . 225
2. Unterabtheilnng, von 266�133 vor Chr.
Der erste finnische Krieg.......230
Begebenheiten zwischen dem ersten und zweiten finnischen Kriege:
Die Wegnahme von Sardinien und Corsika. . . . 235
Der Krieg mit den Jllyriern......235
Der Krieg mit den Galliern.......236
Der zweite pu nische Krieg......236
Hannibal's Uebergang �ber die Alpen.....238
Hannibal's Siege in Italien......239
Die Zeit des schwankenden Gl�ckes. .... 243
Hannibal im Ungl�ck........245
Hannibal's letzte Schicksale....... 248
Begehenheiten zwischen dem zweiten und dritten finnischen Kriege:
Der Krieg mit Antiochus III......249
Die macedonischen Kriege.......249
Die Zerst�rung Korinths.......250
Der dritte finnische Krieg.......251
Kriege der R�mer in Spanien. � Viriathns. . . 253
3. Unterabteilung, von 133�31 vor Chr.
Die Gracchischeu Unruhe�........254
Die Rnhmesthaten des Cajns Marius.....257
Der Krieg gegen Jugurtha. . ... 257
Der Krieg mit den Ciinbern und Teutonen. . . 259
Der B�rgerkrieg zwischen Marius und Sulla. . . . 260
Die Verschw�rung des Catilina......263
Cncjus Pompejns und Julius C�sar......264
Das erste Triumvirat........267
B�rgerkrieg zwischen C�sar und Pompejus.....268
C�sar's Alleinherrschaft und Tod......271
Marcus Antonius und Octavianns......274
Das zweite Triumvirat........274
Cicero...........275
Die letzten Kriege des Freistaates......277
Sittenzust�nde des endenden Freistaates.....279
i
� XIV �
Vierte Periode der Geschichte des AlterthumS
(von 30 vor Chr. bis 476 nach Christus).
Seite
Dritte Periode der Geschichte der R�mer. Rom ein Kaiserstaat. . 282
Kaiser Octavianus Augustus........282
Kriege gegen die Germanen. Hermannsschlacht..........284
Die Geburt des Heilandes.........288
Das Haus der Claudier.........289
Das Haus der Flavier.........291
Die Kaiser Rem, Trajau, Hadrian.......294
Das Haus der Antonine.........295
Cnltnrbilder der sp�teren Kaiserzeit.......296
Die Schreckenszeit unter den Soldatenkaisern. . . . 296
Die Christenverfolgnngen........... 1 297
Kaiser Constantin der Gro�e........300
Einigung und Ordnung des r�mischen Reiches. . . . 300
Verlegung des Sitzes der Reichsregieruug. .... 301
Erhebung des Christenthumes zur Staatsreligion. . . 302
Anfang der gro�en V�lkerwanderung.......304
Der Einfall der 'Hunnen........304
Die Wauderuugeu der germanischen V�lker.....306
Die hunnische Gro�macht. Attila...... . 309
Der Untergang des westr�mischen Reiches......311
Erster Theil
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Einleitung.
1. Zweck der Weltgeschichte.
�or uralten Zeiten bot die Welt ein ganz anderes Bild dar als jetzt. L�nder, die jetzt wohl cmgelxmet und bev�lkert sind, in denen K�nste und Wissenschaften fr�hlich emporbl�hen, in denen die herrlichsten Anstalten zur Bef�rderung des �ffentlichen Wohles gegr�ndet sind, waren nicht immer in diesem Zustande. Es gab eine Zeit, in welcher der Boden, der jetzt mit den �ppigsten Erzeugnissen prangt, noch nnangebant lag; in welcher dort, wo jetzt gebildete V�lker unter dem Schutze der Gesetze in St�dten und D�rfern friedlich zusammenleben, rohe Wilde in W�l-dern und W�steneien unst�t umherschweiften und durch Jagd ihr trau-riges Dasein fristeten. Andere lebten k�mmerlich von der Viehzucht; und wer den Samen dem Boden anvertraute, wu�te nicht, ob er die Frucht seiner Bem�hung ernten werde. Gesetze sch�tzten noch nicht das Eigenthnm, und es galt das rohe Recht der St�rke.
Ein solcher Zustand, gleichsam das Kindesalter der Menschheit, konnte nicht immer bleiben. An der leitenden Hand der g�ttlichen Vor-sehung hat die gefallene Menschheit sich ans diesem rohen Zustande allm�hlich wieder herausgebildet; sie ist im Verlaufe der Zeit in ihrer Fortbildung von Stufe zu Stufe gestiegen, bis zu der H�he hin, auf welcher sie jetzt steht. Welche Mittel mit) Wege sie hierzu eingeschlagen hat, welche V�lker und Menschen hierbei besonders th�tig gewesen sind, das eben lehrt die Weltgeschichte, und in so fern ist sie ein lebendiges Gem�lde handelnder V�lker und Meeschen. Jahrtausende schlie�t sie vor unseren Augen auf; sie wandelt mit uns durch die Denkw�rdigkeiten aller Zeiten und L�nder herum. Reiche entstehen vor unseren Augen und werden zertr�mmert; Nationen bl�hen auf und welken wieder hin; immer neue Erscheinungen, neue Wechsel, in deren Mittelpunkte immer der Mensch steht! W�hrend so die Geschichte klar die Vergangenheit
Wcltcr'S Wcltgcsch. i. 81. Aufl. 1
I
vergegenw�rtiget, h�lt sie dem lebenden Geschlechte einen Spiegel vor, der ihm ein treues Bild irdischer Gr��e und Niedrigkeit, menschlicher Macht und Schw�che, aber auch zugleich ein Bild von dem ewigen Walten der g�ttlichen Vorsehung wie �ber die Schicksale einzelner Menschen, so ganzer V�lker wiedergibt. Die Geschichte ist deshalb auch eine unentbehrliche Gef�hrtin auf der Reise durch das Leben.
Vieles aber von dem, was seit sechstausend Jahren geschehen ist, ist l�ngst wieder vergessen; vieles ift noch gar nicht zu unserer Kunde ge-kommen, vieles ist auch h�chst unwichtig. Die Weltgeschichte beschr�nkt sich deshalb darauf, aus der gro�en Masse der Begebenheiten mir die wichtigsten und einflu�reichsten, aufzuzeichnen, und das sind besonders solche, welche auf die Entwickelnng unseres Geschlechtes f�rdernd oder hemmend eingewirkt haben.
2. Quellen und H�lfswissenschaften derselben.
a. Quellen. � Bei der Schw�che des Ged�chtnisses und der K�rze des menschlichen Lebens w�re es nun nicht m�glich, von dem, was vor langer Zeit geschehen ist, mit Sicherheit zu wissen, wenn uns die Kenntni� jener Ereignisse nicht durch zuverl�ssige Zeugen vermittelt w�rde. In diesem Sinne spricht man von Quellen, aus denen wir die geschichtlichen Nachrichten sch�pfen.
Man unterscheidet vornehmlich m�ndliche und schriftliche Quellen. Zu jenen rechnet man an erster Stelle die m�ndlichen Mittheilungen der Augenzeugen und Zeitgenossen, sowie die Ueberliefernngen, welche sich oft ganze Jahrhunderte hindurch von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzt haben. H�chst wichtig sind neben diesen die schriftlichen Quellen, als z. B. Inschriften auf Denkm�lern und Geb�uden; ferner sogenannte Ur-k�nden, d. i. Schriftst�cke, welche von Vertr�gen, Friedensschl�ssen u. a. melden. Am meisten Werth aber haben unter den schriftlichen Quellen die geschichtlichen Werke, also umfassendere Schriften, welche von kundigen und wahrheitsgetreuen M�nnern abgefa�t sind und in fortlaufender Erz�hlung wichtige Ereignisse, ja die Erlebnisse ganzer V�lker zur Kennt-ni� der Zeitgenossen und der Nachwelt bringen. � So melden Mund und Schrift des Menschen von dem, was einstens war, und beide halten gemeinschaftlich den Staub der Vergessenheit von der Vorzeit fern. � Aber selbst die tobten Sch�pfungen der Menschen f�rdern die Kenntni� �ber die Vergangenheit. Die Ger�the des Krieges und des Friedens,
Bildwerke und andere Erzeugnisse der Kunst, welche oft erst aus dem bergenden Schutte wieder ans Tageslicht gef�rdert werden m�ssen, auch fie sind stumme Zeugen f�r den Bildungsgrad fr�herer Zeiten. Und wie vernehmlich reden erst die gro�en Baudenkm�ler und �hnliche Werke, wie z. B. die riesigen Pyramiden der Aegyptier, die Tempel und Bildwerke der Jndier, der Griechen und anderer V�lker auch heute noch von der Macht und der Bl�the jener Nationen, welche vor Jahrtausenden gelebt haben.
b. Hilfswissenschaften. � Man kann sich nicht eher eine richtige und lebhafte Vorstellung von den Begebenheiten selbst machen, bis man 1) den Schauplatz kennt und vor Augen hat, wo sie sich zu-trugen, und 2) die Zeit, wann sie sich zutrugen, lieber das erste gibt die Geographie oder Erdkunde, �ber das zweite die Chronologie oder Zeitrechnungskunde Auskunft. Geographie und Chronologie sind deshalb unerl��liche H�lfswissenschaften f�r die Weltgeschichte und werden wohl bildlich die beiden Augen derselben genannt. Ohne sie w�rde mau beim Erlernen der Geschichte im Finsteren tappen.
Was die Chronologie betrifft, so waren von jeher gewisse Ereignisse in dem Leben der V�lker von solcher Wichtigkeit, da� sie dieselben als Ausgangspunkte festsetzten, von denen sie ihre Jahre zu z�hlen anfingen. So z�hlten die alten R�mer ihre Jahre von dem Zeitpunkte der Erbauung ihrer Stadt, vom Jahre 753 vor Chr.; die Griechen von der Erneuerung der olympischen Volksspiele, vom Jahre 776 vor Chr.; die Araber von der Flucht ihres Propheten Mohammed von Mekka nach Medma, vom Jahre 622 nach Chr. F�r die christlichen V�lker aber ist kein Ereigni� wichtiger, als die Geburt des g�ttlichen Erl�sers. Daher wird auch dieser Zeitpunkt bei der Angabe des Jahres, in welchem sich eine Begebenheit ereignete, zu Grunde gelegt, und zwar so, da� die Ereignisse, welche sich vor seiner Ankunft, also vor dem Jahre 1, zutrugen, von diesem Zeit-punkte an aufw�rts; diejenigen Begebenheiten aber, welche nach seiner Ankunft geschahen, von demselben Zeitpunkte an abw�rts bis auf unsere Tage gez�hlt werden. Das Verdienst, diese wichtige Einrichtung getroffen zu haben, geb�hrt bem r�mischen Abte Dionysius dem Kleinen, welcher um das Jahr 550 gelebt hat.
8. Die �lteste Erdkunde.
Der Schauplatz der �ltesten V�lker war, so viel wir wissen, Asien und ein Theil von Afrika und Europa. Wir wollen nun zun�chst sehen,
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wie weit die Alten mit diesen Erdtheilen schon bekannt waren, wie es-also mit ihren geographischen Kenntnissen stand; die n�here Beschreibung der einzelnen L�nder insbesondere wird allemal vor der Geschichte der einzelnen V�lker in kurzen Z�gen geliefert werden.
Viele Jahrhunderte sind dar�ber hingegangen, bis die Menschheit eine genauere Kenntni� der Erde, ihres Wohnsitzes, erlangte. Wie man. im D�mmerlicht nur die Gegenst�nde der n�chsten Umgebung steht und auch diese nur in allgemeinen Umrissen, so kannten die V�lker des Alter-thumes, ja noch die des Mittelalters, nur einen geringen Theil der Erdoberfl�che und selbst diesen h�chst unvollkommen. Das Mittelmeer mit seinen umliegenden Gestadel�ndern tritt am fr�hesten aus dm. Dunkel. Doch waren auf den drei ansto�enden Continenten, � Asien, Afrika und Europa, � welche, weil schon in alter Zeit bekannt, auch die alte Welt genannt zu werden pflegen, erst kleine Theile von den gebildeten V�lkern jener fr�heren Jahrhunderte durchforscht. Wie lange Zeit ist dar�ber hingegangen, bis einzelne gebahnte Wege die L�nder durch-schnitten und den Wanderer oder den H�ndler sicheren Fu�es von Ort zu Ort, von Land zu Land f�hrten! Wie langsam uud wie sp�t erst wagte man in entlegenere Gegenden vorzudringen! Aberglauben und Furcht bev�lkerten die unbekannten L�nder im Norden, Osten und S�den mit Ungeheuren und Schrecknissen jeglicher Art und hielten den zagenden Menschen in seiner Heimath zur�ck, �ber deren engste Grenzen seine Blicke viele Jahrhunderte nicht hinausschweiften.
Von Asien, wo die Wiege der Menschheit stand, ward zun�chst der westliche Theil aufgehellt: die gro�e Halbinsel Kleinasien, das Land der Ph�nizier und das der Juden, die merkw�rdigen Gegenden am Enphrat und Tigris, wo die Riesenst�dte der Babylonier und der Assyrier standen, und endlich die L�ndermassen des weiten Perserreiches. Aber schon bei Vorderindien, dem sagenreichen Lande des Indus und des Ganges, h�rte die Kenntni� auf, und viele Jahrhunderte glaubte man, da� dort die Grenze der Welt sei. Nordasieu war in v�lliges Dunkel geh�llt. � S�dlich vom Mittelmeere, bis weit �ber die hei�e Zone hinaus, liegt Afrika. Wie leicht, sollte man denken, konnte dieser Erdtheil schon im Alterthnme von den Sitzen der Hauptv�lker im westlichen Astert und denen im s�dlichen Enropa erreicht werden. Und wie wenig haben die Alten dennoch von dem gro�en Lande gemu�t! Ein Theil der n�rdlichen Gestadel�nder war ihnen bekannt, doch auch dieser verh�ltni�m��ig erst
sp�t und l�ckenhaft. Jahrhunderts vergingen bis Griechen und R�mer in Aegypten eindrangen; au�er diesem Lande der Wunder kannten sie weiter nach Westen noch Cyrenaika, dann das Syrtengebiet, ferner das Land des handelsm�chtigen Karthago und endlich Numidien, doch dieses nur sehr oberfl�chlich. Dagegen war das mittlere und das s�dliche Afrika der Kenntni� fast v�llig entzogen, und wenngleich k�hne ph�nizische See-fahrer schon um das Jahr 600 vor Chr. den ganzen Erdtheil umsegelten und seine S�ume durchforschten, f�r die allgemeine Belehrung der da-maligen und der sp�teren Menschheit gingen die Entdeckungen bald wieder verloren, und bis in die neuere Zeit hinein blieb der gr��te Theil Afrikas ein Gebiet der Fabelei und dichterischen Ausschm�ckung. � Von dem dritten Erdtheile, Europa, hatten die hervorragenden V�lker des Alterthnmes bessere Kenntnisse, obwohl sich auch diese vornehmlich auf die s�deurop�ischen L�nder erstreckten, welche an das Mittelmeer sto�en. Ein gro�er Theil der Balkanhalbinsel, Italien ferner und die pyren�ische Halbinsel waren den strebsamen Griechen und den k�hnen R�mern wohl bekannt. Auch Gallien, das jetzige Frankreich, hatten sie bereits vor Christi Geburt genau durchforscht, doch war unser deutsches Vaterland bamals noch fast v�llig nnaufgedeckt, und �ber die anderen Gebiete Europas im Norden und Osten waren um den Anfang unserer Zeit-rechnnng kaum vereinzelte Nachrichten zu ihnen gedrungen. � Wie viele Aufgaben blieben dem Forschertriebe k�hner Entdecker vorbehalten!
Im Alterthume waren es zun�chst die Handeslfahrten der Ph�nizier, sp�ter der Griechen, welche weite Strecken der drei Erdtheile und der um-liegenden Meere dem Blicke der Menschen aufhellten. Der Kriegeszug Alexanders des Gro�en, den dieser m�chtige K�nig ins Morgenland hinein machte, darf f�r die L�nder- und V�lkerkunde als eine h�chst bedeutsame Entdeckungsreise bezeichnet werden. Spater zogen die Heere der R�mer unaufhaltsam durch die Gebiete des Morgen- und des Abendlandes; �berall pflanzten sie ihre siegreichen Adler auf, doch wirkten sie neben den Wer-ken des Krieges au/h f�r die Wissenschaften und Kenntnisse des Friedens durch die mannigfaltigsten Aufschl�sse �ber Land und Leute im Norden, S�den, Osten und Westen. � In welchem Grade aber wurde in den neueren Jahrhunderten die Erdkunde gef�rdert! Schon war durch die Kreuzz�ge des Mittelalters vorgearbeitet, da trugen die k�hnen Pfadfinder Spaniens und Portugals, ja bald aller seefahrenden V�lker der Neuzeit weiter und weiter das Licht der Erkenntni�. Ein Theil der Erde nach dem anderen
wurde dem Dunkel entr�ckt, � jetzt liegt sie als ein leuchtend erhellter Ball vor den Augen eines jeden gebildeten Menschen.
4. Eintheilung der Weltgeschichte.
Um die Masse der Begebenheiten zweckm��iger zu ordnen und klarer zu �berschauen, hat man das gro�e Gebiet der Weltgeschichte in drei Theile zerlegt: in die alte, mittlere und neuere Geschichte. Jeder Theil hat wieder seine besonderen Eigent�mlichkeiten und bildet ein f�r sich bestehendes Ganzes.
1)Aie alte �Geschichte reicht von Erschaffung der Welt bis zum Untergange des westr�mischen Reiches, oder von ungef�hr 4000 vor Chr. bis 476 nach Chr.
2) Aie mittlere Geschichte, oder die Geschichte des Mittelalters,
enth�lt die Begebenheiten seit der Aufl�sung des riesenhaften R�merreiches bis zum Eintreten der drei gro�en Ereignisse, welche eine Umgestaltung der verschiedensten Verh�ltnisse der Cnlturv�lker hervorriefen. Diese drei bedeutsamen Ereignisse sind: 1. der Sturz des ostr�mischen Reiches, 1453; 2. die Entdeckung Amerikas, 1492; 3. der Anfang der Reformation, 1517.
3) Aie neuere Geschichte umfa�t von da ab die Begebenheiten
der letzten Jahrhunderte.
Zur Erleichterung der Ueberficht theilt man wohl jeden dieser gro�en Abschnitte wieder in mehre kleinere Zeitr�ume oder Perioden, an deren Spitze eine Person oder Begebenheit steht, die besonders einflu�reich f�r die menschliche Gesellschaft war.
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Die
alte Heschichte,
Cincheilung der Geschichte des �lterthums.
Die alte Geschichte wird am f�glichsten in folgende vier Perioden zerlegt.
Erste Periode: Von den �ltesten Zeiten bis auf Cyrus den Perser (4000 bis 558 vor Chr.). Inhalt: Die Urgeschichte der Menschheit und die Geschichte der morgenl�ndischen V�lker; der Israeliten, Ph�nizier, Aegyptier, Assyrier und Babylonier, Meder.
Zweite Periode: Von Cyrus dem Perser bis auf Alexander den Gro�en (553 bis 336 vor Chr.). Inhalt: Geschichte des persischen S�elh reiches und die Geschichte der Griechen.
Dritte Periode: Bon Alexander dem Gro�en bis auf des OctaviSnns Augustus Alleinherrschaft in Rom (336 bis 30 vor Chr.). Inhalt : Geschichte des macedonischen Weltreiches und die Geschichte der R�mer.
Vierte Periode: Von der Alleinherrschaft des Augustus bis zur Aufl�sung des westr�mischen Reiches (30 vor Chr. bis 476 nach Chr.). In-halt: Geschichte des r�mischen Weltreiches nnd die Urgeschichte der Germanen.
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Erste Periode der Geschichte des Merthmils
(von 4000 � 558 vor Christus).
Inhalt: Urgeschichte der Menschheit. Geschichte der Israeliten, Ph�nizier.
Meflyptier, Assyrier und Wabylonier. Weder.
1 Die Urgeschichte der Menschheit.
a. Sch�pfung der ersten Menschen und ihr Siindensall.
Aas heiligste und ehrw�rdigste Buch, das wir haben, ist die Bibel oder heilige Schrift. Diese gibt uns die einfachsten und doch erhabensten Nachrichten �ber die Entstehung der Welt und des Menschen, �ber dessen erste Schicksale, �ber die Verbreitung der Volksst�mme, �ber ihre Lebensart und Sitten. Nach dieser heiligen Urkunde, mit welcher die Ueber-lieferungen der heidnischen V�lker mehr oder weniger �bereinstimmen, fdmf Gott das Weltall blos durch sein Wort �Es werde!" in sechs Tagen. Am sechsten und letzten Tage schuf er den Menschen nach seinem Ebenbilde und machte ihn zum Herrn �ber die ganze Sch�pfung. Er nannte ihn Adam, d. i. Mann von Erde, und gab ihm eine Gef�hrtin, die Eva.
Dieses erste Menschenpaar setzte Gott in einen sch�nen Garten, Paradies genannt. Hier gr�nten die anmuthigsten B�ume, hier wuchsen die k�stlichsten Fr�chte. Eiue reiche Quelle, die sich in vier klare Str�me theilte, mochte den Garten noch sch�ner und angenehmer. In diesen bl�henden Gefilden der Anmuth und des Segens lebten die beiden ersten Menschen in voller Unschuld und Freude." Sie liebten Gott �ber alles, und dieser ging so liebreich und freundlich mit ihnen um, wie ein Vater mit seinen Kindern. �Esset nur," sprach er, �von allen B�umen im Paradiese; aber von diesem Baume hier, dem Baume der Erkenntni�
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des Guten und B�s�n, sollet ihr nicht essen, sonst werdet ihr des Todes sterben."
Eine sehr sch�ne Gelegenheit hatten jetzt die ersten Menschen, durch Gehorsam gegen ihren g�tigen Sch�pfer sich dankbar zu beweisen. Gleich-wohl kamen sie zum Falle. Von dem b�sen Geiste unter der Gestalt einer Schlange verf�hrt, a�en sie von der verbotenen Frucht. Jetzt gingen ihnen die Augen auf. Sie erkannten, wie sehr sie ges�ndigt hatten, und verbargen sich vor dem Angesichte des Herrn. Ihr gegenw�rtiger Zustand war um so trauriger, je sch�ner und gl�cklicher der fr�here gewesen. Aus dem Paradiese versto�en mu�ten sie und alle ihre Nachkommen im Schwei�e des Angesichtes ihre Nahrung gewinnen, ihr Leib wurde sterblich, ^r Wille schwach und zum B�sen geneigt. Ein trauriges Beispiel der nunmehr verdorbenen menschlichen Natur mu�ten bie ungl�cklichen Eltern schon an ihren ersten Kindern erleben. Kain erschlug ans Neid seinen Bruder Abel.
h. Die S�ndfluth. No<" (Noah).
Immer mehr wichen die Menschen von Gott unb Gottes Gebot ab, immer mehr verga�en sie ihres g�tigen Sch�pfers. Nur ein Mann hatte in dieser gottlosen Zeit sein Herz rein von S�nden erhalten; es war ber fromme Noe oder Noah mit seiner Familie. Er fand deshalb Gnade vor dem Herrn unb w�rbe aus ber verheerenden Wasserflut!) mit den Seinigen wnuberbar gerettet. Man nennt biese Fluch, weil sie das s�ndige Menschengeschlecht in ihren Wellen begrub, die S�ndfluth. Durch sie wurde Noe (Noah) der zweite Stammvater des Menschenge-schlechtes. Von ihm, wie aus einem guten Stamme, sollte sich die Erde von Neuem bev�lkern. Er hatte drei S�hne, Sem, Cham(Ham) unb Japhet. Durch diese vermehrten sich die Menschen bald wieder. Sie mu�ten aber wegen Unfruchtbarkeit der Gegend ein fruchtbares Land suchen. Solches fanben sie am Flusse Euphrat. Es war bic Ebene Si-near ober Sennaar. Von hier ans verbreiteten sich bie Menschen nach unb nach �ber bie ganze Erbe.
Fast bei allen Volkern bes Alterthums lebt bie Erinnerung an biese gro�e allgemeine Fluth. Auch bie Erinnerung an einen fr�heren seligen Zustanb in Verbinbung mit bem Gef�hle ber Verschiebung seines Verlustes zieht sich als Klage burch ihre religi�sen �berlieferungen.
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c. Der Thurmbau zu Babel; Ausbreitung des Menschen-
geschlechtes.
(Die Menschen-Racen.)
Aber auch dieses furchtbare Strafgericht, welches Gott �ber die s�n-dige Menschheit geschickt hatte, hielt dieselbe auf die Dauer von neuen Verkehrtheiten und neuem Ungehorsam gegen ihren Sch�pfer nicht ab. -� Immer gr��er war die Anzahl der Menschen geworden, so da� sie in ihrer urspr�nglichen Heimath nicht l�nger beisammen wohnen konnten. Bevor sie aber in verschiedene Weltgegenden auseinanderzogen, sprachen sie nach dem Berichte der Bibel in ihrem stolzen Uebermnthe: �Kommet, wir wollen eine Stadt bauen und einen Thurm, dessen Spitze bis an den Himmel reicht, und wollen dadurch unseren Namen ber�hmt machen!" Aber Gott vereitelte das hochm�thige Unternehmen der Menschen und verwirrte beim Baue ihre Sprache derma�en, da� keiner den andern mehr verstand. So trennten sich denn die Menschen und lie�en sich nach k�rzeren oder l�ngeren Wanderungen unter verschiedenen Himmelsstrichen nieder. Die einen siedelten sich im kalten Norden an, die anderen im hei�en S�den; diese in gebirgigen Gegenden, jene baneten ihre Zelte oder H�tten auf den weiten Ebenen. Diese Verschiedenheit der Wohnsitze und im Zusammenhange damit der Witterung, der Nahrungsmittel und der Lebensweise �bte im Laufe der Jahrhunderte auch auf die �u�ere Bil-dung und Gestalt der Menschen einen gro�en Einflu� aus. Nach der verschiedenen K�rperbildung, wobei man besonders auf die Hautfarbe, die Sch�delform und die Haare R�cksicht nimmt, pflegt man die Menschen in f�nf Klassen (Nacen) einzntheilen:
1) Die kaukasische � mit wei�er Hautfarbe und schlanker K�rper-
gestalt. Ihr geh�ren unter anderen die Bewohner des westlichen Asiens an und die meisten V�lker Europas.
2) Die mongolische � mit weizengelber Hautfarbe, schr�ggeschlitzten
Augen und mittelgro�er, gedrungener K�rpergestalt. Ihre Hauptvertreter sind die Chinesen und Japanesen.
3) Die �thiopische oder die Negerrace � mit schwarzer Hautfarbe,
Wollhaaren und wulstigen Lippen. Die meisten St�mme des mittleren und des s�dlichen Afrikas z�hlen zu dieser Klasse.
4) Die amerikanische � mit kupferrother Hautfarbe, ist durch die
sogenannten Indianer Amerikas vertreten.
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5) Die malaische � mit dunkelbrauner Hautfarbe, findet sich besonders auf der Inselwelt im S�dosten Asiens.
Bei aller Verschiedenheit aber, welche die Menschen in Farbe, Gr��e xmd Bildung zeigen, finden wir jedoch immer die auffallendste Aehnlich-keit wieder, die auf ihre gemeinsame Abstammung zur�ckweiset. So m�ssen wir uns denn auch alle als Kinder derselben Stammeltern br�derlich untereinander lieben.
tl. Die verschiedenen Bildungsstufen der B�ller.
Die verschiedenartigen Verh�ltnisse, unter denen die V�lker im Laufe der Zeit aufgewachsen lind, haben auch auf ihre Lebensweise und Bildung die verschiedenartigste Wirkung ge�bt. Die einen sanken immer tiefer von dem hohen Standpunkte, auf den Gott die Menschen urspr�nglich gestellt hatte, w�hrend andere, welche unter g�nstigeren Einfl�ssen lebten, ein weniger rohes Leben f�hrten und zu immer h�herer Bildung emporstiegen. Man kann hiernach verschiedene Bildungsstufen der V�lker bezeichnen, unter denen wir die wichtigsten hervorheben. 1) Die Stufe des verwildernden Jagdlebens; 2) des Hirtenlebens; 3) des Ackerbaues; 4) des geordneten Staatswesens.
1) Das Jagdlelicn.
Durch die immer weitere Trennung von dem Ursitze der Stammeltern kamen manche in h�chst rauhe, gebirgige Gegenden. Ungeheuere W�lder bedeckten noch den Boden und bargen in ihrem Dickicht eine Menge gro�er und kleiner Thiere, die mit ihrem Geheule die ganze Gegend erf�llten. Die Noth machte den Menschen k�hn. Er nahm seine Waffe, trat in den Wald und wurde J�ger. Das rohe Fleisch des erschlagenen Thieres stillte seinen Hunger, die harten Knochen wurden zu Hausger�theu oder zu Waffen verarbeitet. Die abgezogene Haut hing er sich selbst um und freuete sich hoch auf, gegen die Unbilden der Witterung so leicht eine so warme H�lle gefunden zu haben. Von nun an war die Jagd seine liebste Besch�ftigung. Er suchte seine Waffe zu verbessern und sann auf allerlei List. Hier lauerte er im Hinterhalte, dort lief er �ber Berg und Thal mit der Keule hinter dem wilden Thiere her. In H�hlen, welche die Natur selbst in Bergen und Felsen gew�lbt hat, ruhete er von den M�hen seines gefahrvollen Lebens aus. � Andere f�hrte die Wanderung an Meere und Fl�sse, wo Fischfang den Hunger stillen lehrte.
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Gesittung der Jagdv�lker. Die Wilden. � Ein so unst�tes, wildes Leben aber l��t den Menschen roh und erstickt alle edeleren Triebe des-Herzens. Der Jammer und das Elend seiner Mitmenschen r�hren sein Herz um so weniger, als er durch das stete Morden lebendig f�hlender Wesen und durch den Anblick ihrer schmerzhaften Todeszuckungen gegen das Mitleid immer mehr abstumpft. Das stille, h�usliche Familiengl�ck blieb ihm fremd. Wie sollte auch der J�ger, der das fl�chtige Wild in weit entlegene Gegenden verfolgen mu�, dem Leben im trauten Kreise der Seinen viel Geschmack abgewinnen und ganze Stunden demselben t�glich schenken k�nnen. Selbst der kaum erwachsene Sohn mu� sich bald vom Vater trennen, um seiu eigenes Jagdgebiet zu erhalten. Ueberhaupt ist der jagende Mensch ungesellig und gro�er Gefahr ausgesetzt, in dem st�ndigen Kampfe um Leben unb Tod immer mehr zu verh�rten, ja zu verwildern. Die Herrschaft �ber die Thiere macht ihn immer k�hner und verwegener. Er gew�hnt sich leicht, diejenigen Waffen, in deren Gebrauch gegen wilde Thiere er Fertigkeit und Sicherheit erlangt hat, auch gegen die Mitmenschen zu wenden und ihnen Nahrungsmittel und andere Be-d�rfniffe mit Gewalt abzuzwingen. Widerstand f�hrt Tod oder Sklave-rei herbei. Er kennt kaum andere, als rauhe, ungest�me Vergn�gen, den Taumel berauschender Getr�nke und kriegerischer T�nze. Bei reichlicherem Fange ist er unm��ig im Gen�sse unb �berl��t sich dann einer tr�gen Ruhe, bei welcher die Kr�fte der Seele ��ausgebildet bleiben. Eine v�llige Verwilderung, wie wir sie zum Theile noch jetzt in manchen Gegenden der �brigen Erdtheile finden, ist die notwendige Folge einer solchen Lebensart.
An der Ostk�ste Australiens z. B. gingen die Neger fr�her ganz nackt. Der einzige Putz ihres schw�rzen K�rpers war eine Malerei mit rother Thonerde. Sollte es aber recht vornehm sein, so malten sie wei�e Ringe um die Augen und wei�e Streifen in verschiedeneu Richtungen �ber den ganzen K�rper, steckten auch wohl einen Knochen oder ein H�lzchen durch die Nase. Kleidungsst�cke, die ihnen die Europ�er aus Mitleid anboten, nahmen sie zwar an und besahen sie verwundert von allen Seiten; dann aber warfen sie diese hastig wieder weg. � In Mexiko rieben manche ihren K�rper mit wildem Honig ein und beklebten ihn dann �ber und �ber mit Papageienfedern. � Auf der Halbinsel Labrador, die im n�rdlichen Amerika an ber Hnbsonsbai liegt, herrschte bie grausame Sitte, H der Sohn mit eigener Hand seinen alten schwachen Vater t�dtete,
sobald dieser an der Jagd nicht mehr Theil nehmen konnte. Er hielt das sogar f�r den gr��ten Liebesdienst, und unbegreiflich war es ihm, wie der Europ�er so etwas grausam finden konnte. Ja man hat Menschen getroffen, die ihre gefangenen Feinde auf das Grausamste schlachteten und verzehrten. So tief kann der Mensch in Wildheit versinken, wenn er nicht durch sorgf�ltige Pflege die ihm vom Sch�pfer ertheilten Kr�fte immer mehr zu entwickeln sucht. Er gleicht dann einem Garten, in welchem nur Unkraut wuchert, wenn die pflegende Hand des G�rtners fehlt.
Von einem so ausgearteten Zustande der Menschheit finden wir in der Bibel vor der S�ndflnth keine Erw�hnung. Blos Ackerbau und Viehzucht werden als Nahrungsquellen angegeben.
2) Das Hirtcnlcben.
Unter den mancherlei Thieren, von denen sich die Menschen umgeben sahen, bemerkten sie mehre, die nicht so scheu wie die �brigen in die W�lder zur�ckflohen, sondern sich leicht an sie gew�hnten. Das wollige Schaf, die milchreiche Ziege und Kuh, das ausdauernde Kameel, das muthige Pferd, � lauter friedliche Gesch�pfe, die der Mensch t�glich beobachten, mit denen er sich t�glich bekannter machen konnte. Er sah, wie sich die Jungen an der Brust ihrer Mutter n�hrten; wie aus dem vollen Euter die sch�ne, wei�e Milch hervorquoll. Er kostete sie selbst und sand sie erquickend und st�rkend. Jetzt suchte er die Zahl dieser zahmen Thiere zu vermehren. Er trieb sie langsam von einer Weide zur anderen. So willig, wie die alten, folgten ihm auch ihre Jungen. Sie liefen ihm schon von selbst nach, wenn er sich nur eben entfernte, und hastig spran-gen sie herbei, sobald er sie anrief. Er rief sie gew�hnlich nach der Stimme an, die jedes Thier h�ren lie�; � ganz nach Art der Kinder, denen das L�mmchen Bl�, die Ziege M�, die Kuh Bu hei�t. Denn der Mensch auf der niedrigsten Stufe der Bildung steht dem Kinde am n�chsten.
Nicht lange durfte aber der Hirt in derselben Gegend bleiben. Er mu�te vielmehr, sobald das eine Feld abgeweidet war, mit seiner Heerde weiter ziehen und ein frisches suchen. Wo er eine Zeitlang verweilte, da schlug er sein Zelt auf. Er bedurfte dazu blos eines gro�en, festen Stabes, der in die Erde gesteckt, und der Bekleidung, die an demselben vermittelst kleiner St�be nach allen Seiten ausgespannt wurde. Diese Bekleidung bestand anf�nglich aus Thierh�uten; sp�ter aber, nach Er-
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sindung der Spinn- und Webekunst, aus Leinen. Unter solchen trag-baren Zelten wohnte der Hirt mit Weib und Kind, umgeben von seinen Heerden, die im fr�hlichen Gedr�nge umherweideten und die vollen Euter ihnen zur Labung entgegen trugen. Die �ibel nennt uns Jabel als den ersten, welcher unter Zelten wohnte. War die Gegend wasserlos, so grub man eine Grube, die man Cisterne nennt, um hierin das Regen-wasser zu sammeln. Das anmuthigste Bild des Hirtenlebens stellt uns die Bibel nach der S�ndfluth bei den Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob auf.
Gesittung der Hirtenv�lker. Die Nomaden. � Der fortw�hrende Umgang mit den Thieren konnte den Hirten auf manche n�tzliche Ent-deckung f�hren. Hier wurde ein Thier krank, und andere Kr�uter, die es sich jetzt suchte, stellten es wieder her. Der Hirt, hierdurch aufmerksam ge-macht, gebrauchte dieselben Kr�uter, wenn er, sein Weib oder Kind, krank wurden, und kam so auf die ersten Spuren der Heilkunde. Dort sah er, wie sich am Felle der Schafe die Flocken bei der N�sse zusammendrehten. Er konnte sie ausrupfen, sie ebenso zusammendrehen und manches k�nst-liehe Geflecht bereiten. So kam er vielleicht mit der Zeit auf das Spin-nen und Weben. Ueberhaupt manche stille, h�usliche Fertigkeit konnte hier erworben werden.
Jedoch mu�te bei dem herumziehenden Hirten noch immer manche sch�ne Anlage, die Gott dem Menschen anerschaffen hat, unentwickelt bleiben. Das unst�te, umherschweifende Leben hinderte die Ausbildung derselben gar zu sehr. Er blieb ein Fremdling in jeder Gegend, lebte stets unter unvern�nftigen Thieren, nur H�tten und Zelte, die sich leicht fortschaffen, schnell aufrichten und niederrei�en lassen, konnte er zum Obdach w�hlen. Ebenso einfach nur durfte sein �briges Ger�th sein; denn der ganze Haushalt mu�te ja schnell von einem Orte zum andern geschafft werden k�nnen. So blieb er auf die einfachste Befriedigung seiner Bed�rfnisse beschr�nkt. Nichts reizte den Forschungstrieb.
In Europa hat sich die Cultur jetzt so weit verbreitet, da� wir nur in den �stlichen Steppen des s�dlichen Ru�lands an der Wolga solche wandernde Hirtenv�lker, welche man Nomade n nennt, vereinzelt an-treffen. In gro�er Zahl finden wir sie dagegen in den Steppen Asiens. Das Gef�hl der Freiheit und Unabh�ngigkeit wirkt von Jugend auf bei diesen �S�hnen der W�ste" � so nennen sich wirklich die arabischen Nomaden, � eben durch das ungebundene, unst�te Leben so m�chtig, da�
sie die St�dte als Ges�ngnisse hassen und nicht begreifen, wie man in Mauern eingeschlossen ein ertr�gliches Leben f�hren k�nne. Sie haben zwar einen Anf�hrer, welcher Emir, Scheit, Scheck), Sultan, Chan zc. genannt wird; aber unbeschr�nkte Macht hat dieser nicht. Er hat An-sehen, weil seine Familie gew�hnlich zu denen geh�rt, welche die gr��ten Heerden besitzen. Man wendet sich an ihn als Schiedsrichter in Streitig-keiten. Er w�hlt die Lagerpl�tze; er bricht zuerst auf, wenn man weiter ziehen will; er ist Anf�hrer auf Raubz�gen und im Kanipfe mit anderen St�mmen. Befehlen aber darf er sonst nicht. Jeder freie Mann im Lager h�lt sich, wenn er nicht durch Armuth von ihm abh�ngig ist, f�r eben so berechtigt, als Jener. Daher ist jeder Familienvater gleichsam der F�rst unter den Seinigen, die ihn, den Aeltesten, auch als uat�r-liches Oberhaupt ansehen. Man nennt diese Verfassung der Nomaden die patriarchalische, denn sie findet sich am sch�nsten ausgepr�gt in dem Leben der Patriarchen des alten Testaments.
3) Der Ackerbau.
Nat�rlich reichten die Fr�chte, die dem Menschen so von selbst, ohne alle Wartung und Pflege, zuwuchsen, bald nicht mehr zu ihrem Bedarfe hin. Sie mu�ten deshalb darauf bedacht sein, das nat�rliche Erzeugui� zu vermehren. Die Natur selbst wies hierzu den Weg an. Sie sahen diese selbst s�en und begie�en. Ihr Nachahmungstrieb erwachte, und bald spornte sie die Noth, der Natur ihren Arm zu leihen und ihrer freiwilligen Ergiebigkeit durch Kunst nachzuhelfen. Sie bemerkten, da� die K�rner, die aus der vollen Aehre in den lockeren Boden fielen, wieder neue Fr�chte trieben. Auch sie streueteu jetzt eine Menge reifer K�rner in den Boden. Und siehe! gr�ne Saaten spro�ten empor, aus den Saaten die Halme, au den Halmen die Aehren, in den Nehren die Frucht. Jedes eingestreute K�rnchen gab hundertfachen Ersatz zur�ck. Eine treffliche Erfindung! Der Segen derselben war so gro�, da� heidnische V�lker voll Bewunderung und Dankbarkeit glaubten, ihre G�tter w�ren einst selbst vom Himmel zu den Menschen herniedergestiegen, um sie den Ackerbau zu lehren. Bei den alten R�mern sch�mten sich die ersten Feldherren und Staatsm�nner nicht, selbst hinter dem Pfluge zu gehen. Ja sogar seit Jahrtausenden macht sich der Kaiser von China, einem der �stlichen L�nder Asiens, eine Ehre daraus, j�hrlich einmal vor den Augen des Volkes den Pflug zu f�hren.
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Judessen gab es�Gegenden, wo der Boden nicht so locker, wo er, hart und schwer, uns�gliche Arbeit erforderte. Wozu die H�nde zu schwach waren, das vollbrachten Werkzeuge. Man zog mit zugespitztem Holze lange Furchen f�r den Samen. Auch konnte man die Erde mit Ochsenh�rnern oder mit den breiten Nippen verschiedener Thiere um-graben, wie man dieses bei neuentdeckten V�lkern gesehen hat. Eine geraume Zeit mochte vergehen, ehe man den Pflug erfand. Bei den Aegyptiern wird derselbe sehr fr�h erw�hnt.
Man bemerkte, da� bei andauernder D�rre die Pflanzen ermatteten, nach einem Regen aber schnell sich wieder erhoben. Man beobachtete ferner, da� da, wo ein �bergetretener Strom Schlamm zur�ckgelassen hatte, die Fruchtbarkeit gr��er war. Beide Entdeckungen wurden benutzt. Der Landmann gab seinen Pflanzungen einen k�nstlichen Regen und brachte Schlamm auf seinen Acker, wenn kein Flu� in der N�he war, der ihm solchen geben konnte. So lernte er begie�en und d�ngen.
Um die K�rner auszuh�lsen, w�re es m�hsam gewesen, sie mit den H�nden auszureiben. Leichter war es, sie mit Baumzweigen auszu-schlagen, oder durch Thiere ausstampfen zu lassen. Letzteres war vor-z�glich bei den Israeliten Sitte. Deshalb verbot Moses, den Ochsen beim Dreschen das Maul zu verbinden. Sehr fr�h lernte man das Korn zwischen zwei Steinen zu Mehl zu zerreiben. Der untere Stein, auf welchen dav Korn gesch�ttet wurde, lag fest, der obere wurde hier�ber hin und her bewegt. So hatte man eine Art Handm�hle, die schon zur Zeit dev Moses bei deu Israeliten im Gebrauche war und von diesem Gesetzgeber als das erste und notwendigste Bed�rfni� einer jeden Haus-Haltung angesehen wurde. Darum verbot er auch, sie als Pfand anzn-nehmen; denn das w�re, setzte er hinzu, gerade so viel, als wenn Jemand sein Leben selbst zum Pf�nde setzte. Die Kunst aber, zu diesem Reiben oder Mahlen auch des Wassers, des Windes und selbst des Dampfes sich zu bedienen, ist eine weit sp�tere Erfindung. Die Wasserm�hlen findet inan hin und wieder erst um die Zeit der Geburt Christi; die Windm�hlen kennt man in Europa kaum seit siebenhundert Jahren; die Dampf,n�hlen sind eine Erfindung unserer Zeit.
Folgen des Ackerbaues. � Durch den Ackerbau bekam der Mensch einen festen, bleibenden Wohnsitz. Dort wo er den Samen ausgestr�mt hatte, wollte er nat�rlich auch die Ernte abwarten. Dazu erforderte der Ucker seine unausgesetzte Pflege. Er schlug deshalb bei demselben eine
�Lcltcr'� Weligesch. i. 34. Aufl. 0
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H�tte auf. Die war anf�nglich gewi� sehr einfach. Eingerammte St�be, mit Zweigen und Gestr�uchen durchflochten, mit Thierfellen bedeckt, bildeten wohl das erste Obdach, welches den Sandmann zu erquickender Ruhe einlud, wenn er am Abend mit Schwei� bedeckt von seinem Acker zur�ckkehrte. In solchen Lauben wohnte sogar noch in sp�terer Zeit der gr��te Theil der Israeliten w�hrend des Aufenthaltes in der W�ste, und zum Andenken hieran wurde j�hrlich das Laubh�ttenfest gefeiert.
Mehre solche H�tten zusammen, die nach und nach fester und ge* r�umiger wurden und so den Uebergang zu den H�usern machten, bildeten das erste Dorf, das sich mit der Zeit zu einer kleinen Stadt er weiterte. Kain, welchen die Bibel einen Ackersmann nennt, hei�t daselbst auch der erste Erbauer einer Stadt, Henoch n�mlich, die er so zu Ehre seines Sohnes Henoch nannte. Der Anbau mehrer Menschen in der-selben Gegend f�hrte auch zu den ersten Begriffen des Rechtes �ber das Mein und Dein. Urspr�nglich war die ganze Erde Gemeingut. Dasjenige Grundst�ck aber, welches Jeder f�r sich insbesondere bearbeitete und pflegte, betrachtete er auch als fein Eigenthum und bezeichnete und sch�tzte es durch einen umgezogenen Zaun oder Graben. Das Zusammenleben so vieler Menschen von den verschiedensten Anlagen gew�hrte gegenseitige Aufmunterung und H�lfe bei der Arbeit. Zufall oder Roth brachte eine Erfindung und Verbesserung nach der anderen zum Vorschein und erh�hte so den Reiz des geselligen Lebens.
Jedoch erst die Kenntni� des Feuers machte es m�glich, die fr�heren Erfindungen recht zu gebrauchen und zu vervollkommnen. Der Gebrauch des Feuers ist den Menschen gewi� schon sehr fr�he bekannt gewesen. Tubalkain, nach der h. Schrift der erste Schmied, lebte bereits vor der gro�en Fluth, und gleich nach derselben sehen wir den frommen NoL sich des Feuers bedienen, als er dem Herrn ein Brandopfer darbrachte. Wie sehr die alten V�lker den Nutzen des Feuers zu sch�tzen wu�ten, geht aus der Verehrung hervor, die sie demselben erwiesen. Zu Rom mu�te in alten Zeiten ein besonderer Orden Priesterinnen, Vest�li n-neu genannt, in einem Tempel Tag und Nacht ein ununterbrochenes Feuer unterhalten. Die Perser und andere V�lker verehrten es gerade-zu als die wohlt�tigste Gottheit, und noch heute gibt es in Vorderasien Nachkommen jener Perser, welche anbetend vor dem Feuer niederfallen und deshalb Feueranbeter genannt werden. -- V�lker, denen der Ge-brauch des Feuers unbekannt blieb, versanken immer mehr in Rohheit
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imb Wildheit. Der ber�hmte portugiesische Seefahrer Magelh�ens, der im sechzehnten Jahrhundert lebte, soll auf einer der Marianen-Inseln, die �stlich von China liegen, ein Volk angetroffen haben, das noch gar keinen Begriff vom Feuer hatte. Als er mit seinen Schiffsges�hrten ein Feuer anmachte, staunten sie wie �ber ein Wunder. Sie meinten, es sei ein wildes Thier, welches Holz fresse. Nur mit Angst traten sie etwas n�her und stierten mit gro�en Augen das Wunderthier an. Pl�tzlich ergriff die Flamme ihre Kleider. Da liefen alle schreiend davon. Sie glaubten, das fremde Thier wolle sie bei�en und verfolge sie noch mit seinem schwarzen Hauche.
Zun�chst gebrauchten die Menschen das Feuer wohl zur Bereitung ihrer Speisen, dann aber wurde es ihnen h�chst n�tzlich f�r die Bearbeitung der Metalle. Seitdem konnte man alle fr�heren Werkzeuge, welche der se�hafte Mensch gebraucht, besonders aber die Ackerger�the, den Pflug und andere bequemer und dauerhafter verfertigen.
So f�hrte der Ackerbau zu manchen Erfindungen und n�tzlichen Anwendungen, aber auch zur Erkenntni� und Verehrung Gottes trug gerade wesentlich der Ackerbau bei. Denn indem er die Menschen zu bleibenden Wohnsitzen f�hrte, begr�ndete er zugleich das Familienwesen, durch welches die Liebe zu Gott befestigt und in frommer Erziehung weiter verbreitet werden konnte. Der Landmann, welcher den Samen ausstreut, wei� es wohl, da� er ihm das Wachsthum nicht geben kann. Er bedarf dazu vom Himmel des Regens sowohl als des Sonnenscheines. So lernt er in Gott den Geber alles Guten erkennen. In seinem Namen bebauet er das Feld, an ihn wendet er sich mit Weib und Kind im frommen Gebete und erflehet den Segen des Himmels; ihm bringt er mit dankbaren! Herzen die Erstlinge feiner Fr�chte als Opfer dar.
Thener wie dem Menschen der Boden ist, den er selbst bebauet, und der seine Schwei�tropfen lohnt, ist ihm auch die Wohnung, die ihn auf-nimmt. In ihr erfreut er sich mit Weib und Kind an dem Segen des Landes. Von seinem Acker, von seiner H�tte kann er sich nicht mehr trennen; sch�ne Erinnerungen an wichtige Lebensereigniffe sind daran gekn�pft. So entwickelt sich das m�chtige Gef�hl, welches wir Heimaths-sinn und Vaterlandsliebe nennen.
4) Das geordnete Staatswesen.
Wie in der Besch�ftigung mit dem Ackerbau alle Cultur wurzelt, so haben sich in ihr auch die ersten Staatsverh�ltnisse gebildet. Der Acker-
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bau f�hrte ja zu festen bleibenden Wohnsitzen. H�tte reihete sich an H�tte, aus diesen entstanden bald D�rfer. Auch diese vergr��erten sich immer mehr und wurden zu St�dten. Wie leicht m�glich war es aber., da� unter der gro�en Menge der zusammenlebenden Menschen, deren Versitzungen so nahe aneinander grenzten, Zank und Streit entstand! Denn nicht alle Menschen lieben und thun, was recht und billig ist, wenngleich der Sch�pfer das Gef�hl f�r Recht und Billigkeit in das Herz eines jeden gepflanzt hat. F�r den Fortbestand der Gesellschaft war es deshalb durchaus n�thig, da� Rechte, Eigenthum und pers�nliche Sicherheit ge-sch�tzt, da� Pflichten vorgeschrieben und �bermacht wurden. Es mu�te eine Gewalt vorhanden sein, welche die Ordnung handhabte. Der Staat ist es, welcher diese von Gott gehei�ene Ordnung zu erhalten bestimmt ist.
Der Ursprung des Staates ist in der Familie zu suchen, und die Familie selbst kamt man wohl einen Staat im Kleinen nennen. Der Vater ist das Oberhaupt, der K�nig des Hauses, der Familie. Durch Sitte, durch Ansehen, durch Liebe leitet und regiert er das Ganze. Sein v�terliches Ansehen erstreckt sich auch �ber die neugegr�ndeten Familien seiner Kinder, die sich neben dem Vaterhause angesiedelt haben. W�chst die Familie zum Stamme heran, so ist der Stamm�lteste das Oberhaupt. Er kennt und bewahrt die Ueberlieferungen der V�ter; an ihn wendet man sich in Streitigkeiten. Er ist Richter, er ist Gesetzgeber, er bringt die Opfer dar, er ist auch Anf�hrer im Kampfe gegen andere feindliche St�mme. Wenn auch bei der bedeutenden Vermehrung der Familien das Bewu�tsein des verwandtschaftlichen Zusammenhanges sich immer mehr verlieren mu�te, so erhielt doch das Ved�rfni�' des Schutzes, welchen die Vereinigung gew�hrte, die Regierung, auf welcher ihre Dauer und St�rke beruhete. Was der Vater f�r seine Familie war, das blieb der H�uptling f�r viele. Er ward deshalb auch vou Allen als Vater geehrt und geliebt und oft nicht anders als mit diesem sch�nen Namen benannt. So hei�t der hebr�ische Name Abimelech, welchen einer der �ltesten Stammf�rsten trug (die Bibel erw�hnt seiner in der Geschichte Abraham's), zu deutsch: �Mein Vaterk�nig." � Diese Verfassung, in welcher die W�rde des F�rsten mit der eines Hausvaters vereinigt ist, wird die patriarchalische genannt, wie bereits fr�her bemerkt wurde.
Unter der Besch�ftigung mit dem Ackerbau wuchs der aus dem Familienverbande hervorgegangene Stamm bald zu einem Volke heran,
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welches D�rfer und St�dte gr�ndete. Die ersten so entstandenen Staaten waren noch sehr klein und unbedeutend. Da gab es fast kein Dorf, keine Stadt, worin nicht ein besonderer K�nig war. In dem einzigen Thale bei Sodoma wohnten f�nf K�nige, welche auszogen, vier andere benachbarte zu bekriegen, und Abraham schlug mit 318 Knechten die letzteren, welche seinen Vetter Lot gefangen wegf�hrten. Josne schlug in Pal�stina sogar ein und drei�ig K�nige. Auch die Macht dieser K�nige war noch sehr gering und hing gr��tentheils von ihren pers�nlichen Eigenschaften ab. Bei gemeinsamen Angelegenheiten versammelte der K�nig die Familien-H�upter um sich, h�rte ihre Meinungen an, zog sie in Ueberlegung, und was in diesem Familienrathe als das Beste sich herausstellte, erhob er Zum Beschlu� f�r das Ganze.
Mit der Zeit aber wurden diese K�nigreiche gr��er. Nene Anbauer, neue St�mme schl�ssen sich an und traten in die Verfassung ein; andere wurden auch wohl zum Anschl�sse gezwungen. Hiermit wurden auch die Verh�ltnisse umfangreicher und verwickelter. Das Oberhaupt, der K�nig, bedurfte gr��erer Befugnisse und einer ausgedehnteren Gewalt, um Recht und Ordnung zu handhaben. Damit der K�nig sich ausschlie�lich dem wichtigen Gesch�fte der Negierung widmen k�nne, ward er jedem anderen Gesch�fte �berhoben. Das Volk versorgte ihn mit den n�thigen Lebensmitteln und brachte ihm reiche Geschenke. Aus solchen freiwilligen Beitr�gen entstanden mit der Zeit regelm��ige und gesetzliche Abgaben, die noch jetzt jedes Volk f�r seine Ruhe und Wohlfahrt feinem F�rsten entrichtet
Bei dem erweiterten Umfange des Reiches wurden aber der Gesch�fte bald so viele, da� unm�glich einer allein sie besorgen konnte. Der K�nig sah sich deshalb nach Geh�lfen um. Zu solchen w�hlte er die redlichsten und erfahrensten M�nner, die das Zutrauen ihrer Mitb�rger besa�en. Diese waren seine R�the, diese seine Statthalter. An seiner Stelle und nach seiner Verordnung regierten sie das Volk, wo er nicht selbst zugegen sein konnte; in ihnen ehrte das Volk seinen K�nig selbst. Die Liebe und Verehrung, die Jeder seinem K�nige widmete, erstreckte sich auch �ber die ganze Familie desselben. Der erstgeborene Sohn war der nat�rliche Erbe der v�terlichen Herrscherw�rde, und f�r diesen lag hierin ein sch�ner Antrieb, sich zuvor die n�thigen Kenntnisse und Erfahrungen f�r seinen eben so schwierigen als wichtigen Beruf einzusammeln. Durch diese Erblichkeit der Nachfolge war von selbst auch allen Streitigkeiten
vorgebeugt, die von anderen M�chtigen um die Erlangung der Ober-Herrschaft erhoben werden konnten.
Durch solche und �hnliche Einrichtungen wurde eiu immer engeres und festeres Band um die Zusammenwohnenden gekn�pft. Ungest�rt konnte jetzt Jeder an seine Arbeit gehen. Diese vertheilten sie mit der Zeit immer mehr unter sich. Anf�nglich hatte Jeder, was zu seinem Be-darfe notwendig war, sich selbst verfertigt. Bald aber kamen besondere Handwerke auf und f�hrten zu vielen und mancherlei Verbesserungen. Der Eine besch�ftigte sich ausschlie�lich mit dem Ackerbau, der Andere mit der Anfertigung der Ackerger�the, der Dritte besorgte die Kleider, und so betrieb Jeder ein bestimmtes Gesch�ft, w�hrend der K�nig als liebender Vater an der Spitze des Ganzen stand uud f�r das Wohl seiner Untergebenen wachte.
Aber nicht immer sollten sie einer so gl�cklichen Ruhe genie�en. Ihr Wohlstand, ihr Gl�ck reizte die Eroberungslust anderer M�chtigen. Es waren damals vorz�glich wandernde J�ger und Hirten, die unter ihren Stammf�hrern jene minder kampfge�bten St�mme �berfielen und sich unterwarfen. Die Bibel sagt ausdr�cklich von Nimrod, er sei der erste gewesen, welcher ansing, m�chtig zu werden auf der Erde; denn er sei ein gewaltiger J�ger und der Begr�nder seines Reiches Babylon gewesen. � Die Sieger erhoben sich alsdann in dem eroberten Lande zu einer bevorrechteten Klasse der Bev�lkerung, zu einem Adel. Den Unterworfenen wurde zwar gew�hnlich der Grund und Boden gelassen, den sie besa�en, aber sie traten zu ihren Ueberwindern in ein Verh�ltni� der Abh�ngigkeit und Zinsbarkeit. Sie blieben von allem Antheile an der Leitung der �ffentlichen Angelegenheiten ausgeschlossen, oder wurden wohl auch bisweilen, wenn sie durch hartn�ckigen Widerstand den Zorn der Sieger gereizt hatten, in den traurigen Zustand der Sklaverei hinabgedr�ckt. Solche Ersch�tterungen angehender Reiche durch Krieg und Eroberung waren in den �ltesten Zeiten noch h�ufiger, als in den folgenden, weil die Staaten dem Umfange nach klein und deshalb den wilden Anf�llen solcher Horden nicht gewachsen waren. Zum Gl�ck aber zerst�rte sich dieses Uebel durch sich selbst. Denn aus den einzelnen kleinen Staaten entstand nun ein gro�er m�chtiger, den man nicht so leicht anzugreifen wagte. W�hrend des langen Friedens, den er geno�, wurde die Volkszahl immer gr��er, und der Nahrungszweige immer mehre. Handel und Gewerbe bl�heteu und erzeugten Wohlstand und
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Ueberflu�. Jetzt gingen die Menschen, der n�thigsten Nahrungssorgen entledigt, auch allm�hlich auf die �u�ere Versch�nerung des Lebens, auf die Ausbildung des Geistes in K�nsten und Wissenschaften, aus. So lenkte es auch hier die g�ttliche Vorsehung, da� das Uebel schwand, und das Gute blieb.
2. Geschichte der Israeliten.
Bevor wir nun zur Geschichte der so entstandenen gr��eren Reiche �bergehen, wollen wir das Merkw�rdigste von dem auserw�hlten Volke Gottes, von den Israeliten, erz�hlen. Auf diesem ruhete die Ver-hei�ung des k�nftigen Messias. Bei keinem Volke zeigte sich wunder-barer der Finger Gottes. Die Heimath dieses merkw�rdigen Volkes war Pal�stina.
a. Kurze Beschreibung Pal�stinas.
An dem �stlichen Saume des Mittelmeeres liegt am asiatischen Gestade ein kleines, kaum 500 ?Meilen gro�es Land, welches in der �ltesten Zeit Kanaan, sp�ter Pal�stina genannt wurde. Im Norden st��t es an das Libanon Gebitge, im Osten an den Jordan und im S�den reicht es bis an die syrisch-arabische W�ste. Besonders wichtig ist in diesem Lande das Stromgebiet des Jordan, der vom schneereichen Hermon kommt und stufenweise geu S�deu durch zwei Seen flie�t. Der n�rdliche von diesen ist der schlammige, schilfreiche See Merom, s�dlich davon liegt der See Genezareth oder das galil�ische Meer. Durch ein erweitertes Thal erreicht der Jordan dann das tobte Meer, worein er m�ndet. � Die Fruchtbarkeit und Sch�nheit Pal�stinas, welche noch heute in manchen Theilen zu finden ist, war im Alterthum �berraschend. Sanfte Bergz�ge, liebliche Th�ler und ebene Landstriche mit reichen Kornfeldern, �ppigen Weingel�nden und fruchtbaren Obsthainen schm�ckten jenes Land, in welchem, wie die h. Schrift sagt, Milch und Honig flo�.
Die Hauptsitze des israelitischen Volkes lagen in dem schmalen K�stenlande westlich vom Jordan in folgenden drei Landschaften vertheilt. 1. In Galil�a, der n�rdlichen Landschaft: Nazareth, Capernaum, Bethsaida.
2. JnSamaria, der mittleren Landschaft: Silo, Sichern, Samaria.
3. In Jud�a, der s�dlichen Landschaft: Bethlehem, Hebron, Jericho, Jerusalem und an der K�ste Joppe und Askalon.
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b. Eintheilung der israelitischen Geschichte.
1.Periode von 2000 � 1500 v. Chr. Die Zeit der Patriarchen (Abraham, Isaak, Jakob) bis auf Moses. Die Urgeschichte des israelitischen Volkes und seine Bedr�ckung in Aegypten.
2. Periode von 1500 � 1095. Moses und die Zeit der Richter
(Gideon, Jephta, Simson). Die Heldenzeit.
3. Periode von 1095 � 586. Die Zeit des K�nigthnmes (unge-
teiltes; geseiltes).
4. Periode von 586 v. Chr. � 70 n. Ehr. Die Israeliten unter
fremder Botm��igkeit bis zu ihrer Zerstreuung.
Erste Periode (2000-1500 vor Chr.). Die Zeit der Patriarchen.
(1. Abraham, Isaak, Jakob; 2. Die Geschichte Josephs.)
Man h�tte denken sollen, jene furchtbare Strafe Gottes, die S�nd-fluth, w�rde wohl allen Nachkommen des Nog (Nocch j zu einem ewig warnenden Beispiele gedient haben. -Wichts desto weniger verlie�en fie wieder die Wege des Herrn und versanken in S�nden und Laster. Gott, den Sch�pfer aller Dinge, kannten sie nicht mehr, seine Werke beteten sie als G�tter an. Hier war der Einflu�, welchen Sonne, Mond und Sterne auf unsere Erde haben, Veranlassung, da� man sie als G�tter verehrte. Auch wurden wohl einzelne Thiere abg�ttisch verehrt, besonders solche, die sehr n�tzlich, aber auch solche, die sehr sch�dlich waren, jene aus Dankbarkeit, diese aus Furcht. Ja, Viele beteten sogar G�tter an, die sie sich selbst aus Holz gezimmert, aus Erde geknetet hatten.
Unter solchen Gr�neln der Abg�tterei, die sich immer weiter ver-breiteten, w�re wohl zuletzt die Erkenntnis; des einzig wahren Gottes g�nz-lich untergegangen. Da erw�hlte Gott aus Erbarmen gegen das Menschen-geschlecht einen frommen und tugendhaften Mann mit Namen Abraham und machte ihn zum Stammvater eines ganzen Volkes. In diesem Volke sollte die wahre Erkenntni� Gottes nicht nur erhalten, sondern auch �ber das ganze Menschengeschlecht verbreitet werden. Es f�hrte den Namen Israeliten von Jakob, der auch Israel, d. i. Gottesstreiter, genannt wurde. Von Inda, einem der S�hne des Jakob, hei�t es auch Juden. Den Namen Hebr�er, d. i. von jenseits gekommene Fremdlinge, erhielt die Familie Abraham's von den Kanaaniten.
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1. Abraham, ber Stammvater bieses Volkes, ber beshalb auch Patriarch ober Erzvater genannt wirb, war ein �beraus tngenbhafter Mann. Er ivcibete als Nomabe seine Heerben in Mesopotamien, in ben fruchtbaren Th�lern zwischen ben Fl�ssen Euphrat unb Tigris. Hier lebte er als F�rst unter ber Menge ber Hirten, bie seine Heerben h�teten. Er biente von Jugenb >auf bem wahren Gotte. Deshalb war auch Gott �berall mit ihm. Aus beut abg�ttischen Mesopotamien zog er weg nach Pal�stina. In biesem sch�nen Lanbe weibete ber Patriarch seine Heerben unb kam bis nach Sichern. Hier erhielt er von Gott bie Verhei�ung, ba� er imb seine Nachkommen bieses Lanb zum Erbtheile erhalten sollten. Darum wirb es auch bas gelobte ober verhei�ene Lanb genannt. Voll herzlicher Dankbarkeit errichtete Abraham bem Herrn einen Altar.
Einst geriethen bie Hirten bes Abraham mit ben Hirten bes Lot in Streit �ber bie besten Weibeplatze. Das that bent friebliebenben Abraham sehr leib. �Lieber!" sprach er zu Lot, �la� boch keinen Streit sein zwischen bir und mir, zwischen beineri Hirten unb meinen Hirten; wir sinb ja Br�ber. Siehe, bas ganze Lanb steht bir offen. Ich bitte bich, ziehe von mir. W�hle, willst bu zur Liuken ziehen, so bleibe ich zur Rechten; ober willst du zur Rechten, so ziehe ich zur Linken." Lot w�hlte bie sch�ne, wasserreiche Gegenb an bent Flusse Zorbau, wo bie St�bte Soboma imb Gomorrha lagen. Abraham blieb im Lanbe Kanaan.
Dem Lot h�tte bie fruchtbare Gegenb fast sein Verberben gebracht. In Soboma unb ben benachbarten St�bten lebten bie Menschen in ben gr�bsten L�sten unb Ausschweifungen. Unb alle, bis auf ben frommen Lot, gingen beshalb in einem gro�en Fenerregen mit ihren St�bten zu Gruube. Die ganze sch�ne Lanbschaft w�rbe in einen unheimlichen Salzsee verwanbelt. Bis auf ben heutigen Tag hei�t bieser bas Salzmeer ober auch bas tobte Meer. Auf ber Oberfl�che bes Wassers schwimmen zuweilen, besonbers nach vorhergegangenem Erbbeben ober starkem Wellenschlage, schwere Asphaltschollen, bie sich vom Boben ober ben Seitemv�ubeu abgel�st haben. Kein Fisch lebt in biesem bitteren Wasser, kein Dorf, keine H�tte sieht man an seinen oben Ufern. Menschen unb Thiere fliehen bie schauerliche Wilbni�, auf ber ein sichtbarer Fluch bes Himmels ruht, unb nur selten n�hert sich ihr ein wi�begieriger Reiseuber. Das Wasser bes Sees ist so salzhaltig, ba� von ben Ansb�nstungen Alles in ber Umgegenb allm�hlich mit einer b�nnen Salzkruste �berzogen
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wird. Ein sch�nes Bild der Menschenfreundlichkeit stellt uns die heilige Schrift bei Erz�hlung dieser Begebenheit an dem um Erbarmung flehen-den Patriarchen auf.
Je st�rker der Glaube Abraham's wurde, desto bestimmter wurden auch die Verhei�ungen Gottes. Er war schon �ber hundert Jahre alt, als Gott ihm mit der Sara einen Sohn schenkte, den Isaak. Als dieser etwas gr��er geworden war, stellte Gott den Gehorsam des Abraham noch auf eine sehr harte Probe. Er befahl, ihm seinen Sohn auf dem Berge Moria zum Opfer zu briugeu. Ohne Verzug stand Abraham auf, spaltete Holz zum Brandopfer, lud es auf seinen Esel, nahm zwei Knechte und seinen Sohn Isaak zu sich und zog dorthin. Am dritten Tage kamen sie an den Berg. Da sagte der Vater zu den Knechten: �Bleibet ihr mit beut Thiere hier; ich will uuterde� mit meinem Sohne auf ben Berg steigen unb anbeten." Unb er nahm bas Holz unb legte es dem Isaak auf die Schulter. Er selbst trug das Feuer und Schlacht-messer. So gingen sie mit einander ben Berg hinauf. Unterwegs sagte Isaak. �Siehe, lieber Vater, hier ist wohl Aener unb Holz, mo ist aber das Lamm zum Branbopfer?" Abraham sprach ger�hrt: �Mein Kind, f�r das Opferlamm wirb Gott sorgen." fco gingen beibe wieber voran. Unb als sie oben auf dem Berge waren, errichtete Abraham einen Altar, legte das Holz darauf und band hier�ber seinen Sohn. Nun streckte Abraham das Messer aus, ihn zu schlachten. �Halt!" rief pl�tzlich eine Stimme vom Himmel, �thue dem Kinbe nichts zu Leibe. Denn nun wei� ich, ba� bit Gott f�rchtest unb ihm zn Liebe auch deinen einzigen Sohn nicht verschont h�ttest." Unb ber Herr verhie� ihm, seine Nach-kommen zu vermehren wie bie Sterne am Himmel unb burch einen seiner Nachkommen alle V�lker ber Erbe zu segnen.
Mit ben Segnungen Gottes begnadet, lebte Abraham noch viele Jahre und wandelte stets den Weg ber Tugenb unb Gottseligkeit. Noch jetzt wirb sein Name weithin von ben V�lkern ber Erbe mit Verehrung genannt.
Auch bie Patriarchen Isaak unb beffen Sohn Jakob waren wie Abraham hernmziehenbe Hirten. Auch fie hingen im Glauben unb Gehorsam beut einzig wahren Gotte an. Deshalb w�rben ihnen jene be-gl�ckenben Verhei�ungen, bie Abraham von Gott erhalten hatte, wieberholt unb best�tigt.
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2. Joseph (1800 vor Chr.). � Die g�ttliche Verhei�ung einer gro�en Nachkommenschaft f�r den Abraham ging zum Theil schon bei Jakob, seinem Enkel, in Erf�llung. Dieser hatte zw�lf S�hne, welche die H�upter zw�lf gro�er Volksst�mme wurden. Er liebte aber den Joseph mehr als seine �brigen bindet und lie� ihm einen bunten Rock machen. Seine Br�der beneideten ihn deshalb und konnten ihn nicht gerade mehr ansehen. Ihr Ha� gegen ihn wurde noch gr��er, als er ihnen einigemal so hohe wunderbare Tr�ume erz�hlte, die er gehabt hatte.
Eines Tages schickte der Vater den Joseph nach der Weide, wo seine Br�der die Heerden h�teten. �Ei, sehet doch, da kommt der Tr�umer her!" schrieen alle; �kommet, wir wollen ihn ergreifen, in eine Grube werfen und sagen, ein wildes Thier habe ihn gefressen. Da wird man denn sehen, was ihm feilte Tr�ume n�tzen." Als uuu Joseph ante, rissen sie ihm sogleich den bunten Rock vom Leibe und warfen ihren Bruder in eine Cisterne. Dies war ein alter Brunnen, in welchem zum Gl�ck eben kein Wasser war. Darauf lie�en sie sich zum Essen nieder.
Unterdessen kamen ismaelitische Kaufleute mit ihren Kameelen aus dem Gebirge dahergezogen. Da sprach Inda zu seinen Br�dern: �Was hilft es uns, wenn wir unfern Bruder umbringen? Es ist besser, da� wir ihn verkaufen, er ist doch unser Bruder." Und sie zogen ihn wieder aus der Cisterne und verkauften ihn an die israelitischen Kaufleute. Joseph weinte und flehete; aber da half nichts, die fremden M�nner nahmen ihn mit sich nach Aegypten. Die Br�der aber tunkten den Rock des Joseph in das Blut eines geschlachteten Ziegenbockes, schickten ihn so dem Vater und lie�en ihm sagen: �Diesen Rock haben wir gefunden, siehe, ob es der Nock deiues Sohnes ist." Jakob erkannte ihn sogleich und schrie vor Schmerz laut auf: �Ja, es ist der Nock meines Sohnes, ein wildes Thier hat meinen Joseph gefressen!" Er zerri� seine Kleider (das war ein Zeichen der h�chsten Trauer bei deu Israeliten) und weinte unaufh�rlich um seinen Sohn. Seine �brigen Kinder kamen, ihn zu tr�sten; aber f�r ihn war kein Trost mehr. �Ach," senfzete er, �vor Jammer werde ich bald zu meinem Sohne in's Grab hinuntersinken."
Die Jsmaeliten verkauften den Joseph an Pntiphar, einen vor-nehmen Aegyptier. Joseph diente seinen: Herrn treu und redlich, und darum war auch Gott stets mit ihm. Putiphar gewann den J�ngling sehr lieb. Einst aber wollte das b�se Weib des Putiphar ihn zu einer S�nde verf�hren. Joseph aber sprach: �Wie kann ich dieses Hebel
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ihutt und gegen meinen Gott s�ndigen!" Sie wollte ihn beim Mantel festhalten. Er aber lie� den Mantel im Stich und floh davon. Das b�se Weib verklagte ihn nun bei ihrem Manne, als habe der fremde Jungling sie zum B�sen verf�hren wollen, und damit er ihr um so eher glaubte, zeigte sie ihm den Mantel. Da ward der Herr zornig und lie� ihn augenblicklich in's Gef�ngni� werfen. Aber Gott war mit ihm und lie� ihn Gnade finden vor dein Kerkermeister. Dieser �bergab ihm die Aufsicht �ber alle Gefangenen. Unter diesen waren auch der B�cker und der Mundschenk des K�nigs. Beide hatten einst sehr be�ngstigende tr�ume. Joseph legte sie ihnen aus, und seine Auslegung traf ein. Der B�cker wurde gehenkt, der Mundschenk aber begnadigt.
Bald nachher hatte Pharao selbst, der K�nig von Aegypten, zwei Tr�ume in einer Nacht. Es hatte ihm getr�umt von sieben fetten K�hen, die von sieben mageren verschlungen, und von sieben vollen Nehren, die von sieben brandigen verzehrt w�rden. Der K�nig hielt sich eine Menge Wahrsager und Traumdeuter; jedoch diese Tr�ume konnte ihm Keiner ei kl�ren. Da erinnerte sich der Mundschenk des gefangenen Joseph und r�hmte ihn dem K�nige an. Pharao lie� ihn sogleich aus dem Gef�ug-ni� nach Hofe holen und legte ihm seine beunruhigenden Tr�ume vor. Joseph deutete die sieben fetten K�he und die sieben vollen Nehren durch sieben fruchtbare Jahre; die sieben mageren K�he und brandigen Nehren aber durch lieben unfruchtbare Jahre, welche die ersteren verzehren w�rden. Zugleich f�gte er den Rath hinzu, man m�chte in den sieben frucht-baren Jahren hinl�ngliches Korn aufbewahren, damit in den sieben un-fruchtbaren kein Mangel entst�nde.
Die Auslegung sowohl, als der Rath gefielen dem Pharao ganz vorz�glich. Den Joseph bestimmte er f�r das Gesch�ft, Korn anzukaufen und sprach: �Siehe, ich setze dich �ber ganz Aegypten, deinem Be-fehle sollen alle meine Unterthanen gehorchen." Und er steckte ihm goldene Ringe an die Finger, hing ihm eine goldene Kette um den Hals, lies; ihn in seinem zweiten Staatswagen �ffentlich nmherfahren und vor ihm her ausrufen: �Dieser ist der Landesvater!"
Was Joseph vorhergesagt hatte, ging anch in Erf�llung. Nach den e fte6en fruchtbaren Jahren trat der gro�e Kornmangel ein. Auch im Lande Kanaan war eine gro�e Thenernng. Da zogen Jakob's S�hne nach Aegypten, dort Getreide zu kaufen. Nur Benjamin, der j�ngste, blieb beim Bater. Sie kamen gl�cklich in Aegypten und bei Joseph an,
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kannten ihn aber nicht und fielen aus Ehrfurcht vor ihm auf ihr Au-gesicht nieder. Joseph kannte sie sogleich. Um sie aber zuvor zur Er-kenntni� und Besserung zu bringen, fuhr er sie hart an, schalt sie feindliche Kundschafter und lie� sie iu's Gef�ugui� werfen. Dann lie� er nenn wieder los, den zehnten aber hielt er als Gei�el zur�ck, um ihren j�ngsten Bruder Benjamin zu bringen, zum Zeichen, da� ihre Rede wahr sei.
Sie zogen ab und erz�hlten dem Vater Alles, was ihnen begegnet war. Der alte Mann jammerte und seufzete: �Ihr bringet mich noch um alle meine Kinder. Joseph ist nicht mehr, Simeon liegt in Ketten, und nun wollet ihr mir auch deu Benjamin nehmen! Nein, ich lasse ihn nicht ziehen; es k�nnte ihm ein Ungl�ck begegnen, und das w�rde mein graues Haar mit Gram unter die Erde bringen!"
Jnde� ging das Getreide wieder zur Neige. Da mu�te der Vater ihnen endlich seinen Benjamin mitgeben. �So ziehet denn hin," seufzete er, �der allm�chtige Gott sch�tze euch, ich werde unterdessen sein wie einer, der aller seiner Kinder beraubt ist."
Die Br�der Joseph's kamen mit Benjamin gl�cklich an. Sobald sie in dem Palast vor Joseph erschienen, fielen sie alle auf ihr Angesicht nieder. Joseph erblickte den kleinen Benjamin, k��te ihn und eilte wei-nend zur Th�re hinaus. Dann trat er wieder hinein und lie� das Essen auftragen. Seine Br�der mu�ten nun mit ihm speisen und kamen bei Tische nach ihrem Alter zu sitzen. Hier�ber wunderten sie sich sehr unter einander, mehr aber noch, da� heute der fremde Herr so ungemein gn�dig sei.
Joseph stellte seine Br�der noch auf eilte harte Probe. Er lie� jedem das Geld wieder in den Kornsack legen, wie dieses auch das Erstemal ge-schehen war, und in den Sack des Benjamin auch einen silbernen Becher. Und kaum waren sie abgezogen, da lie� er ihnen nachsetzen und sie als Diebe anhalten. Alle betheuerten ihre Unschuld. Sie schwuren: �Bei wem du den Becher findest, der sei des Todes, wir �brigen wollen deine Knechte sein." Die S�cke lmtrden durchsucht, und siehe, in Benjamins Sacke findet sich der Becher! Da erschraken die Br�der. Sie zerrissen ihre Kleider, luden die S�cke wieder auf die Esel und zogen zur Stadt zur�ck. Voll Best�rzung erschienen sie vor Joseph. Dieser sah sie finster an und sprach: �Warum habt ihr mir das gethan?" Und Juda nahm das Wort und sprach: �O mein Herr, was sollen wir sagen! Gott hat
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irgend elne Missethat an uns gefunden, darum begegnet uns dieses. Siehe, wir sind alle deine Knechte!" � �Das sei fernerwiederte Joseph, �nur der, welcher den Becher gestohlen hat, ist mein Knecht, ihr anderen m�get in Frieden zu eurem Vater ziehen." Da traten sie Vertrauens-voll n�her zu Joseph und stellten ihm vor, wie sehr der alte Mann den Benjamin liebe; wie er sterben w�rde vor Gram, wenn er auch diesen verl�re; wie die ganze Schuld auf sie zur�ckfallen w�rde. �Ach," seuf-zeten sie, �wie k�nnten wir hinaufziehen zu unserem Vater, wenn der Knabe nicht bei uns ist! Wie k�nnten wir den Jammer mit ansehen, den wir �ber ihn bringen w�rden!" � Da konnte Joseph sich nicht l�nger halten. �Ich bin Joseph!" rief er; �lebt mein Vater noch?" und weinte laut auf. Die Br�der erschraken. Nun fiel es ihnen schwer auf's Herz, was sie einst an ihm ver�bt hatten. Er aber redete sie freundlich an und sprach: �F�rchtet euch nicht, weil ihr mich hierher verkauft habt. Gott hat mich vor euch her gesandt in dieses Land, um euch einen Wohnsitz zu bereiten und mit allem R�thigen zu versehen. Eilet nun zuni Vater und f�hret ihn her, da� er und ihr alle hier in diesem Lande bei mir wohnet."
Unterdessen sa� der alte Vater zu Hause und wartete mit Schmerzen auf die Ankunft seiner S�hne. Da kamen sie auf einmal mit Benjamin <an, und ihr erstes Wort war: �Joseph, dein Sohn, lebt und herrscht �ber ganz Aegypten!" Der alte Mann wu�te nicht, wie ihm war, und wollte es nicht glauben. Als er aber drau�en vor der Th�re die Pracht der k�niglichen Wagen sah, lebte er pl�tzlich, wie aus einem tiefen Traume erwachend, wieder auf. �Es ist mir genug," sprach er, �da� mein Jo-seph noch lebt, ich will hin und ihn sehen, bevor ich sterbe." Und er zog mit seiner ganzen Familie dahin. Welche Freude, als sie sich wieder sahen! Der gute K�nig schenkte ihm das sch�ne meidenreiche L�ndchen Gessen oder Gosen in Unter-Aegypten, und Joseph versorgte den Vater und die Seinigen reichlich mit allem. Hier wurden Jakob's S�hne nach und nach zu einem gro�en Volke.
Zweite Periode (1500�1095), Moses und die Zeit der Richter. Die Heldenzeit.
1. Moses. � Die Menge fremden Volkes, dessen Religion und gesammte Lebensweise von der des �gyptischen Volkes so sehr abwich, machten nach und nach die Israeliten zu einem Gegenstande der Abneigung, ja des Hasses des Aegyptier und ihrer K�nige. Sie beschlossen
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daher, dieselben zu unterdr�cken. Endlich lie� sogar ein K�nig den grau-famen Befehl ergehen, alle neugebornen israelitischen Kn�blein in den Nil zu werfen. Das ganze Land ert�nte von dem Wehgeschrei jammernder V�ter und M�tter.
Es war eine fromme Mutter, die hatte ein wundersch�nes Kind. Sie verbarg es drei Monate lang, aber nun konnte sie es nicht l�nger verbergen. Und fie flocht ein K�rbchen ans Binsen, legte das Kn�blein hinein und fetzte es in den Schilf, an das Ufer des Nil. Vielleicht, dachte fie, schickt doch Gott Jemanden, der sich �ber mein Kind erbarmet. Und siehe, es kommt des K�niges Tochter daher, findet das K�rbchen mit dem weinenden Kinde und wird dessen Retterin! Sie l��t es bei sich am Hofe erziehen, und nennt es Moses, d. i. aus dem Wasser gerettet.
Der wunderbar erhaltene Knabe wuchs zum Manne heran und sah mit Entsetzen das Elend seiner Mitbr�der, der Israeliten. Und als �inst in feiner Gegenwart ein Aegyptier auf das Grausamste einen Israeliten mi�handelte, wurde der feurige Moses von pl�tzlichem Unwillen und Zorn �berw�ltigt und erschlug den Aegyptier. Nun floh er ans Aegypten �ber die Ostfpitze des arabischen Meerbusens nach Midian, wo er Jahre lang die Heerde des Hirtenf�rsten Jethro h�tete. Hier auf den stillen Triften der arabischen W�ste, im Angesichte der himmelanstrebenden Berge Horeb und Sinai, erhob sich der Geist des einsamen Fl�chtlings zu frommen Betrachtungen, W�nschen und Hoffnungen f�r die Erl�sung seines Volkes aus der harten �gyptischen Knechtschaft. Und -es erschien ihm der Gott seiner V�ter in einem brennenden Dornbusche und machte ihn stark, nach Aegypten zur�ckzukehren, um sein Volk hinaus in das Land ber Verhei�ung zu f�hren.
Aber bas Herz bes Pharao war verstockt. Erst nach zehn harten Plagen lie� er bie Israeliten ziehen. Eine rottitberbare Wolkenf�ule bei Tage und eine Feuers�ule bei Nacht leiteten den Zug. Sie kamen an das rothe Meer. Und das Meer theilte sich vor ihnen, und fie zogen trockenen Fu�es hindurch. Hinter ihnen hergeeilt kam Pharao mit einem furchtbaren Heere. Jetzt reuete es ihn, da� er sie hatte ziehen lassen. Mit Gewalt wollte er sie zur�ckf�hren. Und als er ihnen durch das getheilte Meer folgen wollte und schon in der Mitte war, da pl�tzlich schlugen die Wogen brausend zusammen, da� Ro� und Reiter untergingen. Moses aber f�hrte fein gerettetes Volk in die W�ste, welche von der Grenze Aegyptens bis gegen die Ausfl�sse des Euphrat fast
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zweihundert Stunden weit sich hinzieht. 3m Westen dieses Sandmeeres erhebt sich der Berg Sinai, von dessen Gipfel hinab Gott den Israeliten unter schrecklichem Donner und Blitz die heiligen zehn Gebote gab, die �ltesten geschriebenen Gesetze, die wir noch �brig haben. Nach diesen sollten sie handeln und zu einem besseren Volke sich heranbilden. Zur Ausbewah-rung der Gesetztafeln lie� Moses eine h�lzerne, reich mit Gold verzierte Lade machen, die den lUamen Buudeslade s�hrte. lieber derselben wurde ein prachtvolles tragbares Zelt aufgeschlagen, Stifts H�tte genannt.
Ungeachtet dieser und anderer Verordnungen, welche Gott durch Moses zur Begr�ndung der Wohlfahrt und zur Erhaltung der Macht seines auserw�hlten Volkes gab, verlie� dasselbe doch wieder seinen Herrn und siel in sch�ndliche Abg�tterei. In seiner Halsstarrigkeit und Widerspenstigkeit ging es so weit, da� nicht selten das Leben des Moses und Aaron in die �u�erste Gefahr kam. Wie h�tte ein so b�ses Volk es verdient, das sch�ne Land der Verhei�ung in Besitz zu nehmen! All' die 600,000 M�nner, welche aus Aegypten gezogen waren, nur Josua und Kaleb ausgenommen, fanden ihren Tod in der W�ste, ohne es auch nur von weitem gesehen zu haben. Moses f�hrte die Israeliten bis an die-Grenze des Landes; aber auch der Greis selbst sollte nicht dahin gelan-gen, weil er nur ein einziges Mal in seinem Vertrauen auf Gott gewankt hatte. Sein Auge erblickte zwar noch aus der Ferne die reizenden ?yluren, welche er seinem Volke so lange verhei�en hatte; aber er ging, heim zu seiuen V�tern, bevor sein Fu� das neue Vaterland betrat. Niemand wei�, wie und wo er gestorben ist. Mehr als dreitausend Jahre sind seitdem verflossen, und noch lebt sein Name weithin, wie nur weniger Sterblichen Name, in der Verehrung der V�lker fort.'
2. Einzug in Pal�stina. Die Nichter. � W�hrend der vierzig Jahre in der W�ste war ein neues und besseres Geschlecht aufgewachsen. Die-ses f�hrte I o s u e (Josua) unter mancherlei Wundern und Zeichen sie-gend nach Pal�stina. Der Jordanflu� theilte sich, und es ging trockenen Fu�es hindurch. Die Mauern der Stadt Jericho, der vornehmsten Grenz festnng des Landes, st�rzten auf deu Schall der Posaunen krachend zu-sammen. Die heidnischen Einwohner des Landes, die durch gr�uliche Verbrechen das Maa� ihrer S�nden gef�llt hatten, wurden fast g�nzlich ausgerottet. Dann vertheilte Josne das Land unter die zw�lf St�mme. Der Stamm Levi aber erhielt kein besonderes Grundeigenthum, sondern als bevorrechteter Priesterstand zerstreuete Wohnpl�tze unter den �brigen
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St�mmen und den zehnten Theil des Ertrages aller Aecker, Weinberge und Heerden. Die Leviten sollten, nicht besch�ftigt mit irdischem Erwerb, sich ganz dem Dienste Jehova's widmen. Aus ihnen wurde auch der Hohepriester gew�hlt, dessen W�rde in Aaron's Familie erblich war. Der Hohepriester war gleichsam Stellvertreter Jehova's, und seine Aus-spr�che galten als g�ttliche Gebote.
Welche Freude f�r die Israeliten, als sie nach so vielen Leiden und Widerw�rtigkeiten in der W�ste in dieses sch�ne fruchtbare Land kamen. Da bl�heten die herrlichsten Saatfelder; da hingen die Trauben schwer an den Reben herunter; da prangten die B�ume mit Feigen und Granat-�pfeln. Quellen und B�che erfrischten Berge und Th�ler. Im n�rb-liehen Theile bes Lanbes, sp�ter Galil�a genannt, erhob sich ber pr�chtige Karmel, b. i. Garten Gottes, mit seinen weinbekr�nzten Vorbergen, aus benen sich zahlreiche B�che nach allen Richtungen in bie lieblichen Th�ler ergossen. Aus ben sch�nen Fluren von Israel stieg majest�tisch der Tabor empor, auf welchem Christus verkl�rt w�rbe. Garizim ober ber Schnitterberg schm�ckte bas Lanb der Ephraimiter. Roch reizender waren die s�dlich gelegenen Balsamg�rten uud Palmw�lder von Jericho, d. i. Palmenstabt. Die Israeliten genossen bas sch�ne Lanb nach Herzens-lust unb bankten Gott, ber sie auf eine so wnnberbare Weise hineingef�hrt hatte.
Die Israeliten unter Richtern (1425�1095).� Doch diese bankbaren Gesinnungen dauerten nicht lauge. Sie verlie�en wieber bie Wege bes Herrn unb fielen in S�nden nnb Laster. Darum gab Gott sie in bie H�nbe ihrer Feinbe, ber Mibianiter, Philist�er, Ammo-niter unb ber �brigen benachbarten V�lker. In solcher Roth gingen bie Israeliten in sich, verlie�en bas s�nbhaste Leben unb fleheten zu Gott um H�lfe nnb Erbarmung. Und Gott erh�rte ihr Flehen. Er weckte ans ber Mitte bes Volkes einige helbenm�thige M�nner auf, die an ber Spitze bcr zw�lf sich vcrciucubcu St�mme bie Feinbe siegreich zur�ckschlugen. In ber Bibel werden diese Richter genannt; denn das Volk benutzte auch in Friedenszeiten ihr Ansehen und ihre Weisheit zur Entscheidung seiner Rechtsh�ndel. Sie regierten ungef�hr 330 Jahre. Es ist zum Erstaunen, welche Heldenthaten uns in jenem heiligen Buche von einzelnen derselben erz�hlt werben. So schlug Gibeon mit drei-hirnbert Manu bas Heer ber Mibianiter von hundert f�nf und drei�ig-tausend Mann, da� ihrer hundert zwanzigtausend erschlagen wurden,
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And die �brigen f�nfzehntausend erschrocken davon flohen. Fast eben so furchtbar zeigte sich I e p h t a. S i m s o n oder S a m f o n ist sogar durch seine au�erordentliche Kraft und seine staunenswerthen Heldenthaten bei uns zum Spr�chworte geworden. Durch diese und �hnliche M�nner wurde das Volk zur Zeit der h�chsten Noth siegreich gerettet, und der Glaube der V�ter und die alten Sitten wieder hergestellt.
Dritte Periode (1095�586)� Die Zeit des K�nigthums.
a. Das ungeteilte Reich unter: �etil, David, Salomo.
Der letzte Richter in Israel war Samuel. So weise und kr�ftig er selbst regiert hatte, so schlecht regierten seine S�hne, denen er im Alter das Richteramt �bertrug. Das Volk klagte laut und wandte sich an Samuel und forderte mit Ungest�m die Abstellung einer solchen Regierung. Von nun an wollte es sein, wie die �brigen V�lker; au�er Gott, seinem unsichtbaren Oberhaupte, wollte es auch ein sichtbares Oberhaupt haben. Samuel f�gte sich endlich in den Willen des Volkes und salbte nach der Eingebung Gottes im Jahre 1095 vor Chr. den tapfern J�ngling Sa�l aus dem Stamme Benjamin zum K�nige.
Sa�l (1095�1055) regierte anfangs gut und gl�cklich und wurde daher geliebt und geehrt. Die alten Feinde seines Volkes schlug er siegreich zur�ck. Allein die K�nigsw�rde machte ihn bald �berm�thig, das Kriegsgl�ck raubs�chtig. Weil er Gottes Gebote verachtete, so verwarf ihn der Herr. In Folge eines neuen Auftrages ging Samuel hinab nach Bethlehem zu Jsai und salbte dessen j�ngsten Sohn, den frommen David, im Stillen zum K�nige von Israel.
Seitdem Sa�l von Gott verworfen war, verfiel er in eine finstere Traurigkeit und Schwermuth; er hatte keine ruhige Stunde mehr. Man rieth dem ungl�cklichen K�nige, er m�chte, um sich aufzuheitern, einen geschickten Harfenspieler kommen lassen; und David wurde nach Hofe berufen. Oft schon hatte der gottselige Knabe, wenn er so einsam auf dem Felde bei feinen L�mmern fa� und rund um sich her die Werke Gottes mit herzlicher Freude betrachtete, beim Klange der Harfe sch�ne Lieder zur Ehre des Sch�pfers gesungen. Jetzt heiterte er durch das holde Saitenspiel des K�nigs d�stere Seele auf.
Jedoch bald sollte sich der Hirtenknabe durch eine entschlossene muth-
volle That den Weg zum K�nigsthrone bahnen. Gegen den m�chtigen
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Niesen Goliath, der in furchtbarer Waffenr�stung dem ganzen Israeli-tischen Volke Hohn sprach, trat k�hn der junge David auf, im leichten Hirtenrocke, seine Schleuder mit dem Steine in der Hand. Ein Schwung, und der treffende Stein streckte zum Erstaunen Aller den Niesen dahin. Jubelnd und frohlockend f�hrte das Volk seinen jungen Sieger heim. Saul, so sangen sie, hat tausend erschlagen, David aber zehntausend. Das verdro� den K�nig, und er fa�te einen Groll gegen David. Ver-gebens suchte dieser durch sein sch�nes Harfenspiel den K�nig zu erheitern und alles Mi�trauen zu entfernen; in wilden Ausbr�chen der Wuth warf dieser oft mit der Lanze nach ihm. Der grimmige K�nig hatte be-schloffen, David solle sterben, es sei, auf welche Art es wolle. Seift ganzes Heer bot er hierzu auf. Das entdeckte Jonathas, des K�nigs eigener Sohn, seinem Herzensfreunde David. Da entfloh er in die W�ste, verbarg sich bei Tage in d�stern W�ldern und schlief bei Nacht auf hartem Lager in schauerlichen H�hlen. Wiederholt hatte -er Gelegenheit, Saul umzubringen und sich so von seinem gr��ten Feinde zu befreien; allein von solchen Mordanschl�gen war seine Seele weit entfernt. Endlich machte ihm Saul durch Selbstmord Platz. Nach einer ungl�cklichen Schlacht gegen die Philist�er st�rzte er sich in sein Schwert.
David (1055�1015) verlegte seinen Sitz nach Jerusalem uud machte diese Stadt zur Hauptstadt des ganzen Landes und zum Sitze oes Heiligthumes seines Volkes. Nie haben die Israeliten eine solch gewaltige Machtstellung eingenommen, als unter diesem zweiten K�nige. Mit starker Hand zwang David die zw�lf St�mme, ihn als den gemeinschaftlichen Herrscher anzuerkennen, und als er so sein Volk geeinigt hatte, da bek�mpfte er in siegreichen Kriegen die feindlichen Nachbarv�lker. In Folge dieser Eroberungen dehnte sich David's Reich aus im N.-O. bis zum Euphrat, im S�den bis zum arabischen Meerbusen. Auch f�r die Zu-kunft sollte dieser gro�e Staat m�glichst gefestigt werden, weshalb der K�nig viele zweckm��ige Einrichtungen im Inneren traf und nach au�en durch ein gro�es stehendes Heer f�r den n�thigen Schutz sorgte. Ganz Israel ehrte und liebte daher diesen hochverdienten Herrscher, der nicht verga�, Gott f�r alle Wohlthaten die Ehre zu geben und der in jenen sch�nen Ges�ngen, welche Psalmen genannt werden, den Preis des Aller-h�chsten feierte.
David's Lieblingsgedanke im Alter war, seinem Gotte, der ihn so sichtbar im Leben besch�tzt und beschirmt hatte, einen kostbaren Tempel zu
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erbauen. Schon war der Plan hierzu fertig; die Ausf�hrung mu�te jedoch Salomo, seinem Sohne und Nachfolger, �berlassen bleiben.
Salomo (1015 � 975) vollf�hrte den Bau dieses ber�hmten Tempels auf Morea, der H�he, wo Abraham seinen Sohn hatte zum Opfer bringen wollen. Hierzu wurden die geschicktesten K�nstler aus Ph�uizien berufen. Alle W�nde waren mit Schnitz- und Laubwerk vou Cederholz, mit goldenen Palmb�umen und Blumenwerk reich verziert. Selbst der Boden des Prachttempels war mit Gold eingelegt, alle Gef��e von feinstem Gold und Elfenbein. � Au�erdem bauete er die kostbarsten Pal�ste und umzog die Stadt mit einer festen Mauer. Auch lie� er im �cmde umher manche neue Stadt bauen und befestigen.
Durch solche Pracht und Herrlichkeit, durch die bewunderungsw�r-dige Weisheit, die ihm Gott gegeben hatte, zog er Aller Augen auf sich. Nahe und entfernte K�nige und V�lker bewunderten ihn, bezeugten ihm Ehrfurcht und bra'chten ihm Geschenke. Noch nie hatte das israelitische Reich in solchem Gl�nze gestanden.
Aber dieser Glanz verblendete den Herrscher und zog sein Herz von Gott ab. Von nun an ging er mir den sinnlichen Vergn�gungen nach. Ausl�ndische Weiber, denen er mit ganzer Seele ergeben war, verf�hrten ihn im Alter sogar zur Abg�tterei. Und derselbe weise K�nig, welcher vorher den prachtvollen Gottestempel erbauet hatte, erbeutete nun auch einen G�tzentempel! Deshalb verwarf ihn Gott und k�ndigte ihm zur Strafe an, das Reich werde seinen Nachkommen entrissen werden. Nur ein Stamm sollte diesen noch bleiben, um der Verhei�ungen willen, die Gott dem David gegeben hatte.
Salomo's Herrlichkeit neigte sich seitdem immer mehr zum Unter-gange. Unruhen und Emp�rungen entstanden im Innern des Reiches, ganze L�nder rissen sich von demselben los. Da erst, am nahenden Ende des Lebens, sah er seine Thorheit ein und gestand, da� Alles nur eitel sei.
b. Die getrennten Reiche Israel und Inda.
Sein Sohn und Nachfolger war Roboam (Nehabeam). Dieser gab den alten und erfahrenen R�then kein Geh�r, sondern folgte lieber den Nachschl�gen der J�ngeren, die mit ihm aufgewachsen waren. Das Volk behandelte er hart und �berm�thig und dr�ckte es mit Abgaben. Und als dasselbe um Erleichterung bat, gab er die trotzige Antwort: �Hat mein Vater euch ein schweres Joch aufgelegt, so werde ich es euch noch
schwerer machen." Hier�ber aufgebracht, fielen sogleich zehn St�mme von ihm ab unb w�hlten sich einen eigenen K�nig, ben Jeroboam <Jerobeam). Dieses neue K�nigreich hie� bas Reich Israel. Die beiben �brigen St�mme, Jnba unb Benjamin, hielten zu Noboam unb machten bas neue K�nigreich Juba aus.
So theilte sich Abraham's Volk in zwei Theile, welche nicht wieber vereinigt w�rben. Diese Theilung geschah um bas Jahr 975 vor Chr. Jerusalem blieb bie Hauptstabt bes Reiches Juba; im Reiche Israel war es anfangs Sichern, bann Thirza unb zuletzt �amarta. Beibe Reiche waren in steter Feinbschaft. Sie f�hrten schwere Kriege mit einanber unb schw�chten sich so selbst.
Das Reich Israel hielt sich von 975 bis 722. Nach Jeroboam folgten noch achtzehn schwache K�nige. Diese sowohl, als bas Volk ergaben sich ber Abg�tterei unb versanken in ��nbe unb Laster. Hiermit schwanb alle Gl�ckseligkeit. Ilm bie K�nige unb bas Volk zu bessern, faiibte Gott von Zeit zu Zeit fromme unb weise M�nner, Propheten genannt. Jeboch ihre Bem�hungen waren au bem ausgearteten Volke verloren. H�ufige unb meistens grausame Emp�rungen schw�chten es immer mehr, bis es enblich im Jahre 722 von Salmanassar, bem K�nige von Assyrien, unterjocht w�rbe. Dieser f�hrte ben K�nig Hofea unb bie meisten Einwohner weg in entlegene Gegenben Assyriens, in bie sogenannte assyrische Gefangenschaft, unb enbete so bas Reich Israel.
Das Reich Juba bestaub von 975 bis 586 unter ein unb zwanzig K�nigen. Noboam war ber erste, Zebekias ber letzte. Im Jahre 586 ging auch bas Reich Juba zu Grunbe. In biesem Jahre zog Nebukabnezar, K�nig von Babylon, mit einem furchtbaren Heere vor Jerusalem, eroberte unb zerst�rte bie heilige �tabt, verbrannte ben erhabenen Tempel Salomes, lie� ben K�nig Zebekias Meuben unb f�hrte bie Bl�the ber Mischen Bev�lkerung in bie babylonische Gefangenschaft. Hier, auf bem Boben ihrer Unterjochet, verlebten bie Kinber Israels siebenzig Jahre ber Trauer. Hier b��ten sie ber V�ter Schulb unb ihre eigene unb bereiteten sich so zur k�nftigen Wiebererhebung vor.
Vierte Periode (58(> v. Chr. vis 70 tu Chr.). Die Israeliten unter fremder Botm��igkeit bis zu ihrer Zerstreuung.
Was Gott burch ben Munb ber Propheten hatte vorhersagen lassen, da� sie wieber aus ber Gefangenschaft w�rben befreit werben, ging unter
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Cyrus, dem K�nige von Persien, im Jahre 536 glorreich in Erf�llung.. Dieser m�chtige K�nig eroberte Babylon und erlaubte, aus die Verwen-dung des frommen, in hohem Ansehen stehenden Propheten Daniel, allen Juden, in ihr Land zur�ckzukehren. Auch Alles, was ehemals' Zum Tempel zu Jerusalem geh�rt hatte, gab er ihnen gro�m�thig zur�ck. So kehrten nun, aber nur etwa 50 000 Juden zur�ck und baueten die Stadt und den Tempel wieder auf. Die beiden Propheten Esra und Nehemias sorgten f�r die Wiederherstellung des wahren Gottesdienstes und der mosaischen Gesetze. Jetzt entstanden unter dem Volke Religions-Parteien, die sich auf das Bitterste ha�ten und befeindeten. Um aber das Ungl�ck voll zu machen, kamen auch von au�en ununterbrochene Krieges-leiden �ber sie, und wiederholt im Laufe dieser Jahrhunderte wechselten die Israeliten ihre strengen Oberherren. Den Persern, unter deren Botm��igkeit sie fast 200 Jahre gestanden, wurden sie im Jahre 332 durch Alexander den Gro�en entrissen, um gleich daraus unter das Scepter der neuen K�nigsfamilie von Aegypten zu gerathen. Nach abermals hun-dert Jahren bekam das ungl�ckliche Volk abermals neue Herren in den K�nigen von Syrien, deren Beute es seit dem Jahre 203 vor Chr. wurde. Nur einmal lebten die Israeliten nach einem r�hmlichen Freiheitskriege in ihrer alten Kraft wieder auf und zwar unter der Regierung der Maccab�er, seit 143 vor Christus. Dann aber sank das Volk wieder, durch Parteiungen geschw�cht, immer mehr und mehr. Schon um das Jahr 64 vor Chr. wurde es von den R�mern uuterworseu, die es etwa hundert Jahre lang bald durch Landpfleger, bald durch Schattenk�nig� regieren lie�en. Endlich, im Jahre 70 nach Chr., wurde Jerusalem nach einer ungl�cklichen Emp�rung gegen die r�mische Herrschaft von Titus, dem Sohne des Kaisers Vespasianus, v�llig geschleift, 79 000 Juden gefangen, eine furchtbare Menge erschlagen uud, welche �brige blieben, in alle L�nder zerstreuet.
3. Geschichte der Ph�nizier, a. Beschreibung des Landes.
N�rdlich von den Israeliten, an der bergigen K�ste des Mittel meeres, wohnte das stammverwandte Volk der Ph�nizier. In der Bibel werden sie gew�hnlich Kanaaniten genannt. Ihr L�ndchen, welches sich wie ein �Saunt am Meere hinzog, war kaum 30 Meilen lang und
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h�chstens 5 Meilen breit. Von dem �brigen Asien war es gegen Osten durch das Libanon-Gebirge geschieden, das an seinen Abh�ngen reiche Waldungen mit trefflichem Schiffbauholz schm�ckten, w�hrend die Gipfel vielfach im Schnee ergl�nzten, woher das Gebirge auch seinen Namen f�hrt, der wei� bedeutet. Der Boden des Landes selbst war steinig und wenig fruchtbar, dazu von den unterirdischen vulkanischen Kr�ften oft starken Ersch�tterungen ausgesetzt. Die Hauptansiedelungen der Bev�lkerung, Tyrus, Sidon, Berhtus, Byblus, Ar�dus, lagen daher auch nicht im Binnenlande, sondern an den K�sten des Meeres, das mit seinen Sch�tzen und reichen Eil�ndern die Ph�nizier um so mehr an-lockte, als diese mit einem regen Handelssinne ausger�stet waren und nicht davor zur�ckschreckten in der Ferne das zu suchen, was ihnen die enge, unfruchtbare und oft von Feinden bedrohete Heimath versagte.
Weil wir nun gerade bei dem �ltesten handeltreibenden und see-fahrenden Volke stehen, so wollen wir hier das Wesentliche von der Schifffahrt und dem Handel �berhaupt vorausschicken.
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Weitester Handel. � M�nzen. � Der erste Handel konnte nur darin bestehen, ba� man Waaren gegen Waaren vertauschte. Dem Einen man-gelte batb dieses, bald jenes, was ber Andere im Ueberflu� hatte, unb die-fein fehlte wieber gerade das, womit jener reichlich versehen war. Was war also ber nat�rlichste Gebanke? Sie tauschten mit einander. Diese Art Hanbel ist noch jetzt bei ben s. g. Wilden int Gebrauche. Sch�tzung bes Werthes nach bent Augenma�e bestimmt babei den Preis.
Jedoch ein derartiges Tausche� war nicht immer m�glich. Denn wie h�tte man mich immer denjenigen auffinben k�nnen, ber bas, was man ge-rabe brauchte, �berfl�ssig besa�, unb zugleich bas wieber bebnrfte, was man ihm zum Tausche anbieten konnte! Daher sahen bie Menschen sich balb in bie Notwendigkeit versetzt, �ber ein Drittes sich zu einigen, f�r bieses einen Werth festzusetzen, unb nach diesem Werthmesser ben Handel zu treiben. Nat�rlich mu�te es etwas sein, bas nicht zu h�ufig gefunden wurde, nicht zu gemein war. Man mochte anfangs St�cke von sehr kostbarem Holze, prachtvolle Muscheln, ausgesuchte Fr�chte, z. B. Datteln, hierzu gebrauchen. Dabei blieb aber das Mittel, sich auseinander zu setzen, noch immer h�chst unvollkommen. Wie leicht konnten die Muscheln zerbreche, das Holz vermodern, die Fr�chte in F�ulni� �bergehen! Sobald man aber die Metalle kennen und schmelzen gelernt hatte, war allen Unbequemlichkeiten abgeholfen. Diese, die ihrer N�tzlichkeit und Seltenheit wegen �berall ge-sch�tzt werden, bie man in kleine St�cke zertheilen kann, bereit jebes wieder seinen Werth hat, bie wegen ihrer H�rte von langer Dauer siitb unb leicht von einem Orte zum anbeten geschafft werden k�nnen; diese waren zu einem
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allgemeinen Werthmesser ganz geeignet. Anfangs wog man das Metall und gab es in gr��eren oder kleineren St�cken gegen das hin, was man kaufen wollte. So tragen noch wohl jetzt Kanflente in China d�nne Silber-platten bei sich, von denen sie bei Handelsgesch�ften mit einer Scheere das f�r die erkaufte Waare erforderliche St�ck Silber abschneiden. Sp�terhin wurde in das Metall ein Zeichen gegraben oder gestempelt, wie viel es an Werth betrage, und noch sp�ter gepr�gt, mit der Bestimmung, was es im Handel und Berkehr mit einander gelten solle. Deshalb hei�t es bei uns Geld. � Nat�rlich mu�te bei den Ph�niziern, als dem vorz�glich-ste� Handelsvolke der alten Welt, dieser neue, weit bequemere Werthmesser sehr sr�h in Gebrauch kommen. Sie sind auch gewi� unter den ersten gewesen, welche M�nzen gepr�gt haben.
Jetzt hatte man ein Mittel in H�nden, den Handel, welchen man an-sangs nur mit seinen Nachbarn getrieben hatte, auch in entfernte L�nder zn bringen und mit Menschen, bei denen man nichts austauschen konnte, in Handelsverbindungen zu treten. Weit ging der Handel freilich im Ans�nge nicht. Die Erde war den Reisenden unbekannt, und da noch wenig f�r Sicherheit gesorgt war, und man oft durch L�nder wilder, r�uberischer V�lker ziehen mu�te, so konnten die Handelsreisen nur in gro�en Gesellschaften, Karavanen*) genannt, unternommen werden. Noch jetzt ziehen in einigen Gegenden Asiens und Afrikas solche Karavanen umher. Sie haben oft mehr als tausend Kameele bei sich, welche das Gep�ck und die Waareit tragen und welche einzeln hintereinander gehen, so da� ein solcher Zug bisweilen eine Meile laug ist. Der Hitze wegen reisen sie meistens bei Nacht; der gestirnte Himmel ist ihr Wegweiser durch die W�ste.
So f�hrten allm�hlich selbst die entferntesten L�nder sich gegenseitig die Erzeugnisse ihres Bodens zu. V�lker, die seit den �ltesten Zeiten getrennt gewesen waren, n�herten sich jetzt br�derlich wieder einander und Heilten sich ihre Erfindungen mit; rauhe Gegenden wurden geebnet, Stra�en augelegt, Herbergen errichtet. Br�cken �ber die Flusse geschlagen, um dem fremden Kaufmaune den Zuzug so leicht als m�glich zu machen. In den St�dten selbst suchten ihn die Bewohner f�r die Beschwerden der weiten Reise durch manche f�r Bequemlichkeit und Vergn�gen getroffene Vorkehrnn-gen aufzuheitern und so den Unternehmungsgeist immer mehr zu beleben.
Entstehung der Jahrm�rkte. � Um eines gro�en Absatzes der Waa-ren sicher zu sein, merkten sich die Kanflente die'besonderen Zeiten, waun die Menschen in erheblicher Anzahl an einem und demselben Orte zusammen zu kommen pflegten. Das geschah in der Regel an hohen Festen, an welchen weit und breit die Volksmenge zu den Tempeln str�mte, dort zn beten und zn opfern. Woher nun der Hauptzug des Volkes seine Richtung nach den Tempeln nahm, da stand bis zum Eing�nge hin Bude au Bude, mit den verschiedenartigsten und buntesten Waarcu augef�llt, da� es eine Freude
*) Von dem persischen Worte fewan, karavan, welches Handelsgesellschaft bedeutet.
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war, sie anzusehen. Sogar in den Borh�fen der Tempel standen oft die Kaufleute aus. Wir lesen in den hl. Evangelien, da� Christus einst aus dem Tempel des Salomo die K�ufer und Verk�ufer vertrieben hat. � Anch uusere gro�en M�rkte oder Messen nahmen bei Kirchen und Kl�stern, wo das Volk zur Beiwohnung der heiligen Messe zahlreich sich versammelte, ihren Ursprung. Von einer solchen feierlichen Messe bekamen die damit verbundenen M�rkte selbst den Namen Kirchmessen, oder Messen �ber-Haupt. Auch ber Name Senb , nieberbeutsch Syub, weiset hierauf hin. Dieser ist abzuleiten von dem Worte Syn�dus, d. i. Zusammenkunft. Es pflegte n�mlich das eine oder das andere Mal im Jahre die Geistlichkeit eines Kreises sich in der Stadt zu versammeln, um kirchliche Angelegen-heiten zu beratheu. Die hiermit verbundenen Feste und Feierlichkeiten zogen viele Fremde her�ber; und sogleich fand sich auch wieder der Kaus-mann ein und stellte seine Waare vor der vor�berwandernden Menge aus.
Nicht anders war es in den �ltesten Zeiten. Die vielen und Pracht-vollen Feste der heidnischen G�tter gaben zu solchen Zusammenk�nften h�ufige Veranlassung. Dahin zogen dann Karavauen mit schwer beladeneu Kameelen. Auf bat M�rkten wimmelte es vou Menschen aus allen Gegenden, in bett sonberbarsten Trachten, von ben verschiedensten Sprachen. Vor allen aber sah man bie ph�nizischen Kaufleute. Was biese uoch so eben iu dem einen Lande eingetauscht hatten, das wurde sogleich wieder in dem andern mit gro�em Gewinne gegen die Erzeugnisse dieses Landes umgetauscht, und auch diese wieder mit immer neuem Gewinne in einem dritten, vierten Lande verhandelt. Aus dem benachbarten Arabien holten sie die wohlriechenden Spezereien, die bei jeder gottesbienstlichen Feier auf ben Alt�ren angez�nbet wurden, ferner bie dahin gelangenben Erzeugnisse Aethiopiens unb Jnbiens, Ebenholz, Golb und Edelsteine; aus Armenien Eisen, Stahl unb Pferbe; von Osten her, aus Babylon unb Persien, allerlei Putzwaareu; von S�beu, aus Aegypten, bie baumwollenen Zeuge. Iu bei- Folge hatten die Ph�nizier sogar ein ganzes Viertheil der Hauptstadt Memphis zum Be-Hufe ihres Handels inne. Aus dem fruchtbaren Pal�stina holten sie vor-z�glich Getreide, Oel und Wein. So erstreckte sich ihr Landhandel nach allen drei Richtungen hin, nach Norden, S�den und Osten. Selbst die ent-'ferntesten V�lker Asiens, wie die Inder, f�hrten ihnen durch Karavauen die Erzeugnisse ihres Landes zu.
Erfindung und Vervollkommnung der Schifffahrt. � Ein solcher Handel jedoch, so ausgebreitet und segensreich er auch war, durch die Schifffahrt erst bekam er seine Ausbildung unb Vervollkommnung. Schon recht fr�h m�gen bie Menschen ans biese n�tzliche Erfiubung gekommen sein. Die Roth gab auch hierzu bie n�chste Veranlassung. Die Bewohner bes unfruchtbaren Meeresstraubes, bie sich vom Fischfang ern�hrten, sahen balb niit Entsetzen, wie die Fische, ihre einzige Nahrung, immer mehr vom Ufer weg iu bie hohe See zur�ckwichen. Dort ihnen beizukommeu, schien uum�g-tich; ttnb sie geriethen in bie h�chste Noch. Mit Sehnsucht blickten sie hin-�ber nach ber sch�nen gr�nen Insel, bie vor ihnen im Meere lag unb aller-
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Xei Gen�sse versprach. Thiere sah man vom Strande muthig hin�ber-schwimmen nach der reizenden Insel. Der Mensch versuchte zu schwimmen wie sie; aber der Weg war zu weit. Und konnte er auch die Insel erreichen, wie h�tte er zur�ckschwimmend Lebensmittel mit hiu�berschasseu k�nnen f�r Weib und Kind?
Und siehe! � auf dem Meere schwimmt ein Baumstamm. Scharen von V�geln setzen sich darauf, schiffeu wie t�chtige Seeleute daher und singen ein fr�hliches Liedchen znnl Abschied. Da tr�gt der erfindungsreiche Mensch Baumst�mme zusammen, verbindet sie durch Weidenruthen, bedeckt sie mit Thierfellen und bringt das erste Flo� auf die See. Nicht ohne Angst besteigt er das neue Fahrzeug und schiebt es mit einem langen Stabe vorsichtig weiter oder rudert langsam vorw�rts, wenn der Stab den Meeresgrund nicht mehr erreichen kann. Andere setzen sich rittlings auf einen Baum . und reiten, sich voranschiebend, durch das Meer dahin; noch andere h�hlen ihn zuvor durch Feuer aus und setzen sich in den weiten Bauch des Holzes. Das erste Wagst�ck gelingt. Man durchschneidet gl�cklich die ruhige Was-serfl�che und betritt hier die sch�ne Insel, dort an den Fl�ssen das jenseitige fruchtbare Ufer. Die M�he, die Angst ist hinl�nglich belohnt. Reich beladen kehren sie zur�ck. Alles am Gestade jubelt den Kommenden entgegen. Der erste gl�ckliche Versuch erh�het den Mnth, weckt die Theilnahme An-derer und bringt eine Verbesserung nach der anderen an dem Fahrzeuge hervor. Der Fisch, als bester Schwimmer, konnte hierbei zum Muster dienen. Das Vorder- und Hintertheil spitzte man zu, damit es leichter die Wasserfl�che durchschneide. Statt der Flo�federn band man Schaufeln als Ruder zur Seite, durch welche das Schiff weitergetrieben wurde, statt des Schweifes heftete man ein Steuerruder an deu hintern Theil desselben und vermochte so durch einen Druck nach rechts oder links die Richtung beliebig zu �ndern. Um das �berschlagen des Wassers zu verhindern, befestigte man an den Seiten dicht haltende B�ume, in der Folge Bretter. Sp�ter kamen auch uoch Segel hinzu. Zuf�llig mochte einer sein na� gewordenes-Kleid aus dem Schiffe au St�beu auseinander h�ngen, um es au der Sonne zu trocknen; und der Wind blies dagegen und beschleunigte die Fahrt.. Hierdurch aufmerksam gemacht, suchte man dnrch ausgespannte Thierfelle, durch Matten, aus Binsen geflochten, endlich anch durch ein lauges Tuch den Wind sich zu Nutzen zu machen. Aber wie viele ungl�ckliche Versuche m�gen vorangegangen sein, um die Fahrt auf dem gefahrvollen Meere zu sichern! Von dem ersten Nachen, dem man sich anvertraute, bis zum gro�en Kriegsschiffe neuerer Zeit, � welch' ein Riesenschritt des erfindungsreichen Menschen! Mit mehr als hundert Kanonen, mit tausend Menschen besetzt, fliegt dieses, Wiud und Wetter trotzend, mit wehenden Flaggen und Wim-peln pfeilschnell �ber's Meer. Eiu einziger Druck der Hand des kundigen Steuermannes wirft es in einem Nu hierhin und dorthin. Die fremden V�lker, die es zum erstenmale sahen, glaubten, eine gro�e Stadt komme an ihre K�ste geschwommen; und die ragenden Masten erschienen wie Th�rme. Andere warfen sich voll Ehrfurcht vor demselben nieder und verehrten es
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als ein h�heres Wesen, als eine Gottheit! Als die Wilden an der K�ste von Neuholland das erste Dampfschiff ankommen sahen, geriethen sie vor Schrecken fast au�er sich. Sie hielten es f�r ein gro�es Seeungeheuer, das aus seinem hochemporgestreckten weiten Rachen einen dicken schwarzen Hauch, wie eine Rauchwolke aussto�e, die weithin den Himmel verdunkelte, und sie flohen voll Entsetzen vom Strande.
Mit ihren ersten Fahrzeugen wagten sich die Menschen freilich noch nicht auf die offene See. Sie hielten sich vielmehr vorsichtig am User und schwammen von einer K�ste zur anderen, oder wagten sich doch nur so weit auf's Meer, da� fie immer die K�ste im Auge behielten, aus Furcht, das Land nicht wieder finden zu k�nnen. F�r den m�glichen Fall, da� ein Pl�tz-lichcr Sturm das Schiff aus dem Angesichte des festen Landes verschlage,' nahmen sie wohl B�gel ans ihrem Lande mit sich auf's Schiff. Diese lie�en sie alsdann fliegen und folgten der Richtung ihres Fluges. Sie setzten n�mlich voraus, da� sie aus nat�rlichem Triebe ihrem Vaterlande wieder zufliegen w�rden. Nur bei hellem Tage wurde geschifft. Denn wie leicht h�tte in finsterer Nacht auf dem bremsenden Meere das Schiff auf Klippen, auf Sandb�nke gerathen k�nnen.
Die Ph�nizier waren die ersten, welche die Schifffahrt auch auf offener See bei Nacht sowohl als bei Tage wagten. Die prachtvollen Zedern des Libanon gaben ihnen das n�thige Holz zum Baue der Schisse. Sie hatten deren zwei Arten: lange und runde. Die ersteren waren schmal und zu-gespitzt und f�hrten deu Namen Argo, d.i. Schnellsegler. Sie wurden vorz�glich zum Kriege gebraucht. Die anderen hie�en Gaul o i, runde, weil sie f�r die Ladung der Waareu einen weiten Bauch und platten Boden hatten. Diese waren Kauffahrteischiffe und gingen nur langsam.
Mit solchen Schiffen wagten sich die Ph�nizier k�hn hinaus aus das vor ihnen liegende mittell�ndische Meer. Bei Tage diente ihnen der Stand der Sonne, bei Nacht der gestirnte Himmel zum Wegweiser. Unter dem zahllosen Heere ber Sterne, die �ber uns am Firmameute leuchten, zeichnen sich einige burch ihren Glanz ans und behalten fast immer denselben Platz, ohne jemals unterzugehen. Diese Sterne und die unter denselben nach jener Richtung hin liegenden L�nder merkte man sich zuvor und fand sich dann auf dem Meere leicht wieder zurecht.
Wie aber, wenn die Witterung tr�be, der Himmel umw�lkt war? Dann hielt sich auch der Ph�nizier vorsichtig an seinen K�sten. Denn aus das offene Meer zu schiffen, wagte man nicht eher, als bis man die Magnet-nadel kannte. Diese hat n�mlich die wunderbare Eigenschaft, mit ihrer Spitze immer nach Norden zu zeigen. Daher wissen die Schiffer bei Tage und bei Nacht die vier Himmelsgegenden zu unterscheiden und zu bestimmen, wohin sie fahren m�ssen. Sehr sp�t mag man wohl auf diese n�tzliche Erfindung gekommen sein. Denn wer h�tte auch denken sollen, da� ein St�ckchen schwarzes Eisen besser Bescheid am Himmel wisse, als der Mensch, und da� man, mit demselben versehen, k�hn sich hinauswagen d�rfe auf alle
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auch noch so unbekannten Meere! Die Europ�er lernten sie zuerst um das Jahr 1100 von den Arabern kennen, als sie hinaufzogen nach dem gelobten Lande, das heilige Grab von den T�rken zu befreien. In allge-meinen Gebrauch aber kam sie erst um das Jahr 1300, als sie von den seefahrenden Venetianern vervollkommnet war. Da erst stiegen Handel und Schifffahrt zu einer nie gesehenen Hohe, kein Meer blieb unbefahren, neue Welttheile sogar wurden entdeckt.
d. Seefahrten der Ph�nizier; ihre Kolonien.
Die ersten noch d�rftigen Kenntnisse des Seewesens erlaubten des-halb noch keine ununterbrochenen Fahrten in weit entfernte Gegenden. Es war vielmehr n�thig, h�ufige Ruhepl�tze zu w�hlen, um das Schiff auszubessern, die Waaren sicher niederzulegen, vor allem aber, um in der neuen Gegend den Handel zu erhalten und von dort aus weiter zu verbreiten. Eine solche Niederlassung in einem fremden Lande nennt man eine Kolonie. Der erste Landungsort der Ph�nizier war wohl die nahe liegende Insel Cypem, wo sie sehr fr�h Kupfer entdeckten. Unser Kupfer f�hrt noch von dieser Insel Cyprus seinen Namen. Dann segelten sie nach Kreta, dem heutigen Kandia, welches von hohen Kreidefelsen durchzogen ist. Daher das lateinische Wort creta, das deutsche Kreide. Von hier segelten sie das �g�ische Meer hinauf, von den griechischen K�sten und Inseln nach den kleinasiatischen K�sten uud gr�ndeten verschiedene Kolonien. Als aber die Griechen selbst ein seefahrendes nnd m�chtiges Volk wurden, wandte sich der ph�nizische Handel nach der nordafrikanischen K�ste. Hier, wo jetzt Tunis, Algier und Tripolis liegen, gr�ndeten sie viele St�dte, unter anderen Uttfa, Adrumctum, Hippo, Tunis, Gro�- und Klein-Leptis und, die wichtigste von allen, Karthago. Diesen gegen�ber legten sie auch auf den Inseln Sicilien und Sardinien Kolonien an.
Aber am wichtigsten war ihr Handel nach Spanien. Wohl mochten sie staunen, als sie zum erstenmal den Boden dieses Landes betraten. Hier lagen, so hei�t es, Gold, Silber und andere Metalle fast am Tage, und ganze Massen hiervon schleppten sie auf ihre Schisse. Ger�the aus Stein ober Eisen wurden nun zur�ckgelassen und mit goldenen oder silbernen vertauscht. Sogar ihre h�lzernen mit Blei gef�llten Anker wurden mit Gold und Silber gef�llt. � Die alten Einwohner des Lan des, die ben Werth biefer kostbaren Metalle nicht kannten, nmnberteu sich
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hoch auf, als sie die fremden M�nner so gierig darnach greifen sahen., Sie trugen ihnen genug entgegen und tauschten sich daf�r allerlei bunte Kleinigkeiten ein. Die Ph�nizier lie�en es sich in diesem Goldlande guter Dinge sein und durchstreiften es von einem Ende zum anderen. Das-s�dwestliche Spanien, in welchem das meiste Gold und Silber gefunden wurde, nannten sie T a r s i s oder T a r t e s s u s. Hier war der Hauptsitz ihrer Kolonien; hier gr�ndeten sie unter andern Kalpe, Carteja, Gades (Kadi x), M�ln ga (Malaga) und Hisp�lis (Sevilla). Selbst deni Lande sollen sie einen andern Namen gegeben haben. Fr�-her hie� esIber? a, von dem Flusse Jberus, dem jetzigen Ebro. Sie aber sollen es Spania, d. i. Kaninchenland, genannt haben; denn Span bedeutet in ihrer Sprache Kaninchen. Es ging n�mlich die Sage, diese Thierchen h�tten so emsig dort gew�hlt, da� ganze H�user davon ein-st�rzten. Aber die Ph�nizier m�gen wohl selbst diese Kaninchen gewesen sein. Denn als mit der Zeit Gold und Silber von der Oberfl�che verschwanden, legten sie Bergwerke an, und manches Haus mag da wohl wegen des locker gewordenen Bodens zusammengest�rzt sein.
Lange hatte man die S�ulen des Herkules (die Felsen, wo jetzt Gibraltar uud Ceut�. liegen) f�r die Grenze der Erde im Westen gehalten. Auch �ber diese hinaus hatten sich die Ph�nizier k�hn auf den gro�en, noch nie befahrenen atlantischen Ocean gewagt. Von der auf einer niedrigen Felshalbinsel gegr�ndeten Stadt Gades setzten sie ihren Handel weiter nach Norden fort. Diesen Handel aber trieben sie sehr geheimni�voll, um im alleinigen Besitz desselben zu bleiben. Sie verbrei-teten das abschreckende Ger�cht: sobald man jettfeit der S�ulen des Herkules komme, werde das Meer so dick wie Gallerte; durch das schlant-mige, mit stechendem Rohre dicht durchwachsene Wasser k�nne das Schiff nicht fortkommen; grausige Seeungeheuer hausten umher; kurz, hier drohe alles Tod und Verderben. Und als desnngeachtet einst ein ph�ni-zischer, des Weges kundiger Schiffer sah, wie ihm ein r�misches Schiff nachfolgte, trieb er absichtlich sein Schiff sammt dein nachsegelnden auf eine Sandbank, wo sie beide scheiterten. Der Ph�nizier wu�te sich zu retten und wurde f�r seine gro�herzige That ans dem �ffentlichen Schatze zu Gades reichlich beschenkt.
Auf ihrer weiteren Fahrt nach Norden entdeckten sie Inseln, auf welchen sie das sch�nste Zinn fanden. Sie nannten sie deshalb Zinninseln. Es waren die Scilly- ober Sorlings-Jnseln an der S�dwest-
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jpi&e Britanniens. Von hier gelangten die k�hnen Segler an die britische K�ste selbst, wo sie ebenfalls Zinn fanden. Von der jenseitigen K�ste der Ostsee, aus dem jetzigen Preu�en, erhielten sie auch den B ernst ein, sei es, da� die Ph�nizier selbst dorthin kanten und ihn eintauschten, oder da� sie ihn von Bewohnern der Ostsee durch Zwischenhandel gewannen. Letzteres ist wohl das Wahrscheinlichere. Dieser Bernstein (Brennstein), Elektron genannt, wurde damals der Seltenheit wegen dem Golde gleich-gesch�tzt. Die Ph�nizier verarbeiteten ihn zu Halsketten, Armb�ndern und andern Schmucksachen. So durchkreuzten ihre Schiffe die Meere nach allen Richtungen und kehrten reichbeladen zur�ck.
c. Erfindungen der Ph�nizier.
Die Handelsgegenst�nde ber Ph�nizier bestanden aber nicht blos in fremden Waaren, die sie zusammenholten und umsetzten; in ihren St�dten selbst herrschte ber gr��te unb lebhafteste Gewerbflei�. Unter ihren Fabriken stanb bic F�rberei, besonbers in Purpur, oben an. Sic selbst waren bie Erfinbcr bes Purpurs. Ein Sch�ferhunb, so geht bie Sage, hatte am Mccrcsstranbc nahe bei ber Stabt Tyrus Purpur* schnecken zerbissen unb kam mit hochrother Schnauze zu seinem Herrn zur�ck. Dieser meinte, sein Hund sei verwundet, und wischte ihm mit Wolle das vermeintliche Blut ab. Zu seinem Erstaunen fand er nicht die geringste Verwundung, die Wolle aber sch�n und gl�nzend roth gef�rbt. Neugierig folgte er ber Spur seines Hundes unb entbeefte nun, da� bie vom Meere an die tyrische K�ste ausgeworfenen Schnecken einen solchen rothf�rbenden Saft enthielten. � Dieser lyrische Purpur, besonbers der hochrothe und violette, w�rbe in Kurzem so ber�hmt, ba� er f�r bie gr��te Kostbarkeit galt, mit welcher sich nur K�nige unb bie reichsten Leute schm�cken konnten. So lesen wir beim Evangelisten Lukas, wo von bem reichen Manne bic Nebe ist: �Es war ein reicher Mann, ber kleibete sich in Purpur." � Unb weil bie F�rbimg bei den Ph�niziern burchgehenbs in Wolle geschah, so mu�te bie Weberei mit ber F�rberei in enget Verbinbnng stehen.*)
Ebenso soll sie ber Zufall auf bie Ersinbung bes Glases gef�hrt haben. Schiffer wollten sich am Ufer eine Mahlzeit bereiten. Unb als es ihnen an Steinen zu einem Herbe fehlte, nahmen sie St�cke Salpeter
*) Jetzt ist die kostbarste rothe Farbe die Scharlach f�rbe, welche aus einer Schildlaus, der Cochenille, gewonnen wird.
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aus ihrer Schiffsladung und setzten ihre T�pfe darauf. Der Salpeter schmolz im Feuer, vermischte sich mit dem Sande und der Asche und bildete zum Erstaunen der Schiffer einen gl�nzenden Strom, der, kalt geworden, das sch�ne durchsichtige Glas gab. Anfangs wurde es nur zum Putze gebraucht und den Edelsteinen gleich gesch�tzt. Die Ph�nizier wu�ten hieraus allerlei blinkende Kleinigkeiten zu verfertigen, die sie bei fremden V�lkern sehr theuer verkauften. Doch hat das Glas im Alter-thum keineswegs die Bedeutung gehabt wie in unseren Tagen, da man sich ehedem keiner Glasfenster bediente und zu Trinkgef��en meistens Becher oder Schalen aus Metall und Thon gebrauchte. Spiegel hatte man auch wohl, aber nicht von Glas, sondern von geschliffenem Metalle.'� Wie viele andere Erfindungen m�gen von diesem gemerblnstigen, betriebsamen V�lkchen ausgegangen oder doch vervollkommnet und weiter verbreitet sein! Die Rechenkunst wird noch ausdr�cklich als ihre Erfindung angegeben; der Handel mu�te nothwendig auf dieselbe f�hren, auch die Buchstabenschrift soll zuerst bei ihnen aufgekommen sein. Wie sehr sie in der Baukunst erfahren waren, beweiset auch der prachtvolle Tempel in Jerusalem, welchen Salomo durch ph�nizische K�nstler ausf�hren lie�, die ihm von dem K�nige Hiram zugesendet waren.
d. BUithe Ph�niziens. � Untergang desselben.
Durch einen so ausgebreiteten Handel und Verkehr �ber alle L�nder und Meere hin waren die Ph�nizier nach und nach das reichste und angesehenste Volk geworden. �Ihre Kaufleute," sagt der Prophet Jsaias, �find F�rsten, ihre Kr�mer die Herrlichsten im Lande." Das fr�her so arme L�ndchen glich nunmehr einem sch�nen Lustgarten. Allemal nach wenigen Stunden lag eine gl�nzende Stadt mit fortlaufenden Meiereien bis zu der folgenden. Jede Stadt mit ihrem Gebiete machte einen be-sonderen Staat ans, und die f�nf gr��eren, Sidon, Tyrns, Ar�dus, Berytns (jetzt Beirut) und Byblus, eben so viele erbliche K�nigreiche. Die drei ersteren bildeten zusammen einen Bundesstaat, der seine Be-rathungen hielt in einer von ihnen gemeinschaftlich angelegten Stadt. Diese erhielt deshalb auch den Namen Tripolis, d. i. Dreistadt. Sidon war anfangs das Bundeshaupt. Sie war �berhaupt unter den zahlreichen St�dten des Landes die �lteste. Schon den Patriarchen war sie als eine gro�e Stadt bekannt; in dem Segen des Jakob wird sie deutlich erw�hnt. Ber�hmter, als sie, ja die ber�hmteste Handelstadt der Welt
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wurde nachher Tyrus, eine Pflanzstadt der �idonier, deshalb auch Tochter Sidons genannt. Znr Zeit David's stand Tyrus unter feinem K�nige Hiram auf dem Gipfel seiner Macht. � Und welches Leben in allen St�dten, an allen K�sten! Da flatterten die Segel, da schnurrten die R�der, da pochten die H�mmer; Alles lebte, Alles webte, Alles han-delte, St�dte und Ufer wimmelten von gesch�ftigen Menschen. Man konnte Ph�nizien als den Markt der ganzen damals bekannten Welt ansehen. Denn Alles, was damals die Menschen zur Nothdurft sowohl, als zur Bequemlichkeit und zum Vergn�gen gebrauchten, kam fast allein aus der Hand der Ph�nizier. Von ihnen mochte wohl der Prophet Js�ias voll Verwunderung sagen: �Wer sind die, welche fliegen, wie die Wolken, und wie die Tauben zu ihren Fenstern!"
edjade um dieses emsige, friedliche V�lkchen, da� sein ungemeiner Wohlstand die Habsucht und Eroberungslust der benachbarten kriege-Tischen V�lker reizen mu�te! Sein naher Untergang ward ihm von den Propheten Hesekiel und Jsaias vorhergesagt: �Klaget ihr Schiffe von Tarsis! Daheim ist Verheerung! � Auf's Meer streckt Gott den Arm, und Reiche beben! Verderben trifft, Gott will es, Ph�niziens St�dte. Du, beraubtes Sidon, jauchzest nicht mehr! Klaget ihr Tarsis^ schiffe; eure Feste, Tyrus, wird zerst�rt." � Es war um das Jahr 600 vor Chr., als Nebukadnezar mit gro�er Heeresmacht hereinbrach. Sidon eroberte er leicht, Tyrus aber mu�te er dreizehn Jahre lang belagern; so hartn�ckig wehrten sich die Einwohner. Und als er es endlich erobert hatte, fand er doch nur eine menschenleere Stadt. Denn die Einwohner hatten sich mit all' ihrer Habe auf eine benachbarte Insel gefl�chtet und dort wieder angebaut. Hier erhob sich bald ein neues Tyrus mit der Pracht der alten Landstadt und wurde statt dieser der Hauptsitz des Welt-Handels. Das blieb es, bis 300 Jahre sp�ter, im Jahre 332 vor Chr., der Welteroberer Alexander der Gro�e, K�nig von Macedonien, kam. Dieser eroberte, nach verzweiflungsvoller Gegenwehr der Belagerten, zuletzt vermittelst eines aufgeworfenen Dammes die Stadt. Voll Wuth lie� er sechstausend Einwohner niedermetzeln, zweitausend l�ngs dem Ufer an's Kreuz nageln und drei�igtausend als Sklaven verkaufen. Die Stadt selbst verwandelte er in einen grausenvollen Schutthaufen. Er lie� sie zwar nachher wieder aufbauen, aber die uralte Pracht und Herrlichkeit war auf immer dahin. Denn er gr�ndete noch in demselben Jahre eine Stadt in Aegypten, unfern der westlichen M�ndung des Nil,
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die nach seinem Namen Alexandria genannt wurde. Dahin zog sich von nun an der Welthandel. Seit dem Falle von Tyrus ist das ph�nizische K�stenland durch fortgehende Versandungen zu einer wahren Sandw�ste geworden, und �rmliche Fischerh�tten stehen jetzt dort, wo fr�her die volkreichsten St�dte bl�heten.
4. Geschichte der Aegyptier.
it. Beschreibung des Landes.
Aegypten liegt in dem nord�stlichen Theile von Afrika. Es ist im Norden vom mittell�ndischen Meere, im Osten von Arabien und dein rothen Meere, im S�den von Aethiopien, im Westen von Libyen be-grenzt. Seiner ganzeil L�nge nach wird es vom Nil durchschnitten. Dieser m�chtige Strom entsteht aus dem Zusammenflusse des blauen und wei�en Nil, dessen Hauptwassermassen aus deu gro�en Seebecken S�dafrikas kommen. Bei Syene tritt der Flu� in Aegypten ein und durchzieht fast 10O Meilen weit die Thalebene, welche zwei, h�chstens drei Meilen breit ist. Zu beiden Seiten des Niles ziehen sich, schon aus Aethiopien her�berkommend, zwei parallele Bergketten weit gegen Nor-den hinab, die das schmale Flu�thal einschlie�en. Erst in einer Entfer nung von ungef�hr 20 Meilen vom Mittelmeere gehen sie weiter aus-einander und verflachen sich allm�hlich in eine Ebene, in welcher sich der Nil in zwei Hauptarme theilt. Am Ausflusse des westlichen Armes lag Can�pus, eint Ausflusse des �stlichen Pelusmm; jetzt m�nden die beiden Hauptnilarme n�her bei einander, bei Nosette der eine, der andere bei Damiette. Beide St�dte liegen ungef�hr 50 Stunden auseinander. Das Land zwischen diesen beiden Nilarmen bildet ein gro�es Dreieck, welches wegen seiner Aehnlichkeit mit dem griechischen Buchstaben Delta, /tf selbst Delta genannt wurde.
Der Nil ist der gr��te Wohlth�ter dieses Landes. In dem engen, rechts und links von �den W�sten und Bergeu eingeschlossenen Thale ern�hrt er an seinen beiden Ufern eine gro�e Bev�lkerung ganz allein und ern�hrt sie reichlich. Der Regen ist in Aegypten eine Seltenheit, und ohne die segenvollen Flutheu des Nil w�rde auch hier alles eine �de W�ste sein.
Wel tci-'s Wcltgesch. I. A4. Aufl. 4
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In der Zeit, wo alle anderen Fl�sse das meiste Wasser haben, von Dezember bis April, flie�t er mit einer m��igen Wassermenge ruhig und langsam in seinem Bette daher. Sobald aber im April in der hei�en Zone, in welcher die Nilquellen sind, die Regenzeit beginnt, f�ngt er an zu steigen und steigt immer h�her und h�her. Im August tritt er end-lich aus seinen Ufern und �berschwemmt die ganze Thalfl�che sammt dem Delta. Bis zum Oktober gleicht dann Aegypten einem gro�en See, aus welchem die St�dte wie Inseln hervorragen, und auf welchem die Menschen zu Tausenden in Schiffen und Booten vergn�gt umherschwim-men. Freude und Gl�ckseligkeit herrscht dann im Lande umher; nie wurden in heidnischer Zeit den G�ttern so viele und so kostbare Opfer gebracht. Denn wo er gestanden hat, l��t er einen fetten Schlamm zur�ck, und der Same, welcher in den so bew�sserten und ged�ngten Boden aus-gestreuet wird, lohnt hier reichhaltiger, als in anderen L�ndern bei dem sorgsamsten Ackerbau. Im Dezember steht das Getreide schon hoch, und der Flachs bl�het; im Januar schl�gt der Weinstock ans, im Februar bl�hen die Orangen, im M�rz beginnet und im April endet die Ernte, im Juni gibt es schon reife Trauben. Mit seinem Ueberflusse konnte Aegypten in alten Zeiten ganze L�nder versorgen. Die S�hne Jakob's holten dorther ihr Getreide, und noch jetzt versorgt es Constantinopel mit dem-selben, so wie es fr�her die Kornkanlmer Roms gewesen war. Wegen solcher Fruchtbarkeit waren die beiderseitigen Ufer des Flusses der L�nge nach mit D�rfern und St�dten wie �bers�et. Zu den entfernteren An-wohnern des Nil wurde das befruchtende Wasser desselben durch k�nstliche Kan�le hingeleitet. Unter diesen ist der ber�hmteste der f�nfundvierzig Meilen lange Josephskanal, der westlich l�ngs der libyschen Bergkette l�uft, mit dem See M�ris in Verbindung steht und bei Rosette in den Nilarm m�ndet. Der See M�ris soll noch besonders dazu ausgegraben worden sein, um das �berfl�ssige Wasser des Nil in sich aufzunehmen. In trockenen Jahrg�ngen wurden die Fluthen des Stromes aus dem-selben erg�nzt. So wurde das sandige Thal aus einer W�stenei zur ersten Kornkammer der Erde; schon das Alterthum nannte Aegypten �ein Geschenk des Niles".
Eintheilung desLandes. � Nach dem Laufe des Flusses wurde das alte Aegypten in drei Theile getheilt.
1) Obe r-Aegypten oder Thebais, welches sich von der Stadt Syene bis Chemnis erstreckt. Nahe bei Syene sind die ber�hmten Ka-
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tarakten oder Nilf�lle. Die Hauptstadt war Theben. Wegen ihrer Gr��e und ihrer zahlreichen Prachtbauten z�hlte sie zu den ber�hmtesten St�dten des Alterthums. Niesentr�mmer, die bei den D�rfern Luxor und Karnak �brig sind, zeugen noch von der alten Gr��e und Herrlich-keit dieser K�nigsftadt. Westlich von Theben, in schauerlicher Oede, war die in kahle Felsenw�nde eingehauene Todtenstadt, ein gro�es, stundenweit sich ausdehnendes Amphitheater von Katakomben oder Gr�-bern in mehren Stockmerken, die mit Treppen verbunden sind. Hier, in sch�n ausgeschm�ckten Kammern, ruhen einbalsamirt und wohl erhalten als Mumien die Leichen von Tausenden der Einwohner des alten Aegyptens. In einer weiter zur�ckliegenden zweiten Bergkette waren die pracht-vollen K�nigsgr�ber tief in den Felsen eingehauen.
2) Mittel-Aegypten, von Chemnis bis Cercas�rus. Die Haupt-stadt war Memphis an der Westseite des Nil, wo jetzt das Dorf Mens liegt. Hier finden sich ganze Gruppen von Pyramiden, den �ltesten K�nigsgr�bern, nebst einer zahllosen Menge von Privatgr�bern, die auch hier gr��tentheils in Felsen eingehauen sind. Hier ist auch der fr�her genannte See M�ris, der von dem K�nige Amenemha III. gegen 2100 vor Chr. angelegt sein soll; die Griechen nannten diesen Herrscher M�ris und unter dem Namen ist er und sein Werk auch heute noch am bekanntesten. In der N�he des Sees lag das ber�hmte Labyrinth, von welchem sp�ter die Rede sein wird.
3) Unter-Aegypten, mit dem fruchtbaren Delta, welches in der fr�hesten Zeit wohl eine Meeresbucht war, die aber durch die fort-w�hrende Schlamniablageruug des Nil und durch den aus der W�ste hin�bergewehten Sand allm�hlich sich als festes Land gestaltete. In die-sem von zahlreichen Kan�len durchschnittenen und sehr angebauten Theile des Landes war die Hauptstadt On oder Heliop�lis. Ferner lagen hier die geschichtlich merkw�rdigen St�dte S�is. Bub�stus und Peln-stum; in sp�terer Zeit wurden noch angelegt Naukr�tis und Alexandria. Beinahe eine Meile von der Meeresk�ste lag die Insel Ph�ros, welche sp�ter durch einen Damm mit dem festen Lande verbunden wurde. Auf dieser Insel erhob sich der ber�hmte Leuchtthurm, Ph�ros genannt, von welchem nachher alle anderen diesen Namen erhalten haben. Er diente in finsteren N�chten als Wegweiser f�r die kommenden Schiffe auf hoher See. Man z�hlt ihn unter die Wunder der alten Welt.
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b. Einrichtungen und Gesittuul! der Aegyptier.
Die Kasteneintheilung der Aegyptier. � Fr�hzeitig f�gte sich daK Leben der Aegyptier in eine feste Ordnung. Wir finden das Volk in be-stimmte St�nde und Kreise geschieden, welche die von ihren Vorfahren �berkommenen Lebensmeisen und Besch�ftigungen erblich fortpflanzten. In der Regel f�hrt schon die Natur der �u�ern Verh�ltnisse von selbst dahin, da� der Sohn wieder das Gesch�ft des Vaters �bernimmt, da� der Sohn wieder die Heerde des Vaters weidet, den Acker des Vaters bauet und die Kunstfertigkeiten lernt, welche er von fr�h auf gesehen. Der Sohn w�chst gleichsam in die Besch�ftigung des Vaters hinein. Was so wie von selbst zur Sitte und Gewohnheit wird, das wurde in Aegypten zu einer festen Regel, zu einem festen Gesetze, wie f�r die einzelnen Familien, so f�r den ganzen Stamm. Insbesondere war es der bevor--rechtete Stand der Priester, der durch sein hohes Ansehen und durch seinen gro�en Einflu� auf alle Verh�ltnisse des Lebens auch dieser Einrichtung Festigkeit und Dauer gab. Solche erbliche St�nde oder Klassen, in welche dadurch ein Volk zerf�llt, werden mit einem Worte, das die Portugiesen nach Entdeckung dieser Einrichtung in Indien von dorther mitgebracht haben, Kasten genannt. In Aegypten gab es deren sechs, sp�ter sieben. Die gelehrteste Kaste war die der Priester. Sie waren Erzieher und N�the der K�nige, die man hier Pharaonen, d.i. Er-habene, nannte; sie richteten das Volk nach eigenen Gesetzen; sie bestimm-ten nach dem regelm��igen Austreten des Nil und nach Beobachtungen am gestirnten Himmel das Jahr und ordneten den Kalender; sie waren die einzigen Gelehrten im Lande. Von ihren Kenntnissen der Naturkr�fte insbesondere zeugen auch die angeblichen Wunder, die sie vor den Augen des Moses verrichteten. Beim Volke galten sie deshalb auch als Zan-berer. N�chst den Priestern waren die Krieger die angesehenste Kaste. Diese bildeten aber nicht ein stehendes Heer von S�ldlingen, sondern sie waren freie B�rger mit Grundeigenthum und wohnten in abgesonderten Distrikten. Die �brigen Kasten bestanden aus A ck e r b a u e r n, H a n d -werkern, Handelsleuteu, Schiffern und Hirten, und stan den den beiden ersten an Ansehen und Rechten bei weitem nach. Die Priester und Krieger bildeten die beiden bevorrechteten Kasten; diese waren auch im Besitze aller L�ndereien, da der Ackerbauer nur als P�chter den Grund und Boden benutzen konnte. Eine sehr verachtete Kaste war die der Hirten. Diese wurden sogar f�r unehrlich gehalten. Fr�here Ein-
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f�lle nomadischer F�rsten, Hyksos genannt, welche um das Jahr 2100 vor Chr. den n�rdlichen Theil des Landes eroberten und mehre Jahr-hunderte hindurch behaupteten, m�gen diefeti Ha� gegen das Hirtenleben erzeugt haben. Vielleicht mu�ten auch die Israeliten, die zu den ver-ha�ten Nomaden gez�hlt wurden, eben darum von den Aegyptiern eine so harte Behandlung erleiden.
Die Religion, insbesondere der Thierdienst.� Die Religion der Aegyptier war urspr�nglich die Verehrung eines einzigen Welt-sch�pfers. Bald aber artete diese in Vielg�tterei ans. Die Eigenschaften dieses einen Gottes, seine Wirkungen am Himmel, in der Natur und im Menschenleben wurden als besondere Gottheiten verehrt. Vorz�glich verehrt wurde Osiris als Sonnengott, Isis als Mondg�ttin. Ersterer galt f�r die h�chste schaffende Kraft, letztere f�r die G�ttin der Natur als ern�hrende Kraft. Hieran kn�pfte sich auch die Verg�tterung der �bri-gen Planeten. Selbst T y p h 0 n, dem versengenden Winde, jetzt Chamsin genannt, hatte man Tempel geweiht. Ihn hielt man f�r den Urheber alles B�sen und suchte ihn durch Opfer zu bes�nftigen.
Eine besondere Verehrung genossen auch die Thier e. Die Aegyp-tier mochten wohl in ihnen die ausstr�mende Kraft irgend einer Gottheit ahnen. Da gab es fast kein Thier, das sie nicht anbeteten, wenn es sich durch N�tzlichkeit oder Sch�dlichkeit hervorthat. Die n�tzlichen Thiere verehrten sie ans Dankbarkeit, die sch�dlichen hingegen ans Furcht und baten um Abwendung des Ungl�ckes. Einzelne Exemplare derselben wurden in den Tempeln auf's Sorgf�ltigste gepflegt und nach dem Tode einbalsamirt. Sie verehrten den storchartigen Vogel Ibis, weil er die im Nilschlamme ausgekrochenen Schlangen wegfra�. Das Krokodil verehrten sie ans Furcht. Dieses gro�e, oft zwanzig Fu� lange, mit einer schuppigen Haut bepanzerte Naubthier geh�rt zum Geschlechte der Eidechsen. Auf seinen ganz kurzen F��en f�hrt es blitzschnell auf seine Beute los. Mit seiuem langen Schweife kann es Menschen zu Boden schlagen und wirft oft damit kleine Schiffe um. Der Feind dieses Thie-res ist der I ch n e u m 0 n, auch Pharao's - Ratte genannt. Dieser sucht die Krokodileier im Sande auf und verzehrt sie; dazu vertilgt er vieles Ungeziefer. Sie verehrten ihn deshalb aus Dankbarkeit. Einer vorz�g lichen Verehrung genossen die Katzen. Sie rnheten auf kostbaren Decken und Polstern und wurden mit den leckersten Speisen, die ihnen in gol-denen und silbernen Gef��en vorgesetzt wurden, auf das Sorgf�ltigste
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gef�ttert. Bei einer Feuersbrunst wurden vor Kindern und Geschwistern die Katzen zuerst gerettet. Starb in einem Hause die Katze, so waren alle Hausgenossen in tiefster Trauer und schoren sich die Augenbrauen ab. Der Leichnam dieses heiligen Thieres wurde eiubalsamirt, in k�st-liche Leinwand gewickelt und feierlich beigesetzt. Wer eine Katze auch nur aus Versehen umbrachte, war des Todes. Einst hatte ein r�mischer Soldat in Aegypten zuf�lliger Weise einen solchen Gott get�dtet. Und sogleich entstand ein Auflauf des Volkes um die Wohnung des Solda-ten; und weder die Bitten der Priester, noch die Furcht vor deu R�mern konnten es zur Ruhe bringen. Der Ungl�ckliche mu�te sein Vergehen mit dem Leben b��en.
Jedoch die gr��te Verehrung von allen Thieren geno� der heilige Stier, Apis genannt, in der K�nigsstadt Memphis. Dieser Stier war ihnen ein Sinnbild der Sonne mit ihrer belebenden Kraft, die gerade f�r den Ackerbau so hohe Bedeutung hat. Das Thier mu�te am ganzen Leibe schwarz sein und an der Stirn einen wei�en viereckigen Fleck hoben,, waren dazu auch zweifache Haare im Schweif und unter der Zunge ein Gew�chs, welches die Gestalt eines heiligen K�fers haben sollte; dann wat der Gott acht. Priester bedienten ihn und reichten ihm kniebeugend die heiligen Speisen. Der feierlichste Tag war sein Geburtstag, der Tag, an welchem man so gl�cklich war, ihn zu finden. Sieben Tage dauerte das Fest und wurde durch die Anwesenheit des Gottes selbst verherrlicht. Bewaffnete zogen vor ihm her, um das von allen Seiten zustr�mende-Volk abzuwehren. Hinter ihnen ging er selbst, der geh�rnte Gott, in aller Pracht und Herrlichkeit von Priestern im feierlichen Aufzuge geleitet. Zwei Reihen Knaben gingen ihm zur Seite und sangen in sch�nen Lie-dern sein Lob. Sein Tod dagegen versetzte ganz Aegypten in eine Trauer, als wenn das Ende der Welt vor der Th�re w�re. Diese Trailer w�hrte, bis ein neuer Apis gefunden war. In diesen, glaubten sie, w�re die Seele des Verstorbenen hin�bergewandert und lebe in ihm wieder fort. Ganz Aegypten war dann voll Jubel. � Der G�tzendienst, den die Juden in der W�ste mit dem goldenen Kalbe trieben, erinnert deutlich an diese Art Abg�tterei, welche sie in Aegypten kennen gelernt hatten.
Hieroglyphenschrift der Acgyptier. � Um irgend eine Sache dem Auge darzustellen, war es das Nat�rlichste, man zeichnete sie, wenn auch mit roher Kunst, wirklich hin. So deutete der hingemalte L�we den wirk-liehen L�wen, das hingemalte Auge das wirkliche Auge an. Um Zeit,
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Raum und M�he zu ersparen, fing man an, die Bilder abzuk�rzen. Man zeichnete nicht mehr das Ganze, sondern nur den vorz�glichsten Theil desselben, so da� man sich die anderen erg�nzenden Theile leicht hinzu-denken konnte. Der Kops eines Menschen bezeichnete schon den ganzen Menschen; eine Sturmleiter die Belagerung einer Stadt, zwei H�nde, die Schild und Bogen hielten, eine Schlacht. So hatte man eine Schrift, die aus lauter kleinen Bildern bestand, von denen jedes dem Gegenstande m�glichst genau entsprach.
Nun gibt es aber auch Manches, das sich nicht an und f�r sich abbilden l��t. Wie sollte man Eigenschaften, als Muth, Wachsamkeit, St�rke, Flei� u. s. w. bezeichnen? Hier nahm man seine Zuflucht zu vermittelnden Bildern. Um z. B. Muth zu bezeichnen, mu�te man in der Natur etwas aufsuchen, welches sich hierdurch auszeichnete. Man fand den L�wen, und so bezeichnete der hingemalte L�we den Muth. Ebenso der Stier die St�rke, die Biene den Flei�, das offene Auge die Vorsicht, et� hingestreckter Mensch mit geschlossenen Augen den Schlaf, auch wohl den Tod. Durch ein einziges Bild dr�ckte man oft einen ganzen Gedanken ans. Als die Spanier das erste Mal nach Mexiko kamen, und die nahe am Ufer wohnenden Mexikaner es ihrem K�nige zu wissen thnn wollten, was f�r unbekannte G�ste sich bei ihnen eingefunden hat-ten, sandten sie Abgeordnete mit der Nachricht davon an ihn, verfertigten aber auch zugleich ein Gem�lde nach ihrer Art, auf welchem sie sowohl die Schiffe, als auch die Spanier in voller R�stung darstellten. Dieses Gem�lde schickten sie dem K�nige zugleich mit, welcher die Deutung au-genblicklich verstand.
Fand man aber ein solches Aush�lfemittel zur Bezeichnung des Ge-genstandes nicht, so w�hlte man willk�rliche sinnliche Gegenst�nde, um unsinnliche damit zu bezeichnen.
Nat�rlich mu�te bei einer solchen Bilderschrift gro�e Dunkelheit herrschen. Der Eine deutete das Bild so, der Andere anders, Mancher konnte sich gar nichts darunter denken. In Aegypten verstanden sie nur die Gelehrtesten, und das waren die Priester. Die Schrift bekam deshalb den Namen Hieroglyphen, d.i. heilige Schrift. Noch jetzt finden wir viele Ueberreste davon. Lange wurden diese wunderbaren Figuren als Geheimnisse angestaunt, deren Deutung kein Gelehrter ergr�nden konnte. Erst neuerlich ist es gelungen, die Hieroglyphenschnst theilweise
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ZU entziffern und dadurch ein helleres Licht �ber die besonders von den Griechen mitgeteilten Nachrichten zu verbreiten. Man hat dabei den Umstand benutzt, da� auf dem �Stein von Stafette" eine Inschrift mit wehren Eigennamen in hieroglyphischer Schrift nebst einer griechischen �bersetzung gefunden wurde.
Buchstabenschrift. � Erst bie Erfindung ber Buchstabenschrift half allen Unbequemlichkeiten ber schriftlichen Mittheilung ab. Zwar finb bie Buchstaben auch lauter kleine Bilber, bezeichnen aber nicht W�rter, nicht Gebanken, svnbern bic einzelnen Laute ober T�ne ber Sprache. Durch bic mannigfaltige Zusammensetzung einer geringen Zahl solcher Zeichen finb wir im Stande, alles M�gliche auf das Bestimmteste zu bezeichnen. Wenn man recht beutlich sehen will, wie n�tzlich biefe Ersinbung ist, so barf man nur an bic Chinesen denken. Dieses Volk hatte in ber fr�hesten Zeit keine bestimmte Buchstaben, svnbern f�r jebes Wort ein be-sonberes Zeichen, eine besonbere Figur. Statt ba� wir nur vier und zwanzig Buchstaben zu lernen brauchen, um alle W�rter lesen unb schreiben zu k�nnen, mu�te man bort eben so viele Zeichen lernen, als W�rter in ber Sprache waren. F�r ben gew�hnlichen Gebrauch reicht bic Kenntni� von etwa 4000 Schriftzeichen aus, boch wirb bereit Gcsammtzahl auf mindestens 25 000 gesch�tzt. Wer biefc alle verstaub, b. h. wer lesen konnte, � unb hier�ber mochte Mancher wohl ein Greis werben, � war bort ein Gelehrter. Bei uns kann schon ein Kind von sechs bis sieben Jahren lesen. Wer nennt es aber bcirnm schon gelehrt! Bewunbem m�ssen wir beshalb ben Mann, ber bitrch tiefes Wachbeuten bie Buchstabenschrift erfaub unb baburch bas Schreiben unb Lesen so leicht zu machen wu�te, ba� es jetzt Kinber verstehen. Den Erfinbcr kennt man nicht. Die Sage gibt ben Ph�nizier Taut an, welcher um bas Jahr 2000 vor Chr. gelebt haben soll. Jeboch wollen bic Acgypticr biefe Erfinbnng ben Ph�niziern streitig machen. Bei jenen blieb neben ber Buchstabenschrist bie Hieroglyphenschrift bestehen, fie w�rbe aber nur von bat Priestern verstanden. Von beut Ph�nizier Kadmus, besten Leben bic Sage um bas Jahr 1500 vor Chr. fetzt, soll bie Buchstabenschrift zu ben Griechen gebracht sein, unb bic �hnlichkeit des griechischen Alphabets mit bau hebr�ischen (mit welchem auch bas phobische �bereinstimmt) weiset allerbings auf eine Vcrwanbtschast hin. So hat unser A im Hebr�ischen bat Namen Aleph, im Griechischen Alpha-B im Hcbr. Seth, im Grieth. Beta; G im Hcbr. Gimcl, im Grieth' Gamma; D int Hcbr. Daleth, im Grieth. Delta; I im Hcbr. Job, tut Grieth. Jota; T im Hcbr. Taw, im Grieth. Tau, it. s. w. Bon bat Griechen kamen bie Buchstaben zu bat R�mern unb von bicfcii zu uns Deutschen. Dieses ist auch ber Gnckb, weshalb unsere Buchstaben so gro�e Achnlichkcit mit bat r�mischen ober lateinischen haben. Den Namen Buch -stabe beutet matt: als Stab b. h. Element ober Bestaubtheil, woraus bie Schrift eines Buches besteht.
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Durch die Erfindung der Buchstabenschrift ist es erst m�glich geworben, da� wir jetzt noch tefen, was vor Jahrtausenden geschah oder gedacht wurde. Und was noch jetzt von den Menschen Gro�es gedacht oder vollf�hrt wird, es geht nicht mit ihnen unter; die Schrift bewahrt es treu f�r alle Zeiten und Menschen aus. 9iohe V�lker habeu sie sogar f�r etwas �bernat�rliches gehalten. Die Indianer, denen es unbegreiflich vorkam, wie der Europ�er durch einen erhaltenen Brief unterrichtet werden k�nne von dem, was in der Ferne geschehen war, hielten das beschriebene Papier an's Ohr' um zu h�ren, ob es nicht auch ihnen etwas sagen w�rde. Andere waren gar nicht zu bewege�, ein beschriebenes Blatt Papier anzur�hren. Sie hielteu die einzelnen Schriftzeichen f�r eben so viele Augeu, Ohren und Zungen, mit denen das wunderbare Blatt Alles sehe. Alles h�re. Alles wiedererz�hle, und f�rchteten sich sehr vor dem kleinen papiernen Verr�ther. Wer denkt hierbei nicht an jenen Mexikaner, der von seinem Herrn mit einer Schachtel voll reifer Feigen nebst einem Briefe zu einem Freunde ! geschickt wurde! Unterwegs wandelte den Sklaven die Neugierde an, was Doch wohl die Schachtel enthalten m�ge, unb er zog den Deckel ab. Und siehe! da blickten die sch�nen braunwangigen Feigen so lieblich uitb hold aus ihrem Kerker hervor, da� der Sklave ihren Reizen nicht widerstehen konnte. Er kostete eine und wieder eine und noch eine und so fort, bis nichts mehr zu kosten war. Den Brief aber �berbrachte er getreu dem fremden Herrn. Als dieser nun nach den Feigen fragte, von welchen der | Brief spreche, �berfiel den Sklaven ein gewaltiger Schrecken. Mit gro�en i Augen sah er den Brief an unb hielt ihn f�r ein belebtes Wesen, weil er ! feine N�schereien verrathen hatte.
Aegyptische Baukunst. � Kein Volk hat ber Nachwelt so riesenhafte : Denkm�ler seiner Baukunst hinterlassen, als bie Aegyptier. In ben �stlichen Felsengsbirgen fanben sie bas vortrefflichste Material zu benselben, | Kranit, Porphyr, Marmor, Alabaster, unb bieses benutzten baulustige K�nige, um Werke aufzuf�hren, deren Gr��e unb Pracht wahrhaft in j Erstaunen setzen. Zwar liegen bie meisten dieser ungeheueren Denkm�ler des Alterthums zertr�mmert, ober mit dem aus ber W�ste hergewehten Saube bebeckt; viele jeboch stehen noch jetzt ba als ehrro�rbige Zeugen des Kunstsinnes und bes anhalteuben Flei�es ber Aegyptier.* Unter ihren Werken verhielten au�er ben vielen herrlichen Tempeln besonbers genannt zu werben:
l. Die Katakomben ober Gr�ber. � Diese sind angelegt in der libyschen Bergkette, besonbers bei Theben, mit einer Menge langer, in vielfachen Windungen sich hinziehenber G�nge, bie zu Gem�chern, Seitenkammern, Hallen ober Treppen f�hren. Die W�nbe bieser Ruhest�tten bcr Tobten sinb reich verziert mit Hieroglyphen unb mit eilige-
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hauenen und bemalten Bildern, die sich gr��tentheils auf das Leben nach dem Tode beziehen. Diese Bilder haben sich so frisch erhalten, als w�re die Arbeit eben vollendet.
2. Die Obelisken. � Dieses sind viereckige oben spitz zulaufende S�ulen und haben ohne das Fu�gestell eine H�he von 50 bis 180 Fu� und sind so verh�ltni�m��ig unten von 5 bis zu 25 Fu� in's Gevierte breit. Bei all' ihrer H�he bestehen sie doch nur aus einem einzigen Steine von dem h�rtesten, meist r�thlichen Granit aus dem �stlichen oder arabischen Gebirge in Ober-Aegypten. Sie sind auf das Feinste polirt und f�hren auf ihren Seitenfl�chen hieroglyphische Bilder. Zur Zeit der Ueberschwemmung wurden diese ungeheuren Massen auf Nilfl��en her�bergeholt und durch neugegrabene Kan�le weiter fortgef�hrt. Welch' m�hsames und kostspieliges Gesch�ft! Wie viele tausend Menschen mu�-ten dabei th�tig sein! Und eben so m�hsam wurden sie wieder abge-laden und aufgestellt. Sie wurden vor Tempeln, Pal�sten und G�rten errichtet als Denkmale merkw�rdiger Begebenheiten oder zur Zierde. Sp�ter dienten sie auch zu Sonnenzeigern.
Verschiedene Obelisken wurden vom Kaiser Augustus, der zur Zeit Christi lebte, und von den nachherigen Kaisern m�hsam nach Rom geschafft. Sp�ter, bei den Verheerungen der Stadt durch rohe V�lker, etwa um 400 nach Chr., wurden sie aber umgeworfen und zertr�mmert. Manche liegen noch im Schutte vergraben; andere sind zwar wieder her-ausgesucht, aber nur einige aufgestellt. Vier hat Papst Sixtus V. im Jahre 1584 durch seinen gro�en Baumeister Fo ntana aufrichten lassen. Dieser gebrauchte hierzu die k�nstlichsten Maschinen, die durch zw�lf-hundert Menschen uud hundert sechzig Pferde in Bewegung gesetzt wnr-den. Uud doch gingen mit der Aufrichtung vier volle Jahre hin. Einige Obelisken stehen auch in Constantinopel. In neuerer Zeit, im Jahre 1834, ist ein 75 Fu� hoher Obelisk aus dem �gyptischen Dorfe Luxor auf einem besonders dazu errichteten Schiffe nach Paris gebracht uud dort unter gro�er Feierlichkeit aufgestellt worden; ja sogar nach England hat man j�ngst einen dieser gewaltigen Bl�cke geschafft, der als �Nadel der Cleopatra" hochber�hmt ist.
3. Die Pyramiden. � Diese sind noch bewunderungsw�rdiger als die Obelisken. Im Alterthnme wurden sie zu den Wundern der Welt gez�hlt. Sie stehen in Mittel-Aegypten, an der Westseite des Nil, in f�nf Gruppen gesondert. Es sind ihrer im Ganzen vierzig. Sie sind
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gro�e, viereckige, inwendig G�nge und Grabkammern bergende Geb�ude, genau nach den vier Himmelsgegenden gerichtet. Von einer breiten Grundfl�che laufen sie nach oben immer schmaler aus und enden theils in eine v�llige Spitze, theils in eine platte Fl�che. Die H�he derselben steigt von 20 bis zu 480 Fu�. Sie sind gr��tentheils aus Kalksteinen erbaut, die �ber einander gelegt blos durch ihre Schwere zusammenhalten. Einige sind mit Granit oder Marmor bekleidet gewesen. Drei zeichnen sich durch ihren Riesenbau aus, unter diesen die Pyramide des Chvops, welche nordwestlich von Memphis bei dem Dorfe Ghize steht. Sie war urspr�nglich 480 Fu� hoch, jetzt nur 450 Fu�, da die Spitze zerbr�ckelt, und eine kleine Terrasse an deren Stelle getreten ist. Sie ist ge�ffnet. Man kann auf den treppenartig blo�gelegten Steinen ihrer Seitenfl�chen, freilich nicht ohne M�he und Gefahr, bis zu ihrem Gipfel steigen. Enge G�nge f�hren zuletzt in ein l�ngliches Gemach, in welchem ein marmorner Sarkophag stand. Hunderttausend Menschen sollen zwanzig Jahre an dieser Pyramide gebauet haben.
Wozu diese Riesenmassen gedient haben, blieb lange ungewi�. Einige hielten sie f�r Kornmagazine, andere f�r Wasserbeh�lter, noch andere f�r eitle Prunkgeb�ude �gyptischer K�nige, die durch m�hevolle Arbeit das Volk im Zaume zu halten suchten. Ja, die frommen Pilger, welche einst hinzogen gen Jerusalem, glaubten voll Verwunderung, hier den babylonischen Thurm zu sehen! Jetzt aber, nach der genauen Unter-suchung des Innern, wei� man, da� sie K�nigsgr�ber waren. Man hat auch Grabkammern und kostbare Sarkophage in denselben gefunden.
Kein Volk verwendete mehr Zeit und Flei� auf seine Gr�ber, als die Aegyptier. Allgemein war n�mlich der Glaube an die Fortdauer der Seele uach bem Tode. Diese Fortdauer hing jedoch von der Erhaltung des Leichnams ab. War dieser nicht erhalten, so konnte der Verstorbene � glaubte man � nicht in das selige Reich der Todteu in der Unter-welt gelangen. Daher sorgten sie so sehr f�r die Erhaltung der Seich-name. Jeder banete die Grabmale seiner Angeh�rigen, ja sein eigenes Grab im Voraus au einsamen und abgeschiedenen Orten, deren Natur i der Stille des Grabes entsprach, so fest als m�glich, und schm�ckte es, so gut er es vermochte. Diese Ruhest�tten der Entschlafenen wurden, wie bereits fr�her gesagt wurde, westlich in den Felsenboden eingehauen, der das fruchtbare Land von der libyschen W�ste scheidet. In solchen nn-zerst�rbaren Grabkammern, die der austretende Nil nicht ber�hren
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konnte, sollten die Tobten ruhen. Und um die Verwesung abzuwehren, wurde die Leiche einbalsamirt. Aeu�erlich �berzogen sie dieselbe mit einer h�rteren, aber durchsichtigen Materie, und setzten sie dann bei. Solche einbalsamirte Leichname nennt man Mumien, von dem dazu gebrauchten persischen Erdharze Munt. Tausende haben sich bis aus den heutigen Tag erhalten. Ihr Aussehen ist ganz schwarz; sie sind von -dem Gummi und Erdharze so durchdrungen, da� sie steinhart sind. So wurde bei den Aegyptiern der menschliche Leib seinem naturgem��en Schicksal entzogen, gleichsam der Verwesung abgestohlen, und sie sahen Leute von Angesicht, welche schon viele Menschenalter tobt waren, als sie selbst geboren wurden. Bei einer solchen Ansicht von einem Leben nach dem Tode nannten sie auch die Wohnungen der Lebendigen nur Herbergen, die Ruhest�tten der Tobten dagegen ewige Wohnungen. Wie hoch nun die K�nige im Leben �ber ihren Mitmenschen standen, so hoch wollten sie auch im Tode hervorragen. Die St�tte, wo ein K�nig ruhete, sollte k�niglich bezeichnet und weithin sichtbar, seine Grabkammer schwerer zu �ffnen sein. Daher die riesenhaften K�nigsgr�ber, die Pyramiden, bei der alten K�nigsstabt Memphis.,� Sobalb nun ber Verstorbene einbalsamirt unb in den Sarkophag eingeschlossen war, gelangte bie Seele nach bem Volksglauben in bie Unterwelt. Hier sa� ber Gott Osiris, bie Waage ber Gerechtigkeit in ber Hand, und hielt mit 42 Beisitzern das Todten-Gerich t. Die Gerechten gehen ein in das Land der Seligen, die nicht Gerechtfertigten dagegen werden zur Seelen Wanderung verurtheilt. Zur Strafe und L�uterung mu� die Seele durch alle Land-und Wasserthiere hindurch wandern, kehrt erst nach 3000 Jahren in den Menschenleib zur�ck, um dann sich auf's Neue einer Pr�fung zu unter-werfen. Daher auch das Einbalsamiren des Leichnams zur Erhaltung desselben f�r bie r�ckkehrende Seele. � Oft wurde auch, hei�t es, von den Priestern �ber bie Leichen ein Todtengericht abgehalten, bevor sie in bie heilige Tobtenstabt kamen. Wer sein Leben in S�nben unb Lastern hingebracht hatte, konnte im Tobe bort feine Aufnahme finben. Selbst bie K�nige waren biefent Gerichte unterworfen.
4. Das Labyrinth. � Dieses Niesengeb�ude in Mittel-Aegyp-ten unweit des Sees M�ris bestand aus zw�lf Pal�sten, sechs gegen Norden und sechs gegen S�den. Das Ganze enthielt. dreitausend Zimmer, f�nfzehnhundert �ber der Erde und, wie man sagt, eben so viele unter derselben. Es war mit k�nstlichen Bildwerken auf das Kostbarste
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geschm�ckt. Wegen der Menge der G�nge und Gem�cher konnte man stch ohne F�hrer in demselben nicht zurecht finden. Daher auch der Name. Jetzt liegt es in Tr�mmern.
Sethandel trieben die Aegyptier in der �ltesten Zeit noch nicht. Dieser war fast ganz in den H�nden der Ph�nizier. Jnr Lande selbst fanden sich keine Baumaterialien f�r Seeschiffe und mit dem Auslande trat Aegypten �berhaupt wenig in Verbindung. Fremde Schiffe wurden nicht eingelassen, und dieses um so weniger, weil damals die Seefahrer nur zu oft die gr��teu R�ubereien trieben. Um so lebhafter aber war der Handel im Lande selbst, auf dem Nil. Unter den mancherlei Er-Zeugnissen des Landes war besonders die Byssus- Staude ber�hmt. Aus den zarten F�den derselben wurden die feinsten Zeuge bereitet und in den Handel gebracht.
Noch ber�hmter war die Papyrus- Staude, vou welcher das Pa-Pier seinen Namen hat. Fast jeder Theil dieser Staude war von Nutzen. Die Wurzel diente zum Brennholze, auch zu allerlei Gef��en; der Stengel enth�lt einen n�hrenden Saft; am merkw�rdigsten aber war die Mittlere Haut der Pflanze. Man l�sete sie ab, legte die einzelnen Fasern neben einander und bego� sie mit warmem Nilwasser. Dann legte man eilte zweite Lage solcher Fasern in die Quere �ber die erstere, pre�te sie zusammen, lie� sie trocknen und gl�ttete sie. So war das Papier fertig.
Dieses Papier wurde jedoch in alter Zeit nicht von allen V�lkern qe-haucht. Die Griechen schrieben ans die Bl�tter der Bi b los-Stanbe ��aper Hecht auch in ihrer Sprache Biblos Buch, unb hiervon haben wir noch bte Namen Bibel f�r bie hl. Schrift, Bibliothek u. m. a. Die R�mer ichrieben mich ans Wachstafeln. Seit beut sechsten Jahrhnnbert breitete M bas Pergament aus. In Pergamns, einer Stabt Kleinasiens war j Kunst erfunben, Thierh�nte so zuzubereiten, ba� man sich ihrer' qatu bequem zum Schreiben bebleuen konnte. Zwar hatte man schon weit fr�her u anderen Orten aus Thierh�ute geschrieben, nirgenbs aber war bie Ru-HTcttung berselben so trefflich gelungen, als in Pergamns. Sie bekamen oeshalb von b.eser Stabt ben Namen Pergament. Diese Papierarten waren im Alterthume am meisten verbreitet, bevor unser jetziges Papier ^ uftam, besten bestes ans zusammengesto�ener unb in Brei verwanbelter �cutwano verfertigt wirb. Dieses w�rbe im elften Jahrhnnbert einqe-Myrt. -Utan schrieb auch Wohl auf Metall ober Steine. So wissen wir a� die Gesetze des Moses auf zwei steinerne Tafeln geschrieen waren' ^as schreiben selbst geschah vermittelst eines Griffels, den bie Griechen u,I��' btc Horner Stilus nannten. Daher unser Wort Stil f�r Dar-
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stellungsweise der Gedanken. Dieser Griffel war hont zugespitzt nach Art unserer Federn. Bei h�rterem Material mu�te auch dieser fester feilt. Das Schreiben war dann mehr ein Einritzen oder EinHauen der Figuren. Von diesem Einritzen haben wir noch den Ausdruck Ri� bei Zeichnungen.
c. Kurze Geschichte der Aegyptier.
So unzweifelhaft Aegyptens Reichthum an Merkw�rdigkeiten der Kunst und Natur ist, so ungewi� ist seine �lteste Geschichte. Die Aegyp-tier f�hrten ein sehr abgesondertes Leben, ohne engere Verbindung mit anderen V�lkern, ihr Land blieb Jahrhunderte hindurch den Fremden so gut wie verschlossen. Darum konnten auch aus diesem Lande der Ge-Heimnisse nur d�rftige Nachrichten her�berkommen. In der fr�hesten Zeit von 3000 bis 2100 vor Chr. bestand Aegypten aus mehren kleinen Staaten, deren jeder einen besonderen K�nig hatte. Der �lteste Staat, dessen die Geschichte gedenkt, entstand am Eingange des Delta. Sein Mittelpunkt war die Stadt Memphis. Als Gr�nder derselben geben die Aegyptier den K�nig Menes an. Er und seine Nachfolger, insbesondere Chephren, Cheops und Mykerinos, werden auch als die Erbauer der sch�nsten und gr��ten Pyramiden bei Memphis angegeben. W�h-rend in Unter - Aegypten das Reich von Memphis bl�hete, hatte sich auch in Ober-Aegypten ein Staat gebildet, der seinen Mittelpunkt in Theben fand. Beide Reiche wurden unter einer Herrschaft vereinigt, die in Memphis ihren Sitz hatte. Dieser K�nigreihe geh�rt auch der fr�her erw�hnte Amenemha III. an, welchen die Griechen M�ris nannten.
Um das Jahr 2100 vor Chr. fielen pl�tzlich von Nordosten her, zum Theil aus Arabien, Hirtenk�nige, Hyksos genannt, in Aegypten ein und eroberten den gr��ten Theil des Landes. Bereits Jahrhunderte lang hatten sie hier geherrscht, als sich das obere Land gegen ihre Herr-schast erhob. Von Theben ging der Befreiungskampf aus und w�hrte achtzig Jahre. Da erst, um das Jahr 1650 vor Chr., wurden sie ver-trieben, und Aegypten gehorchte wieder einheimischen Herrschern. Rasch erhob sich das Land zu einer gro�en Macht und herrlichen Bl�the. Theben wurde nun auch der gl�nzende Mittelpunkt des neuen Reiches. Hier verherrlichten sich die neueu Pharaonen durch m�chtige Bauten. Den Gipsel seiner Gr��e und seines Glanzes erreichte es unter Set hos und seinem Sohne Ramses dem Gro�en von 1445 bis um 1328 (?) vor Chr. Die Thaten beider Herrscher schrieben die Griechen einem
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Einzigen zu, ben fte �ef�ftrtS nannten, Die gro�en Eroberungen ber Aegtjptier in Asien gingen um bie Mitte bes breizehnten Jahrhnnberts wieber verloren, feitbem Assyrien sich zur ersten Gro�macht ber alten Welt erhol). Es folgt nun eine Zeit gro�er Dunkelheit in ber �gyp* Aschen Geschichte. Um bie Mitte bes achten Jahrhnnberts brattgett bie Aethiopert unter ihrem K�nige Saliako in bas Sanb unb beherrschten ^ f�nfzig Jahre lang. Nach bem Sturze biefer zweiten Frembherrschast bem�chtigten sich ztv�lf vornehme Aegpptier ber Herrschaft unb Heilten das Lanb in eben so viele K�nigreiche. Ihre Regierung wirb beshalb Dobefarchie, b. i. Zw�lfherrschaft, genannt. Sie verbanben sich mit eittattber zur Erhaltung ber Ruhe unb bes Friebens unb stellten zum Denkmale ihres ewigen Bunbes ben gro�en Reichspalast, bas Labyrinth, wieber her.
Psammctich (670 616 vor Chr.). �Jeboch war btefer ewige Bunb nur von kurzer Dauer. Es war eine alte Weissagung vorhanben, ba� ber, welcher im Tempel in einem ehernen Becher opfern w�rbe,' ganz Aegypten beherrschen solle. Aus Eifersucht opferten sie feitbem immer gemeinschaftlich. Einst bei einem Feste waren wieber alle zw�lf im Tempel versammelt unb brachten ein Trankopfer. Die Priester reichten ihnen hierzu golbene Schalen, aber ans Versehen nur elf, so ba� Psammetich, ber als ber letzte in ber Reihe staub, keine erhielt. Als nun ber Priester einem K�nige nach bem anbern Wein in seine Schale go� unb an ben zw�lften, an Pfammetich, kam, so griff biefer in ber Verlegenheit eiligst nach seinem ehernen Helme utib hielt biefen hin. Da gebachten bie anbereu ber Weissagung unb sahen in bem Helme bie verh�ngnisvolle eherne Schale. Sie vertrieben ihn beshalb in bie Sumpfgegenb Unter - Aegyptens. Hier samt er auf Rache. Er wanbte sich an bie Priester, unb biese weissagten ihm: eherne M�nner, welche aus beut Meere aufstiegen, w�rben seine Retter sein. Das hielt Psam-metich f�r unm�glich unb schieb trostlos von ihnen. Doch nicht lange nachher kamen einige ihm treu gebliebene Diener unb brachten ihm voll Vemunberung bie Nachricht: �Herr, bort am Ufer bes Meeres finb M�nner getanbet ganz mit Erz bebeckt, vom Kopfe bis zu ben F��en!" Es waren griechische, in Erz gepanzerte Seer�uber. Pfammetich zog bie fremben M�nner burch Versprechungen an sich unb vertrieb mit ihrer H�lfe alle seine Mitk�nige. So w�rbe bie Weissagung erf�llt, unb Psammetich ber Alleinherrscher von ganz Aegypten. Seitbem gewann
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Aegypten eine neue Gestalt. Den Griechen, die ihm ben Sieg hatten erfechten helfen, gab er eine freie Niederlassung an der pelusischm Nil mundung bei Bubastus. Ueberhaupt entstand jetzt ein lebhafter Verkehr mit dem Auslande, besonders mit Griechenland. Zum Behuf dieses Verkehrs wurde sogar eine neue Kaste errichtet, die Kaste der Dolmet-scher. Von nun an lockte nicht allein die Hoffnung auf Gewinn den Kaufmann, sondern auch der Ruf von den Wundern im Lande, von der hohen Weisheit der Priester, den Gelehrten dahin. Sein Sohn Neko oder Necho (616�600) folgte den Regierungsgrunds�tzen seines Vaters.. Zur Bef�rderung des Handels und der Schifffahrt machte er den Versuch, zwischen dem rotheit und mittell�ndischen Meere einen Verbindungskanal anzulegen. *) Auch veranlagte er ph�nizische Seefahrer, Afrika zu umsegeln. Als Eroberer drang er bis in Mesopotamien, verlor aber hier das Gewonnene wieder durch die Schlacht beiKarkemisch oder Circesium (604) gegen Nebukadnezar (Nabuchodonosor), den kriege rischen K�nig von Babylon. Die beiden ersten Nachfolger des Neko, Psammis und Aprics (600�569), erneuerten zwar den Krieg, aber ohne Erfolg. Unter dem letzteren entstand ein Aufruhr im Heere; er wurde ermordet, und sein Feldherr Am�sis (569 � 526) zum K�nige ausgerufen. M�chtig belebte er den Kunstflei� und Handel, und Aegyp ten hob sich zur sch�nsten SBlitthc. Aber nur von kurzer Dauer war diese Bl�the. Sein Sohn und Nachfolger, Psammenit, wurde von Cam byses, dem K�nige der Perser, bei Pelusium besiegt, Memphis einge-nommen, und Aegypten eine persische Provinz, im Jahre 525. Fast
*) Schon Ramses ber Gro�e lie� einen Kanal ans dem Nil in �stlicher Richtung bis in die N�he der Bitterseen f�hren, von der Fortf�hrung desselben bis in's rothe Meer aber stand er ab. Diesen Plan nahm erst Necho wieder ans, welcher von den Bitterseen ans durch eine Bergschlucht nach S�den graben lie�, um au die Nordspitze des Meerbusens zu gelangen. Schon hatten 120 000 Arbeiter bei der Glnthhitze das Sieben eingeb��t, da wurde ihm auch noch der ungl�ckliche Orakelspruch, er arbeite f�r die Barbaren; darum gab auch dieser K�nig das Vorhabe� auf. Unter dem persischen K�nige Darms I. kam der Plan endlich zur Durchf�hrung und noch in den erstell Jahrhunderten vor Christus war der Kanal in lebhaftem Gebrauch. Aber bei sorgloser BeHand lnng ist er durch deu lockeren W�stensand allm�hlich verschlammt uud endlich ganz au�er Gebrauch gekommen. Erst iit unserer Zeit wandte man abermals diesem uralten Plane ein allgemeines Interesse zu unb in der That wurde durch die Anstrengung des Franzosen Ferdinand von Lesseps endlich im Jahre 186!' der neue Suezkaual vollendet und dem Weltverkehr feierlich �bergeben.
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zweihundert Jahre lang seufzete es unter der Herrschaft der Perser und suchte sich derselben durch immer erneuerte Emp�rungen zu entziehen; allein alle Versuche mi�langen. Im Jahre 332, nach dem Sturze des Perserreiches, wurde esvouAlexauderdemGro�en erobert. Nach dessen Tode fiel es einem seiner Feldherren, Ptolem�us, zu (323), der es wieder zu einem unabh�ngigen Reiche erhob, bis es sp�ter, unf�hig, der Macht der R�mer zu widerstehen, Provinz des r�mischen Reiches wurde (30 vor Chr.).
5 Geschichte der Babylonier und Assyrier.
a. Wohnsitz und Cultur derselben.
Auf dem Hochgebirge von Armenien entspringen, unweit von ein-ander, zwei m�chtige Str�me, der. Euphrat und Tigris. Vor der M�ndung vereinigen sie sich zu einem Strome, der jetzt Schat-el-Arab hei�t und sich in mehren Armen in den persischen Meerbusen ergie�t. Auf ihrer weiten Bahn neben einander n�hern sich die Zwillingsstr�me bei Ktesiphon bis auf wenige Meilen und umschlie�en dann eine gro�e fruchtbare Ebene, die von den Semiten, den Nachkommen des Sem, Sinear oder Sennaar, von den Griechen aber nach der Hauptstadt Babylon Babylonien genannt wurde. Hier, unter einem stets heiteren Himmel, trug der Vodeu wohl zwei- bis dreihuudertf�ltige Frucht. Die Bl�tter des Weizens wurden vier Finger breit, die Hirse' scho� zur H�he eines Bauines auf, der Palmbaum trug die wohlschmeckendsten Datteln im reichen Neberflu�. Die edelsten Obstarten, Getreide und sonstigen Fr�chte, die wir jetzt in Europa haben, stammen gr��tenteils dorther. Solche Fruchtbarkeit verdankte jene Ebene der k�nstlichen Bew�sserung und den j�hrlichen �berschwemmungen beider Fl�sse. Denn wie in Aegypten, so ist auch hier der Regen eine Seltenheit. Sobald aber der Schnee auf dem Hochgebirge Armeniens schmilzt, treten beide weit �ber ihre Ufer hinaus und befruchten dadurch das Land f�r den Sommer. Dieser Wohlthat der Natur mar der Flei� der Menschen zu H�lfe ge-kommen. Das ganze Land war von Kan�len durchschnitten, Seen waren ausgegraben, um das �berfl�ssige Wasser in sich aufzunehmen, D�mme aufgeworfen, sowohl zur Leitung des Wassers, als auch zum Schutze gegen Stnrmfluthen. Aus deu Wohnungen, die hinter diesen D�mmen aufgeschlagen wurden, entstanden die ersten, �ltesten St�dte.
Weltcr's Wcltgesch. !. Aufl. e
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Bald machte man noch die Erfahrung, da� beim Sichtbarwerden gewisser Sterne am Firmaments Pfl�gen, Ackern und S�en reichlichere Fr�chte brachten. Man verlegte sich deshalb auf die Sternkunde. Leider f�hrte diese zur ersten Abg�tterei. Der Landmann betrachtete die sch�nen Sternlein als himmlische Schutzengel seiner Aecker, er betete sie an und weihete ihnen aus Dankbarkeit Feste und Opfer. Und weil mit jedem anbrechenden Tage alle Gottheiten sich seiner Verehrung entzogen, und das Licht des Tages jeden Abend ihm entschwand; so beutete er Tempel und setzte Bilder der Himmelslichter zur Anbetung in denselben nieder. Bel oder Baal wurde als Sonnengott verehrt, Mylitta als Mond-g�ttin. Auch die Planeten wurden theils als gl�ckbringende, theils als verderbliche Sterne verehrt. Und wie die Himmelsk�rper von gro�em Einfl�sse sind auf das Leben der Natur, so schrieben sie ihnen auch einen gro�en Einflu� zu auf das Leben der Menschen. Priester deuteten aus dem Laufe und der Stellung der Sterne auch die k�nftigen Schicksale der Menschen, und so wurde Babylon zur Heimath nicht nur einer h�chst n�tzlichen Wissenschast, der Astronomie oder Sternkunde, sondern auch ihrer Entartung, der Astrologie oder Sterndenterei. Die Priesterw�rden hier vorzugsweise mit dem Namen �Chald�er" bezeichnet.
Die Stadt Babylon oder Babel lag zu beiden Seiten des untern Euphrat. Sie war im Viereck gebauet und hatte neun Meilen im Umfange. Thurmhoch war die Mauer und so breit, da� auf dieser sechs Wagen neben einander fahren konnten. Hundert eherne Thore waren in derselben. Ungeachtet ihrer Riesengr��e um* die Stadt nicht dicht bewohnt. In ihren innern R�umen lagen gro�e Felder, Dattelhaine und G�rten, die sich zwischen den Wohnungen ausbreiteten. Denn nur innerhalb der festen St�dte konnte man damals Schutz finden vor den Ueberf�llen der Nomaden. Auch die beiderseitigen User dieses Fluss�s waren mit einer hohen Mauer eingefa�t und durch eine drei�ig Ftt� breite Br�cke verbunden, mit einem gro�en Palaste an jeder Seite. Beide Pal�ste trugen auf gew�lbten, hoch aufgeworfenen Terrassen die sch�nsten G�rten, die mit ihren duftenden Blumen nnd schattigen B�umen wie durch Zauberkraft frei iu der Luft zu schweben schienen. Diese lustigen Anlagen nennt man deshalb wohl schwebende G�rten und z�hlt sie zu den Wunderwerken der alten Welt. Im s�dwestlichen Theile der Stadt erhob sich zu deu Wolken empor ein k�nstlicher Bau aus Backsteinen. Das war der babylonische Thurm, jetzt Birs Nimrod, d. i.
Nimrod's Burg genannt, ein Tempel des hier verehrten Sonnengotts Baal oder Bei, der von seiner hohen Warte die ganze Gegend be-herrschte. Riesentr�mmer, die noch �brig sind, zeugen von der Gr��e dieses uralten menschlichen Bauwerkes.
Wie Babylon sich am Euphrat erhob, so entstand am �stlichen Ufer des Tigris Ninive, die Hauptstadt Assyriens. Sie hatte zw�lf Meilen im Umfange und eine �hnliche Befestigung wie Babylon. Wie klein m�ssen dagegen die meisten unserer gro�en St�dte, au�er London, er-scheinen! Auch von dieser Stadt Ninive sind nur noch Tr�mmer vorhanden. Im Jahre 1845 lie� die franz�sische Regierung in der Gegend des alten Ninive, nahe bei dem jetzigen Mo ssnl, Ausgrabungen unter-nehmen, und der Fuud �bertraf alle Erwartung. Man fand die'deut-Ochsten Spuren, den Plan und den Umfang eines ungeheuren Bauwerkes. Die mannigfaltigen Alterth�mer, die jetzt in London und Paris aufbewahrt werden, verschafften �berraschende Aufschl�sse �ber den fr�her unbekannten Culturzustand des alten assyrischen Volkes, �ber seine Macht und seinen Glanz, seine Sitten, Gebr�uche und Trachten.
b. Geschichte der Vabylonier und Assyrier.
1) Das alte Reich von Babylon (2000 � 1250 vor Chr.)._
Nur d�rftige Nachrichten sind ans dieser alten Zeit zu uns her�ber-gekommen. In der Bibel wird erz�hlt, da� die Ebene Sinear nach der S�ndfluth durch die Nachkommen des Noe (Noah) vom Gebirge Ararat her, wo die Arche stehen blieb, wieder bev�lkert wurde. Chald�er folgten dem Laufe der Str�me und gr�ndeten unter Anf�hrung des Nimrod, eines Urenkels des Noe (Noah), in jener fruchtbaren Ebene einen Staat � den �ltesten, welchen die Geschichte kennt. Die chald�ischen K�nige Babyloniens suchten, wie die �gyptischen Pharaonen, ihren Ruhm in m�chtigen Bauwerken. Die vielen Kan�le, von welchen das Land durchschnitten, und durch welche der Euphrat mit dem Tigris verbunden wurde, die vielen herrlichen Tempel und Pal�ste sind gr��tenteils Werke dieser Herrscher Babyloniens. Unter ihnen erreichten Bildung, Kunstflei� und Handel eine gro�e Bl�the. Die Regierung chald�ischer K�nige w�hrte hier bis um das Jahr 1500 vor Chr. Dann folgte die Regierung arabischer K�nige: sei es, da� benachbarte arabische St�mme vom Euphrat her durch einen Ueberfall das Land genommen haben, oder da� nur die neue Herrscherfamilie arabischer Abkunft war. Sie
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regierten bis etwa um 1250 vor Chr. Da erlag das Reich den Angriffen der Assyrier, und Babylonien blieb fast 600 Jahre lang unter der Herrschaft derselben.
2) Die assyrische Herrschaft (1250�606). � Nach der heiligen Schrift ist der assyrische Staat durch eine von Babylonien aus gegr�ndete Ansiedelung an der Ostseite des obern Tigris entstanden. Die �lteste Geschichte dieses Staates ist ebenfalls in tiefes Dunkel geh�llt, und wunderbare Sagen, die uns von den Griechen �berliefert sind, kn�pfen sich an die ersten Anf�nge desselben. Ninus und Semir�mis sind hier die gefeiertsten Namen, sie gelten f�r die eigentlichen Stifter des gro�en assyrischen Reiches.
Ninus (1250). � Unter diesem K�nige wurden die Assyrier das herrschende Volk im Flu�thale des Euphrat und Tigris. Als er von seinen vielen Z�gen als Sieger mit reicher Beute heimgekehrt war, wollte er auch eine Residenz haben, die seiner w�rdig w�re. Er w�hlte dazu ein kleines St�dtchen am Tigris und bauete es mit H�lfe der vielen Tausende von Ueberwundenen zu einer Riesenstadt aus, die von ihm den Namen Ninus oder Niniv e erhielt. Dann setzte er seine Eroberungen im Osten fort. Er kam bis nach der Stadt Bactra. Hier lernte er eine sch�ne und kluge Frau kennen, die Semir�mis hie�. Es ging die Sage, sie w�re die Tochter einer G�ttin, von der sie gleich nach der Geburt ausgesetzt sei; Tauben h�tten ihr Nahrung gereicht und unter ihren Fl�geln sie erw�rmt. Diese wunderbare Frau gab ihm ein Mittel an die Hand, wie er die Stadt, deren Belagerung ihn aufhielt, bezwingen k�nne. Es gelang, und die Freude �ber den Sieg, wie auch die Sch�n-heit und Klugheit der Semir�mis rissen den K�nig derma�en hin, da� er sie zur Gemahlin w�hlte.
Semir�mis. � Nach dem Tode des Ninus herrschte Semir�mis als Vertreterin ihres Sohnes Ninyas. Sie setzte sich vor, den Ruhm ihres Gemahls noch zu �bertreffen. Babylon wurde so vergr��ert und versch�nert, da� die Nachrichten hier�ber an's Unglaubliche grenzen. Aber auch als Heldin wollte sie gl�nzen. An der Spitze eines gro�en Heeres durchzog sie in hastiger Siegeseile die L�nder Asiens und bezwang die noch nicht unterjochten V�lker. Das assyrische Reich erstreckte sich bald vom mittell�ndischen Meere bis zum Indus und vom schwarzen bis zum arabischen Meere. Staunenswerthe Anlagen verherrlichten und verewigten �berall ihre Siegesbahn. Zuletzt h�rte sie noch von einem
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Volke der Inder. Das Land, welches diese bewohnten, sollte das gr��te und sch�nste der Erde sein. Vor allem mu�te das erobert werden, und sie zog mit Heeresmacht dahin. Schon war sie siegreich �ber den Grenzflu� Indus in's Innere des Landes gedrungen, als sie pl�tzlich auf ein gro�es Heer stie�, dessen Anblick sie erschreckte. An der Spitze desselben stand eine Reihe Elephanten, welche nicht allein ganze Th�rme voll Krieger auf ihren R�cken trugen, sondern auch mit ihrem R�ssel alles zerschlagen, mit ihren F��en alles zertreten konnten. Schon vor ihrem Anblick wurden die Pferde scheu. Die stolze Beherrscherin Asiens wollte den Indern nicht nachstehen. Da sie selbst keinen einzigen Elephanten hatte, so lie� sie sich eine gro�e Anzahl machen. Sie lie� viele tausend B�ffelochsen schlachten, die H�ute derselben so zubereiten, da� sie elephantenartig aussahen und bedeckte mit denselben eben so viele Kameele, ans die sich bewaffnete M�nner setzten. Diese verkleideten Kameele stellte sie an die Spitze. Die Jndier erschraken beim Anblicke so vieler Elephanten und zogen sich eiligst zur�ck. Bald aber erfuhren sie durch Ueberl�nser die List. Die Kameele rannten scheu zur�ck und brachten das ganze Heer in Unordnung. Alles floh. Unz�hlige wurden erschlagen. Semiramis selbst wurde zweimal verwundet und rettete sich nur durch schleunige Flucht. Mit kl�glichen Tr�mmern kam sie besch�mt in ihr Land zur�ck.
Bald nachher entstand ein Aufruhr unter ihrem eigenen Volke. Sie sa� eben und lie� sich das Haar flechten, als ihr die Nachricht davon �berkocht wurde. Sie auf und hinaus und st�rzt sich mit fliegenden Haaren mitten unter den aufr�hrerischen Haufen! Die blo�e Gegenwart der hohen Gebieterin stellte sofort die Ruhe wieder her. Zum Andenken dieser Begebenheit wurde eine Statue errichtet, welche die Art ihrer Erscheinung unter den Aufr�hrern darstellte. Kurz darauf �bergab sie dem Ninyas die Herrschaft. Sie selbst entzog sich den Augen der Men-schert, als w�re sie unter die G�tter versetzt. Sie flog, wie eine Sage erz�hlt, in Gestalt einer Taube zum Himmel auf.
Ninyas aber, ihr Sohn und Nachfolger, liebte mehr die Ruhe und ben Frieden, als kriegerische Th�tigkeit und ergab sich der Schwelgerei und den Vergn�gen itp Innern seines Palastes. Die Nachkommen der Semiramis herrschten etwa bis zum Jahre 880 v. Chr. Von den Thaten und Schicksalen dieser K�nige haben wir keine n�here Kunde erhalten. Nach der gew�hnlichen Annahme lebten die letzten assyrischen K�nige in
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Weichlichkeit und Ueppigkeit. So kam es, da� eine Reihe von bisher unterworfenen Nachbarv�lkern die Herrschaft des entarteten assyrischen K�nigthums absch�ttelte. Um die Mitte des achten Jahrhunderts brachen allenthalben Ausst�nde aus; die Meder und Babylonier und das entfernte Syrien gewannen eine dauernde oder vor�bergehende Selbst�ndigkeit.
Das assyrische Reich h�rte jedoch durch diese Umw�lzungen nicht auf, sondern es bestand unter einer anderen Herrscherfamilie fort und erhob sich bald wieder zu einem neuen Gl�nze. Besonders wurden jetzt die Waffen gegen Westen gerichtet. So machte zuerst der K�nig Phul den K�nig von Israel zinspflichtig; Salmanassar f�hrte die zehn St�mme Israel in die Gefangenschaft (722); Sanherib besiegte den K�nig von Inda (710). So breitete das assyrische Reich immer weiter seine Grenzen aus. Aber auf die h�chste Bl�the folgte schnell der v�llige Unter-gang. Der letzte K�nig war Sarak oder Sardanapal. Unter seiner Regierung griff der damalige K�nig von Medien, Cyaxares, in Ver-bindung mit den Chald�ern in Babylonien unter ihrem F�rsten Nabo-polassar das assyrische Reich an, aber da erst, als nach zweij�hriger Belagerung und all ihrer Roth nun auch der Tigrisstrom �bertrat und in furchtbarer �berschwemmung die W�lle niederri�, fiel die Hanptstadt Nimve in die H�nde der Feinde (um 606 vor Chr.). Sarak selbst ver-brannte sich mit allen seinen Weibern und Sch�tzen. Den Untergang dieses letzten K�niges hat die geschichtliche Sage in's Wunderbare aus-gemalt. Nach ihr lie� Sardanapal einen Scheiterhaufen von 400 Fu� H�he errichten und'darin ein Gemach, 100 Fu� lang und ebenso breit. In dieses wurden 150 goldene mit Teppichen bedeckte Ruhebetten, gol-dene Tische und eine zahllose Menge Sch�tze und Kostbarkeiten gebracht; darauf nahm Sardanapal mit den Seinen Platz. Dann lie� der K�nig durch Diener, welche allein von dem Vorhaben Kunde hatten, den Schei-terhanfen anz�nden. F�nfzehn Tage lang brannte der zu einem Holzberg vergr��erte Scheiterhaufen, ehe die Einwohner es merkten, dann wurden sie alle von den Flammen verschlungen. � So sank die stolze Stadt Niittoe, wie die Propheten Juda's geweissagt hatten: �Jehova machet Ninive znr Ein�de, d�rr gleich der �tiiiste!" Die Sieger theilten unter sich das Land. Das assyrische Gebiet anf dem linken Ufer des Tigris kam an die Meder, das Land auf dem rechten Ufer an Nabo--polassar von Babylon.
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�) Das j�ngere Reich der Chald�er in Babylon (606 bis 538). � Babylonien wurde nach dem Untergange des assyrischen Reiches die Hauptmacht Asiens. Seine h�chste Bl�the erlangte es unter dem Sohne und Nachfolger Nabopolassar's, unter Nebukadnezar (604�562), dessen wir schon wiederholt erw�hnt haben. Unter ihm wurde die K�nigsstadt Babylon au�erordentlich erweitert und versch�nert. Er eroberte ^Jerusalem und f�hrte die Juden in die babylonische Gesan-genschaft. Auch unterwarf er sich Ph�nizien und drang in Aegypten bis Pelusium vor, so da� sich sein Reich vom Nil bis jenseit des Tigris erstreckte. Jedoch nach seinem Tode zerfiel es eben so schnell, als es ge-stiegen war. Es wurde unter Nab �nedus, der gegen den Perserk�nig Cyrus Thron und Leben verlor, eine persische Provinz (538 vor Chr.). Auch das mehr erw�hnte Medien ward auf kurze Zeit eine Gro�macht Asiens.
(L Geschichte der Meder.
Medien (in der Bibel Madai), ein in der fr�hesten Zeit selbst�ndiges und ber�hmtes Reich Asiens, grenzte westlich an Assyrien und Armenien, �stlich au Hyrkanien und Parthien, s�dlich an Persien, n�rdlich an das kaspische Meer. Der n�rdliche Thei! des Landes (sp�ter Klein-Medien, jetzt Aserbeidschan genannt) war gebirgig und unfruchtbar; der s�dliche dagegen (Gro�-Medien) war reich an Fr�chten, besonders an Citronen und Pomeranzen, die von dort nach Europa kamen. In Ost Medien war die Hauptstadt Ekbat�na (jetzt Hamadan). Sie war rings um einen H�gel erbaut, auf dessen Gipfel die k�nigliche Burg thronte. Diese war mit siebenfachen Ringmauern umgeben, deren Zin� nen sieben verschiedene Farben trugen, und ftralte in der Ferne wie ein Zauberschlo�. In West-Medien war die Hauptstadt Gaza.
Schon fr�h kam das Land unter die Herrschaft der Assyrier und blieb unter derselben viele Jahrhunderte hindurch. Einzelne Versuche, sich derselben zu entziehe�, mi�langen. Erst gegen das Ende des achten Jahrhunderts erlangten sie ihre Unabh�ngigkeit wieder. Es hatte der fr�her erw�hnte assyrische K�nig Sanh erib einen ungl�cklichen ^eld-zug nach Aegypten unternommen, auch bei der Belagerung von Jerusalem durch eine im Lande ausgebrochene Seuche eine gro�e Einbu�e des Heeres erlitten. Dieses Ungl�ck Sanherib's im Westen (um 712)
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benutzten die Meder zum Abfall von der assyrischen Herrschaft, und seit dem Ende dieses Jahrhunderts erschienen sie wieder unter unabh�ngigen Stammf�rsten. Der Staat wurde von Neuem geordnet durch
Dej�ces (708�656). � Die Meder erw�hlten den Dej�ces, der sich als gerechter und kluger Nichter einen guten Namen erworben hatte, zu ihrem K�nige. Dieser umgab sich sofort mit einer Wache von Lanzen-tr�gern und gr�ndete in einer reizenden Berggegend eine neue Haupt-stadt mit einer gl�nzenden K�nigsburg, das fr�her erw�hnte Ekdata ua. Nach einer langen und gl�cklichen Negierung hatte er seinen Sohn Phraortes (655-633) zum Nachfolger. Dieser unterwarf den �/iebern wieder das abtr�nnig gewordene stammverwandte Volk der Perser und drang erobernd bis an den Flu� Halys in Kleinasien vor, wurde aber auf dem Feldzuge gegen die Assyrier gefangen genommen und ermordet. Es erstand ihm jedoch bald ein R�cher in seinem Sohne Cyaxares (633�593). Dieser hatte bereits seinen Nachezug gegen die Assyrier angetreten, als pl�tzlich Medien von r�uberischen Schw�r-men scythischer Nomaden aus den Kaukasusgegenden schwer heimgesucht und 28 Jahre lang in dr�ckender Botm��igkeit gehalten wurde. End-lich jedoch gelang es dem Mederk�nige, sein Land nicht nur von diesem feindlichen Hirtenvolke zu befreien, sondern auch in Verbindung mit dem babylonischen K�nige Nabopolassar Ninive zu erobern (606) und die �stlichen L�nder Assyriens vom Tigris bis zum obern Indus mit Me-dien zu verbinden. So wurde Medien der vorherrschende Staat in Asien.
Aber nur kurze Zeit erhielt es sich auf dieser H�he der Macht und des Ansehens. Schon unter des Cyaxares Sohn. Astyages (593 bis 558), ward Medien eine Bellte des schnell um sich greifenden Per-serreiches.
Zweite Periode der Geschichte des Alterthums
(von 558�330 vor Christus).
Inhalt: Geschichte des perstschen Wettreiches und die Hefchichte der Kriechen.
7. Geschichte der Perser.
Kurze Beschreibung des Landes und der Cultur.
Am Westrande des Hochlandes von Iran, in Vorderasien, nicht weit vom persischen Meerbusen, lag im Alterthume die Landschaft Persis, welche jetzt Farsistan genannt wird. Wie es die Natur des Landes mit sich brachte, lebten die St�mme der Perser theils se�haft in den frncht-baren Thalstrecken vom Ackerbau, theils auf den Bergweiden und in den Steppen nomadisch von der Viehzucht. Ihre ber�hmtesten St�dte waren Persepolis und Pasargad�. Die Perser werden als ein abgeh�rtetes und freiheitliebendes Volk geschildert. Ihre G�tter verehrten sie anfangs, nach Weise der alten Deutschen, ohne Bilds�ulen, Tempel und Alt�re, und beteten au�er deu himmlischen Gestirnen besonders das Feuer an. Ihre Priester opferten auf hohen Bergen und hie�en, wie bei den Me-dern, Magier. Der Ordner und eigentliche Stifter ihres Glaubens war ein im Innern Asiens lebender Weiser, Zoro�fter oder Zara-thnstra genannt, der um 600 vor Chr. gelebt haben soll. Nach seiner Lehre ist Ormnzd der Gott des Lichtes und alles Guten. Er spendet nur Segen, um seinen Lichtthron stehen nur gute Engel. Neben diesem Reich des Lichtes gibt es auch ein Reich der Finsterni�, in welchem Ahrlman herrscht. Er ist der Urheber alles B�sen. Er sendet nur Ungl�ck, um seinen sinstern Thron stehen nur b�se Engel. Beide Reiche sind in fortm�hrendem Kampfe mit einander. Endlich aber wird das Reich des Ormnzd siegen, und alles B�se vertilgt werden. In dem hier�ber ha�delnden Religionsbnche, Zendavesta, d. i. l^endiges Wort, genannt, wird jedem Perser Wohlth�tigkeit, Gastfreiheit, tugend-hafter Wandel, Verehrung des Ormnzd und Ausbreitung seines Reiches,
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bamit die Herrschaft des B�sen, des Ahrlman, endlich ganz gest�rzt werde, zur Pflicht gemacht. Noch jetzt dauert der entartete Feuerdienst bei dem kleinen Theile der Perser, den sogenannten Parsen oder Gebern, fort.
Die Perser standen bisher unter der Herrschaft der Meder, hatten aber ihre eigenen Stammh�upter, unter welchen die Familie der Ach�meniden die angesehenste war. Aus diesem Hause stammte Cyrus, der Begr�nder des persischen Weltreiches, dessen Geschicke zur Zeit der drei ersten Herrscher, n�mlich des Cyrus, Cambyses und Darius, wir zun�chst kennen lernen wollen.
a. Cyrus, Stifter des Reiches (558-529 vor Chr.).
(Inhalt: 1) Die Jugendgeschichte des Cyrus. � 2) Seine Kriegesthateu.)
1) Jugendgeschichte des Cyrus.
Wunderbare Sagen, welche das Alterthum so gern an die Geburt und Erziehung ausgezeichneter M�nner kn�pft, umgeben auch die Wiege dieses Eroberers. Unter den verschiedenen sagenhaften Berichten �ber seine Jugendzeit ist die folgende anmuthige Erz�hlung des Herodot, des-Vaters der griechischen Geschichtsschreibung, wohl die verbreiterte.
Astyages, der letzte K�nig von Medien, hatte einen Traum, in welchem er aus dem Sch��e feiner Tochter Mond�ne einen Baum hervorwachsen sah, dessen Schatten ganz Asten und auch ihn �berdeckte. Er lie� die Traumdeuter, auf welche man hier viel hielt, nach Hofe kommen und legte ihnen seinen sonderbaren Traum vor. Diese deuteten ihn auf einen Sohn, welchen Mandane bekommen, und welcher einst Herr von ganz Asien und ihm selbst gef�hrlich werden w�rde. Hier�ber erschrak ber K�nig. Vor Besorgni� entfernte er seine Tochter vom Hofe unb schickte sie nach der unterworfenen Landschaft P e r s i s. Dort verheiratete er sie an einen Perser von geringer Macht und stillen, friedlichen Choral ter, mit Namen Cambyses. Von diesem glaubte er nichts bef�rchten zu d�rfen. Aber bald erneuerte sich des K�nigs Traum, und hiermit auch die Angst. Er lie� deshalb seine Tochter an den K�nigshof bescheiden, und als sie bald darauf einen Sohn gebar, gab er das Kind, welches Cyrus, d.i. Sonne, genannt ward, dem HarpLgus, einem seiner Hosteute, mit dem Befehle, dasselbe heimlich in seinem Hause zu tobten. Harpagus aber konnte es nicht �ber's Herz bringen, bas unschulbtge
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Kind selbst zu tobten. Doch f�rchtete er ben Zorn bes K�nigs unb gab es deshalb einem Hirten, ber es im nnlbeften Gebirge aussetzen sollte. Der Hirt aber war ob ber goldgeschm�ckten Kleibnng bes Knaben ver-wnnbert, unb ba ihn zugleich bas Mitleiben r�hrte, so lie� er sich leicht durch bie Bitten seines Weibes bestimmen, ben Cyrus bei sich zu behalten unb statt feiner fein eigenes Kinb, welches gerade gestorben war, auszu-fetzen. So wuchs Cyrus im Haufe bes Hirten als dessen vermeintlicher Sohn zu einem gro�en unb sch�nen Knaben heran. � Da geschah es einst, da� er im Spiel mit feinen Kameraben in kinblicher Weife von diesen zum K�nige gew�hlt wurde. Cyrus wies jebem fein Amt zu, bie einen machte er zu Lanzentr�gern, bie aubereit zu Thorw�chtern, noch andere zu Botschaftern, unb alle gehorchten gern unb willig. Nur ber Sohn eines vornehmen Mebers zeigte sich wiberspenstig, weshalb Cyrus ihn ergreifen unb mit �ei�elhieben z�chtigen lie�. Da lief der Knabe weinend nach Hanfe und klagte feinem Vater, was Cyrus ihm gethau habe. Der Bater ging sogleich zun: K�nige und forberte, ben frechen Hirtenknaben zn bestrafen.
Der K�nig warb zornig und lie� den Hirten rufen fammt feinem Sohne. �Wie hast du dich unterstehen tonnen," fuhr er den Cyrus an, �fo schm�hlich den Sohn eines Mannes zu behandeln, der bei mir in gro�en Ehren steht?" � �O Herr," antwortete Cyrus freim�thig, �dein ist nichts als fein Recht geschehen. Die Knaben des Ortes, unter welchen auch dieser war, hatten mich beim Spiele zum K�nige ernannt. Die anderen alle thateit, was ihnen geboten war; der aber war ungehorsam unb machte sich gar nichts aus mir. Daf�r hat er feinen Lohn empfangen. Hab' ich barunt Strafe verbieitt, nun, hier bin ich ja!"
Als der Knabe fo sprach, sch�pfte Asty�ges sogleich Verdacht. Die ebele Haltung, bic Gesichtsz�ge, welche bie auffallendste Aehnlichkeit mit denen feiner Tochter hatten, unb bas Alter, welches mit ber Zeit ber Aussetzung zusammentraf, Alles best�rkte ihn in beut Verdachte, der Knabe da sei der Sohn seiner Tochter. �Wer hat dir den Knaben ge-geben?" fuhr er ben Hirten an. Der gestand nach kurzem S�ugnen bald vor Angst Alles. Jetzt z�rnte der K�nig dem Harpagus und gebot den Lanzentr�gern, ihn zu rufen. Und als Harpagus vor ihm stand, fragte ihn Asty�ges mit anscheinender Freundlichkeit: �Harpagus, auf welche Art hast du doch um's Leben gebracht meiner Tochter Sohn, den ich dir damals �bergab ?" Harpagus erschrak. Und als er auch den Hirten
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daselbst gewahrte, konnte er nicht mehr zweifeln, da� das Geheimni� verrathen sei und erz�hlte aus Furcht die Sache gerade heraus. Astyages verbarg seinen Zorn. Er stellte sich, als w�re er froh �ber die gl�ckliche Erhaltung des Knaben und gab ein Freudenmahl. �Auch du mu�t mit mir zu Tische fem," sprach er zu Harpagus: �zuvor aber schicke deinen Sohn her, da� er mit Cyrus spiele."
Harpagus folgte dem Gehei� des Herrschers und schickte seinen Sohn zur K�nigsburg. Da aber ergriff man das arme Kind, schlachtete es und setzte beim Mahle dem arglosen Vater das gekochte und gebratene Fleisch desselben vor, w�hrend die anderen G�ste Hammelfleisch a�en. Nach der Mahlzeit fragte ihn Astyages: �Nun, wie hat dir das Gericht geschmeckt?" � �Ganz vortrefflich!" erwiederte der fr�hliche Vater. � �Wei�t du aber auch," fuhr Astyages mit bitterem Hohne fort, �von welchem Wildpret du gegessen hast?" Und siehe! auf des K�nigs Wink bringen die Diener dem Harpagus in einem verdeckten Korbe den Kopf, die Arme und F��e feines Sohnes. Das Vaterherz blutete beim An-blicke; vor dem Angesichte des W�therichs aber durfte sein Ingrimm nicht laut werden. Er stellte sich zufrieden und verschlo� seinen Kummer in stiller Brust, schwur aber zugleich ewige Rache dem Astyages.
Der K�nig wurde inde� von den Traumdeutern �ber die Erhaltung des Cyrus beruhiget. Sie sagten: �Dein Traum, o K�nig, ist jetzt er-f�llt, da er von den Knaben bereits zum K�nige erw�hlt ist und Alles so gemacht hat, wie die wirklichen K�nige. Sei nur getrost, er wird nicht zum zweitenmal regieren!"
Jetzt frenete sich Astyages. Er lie� den Cyrus kommen und sprach: �Mein Sohn, ich habe dir damals gro�es Unrecht gethan, durch ein tr�gerisches Traumgesicht verf�hrt; doch dein gutes Gl�ck hat dich erhalten. Jetzt gehe freudigen Mnthes nach dem Perferlande, ich werde dich dahin geleiten lassen. Dort wirst du einen ganz anderen Vater und eine ganz andere Mutter finden, als den Hirten und seine Frau." Hierauf entlie� er den Cyrus.
Als Cyrus in das Haus des Cambyses kam und sich zu erkennen gab, da war die Verwunderung und Freude seiner Eltern �ber alle Ma�en. Denn sie hatten ihn schon l�ngst tobt geglaubt. Er konnte ihnen von seinen wunberbaren Schicksalen nicht genug erz�hlen. Ganz
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gewaltig lobte er immer die alte Hirtenmutter, und sein drittes Wort war immer die Hirtenmutter.
Xenophon, ein anderer griechischer Geschichtsschreiber, erz�hlt in sei* ner Bildungsgeschichte des Cyrus noch folgendes Vorkommni�. Als Cyrus ungef�hr zw�lf Jahre alt war, lie� Astyages ihn mit seiner Mutter zu sich uach Hofe kommen. Der Knabe war in der strengen, kriegerischen Lebensweise der Perser auferzogeu und machte gro�e Augen, als er hier alles so fein geputzt und geschminkt fand. Selbst der K�nig hatte unter-malte Augen, eine geschminkte Haut und falsche Haare. Cyrus liebkosete,. als er in das Zimmer trat, den geputzten Alten und rief: �O Mutter, was f�r einen sch�nen Gro�vater ich habe!" � �Wer ist denn sch�ner,, dein Vater oder der Gro�vater?" fragte l�chelnd die Mutter. �Unter den Persern," antwortete Cyrus, �ist mein Vater der sch�nste; aber unter den Medern gibt es keinen sch�nern, als den Gro�vater." Dem Alten gefiel die Antwort; er beschenkte den Knaben reichlich, und dieser mu�te bei Tische immer neben ihm sitzen. Hier wunderte er sich sehr �ber die Menge Gerichte, mit welchen die Tische von oben bis unten besetzt wurden. �Gro�vater," rief er, �du hast doch viele M�he, satt zu werden, wenn du von dem Allen essen mu�t!" Astyages lachte und * | sprach: �Ist's denn hier nicht besser, als bei euch in Persien?" � �Ich wei� nicht," antwortete Cyrus, �aber bei uns wird man viel geschwinder und leichter satt. Uns ist Brod und Fleisch genug, um satt zu werden; ihr aber, welche M�he, welche Last habt ihr, bis ihr so weit kommt!" � Mit Erlaubni� des Gro�vaters vertheilte nun Cyrus von den �berreichen Speisen unter die Diener, und alle bekamen etwas, nur nicht Sakas, der Mundschenk und Liebling des K�nigs. �Warum bekommt denn dieser nichts," fragte scherzend der K�nig, �er schenkt ja so geschickt den Wein ein?" � �Das kann ich auch," erwiederte rasch der Kleine, �und trinke dir nicht zuvor den halben Becher aus!" Darauf nahm er den Becher, f�llte ihn mit Weilt und reichte ihn ganz artig dem K�nige. �Nun," sprach der Gro�vater, �du wirst doch auch wohl den Wein erst kosten?" � �Das werde ich wohl lassen," antwortete der Kleine, �denn es ist j Gist darin; das habe ich neulich bei eurem Trinkgelage wohl bemerkt.
Was war das f�r ein L�rm! Wie habt ihr alle durcheinander gejubelt ! und gelacht! Die S�nger schrien sich die Kehlen heiser, und Niemand I konnte sie h�ren. So lange ihr sa�et, prahltet ihr mit eurer St�rke; und als ihr aufstandet, konnte Keiner stehen, ihr fielet �ber eure eigenen F��e.
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Ihr wu�tet alle nicht mehr, wer und was ihr w�ret; du nicht, da� du K�nig, jene nicht, da� sie Unterthanen waren." � �Aber," sprach Astya-ges, �wenn dein Vater trinkt, berauscht er sich nie?" � �Nie!" � "Und was macht er denn?" � �Er h�rt auf zu dursten, sonst nichts!"
2) Die Kriegesthaten des Cyrus.
Cyrus befreiet die Perser von dein Joche der Meder. � W�hrend nun Cyrus, nach Persien zur�ckgekehrt, zum Manne heranwuchs und unter seinen Altersgenossen der mannhafteste und anmuthigste war, hing Harpagus seiner Begierde nach, sich an Astyages zu r�chen. Eines Tages erhielt Cyrus vom Harpagus einen Hasen zum Geschenke. �Du m�chtest ihn, sagte der Bote, �allein, ohne da� Jemand zugegen ist, aufschneiden." Er that das und fand zn seinem Erstannen in dem Bauche einen Brief. �R�che dich," so hie� es darin, �an Astyages, deinem M�rder. Denn seinem Willen zu $otge warst du tobt, durch die G�tter aber und mich bist bu erhalten." Harpagus ermunterte ihn bann weiter, bie Perser jurn Abfalle von ber medischen Herrfchaft zu bewegen und feinen ttjrctu-mfchen Gro�vater selbst mit Krieg zu �berziehen. Der Vorschlag gefiel dem Cyrus. Mit einem Briefe in ber Hanb trat er unter bas versammelte Volk unb sprach: �Kraft bieses Briefes hat mich Astyages zu eurem Heerf�hrer ernannt, und nun befehle ich euch, ba� morgen ein Jeber mit ber Sichel erscheine." In aller Fr�he fanden sie sich mit der Sichel ein. Den ganzen Tag mu�ten sie die schwerste Arbeit verrichten, ein w�stes Dornenfeld reinigen und umarbeiten. Am Abende des schw�len Tages befahl er ihnen, den folgenden Tag abermals und wohlgefchm�ckt zu erscheinen. Diesmal lud er sie ein, im weichen Grase sich zu lagern Er gab ihnen eine Menge Vieh, Fr�chte und Wein zum Besten.' Es I wurde geschlachtet, gekocht, gebraten, Alles war froh und fchmaufete nach Herzenslust. �Nun, liebe Landsleute," sprach Cyrus, �welcher Tag ge-f�llt euch besser, der gestrige oder der heutige?" � �Wie du doch fragst," riefen alle verwundert, �gestern waren wir ja Sklaven, heute aber Herren!" � �Und solche Herren werdet ihr immer fein," fuhr Cyrns fort, I �wenn ihr das Joch der Meder abwerfet; Sklaven aber wie gestern' wenn ihr mir nicht folget. Wohlan denn, folget mir und feib frei!"
Die Perser waren schon l�ngst unwillig �ber ben harten Druck ber Meber. Nun aber sagten sie sich hiervon ganz los und riefen Cyrus zu ihrem K�nige aus. Das h�rte Astyages und schickte ein Heer gegen bie
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; Emp�rer aus. Den Harpagus stellte er an die Spitze. Aber der un-gl�ckliche Vater hatte noch nicht vergessen, was der K�nig einst an seinem
; Sohne ver�bt. Aus Rache ging er mit dem Heere zum Cyrus �ber. Da gerieth der K�nig in Wnth und lie� alle Traumdeuter anf das Jammer-lichste kreuzigen. Er selbst zog dann mit einem zweiten Heere gegen Cyrus. Bei Pafargad�, dem uralten Sitz persischer K�nige, kam es
I (558 vor Chr.) zur Schlacht. Astyages wurde geschlagen und gefangen. Cyrus behandelte jedoch seinen gefangenen Gro�vater mit schuldiger Liebe und behielt ihn bei sich bis zum Tode. So ward Cyrus Herr Bon Medien.
Krieg des Cyrus gegen Cr�sus, den K�nig von Lydien. � Von
nun an war das ganze Leben des Cyrus ein wilder Krieg. Mit seinem m�chtigen Heere, das vorz�glich aus Reitern bestand, zog er von einem Lande in das andere. Er glich einem wilden Strome, der in seinem Laufe alles mit sich dahinrei�t. Das n�chste Land, auf welches sich der m�chtige Eroberer st�rzte, war Lydien. Hier�ber herrschte damals der K�nig Cr�sus, welcher sich entschlo�, der von Cyrus drohenden allgemeinen Gefahr rechtzeitig zuvorzukommen. Auch pers�nliche Rache gegen den Perserk�nig trieb ihn an, denn er war der Schwager des entthronten Astyages. Die Herrschaft des K�niges Cr�sus erstreckte sich �ber ganz Vorderasien bis hinauf zum Flusse Halys, der sein Reich von Persien trennte. Er war unerme�lich reich und hielt sich deshalb auch f�r den gl�cklichsten Mann von der Welt. Einst kam der Sage nach zu ihm Solon, ein Weiser aus Griechenland. Diesem zeigte er alle seine Reich-thiimer und Sch�tze uud sprach dann mit innigem Selbstgefallen: �Wohlan, Solon, du bist so weit in der Welt herumgereiset, hast so viele Menschen gesehen, nun sage mir doch auch, wen h�ltst du wohl f�r den gl�cklichsten?" � �Tellus, einen B�rger vou Athen!" war die Antwort. Cr�sus wunderte sich, da� er einen gemeinen B�rger ihm, dem gro�en K�nige, vorz�ge mtd fragte unwillig: �Und warum h�ltst du den f�r den gl�cklichsten?" � �Dieser Tellus," antwortete er, �lebte zu Athen, als die Stadt bl�hete und gl�cklich war. Er hatte sch�ne und gute Kinder, erlebte sogar Kindeskinder, und alle blieben ihm am Leben. Er selbst war brav und in der ganzen Gegend geehrt. Bei gen�gendem Auskommen lebte er gl�cklich und zufrieden und starb hochbejahrt in einem siegreichen Treffen ben Tob f�r das Vaterland. Seine Mitb�rger ehrten fem Andenken durch eine Ehrenf�nle, die sie ihm fetzten." �
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�Aber wen," fragte Cr�sus, �h�ltst du nach diesem f�r den gl�cklichsten?" � �Zwei griechische J�nglinge," antwortete er, �Kle�bis und Biton. Sie waren Br�der. Beide trugen einst in unseren �ffentlichen Kampf-spielen den Preis davon. Beide hatten eine innige Liebe zu ihrer alten Mutter. Eines Tages wollte diese zu einer Festfeier nach dem Tempel fahren; aber ihre Zugochsen kamen nicht zur rechten Stunde vom Felde. Da spannte sich das Br�derpaar selbst vor den Wagen und zog die alte Mutter zum Tempel. Und als das dort versammelte Volk bewundernd umherstand, die M�nner die Kraft der J�nglinge erhoben, die Frauen aber die Mutter �ber den Besitz solcher L�nder gl�cklich priesen, wurde die gl�ckliche Mutter tief ger�hrt. Freudig trat sie mit ihren S�hnen in den Tempel, warf sich dort vor dem Bilde der G�ttin nieder und flehete, sie m�chte ihren Kindern geben, was f�r diese das Beste w�re. Darauf sanken die betenden J�nglinge, von Erm�dung �berw�ltigt, in tiefen Schlaf und erwachten nicht wieder. Die Griechen aber setzten ihnen Ehrens�ulen zum Denkmale ihrer sch�nen That und ihres sch�nen Todes."
�O athenischer Fremdling!" rief Cr�sus unwillig, �achtest du denn mein Gl�ck so gering, da� du mich nicht einmal mit gemeinen B�rgern in Vergleich stellst!" Solon antwortete: �O Cr�sus! Oft ist ein armer Mann weit gl�cklicher, als ein reicher. Und dann bedenke ich immer, da� das menschliche Leben wohl siebenzig Jahre w�hrt, in einer so langen Zeit aber vieles sich �ndern kann. Du bist jetzt sehr reich und K�nig vieler Menschen; den gl�cklichsten aber kann ich dich nicht eher nennen, als bis ich h�re, da� du dein Leben gl�cklich vollendet hast. Bei allen Dingen mu� man, o K�nig, auf den Ausgang sehen. Denn Manchen, welchen die Gottheit erst mit Wohlthaten �berh�ufte, hat sie nachher von Grund aus vernichtet!"
Cr�sus hielt den weisen Solon,f�r sehr unweise, weil er das gegen-w�rtige Gl�ck nicht achte und sogar rathen wolle, immer erst das Ende der Dinge abzuwarten. Er lie� ihn nicht wieder vor sich kommen. Doch gar bald schon mu�te er die Wahrheit der Worte Solou's auf eine trau-rige Weise an sich selbst erfahren. Er verlor einen Sohn, der auf der Jagd umgebracht wurde, und hatte nur noch einen, der leider taub und stumm war. Ein noch gr��eres Ungl�ck aber stand ihm selbst bevor von Cyrns. Gegen diesen r�stete er, wie wir oben erz�hlten, ein gewaltiges Kriegsheer. Bevor er aber ausr�ckte, schickte er nach Delphi, einer Stadt in Griechenland, wo sich das ber�hmteste Orakel befand,' bei dem
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man Aufschlu� �ber den Willen der Gottheit und �ber zuk�nftige Dinge einholte. Cr�sus lie� unerme�liche Geschenke an die Priester des Heilig-thumes vertheilen und nach dem Ausgange des bevorstehenden Krieges fragen. Die Antwort lautete: �Geht Cr�sus �ber den Halys, so wird er ein gro�es Reich zerst�ren."
Jetzt hielt er sich des Sieges gewi�. In freudiger Erwartung zog er �ber den Halys dem Cyrus entgegen. Im Jahre 546 vor Chr. kam es bei Pteria, in der N�he des schwarzen Meeres, zu einer blutigen Schlacht; keiner siegte. Die Nacht trennte die Streitenden. Cr�sus zog nach seiner Hauptstadt toctrdes zur�ck und lie� die Truppen auseinander gehen. Er hatte vor, im folgenden Jahre mit einem noch gr��eren Heere wiederzukommen.
So lange aber lie� Cyrus nicht auf sich warten. Kaum war Cr�sus in Sardes, so stand auch er mit seinen wilden Scharen von Reitern und Fu�g�ngern vor den Thoren. Cr�sus wurde geschlagen, seine Hauptstadt erobert. Mit klirrenden Waffen drangen die erbitterten Feinde hinein uud hieben Alles nieder. Und schon wollte einer den Cr�sus, welchen er nicht kannte, durchbohren, als sein �ltester Sohn, dem die pl�tzliche Angst das Band der Zunge l�sete, laut schrie: �Meusch, t�dte den Cr�sus nicht!" Da f�hrte man den K�nig gefangen zum Cyrus. Im ersten Rausche des Sieges soll dieser befohlen haben, ihn lebendig zu verbrennen. Und so-gleich wurde ein Scheiterhaufen errichtet, und Cr�sus gefesselt darauf gestellt. Und schon sollte dieser angez�ndet werden, als der Ungl�ckliche, eingedenk der Worte des griechischen Weisen, aus seiner dumpfen Be-t�ubung erwachte. Er schrie pl�tzlich durch die tiefe Stille des versammelten Volkes dreimal laut auf: �O Solou! Solou! Solon!"
Das h�rte Cyrus und wollte wissen, wen er anrufe. Er lie� ihn des-halb herunternehmen. Anfangs wollte er nichts bekennen, endlich aber sagte er: �einen Mann, dessen Unterredung ich um viele Sch�tze allen F�rsten w�nsche." Dann erz�hlte er ihm das mit Solon gef�hrte Gespr�ch.
Cyrus wurde tief ger�hrt. Er bedachte, da� auch er ein Mensch, und da� unter den menschlichen Dingen nichts best�ndig sei. Gro�m�thig schenkte er ihm das Leben und behielt ihn als Freund und Rathgeber bei sich. Cr�sus leistete ihm nachher durch feine Klugheit gute Dienste.
Der Errettete schickte nun die Ketten, die er auf dem Ger�ste getra-gen chatte, zu den delphischen Priestern und lie� fragen, warum sie ihn
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doch f�r die vielen Geschenke, die er gebracht habe, so betrogen h�tten? Die Priester aber lie�en ihm zur�ck sagen, sie h�tten ihn nicht betrogen. Ein gro�es Reich sei ja zerst�rt und nur das h�tten fie ihm vorhergesagt. Ob aber das persische oder sein eigenes gemeint gewesen sei, das sei ihm nicht dabei gesagt. Das habe einzig vom Schicksale abgehangen.
Cyrns' fernere Eroberungen. Sein Tod. � Der Sieg �ber Cr�sns schreckte besonders die Griechen, die an der westlichen K�ste Kleinasiens wohnten. Cyrns hatte ihnen fr�her Freundschaft angeboten, sie aber hatten diese �berm�thig zur�ckgewiesen und sich sogar mit Cr�sus verbinden wollen. Jetzt boten sie ihm unaufgefordert Freundschaft und B�ndni� an. Cyrus gab ihnen als Antwort eine Fabel zum Besten: �Es war einmal ein Fischer, der sa� lange am Ufer und pfiff den Fischen zum Tanze. Sie wollten aber nicht kommen. Da nahm er sein Netz und fing sie. Und als er sie au's Land zog, und sie nun um ihn herum-sprangen, sagte er: H�rt jetzt nur auf zu tanzen, da ihr vorher auf mein Pfeifen nicht habt tanzen wollen." Die Unterjochung der griechischen Joner, (Sarer und Syrier und ber �brigen V�lker Kleinasiens leitete zuerst Mazares, und nach dessen Tode Harpagus. � Cyrns selbst ging auf bas m�chtige babylonische Reich los, beim bieses Hinberte allein noch bie Vereinigung ber L�nbermassen, welche Cyrns im Westen unb im Osten bavon besa�. Mit Gewalt konnte bie stark befestigte Hanptstabt bieses Lanbes nicht genommen werben, er eroberte sie baher burch Lift. In einer fin-ftern Nacht, als ein gro�es Fest in Babylon gefeiert w�rbe, lie� er das Flu�bett des Enphrat ableiten; unb feine Krieger brangen, bis an ben G�rtel im Wasser, mit bem Strome in bie Stabt unb �berrumpelten bie Einwohner bei ihrem schwelgerischen Feste. So wurde Cyrus in einer Nacht Herr ber Stabt wie bes Reiches (538). Seine Herrschaft erstreckte sich nun vom mittell�nbischen Meere bis zum fernen Jnbien.
Aber auch hiermit war er noch nicht zufrieben. In ben Steppen bes mittleren Asiens wohnte bas arme, aber kr�ftige Volk ber Massa-geten. Auch bieses sollte unterworfen werben. Die K�nigin bes Lan-des, mit Namen Tomyris, bot ihm bie Hanb zum Vertrage an; aber ber k�hne Eroberer wollte nichts von Vertrag wissen. Siegenb brang er in's Lanb hinein, schlug bie Massageten unb nahm selbst ben Sohn ber Tomyris gefangen. Da rief bie bedr�ngte K�nigin in Verzweiflung ihr ganzes Volk zum Kampfe auf. Nun wurde Cyrus geschlagen unb fiel selbst im Treffen. Die zornige Tomyris lie� seinem Leichname ben
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Kopf abschlagen und diesen in ein Gef�� mit Menschenblut tauchen, mit den Worten: �Nun trinke dich satt, Barbar!" Diese Sage von dem Tode des Cyrus ist die gew�hnlichste. Da aber seine Leiche in den K�-nigsgr�bern zu Pasargad� aufbewahrt wurde, so ist eine andere Nachricht die wahrscheinlichere, nach welcher er im Kampfe mit den Der-biern an der Grenze von Indien schwer verwundet in's Lager gebracht wurde und hier, von den Seinigen umgeben, starb. Sein Sohn Cambyses folgte ihm in der Regierung.
b. Cambyses (529� 522 vor Chr.).
Cambyses schien mit dem Throne auch den kriegerischen Sinn des Vaters geerbt z� haben. Wie dieser Asien erobert hatte, so wollte er Afrika unter seine Herrschaft bringen, denn dort bestand im Reiche der Aegyptier noch die einzige Gro�macht, welche es damals au�erhalb des persischen Weltreiches gab. Mit einem gro�en Heere trat er den Zug dahin an. Er kam gl�cklich dnrch die arabische Sandw�ste, welche der n�rdlichen Seite von Aegypten gleichsam zur Vormauer dient. Bei der Stadt Pelusium stie� er (525 vor Chr.) auf das feindliche Heer. An der Spitze desselben stand der K�nig von Aegypten, mit NamenPsammenit. Dieser wurde geschlagen und floh mit den Tr�mmern seines Heeres eiligst in die feste Stadt Memphis. Auf eine ganz sonderbare Art soll Cambyses diesen Sieg erlangt haben. Seine vordere Schlachtreihe war nnt Katzen versehen, welche bei dem Anr�cken der Aegyptier in die H�he gehoben wurden. Die best�rzten Aegyptier wagten nicht, ihre Pfeile abzuschie�en, aus Furcht, die heiligen Thiers zu treffen.
Cambyses sandte alsbald ein Schiff den Nil hinauf und lie� durch Herolde die Stadt Memphis zur Uebergabe auffordern. In der ersten Wuth halteten die Aegyptier das Schiff sammt der Mannschaft in St�cke. Da ging Cambyses auf die Stadt los und nahm sie mit st�rmender Gewalt. Psammenit und seine ganze Familie nebst den vornehmsten Aegyptiern wurden zu Gefangenen gemacht. Der aufgebrachte Sieger suchte dem Psammenit sein trauriges Schicksal recht f�hlbar zu machen. Der Ungl�ckliche sa� in einem Hanse der Vorstadt, von persischen Trabanten bewacht. Zuerst wurde seine Tochter nebst den vornehmsten Jungfrauen in �rmlicher Sklavenkleidung aus dem Lager in die Vor-stadt geschickt, um Wasser zu holen. Es weinten die Jungfrauen, es weinten ihre V�ter; nur Psammenit sa� schweigend und thr�nenlos da,
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in finsterer Schwermnth, die Engen auf die Erde geheftet. Dann schickte Cambyses den einzigen Sohn des K�nigs an der Spitze von zweitausend vornehmen J�nglingen, mit Stricken um den Hals und mit Z�umen im Munde, an den Augen ihrer V�ter vor�ber zum Nichtplatze. Und noch einmal fl�ssen die Thr�nen, noch einmal ert�nte das Jammergeschrei: nur aus Psammenit's Auge fctm Feine Thr�ne, aus seinem Munde fein Laut. Als der Zug der verurtheilten J�nglinge vor�ber war, kam ein Greis, einst ein reicher Mann und Psammenit's Freund und Tischgeno�, jetzt H�lflos und gebeugt unter dem Drucke der Jahre und Armuth, und ging beim Kriegsvolke bettelnd umher. Als Psammenit dieses sah, weinte er laut auf und rief ein �ber das andere Mal seinen alten Freund mit Namen. Cambyses wunderte sich, da� er jetzt weine, da er doch bei dem jammervollen Anblicke seiner Kinder unger�hrt geblieben war, und lie� ihn nach der Ursache fragen. �Ach," seufzete jener, �f�r das Ungl�ck meines Freundes haben meine Augen noch Thr�nen, aber mein eigener Schmerz ist f�r Thr�nen zu gro�!" Cambyses blieb nicht unger�hrt. Er befahl, den Sohn des Psammenit am Leben zu lassen. Aber es war zu sp�t; unter den Verurtheilten war er zuerst hingerichtet worden. Den gefangenen Vater behielt der K�nig bei sich und behandelte ihn g�tig. Als er aber in der Folge merkte, da� er die Aegyptier heimlich zum Auf st�nde gegen die Perser reizte, mu�te der Ungl�ckliche auf Befehl des Gro�k�nigs Gift trinken, woran er auf der Stelle starb.
So ward durch Cambyses im Jahre 525 vor Chr. der Thron der Pharaonen �ber den Haufeu geworfen, und Aegypten zur persischen Provinz gemacht.
Nach der Eroberung Aegyptens beschlo� Cambyses, das s�dlich ge-legene Aethiopien, von dessenNeichthnme man Wunderdinge erz�hlte, sich zu unterwerfen. Von Theben aus schickte er erst ein Heer von etwa f�nfzigtausend Mann in die libysche W�ste, um die Einwohner der ein-zelnen gr�nen Strecken (Oasen) zu unterjochen. Vorz�glich sollte dieser Zug gegen den in der W�ste gelegenen Staat Ammonium gerichtet sein. Ein gro�er Theil des Heeres aber fand in der brennenden W�ste durch Sandwirbel seinen Untergang. Fast eben so ungl�cklich war der Zug gegen Aethiopien, den er selbst unternahm. Durch Hunger gelungen, mu�te er zur�ckkehren. Voll Unmut!) und Ingrimm langte er wieder in Memphis an. Hier wurde gerade ein gro�es Freudenfest ge-feiert. Ein neuer Apis war gefunden, und das g�ttliche Thier wurde
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vom jubelnden Volke im Triumphe durch die Stadt gef�hrt. Cambyses glaubte, man freue sich seiner Unf�lle, und lie� seine Soldaten mit gez�ckten Schwertern in die Volksmassen einHauen und die Priester mit Ruthen peitschen. Selbst der gefeierte Gott blieb nicht verschont. Er lie� ihn vor sich f�hren und verwundete ihn mit dem Dolche.
Seinen Kummer zu vergessen, ergab er sich von nun an dem Tr�nke. Keiner war mehr vor seiner Laune sicher. Einst kam sein G�nstling Prex�spes zu ihm. Diesen fragte er im Weinrausche, was wohl die Perser von ihm d�chten. �Herr," antwortete jener freim�thig, �sie geben dir das gr��te Lob; nur meinen sie, du seiest dem Weine zu sehr er-geben." � �So!" rief der K�nig, �und also glauben sie wohl, ich sei dann meines Verstandes nicht m�chtig? Nun gut, wir wollen sogleich sehen, ob sie Recht haben. Gib Acht! wenn ich deinen Sohn, der dort unten im Vorhofe steht, mit dem Pfeile mitten in das Herz treffe, so m�ssen die Perser doch wohl Unrecht haben." Und mit den Worten nimmt er Bogen und Pfeil, legt an, dr�ckt ab, � das Kind st�rzt nieder. Es wird ge�ffnet; � der Pfeil hat wirklich das Herz getroffen. �Nun, Prex�spes!" rief der Unmensch, �bin ich betrunken? gibt es einen des-seren Sch�tzen?" � �Nein," stammelte der ungl�ckliche Vater, �nein, selbst ein Gott h�tte nicht besser getroffen!" Seinen eigenen Bruder Smerdis, �ber welchen ein Traum ihn beunruhigt hatte, lie� Cambyses umbringen; seine Schwester, die des Smerdis Tod beweinte, t�btete er mit einem Fu�tritte. In Anwandlung �bler Laune lie� er oft Menschen, die nichts verbrochen hatten, lebendig verbrennen.
Diese und andere Handlungen der unsinnigsten Wuth hatten die Gem�ther von ihm entfernt. Ein Meder benutzte dieses Mi�vergn�gen und bem�chtigte sich unter dem Namen Smerdis, dessen Tod man verheimlicht hatte, des Thrones. Cambyses war entschlossen, nach Snsa zu gehen, um den Betr�ger zu strafen, als er beim Aufsteigen auf das Pferd sich mit dem S�bel in die H�fte verwundete. Er starb an dieser Wunde, ohne Kinder zu hinterlassen.
c. Darins (521-485 vor Chr.).
Aber auch Smerdis war seiner angema�ten W�rde nicht lange froh. Sein Betrug ward entdeckt. Ihm waren unter Eyrns gewisser Verbrechen wegen die Ohren abgeschnitten worden, und diesen Mangel hatte
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er trotz aller angewandten Sorgfalt nicht verbergen k�nnen. Die Ent-becfimg des Betruges verursachte eine Verschw�rung von sieben der vornehmsten Perser, die keinen Meder �ber sich wollten regieren lassen. Diese Verschw�rung kostete dem falschen Smerdis das Leben.
Die sieben Verschworenen, deren einer Darins, der Sohn des Hystaspes, war, �berlie�en die Wahl eines K�nigs dem Willen der (S�tter. Es wurde ausgemacht, man wolle an einem bestimmten Tage der ausgehenden Sonne (die von den Persern g�ttlich verehrt wurde) entgegenreiten, und wessen Pferd bei dem gemeinschaftlichen Ritte zuerst wiehern w�rde , der solle K�nig sein. Der Stallmeister des Darins be-wirkte durch eine List, da� das Ro� seines Herrn zuerst wieherte, Zugleich blitzte und donnerte es, was als eine g�nstige Vorbedeutung galt; und augenblicklich sprangen die Begleiter von den Pferden und warfen sich vor Darius, als ihrem Herrscher, nieder.
Die fr�here lange Abwesenheit des Cambyses und die Regierung des falschen Smerdis hatten vielen Unordnungen im Reiche freien Lauf ge-lassen. Zuerst suchte Darius diese abzustellen. Dann theilte er das ganze Reich in zwanzig Satrapien oder Statthalterschaften und bestimmte f�r jede die erforderlichen Abgaben. Bald aber rief ihn eine gro�e Emp�rung in Babylon, welches das Perserjoch abzuwerfen gedachte, zu den Waffen. Darius selbst zog au der Spitze seines Heeres dahin und belagerte die Stadt; aber die B�rger spotteten hinter ihren festen Mauern jedes Angriffes. Alv nun der K�nig einst mi�muthig in seinem Zelte sa� und sein Vorhaben schon auszugeben gedachte, trat pl�tzlich sein Feld-Herr Zopyrus herein, Nase und Ohren waren ihm abgeschnitten, das Haar ihm wie einem Sklaven abgeschoren. Erschrocken sprang der K�nig auf und rief: �Wer ist der Verwegene, der so an meinem treuefteti Diener gehandelt hat?" - �Ich selbst!" war die heitere Antwort, �und zivar dir zu Liebe; denn so hoffe ich die Stadt zu erobern. So wie du mich hier siehst, gehe ich nach Babylon und gebe vor, diese grausame Verst�mmelung h�tte ich von dir erlitten und w�nschte jetzt nichts sehn-licher, als mich an dem Tyrannen zu r�chen. Sie werden mir eine Mannschaft geben, und mit derselben werde ich einige gl�ckliche Ausf�lle macheu. Du mu�t mir am zehnten Tage tausend Mann der schlechtesten Truppen entgegen schicken, da� ich sie schlage, sieben Tage darauf zweitausend andere, und nach zwanzig Tagen viertausend. Bin ich so zu dreien Malen Sieger gewesen, so werden sie mir gewi� trauen und den
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Oberbefehl �ber das ganze Heer geben; dann la� mich nur sorgen!" � Jetzt eilte er nach den Thoren von Babylon und sah sich unterwegs oft um, als w�re er ein wirklicher Ueberl�ufer. Er wurde in die Stadt ge-lassen und spielte hier seine Rolle ganz meisterhaft. Die get�uschten Ein-wohner gaben ihm eine Mannschaft. Mit dieser hieb er die ersten tausend Feinde, dann die zweitausend und zuletzt die viertausend nieder. Die ganze Stadt pries sich gl�cklich �ber die Aufnahme dieses Gastes und machte ihn zum Oberfeldherrn. Da war es ihm ein Leichtes, die Perser in die Stadt zu lassen und das ihm anvertraute Heer in's Ver-derben zu f�hren. Darius machte den Zopyrns zum Statthalter von Babylon und gab ihm gro�e Geschenke. Er hatte inniges Mitleid mit ihm. �Lieber wollte ich," pflegte er zu sagen, �den Zopyrus nicht so ver-st�mmelt sehen, als noch zwanzig St�dte wie Babylon erobern." Von diesem und vielen anderen gl�cklichen Feldz�gen gibt uns neben den Berichten der alten Schriftsteller auch ein h�chst merkw�rdiges Kunstmerk Nachricht, welches sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat; es ist das Jnschriftendenkmal von Bisitun. K�nig Darius n�mlich lie� am oberen Choaspes die schroffe Felswaud des G�tterberges �Bagistan" oder �Bisitun" gl�tten und in einer Nische sein eigenes Vildni� aufstellen, umgeben von besiegten und gefesselten K�nigen. Lange Inschriften in wunderbaren Schriftzeichen, der s. g. Keilschrift, geben die geschichtlichen Erkl�rungen zu den bildlichen Darstellungen.
Als die Ruhe im Innern des Reiches hergestellt war, beschlo� Darius dasselbe auch nach au�en zu erweitern. Er wollte jetzt an der Spitze seiner V�lker deu dritten Erdtheil, unser sch�nes Europa, unterjochen. Zum Gl�ck aber hatte die g�ttliche Vorsehung an der �u�ersten Grenze von Europa ein zwar kleines, aber muthiges und freiheitliebendes V�lk-chen als feste Schutzwehr gegen die wilden Asiaten hingestellt. Das waren die Griechen. Wir werden in der Geschichte derselben auf diesen glorreichen Freiheitskampf zur�ckkommen.
8. (beschichte der Griechen.
11. Kurze Beschreibung Griechenlands.
Mit freudigem Gef�hle betreten wir jetzt den klassischen Boden des sch�nen Griechenlands, das durch Merkw�rdigkeiten der Natur und Ge-
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schichte gleich ausgezeichnet ist. Allenthalben umgeben uns hohe Erin-*eru^e": mit ,iebem Schritte sto�en wir auf Tr�mmer vergangener Herrlichkeit. Hier ist jeder H�gel, jeher Quell, jeder Stein bald durch emes Helden Namen, bald durch das Andenken von Gro�thaten, durch Kunstlertalent, oder durch den Zauber der Dichtkunst geheiligt.
Das alte Griechenland ging nicht weit �ber die Grenzen des neuen K�nigreiches Griechenland hinaus; es umfa�te nur noch die jetzt t�rkischen Provinzen Janjah (Thessalien) und einen Theil von Albanien, das alte Eprrus. In der Mitte dreier Erdtheile gelegen und nach drei Seiten vom Meere umflossen, das in den tief eiugezackten Ufern die sch�nsten Hafen bildet, hat es die g�nstigste Lage f�r Handel und Verkehr. Gegen Osten und S�den besp�lt es das �g�ische, gegen Westen das ionische
r; nur im Norden h�ngt es mit dem festen Lande zusammen.
Das Hauptgebirge des Landes ist der Pindus, welcher von Norden nach S�den zieht und auf der Grenze der ehemaligen Landschaften Epirus und Thessalien liegt. Rippenartig setzen sich an diesen westw�rts das keraunische, ostw�rts das karnbnnische Gebirge; weiter nach S�den liegen auf derselben Seite die Othrys- und Oeta-Berge. In Mittelgriechenland setzt sich das Gebirge in der Richtung auf die Landenge von Korinth wellenartig fort; einzelne Hauptgipfel ragen aus den H�henz�gen hervor, so in Phocis der Parna�, in B�otien der Helikon, auf der Grenze gegen Attika der Kith�ron, in Attika selbst der Pentelilus und Hpmettus. Eine Felsenrippe verbindet Mittelgrie-chenland mit dem Peloponnes, in dessen Mitte das Hauptgebirge rings 11111 Radien als ein viereckiger Wall liegt. Fingerartig gehen von da drei Ketten nach S�den bis zum Gestade des Meeres. Der Taygetus in Lakonien ist unter diesen drei Ketten die bedeutendste.
Die Fl�sse des eigentlichen Griechenlands sind von geringer Ve-dentung. Westw�rts flie�en der Achel�ns und Alpheus; nach S�den der Pamrsus und Enr�tas; nach Osten der Jnachus und Peneus; ein Binnenflu�, in der Landschaft B�otien, ist der Cephifsus.
Heiter und sch�n, wie das Land selbst uud der Himmel, der sich �ber demselben w�lbt, waren auch die Bewohner. Sie waren f�r die Dicht-i nnst, Musik und die �brigen sch�nen K�nste, aber auch zugleich f�r das Ernste und f�r die h�chsten Wissenschaften, welche Tiefsinn und strengen
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Forschungsgeist erheischen, gleich empf�nglich. Ihre �bergebliebenen Werke dienen uns noch jetzt zum bildenden Muster.
Griechenland zerfiel in vier nat�rliche Haupttheile: in Nordgriechen-lctnd, Mittelgriechenland oder Hellas, den Peloponnes oder die s�dliche Halbinsel und endlich das Jnselreich.
1. Nordgriechenland umfa�te zwei Landschaften, Thessalien und Epirus, zwischen welchen von Norden nach S�den das wilde zackige Felsengebirge des Pindus sich hinzieht. Von mehren Armen dieses Gebirges umschlossen, bildet a. Thessalien die gr��te und fruchtbarste Thalebene des ganzen Landes und wird vomPeneus durchstr�mt. Dieser Flu� durchschl�ngelt auch das durch seine Natursch�nheiten so ber�hmte Thal Tempe zwischen den Bergen Olympus und Ossa. Der Olym-pns galt f�r den Wohnsitz der G�tter. Unter den St�dten verdienen bemerkt zu werden: Phthia, Larissa, Phars�lns, Meth�ne, Pher�. �
Epirus, d. i. Festland, mit den Fl�ssen Acheron und Kocytus. Den heiligen Mittelpunkt dieser bergigen Landschaft bildete die Stadt Dod�na mit dem �ltesten Orakel des Zeus. Die fr�heste Bev�lkerung f�hrte hier den Namen Gr�ken, d. i. Griechen, nach ihrem StammhanpteGr�kos.
2. Hellas (jetzt Lioadlen) umfa�te acht Landschaften: 1) Attlka, 0. i. K�stenland, die denkw�rdigste aller Landschaften. Sie bildet eine nach S�den in das Vorgebirge Sunmm (jetzt Cap Colonna) auslaufende gebirgige und wenig fruchtbare Halbinsel. Der Berg Pentelrkus war ber�hmt wegen seines Marmors, der Hymettus wegen seines Honigs. Die Hauptstadt ist Athen, mit den H�fen Pir�ens, Mimichta und Pha-l�ron. Unter den vielen Flecken sind merkw�rdig: Marathon, Eleusis, Decelea undLaurwu. als Sitz der attischen Silberbergwerke.�2)Meg�-ris, auf der Br�cke zwischen Hellas und dem Peloponnes, mit der nahe an der K�ste liegenden Stadt Meg�ra. � 3) B�otien, im Inneren eine weite, vom As�pns und Cephissus wohlbew�sserte Tiefebene, an deren R�ndern der sagenreiche Kith�ron liegt und der Helikon, der Sitz der Musen. In dieser Landschaft lagen viele merkw�rdige St�dte, als Theben (jetzt Thiva), mit der Burg Kadmea, ferner Plat��, Thespr�, Leuktra, Ch�ronea, Koronea und Aulis. � 4) Ph�cis. Hier war die heilige Stadt Delphi (jetzt Kastri) am Fu�e des Berges Parn�ffus, un-weit der den Musen geweihten Quelle Kastalla, ber�hmt durch das Orakel des Apollo; ferner Krissa mit dem Hafen Kirrha und Elatea. �
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5) Das westliche und �stliche L�kris mit dem wichtigen Pa� Thermo-pyl�. Auf der einen Seite bilden ihn die steilen Abh�nge des Oeta-gebirges, auf der anderen ein unzug�nglicher Marschboden am Saume des Meeres. Der Pa� ist eine Meile lang und so schmal, da� an zwei Stellen kein Wagen dem andern ausweichen kann. In der Mitte ent-springen warme Quellen, von denen die Schlucht ihren Namen Thermo-pyl�, d. i. warme Thore, f�hrt. Im westlichen Lokris lag die Stadt Naup�ktus (jetzt Lepanto). � 6) Doris. � 7) Aetolien. � 8) Akarnanien, � alle drei ohne bedeutende St�dte.
3. DerPeloponnes (jetzt Morea), eine Halbinsel, welche durch den schmalen Isthmus (Landenge) mit Hellas zusammenh�ngt, umfa�te nenn Landschaften, die wir am leichtesten �berblicken, wenn wir mit dem Binnenlands Arkadien beginnen und dieses rings umgehen. 1) Arkadien, ein von Gebirgen umschlossenes Hochland, in welchem hohe Berge mit weidenreichen, zur Viehzucht geeigneten Triften und fruchtbaren Th�lern abwechseln. Es bildet den Kern und den Mittelpunkt der Halbinsel. Die Hauptfl�sse sind der Alpheus, welcher einen westlichen, und der Eurotas, welcher einen s�dlichen Lauf nimmt; die Hauptst�dte: Mantinea (jetzt Pal�opoli), Tegea, Orchomenus, Megalopolis. Die Arkadier waren ein einfaches, durch Hirtenleben abgeh�rtetes und streitbares Volk, das oft, wiejp�ter die Schweizer, um Sold in fremde Kriegsdienste trat. �
2) Lakonren, die s�dliche Landschaft, mit der Hauptstadt Sparta (jetzt Pal�ochori, unweit Mifitra) am Flusse Eur�tas. d. i. Sch�nstrom. Sparta mit seinem Stadtgebiete wurde auch Laced�mon genannt, oft aber galten diese beiden Namen auch als gleichbedeutend. Unter'den �brigen St�dten sind bemerkenswert!): Helos, Amycl� und Sellasia. �
3) Messenden mit der Stadt Messene'(jetzt Manromati), den Vergeltungen Jthome und Eira und mit den Hafenst�dten Meth�ne und Pylos (Navarino). - 4) ENs mit den Fl�ssen Alpheus und Peneus, den St�dten Elis, Cyllene, Pisa sammt Olympia, einem geheiligten Platze mit Alt�ren, dem Hain Altis, einem Tempel des Zeus und einer gro�en
Ebene, auf welcher die olympischen Spiele gefeiert wurden. _
5) Ach�ja mit zw�lf St�dten, unter denen Dyme, Patr� und Pellene die bedeutendsten waren. � 6) Sicyonia mit dem durch Erzgu� be-r�hmten Sicyon. � 7) K�nnth am Isthmus, ber�hmt durch Schiff-fahrt und Handel. Die Stadt gleichen Namens hatte am saronischen Meerbusen zwei H�fen: Kenchre� (jetzt Kechris) und Sch�nns; am
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korinthischen den Hafen Lech�nm. Von der Bl�the der Baukunst in Ko-rinth zeugt die nach ihr benannte �korinthische S�ule". � 8) P h l i a s i a, ein kleiner Staat, mit der Hauptstadt Phlius. � 9) Argolis, eine Landzunge an der �stlichen Seite der Halbinsel, mit den St�dten: Argos, Myc�n�, Epidanrns, Nemea, Tr�zene (jetzt Damala), Tiryns und der Hafenstadt Nanplia (jetzt Napoli di Romania.)
4. Die griechischen Inseln. � Das feste Land ist mit einem Kranze von Inseln umgeben, die schon fr�he vou Griechen besetzt, auch als Theile ihres Landes betrachtet wurden. Der Schiffer, welcher von einer dieser Inseln ausf�hrt, hat fast immer eine andere als Leitstern in Sicht. Wir unterscheiden zun�chst im Allgemeinen die Inseln des ioni-schert und die des �g�ischen Meeres. Zu den bemerkenswerthesten im ionischen Meere geh�ren: Korcyra (Korfu), Zakynthus (Zante),. Jth�ka (Theaki) und Cephallenia (Cephalouia) an der Westk�ste. � Cythera (Cerigo) an der S�dk�ste. � Im �g�ischen Meere liegen die Inselgruppen: l) die Cykl�den, d. i. Kreisinseln, weil sie im Kreise imt Dolos liegen, unter denen Dolos, Paros, Naxos und Koos (�ia); � 2) die Spora den, d. i. zerstreut liegende, wie sie im Gegen-satze zu den Kreisinseln genannt wurden. Von diesen lagen im west-liehen Theile des �g�ischen Meeres Aegiua, Salamis und das lang-gestreckte Eub�a mit den St�dten Chalcis und Eretria; unter den n�rdlich gelegenen Mandern geh�rten Lemnos, Jmbros, Thasos n. a. dazu. Die wichtigsten dieser Inseln aber sind der Westk�ste Kleinasiens vor-gelagert, n�mlich Lesbos, Chios, Samos und Rhodus. Im S�den wurde das Gebiet der griechischen Inseln durch Kreta wie tmrch einen vorgeschobenen Niegel abgeschlossen. Unter den fern liegenden Inseln sind zu merken das eben genannte Kreta (Kandia), mit dem Berge Ida und den St�dten Cydonm, Gortyna und Knossus; Cyprns (Cypern), das n�chste Ziel der Seefahrten der Ph�nizier, mit den St�dten Salamis, Paphos und Cittum.
Die Kolonien. � Bl�hender und m�chtiger, als die meisten St�dte Griechenlands selbst, waren die Kolonien, welche einzelne griechische St�dte in fremden L�ndern gr�ndeten. Kein Volk alter und neuerer Zeit hat im Verh�ltnis zu seiner Gro�e eine solche Menge angelegt als die Griechen. Entweder war es Ueberv�lkerung, die einen Theil der
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Einwohner zur Auswanderung n�thigte, oder Unzufriedenheit mit der Verfassung der Vaterstadt, oder innere Stammfehden, Bedr�ckungen und Kriege, oder auch Handelszwecke. Zuerst wurde der ganze westliche Kustensaum Kleinasiens fammt den benachbarten Inseln mit griechischen Ansiedelungen bedeckt, welche durch die Gunst des Klimas, des Bodens und der Lage dieser Laudschafteu iu kurzerZeit zu einer au�erordentlichen Hohe der Macht, des Wohlstandes und der Bildung sich hinaufschwangen. Durch den rastlosen Unternehmungsgeist der Griechen erhoben sich nach und nach fast auf allen bedeutsamen K�stenpunkten des schwarzen, des griechischen, ionischen und des �brigen mittell�ndischen Meeres neue Kolonien. Zu den bedeutendsten geh�rten: l) An den K�sten des
STrnJZeered: @in5pe' Trapezunt, Tanais und Olbia; 2) an der Westk�ste Kleinastens.- Phoc�a, Smyrna, Ephesns, Milet, Halikarnassus -�3) auf @tahen und in Unter-Italien, welches sogar Gro�griechenland genannt wurde: Messana, Catana, Syrakus, Agrigent; � Kroton, Sybans, Tareut; 4) die wichtigsten Niederlassungen an den westlichen Gestaden des Mittelmeeres waren Massilia (Marseille im jetzigen Frankreich) und Sagunt, im jetzigen Spanien. 5) Selbst am Nord-pume Afrikas siedelten sich die Griechen an, Cyreue war hier ihre bedeutendste Niederlassung. So umklammerten die r�hrigen Griechen nach ^erdranguug der Ph�nizier bald das ganze Mittelmeer, aus dessen larnmtlicheu Gebieten sie dem Mutterlaude Sch�tze mancherlei Art zuf�hrten.
I>. Emth-ilimg bei- griechische� Geschichte.
Sie Geschichte des unabh�ngigen griechischen Volkes zerf�llt in vier Unterabtheilungen oder Perioden:
1) Von den �ltesten Zeiten bis auf Lykurg, 800 v. Chr.
Die Stammes-Sagen. Das Zeitalter der Helden und der Heldenkriege. Die Wanderungen. Die Vereinigungspunkte des griechischen Volkes.
2) Von 8o<) bis zum Beginne der Perserkriege, 500 v. Chr.
Es entwickeln sich die beiden wichtigsten Staaten Griechenlands: Sparta und Athen. Spartas Aufbl�hen wird begr�ndet durch die Th�tigkeit des Lykurg und durch der? gl�cklichen Ausgang der messenischen Kriege; f�r Athen hatte eine �hu-l'che Bedeiitniig die Gesetzgebung des Solon.
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3) Von 500 bis zum Beginne des peloponnesischen Krieges^
431 vor Chr.
Die Zeit der Perserkriege und der Bl�the Griechenlands, besonders Athens unter Perikles.
4) Von 431 bis zur Knechtung Griechenlands durch die Macedonier,
338 v. Chr.
Die Zeit des pelopouuesischen Krieges und des inneren mic �u�eren Verfalles.
Erste Periode. Von den �ltesten Zeiten bis auf Lykurg, S00 vor Christus.
1. Die Stammes-Sagen. � Ein geeinigtes Volk der Griechen kennti die �lteste Zeit noch nicht. Griechenland wurde vielmehr von vielen kleinen V�lkerschaften bewohnt, die vor und nach aus Asien, der Wiege der Menschheit, eingewandert waren. Das an der Nordgrenze sich aus� breitende Thracien insbesondere war gleichsam der gro�e Vorhof, durch welchen sie einzogen. Sie hatten alle im Ganzen dieselbe Sprache und waren auch wohl von demselben Stamme; �brigens aber besa�en sie an fangs wenig Gemeinsinn. Jede von den kleinen V�lkerschaften lebte getrennt f�r sich und war voll Neid und Eifersucht gegen die Nachbarn. Raub und Pl�nderung gaben Veranlassung zu immerw�hrenden Fehden und Kriegen unter einander. Die vielen Klippen und Berge, H�hlen und Waldungen, in denen das sch�ne Griechenland sich so mannig-faltig gestaltet, boten den raubenden Horden ihre nat�rlichen Festungen dar. Am meisten erlitten die fruchtbaren Gegenden den Anfall der Horden nnd den Wechsel der Bev�lkerung. Auch zur See wurden viele R�ubereien getrieben.
Pelasger. � Aus jener dunkeln Zeit der Sage �ber die Urbe-wohner Griechenlands leuchtet der Name der Pelasger am meisten hervor. Man darf sich darunter kein von den sp�teren Griechen stamm-verschiedenes Volk denken, es waren vielmehr ihre Altvorderen, so da� dieselben St�mme in fr�herer Zeit als pelasgische, sp�ter, zur Zeit h�he-rer Bildung, als griechische bezeichnet werden. Griechenland selbst soll in der Urzeit nach ihnen den Namen Pelasgla gef�hrt haben. Uebri-gons waren diese Pelasger kein rohes, barbarisches Volk, wie man sie fr�her wohl darstellte, Homer selbst, der gr��te Dichter der Menschheit, erw�hnt sie mit Ehrfurcht. Sie trieben schon Bergbau, vorz�glich aber
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Ackerbau, und wohnten deshalb am liebsten in fruchtbaren Ebenen, an schlammf�hrenden Str�men. Hier f�hrten sie m�chtige Steinburgen auf, hier lagen auch die �ltesten St�dte. Manche von den Niesenbauten hat eine Zeit von mehr als dreitausend Jahren nicht vertilgen k�nnen. Man findet deren noch jetzt in Griechenland als fortw�hrende Zeugen f�r die ur�lteste Zeit dieses merkw�rdigen Volkes; es sind die s. g. atopischen Bauten. Die Religion der Pelasger war einfach. Sie verehrten G�tter als Weltherrscher, in freier Natur, fast wie die alten Perser und Deut-schen. Zeus (Jupiter) war der Nationalgott, und Dod�na der Ort, wo sie ihn besonders gegenw�rtig glaubten. Hier ertheilte der Gott Orakel. Hier deuteten seine Priester aus dem Rauschen des sturmbewegten Hai-nes, aus dem Klappern aufgeh�ngter eherner Becken und aus dem Rieseln der Quellen die Zukunft.
Hellenen. � Im Verlaufe der Zeit aber schwand der Name der Pelasger mehr und mehr aus der Geschichte, und glanzvoll erhob sich dagegen der Name der Hellenen, der sich immer weiter ausbreitete und am Ende der Gesammtname des griechischen Volkes wurde.
Als Stifter und Stammvater ihres Volkes verehrten die Hellenen den Hellen, einen Sohn Deuk�llon's, der einer gro�en Wasserfluth in Thessalien gl�cklich entronnen war. Auf Hellen's S�hne, Ae�lus und Dorus, und auf seine Enkel, Jon und Ach�ns, f�hrten die Hellenen ihre vier Volksst�mme, Aeoler, Dorier, Jonerund Ach�er, zur�ck, in welchen sie sich �ber Griechenland verbreiteten. Unter diesen unterschie-den sich vorz�glich die Dort er und I o rt e r durch besondere Eigent�mlichkeiten in Sitte und Leben. Sparta und Athen erscheinen sp�ter als Vertreter dieser beiden Volksst�mme, Sparta des dorischen, Athen des ionischen.
Urspr�nglich wohnten die Hellenen in der Landschaft Hellas, einer Gegend in Thessalien, und breiteten sich zun�chst �ber ganz Thessalien aus. Vor den stammverwandten Pelasgern gl�nzten sie her-vor durch einen h�hern Grad der Bildung und durch k�hne ritterliche Thaten. Aus Thessalien zogen bald ritterliche F�rsten der Hellenen mit ihrem Gefolge immer weiter nach S�den und breiteten mit ihrer Herr-schaft auch ihren Namen aus. Im Verlaufe der Zeit nahmen immer mehr pelasgische St�mme mit der Bildung der Hellenen auch den geehr-ten Namen derselben an; einzelne pelasgische St�mme dagegen lie�en sich auch in Italien nieder. Nicht lange nach Homer (um 1000 v. Chr.)
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war der Name �Hellenen" Gesammtname der Nation. Die R�mer aber bezeichneten die Gesammtheit der griechischen St�mme mit dem Namen Graeci � wohl nach dem Namen des �lteren, ihnen zuerst bekannt ge-wordenen Stammes der Gr�ken, der seinen Sitz in Epirns, um das Heiligthum des Zeus zu Dod�na hatte und von eineni Stammf�hrer, Gr�kos, seinen Namen f�hrte. Es mu� deshalb auch wohl der Name �Gr�ken" in �lterer Zeit, und zwar insbesondere bei den westlichen St�mmen der Griechen, gegolten haben. Sp�ter aber schwand derselbe, und der Name Hellenen kam auf. Nach den R�mern nennen auch wir die Hellenen Griechen.
Fremde Einwanderungen. � Mehrfache Sagen deuten dar-auf hin, da� auch Kolonisten aus fremden L�ndern, die bereits einen h�heren Grad von Bildung besa�en, namentlich aus Aegypten und Kleinasien, schon in den �ltesten Zeiten bei den Griechen sich niederlie�en und auf Lebensart, Besch�ftigung, Religion und Sitten der Eingeborenen vielfach einwirkten. Als solche werden angegeben:
Eecrops. Dieser soll um das Jahr 1500 vor Christus mit einer �gyptischen Kolonie aus Sais nach Attila gezogen und hier die Burg Cecropla angelegt haben. Aus dieser ging allm�hlich, da sie ringsum mit Wohnungen und Tempeln umbauet wurde, die ber�hmte Stadt Athen hervor, die nach der von ihr verehrten Schutzg�ttin Athen� also genannt wurde. Durch Lehre und Beispiel rief dann sp�ter der gro�e Held Theseus die vereinzelten Bewohner der Umgegend zur Gesel-ligkeit und menschlichen Sitte, gew�hnte sie an feste Wohnsitze und wurde so der Stifter des Staates, aus welchem sp�ter ein wohlth�tiges Licht in alle L�nder stralte.
Kadmns aus Ph�nizien, der Sohn des K�nigs Ag�nor. Er lan-bete fast um dieselbe Zeit mit einer Kolonie Ph�nizier in B��tien, wo er die Burg Kadm�a erbaute und hierdurch den Grund zur Stadt Theben legte. Derselbe Kadmus soll auch die so n�tzliche Buchstaben-schrist nach Griechenland gebracht haben.
Dan aus. Dieser kam bald nachher mit anderen Ansiedlern aus Chemnis (in Ober-Aegypten) nach Griechenland und lie� sich in Arg�lis nieder.
Pelops, ein Sohn des Tantalns, F�rsten von Sipylus in Lydien, der um 1320 vor Chr. aus Phrygien nach jener s�dlichen Halbinsel
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gekommen sein soll, die nach ihm Pel�ponn�sns, d. i. Pelops Insel*) genannt wurde. Er trat hier durch Heirath mit dem m�chtigen Stamme des Perseus in Verbindung. Durch seine S�hne Atreus und Thyestes, so wie durch seine Enkel Agamemnon und Aegisthus wurde der Stamm der Pelopiden das herrschende F�rstengeschlecht im Pelo-ponnes.
Diese Fremdlinge wurden als die ersten Gr�nder griechischer Staaten angegeben. Was aber auch die Griechen �gyptischen oder kleinasiatischen Kolonisten zu verdanken haben m�gen; Alles haben sie sp�ter eigenth�m-lich umgepr�gt und zu einem neuen Ganzen verschmolzen, in welchem keine fremdartige Beimischung mehr zu erkennen ist.
2. Das Hcldenzcitalter (1300 bis gegen 1100 v. Chr.). � Bald erwachte in Griechenland ein Heldengeist in eigenth�mlicher Gr��e. K�rperkraft und k�hner Muth galten f�r's H�chste; Waffen waren die k�stlichsten Sch�tze. W�hrend die Frauen in stiller und abgesonderter H�uslichkeit wohnten und webten, �bten sich die M�nner in ritterlichen. Spielen, oder durchzogen, bald einzeln, bald in ganzen Scharen, das Land, um es von R�ubern und wilden Thieren zu s�ubern; denn damals hanseten noch in dem Dickicht der W�lder wilde Eber, in den sumpfigen Seen gr�uliche Schlangen, Berg und Thal erscholl vom Gebr�lle der L�wen und B�ffel. Auch fern von der Heimath, in weit entlegenen L�ndern suchten sie Kampf und Beute. Menschen und Vieh wurden im Triumphe als Siegesbeute fortgef�hrt. Durch ihre Gro�thaten haben sich Herkules, Theseus, Perseus, Beller�phon und andere Helden der griechischen Vorzeit einen solchen Ruhm erworben, da� ihre Nachkommen voll Erstaunen sie als Halbg�tter verehrten und ihre wun-derbaren Thaten in Liedern besangen. K�mpfe mit Drachen, Riesen und Ungeheuern aller Art, selbst abenteuerliche Reisen in die Unterwelt sind in den Sagen von den Gro�thaten dieser Helden nichts Seltenes. So hei�t es von Herkules, er habe schon als Kind in der Wiege zwei Schlangen zerrissen. Als Knabe soll er einen Olivenbaum aus der Erde gewunden, aus diesem sich eine Keule verfertigt und hiermit einen L�wen erschlagen haben, dessen Haut ihm dann als Umwurf diente.
*) Der neuere Name Wcorm, welcher das Blatt eines MaulbeerbaumeK bezeichnet, weil hiermit die Halbinsel Aehnlichkeit hat, ist ihr von den Vene-tianern beigelegt worden.
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Der Argonautenzug (um 1250 vor Chr.). � Nach den sp�teren Sagen der Griechen unternahm zuerst Jason, ein thessalischer F�rst, in Verbindung mit dem Kerne der griechischen Heldenjugend, eine h�chst abenteuerliche Fahrt auf dem Schiffe Argo, um das goldene Flie� oder Fell (ein Sinnbild des Neichthumes) aus Kolchis am schwarzen Meere zu holen, welches ein anderer griechischer F�rst, mit Namen Phryxus, als Weihegeschenk f�r den K�nig des Landes schon fr�her dahin gebracht hatte. Diese Fahrt ist unter dem Namen Argonauten-z u g ber�hmt.
Zug der Sieben gegen Theben (um 1230 vor Chr.). � Eben so merkw�rdig ist der Krieg, welchen sieben verb�ndete F�rsten, n�mlich: Adrastns, Tydeus, Polyuices, Amphiar�us, Kap�neus, Hippomedon und Partheuop�us gegen Theben unternahmen, um dem Polynices, einem Sohne des ungl�cklichen K�niges Oedlpns und Schwiegersohne des Adrastus von Argos, gegen seinen Bruder Ete�kles und dessen Bnn-desgenossen beizustehen. Erst zehn Jahre sp�ter wurde der Rachekrieg durch die S�hne der Erschlagenen erneuert und beendigt.
Ganz vorz�glich aber waren die Streifz�ge gegen die K�ste von Kleinasien gerichtet, weil hier die reichste Beute zu finden war. Derglei-chen R�ubereien, welche durch Sage und Dichtung sp�ter mannigfach ausgeschm�ckt wurden, galten den rohen M�nnern auch f�r Heldenthaten.
Der trojanische Krieg (um 111)4�1184 v. Chr.). � Einst schiffte ein Prinz aus Kleinasien, Paris hie� er, nach dem Peloponnes. Er war der zweite Sohn des Priamus, K�nigs von Troja. Diese Stadt lag an der Westk�ste in der Landschaft Myfien. Zu Sparta bei dem K�nige Menel�us kehrte er ein. Der kannte seinvb�se Absicht nicht und nahm ihn gastfreundlich auf. Eines Tages war Menelans gerade abwesend. Und eiligst ergriff der Undankbare das Weib desselben, die sch�ne Helena, f�hrte sie sammt den kostbarsten Sch�tzen des Hauses nach feinem Schiffe und floh dann mit seinem Raube �ber's Meer weg nach Troja. Wie erschrak Menelaus, als er zu Hause ankam mtd alles leer fand! Jetzt sann er auf Rache. Mit Gewalt wollte er fein Weib wieder holen. Alle K�nige und K�nigss�hne im Lande umher fanden sich bereit, den Rachezug mitzumachen, denn alle sahen die Entf�hrung als einen Schimpf f�r ganz Griechenland an. Vorz�glich aber lockte sie die Hoffnung auf die reiche Beute, welche sie aus der eroberten und gepl�nderten
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Stadt fortzuf�hren gedachten. Der Hafen Aulls in V�otien wurde zum allgemeinen Sammelplatze bestimmt. Dahin kamen mit ihren Scharen gezogen Menelans selbst, und sein Bruder Agamemnon, K�nig von Mycen�; ferner der unerschrockene Diom�des aus Argos, Ajax aus Salamis, und Ajax aus Lokris, Patroklus und Philok-totes aus Thessalien, Mnesthens aus Athen, Jdomeneus aus Kreta und andere ber�hmte Helden. Der ausgezeichnetste und gefeiertste aller K�mpfer aber war Achilleus, F�hrer der Myrmid�nen aus Thessalien, der an K�hnheit und Gewandtheit einem L�wen glich. Da-gegen kam Keiner an Klugheit und Erfahrung dem O d y s s e n s (Ulysses), K�nig von Jthaka, und dem alten Nestor von Pylos (in Messenien) gleich. Die Gesammtzahl der Griechen soll sich auf hunderttausend Mann belaufen haben, und beinahe zw�lfhundert Schiffe dienten zur Ueberfahrt. Agamemnon, den m�chtigen K�nig des Landes, w�hlten die �brigen F�rsten zum Oberanf�hrer, lie�en sich aber dadurch von der Herrschaft �ber ihre eigenen V�lker nichts nehmen.
Em widriger Wind verhinderte lange das Auslaufen der Flotte. Das schien ein Mi�fallen der G�tter anzudeuten. Man holte einen Priester herbei, Kalchas hie� er; er sollte erforschen, wie man ihren Zorn bes�nf-tigert k�nne. �Nur durch das Blut der geschlachteten Ip higenra, der Tochter des Agamemnon!" war die schreckliche Antwort. Und wirklich w�rde das traurige Opfer wohl gebracht worden sein, w�re nicht pl�tz-lich w�hrend der Vorbereitungen zum Opfertode die Jungfrau ver-schwunden. Die G�ttin Artemis, so ging die Sage, entf�hrte sie in einer verh�llenden Wolke nach der w�nschen Halbinsel und schob ein Reh unter. Dieses wurde geopfert. Nun wandte sich augenblicklich der Wind. Die Flotte lief aus und landete gl�cklich an der trojanischen K�ste. Aber wie fanden sich hier die Griechen get�uscht! Die Stadt, aus welcher sie das sch�ne Weib nebst der reichen Beute zu holen gedachten, war durch hohe Mauern und Th�rme befestigt. In derselben war ein zahlreiches Heer der Trojaner und ihrer Verb�ndeten; an der Spitze desselben Heftor, der �lteste Sohn des Priamns, der es an Muth und Tapfer-feit mit jedem Griechen aufnahm. Deshalb verz�gerte sich die Eroberung wider alles Erwarten zehn Jahre lang. Aus Mangel an Lebensmitteln konnte das Heer nur selten beisammen sein. Die Truppen zerstreuten sich scharenweise auf's Land, nnt Vieh und Korn herbeizuholen. Manche trieben Seer�uberei und �berfielen die benachbarten Inseln und K�sten.
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<@in Haufen mu�te sogar den Ackerbau besorgen. Der zur Belagerung zur�ckgebliebene Theil machte sich ein gro�es Lager mit zahllosen H�tten und Gezeiten und umgab es zur Sicherheit mit einem breiten Graben. Die au's Land gezogenen Schiffe bildeten gleichsam die Vormauer. Die ger�umige Ebene zwischen der Stadt und dem Schiffslager der Griechen war der Schauplatz der Heldenthaten beider Nationen. Die Anf�hrer k�mpften gew�hnlich auf Streitwagen, die mit zwei oder drei Rossen be-spannt waren; die Gemeinen zu Fu�; Reiterei hatte man noch nicht. Die Waffen bestanden aus Lanzen, Schwertern, Wurfspie�en, Schleu-deru und Bogen, und waren die Waffen verbraucht, so warf man wohl mit gro�en Steinen aufeinander. Zur Deckung dienten hohe kegelf�rmige Helme, Brustharnische und Beinschienen, alles von Erz, und gro�e Schilde, die gew�hnlich aus Niudsh�uteu gefertigt, oft jedoch mit Erz eingelegt waren. Ihre Schlachtordnungen waren noch ziemlich ungeregelt. Sie fochten in gemischten Haufen, ohne die Streiter nach der Waffengattung abzutheilen. Es kam auch weit mehr auf die vork�mpfen-den F�rsten, als auf die Heere selbst an. Jene entschieden in der Regel durch pers�nliche Tapferkeit den Ausgang der einzelnen Schlachten. W�hrend n�mlich die beiderseitigen Schlachtreihen ergrimmt gegen ein-ander standen, kam aus der ge�ffneten Reihe ein F�rst zu Wagen in die Mitte gesprengt, r�hmte laut seine edele Abkunft und forderte stolz einen feindlichen F�hrer zum Zweikampfe heraus. Die Heere sahen blos dem grausigen Kampfe in ihrer Mitte mit gespannter Erwartung zu. Aber sobald der Eine oder der Andere fiel, wurden sie um die Rettung der Leiche und der kostbaren R�stung handgemein. Nach der Schlacht trat gew�hnlich ein Waffenstillstand von mehren Tagen ein, um die Leichen zu verbrennen und Todtenfeste zu feiern. Dann begann der Kampf von Neuem. Siege und Verluste wechselten auf beiden Seiten.
Es war ein gro�er Nachtheil f�r die Griechen, da� ihr gr��ter Held Achilleus, aus bitterem Grolle gegen Agamemnon, mit welchem er sich entzweit hatte, eine geraume Zeit sich ganz vom Kampfe zur�ckzog und sogar frohlockte, als die Trojaner siegend selbst in das griechische Lager drangen. Nur erst, da sein Herzensfreund Patroklus vom Heftor erschlagen war, erhob er sich wieder wie ein grimmiger L�we. W�thend durch* raunte er das Schlachtfeld und durchbohrte einen Trojaner nach dem anderen. Doch alles Blut der Erschlagenen konnte seine Rache nicht s�ttigen. Hektor, den M�rder seines Freundes, suchte er. Endlich traf
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er ihn vor dem Thore der Feste und erhob ein f�rchterliches Freuden--geschrei. Hektor, so k�hn er auch sonst war, diesmal floh er vor Angst davon. Aber hastig war Achilleus mit der Lanze hinter ihm her unb holte ihn ein. Nun begann unter beiden ein grimmiger Kampf. Achilleus traf ihn endlich mit der Lanze gerade in die Kehle, da� er sinnlos niederst�rzte. Sterbend bat der Ungl�ckliche noch, seinen Leichnam nicht zu sch�nden; aber f�r den M�rder seines theuerfien Freundes gab es keine Gnade mehr. Er durchbohrte ihm die F��e, zog einen Riemen hindurch und band den Leichnam an seinen Wagen. Dann peitschte er die wilden Pferde an und jagte mit ihm �ber Stock unb Stein nach dem Lager,, zum bittersten Schmerze des alten Vaters und aller �brigen Trojaner, die oben auf der Mauer standen und dem schrecklichen Schauspiele zusahen. Vor seinem Lager lie� er den Leichnam mit Blut und Staub be-deckt unter freiem Himmel den Hunden und V�geln zur Speise liegen. Seinen Freund Patroklus begrub er dann auf das Feierlichste unb ehrte sein Anbeuten burch gl�uzenbe Waffenspiele, bie er an seinem Grabe anstellte. Er war untr�stlich um ihn unb konnte bes Nachts vor Gram nicht schlafen, da sprang er von seinem Lager auf, spannte die Pferde au und schleifte Hektor's Leichnam noch dreimal um feines, Freundes Grabh�gel.
Unterdessen sa� Pn�mus zu Hause unb weinte. Der alte Manu hatte weber Ruhe noch Rast, so lange sein herrlicher Sohn ohne ehrliches Begr�bni� auf offenem Felbe lag. Eublich wagte er bas Aeu�erste. Er lie� einen Wagen anspannen, lud kostbare Geschenke auf denselben und fuhr mit anbrechender Nacht ungesehen zum Gezelte des Achilleus. Dieser sa� noch machend in feinem Zelte, das Haupt auf den Arm gest�tzt, unb schlug tr�bsinnig und finster die Augen gegen den Hereintretenben auf. Das sah ber Greis unb erschrak. Vor Angst warf er sich ihm zu F��en unb k��te ihm bie Hanb unb weinte. �Ach," seufzte er, �f�r sein Leben kann ich nicht mehr flehen, gib mir nur bett Tobten zur�ck. Siehe, zu Hause jammern Weib, Mutter unb Geschwister, unb ich, sein Vater, liege hier zu beinen F��en. Denke, wenn beiit alter Vater so vor einem j�ngeren Manne l�ge! Unb ich, � ach, ich k�sse bie Hanb, bie so viele meiner Kinder erschlagen hat!"
Durch solche Worte unb Thr�ncn wurde Achilleus tief ger�hrt. Er hob ben alten Mann liebevoll auf unb tr�stete ihn. Sogleich lie� er ben Leichnam sauber waschen und in ein sch�nes Gewand wickeln. Dann
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lud er selbst ihn auf den Wagen und gelobte, elf Tage lang allen Kampf einzustellen, damit w�hrend der Zeit das Begr�bni� des Hektor recht feierlich k�nne begangen werden. Da eilte der gl�ckliche Vater mit der thenren Leiche nach der Stadt zur�ck, wo ihn die Seinigen mit freudiger R�hrung empfingen. Kein Grieche st�rte die traurige Todtenfeier.
Hierauf erneuerten sich wieder die K�mpfe. In einem derselben fiel auch Achilleus, getroffen vom Pfeile des P�ris. Die Griechen wurden der langwierigen Belagerung endlich h�chst �berdr�ssig, und die meisten w�nschten nichts sehnlicher, als nach Hause zu den Ihrigen znr�ckzu-kehren. Zuvor jedoch sollte noch ein Eroberungsversuch gemacht werden. Der gelang. Sie daneten auf den Rath des Odpsseus ein h�lzernes Pferd von gewaltiger Gr��e und brachten an dem weiten Bauche desselben eine verborgene Th�re an. Durch diese krochen Odysseus, Menelans, Neopto-lomns und mehre andere Helden, drei�ig an der Zahl, in den Bauch des Ungeheuers. Die Griechen schl�ssen sorgf�ltig die Th�re hinter ihnen zu. Dann verbrannten sie ihr Lager und begaben sich auf die Schiffe, als wollten sie nach Hause segeln. Im Wahne endlicher Erl�sung str�m-ten jetzt M�nner, Weiber und Kinder aus den Thoren von Troja, Alle wollten auch das Wunderthier sehen, aber Keiner konnte sich denken, was das wohl zu bedeuten habe.
Siehe! auf einmal bringen trojanische Hirten einen gefangenen Griechen daher. Slnon hie� er; sie hatten ihn im Schilfe des Ufers ertappt. Da freuten sich alle. Neugierig stellten sie sich im Kreise um ihn herum und forderten, auf der Stelle zu bekennen, was das Pferd bedeute. Das eben hatte der Arglistige gew�nscht; denn er hatte es fr�her mit seinen Landsleuten oerabredet, sich gefangen nehmen zu lassen Und es dann in der Gefangenschaft dahin zu bringen, da� die Trojaner das Pferd in die Stadt f�hrten. Er fing an laut zu klagen und stellte sich lange, als k�nnte und d�rfte er um Alles in der Welt das wichtige Geheimni� nicht verrathen. �Nein, ich bitte euch," schrie er, �tobtet toich nur lieber auf der Stelle!" Um so neugieriger wurden die Trojaner. A!it Bitten und Versprechungen drangen sie in ihn. Endlich fing er seine l�genhafte Erz�hlung an. �H�ret," sprach er, �die Griechen schif-fa� jetzt, wie ihr wisset, nach Hause. F�r eine gl�ckliche Heimkehr ist auf Befehl des Priesters dieses Pferd gezimmert als S�hnopfer f�r die beleidigte Schutzg�ttin eurer Stadt, deren Bildni� Odyffeus nnd Diomedes binst frevelm�thig euch entroenbet haben. Kommt bas Pferb unverletzt
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in eure Stadt, so wird sie nach dem Ausspruche des Priesters un�ber-windlich sein und ringsum die V�lker beherrschen. Das eben wollten eure Feinde verhindern und baueteu es absichtlich so gro�, damit es nicht durch die Thore gehe." So und noch Manches sprach der listige Grieche. Die Trojauer glaubten seinen glei�nerischen Worten und lie�en vor gesch�ftiger Eile ihn kaum ausreden. Eiligst werden R�der unter dem Pferde angebracht, �berall Stricke an demselben befestigt, und nun spannt sich Alles davor. M�nner, Weiber, Kinder, Alle wollen ziehen helfen. Wer nicht so gl�cklich ist, die Stricke mit anzufassen, schlie�t sich an die langen Reihen der Knaben und M�dchen, die sch�n geschm�ckt zu beiden Seiten gehen und feierliche Lieder singen. � Das Pferd kann nicht dnrch's Thor geschafft werden! Und augenblicklich sind Viele bei der Hand, die dieses sammt einem Theile der Stadtmauer niederrei�en. Jubelnd und frohlockend geht nun der lange Zug durch die Stra�en nach der Burg hin. Hier, vor dem Tempel der G�ttin, wird das Wun-derthier feierlich aufgestellt, damit es Jeder sehen und sich desselben erfreuen k�nne.
Fr�hlich war der Tag, aber schrecklich die darauf folgende R�cht W�hrend Alles im tiefen Schlafe lag, schlich Sinon zu dem Pferde, �ff-nete leise die Th�re, und die geharnischten M�nner stiegen aus dem Bauche hervor. Sie gehen nach den Stadtthoren. Die W�chter schlafen. Diese werden niedergehauen, die Thore losgerissen, und mit freudigem Kriegsgeschrei dringen die Griechen aus ihrem Hinterhalte in die Stadt ein. Sinon l�uft schon mit Brandfackeln in den Stra�en umher und z�ndet die H�user an. Zu sp�t merken die Trojaner den Verrath. In allen Stra�en, in allen H�usern wird blutig gek�mpft. Bald steht die ganze Stadt in heller Lohe. Was nicht unter dem Schwerte der Griechen f�llt, findet seinen Tod in den Flammen, oder wird unter den Tr�m-mern der einst�rzenden H�user begraben. Nur ein kleines H�uflein rettete sich, mit ihm der fromme Aeneas. Wie er alles verloren sah,. ' wie schon die Flamme aus dem Giebel seines Daches helllodernd gen Himmel schlug, da nahm er hurtig seinen alten Vater Anchises auf die Schultern, sein S�hnlein Ascamns bei der Hand und rettete sich ans dem Brande. Nach langen Irrfahrten fand er endlich in Italien Ruhe und wurde hier gro� und m�chtig.
Nicht so gl�cklich war der K�nig Priamns. Er hatte sich mit Weib und Kind in das Innere des Palastes gefl�chtet und sich dort vor den
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Alt�ren der Hausg�tter flehend niedergeworfen. An dieser heiligen St�tte hoffte der ungl�ckliche Greis Gnade bei den erz�rnten Feinden zu finden. Aber wie hatte er sich geirrt! Mit entbl��ten Schwertern drangen sie hinein, stachen erst die S�hne vor den Augen des Vaters nieder, dann ihn selbst. Sein Weib und seine T�chter schleppten sie auf die Schiffe und vertheilten sie als Sklavinnen unter sich. Menelaus bekam nun seine Helena wieder; daf�r lag aber die gro�e Stadt in Tr�mmern, und unter ihnen eine zahllose Menge Menschen begraben.
R�ckkehr der Griechen. � Es war, als sollten die Griechen wegen solcher Verw�stung jetzt selbst ihre Strafe erhalten. Denn w�h-rend sie mit ihrer Siegesbeute frohlockend �ber die See daherfuhren, erhoben sich gewaltige St�rme und warfen die Schiffe auseinander, das eine hierhin, das andere dorthin. Viele wurden zertr�mmert, mehr als die H�lfte der s�mmtlichen Mannschaft ertrank. Mancher Grieche wurde nach ganz fremden L�ndern verschlagen und litt uns�gliche Drangsale. Die meisten und wunderbarsten Schicksale trafen Odysseus (Ulysses). Zehn volle Jahre mu�te er in der Welt umherirren. Unter allem Un-gemach dachte er an nichts, als an seinen alten Vater L�ertes, seinen Sohn T�lemach und an sein treues Weib Pen�l�pe.
Und wenn die F�rsten, in der Erwartung, das Ende ihres Ungemachs zu finden, zu Hause anlangten, fanden sie h�ufig nur noch gr��eres. W�hrend der laugen Abwesenheit hatten Andere sich ihrer Herrschaft und ihres Eigenthums bem�chtigt. Sie selbst waren ihren Unterthanen fremd, ja entbehrlich geworden. Auch ihre Weiber waren zum Theil durch neue Bande der Liebe wieder verbunden. Bei ihrer unverhofften R�ckkehr entstand nun Zank und Streit im ganzen Lande. Manche der zur�ckgekehrten F�rsten mu�ten sich wieder einschiffen und unter einem andern Himmel ein neues Vaterland suchen. Andere fielen durch Meu-chelmord. So hatte sich das treulose Weib des Agamemnon unterde� mit dem Aegisthus verheirathet, und als ihr rechtm��iger Mann wieder kam, t�dtete sie ihn heimt�ckisch.
Odysseus war zwar gl�cklicher und wurde von den Seinigen mit inniger Liebe empfangen; aber den besten Theil seines Verm�gens hatten �berm�thige Freier, die sich unaufh�rlich um die Hand seiner treuen Penelope bewarben, weggeschmauset. Mit den Waffen in der Hanfe mu�te er fein Haus von diesen G�sten s�ubern.
Also lauten die Sagen sp�terer Griechen vom sogenannten trojani-schen Kriege und den Schicksalen der Helden, welche daran Theil genommen hatten. Raubz�ge griechischer St�mme gegen die bl�hende klein-asiatische Stadt Troja m�gen das einzig Verb�rgte sein; Dichter und S�nger bem�chtigten sich sp�ter der Ueberlieferung und schm�ckten die Lieblingserz�hlung des Volkes durch geistreiche und anmuthige Dar-stellung. Vor allen hat der griechische Dichter Homer in einem Gedichte, Ili�de genannt, die einzelnen K�mpfe der Helden vor Jllum oder Troja, und in einem anderen, in der Odyssee, die wunderbaren Irr-fahrten und Abenteuer des Odysseus herrlich geschildert. Beide Werke sind noch vorhanden und gelten als die vollkommensten Heldengedichte aller Zeiten. Homer selbst lebte nach der allgemeinen Ansicht um 1000 vor Chr.; sein Leben aber liegt so sehr im Dunkel, da� schon im Alter-thume sieben St�dte*) um die Ehre stritten, seine Vaterstadt zu sein.
3. Die griechischen Wanderungen. � Kaum war nach jenen sagen-haften Unternehmungen die Ordnung im Lande einigerma�en hergestellt, z als eine gro�e Bewegung unter den griechischen St�mmen selbst ent-stand. Neue V�lker dr�ngten die alten aus ihren bisherigen Wohn-sitzen; diese warfen sich wieder auf andere St�mme, bis zuletzt die Schw�cheren sich zur Auswanderung entschlossen und �berseeische An-siedelungen gr�ndeten. Diese Bewegung ging zun�chst von der Land-scbaft Eplrus aus. Die hier wohnenden Thessalier setzten �ber den Pindus, und das von ihnen eingenommene Land erhielt den Namen Thessalien. Die hieraus verdr�ngten Ae�ler drangen in Boetien ein und unterwarfen oder vertrieben die alten Bewohner des Landes, die Kadmeer und Minyer. Wie die Aeoler, so wichen auch die am Olym-pus wohnenden Dorier vor den neuen Ank�mmlingen nach S�den, lie�en sich aber schon zwischen dem Berge Oeta und dem Parna� nieder und unterwarfen die �lteren Bewohner daselbst. Ein solches Gewimmel vor-dringender und zur�ckweichender Volksmassen �berfluthete eine Zeitlang das ganze Land. Besonders merkw�rdig und folgenreich war die Wan-derung der Dorier nach dem Peloponnes (1104 vor Chr.). Sie wird in den dichterischen Ausschm�ckungen auch wohl die R�ck-kehrderHerakliden genannt, weil F�rsten, die sich Nachkommen des Herakles nannten und Anspr�che an den Peloponnes zu haben glaubten, an ihrer Spitze standen.
*) Smyrna, Rhodus, Kolophon, Salamis, Chios, Argos und Athen.
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Es war um 1104 vor Chr., als aus dem Bcrglande des Parua� neue Z�ge der Dorier, unter Anf�hrung des Aristodemus, Temenos und Kresphontes, nach Westen und S�den drangen. Ihnen schl�ssen sich unter Oxylns die Aet�ler an, welche damals den westlichen Theil Mittelgriechenlands bewohnten. Von Nanpaktus aus setzten die Scharen �ber den korinthischen Meerbusen und drangen in den Peloponnes ein. Die Aet�ler blieben in dem unterworfenen Lande der Epeer in Elis zur�ck. Die Darier aber drangen weiter vor und eroberten allm�hlich fast den ganzen Peloponnes. Die aus dem s�dlichen Theile desselben verdr�ngten Ach�er nahmen die von den Jonern bewohnte Nordk�ste ein, und diese erhielt deshalb den Namen Achaja. Die Joner aber fl�ch-teten zu ihren Stammesgenossen nach Attila. Auch dahin folgten bald die Dorier, eroberten Meg�ris und bedroheten selbst Athen. Das Orakel zu Delphi hatte verk�ndigt, da� sich der Sieg auf die Seite wen-den w�rde, auf welcher der K�nig fiele. Aber auch die Athener hatten Kunde von diesem G�tterspruche. Und sofort begab sich ihr K�nig Kodrns in der Kleidung eines Landmannes in das Lager der Dorier und begann absichtlich einen Streit, in welchem er unerkannt erschlagen wurde. Als die Athener dieses h�rten, schickten sie einen Herold zum Feinde und lie�en um die Leiche ihres K�nigs bitten. Die Dorier er-schraken und gaben hier alle ferneren Eroberungsversuche auf.
W�hrend so vieler und so gro�er St�rme verlie�en Viele das alte Vaterland und gr�ndeten �berseeische Ansiedelungen. Vorz�glich lie�en sie sich auf den Inseln und den Westk�sten Kleinasiens nieder, deren Fruchtbarkeit und Sch�nheit sie schon auf ihren Handelsfahrten kennen gelernt hatten.
4. Die Bereinigungspunkte siimmtlicher griechischer Staaten. �
Ungeachtet der Zerst�ckelung des Landes in eine Menge kleiner nnab-h�ngiger Staaten h�rten doch die Griechen nicht auf, sich fortw�hrend als eine ungetheilte Nation zu betrachten. Au�er der gemeinsamen Sprache, dem festen Einigungsbande einer jeden Nation, gab es vorz�g-lich drei Einrichtungen, welche den Nationalsinn bei ihnen rege hielten und die traurigen Folgeu der Eifersucht und Zwietracht milderten, die aus jener Zerst�ckelung nothwendig hervorgehen mu�ten. Diese waren: die gemeinsame Religion (Mythologie) �berhaupt und die Orakel insbesondere, die Amphiktyonien und die Nationalspiele.
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a. Die gemeinsame Religion. � Die Griechen verehrten nicht wie wir einen einzigen Gott, sondern mehre G�tter und G�ttinnen. Diese bedeuteten eigentlich nur die Kr�fte und M�chte der uns umgebenden sichtbaren Natur. Die furchtbare Erscheinung des Gewitters, die milde des Himmelslichtes, das S�useln des Windes und das Nieseln des Quelles, Alles dieses f�hrten die Griechen auf einzelne Gottheiten, welche sich durch solche Aeu�erungen kundgaben, zur�ck. Sie dachten sich ihre G�tter ganz menschlich, mit allen Vorz�gen und Gebrechen der Men-schon; nur an Macht ragten sie �ber diesen empor. Wer ihnen Opfer brachte, sie anflehete und den Weg der Tugend wandelte, dem waren sie gewogen; den Frevler ereilte ihre Strafe. Die Priester standen als Die-ner der Gottheit und Vorsteher der Religion irrt h�chsten Ansehen. Man glaubte, da� die G�tter sie ihres pers�nlichen Umganges w�rdigten nrtb ihre Gebete am ersten erh�rten. Der Glaube an die Fortdauer nach dem Tode, an Belohnung und Bestrafung war allgemein verbreitet. Die Schatten der Frommen kamen in die elys�ischen Gefilde, wo sie der Seligkeit genossen; die der B�sen wurden in den Tartarus versto�en, wo furchtbare Qualen ihrer warteten. Ob dieses, oder jenes Loos dem Abgeschiedenen zu Theile wurde, dar�ber entschieden die unbestechlichen Richter der Unterwelt: Aeakus, Minos und Rhadamanthus.
Die griechischen Gottheiten erscheinen als Glieder einer gro�en Fa-milie. Der Urahn war Uranus, aus dem Alles hervorging. Sein Sehn Chr�nos (bei den R�mern Sat�rnns) verschlang als Sinn-bild der alles verzehrenden Zeit seine Kinder; Zeus (Jupiter) aber wurde durch List gerettet. Als K�nig der G�tter beherrschte dieser den Olympus und leitete nach des Schicksals F�gungen die Angelegenheiten der G�tter und Menschen. Rur das Schicksal oder F�tnm stand als eine eiserne Nothwendigkeit noch �ber Zeus. Seine Gemahlin Hera (Juno) wurde als die g�ttliche Besch�tzerin des Ehebundes verehrt. Poseidon (Rept�nns), der Gott des Meeres, bewegte und beruhigte die Fluchen des Meeres. Ares (Mars) war der Gott des Krieges. Hermes (Mercur), der Bote und Mittler zwischen G�ttern und Menschen, f�hrte auch die abgeschiedenen Menschen als Todtenbegleiter irt's Jeuseits. Als Botschafter der G�tter wurde er mit einem Heroldstabe in der Hand und mit Fittigen an den Fersen abgebildet. Hades (Pluto), der Gott der Unterwelt, herrschte mit seiner Gemahlin Proserpina �ber die Schatten der Verstorbenen. Hephestus (Vulcanus), das Sinnbild des
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Feuers, war in allen K�nsten erfahren und verfertigte den Helden unb G�ttern R�stungen und Waffen. In den Tiefen der feuerspeienden Berge hatte er seine Werkstatt. Dionysus oder Bacchus war das Sinnbild der im Fr�hlinge jugendlich emporbl�henden Natur und Vor-steher des Weinbaues. Pallas Athen� (Minerva), die Vorsteherin der K�nste und Wissenschaft, entsprang bewaffnet aus dem Kopfe des Zeus, nachdem dieser die Mutter derselben, Metis (Weisheit), verschlungen hatte. Sie galt als Schutzg�ttin ber St�dte und ber b�rgerlichen Einrichtungen; bcther fanb sich auch ihr Bilbni� als B�rgerg�ttin, bas�Pallabium", in beit meisten griechischen St�bten vor. Aphrodite (Venns), ans dem Schaume des Meeres entsprossen, war die G�ttin der weiblichen Sch�nheit und Anmuth. Demeter (Ceres) wurde als Er-finderin unb Vorsteherin bes Getreibebaues verehrt, Ph�bus (Apollo) als Licht- unb Sonnengott. Zugleich war bieser ber Gott ber sch�nen K�nste unb als solcher Vorsteher ber neun Musen. Artemis (Diana) ober bie G�ttin ber Jagb, war zugleich bas Siunbilb bes bei Nacht alles erhelleriben Mondes. Eos (Aurora) schlie�t als Morgenr�the dem Sonnengotts die Pforten des Morgens auf, bann fliegt ber Wagen bes Sonnengottes, von ben H�ren begleitet, am Himmel bahiit; ihm folgt, wenn er in's Meer sinkt, bie Gottheit ber Nacht. � Unter ben Gottheiten nieberenRanges verbienen besonbereErw�hnung bie neun Musen, welche Pflegerinnen ber K�nste, besonbers ber Sanges- und Dichtkunst waren, unb bie Charitinnen (Grazien), welche die Gabe der Anmuth spendeten. Ueberbies bachten sich bie Griechen bie ganze Natur als belebt unb mit h�heren Wesen erf�llt; W�lber unb Fl�sse finb von Nymphen bewohnt; jeber Baum hat seine Dry�be, jebe Quelle ihre Naj�be, jeber Felsen ober Berg seine Dre�be. Das Meer war voll von Nereiden unb Trit�nen, unb selbst bas S�useln bes Schilfes w�rbe f�r bie Klage einer Nymphe, Syrinx, gehalten. Auch in dem Innern des Menschen walten die G�tter als Richter seiner Gesinnungen unb Hanb-lungeit. Die Unruhe unb bie Vorw�rfe des Gewissens erscheinen unter bem schrecklichen B�be ber Erinnyen (Furien) ober Racheg�ttinnen.
Die G�tter offenbarten ben Menschen ihren Willen burch Zeichen am Himmel unb auf ber Erbe, ganz vorz�glich aber durch Orakel.
Die Orakel. � Die Griechen, wie manche aitbere V�lker des Alterthums, glaubten in kin blich er Einfalt, ba� bie G�tter zuweilen aus ihren himmlischen Wohnsitzen auf bie Erbe hernieberftiegen unb hier
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durch den Mund der Priester, die f�r ihre besonderen Lieblinge und Ver--trauten galten, auf geheimui�volle Weise Winke f�r die Zukunft ertheil-ten. Vorz�glich galten solche Orte f�r auserkorene Sitze der G�tter und ihrer Offenbarungen, tuo entweder Schrecken der Natur, oder auf Sagen gest�tzte heilige Erinnerungen das Gem�th schon von selbst zur -gl�ubigen Andacht stimmten. In allen wichtigen und entscheidenden An-gelegenheiten des Lebens, wo menschliche Klugheit sich aus deu dunkelen ^rrg�ngen nicht mehr hinauszufinden vermag, wallfahrteten die Griechen dorthin und holten sich h�heren Rath. Durch Opfer und Geschenke er-fleheten sie zuvor die Gunst des nahen Gottes. Solche durch den Mund der Priester mitgetheilte Ausspr�che der G�tter wurden Orakel genannt und genossen eines unbedingten Glaubens. Gesetzgeber, Feldherren uud K�nige ehrten die Orakel, weil sie ihnen ein wirksames Bef�rderungs-mittel ihrer Plane waren, und nicht selten suchten sie durch Bestechung der Priester g�nstige Antworten zu erhalten.
Es gab in Griechenland der Orte viele, wo Orakel ertheilt wurden. Unter diesen war zu Dod�na in Epirns das �lteste. Hier, meldet die Sage, lie� sich eine schwarze Taube aus Aegypten nieder und vertun-bete von einer hohen Eiche herab mit menschlicher Stimme, da� Zeus, der Gott des Himmels, zu seiner Weissagung Dodona sich erkoren habe' Die Einwohner von Dodona folgten dieser Weisung und erbaueten einen Tempel. Aus dem geheimni�vollen Rauschen des Windes durch die Gipfel uralter Eichen und aus den verschiedenartigen T�nen eherner Becken, die, frei nebeneinander geh�ngt, vom Winde wunderbar gel�utet wurden, deutete man den g�ttlichen Willen.
Nicht so alt, aber sp�ter weit ber�hmter, ja das ber�hmteste O r a k e l in ganz Griechenland war zu Delphi. Dieser Ort lag in der Mitte Griechenlands, am Fu�e des Berges Parna� und galt zugleich f�r den Mittelpunkt der Erde. Am AbHange des Berges war eine Kluft, aus welcher fortw�hrend ein starker Dunst aufstieg, welcher Menschen uud Thiere bet�ubte. Die ringsum furchtbar sich th�rmenden Felsen und Berggipfel gaben dem Orte ein h�heres Ansehen und erf�llten das -Gem�th mit geheimni�vollen Schauern. Hier weidete einst � so geht die Sage � ein Hirt seine Ziegen. Und so wie diese sich der Kluft n�herten, machten sie wunderliche Spr�nge und Bewegungen. Erstaunt ging der Hirt selbst hinzu. Auch er erfuhr an sich die n�mliche Wir-fnng; er taumelte und stie� unverst�ndliche Worte aus. Das Ger�cht
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von diesem Vorfalle zog viele Neugierige aus der Umgegend herbei, und bald stand der Glaube fest, hier habe der Gott Apollo seinen Wohnsitz aufgeschlagen und ertheile aus jener geheimni�vollen Kluft, die seinen Odem ausstr�me, Winke f�r die Znkllnft. Die Einwohner von Delphi baneten alsbald dem Gotte einen Tempel und setzten Priester 31t seinem Dienste ein. Seitdem wurde von nahe und fern nach diesem Orte ge--wallfahrtet. Sobald nun derjenige, welcher sich hier Raths erholen wollte, die �blichen Geschenke f�r den Gott dargebracht und die Punkte, �ber welche er Entscheidung w�nschte, schriftlich eingereicht hatte, wurde die Pythta � so hie� immer die Priesterin --- in das Allerheiligste des Tempels gef�hrt. Dort setzte sie sich, mit Lorbeeren umkr�nzt, auf einen Dreifu� nieder, der gerade �ber die Kluft gestellt war. Und kaum, hatte fie sich niedergelassen, so wurde sie von den aufsteigenden D�nsten bet�ubt. Ihr ganzer K�rper gerieth in krankhafte Zuckungen. Das Gesicht wurde bald roth, bald bla�, der Schaum trat ihr vor den Mund, wild rollten die 3wgen, es str�ubte sich das Haar. Mit Gewalt mu�ten, die Priester sie halten. Die einzelnen Worte, die sie in diesem f�rchter-lichen Zustande, den man f�r eine g�ttliche Begeisterung hielt, ausrief, wurden von den Priestern aufgezeichnet, und hieraus eine Antwort f�r den Fragenden zusammengesetzt. Oft ging diese Antwort wirklich in Erf�llung; denn die Priester waren klug genug, sich zuvor nach allen Umst�nden des Fragenden zu erkundigen, um hiernach die Entscheidung treffen zu k�nnen. In zweifelhaften F�llen aber wurden absichtlich dun-kele Antworten gegeben, die eine dem Ergebnisse gem��e Deutung zu-lie�en, und der blinden Mi�deutung des Fragers selbst die Schuld zu-geschoben, wenn er sich �ber Nichterf�llung beschwerte. Ein auffallendes Beispiel hiervon fanden wir fr�her beim K�nige Cr�sns. Lange hielt sich das Ansehen der Orakel. Mit dem Verfall der heidnischen Zeit aber schwand auch ihr Zauber, und um die Zeit des Heilandes h�rte ihre Th�tigkeit allm�hlich auf; fie verstmnmten eines nach dem anderen.
d. Die Amphiftijoitten waren das zweite Vereinigungsmittel f�r die verschiedenen griechischen Staaten. � Auch sie standen mit der Religion in enger Verbindung. Schon in uralter Zeit finden wir in Griechenland mehre von Nachbarv�lkern eines Tempels oder Heiligthums geschlossene Vereine, Amphiktyonien genannt, zur gemeinsamen Feier gewisser Feste und zur Besch�tzung des gemeinschaftlichen Heiligthnmes. Durch eilte solche religi�se Festgemeinschaft wurde auch ein engeres
staatliches Band um die zugeh�rigen Gemeinden geschlossen. Zu den be-r�hmteren Amphiktyonien geh�rten die des Tempels des Poseidon auf der Insel Kalaurla und auf De los zu Ehren des Apollo. Die ber�hmteste von allen aber war die zu Delphi, welche deshalb auch vorzugsweise der A m p h i k t y o n e u b u n d *) genannt wird. Der Haupt-zweck desselben war die Besch�tzung des ber�hmten Apollotempels zu Delphi. Anfangs geh�rten dazu zw�lf Nachbarstaaten; allm�hlich aber traten fast s�mmtliche Staaten Griechenlands diesem Bunde bei. Ge-wohnlich zweimal im Jahre versammelten sich die Abgeordneten der Bundesstaaten, im Fr�hlinge zu Delphi, im Herbste in den Thermopy-len, trafen Veranstaltungen zum Besten des Teinpels, ehrten und belohnten den Schutz desselben und bestraften Frevler an demselben. � Wegen ihrer Heiligkeit und wegen des ihnen gew�hrten Schutzes dienten die Bundestempel auch als Aufbewahrungsorte von Sch�tzen; und da die Tempelfeste selbst viele Wallfahrer herbeizogen, so wurden dabei auch gro�e M�rkte gehalten.
e. Die Nationalspiele. � In uralter Zeit, wo k�rperliche Kraft und Gewandtheit noch als das H�chste galten, war es auch bei den Grie-chen Sitte, ihre Feste, sie mochten zur Ehre der G�tter oder zur Ged�cht-ui�feier der Verstorbenen angeordnet sein, durch �ffentliche Kampfspiele zu verherrlichen. So feierte, wie wir fr�her sahen, der Held Achilleus das Andenken seines Freundes Patroklus an dessen Grabh�gel. Selbst die heiligsten Religionsfeste wurden durch �ffentliche Waffenspiele, fest-liche Aufz�ge, frohe T�nze, Spiele und Schmause verherrlicht. Der lebensfrohe Grieche konnte sich ein Fest ohne solche Zugaben nicht den-ken. Die Feste der G�tter wurden vorzugsweise an solchen Orten ge-feiert, an die sich heilige Erinnerungen kn�pften.
In Elis, dem westlichen K�stenlande des Peloponneses, am Ufer des reizenden Peneus, lag ein uralter Hain, neben welchem sich eine gro�e Ebene ausbreitete. Diese Ebene mit der allm�hlich entstandenen Gruppe von Geb�uden, Hainen, Alt�ren und Kampfpl�tzen nannte man O lym-Pia. Sie war von alter Zeit her dem Zeus (Jupiter) geweiht. Hier
*) Der griechische Name Amphiktionen bedeutet so viel als Umwohner oder Nachbarn; denn von solchen war dieser Bilild urspr�nglich ausgegangen. Die Sage aber f�hrte den Ursprung auf Amphiktyou, eiueu angeblichen Sohn des Deukalion, zur�ck, und daher r�hrt die Schreibweise Amphiktyoneu.
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hatte der Gott seinen Prachttempel und hie� deshalb auch der olympische. Schon Herkules, dessen Abenteuer und Gro�thaten im ganzen Alter-thume gefeiert sind, soll dem Gotte zu Ehren hier Waffenspiele ange-ordnet haben. Darauf aber war diese Feier lange unterblieben, bis endlich um das Jahr 776 vor Chr. Jphltus, der K�nig von Elis, dieselben auf Anratheu des delphischen Orakels erneuerte. Von der Zeit an fan-den sie regelm��ig alle vier Jahre im Monat Julius statt, und jeder freie Grieche, der durch keine schimpfliche That sein Leben befleckt hatte, konnte an denselben Theil nehmen. W�hrend der Feier ruhete jede Fehde, selbst die erbittertsten Feinde legten die Waffen nieder und eilten friedlich zu dem gemeinsamen Feste. Entfernte Freunde und Verwandte fanden sich hier wieder; hier wurden Handelsverbindungen angekn�pft, hier die Angelegenheiten des Staates wie der Familie besprochen. Durch den gegenseitigen Austausch der Gedanken wurde der Same zu vielen und mannigfaltigen Verbesserungen ausgestreuet. Die olympischen Spiele waren dem gesammten Volke so heilig, da� die ganze Provinz Elis gleich-fam als ein unantastbares Kleinod der Griechen betrachtet wurde und bei allen inneren Kriegen fast immer eines gl�cklichen Friedens geno�.
Die im Angesichte von ganz Griechenland gefeierten Spiele bestanden im Wettlaufen, im Wagenrennen, Ringen, Faustk�mpfen, Springen und im Werfen des Diskus, einer metallenen Scheibe. Ein gro�er weiter Raun: war dazu geebnet und mit weichem Sande bestreuet. Durch die Mitte ging eine Mauer, an deren einer Seite das Wagenrennen, an der anderen die �brigen Hebungen gehalten wurden. Ringsum sa� auf terrassenartig sich erhebenden Sitzen die zahllose Menge der Zu-schauer, deren aufmerksamen Blicken keine Bewegung entging. Nach Beendigung des Festes, welches sp�ter f�nf Tage w�hrte, wurden die Preise vertheilt. Die Namen der Sieger wurden ausgerufen und im tausendfachen Jubel von den Anwesenden wiederholt. Der Preis der Sieger war nur ein Olivenzweig; dieses einfache Anerkenntni� der Geschicklichkeit aber verherrlichte nicht blos den, welcher den Preis errang, sondern auch seine Familie, seine Vaterstadt, die ihn feierlich empfing, neue Feste seinetwegen anordnete und ihn wohl f�r immer auf �ffentliche Kosten ern�hrte. Ein B�rger von Rhodus, Diagoras, starb vor Freude �ber den Sieg, den seine beiden S�hne errangen, w�hrend man ihm gl�ckw�uscheud zurief: �Stirb, Diagoras, dir bleibt nichts mehr zu w�nschen �brig!"
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Jedoch nicht allein Proben der k�rperlichen Geschicklichkeit wurden bei den Wettspielen abgelegt. Auch Dichter, Redner, Geschichtsschreiber und Tonk�ustler w�rben zum Vortrage ihrer Werke eingeladen, und so auch ein geistiger Kampf er�ffnet, der nicht minderen Ruhm erwarb. So soll der Geschichtsschreiber Her�dot aus Halikarua� in Karien (455) zu Olympia einzelne Theile seines ber�hmten Werkes vorgetragen haben. Die olympischen Spiele gelangten zu einem so hohen Ansehen, da� die Griechen nach ihnen ihre Zeitrechnung bestimmten. Sie nannten die Zeit von einem Spiele bis zum anderen, also einen Zeitraum von vier Iah- : ren, beginnend mit dem Jahre 776, eine Olympiade. Diese Zeitrechnung aber kam erst um 300 vor Chr. durch die Geschichtsschreiber auf, neben der �lteren Sitte, das Jahr nach der h�chsten obrigkeitlichen Person zu benennen.
Minder ber�hmt, als die olympischen, waren die pythischenKampf- | spiele bei Delphi, zu Ehren des Gottes Apollo, welcher nach der Sage den Drachen Python mit Pfeilen erlegt hatte; die isthmischen, welche auf der Landenge (Jsthtuns) von Korinth zur Ehre Neptuu's, und die nemaischen, welche bei Nemea in Arg�lis zur Ehre des Zeus gefeiert wurden. Auch diese Feste kehrteu alle vier Jahre, jedoch jedes in einem ; anderen, wieder, und der Preis f�r den Sieger war ebenfalls eine Bl�tterkrone. Aber auch S�nger verherrlichten den Namen der Sie-- | ger, und noch jetzt lesen wir mit Bewunderung die sch�nen Lieder, in denen der thebanische Dichter Ptnb�r (522�442) das Lob vieler : S�nger besang.
Zweite Periode. Bon Lykurg (800 vor Chr.) bis zum Beginne der Perserkriege (500 vor Chr.).
Unter den vielen kleinen Staaten Griechenlands ragten bald zwei durch eine zweckm��ige innere Verfassung nttb bttrch eine kr�ftige Entwicklung nach au�en so bebeuteub hervor uttb �bten auf alle �brigen einen solchen Einflu� aus, ba� von ba ab bie Geschichte bieser betbeit Staaten f�r bie Geschichte bes ganzen griechischen Volkes entscheibenb wirb. Das waren Sparta nnb Athen, jener borischen, dieser ioni- ! sehen Stammes. Diese beiben bitrch gro�e Gesetzgeber ausgezeichneten Staaten stauben lange an ber Spitze Griechenlanbs; jeber von ihnen : suchte sich bie f. g. Hegemonie ober bie F�hrerschaft in Griechenlanb zu verschaffen nnb bie auberen Staaten von sich abh�ngig zu machen. Die
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Verfassung der beiden Staaten war durchaus verschieden. Die Sparta-ner hielten fest am Hergebrachten und bewahrten so auch durch viele Jahrhunderte die urspr�ngliche k�nigliche Herrschaft (Monarchie),*) w�h-rend die Athener neuerungss�chtig waren und bei sich nach und nach die verschiedensten Formen eines Freistaates (Republik) einf�hrten.
a. Die �ltere Geschichte Spartas.
1. Verfassung des Lykurgus (800 v. Chr.) � Im s�dlichen Pelopon-nes, an den Ufern des Enr�tas, lag eine gro�e alte Stadt ohne Mauern und Thore. Das war Sparta. Sie war das Haupt der Provinz La-konlen und wurde mit ihrem Stadtgebiete auch wohl Laced�mou ge-nannt. Bei der Eroberung der Herakliden war diese Provinz der Sage nach den Zwillingss�hnen des Aristodernns, Prokles und Eurysthe-nes, zugefallen. Beide regierten gemeinschaftlich, und Sparta hatte seitdem immer zwei K�nige, den einen ans des Prokles, den andern ans des Eurysthenes Stamme. Die Bewohner der Hauptstadt waren seit-dem die siegreichen Dorier und f�hrten von dieser Stadt auch den Na-men S p a r t i � t e n oder S p a r t � rt e r. Sie bildeten den Adel von La-konien; von Sparta aus regierten sie das eroberte Land. Au�er dieser herrschenden Klasse der Dorier in Sparta z�hlte das Land noch zwei Klassen von Bewohnern: 1) die Perioden oder Umwohner. Diese bestanden ans den �lteren Einwohnern des Landes, die sich der Herr-schaft der Dorier unterworfen hatten. Weil sie um die L�ndereien der Spartaner herum wohnten, so f�hrten sie davon auch ihren Namen. Sie blieben freie Eigenth�mer ihres Bodens, zahlten Steuer uud leisteten Kriegsdienste, hatten aber keinen Antheil an der Regierung, also auch bei �ffentlichen Angelegenheiten keine Stimme. 2) die Heloten. Diese Klasse bestand aus denjenigen Bewohnern, welche nach hartn�ckigem Widerstande durch Waffengewalt bezwungen werden mu�ten. Sie waren Leibeigene des Staates, d. i. der dorischen Gemeinde, deren Aecker sie zu bestellen hatten. Ihren Namen sollen sie erhalten haben von der K�sten-ftadt Hel os, deren Bewohner mit den Waffen ihr altes Recht gegen die
*) Die wichtigsten Regierungsformen sind: Monarchie ----- Aus�bung der h�chsten Gewalt durch ein einziges Oberhaupt auf Lebensdauer; Republik � Aus�bung der h�chsten Gewalt durch mehrere und aus eine beschr�nkte Zeitdauer. Siud dieses die Familien der Edlen oder des Adels, so hei�t eine solche Regie-ruug eine aristokratische; sind es die Vertreter der Menge des Volkes, so wird sie ciitc demokratische genannt.
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fremden Eroberer geltend machen wollten und zur Strafe daf�r geknech-tet wurden. Die stolzen Spartaner nahmen aus Rache den Besiegten nicht nur das beschr�nkte Landeigenthum, sondern auch ihre pers�nliche Freiheit. Die Heloten wurden nun Staats-Sklaven; und ihr Name war fortan die Bezeichnung aller der ungl�cklichen Monier, welche, durch das traurige Beispiel nicht abgeschreckt, nach ihnen es wagten, Anspr�che auf die Unabh�ngigkeit ihrer Vorfahren geltend zu machen.'
Bald erhob sich Zwietracht in Sparta selbst und brach in einen offenen Kampf aus, in welchem sogar einer der K�nige erschlagen wurde. Das Herkommen, kein eigentliches Gesetz, bestimmte bisher die Schranken der Rechte des Volkes und der K�nige. Dazu hatten sich einzelne Fami-lien allm�hlich in den Besitz fast aller L�ndereien gesetzt; der weit gr�-fsere Theil der B�rger dagegen lebte mit Weib und Kind in der dr�ckend-sten Armuth, und der Uebermuth und die Anma�ung der Vornehmen reizte diese wiederholt zum bewaffneten Aufstande. Die traurige Lage Spartas weckte bald die allgemeine Sehnsucht nach einem besseren, durch Gesetze geregelten Zustande. Alle wendeten sich an Lykur gus, der bei seinen Mitb�rgern sowohl wegen seiner hohen Weisheit, als auch strengen Gerechtigkeit im h�chsten Ansehen stand.
Lykurgus war von k�niglicher Herkunft. Bei dem inneren Kampfe der Parteien hatte er das st�rmische Vaterland verlassen und die be-r�hmtesten L�nder durchreiset. Auf seinen Wanderungen soll er zur Insel Kreta und selbst nach Aegypten gekommen sein und �berall lernte er die staatlichen Einrichtungen der fremden V�lker kennen. Diesen viel-erfahrenen Mann nun riefen die Mitb�rger in ihrer Roth zur�ck, damit er ihnen Ruhe und Ordnung schaffe. Willig kehrte Lykurg heim. Zuvor aber wu�te er die Sache so einzuleiten, da� er durch dm Ausspruch des delphischen Orakels gleichsam von den G�ttern selbst erm�chtigt war, als Gesetzgeber Spartas aufzutreten. Run begann er fein gro�es Werk, den Staat durch die Befestigung alter bew�hrter Einrichtungen und durch die Einf�hrung neuer Gesetze von Grund aus zu regeln.
Die Staatsverfassung.� Das Verh�ltni� zwischen den Spartanern als dem herrschenden Volke, den Laced�moniern oder Peri�ken als den Unterthanen, und den Heloten als Leibeigenen lie� Lykurg bestehen. Auch die zwei K�nige aus dem Stamme der Hera-kliden blieben. Sie waren die Oberauf�hrer im Kriege und bekleideten die h�chste obrigkeitliche und priesterliche W�rde im Frieden. Im Kriege
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"war ihre Macht fast unumschr�nkt, im Frieden aber sehr beschr�nkt. Ihnen zur Seite stand in allen Angelegenheiten des Staates die Gern sla, oder der Rath der Alten. Dieser z�hlte acht und zwanzig Mit-glieder, die wenigstens sechzig Jahre alt sein mu�ten und in der Volks-Versammlung auf Lebenszeit gew�hlt wurden. Die beiden K�nige f�hr-ten den Vorsitz. Der Rath der Alten hatte die Verwaltung des Staates, berieth die Gesetze und bereitete alle wichtigeren Angelegenheiten zur Mittheilung an die Volksversammlung vor. Jeder Spartaner, der drei�ig Jahre alt war, hatte das Recht, in derselben zu erscheinen und zu stimmen. Sie wurde gew�hnlich zur Zeit des Vollmondes gehalten. Auf die Vortr�ge und Antr�ge der K�nige und des Rathes antwortete die Versammlung ohne Rede und Widerrede, blos mit zustimmendem oder ablehnendem Rufe. Neben diesem Rothe der Alten bestand noch eine besondere Beh�rde von f�nf Sph�ren, d. i. Aufsehern. Anfangs �bten diese blos eine gewisse richterliche Gewalt in b�rgerlichen Sachen; sp�ter aber wurde ihr Wirkungskreis sehr erweitert. Sie bekamen die richterliche Oberaufsicht �ber B�rgersitte, �ffentliche Erziehung und Amts-f�hrung der Beh�rden, so da� sie als W�chter der Gesetze nicht nur . jeden B�rger, sondern auch jeden Beamten, selbst die K�nige, zur Rechenschaft ziehen konnten.
Weiterhin suchte Lykurg unter allen B�rgern auch die m�glichst gr��te Gleichheit des Verm�gens und hierdurch die alte Einfachheit in Leben und Sitten wieder in Aufnahme zu bringen. Es sollte weder R�che noch Arme in Sparta geben; darum lie� er eine neueVerthei-luug der L�ndereien vornehmen. Neuntausend gr��ere Grund-st�cke kamen an die Spartaner, drei�igtauseud kleinere an die Peri�ken.
Jede spartanische Familie erhielt vom Staate ein gleichgro�es Grund-st�ck zur freien Benutzung. Das Grundst�ck selbst war nntheilbar und nach dem Rechte der Erstgeburt vererblich. Auch durch Handel sollte sich kein Spartaner bereichern. Aller Verkehr mit dem Auslande und der Gebrauch goldener und silberner M�nzen wurde daher untersagt. Er f�hrte eisernes Geld ein, dessen einzelne St�cke so gro� und schwer waren, da� zur Aufbewahrung vonHetiva hundert Thalern nach unserem Gelds ein gro�er Platz im Hanse nothwendig war, und zur Fortbringimg ein gro�er Wagen. Auf den Verkehr mit dem Auslande blieb diese Ein-richtung nicht ohne Folgen; bald kam kein Handelsschiff an die sparta-nische K�ste; fein K�nstler, kein Kaufmann nach Sparta. Das hatte der
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Gesetzgeber auch bezweckt, denn also glaubte er Sittenverderbni� und� Ueppigkeit am sichersten verhindern zu k�nnen.
H�usliches Leben und Erziehung. � In dem h�uslichen Leben der Staatsb�rger erstrebte der Gesetzgeber m�glichste Gleichheit und Einfachheit. Keiner durfte zu Hause speisen, selbst die beiden K�nige nicht. Zur bestimmten Stunde mu�te sich Jeder nach dem Markte verf�gen^ too gemeinschaftlich gespeiset wurde. F�nfzehn sa�en gew�hnlich an einem Tische. Jeder mu�te monatlich hierzu etwas beitragen. Die Ael-testen sorgten bei Tische f�r M��igkeit und anst�ndige Unterhaltung,, die J�ngeren durften blos zuh�ren. Ueppigkeit und Schwelgerei waren durchaus nicht gelitten. Die schwarze Suppe, wahrscheinlich ein Gemisch von Schweinefleischbr�he, Blut, Essig und Salz, geh�rte zu ihren gew�hnlichen Gerichten. Ein fremder F�rst, der viel von dieser Suppe geh�rt hatte, lie� absichtlich einen spartanischen Koch kommen, um sich eine solche bereiten zu lassen. Aber ihm wollte sie gar nicht schmecken. �Das dachte ich wohl," sagte der Koch, �denn unsere Suppe schmeckt nur denen gut, die t�chtig gearbeitet und gehungert haben."
Von Hause aus suchte Lykurgus seine Spartaner zu einem starken und t�chtigen Kriegsvolke zu bilden. Die Verh�ltnisse selbst erforderten dieses. Denn die Spartaner waren urspr�nglich eine Kolonie von Krie-gern, die sich mit Gewalt im Peloponnes niedergelassen hatte und inmitten einer gro�en und stets feindlichen Bev�lkerung nur mit Gewalt sich behaupten konnte. Wie Schildwachen im Felde mu�ten sie immer zun: Empfange eines Gegners bereit sein. Darum trieb auch kein Spartaner Ackerbau oder ein anderes friedliches Gewerbe; das alles war Sache der Heloten.
Der Spartaner selbst war ein geborner Krieger, das ganze Volk ein Kriegervolk, dem keine Anstrengung, keine Gefahr zu gro� war, wenn es galt, das Vaterland zu vertheidigeu und den v�terlichen Herd zu besch�tzen. Den gr��ten Theil des Tages �bte er sich im Fechten, Ringen, Laufen und Werfen, um den K�rper recht behende und zur Ertragung der Kriegesbeschwerden geschickt zu machen. Diese Uebnng stellte er in leichter Unterkleidung, halbnackt, an, damit sich die Glieder freier bewe-gen k�nnten. Nackt hei�t auf griechisch gymnos, und hiervon hatten ihre Uebungspl�tze selbst den Namen Gymnasien. Eine Erweiterung dieser Uebnngen bildete die Jagd. Der Krieg sollte die Freude der
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M�nner sein. In die Schlacht zogen die Spartaner bekr�nzt, mit Musik und Gesang wie zu einem Feste, in blutfarbiger Kleidung. Sieg oder Tod war die Losung. Der Fl�chtling blieb als Ehrloser ausgesto�en. 'Darum gab einst eine spartanische Mutter ihrem Sohne, als er in den Krieg zog, den Schild mit den Worten: �Mit ihm oder auf ihm!" -d. h. kehre entweder siegend aus der Schlacht mit deinem Schilde zur�ck, -oder f�llst du, so sei es doch uach der tapfersten Gegenwehr, so da� man dich mir auf deinem geretteten Schilde zur�cktragen kann. Als eine Spartanerin die Nachricht erhielt, ihr Sohn sei gefallen, fragte sie rasch: �Und hat er gesiegt?" Als man ihr das bejahete, fuhr sie fr�hlich fort: �Nun, dazu habe ich ihn ja geboren, da� er kein Beden-feit trage, f�r das Vaterland zu sterben." � Ihre Schwerter waren kurz: �Denn," sagte einst ein Spartaner, �wir lieben es, dem Feinde nahe zu sein." Der Angriff geschah nicht mit Hitze, sondern mit K�lte und Besonnenheit.
Schon die erste Erziehung des jungen Spartaners wies auf seine k�nftige Bestimmung hin. Sobald ein Kind geboren war, wurde es be-sichtigt; ob es auch gesund und stark sei. War es das nicht, so wurde es ausgesetzt; denn bie Stadt sollte nur aus starken, wehrhaften B�rgern bestehen. Sonst bekamen es bie Eltern wieber unb behielten es bis zum siebenten Jahre. Die ganze Erziehung bezweckte fast einzig Abh�rtung des K�rpers. Halbnackt liefen bie Kleinen umher, halbnackt schliefen sie auf hartem Lager von Schilf, welchen sie sich, sobald sie eben laufen konnten, vom Ufer des Eurotas selbst holen mu�ten. Mit bem siebenten Jahre geh�rten bie Kinber bem Staate an unb kamen unter strenge m�nnliche Aufsicht. Sie w�rben abgeh�rtet gegen Hunger unb Durst, Hitze uub K�lte, ja sogar gegen empfiubliche K�rperschmerzen. J�hrlich einmal w�rben Knaben �ffentlich am Altare ber Artemis (Diana) bis auf's Blut gegei�elt.*) Die Elteru stauben babei unb munterten ihre Kinber auf, mitthig bis an's Enbe auszuhalten. Weinen war babei bie gr��te Schanbe. Manche Knaben sollen unter ben Gei�elhieben tobt hingesunken sein, ohne einen Laut bes Schmerzes. Vorz�glich ehrerbietig mu�ten bie Knaben gegen bie Alten sein. Auf ber Stra�e mu�ten sie ihnen auf bie Frage: �Woher unb wohin?" augenblicklich Rede stehen.
*) Fr�her waren dieser G�ttin Menschenopfer gebracht worden; sp�ter, bei milder gewordenen Sitten, galt diese Gei�elung als Entsch�digung f�r jene Opfer.
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In ihrer Gesellschaft durften sie durchaus nicht sprechen, es fei denn,, baf3 sie gefragt wurden. Auf Fragen aber, die an sie gestellt wurden, mu�ten sie kurz und verst�ndig antworten. Noch jetzt nennt man eine kurze, aber vielsagende Antwort eine lakonische.
Auch die Jungfrauen trieben die Hebungen der Knaben, damit alle in gleicher K�rperkraft aufbl�hten. K�nste und Wissenschaften waren in Sparta nicht zu suchen. Die Stadt glich vielmehr einem gro�en Kriegslager, in welchem der ganze dorische Adel stets zusammen, stets mit gesammter Macht zum Ausr�cken fertig und bereit stand.
Das war jenes �Sparta, worin m�glichst hohe kriegerische Entwicke-lung die Aufgabe eines Jeden, der Alten Stolz, der J�nglinge Zielpunkt war. In schw�ler Sommerzeit wurde dort allj�hrlich auf dem Markt-platz in Gegenwart der K�nige, der Beh�rden und der gesammtcn B�rgerschaft ein Fest abgehalten, wobei der Chor der Greise sang: �Wir waren junge M�nner, einst voll Muth und Kraft!" Die M�nner antworteten : �Wir aber sind es, hast du Lust, erprob' es nur!" worauf die Knaben einfielen: �Wir aber werden k�nftig noch viel besser sein!" � Sobald Lykurg diese Verfassung angeordnet hatte, lie� er seine Mit* b�rger schw�ren, alle Gesetze so lange aufrecht zu erhalten, bis er von einer Reise in's Ausland zur�ckgekehrt w�re. Der Eid ward geleistet. Lykurgus schied, kehrte aber nicht zur�ck. Niemand wei�, wie und wo er gestorben ift. Auch dieses geheimni�volle Scheiden vom Schauplatze des Lebens erh�hete das Ansehen seiner Gesetze. Vierhundert Jahre lang blieb die Lykurgische Verfassung ungeschm�lert, und Sparta stand da als erster Staat Griechenlands; mit dem Verfall der Verfassung ging auch der des Staates Hand in Hand.
2. Die mcsfciiifchcit Kriege. An einen dauerhaften Frieden im Lande war jetzt kaum zu denken, da eine Stadt dastand voll der ge�bte-sten Krieger, die schon aus Langeweile h�tten Krieg f�hren m�ssen, indem alle �brigen Gesch�fte durch Sklaven besorgt wurden. Die neu-gewonnene Kraft der Spartaner zeigte sich zuerst in den beiden blutigen Kriegen mit dem benachbarten Meffemen, welches fr�her zn Lakonien geh�rt hatte. Meffemen war die fruchtbarste Landschaft des Peloponneses. Inmitten ihrer gesegneten Fluren hatten die gl�cklichen Bewohner seither ein stilles, harmloses Leben gef�hrt, bis ihr Wohlstand die Habsucht und Eroberungslust der benachbarten Spartaner reizte. Seitdem war
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das Gl�ck der Messenier dahin. Kein Volk alter Zeiten ist nach so vielen glorreichen Thaten des Heldenmuthes und der Aufopferung so lang und so hart vom Schicksale verfolgt worden, als sie.
Veranlassung der messenischen Kriege. � Einzelne Zwistigkeiten und H�ndel zwischen den beiden Nachbarstaaten hatten eine dauernde Spannung erzeugt. Die Messenier und Spartaner besa�en gemeinschaftlich einen Tempel der Artemis (Diana), welcher an der Grenze beider K�nigreiche stand. Hier sollten die Messenier, wie man ihnen Schuld gab, spartanische Jungfrauen gewaltsam �berfallen und den spartanischen K�nig Teleklus, der sie in Schutz genommen, er-mordet haben. Die Messenier aber l�ugueteu die Schuld und behaupte-ten, jene angeblichen Jungfrauen w�ren verkleidete J�nglinge gewesen, welche die Absicht gehabt h�tten, beim Feste die vornehmsten B�rger von Messene zu ermorden. Darum sei auch der Tod des Teleklus eine gerechte Strafe f�r sein abscheuliches Vorhaben gewesen. Zu dem hier-�ber entstandenen Unwillen kam bald noch eine andere Ursache der Feindseligkeit. Ein Messenier, Polych�res, gab einem Laced�monier eine Heerde auf die Weide, die dieser verkaufte und dann vorgab, sie sei ihm von Seer�ubern entf�hrt worden. Und als der Messenier seinen Sohn hinschickte, um Schadenersatz zu verlangen, wurde dieser treulos von dem Laced�monier umgebracht. Der ungl�ckliche Vater ging nun selbst nach Sparta und flehete die Rache der Gesetze gegen das doppelte Verbrechen au; aber er erhielt weder Entsch�digung noch Geh�r. W�thend �ber die grausame Versagung des Rechtes kehrte er nach Messene zur�ck und mordete alle Spartaner, die ihm begegneten. Nun forderten spartanische Gesandte die Auslieferung des Polych�res. Diese wurde ebenfalls verweigert. Es kam hier�ber zu Beschwerden und Gegenbeschmerden, bis endlich die Spartaner die Waffen ergriffen und schwuren, diese nicht eher niederzulegen, als bis der Feind gedem�thiget sei.
Erster messenischer Krieg (743�724 vor Ehr). � Diesen begannen nun die Spartaner mit einem pl�tzlichen n�chtlichen Ueberfalle der Grenzstadt Amphea, deren Einwohner gr��tenteils ermordet wurden. Indessen verloren die Messenier den Muth nicht. Sie leisteten unter ihrem K�nige Aristodemns die heldenm�thigste Gegenwehr au zwanzig Jahre lang. Endlich mu�ten sie der Uebermacht erliegen. Auch die lange vertheidigte Bergfeste Jth�me fiel. Vor Verzweiflung gab der K�nig Aristodemns jetzt sich selbst den Tod und zwar auf dem
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Grabe seiner Tochter. Diese hatte er f�r die Rettung des Landes mit eigener Hand als Opfer hingeschlachtet, als das Orakel zu Delphi den Sieg verhie�, wenn eine k�nigliche Jungfrau geopfert w�rde. Mit diesem Kriege endete die Freiheit und der Wohlstand der Messenier. Die Besiegten wurden gezwungen, die H�lfte ihrer Ernten fortan den Spartanern zu �berlassen.
Zweiter Krieg (685�668). � Mit Ingrimm trugen die Ge-dr�ckten das harte Joch viele Jahre lang. Da erhoben sie sich unter ihrem heldenm�tigen F�hrer Aristomenes zu einem neuen Versuche der Rache und Rettung. Siebenzehn Jahre lang w�thete dieser Krieg. Sieg und Verlust wechselten auf beiden Seiten. Schon verzagten die bedr�ngten Spartaner, als sie durch die erhabenen Schlachtges�nge des Atheners Tyrt �us, der nach der gew�hnlichen Sage auf den Rath des delphischen Gottes, die Spartaner sollten sich von den Athenern einen F�hrer erbitten, zu ihnen gekommen war, von Reitern zum Kampfe und Siege begeistert wurden. Auch viele Verb�ndete verlie�en die Sache der Messenier und gingen zu den Spartanern �ber. Dennoch zagte Aristomenes nicht. Elf Jahre lang verteidigte der messenische Held ritterlich die Bergfeste Eira, und als diese endlich durch den Verrath der Ver-b�ndeten fiel, stellte er sich an die Spitze seiner noch �briggebliebenen Truppen, nahm Weiber, Greise und Kinder in die Mitte und bahnte sich einen Weg mitten durch den Feind, der es nicht wagte, den Zug der Verzweifelten anzugreifen. Sie verlie�en den heimathlichen Boden, auf welchem ihnen das kostbarste Gut, die Freiheit, nicht beschieden war, und gingen zur See, um sich unter einem anderen Himmel ein neues Vaterland zu suchen. Viele kamen nach �teilten und lie�en sich in der Stadt Zankle nieder, die von ihnen den Rainen Mess�ne (jetztMessina) ei hielt. Alle im Lande zur�ckgebliebenen Messenier wurden von den Spartanern zu dem traurigen Schicksale der Heloten verurtheilt, blieben aber auch jetzt noch ihren Ueberwindern immerdar gef�hrlich.
Sparta's Obergewalt in Griechenland. � Durch den gl�cklichen Ausgang dieser Kriege wurde Sparta der m�chtigste und angesehenste Staat im Peloponnes. Auch auf das �brige Griechenland dehnte es sein Ansehen ans, und es gewann eine Art von Vorrang vor allen �brigen Staaten, den man mit einem griechischen Worte Hege-m�nie, d. i. Oberaus�hrung, nennt. Die Leitung der Angelegenheiten bei gemeinsamen Unternehmungen und die Oberaus�hrung des ver-
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b�ndeten Heeres waren eben so nat�rliche als gew�hnliche Folgen dieser Hegemonie. Erst w�hrend der Perserkriege verlor Sparta die Hege-mortie zur See an Athen.
b. Die �ltere Geschichte Athens.
1. Die fr�heste Zeit. Wir wenden uns jetzt nach Athen, Griechen-lands edelster Stadt, an deren Namen sich so viele hohe und freundliche Erinnerungen kn�pfen. C�crops, ein Zeitgenosse des Moses, hatte sie nach der Sage erbaut und den ersten Samen der Cultur aus attischen Voden ansgestreuet. Unter den k�niglichen Herrschern, welchen das Land anf�nglich unterstand, feiert die Sage besonders den Thesens (1300), der zu den gr��ten Helden Griechenlands geh�rt. Er befreiete Athen von einem schimpflichen Tribute, welchen es dem K�nige Minos von Kreta entrichten mu�te. Es wird n�mlich berichtet, die Athener h�tten f�r das Ungeheuer Minotaurus, welches, halb Thier, halb Mensch, im Labyrinthe auf Kreta hausete, ein j�hrliches Opfer von sieben J�nglingen und sieben Jungfrauen bringen m�ssen, Theseus aber habe dies Unthier mit H�lfe der K�nigstochter Ari�dne, welche ihn vermit-telst eines Fadens im Labyrinthe leitete, gl�cklich besiegt. Derselbe k�nigliche Held erhob Athen zur Hauptstadt von ganz Attika und erwarb sich solche Verdienste, da� die Athener noch nach Jahrhunderten seiner dankbar gedachten und ihm sogar einen prachtvollen Tempel erbaneten, dessen Tr�mmer noch jetzt zu sehen sind.
Der letzte in der Reihe der K�nige war Kodrns, derselbe, welcher beim Einfalle der Dorier durch freiwilligen Opfertod Athen rettete. Die B�rger hielten diese hochherzige That ihres K�nigs f�r so gro� und ruhmvoll, da� sie sagten, nach ihm sei Keiner mehr des Thrones w�rdig. Sie schafften deshalb die k�nigliche W�rde ab und errichteten eine R e -publik. An die Spitze der neuen Republik stellten sie einen Archon-ten oder Staatsvermalter, der die ganze k�nigliche Macht, aber nicht erblich, aus�bte, uud �bertrugen aus Dankbarkeit dieses Amt zuerst denl Sohne des Kodrus, Medou. Seit dem Jahre 752 wurde die Dauer der Regierung der Archonten auf zehn Jahre beschr�nkt. Auch war es bald nicht mehr n�thig, den Archonten blos ans der Familie des Kodrus Zu w�hlen; die �brigen adeligen Familien (die Eupatriden) nahmen ein gleiches Wahlrecht f�r sich in Anspruch. Vollendet aber wurde diese
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Herrschaft der Vornehmen, die Aristokratie, im Jahre 682 dadurch, da� man die h�chste Gewalt unter neun j�hrlich wechselnde Archonten vertheilte. Die drei ersten verwalteten die eigentlichen Regierungs-gesch�fte, die sechs anderen leiteten besonders das Gerichtswesen. Der erste der Archonten hie� immer Eponhmus, d. i. der Namengebende, weil sein Name znr Bezeichnung des Jahres diente. Athen war also jetzt ein Freistaat; denn die Rechte dieser Archonten waren beschr�nkt, und sie selbst mu�ten beim Anstritte aus dem Amte strenge Rechen-schaft �ber ihre Verwaltung ablegen.
Allein es ging nun in Athen, wie gew�hnlich in Republiken. Statt der K�nige regierten die Reichen und Vornehmen, die sogenannten Aristokraten , diese besetzten alle h�heren Aemter als ihr ausschlie�liches Eigenthum. Die niederen Volksklassen dagegen waren beinahe ganz der ungez�gelten Willk�r derselben preisgegeben; denn noch schr�nkten keine festen Gesetze ihre Anma�ungen ein. Dazu war hier ein gro�er Theil des Volkes tief verschuldet und daher von den Reichen v�llig abh�ngig, die ihre Schuldner auf das Ueberm�thigste qu�lten. Anfangs ertrug das Volk zwar diese Bedr�ckungen; als sie aber immer h�rter wurden, fing es laut zu murren an und erregte heftige Unruhen. Vergebens trat der Archon Dr�kon als Gesetzgeber auf (624). Er half den allgemeinen Klagen nicht ab, denn seine Gesetze, welche von so ma�loser Strenge waren, da� man sagte, sie w�ren mit Blut geschrieben, vermehrten nur noch die Erbitterung der Gem�ther. Schon drohete der Staat ein Opfer der Parteiwnth zu werden uud in sich selbst zu zerfallen, als ein Mann auf-trat, der das Vertrauen aller seiner Mitb�rger besa� uud durch zweck-m��ige Einrichtungen das Gl�ck und den Ruhm seiner Vaterstadt begr�ndete. Dieser merkw�rdige und um Athen so hochverdiente Mann war S o l o n.
2. Die Verfassung des Solon (594 vor Chr.). � Solon, ein Spro� der alten athenischen K�nigsfamilie, hatte sich, wie viele ber�hmte M�n-ner des Alterthumes, auf Reisen gebildet und dadurch eine solche geistige Vollkommenheit erworben, da� man ihn sp�ter den s. g. sieben Weisen zuz�hlte. In sein Vaterland zur�ckgekehrt, machte er sich besonders durch die Wiedereroberung der Insel Salamis verdient und bewirkte so, da� seine Mitb�rger voll Vertrauen ihm mit der Archontenw�rde auch den Auftrag gaben, dem zerr�tteten Staatswesen wieder aufzuhelfen. Solon
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erreichte dieses namentlich durch zwei Mittel, durch die Erleichterung der Schuldenlast n�mlich und durch eine neue Verfassung des Staates..
Zuerst erleichterte er durch ein menschenfreundliches Gesetz, Sei-sachthei a genannt, die Schuldenlast des �rmeren Volkes. Durch dieses Gesetz ward der Zinsfu�, der im Alterthume wegen der geringen Sicher-heit f�r die Gl�ubiger lange Zeit �berall sehr hoch war, erm��igt, die Abtragung der alten Schulden nach einem neuen M�nzfu�e erleichtert, die pers�nliche Verpf�ndung des Schuldners und seiner Familie aber ganz abgeschafft. In seiner neuen Staatsverfassung aber verordnete er, da� nicht mehr die Vornehmen allein, sondern alle B�rger zusammen die h�chste Gewalt, und jeder an der Staatsverwaltung Theil haben solle, lieber alle wichtigen Angelegenheiten des Krieges und Friedens entschied die Volksversammlung. Jeder athenische B�rger, der wenigstens zwanzig Jahre alt war, hatte das Recht und die Pflicht, in derselben zu erscheinen und abzustimmen. Die Mehrheit der Stimmen entschied f�r die Auuahme oder Verwerfung eines gemachten Vorschlages;, die Stimme des niederen B�rgers galt hierbei gerade so viel, als die des vornehmen. Das Reden, Berathschlagen und Erw�gen, das An-Nehmen oder Verwerfen des Erwogenen war ein sch�nes Bildungsnuttel Und setzte nicht allein alle Geisteskr�fte in Th�tigkeit, sondern gab auch jedem strebsamen B�rger einen Sporn zur gemeinschaftlichen Arbeit f�r's Baterland.
Das ganze Volk theilte Solon nach dem Verm�gen und zwar nach dem Reinertrage des Grundbesitzes in vier Klassen, und hiernachwurden die besonderen Rechte und Pflichten eines Jeden bemessen. Das j�hrliche Einkommen ward nach einem Ma�e trockener Fr�chte, dem Medimnos oder Scheffel, berechnet, oder nach einem entsprechenden Nta�e von Wein und Oel. F�nfhundert, dreihundert und hundertf�nf-Zig Scheffel waren diejenigen Ma�e des Einkommens, welche man haben wu�te, um zu der ersten, zweiten oder dritten Klasse zu geh�ren; w�hrend diejenigen, welche weniger als hundertf�nfzig Scheffel hatten, zur vierten Klasse z�hlten. Die drei ersten Klassen bildeten die eigentliche Kriegs-wacht, daf�r konnten auch sie allein zu Staats�mtern gelangen, die der Unbemittelte auch nicht ohne Gef�hrdung seines eigenen Hausstandes ^atte verwalten k�nnen, da Staats�mter unbesoldet waren. An der Spitze der Verwaltung selbst stand der Rath der Vierhundert
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(Bule). Dieser wurde j�hrlich aus den drei ersten Klassen gew�hlt. Er enthielt sp�ter zehn Abtheilungen, von denen jede unter dem Namen der Prytanie f�nf und drei�ig Tage lang die Staatsgesch�fte verwaltete. Er mu�te auch in allen wichtigen Angelegenheiten von den Archonten Zusammenberufen werden, und ohne vorhergegangene Verathung mit demselben durfte nichts der Volksversammlung vorgeschlagen werden.! Die h�chste W�rde, die der neun Archonten, warder ersten Klasse vorbehalten. Au�er diesen Einrichtungen war von h�chster Bedeutung ein h�chster Gerichtshof, welcher Areop�g genannt wurde. Dieser bestand aus abgegangenen Archonten, welche ihr Amt tadellos verwaltet hatten. Ihnen �bertrug Solou die oberste Aufsicht �ber die gesammte Staats-Verwaltung, �ber �ffentliche Erziehung, �ffentliche Zucht und Sitte der B�rger. Der Areopag war gleichsam der W�chter des Staates. Er entschied auch als h�chster Gerichtshof �ber die Verbrechen des Mordes und der Brandstiftung. Aber auch das ganze Volk sollte an der richter-lichen Th�tigkeit Theil nehmen. Deshalb bildete ein Ausschu� aus der Volksversammlung, welcher aus 6000 �ber drei�ig Jahre alten B�rgern durch das Loos zusammengesetzt war, einen Volksgerichtshof, eine Art von Geschwornengericht. Die Nichter hie�en Helmsten. Ueberhaupt stellte die Volksversammlung die eigentliche Staatsgewalt dar.
Besonders sorgte �olon f�r die Erziehung derJugend in allen K�nsten und Wissenschaften. Zu diesemZwecke waren besondere Anstalten, Gymnasien genannt, errichtet, in denen nicht nur die Kr�fte des K�rpers , sondern auch des Geistes ge�bt wurden. In Athen sollte nicht, wie zu Sparta, der B�rger blos Soldat sein; er sollte auch die Kr�fte des Geistes gleichm��ig ausbilden und sich f�r alles Sch�ne und Er-habene zu begeistern lernen. � Nachdem Solon durch diese und andere Anordnungen dem fr�her so sehr zerr�tteten Staate eine feste Ordnung gegeben hatte, lie� er seine Mitb�rger schw�ren, zehn Jahre nichts an der Verfassung �ndern zu wollen, denn erst im Laufe der Zeit konnten : sie die Zweckm��igkeit seiner Verordnungen beurtheilen lernen. Er i selbst verlie� dann das Vaterland und begab sich abermals auf Reisen in ferne L�nder. Damals soll er auch noch Lydien, zum K�nige Cr�sus i gekommen sein, wie wir fr�her geh�rt haben. � Die Nachrichten �ber ! die letzten Lebensereignisse des ber�hmten Gesetzgebers sind sehr ungewi�; i einige melden, er sei sp�ter nach Athen zur�ckgekehrt und habe dort noch : eine Zeit der Gewaltherrschaft des Pisistratus erlebt, nach anderen w�re z
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' er im Jahre 559 vor Chr. auf Cypern gestorben, dessen K�nig den ver-' dienten Greis in hohen Ehren gehalten h�tte.
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; 3. Athen unter den Pisistratideu (560�510) uud die Neuerungen des Klistheues. � Der Tyrann Pisistratus (560�527). � � Solon's ebele Zwecke gingen nicht ganz in Erf�llung. W�hrend seiner ' Abwesenheit wurde der Parteigeist wieder rege. Die niedere Volks-| ^asse, die durch Solou gr��ere Freiheit, gr��eres Ansehen und neue Rechte erlangt hatte, strebte von nun an immer h�her hinaus und wurde selbst anma�end. Die Vornehmen, ohnehin durch die Ein-schr�nkung ihrer alten Vorrechte erbittert, sahen das �berm�thige Be-tragen des Volkes als eine Herausforderung zum Kampfe an. An der Spitze der Vornehmen stand Lyknrgns, an der der Mittelpartei Me-g a k l e s, w�hrend die F�hrerschaft der Masse des Volkes P i s i st r � t u s �bernommen hatte, ein k�hner, unternehmender Mann, der bei der Unter-st�tzung des Volkes nur seinen eigenen Vortheil im Auge hatte. Ehr-s�chtig, wie er war, kannte er kein gr��eres Gl�ck, als der Erste zu sein �n ersten Staate Griechenlands. Er strebte deshalb nach der Alleinherr-schaft. Es vereinigten sich bei ihm alle Eigenschaften sowohl des Geistes als des K�rpers, die ein solches Streben beg�nstigen konnten. Pisistratns war ein sch�ner Mann und von majest�tischem W�chse; dabei gro�m�thig, liebreich und gef�llig im Umgange. Die Sanftmuth und Freundlichkeit, mit welcher er sich zum gemeinen Manne herablie�, vor Allem aber das Geld, welches er mit reicher Hand an das Volk spendete, gewannen ihm die Herzen desselben. Endlich, als er sich in der Liebe und dem Zutrauen ed Volkes hinl�nglich befestigt sah, schritt er zur Durchf�hrung seines verr�therischen Planes. Er brachte sich selbst mehre Wnnden bei unb lie� sich, mit Blut bedeckt, in seinem Wagen auf den Markt bringen. Hier entstand alsbald ein gro�er Auflauf des Volkes. Jeder wollte bissen, wer seinen Wohlth�ter so entstellt habe. Da erhob sich Piststra-tus und beschuldigte arglistig die Vornehmen, deren Dolche ihn so blutig getroffen h�tten, weil er ein Freund des Volkes und ein Besch�tzer und ^ertheidiger der b�rgerlichen Rechte gegen die Anma�ungen der Vor-Nehmen sei. Das get�uschte Volk gerieth in Wnth �ber die feigen Hordanschl�ge seiner Gegner, der Aristokraten. Aus Mitleid mit seinem ^rmcintlichen Wohlth�ter gab es ihm eine Leibwache von f�nfzig Mann. Diese durch unr�hmliche List erworbene Macht suchte Pisiftratus t�glich SU vermehren, bis er zuletzt ein kleines Heer hatte. Mit diesem besetzte
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er die Burg von Athen und bem�chtigte sich von dort aus auch der Stadt. Zwar hatte er noch manchen harten Kampf mit der Gegenpartei zu bestehen, er wurde sogar zweimal wieder vertrieben; jedoch wu�te sich der Arglistige zuletzt in den ungest�rten Besitz der Alleinherrschaft zu setzen.
Pisistratus war so freilich auf gewaltsamem Wege zur Herrschaft gelangt, allein er regierte zum Segen des Volkes. Sein Hauptstreben ging dahin, Athen zu dem m�chtigsten und gebildetsten Staate von Griechenland zu machen. Im Wesentlichen lie� er die Einrichtungen des Solort und wachte sogar �ber die genaue Befolgung derselben. Er versch�nerte die Stadt und rief Gelehrte und K�nstler dahin, welche auf die Bildung des Volkes einen wohlth�tigen Einflu� hatten. Die Athener nannten ihn zwar Tyrann; aber dieser Name bedeutete damals noch nicht, wie bei uns, einen grausamen Menschen, sondern einen solchen, der sich in einem Freistaate zum Oberherrn aufwirft.*) Pisistratus starb im hohen Alter, 527 vor Chr., mit dem Ruhme, das Wohl seiner Vater-stobt nach Kr�ften bef�rdert zu haben.
Die Tyrannen Hipplas und Hipp�rchus. � Pisistratus hinterlie� die Regierung seinem �ltesten Sohne Hipp las, der seinen Bruder Hipp�rchus an derselben theilnehmen lie�. Beide folgten dem guten Beispiele ihres Vaters; beide bef�rderten das allgemeine Wohl und waren gro�e Freunde der Kunst, besonders der Dichtkunst, beide regierten gelinde und gem��igt. Aber ungeachtet aller Milde ihrer Herrschaft fanden sich doch viele Athener, welche, der Regierung der %\y rannen �berdr�ssig, sich nach der alten Freiheit sehnten. Da f�hrte pl�tzlich eine geringf�gige Ursache den Sturz der Tyrannen herbei.
Es lebten damals zu Athen zwei junge B�rger, die durch das engste Band der Freundschaft mit einander verbunden waren, Harmodlus und Aristogitou. Die Schwester des erstereu wurde einst von Hip parchus �ffentlich beleidigt, indem er sie von einem feierlichen Umz�ge verwies. Hier�ber ergrimmte der Bruder, und noch mehr dessen Freund Ariftogiton. Beide fa�ten den Plan, ihr Leben daran zu setzen, um die
*) Weil unter bcu griechischen Tyrannen auch gewaltth�tige Menschen auf' traten, wie z. B. manche bcr sicilianischen Tyrannen, welche burch bie strengster^ Mittel, burch Grausamkeit unb Schrecken, ihre Herrschaft zu behaupten suchten, so kam nach unb nach in bcu Ansbrnck �Tyrann" bcr Begriff eines unmenschlichen, grausamen Zwingherrn.
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Stadt von den Tyrannen zu befreien. Das nahende Fest der Pana-then�en, bei welchem alle B�rger bewaffnet erscheinen durften, ward zur Ermordung derselben bestimmt; den Urheber der Beschimpfung sollte die Rache zun�chst treffen. Am festlichen Tage dauerte es nicht lange, so kam Hipparchus heran, von einem gl�nzenden Gefolge umgeben. Die Verschw�rer dr�ngen sich zu ihm, ziehen den Dolch und sto�en ihn nieder. Aber im Tumulte wird Harmodins selbst durchbohrt, Aristogi-ton gefangen und zum Hippias gef�hrt. Dieser lie� ihn auf die Folter spannen, um ihn durch die empfindlichste Marter zum Gest�ndnisse zu bringen, wer noch sonst Theilnehmer an der Verschw�rung sei. Aus st�che nennt er die Freunde des Hippias; und augenblicklich werden diese herbeigeholt und hingerichtet. �Wei�t du sonst keinen mehr?" fuhr er ihn an. �Sonst keinen," erwiederte er, �der den Tod verdient, als dich." Da wird auch er hingerichtet. Man meldet dem Hippias, ein ge-wisses Weib, Le�ua genannt, wisse noch um die Verschw�rung. Er l��t auch dieses holen und auf die Folter spannen. Im Ueberma�e der Schmerzen bef�rchtete die Frau, ihr Geheimni� zu verratheu; fie bei�t ftch die Zunge ab und speiet sie dem Tyrannen in's Gesicht.
Verbannung des Hippias (510). � Von nun an regierte Hippias, der durch diese Vorf�lle mi�trauisch geworden war, �u�erst strenge und grausam. Das beschleunigte seinen Sturz. Die gefl�chteten Athener gewannen durch gro�e Geschenke die Priester zu Delphi, so da� diese den Spartanern, so oft sie das Orakel befragten, als die erste Pflicht auferlegten, Athen von der Herrschaft des Tyrannen zu befreien. Endlich schickten diese ein Heer unter ihrem K�nige Kleomenes nach At-tika und belagerten den Tyrannen. Dieser wollte seine Kinder heimlich aus der Stadt in Sicherheit bringen lassen, aber sie fielen den Sparta-Nern in die H�nde. Um seine Kinder aus der Gefangenschaft zu retten, schlo� der bek�mmerte Vater mit den Spartanern einen Vertrag, nach welchem er die Regierung niederlegte und die Stadt verlie�. So ward Athen im Jahre 510 vor Chr. wieder frei. Der Entthronte ging nach Asien zu dem Perserk�nige Dauns. Dieser, hoffte er, w�rde ihn schon wieder in seine Herrschaft einsetzen. Wir werden sp�ter sehen, zu welchen verderblichen Planen er sich aus Rachsucht gegen seine Vater-stadt fortrei�en lie�. � Ganz Athen war voll Jubel �ber die wieder errungene Freiheit. Die B�rger errichteten ihren Befreiern, kein Harmodius und Aristogiton, Standbilder und verewigten auch die
That der Le�na durch ein Denkmal, welches eine L�win ohne Zunge vorstellte.
Neuerungen des Klisthenes (509). � Indessen geno� Athen nach Wiedererlangung seiner Freiheit der Ruhe nicht, welche es gehofft hatte. Zwei der angesehensten B�rger, I s a g � r a s und K l i st h o n e s, traten wieder als Parteif�hrer auf und machten sich die Herrschaft um die Wette streitig. Mit Jsagoras hielten es die Vornehmen; mit Klisthenes aber das Volk, f�r dessen Besch�tzer er sich ausgab. Dieser wagte es sogar, zu Gunsten desselben in der Solonischen Verfassung manches zu �ndern; namentlich vermehrte er bie Mitglieder des hohen Rath es auf F�nfhundert. Auch soll er ben Ostracismus ober bas Scherbengericht eingef�hrt haben. Von ben zwanzigtausenb B�rgern, bie bamals ungef�hr vorhanben waren, erhielt n�mlich hierbnrch Jeber bas Recht, j�hrlich auf bie Scherbe oder Schale einer Seemuschel den Namen desjenigen zu schreiben, der durch sein �berwiegendes Ansehen, selbst durch sein Verdienst, verd�chtig und ber Freiheit unb Gleichheit gef�hrlich schien. Hatte Iemanb nun 6000 Stimmen gegen sich, so mu�te er, ohne ba� er sich vertheibigen b�rste, gew�hnlich ans zehn Jahre bie Stabt verlassen. Der Verbannte verlor jeboch weber seine Ehre noch sein Verm�gen. Er sollte nur burch l�ngere Abwesenheit seinen Mitb�rgern entfrembet werben, bamit er nicht, wie Pisistratus, seinen Einflu� mi�brauche zum Nachtheile ber Volksfreiheit. Durch bieses Scherbengericht war nunmehr bem Volksneibe unb bem Parteigeiste ein gef�hrliches Mittel angewiesen, je-ben burch Talent, Verbienst ober Neichthum ausgezeichneten Mann aus bem Staate auszusto�en.
Dritte Periode. Vom Beginne der Perserkriege (500 o. Chr.) bis zum pelopottnesischeu Kriege (431 b. Chr.).
Die ^erserkricge.
Der Aufstand der Ioner in Kleinasien gab bie Veranlassung zu biesen langwierigen K�mpfen. Jener Aufstaub aber w�rbe also ange-facht. Der Perserk�nig Darius, der zweite Nachfolger bes Cyrus, machte unter vielen anbeten Kriegesz�gen auch einen solchen gegen bie Scythen, ein wilbes Steppenvolk, bas in zahlreichen St�mmen n�rdlich von der unteren Donau und dem schwarzen Meere wohnte. Wahrend nun der Gro�k�nig, dem das Gl�ck anf diesem Zuge nicht hold war, noch in je-
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item unwirklichen Lande weilte, gab der Athener Miltiades, der F�rst des thracischen Chersones, den asiatischen Griechen, welche die Donaubr�cke bewachten, den Rath, dieselbe abzutragen und so das feind-liche Heer und den fremdl�ndischen Zwingherrn, dem sie schon seit Cy-r�s unterstanden, zu vernichten. Nur Histi�us, der Statthalter von Mi-let, widersetzte sich und hintertrieb das Vorhaben. Ihm schenkte der ge-rettete K�nig aus Dankbarkeit einen Landstrich in Thracien, am Flusse Strymon (Karasu). Der schlaue Grieche benutzte diesen so gut, da� er gro� und m�chtig wurde und seinem K�nige bald gef�hrlich schien. Die-ser rief ihn deshalb zu sich nach Hofe mit deu sch�nen Worten: einen so klugen und verst�ndigen Mann m�sse er nothwendig als Freund und Nathgeber in seiner N�he haben. Aristag�ras, der Schwiegersohn des Histi�us, bekam die Statthalterschaft von Milet.
Histi�us aber merkte bald, da� er am Hofe nur Gefangener sei und sann auf Rache. Er nahm einen treuen Sklaven, schor ihm das Haar ab, schrieb ihm einige Worte auf den Kopf und behielt ihn bei sich, bis das Haar wieder gewachsen war. Dann schickte er ihn zum Aristag�ras mit dem Auftrage, ihm den Kopf zu scheeren. Der wunderte sich nicht wenig �ber den sonderbaren Auftrag. Aber wie staunte er, als er auf dem glattgeschorenen Kopfe einen Brief geschrieben fand! Dieser enthielt die Aufforderung, die Joner, die m�chtigsten unter den Griechen, welche Kleinasien bewohnten, zum Aufstande gegen die Perser zu reizen. Die Aufforderung kam dem Aristag�ras ganz erw�nscht, denn er war beim K�nige wegen eines ungl�cklichen Feldzuges in Ungnade gefallen und mu�te jeden Augenblick f�r sein Leben f�rchten. Als er bei seinen Landsleuten die Emp�rung heimlich eingeleitet hatte, reisete er nach Europa, um ihre Br�der jenfeit des Meeres um H�lfe anzusprechen. Er kam nach Sparta. K�nig Kleomenes h�rte seiner sch�nen Rede �ber die Reichth�mer der persischen L�nder und �ber den Kriegesruhm der Spartaner anf�nglich aufmerksam zu, dann aber fragte er ihn: �Wie weit ist es denn vom Meere bis nach Susa?" � �Drei Monate Weges!" erwiderte er. �Freund von Milet," rief der K�nig Kleomenes hastig, �mach', da� du noch vor Sonnenuntergang aus unserer Stadt kommst!" So schnell aber lie� dieser sich nicht abweisen. Nachdem er als Schutzflehender, den Oelzweig in der Hand, sich am Heerde des K�niges nieder-gelassen hatte, bot er demselben, falls er seiner Bitte um H�lfe will-fahren wollte, f�nfzehn, ja endlich gar f�nfzig Talente, eine Summe
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von etwa 75 000 Thalern. �Vater, der Fremde wird dich bestechen, wenn du nicht weggehst," rief pl�tzlich in die Unterhandlung der beiden M�nner die kleine Gorgo hinein, des K�niges Tochter. Das wirkte. Augenblicklich mu�te Aristagoras sich entfernen. Nun wandte er sich nach Athen. Hier war er gl�cklicher. Die B�rger dieser Stadt waren n�mlich aufgebracht �ber den Perserk�nig, der ihnen, als w�ren sie schon seine Knechte, vor nicht langer Zeit den drohenden Befehl hatte zukom-men lassen, den vertriebenen Tyrannen wieder aufzunehmen. Aus Rache versprachen sie jetzt dem Aristagoras zwanzig bemannte Schiffe, zu denen die Bewohner von Eretria auf Eub�a noch f�nf ihrerseits zu stellen zusagten. Aristagoras kehrte nun nach Hause zur�ck und trieb es im Fr�h-linge des Jahres 499 vor Chr. zum offenen Aufstande der kleinasiati-schen Griechen gegen die verha�ten Perser. Ohne gro�e M�he wurde Sardes erobert. Und als ein Soldat aus Bosheit ein Haus anz�ndete, loderte die ganze Stadt, deren H�user gr��tenteils aus Holz erbauet und mit Schilfrohr gedeckt waren, in Flammen auf. Dar�ber ergrimm-ten die Perser; mit gro�er Macht folgten sie den abziehenden siegreichen Griechen und schlugen sie bei Ephesns. Jetzt kam �ber die Aufst�ndischen Ungl�ck auf Ungl�ck. Die verb�ndeten Athener kehrten nach Hanse zur�ck, ein letzter Waffenversuch der Verlassenen f�hrte 494 zu einer blutigen Niederlage in der Seeschlacht bei Lade, Milet gegen�ber. Milet selbst wurde von den Persern mit st�rmender Hand genommen und ein-ge�schert, die Einwohner wurden theils get�dtet, theils in die Fremde geschleppt; Histi�ns, der Anstifter der Emp�rung, ward hingerichtet, Aristagoras hatte schon fr�her einen ruhmlosen Tod gefunden.� So kl�glich endete der Aufstand, und J�rnen wurde dem persischen Zwingherrn abermals unterworfen. Aber auch Andere als die kleinasiatischen Griechen sollten daf�r b��en, da� sie gegen den Gro�k�nig zu den Waffen ge-griffen hatten, � jetzt sollten die Athener und die Eretrier ihre Strafe erhalten. K�nig Darius, noch dazu aufgestachelt vom vertriebenen Ty-rannen Hippias, hegte gegen diese griechischen Staaten solch blinden Ha�, da� ihm bei jeder Mahlzeit ein Sklave dreimal zurufen mu�te: �Herr, gedenke der Athener!" So wurde in Folge des ionischen Aufstandes auch Griechenland von den persischen Heeresmassen heimgesucht, und ein Krieg entz�ndet, welcher fast ein halbes Jahrhundert gew�hrt hat. F�r die Perser ist der Gang dieses Kampfes sehr verh�ngni�voll geworden; denn w�hrend sie anf�nglich unter der Negierung des Darius und des Xerxes noch angreifend gegen die Griechen vorgingen, mu�ten sie sich
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sp�ter die Schmach gefallen lassen, die Griechen als Sieger in ihr asiatisches Reich eindringen zu sehen. Hiernach zerf�llt der Perserkrieg in zwei Abtheilungen: in den Angriffskrieg der Perser von 493 bis 479 vor Chr. und den Verteidigungskrieg von 477 bis 449 vor Chr.
a. Der Angriffskrieg der Perser.
(Von 493 bis 479 vor Chr.).
Erster Feldzug unter Mardonms (493). � Darms schickte, um an den verha�ten griechischen Staaten Rache zu nehmen, seinen Schwiegersohn Mardonius mit einer Land- und Seemacht dahin. Umsonst! Die Flotte wurde bei der Umschiffung des chalcidischen Vorgebirges Ath�s vom Sturme zertr�mmert, das Landheer von den kriegerischen Bewohnern Thraciens gr��tentheils anfgerieben. Nnr mit kl�glichen Tr�mmern floh Mardonms, ohne auch nur einen Griechen gesehen zu haben, best�rzt nach Asien zur�ck.
Dieser mi�lungene Versuch reizte den Zorn des persischen Gro�k�nigs nur noch heftiger. Er r�stete jetzt eine noch furchtbarere Macht. Bevor er sie aber abschickte, wollte er die Griechen auf die Probe stellen, was sie wohl im Sinne h�tten, ob wider ihn zu streiten, oder sich zu ergeben. Gewohnt, durch die Macht seines Namens ferne V�lker zu schrecken, sandte er durch ganz Griechenland Herolde, Wasser und Erde, als Zeichen ihrer Unterwerfung, zu fordern. Viele St�dte und Inseln unterwarfen sich voller Angst diesem Befehle. In Athen und Sparta aber geriethen die B�rger �ber ein derartiges Ansinnen so in Aufregung, da� sie gegen das V�lkerrecht die Gesandten ergriffen und in Gr�ben und Brunnen warfen, mit den h�hnenden Worten: �Dort nehmet euch nach Belieben!"
Zweiter Feldzug unter Datis und Artapherues (490). � Der K�nig ergrimmte f�rchterlich. Jetzt galt keine Gnade mehr. Unter F�hrung der beiden Feldherren Datis und Artaphernes lief eine Flotte von sechs-hundert Schiffen, mit 100 000 Mann zu Fu� 10 000 Reitern ans, den Rachebefehl zu vollziehen. Au�er Ketten, mit denen die Menge der ge-fangenen Griechen gefesselt werden sollte, ward auch ein gro�er Marmor-block mit eingeschifft; dieser sollte als Siegeszeichen auf den Ruinen von Athen errichtet werden. Zuerst segelte die Flotte nach der Insel Enb�a. Hier lag das verha�te Eretrla, welches mit Athen gemeinsame Sache gemacht hatte. Nach mehrt�gigem Sturme ward die Stadt erobert, gepl�ndert, niedergebrannt, die Einwohner, soweit sie nicht in der Hitze des
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Kampfes gefallen waren, in die Sklaverei geschleppt. Nun segelte die Flotte geradeaus Athen los. Hippias befand sich als F�hrer und' Bundesgenosse am Bord. Die �berraschte Stadt schickte Eilboten nach Sparta, um die B�rger schleunigst zu H�lfe zu rufen. Bei den Spar-tanern aber herrschte der Aberglaube, sie d�rften nicht vor dem Voll-monde k�mpfen, und sie kamen nicht. Die bedr�ngten Athener schickten hin und her, um bei anderen St�dten H�lfe zu suchen. Vergebens! keine Stadt wollte den Kampf gegen die Perser wagen; nur das kleine P lat�� in B�otien schickte tausend Mann, seine gesammte bewaffnete Mannschaft. Die Athener stellten zehntausend und bewaffneten in der Roth ihre Sklaven. Klein und unbedeutend war freilich dieses Heer, aber fest ent-schloffen, f�r Freiheit und Vaterland alles zu wagen, und voll Vertrauen zu seinen zehn Feldherren, unter denen Miltiades so sehr hervorragte^ da� ihm auf den Rath des Aristides die F�hrung �bertragen wurde. Man �berstieg nun die H�hen des Pentelikon und Parnes und lagerte sich am Fu�e des Bergzuges unweit des Fleckens Marathon.
Schlacht bei Marathon (490 vor Chr.). Miltiades. � Hier, in einer gro�en Ebene, waren die Perser gelagert, und die zahllosen Massen ihrer Reiter und Fu�g�nger bedeckten weithin den Raum, der sich l�ngs der Meeresk�ste hinzieht. Nochmals feuerte Miltiades seine Landsleute zu neuem Muthe an, gab dann das Zeichen zum Angriffe, und in vollem. Laufe rannten die Griechen, dicht geschlossen, ans die h�hnenden Barba-ren los. W�thend war der Kampf. Die griechischen Sklaven in der Mitte wichen zur�ck, aber an beiden Fl�geln drangen die Athener und Plat�er siegreich voran, trieben die Feinde vor steh hin und eilten dann den Sklaven zu H�lfe. Da war die Flucht der Perser allgemein. Alles st�rzte voll Entsetzen durch- und �bereinander nach der K�ste und warf sich in die Schiffe. Die siegreichen Athener verfolgten die Fliehenden und nahmen noch sieben ihrer Fahrzeuge. Mit den andern entwichen die Feinde auf die hohe See, aber nicht um nach Hause zur�ckzukehren, sondern um unvermnthet einen neuen Schlag gegen die Griechen zu f�hre�. Sie segelten n�mlich eiligst um das attische Vorgebirge Sunlum, das unbesetzte Athen zu �berrumpeln. Aber Miltiades hatte ihren Plan gemerkt. Als die Perser ankamen, stand er schon mit seinem Heere auf einem H�gel vor der Stadt schlagfertig da. Erschrocken schifften jetzt die Perser in ihr Land zur�ck. Ihr ganzes Lager mit allen Kostbarkeiten, auch die Fesseln f�r die Griechen und der pr�chtige Marmorblock, Alles
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Wurde eine Beute der Sieger. Unter den vielen Leichen, mit denen das Schlachtfeld weithin bedeckt war, soll nach einer Angabe auch die des Hippias gewesen sein, doch ist es wahrscheinlicher, da� der fr�here Tyrann fern von seiner Heimath auf der Jusel Lemnos gestorben ist.
Diesen herrlichen Sieg von Marathon feierten die Athener noch in sp�ten Jahren durch festliche Umz�ge und Opfer. Ihre gefallenen Mit-b�rger begruben sie auf das Feierlichste und setzten ihnen sch�ne Ehrendenkm�ler. Vor allen aber ward Miltiades, der Held des Tages, ge-feiert. Das dankbare Volk wetteiferte in Ehrenbezeugungen f�r denselben; errichtete ihm auf dem Schlachtfelde ein besonderes Denkmal, ja es beschlo� selbst, ans dem Erl�s eines Theiles der Beute eine eherne Bilds�ule des Feldherrn anfertigen und dem delphischen Gotte als Weihe-geschenk zusenden zu lassen.
Am Tage nach der Schlacht von Marathon kam in gro�er Eile ein Heer der Spartaner herangezogen, die nun, da der Vollmond erschienen, zur H�lfe bereit waren. Sie lie�en sich zum wenigsten noch das Schlacht-seid zeigen, lobten die Athener wegen ihrer Tapferkeit und kehrten dann nach Hause zur�ck.
Miltiades geno� nicht lange die Fr�chte seiner glorreichen That. Sein Name ward bald ein Gegenstand des Neides. Feinde suchten ihn verd�chtig zu machen, als strebe er nach der Alleinherrschaft und eine ungl�ckliche Unternehmung gegen die Insel Paros erleichterte ihnen den Sieg. Er wurde zu einer Geldbu�e von 75 000 Thalern verurtheilt, doch ehe er diese aufbringen konnte, starb er an seiner bei Paros erhaltenen Wunde.
Dritter Feldzug unter Xcrxcs (480 vor Chr.). � Unertr�glich war ber Schimpf bei Marathon dem stolzen Darius und entstammte ihn zur �u�ersten Rache. Schon hatte er sich, um die erlittene Schmach zu s�h-ueit, drei Jahre lang zu einem neuen Kriegeszuge ger�stet, da raffte ihn der Tod hinweg. Aber Xerxes, fein Sohn und Nachfolger, setzte die R�stung fort. Des Sieges gewi� hatte er nicht Lust, wie er prahlend sagte, k�nftig noch attische Feigen zu kaufen; er wollte sich des ganzen Landes bem�chtigen und dann nur eigene Feigen effen. Zu Waffer und zu Lande sollte Griechenland gleichzeitig angegriffen werden. Alle An-stalten zu diesem Zuge waren so riesenartiger Natur, da� der Schrecken
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der Mitwelt und das Staunen der sp�teren Zeit gewi� noch manche Uebertreibung hinzugethan haben. Sechs und f�nfzig verschiedene Na-tionen, hei�t es, die dem Gro�hecrn unterth�nig waren, wurden zu dem neuen Nachezuge aufgeboten. Ganz Asien war in Bewegung; aus den entlegensten Gegenden kamen die V�lker herangezogen. Die Menge war so gro�, da� man sie nicht z�hlen konnte. Um ihre Zahl ungef�hr zu bestimmen, lie� Terxes, als die Heeresmassen sich schon in Bewegung gesetzt hatten, zehntausend Mann abz�hlen, diese eng zusammentreten und um sie her eine Art von H�rde ziehen. Dann lie� er diese hinaus-treten und den f�r zehntausend Mann abgeschlagenen Raum mit anderen f�llen. Hundert und siebenzig Mal f�llte und leerte sich dieser Raum und es waren demnach gegen l 700 000 Menschen in Bewegung. Furchtbar wie die Landmacht war auch die Seemacht. Die Zahl der Kriegsschiffe belief sich auf zw�lfhundert, die noch von dreitausend Lastschiffen begleitet wurden. An der Spitze dieser Millionen stand Terxes selbst, wie ein Abgott von seinen V�lkern geehrt und zugleich gef�rchtet.
Mit dem Fr�hlinge des Jahres 480 setzte sich der Zug in Bewegung.. Es war, als k�me ganz Asien dahergewaudert. Im Andenken an das Ungl�ck, welches dem Mardomus beim Umsegeln des Ath�s widerfahren war, soll er einen Kanal durch den Berg haben ziehen und die Flotte hindurch segeln lassen. Zum BeHufe eines sicheren Ueberganges des Landheeres lie� er zwei Br�cken �ber den Hellespout schlagen. Dieser ist eine schmale Meerenge, die Europa von Asien trennt, und hei�t jetzt von den an beiden Seiten gelegenen festen Schl�ssern, die den Eingang vertheidigen, Stra�ederDardanellen. Aber der Sturm zerst�rte den Bau. Da gerieth der Gro�k�nig in Wnth. Die Werkleute lie� er enthaupten, in das widerspenstige Meer aber dicke Ketten werfen, als wolle er dieses jetzt eben so fesseln, wie �ber kurz die Griechen selbst; und zuletzt soll er es noch mit dreihundert Peitschenhieben gez�chtigt haben, unter den stolzen Worten: �Diese Strafe gibt dir dein Gebieter, weil du ihn ohne Grund beleidiget hast. Ueber deinen R�cken wird er hinziehen, du magst wollen oder nicht, du b�ses Meer!" Schnell war eine neue Br�cke fertig, und nun wurden Anstalten zu einem feierlichen Uebergange gemacht. Fr�h am Morgen, als der Himmel im Osten sich r�thete, wurde ein feierliches Opfer gebracht. Man z�ndete Weihrauch auf der Br�cke an und bestreuete diese mit Zweigen von Myrtenb�umen. Und als die Sonne in hoher Majest�t emporstieg, neigten sich voll Ehrfurcht die
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V�lker Asiens, und tiefe Stille herrschte ringsum. Xerxes go� aus gol-bener Schale ein Trankopfer in's Meer unb fleljete bas aufgehenbe Tagesgestirn um Sieg f�r bie persischen Waffen an. Dann warf er ben Becher nebst einem persischen Schwerte in bie See unb gab bas Zeichen zum Aufbruche. Nun setzten sich all' bie Hunberttausenbe in Bewegung. Sieben Tage unb eben so viele N�chte banerte ber Uebergang �ber bie Br�cke unaufh�rlich fort. Zun�chst ergo� sich ber gro�e V�lkerstrom �ber Thracien. Auf einer ger�umigen Ebene bei ber St�bt Doriskns, unfern ber M�nbung bes Hebrus, w�rbe Halt gemacht unb bas Lager aufgeschlagen, w�hrenb bie Flotte sich an ber nahen K�ste ausbreitete. Hier hielt Xerxes eine Heeresschau unb veranstaltete zugleich jene Z�h-lung seiner Krieger, wovon schon oben bie Rebe war.
Wie eine S�nbflnth �berschwemmten nun bie Asiaten das n�rbliche Griechenland Da war kein Gebanke an Wiberstanb; von allen Seiten schickte man ihnen Wasser unb Erbe freiwillig entgegen.
In solchem Anbrange ungeheurer Noth verzagten bennoch bie Athe-ner unb Spartaner nicht, auch bie Bewohner ber kleinen St�bte Plat�� unb Thesplae traten m�chtig mit f�r bie Rettung bes gemeinschaftlichen Vaterlanbes ein. Anfangs war man gewillt, ben einbringend Persern im n�rblichen Thessalien, am Olympus, entgegenzutreten, boch sah man sich balb gezwungen, sich bis zur Grenze Mittelgriechenlands znr�ckzn-ziehen unb bort ben k�hnen Versuch zu machen, ben zahllosen Barbaren zu wiberstehen.
Schlacht bei Thermopyl� (480 vor Chr.). ^eonidas. � So kamen bie Perser, schwer unb langsam, ohne Wiberstanb zu sinben, immer n�her herangezogen bis zum Engpasse Thermophl�, ber in bas Herz von Griechenlanb f�hrt. Hier, wo bas Meer von ber einen, unb das steile Oeta-Gebirge von ber cmberen Seite nur einen schmalen Weg gelassen hat, hielt ber spartanische K�nig Leonibas mit seinem kleinen Heere, unter welchem nur 300 Spartaner waren. Xerxes lachte �berlaut, als er h�rte, ba� bieses H�uflein feine Millionen aufzuhalten geb�chte. Er schickte Boten hin, ihm bie Waffen auszuliefern. �Komm unb hole sie!" war bie Antwort. Unb als ben Griechen gesagt w�rbe, ber Feinbe seien so viele, ba� bie Sonne verbunkelt w�rbe, wenn sie ihre Pfeile absch�ssen, erwiberte ein Spartaner kalt: �Um so besser, bann werben wir im Schatten fechten."
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Noch z�gerte Xerxes mit dem Angriffe. Er konnte es sich nicht als m�glich denken, da� diese Handvoll Menschen wirklich Widerstand leisten w�rde, und lie� ihnen vier Tage Zeit, zur Besinnung zur�ckzukehren und abzuziehen. Aber sie wichen nicht und wankten nicht. Da lie� er seine Asiaten gegen den Hohlweg losst�rmen. Hier standen die Griechen, dicht geschlossen, Mann an Mann, in der Linken den Schild, der sich wie eine eherne Mauer vor der Reihe herzog, von welcher die Pfeile der Barbaren klirrend zur�ckflogen; mit der Rechten streckten sie einen Wald langer Lanzen vor sich hin. Schar auf Schar st�rmte heran und suchte den Wald zu durchbrechen, aber immer wurden sie �ber die Leichen der Ihrigen zur�ckgeworfen. Xerxes w�hlte die Tapfersten seines Heeres, die unsterbliche Schar genannt. Auch sie sielen! Kein Perser mochte mehr den Angriff wagen. Xerxes sprang dreimal von seinem Throne, von wo aus er dem Kampfe zusah, und w�thete und tobte, � alles vergebens ! Auch am folgenden Tage behauptete Leonidas gegen alle An-griffe fest seinen Posten. So w�re vielleicht schon hier die gro�e Macht der Perser gebrochen, h�tte sich nicht unter den anwohnenden Griechen selbst ein Verr�ther gesunden. Ephi�ltes hie� der Elende. Dieser entdeckte dem persischen Feldherrn einen geheimen Fu�pfad �ber das Gebirge. Zwanzigtausend Perser folgten, �berstiegen heimlich die Wald-h�hen und fielen den verrathenen Griechen in den R�cken. Da war alle Rettung dahin. Leonidas sandte fast alle, die nicht Spartaner waren, zur�ck, auf da� sich Jeder seiner Stadt und anderen Gefahren des Vater-landes erhalte. Die Thespier jedoch, siebenhundert an der Zahl, waren durch nichts zu bewegen, ihn zu verlassen; nur die Theb�ner mu�ten bleiben als Gei�eln f�r die Treue ihrer Landsleute. Leonidas selbst opferte, um zuvor feine und feiner Gef�hrten Todtenfeier zu begehen, in seinem K�nigskleide den G�ttern von Sparta, a� mit seinen dreihundert Spartanern, alle bestens geschm�ckt, und ging nun selbst zum Angriffe vor. Mann f�r Mann zu sterben entschlossen, fochten die Spartaner und Thespier mit r�ckhaltsloser K�hnheit. Keiner schonte weder sich noch den Feind. Furchtbar r�umten ihre Lanzen unter den dichtgedr�ngten Bar-baren auf; selbst die beiden Br�der des Xerxes st�rzten zum Tode ge-troffen in diesem wilden Gedr�nge. Den Griechen brachen allm�hlich die Lanzen; sie mu�ten zu den Schwertern greisen. Da f�llt Leonidas, der ihnen voran gek�mpft hat, und das Gefecht entbrennt noch heftiger um feinen Leichnam. Es gelingt den Griechen, diesen in ihre Mitte zu ziehen und die anst�rmenden Perser viermal mit gro�em Verluste zur�ckzu-
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schlagen. Nach der langen, blutigen Arbeit zum Tode ermattet, k�mpfen sie noch fort und fort mit der letzten Kraft. Von der Uebermacht �ber-w�ltigt sinken endlich alle die tapferen Streiter, die Spartaner und die Thespier, dahin, inmitten der Haufen der erschlagenen Barbaren, mit Lanzen, mit Schwertern, mit Pfeilen wie mit Siegestroph�en bedeckt. Nur die elenden Theb�ner hatten sich m�glichst dem Kampfe entzogen, Helm und Schild zur Erde gelegt und sich dem Gro�k�nige zu eigen er-geben. Freilich schonte Terxes ihr Leben, aber er lie� ihnen allen sammt ihrem F�hrer mit gl�hendem Eisen das Brandmal k�niglicher Sklaven aufdr�cken. � Wie r�hmlich war dagegen das Andenken der gefallenen Helden! Ist doch keinem Siege ein solcher Ruhm gefolgt, als der Nieder-l�ge bei Thermopyl�. Den gefallenen spartanischen Helden wurde in der Folge die Inschrift gesetzt:
�Wanderer, sag's zu Sparta, da�, seilten Gesetzen gehorsam, wir erschlagen hier liegen."
Ein L�we von Stein zeigte dem einsamen Wanderer in der Berg-schlucht auch die St�tte, wo Leonidas selbst, der L�we des Tages, gefallen war.
Seegefecht bei Artemis tum. � In demselben Jahre 480, und fast in denselben Tagen, ma� sich an der Nordseite der Insel Enb�a, auf der H�he von Artemislnm, die griechische Flotte zum Erstenmale mit der persischen und wich ihr nicht. Nur erst, da die traurige Nachricht erscholl, die Perser seien durch die Thermopylen gedrungen, segelte sie zur�ck und stellte sich, um Athen zu decken, im saronischen Meerbusen bei der Insel Salamis auf.
Seeschlacht bei Salamis (480 vor Chr.). Themistokles. � Von
tum an w�lzten sich die persischen Scharen unaufhaltsam vorw�rts. Hinter ihnen schlugen St�dte und D�rfer in Flammen auf, vor ihnen her flohen die ungl�cklichen Bewohner. Die Spartaner hielten es f�r ihre eigene Sicherheit am besten, sich mit ihren Bundesgenossen nach den: Peloponnese zur�ckzuziehen und den Zugang dazu, den Isthmus, durch eine Mauer zu vertheidigen. � Die Athener und die �brigen Griechen w�ren alsdann ihrem Schicksale �berlassen worden. In dieser hoffnnngs-losen Lage schickten die Athener nach Delphi; allein auch der Gott schien Nicht mehr retten zu k�nnen. Er gab die dunkele und wenig ermnthi� gende Antwort: �Athen m�sse hinter h�lzernen Mauern Schutz suchen."
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Manche, insbesondere die Greise, deuteten den Ausspruch des Gottes auf die Burg, welche vormals eine h�lzerne Umz�unung hatte. Inmitten der allgemeinen Ratlosigkeit und Aufregung ward Themist�kles der Netter.
Schon als Knabe verrieth dieser au�erordentliche Begabung, so da� einst sein Lehrer voll Verwunderung ausgerufen haben soll: �Themist�-kles ist geboren, um dereinst der Segen oder der Fluch seiner Vaterstadt zu werden." Bei einem anderen Anlasse wurde er verspottet, weil er die Seier nicht spielen konnte. �Nun ja," erwiderte er stolz, �singen und spielen kann ich nicht, ober eine kleine Stobt gro� uitb ber�hmt machen, bie Kunst, meine ich, zu verstehen." Nach ber Schlacht von Marothon glaubte Themist�kles nicht, wie viele seiner Lanbsleute, bie Gefahr sei nun abgewenbet, sonbern er war �berzeugt, ba� ein langer nnb gefahrvoller Krieg mit ben Barbaren nun erst begonnen hotte. Um seine Vater-stabt bagegen m�glichst zu sch�tzen, strebte er barnach, Athen zu einer starken Seemacht umzuwanbeln, weshalb auf seinen Rath ber Ertrag ber Silberbergwerke von Laurium zum Bau von Schiffen verwanbt wurde, deren Zahl man bald auf 200 brachte. Auch das entging seiner Einsicht nicht, da� nur in einem treuen Znsammenhalten der Griechen, besonders aber Athen's und Sparta's, ein sicherer Schutz gegen die Einf�lle der Perser zu finden sei. Themist�kles hatte daher schon im Jahre 481 auch einen neuen Bund der Griechen unter Sparta's Leitung zu Stande gebracht. � Auch jetzt wurde derselbe Mann der Retter feiner Vaterstadt, ja vom gesommten Griechenland. � Die h�lzernen Mauern, von denen das Orakel gesprochen, versicherte er, seien nichts anderes, als die Schiffe; diese seien von dem Gotte selbst zur Rettimg bestimmt; darum m�chten die Athener die Stadt verlassen und diese besteigen. Er �berzeugte seine Mitb�rger, da� nicht H�user, nicht Mauern die �Stadt ausmachten, sondern die B�rger; �wo diese sind," setzte er hinzu, �da ist auch die Stadt; die Rettung dieser ist auch die Rettung der Stadt selbst." Also fa�ten die Athener auf des Themist�kles Rath den hochherzige� Entschlu�, die Vaterstadt zu verlassen, um die Freiheit zu erhalten. Nicht die Klage der zur�ckbleibenden Greise, welche ans abergl�ubischen Vorurtheilen bie Burg nicht verlassen wollten; nicht bie treue Anh�nglichkeit ber Haussiere, welche hin unb her zum Stranbe liefen und den Scheidenden nachwinselten, konnte sie waukelm�thig machen. Getrosten Muthes ver-lie�en sie die theure Heimath und fuhren zu Schiffe von bannen, einem
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gefahrvollen Kampfe entgegen. Weiber und Kinder wanderten nach den benachbarten K�sten und Inseln aus, wo man den Ungl�cklichen eine freundliche Zufluchtsst�tte gew�hrte. Die verlassene Stadt wurde bald darauf von den Persern eingenommen und freventlich zerst�rt.
Bei der Insel Salamis im saronischen Meerbusen, unweit Athen, harrte die griechische Flotte von dreihundert achtzig Schiffen der Feinde. Sie kamen heran. Das ganze Meer, so weit das Auge reichte, war mit persischen Segeln bedeckt I Da sank, wie einst am Tage bei Marathon, aller Mnth. Keiner der Verb�ndeten wollte bleiben. �Der sei des Todes," schrien sie, �welcher von Hierbleiben spricht." Alle Peloponnesier waren der Meinung, man solle nur den Peloponnes vertheidigen, da Attila nach der Zerst�rung Athens nicht mehr zu retten sei. Themistokles wurde auf's Aeu�erste gebracht und wagte ein verzweifeltes Mittel. Er schickte heimlich einen treuen Sklaven zn Terxes und lie� ihm sagen: �Gro�er K�nig, ich bin dein Freund und w�nsche in deine Dienste zu treten. In der folgenden Nacht wollen die Griechen aus dieser Meeres-bucht entfliehen. Schlie�e sie ein, dann ist die ganze Flotte in deinen H�nden." Xerxes, der nichts mehr gef�rchtet hatte, als da� die Grie-cheu ihm hier entkommen m�chten, segelte eiligst herbei und schlo� sie ein. Nun mu�ten sie wohl bleiben und k�mpfen. Verzweiflung verlieh h�heren Muth.
Die See ging ruhig, als die persische Flotte herankam. Man h�rte nur die Schl�ge der Nuder und das Ger�usch der Segel. Bald aber erhob sich der Wind uud trieb gegen die feindlichen Schiffe. Die unbeholfene Masse wurde getrennt, das eine Schiff stie� auf das andere. Viele wurden weit in's Meer hinausgeworfen, andere flogen gegen Fel-sen und Klippen in Tr�mmer auseinander. Von allen Seiten drangen die leichten Schiffe der Griechen zwischen die persischen, bohrten sie hier in den Grund, fuhren dort schr�g an ihnen vor�ber, da� die ganze Reihe der Nuder zertr�mmert, und so das Schiff f�r den Kampf unbrauchbar wurde. Verw�stung war auf dein Meere. Zwischen den Tr�mmern der Schiffe umher rangen Viele schwimmend nach Rettung. Mancher Ungl�ckliche suchte einen Mast oder ein Brett zu erreichen; uud hieran sich festklammernd k�mpfte er noch auf wenige Augenblicke gegen den Tod an. Ein Angstschrei der fliehenden und sterbenden Perser erscholl in die Luft, dazwischen das Jubelgeschrei der triumphirenden Griechen. �Das Meer verschwand dem Blicke, �berdeckt mit Schiffstr�mmern und Er-
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schlagenen. Gestade und Felsen waren mit Leichen angef�llt. Wehgeschrei, Aechzen und St�hnen t�nte aus den Finthen der See empor, �bis das dunkle Angesicht der Nacht alles verh�llte." Also erz�hlt der Siegesbote beim gro�en Dichter Aeschylus.
Es war am 20. September des Jahres 480 vor Chr., als Themi-stokles diesen gl�nzenden Sieg erfocht. Terxes sa� w�hrend der Schlacht unter einem goldenen Thronhimmel, auf einem H�gel am Strande des Meeres, um Augenzeuge seines Gl�ckes zu sein. Neben ihm standen seine Schreiber, um die Gro�thaten zu verzeichnen. Jetzt war hier seines Bleibens nicht mehr. Um ihn aber schneller aus dem Laude zu treiben, gebrauchte Themistokles eine neue List. �Die Griechen sind gesonnen," lie� er ihm sagen, �die Br�cke �ber den Hellespont abzubrechen." Der K�nig erschrak. Eiligst floh er davon, und aus Furcht, es m�chte ihm t>er R�ckzug abgeschnitten werden, soll er in einem armseligen Fischerkahn �ber den Hellespont gesetzt sein, �ber welchen er j�ngst auf einer langen Schiffsbr�cke mit den Millionen seines Reiches so stolz und maje-statisch hingezogen war.
Der Name Themistokles war von nun an das Losungswort allge-meiner Freude. Die Spartaner kr�nten ihn in ihrer Stadt mit Olivenkr�nzen, schenkten ihm den sch�nsten Wagen, der in Sparta zu finden war, und lie�en ihn von dreihundert Rittern feierlich bis zur Grenze zur�ckbegleiten. Als bald darauf ganz Griechenland versammelt war, um nach alter Sitte zu Olympia die gro�en Kampfspiele zu feiern, standen alle Zuschauer pl�tzlich von ihren Sitzen auf, als Themistokles erschien. Keiner dachte da mehr an Kampfspiele. Alles sah und zeigte mit freudiger Bewunderung auf Themistokles hin. Dieser wurde hier-�ber tief ger�hrt und sprach: �Nun ernte ich den Lohn aller Anstrengung f�r Griechenland."
Die Schlachten bei Plat�� und Mykale (479 vor Chr.). � Der fl�chtige .^erxes hatte seinen Feldherrn Mardonms mit einem gro�en Landheere in Griechenland zur�ckgelassen, noch einen Versuch zu wagen. Mardonins that ganz freundlich gegen die Athener, welche vorzugsweise die Entscheidung im vorigen Jahre gegeben hatten. Er erbot sich, ihre Stadt auf bas Sch�nste wieber aufzubauen, sie selbst sollten freie Leute bleiben; nur m�chten sie boch auch mit ben Persern einen Freundschafts-Vertrag schlie�en. �Kein Vertrag zwischen euch uitb uns," war die
Antwort, �so lange die Sonne am Himmel geht!" Da ward Mardonius> zornig und ging mit seinem Heere auf Athen los. Die Einwohner ver-lie�en noch einmal die Stadt und begaben sich auf die Schiffe. Was von der Stadt seit der ersten Verheerung wieder aus dem Schutt er-standen war, wurde abermals zerst�rt. Dann zog er von dort, aus seinen Brandst�tten, in die fruchtbaren Ebenen von B�otien zur�ck und lagerte sich bei Plat��. Die Spartaner unter Anf�hrung des Pansanias, und die Athener unter ber des Aristides r�ckten ihm nach und schlugen ihm gegen�ber ihr Lager auf. Im Jahre 479 kam es hier zu einer furchtbaren Schlacht, in welcher auch das Landheer der Perser aufgerieben wurde. Mardonins selbst fiel, und sein Tod war die Losung zur allgemei-neu Flucht. Das ganze persische Lager mit allen Kostbarkeiten wurde eine. Beute der triumphireudeu Griechen. Und � ein seltenes Gl�ck! � dieselbe Zeit, ja, wie es hei�t, derselbe Tag wurde noch durch einen zweiten glorreichen Sieg, welchen der athenische Feldherr Xanthippus und der spartanische Leotychides �ber die persische Flotte beim Vor-Gebirge Mykale an der K�ste von Kleinasien erfochten, verherrlicht. � Seit der Zeit wagten die Perser nicht mehr, in Griechenland einzufallen..
b. Der Vertheid igungskrieg der Perser.
(Von 477 bis 449 vor Chr.)
Die Griechen, welche ehedem herzlich froh gewesen w�ren, wenn sie sich vor den Angriffen der Perser nur retteten, wagten jetzt, durch so gl�nzende Erfolge ermuthigt, den Angriff auf bie Perser in Asien selbst, Unb zwangen jenes m�chtige Volk, sich in seinem eigenen Lande gegen die f�hlten Griechen verteidigen zu m�ssen, lieber bie verb�ndeten griechischen Truppen zu Wasser unb zu Lande f�hrten damals die Spartaner noch immer den Oberbefehl. An der Spitze der verb�ndeten Flotte segelte der spartanische K�nig Paus anlas nach Byzantmm, dem heutigen Coustautinopel, dem letzten Orte, welchen die Perser noch in Europa besa�en, und eroberte die gro�e und reiche Stadt. Seit ber Zeit aber ^merkte man eine auffallende Ver�nderung an Pausamas. Er trat mit den Persern in geheime Verbindung, beg�nstigte die Flucht persischer Kriegsgefangenen, neigte sich zu persischen Sitten und benahm sich gegen die �brigen griechischen Bundesgenossen mit so emp�rendem Stolze, da� sie nicht ferner unter ihm dienen wollten. Sie w�hlten den edelen Athener Aristides, der wegen feiner Redlichkeit und Vaterlandsliebe in all-
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gemeiner Achtung stand, zu ihrem Oberanf�hrer. So verlor Sparta durch den Uebermuth des Pausanias das lange behauptete Vorrecht der obersten Leitung in allen griechischen Kriegen; die Hegemonie zur See ging jetzt (477 vor Chr.) an die Athener �ber, die mit ihrer bedeutenden Seemacht auch gr��eren Schutz gew�hren konnten. Voll Unwillen riefen die Spartaner den Pausanias zur�ck und stellten ihn vor Gericht. Aber durch List und Bestechung entging er zweimal nach einander der ver-dienten Strafe. Als endlich seine Verr�therei offenkundig wurde, und man sich seiner Person bem�chtigen wollte, floh er schnell in einen Tempel und suchte Schutz am Altare der G�tter. Mau wagte freilich nicht, ihn ans solcher heiligen Freist�tte mit Gewalt wegzuf�hren; aber man lie� alle Ausg�nge des Geb�udes vermaueru und gab ihn so dem Hunger-tobe preis.
Athens Obergewalt in Griechenland. � Aristides verwaltete seitdem als Oberanf�hrer der griechischen Seemacht sein Amt mit gewohnter Klugheit und Gerechtigkeit. Er gebrauchte seinen ganzen Einflu� zur Sicherung der griechischen Freiheit gegen die Perser und zur Erh�hung der Macht Athens, welches ohnehin durch seine starke Flotte und t�chtigen Feldherren ein Uebergewicht �ber alle anderen Staaten hatte. Auch brachte er es dahin, da� die Bundesgenossen be-schl�ssen, j�hrlich eine bestimmte Summe zur Bestreitung gemeinschaflicher Kriegskosten zu zahlen. Und so gro� war das Zutrauen Aller zu seiner er-probten Rechtlichkeit, da� sie ihm nicht nur die alleinige Verwaltung des Schatzes, der auf der Insel Delos, im Tempel des Apollo, bewahrt wurde, �bergaben, sondern ihm auch die Vertheilung der Beitr�ge auf alle Teilnehmer �berlie�en. Aristides entsprach dem sch�nen Zutrauen, das man in ihn gesetzt hatte, und mit Recht ward ihm der Ehrennamen des Gerechten zu Theil. Er, der Verwalter so gro�er Sch�tze, starb in Armuth, so da� sich in seinem Nachlasse nicht einmal so viel befand, als zu seiner Beerdigung nothwendig war. Seine Mitb�rger bewiesen sich jedoch dankbar. Auf �ffentliche Kosten lie�en sie ihn beerdigen und ehrten noch das Andenken des Vaters in seinen Kindern, indem sie die Erziehung derselben �bernahmen.
Jetzt erhielt (Simon, der Sohn des Milti�des, den Oberbefehl. Be' sonders gegen diesen Feldherrn haben die bedr�ngten Perser sich ver-theidigen m�ssen; seine beiden Hanptselhz�ge fallen in die Jahre 469 und 450 vor Chr. Auf dem erfteren Zuge segelte er mit einer bedeutenden
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Flotte nach Kleinasien, brach die Herrschaft der Perser in Karien, Lycien und Pamphylien und schlug die Feinde in dieser Landschaft im Jahre 469 am Flusse Enrymedon zu Wasser und zu Lande. Fast zwanzig Jahre sp�ter erneuerte Cimon den Krieg gegen die Perser, welche das sch�ne Eiland Cypern weggenommen hatten und wiederum die kleinasiatischen Griechen bedroheten. Mit 140 Schiffen segelte er nach jener Insel und belagerte im Jahre 449 v. Chr. die dort gelegene Stadt Citium. Aber w�hrend der Belagerung derselben starb der ge-feierte Feldherr, doch schlugen seine heimkehrenden Truppen gleich darauf Zu Lande und zu Wasser bei Salamis auf Cyperu nochmals den Gegner. Darauf segelten die siegreichen Griechen mit der Asche ihres F�hrers in die Heimath zur�ck. Seitdem ruhete der Krieg. Die Perser zogen sich weit von der Westk�ste Kleinasiens zur�ck und wagten es vorl�ufig nicht mehr, die Freiheit und Unabh�ngigkeit der asiatischen Griechen anzutasten. So entstand Friede, wenn er auch nicht durch einen f�rmlichen Friedensschlu� herbeigef�hrt wurde, lieber vierzig Jahre hatte dieser Kampf gedauert. Griechenland, zu Anfange des Krieges so furchtbar gef�hrdet, war nach seinen herrlichen Thaten zu Wasser und zu Lande gro� und ber�hmt geworden.
Griechenland nach Vertreibung der Perser.
Der Aufschwung Athens. � Wiederaufbau und Befestigung Athens. � Nach so vielen und heftigen St�rmen trat f�r die Griechen, wenn auch nur auf kurze Zeit, eine heitere freundliche Ruhe, f�r die Athener sogar die Entwickelung zu h�chstem Gl�nze ein. Athen, wovon nur noch Ruinen �brig waren, wurde bald wieder hergestellt; gr��er und sch�ner als fr�her erhob es sich aus dem Schutte. Auf den Rath des Themistokles wurde rings um die Stadt eine breite und hohe Mauer als Schutzmehr gegen k�nftige Gefahren aufgef�hrt. Die eifers�chtigen Spartaner, deren eigene Stadt nach der Verordnung des Lykurgus keine Mauern haben durfte, sahen die Befestigung Athens h�chst ungern. Sie lie�en anfragen, was denn die Mauer solle? Bei einem neuen einfalle der Perser w�rde ja die so befestigte Stadt einen sicheren Waffen* Platz f�r die Feinde abgeben; der Peloponnes sei Schutzwehr genug f�r alle Griechen. Aber Themistokles durchschaute ihre Hintergedanken und ^chte sie durch List unsch�dlich zu machen. Er erkl�rte ihnen, die Athener w�rden demn�chst Gesandte nach Sparta schicken, um sich �ber die An-
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gelegenheit mit ihnen zu benehmen. Themistokles selbst wurde dann nach Sparta entsendet, doch blieben auf seinen Rath seine Mitgesandten noch in Athen zur�ck, und w�hrend er selbst m�glichst langsam seine Reise fortsetzte, arbeitete in Athen Alles, Mann, Weib und Kind an der Auff�hrung der Mauer. Auch in Sparta angelangt fand Themistokles noch Zeit, die Verhandlung zu verschleppen; seine Mitgesandten m��ten erst eintreffen. Als aber den Spartanern, welche mittlerweile von anderen Seiten erfuhren, da� die Mauern Athens immer mehr w�chsen, die Geduld ausging, forderte Themistokles sie mit unschuldiger Miene auf, doch selbst Gesandte nach Athen zu schicken und sich zu �berzeugen, wie grundlos jene Nachrichten w�ren. Zugleich gab er aber seinen Mit-b�rgern heimlich einen Wink, die spartanischen Gesandten so lange in guter Verwahrung zu halten, bis er selbst zur�ckk�me. Dann trat er �ffentlich in der Versammlung der Spartaner auf und erkl�rte freim�thig: �Der Festungsbau sei bereits vollendet; seine Mitb�rger h�tten nur gethan, was sowohl f�r das allgemeine Beste als auch f�r sie selbst n�thig und n�tzlich sei." Mit tiefer Verstimmung h�rten die Spartaner diese Erkl�rung, doch wagten sie nicht dem Themistokles Leides zuzuf�gen, aus Sorge, da� ihren eigenen Gesandten in Athen �hnliches widerfahren w�rde.
Vorz�glich suchte Themistokles durch die Seemacht seine Vaterstadt an die Spitze aller griechischen Staaten zu bringen. Deshalb wurde der Hafen Pir�eus mit gro�en Arsenalen und Schiffswerften erbauet. Fer-ner verordnete er, da� allj�hrlich zwanzig neue Schiffe erbauet werden sollten; ja er wollte sogar die spartanische Flotte im Hafen verbrennen, h�tten nicht seine Mitb�rger auf den Rath des gerechten Aristides diesen Plan verworfen. Ungeachtet seiner vielen Verdienste um seine Mitb�rger wurde er, vorz�glich auf Anreizen der rachs�chtigen Spartaner, verbannt. Diese fanden bald auch einen Vorwand, ihrem Gegner ein schm�h liches Ende zu bereiten. Sie klagten ihn zu Athen des Einverst�ndnisses mitPansanias an. Themistokles, auf griechischem Voden nicht mehr sicher, fl�chtete zuerst zum Ahmet, dem K�nige der Moloffer, und als er auch hier gef�hrdet war, ging er gar nach Asien, zum Perferk�nige selbst. Dieser aber nahm ihn wohlwollend auf und ehrte ihn, wie er noch nie einen Ausl�nder geehrt hatte. Er mochte hoffen, von den F�higkeiten des ber�hmten Atheners, vor welchem die Macht von ganz Asien sich einst gebeugt hatte, Vortheil zu ziehen. Und wirklich wollte er ihn bald nach
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her an der Spitze eines Heeres gegen die Athener abschicken, als diese eine Emp�rung in Aegypten unterst�tzten. In der peinlichen Mitte zwischen der Liebe zum Vaterlande und Dankbarkeit gegen den K�nig beschlo� Themistokles nach einer im Alterthume weitverbreiteten und nicht unwahrscheinlichen Erz�hlung zu sterben und nahm Gift. Ihm wurde zu Magnesia ein herrliches Denkmal errichtet; seine Gebeine aber sollen auf sein eigenes Verlangen heimlich nach Attika gebracht und in dem geliebten Lande beigesetzt worden sein, das ihn aus seinem Schoo�e versto�en hatte.
Dritter messenischer Krieg (465 � 456). � Was Themistokles, welchen man wohl den zweiten Erbauer Athens nennen k�nnte, f�r den Ruhm und die Gr��e seiner Vaterstadt angefangen hatte, setzte der oben erw�hnte Cimon r�hmlichst fort. In seiner Zeit setzte man auch durch die s. g. laugen Mauern den Hafen in engere Verbindung mit der Stadt. Ungeachtet seiner vielen und gro�en Verdienste wurde auch er verbauut. Die Veranlassung hierzu war folgende: In Sparta war ein heftiges Erdbeben entstanden, und bei der herrschenden Verwirrung der Einwohner, von denen 20000 durch die st�rzenden Tr�mmer erschlagen waren, hatten die hartgedr�ckten Heloten und Messenier einen neuen Aufstand erhoben, den man gew�hnlich den dritten messenischen Krieg (465�456) nennt. In dieser Vedr�ngni� rief Sparta die Athener zu H�lfe. Diese aber freueteu sich der Bedr�ngni� ihrer Neben-buhleriu und z�gerten lange. (S�dlich jedoch gaben sie den dringenden Vorstellungen des Cimon nach, der in der Volksversammlung �ffentlich erkl�rte: es w�rde eine ewige Schmach f�r Athen sein, wenn es Sparta, das in den Perserkriegen zur Rettung der allgemeinen Freiheit so viel gethan h�tte, jetzt durch Sklaven untergehen lie�e. Cimon wurde mit einem Heere abgeschickt und belagerte zugleich mit den Spartanern die Festung Jth�me, in welche sich abermals die Heloten und Messenier ge-worfen hatten und den hartn�ckigsten Widerstand leisten. W�hrend der Belagerung aber, welche sich lange hinzog, entstanden Anfeindungen zwischen deu Athenern und Spartanern selbst, so da� letztere h�hnend erkl�rten, sie bed�rften der Athener nicht mehr; und Cimon mu�te schimpflich wieder abziehen. Heber solche Schmach ergrimmten die Athe-ner. Sie machten dem Cimon, weil er zu dem Zuge geratheu hatte, die bittersten Vorw�rfe. Uud sogleich erhohen sich alle Neider und Neben-buhler desselben, insbesondere der emporstrebende Perikles, des Xan-
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thippns Sohn, der sich ganz der Volkspartei anschlo�. Sie schalten den Cimon einen Freund und Anh�nger der Spartaner und brachten es end-[ich dahin, da� er auf zehn Jahre verbannt wurde. Jedoch nach f�nf Jahren wurde er zur�ckberufen. Seitdem arbeitete er wieder, des fr�heren Undankes seiner Mitb�rger vergessend, unabl�ssig an dem Ruhme und der Gr��e seiner Vaterstadt, wie wir bereits gesehen haben.
Unterde� war es den Spartanern gelungen, die ungl�cklichen Mes-senier, jetzt schon zum drittenmale, wieder zu unterjochen. 216er unersch�tterlich hielt sich noch die Besatzung der Festung Jthorne und ergab sich erst nach zehnj�hriger harter Belagerung unter Gestattung des freien Abzuges aus dem Pelopounes. Freundlich nahmen die Athener diese Fl�chtlinge in Naupaktus auf und reizten dadurch noch mehr die fr�heren Zwingherren derselben, die Spartaner. Immer gr��er und drohender wurde die Spannung zwischen den beiden Nebenbuhlerinnen, Athen und Sparta.
Athens Bliithe unter Perikles. � Nach der Verbannung des Cimon, welcher der Adelspartei angeh�rte, gewann in Athen die Volkspartei das Uebergewicht, und ihr G�nstling P er lkl es, Sohn des Tanthippus, des Siegers bei Myk�le, trat an das Nuder des Staates. Er f�hrte dasselbe als gefeierter Redner und Staatsmann fast vierzig Jahre lang, von 468 bis 429, so kr�ftig, da� die Regierung nur dem Namen nach in den H�nden des Volkes, in der That aber ganz in den H�nden dieses einzigen Mannes war; und so gl�cklich, da� Athen unter seiner Regierung nicht nur durch �u�ere Macht, sondern auch durch Glanz, durch Wissenschaft und Kunst vor allen anderen Staaten hervor-strahlte. Unter ihm schm�ckte sich Athen mit einer Pracht, da� sie als K�nigin aller St�dte weithin geehrt wurde. Die Wohnungen der B�rger waren zwar im Ganzen nur mittelm��ig, denn die republikanische Eifersucht duldete keinen Glanz an Privatgeb�uden; um so prachtvoller aber waren die Tempel mit ihren Bilds�ulen und Gem�lden, die Gymnasien, Hallen, Theater und andere �ffentliche Geb�ude. Rinnen der gefeierten Kunstwerke des hochbegabten Volkes stehen noch jetzt in jenen Gegenden, als trauerten sie um die gesunkene alte Gr��e; und selbst die gefallenen S�ulen sind noch immer w�rdige Grabsteine einer l�ngst erstorbenen Bl�thezeit der Kunst.
Die Hauptwerke der Kunst waren auf der Burg, der s. g. Akropolis, vereinigt. Im n�rdlichen Theile der Stadt erhob sich diese auf einem
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steilen H�gel, zu dessen Gipfel sch�ne, breite Treppen f�hrten. Dann kam man an ein gro�es, gl�nzendes S�ulenthor von schneewei�em Marmor, mit f�nf hohen Durchg�ngen. Zur Linken schlo� sich hieran der Marmortempel der Siegesg�ttin, zur Rechten ein ans mehren Hallen zum Lustwandeln bestehendes Geb�ude, dessen innere W�nde mit Ge-m�lden von der Hand der ersten Meister geziert waren, lieber drittehalb Millionen Thaler soll der Vau des Ganzen gekostet haben. Durch jene Vorhallen, Propyl�en*) genannt, kam man auf die eigentliche Burg, einen gro�en, ger�umigen Platz, der mit einer Mauer umzogen war. Eine entz�ckende Aussicht! Unten die Stadt und das Gew�hl des Volkes, weiterhin das Meer, mit Schiffen und K�hnen wie �bers�et. Auf dem h�chsten Gipfel der Burg stand das Standbild der Athen�, der Schutz-g�ttin der Stadt, in �bermenschlicher Gr��e, aus Bronze, in voller R�stung und sah gleichsam drohend von dieser Warte, wer ihrer lieben Stadt und ihrem Volke feindlich zu Mheu wage. Schon am Vorgebirge Sunlnm, f�nf Meilen von Athen, sah der Schiffer der G�ttin Lanze und Helmbusch blitzen. Unter der Menge von Tempeln mit fortlaufenden Lustwaldungen, mit den sch�nsten Gem�lden und Standbildern geschm�ckt, erregte das Parthenon, oder der Tempel der Athen�, die meiste Be-wunderung. Es war, als h�tten die B�rger durch den unerme�lichen Aufwand, mit welchem sie dieses Geb�ude auff�hrten und im Innern Zierten, sich ihrer Retterin dankbar bezeigen wollen. Um den marmornen Prachttempel lies eine ger�umige Halle, die auf schlanken marmornen S�ulen ruhete. In dieser Halle sah man auch noch den Thron, auf welchem Xerxes w�hrend der Schlacht bei Salamis sa�. In dem Tempel selbst stand die Bilds�ule der G�ttin in voller R�stung, mit Helm, Schild und Speer. Sie war drei�ig Fu� hoch, von blendendem Golde und Elfenbein. Die k�nstlerische Hand des Phidlas hatte dieses Meisterwerk hervorgebracht. Anfangs sollte die Bilds�ule aus Marmor verfertigt wer-den, und das Volk hatte es sich schon auf den Rath des Phidias gefallen lassen. Als dieser aber noch hinzusetzte, Marmor w�rde auch wohlfeiler sein, da schrie das ganze Volk: �Nein, nein, aus Gold und Elfenbein!"
Strahlend in solcher Pracht wurde zur Zeit des Perikles Athen gleich-sam die Sonne von Griechenland, deren wohlth�tiges Licht sich von hier
*) Nach dem Muster dieser Propyl�en ist das Brandenburger Thor in Berlin erbauet.
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nach und nach �ber die ganze Erde verbreitete. *) Hier war der Hauptsammelplatz aller K�nstler und Gelehrten; hier fanden diese vielfache Aufforderung und Ermunterung, ihr Talent zu entwickeln. Au�er be-r�hmten Baumeistern, Bildhauern und Malern haben die hervorragend-sten griechischen Dichter, Geschichtsschreiber und Redner den Ruhm Athen's und den des Perikles zugleich f�r alle Zeiten verewigt. Beson-ders hell strahlte in jenen Tagen am griechischen Himmel das Dreigestirn der gro�en athenischen Dichter, Aeschylns, Sophokles und Euripides, von denen einer sinnigen Angabe nach der erste in der Schlacht von Salamis als Mann mitfocht, der zweite als J�ngling am selben Tage im Sieges-reigen tanzte, und der dritte das Lebenslicht erblickte. Auch die gefeierten Geschichtsschreiber Herodot und Thucydides sind Zierden des Perikleischen Zeitalters.
All' diesen Glanz aber konnte Perikles nur mit Veih�lfe gro�er F Geldmittel �ber Athen verbreiten. Er verlegte deshalb auch die Bundes-kasse von Delos nach Athen; gegen tausend Inseln und St�dte mu�ten Schutzgeld an die Athener zahlen. Dieses und die von den Persern er-beuteten Sch�tze verwendete Perikles theils zur Versch�nerung der Stadt, theils zur Aufmunterung und Unterst�tzung der K�nstler und Gelehrten.. Meilich verstie� eine solche Verwendung der Bundesgelder und des Staatsschatzes vielfach gegen das Herkommen, aber das sonst so herrsch-s�chtige Volk lie� sich ganz von ihm leiten. Was er rieth, das geschah, was er sprach, schien h�here Weihe zu tragen. �Er tr�gt den Donner und Blitz auf seiner Zunge!" pflegten seine Mitb�rger von ihm zu sagen, und nannten ihn nicht anders, als den Olympier, d. i. den Himmlischen. � Aber auch die �u�ere Machtstellung Athens hat Perikles namhaft gehoben. Stadt und Hafen wurden durch neue Festungswerke gesch�tzt, Heer und Flotte vermehrt, Handel und Gewerbe gehoben, so da� Athen, unter ihm nicht allein der Sitz der K�nste und der Wissenschaften war, sondern auch zum Sammelplatze des Land- und Seehandels wurde, wo-durch ungeheure Sch�tze dort zusammenfl�ssen.
*) Im Hochgef�hl solcher EntWickelung benannten die Athener und die Griechen �berhaupt jeden Ausl�nder mit dein Namen �Barbar". Und weil diese Ausl�nder meist auf einer weit niedrigeren Stufe der Bildung standen, so verband man mit diesem Worte sp�ter auch den Begriff der Sittenrohheit und Grausamkeit.
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Vierte Periode. Vom Beginne des pelopouuesischeu Krieges (431 vor Chr.) bis zur Knechtung Griechenlands durch die Macedonier (338 vor Chr.)
Der peloponnesische Krieg von ,431 bis 404.
Die herrliche Bl�the Athens und Griechenlands friedliche Zust�nde nach Beendigung der Perserkriege waren leider nicht von langer Daner. Bald brach ein furchtbares Unwetter aus, welches den Himmel des Lan-des verdunkelte und schweres Ungl�ck auf dasselbe herabsendete. Das war der ungl�ckselige peloponnesische Krieg. Der Grund zu demselben lag in der wachsenden Eifersucht zwischen den Athenern und den Spar-tanern; denn diese konnten es jenen nicht vergeben, da� sie ihnen die F�hrerschaft gur See entrissen, da� sie Sparta durch den Manerban sp�t-tisch hintergangen und besonders da� sie sich zur ersten Macht Griechen-lands emporgeschwungen hatten. Bei solch feindlicher Stimmung der beiden Staaten fand sich nur zu leicht eine Veranlassung, welche den blutigen Krieg hervorrief.
An der K�ste von Epirns lag Epidctmnns oder Dyrrhachmm, das heutige Dnrazzo, eine Kolonialstadt der Insel Korcyra (Korfu). � Wie in den meisten griechischen St�dten, so herrschten auch dort Unruhen und Parteien; und die Volkspartei jagte endlich die angesehensten Familien (die Aristokraten) aus der Stadt. Die Vertriebenen aber vereinigten sich mit den benachbarten Jllyriern und belagerten Epid�mnns. Auf das Aeu�erste bedr�ngt, wendeten sich die Epidamnier an ihre Mutterstadt Korcyra und, als sie von dieser abgewiesen wurden, an Korcyra's Mutter-stadt, an Korinth. Dieses war sogleich bereit und schickte den bedr�ngten Epidamniern H�lfe. Nun war der Krieg zwischen Korinth und Korcyra unvermeidlich, und beide suchten Bundesgenossen bei den m�chtigsten Staaten Griechenlands. Die Korinthier fanden H�lfe bei Sparta, die Korcyr�er hingegen bei Athen. Die beiden Nebenbuhlerinnen, Athen und Sparta, traten jetzt an die Spitze der beiden streitenden Parteien und riefen alle Verb�ndeten zum Kampfe auf. Fast alle Staaten nahmen Partei, die meisten f�r die Spartaner, weil man sie als die Befreier Griechenlands betrachtete. Der Peloponnes war auf ihrer Seite, au�er Argos und entern Theile von Achaja. Auch die Megarer, Lokrer, Phociet, die meisten B�otier und ein Theil der Akarnanier hielten es mit Sparta. Athen hingegen, das sich durch Mi�brauch seiner gro�en Macht sogar
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bei seinen eigenen Bundesgenossen immer verha�ter gemacht hatte, ver-f�gte nur �ber wenige Verb�ndete, und selbst diese dienten gr��tenteils-aus Zwang. Auf dem festen Lande war fast nur Plat��, dagegen die meisten Inseln mit Athen verb�ndet. Dieses vertrauete vorz�glich auf seine festen Mauern, auf seine starke Flotte und auf seine gef�llte Schatzkammer.
So kam der peloponnefische Krieg zum Ausbruche, welcher von 431 bis zum Jahre 404 die sch�nen griechischen L�nder verheerte. Der Ver-lauf des ganzen Kampfes zerf�llt in drei Abschnitte.
a. Erster Abschnitt des Krieges� � Der zehnj�hrige Krieg bis zum
Frieden des Nicias, von 431 bis 421 vor Chr. � Die ersten Jahre nach Beginn der Feindseligkeiten verstrichen unter gegenseitigen Streifereien und Verw�stungen. Die Spartaner verheerten j�hrlich mit ihrer Landmacht das Gebiet der Athener, die sich auf den Rath des Perikles hinter ihren Mauern vertheidigten. Dagegen verw�steten die Athener j�hrlich mit ihrer Flotte das K�stengebiet der Spartaner und deren Verb�ndeten und �bten so das Wiedervergeltungsrecht ans. Aber schon im zweiten Jahre des Krieges kam ein furchtbares Ungl�ck �ber Athen, die P e st n�mlich, welche im Jahre 430 in der mit den gefl�chteten Landbewohnern �berf�llten Stadt ausbrach und unz�hlige Menschen hinwegraffte. Wie ein W�rgengel durchzog sie Attika, vor ihr Schrecken, hinter ihr der Tod. Vergebens bot der ber�hmte Arzt Hippokr�tes, den man in dieser Zeit des all-gemeinen Elendes schleunigst von der Insel Kos her�bergerufen hatte,, alle Mittel seiner Kunst auf. Anfangs wendete man sich flehend an die G�tter, doch als keine H�lfe erschien, traten an die Stelle der frommen Ergebung rohe Ausbr�che der Verzweiflung. Gesetze wurden nicht mehr : geachtet. Jeder sah den Tod vor Augen und wollte die kurze Lebens-spanne nach Herzenslust genie�en. So gaben sich zur selben Zeit die Einen den z�gellosesten Ausschweifungen hin, als die Andern von der schrecklichen Krankheit heimgesucht, zu Hause, auf den Stra�en, an den Brunnen sich im Schmerze w�lzten, als ununterbrochen auf den Gassen und �ffentlichen Pl�tzen die Scheiterhaufen mit den Leichen der Verschie-denen qualmten. Zur Zeit dieser Pest starb auch Perikles, im Jahre 429: Vierzig Jahre lang, von 468 bis 429, hatte dieser gro�e Mann die ganze F�lle seiner Kraft daran gesetzt, um seine Vaterstadt Athen zum bl�hendsten und m�chtigsten Staate Griechenlands zu machen. Als Herrin der Meere, als starke Landmacht, doch nicht minder als die sichere
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Pflegest�tte der Wissenschaften und der K�nste war Athen im Periklei-schen Zeitalter weithin ber�hmt. Mit Perikles wurde alle Herrlichkeit der Stadt zu Grabe getragen. Es ri� jetzt eine z�gellose P�belherrschaft ein. Gro�e Schreier vermochten am meisten und wurden Volksf�hrer (griech. Demagogen). Ein solcher Mann war auch der Gerber Kleou. Dieser trat an Perikles' Stelle. Er verleitete das Volk zu den wildesten Ma�regeln gegen abgefallene St�dte und Inseln. Ueberdies wurde der Krieg fort und fort gef�hrt, ohne da� eine Partei ein bedeutendes lieber-gewicht �ber die andere erhalten h�tte. Um nun ihren Gegnern m�glichst empfindlich zu schaden, suchten die Spartaner endlich den Athenern die Bundesgenossen abwendig zu machen und schickten in der Absicht ein Heer nach Macedonien, wo viele Besitzungen Athens lagen.
Friede des Nicias (421). � Hier kam es im Jahre 422 bei Amphip�lis zu einer Hauptschlacht. Kleon wurde besiegt und auf der Flucht get�dtet. Aber auch die Spartaner erlitten einen gro�en Verlust. Ihr Feldherr Brasidas starb an den Wunden, die er hier empfangen. Der Ausgang dieser blutigen Schlacht brachte beide Parteien n�her. Im Jahre 421 vermittelte der bed�chtige Nicias, welcher nach Kleon an der Spitze des athenischen Staates stand, einen f�nfzigj�hrigen Frieden, dessen Hauptbedingung war: es solle von beiden Seiten Alles wieder in den Zustand versetzt werden, welcher vor dem Kriege gewesen. Man hat diesen Frieden zum Andenken des Stifters den FriedendesNicias genannt.
b. Zweiter Abschnitt des Krieges, von 418�413 vor Chr. � Alcibiades. � Jedoch nur von kurzer Dauer war dieser Friede. Da-mals lebte zu Athen ein junger emporstrebender Mann, der Alles aufbot, um den Krieg wieder anzufachen, durch welchen er sich selbst geltend machen wollte. Das war Alcibi�des, einer der merkw�rdigsten M�nner, an dessen Person sich eine geraume Zeit hindurch das Schicksal von ganz Griechenland kn�pfte.
Alcibiad es, ein Verwandter und M�ndel des Perikles, war von vornehmer Herkunft, sehr reich, und zugleich der sch�nste im ganzen Volke. Leider war er auch sehr eitel, herrschs�chtig und heftig von Cha-rakter; so da� Keiner auf ihn sich verlassen konnte. Schon als Knabe zeigte er Spuren eines unbeugsamen Starrsinnes. Als er einst im Ringen von einem anderen Knaben fest umschlungen wurde und nieder-geworfen zn werden bef�rchtete, zog er dessen Arm nach dem Munde
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und suchte sich durch Bei�en zu helfen. Der Andere lie� ihn sogleich los und sagte: �Pfui, Alcibiabes, du bei�est ja wie ein Hund!" � �Sage lieber, wie ein L�we!" erwiderte rasch der Kleine. Ein andermal spielte er in einer engen Gasse mit anderen Knaben W�rfel. Eben war der Wurf an ihn gekommen, als ein belogener Wagen heranfuhr. �Wart' ein wenig!" rief er dem Fuhrmanne zu. Der st�rte sich an nichts und snhr seinen Weg. Da wars Alcibiades sich trotzig gerade mitten vor bie Ps^de nieder, unb ber erschrockene Fuhrmann mu�te halten. Darauf that er seinen Wurf unb trat nun erst bei Seite. Er war �brigens auch geistig sehr begabt unb sehr 'lernbegierig; nur bie Fl�te wollte er nicht lernen. �Sie entstellt ja bas Gesicht," war seine Ausrebe, �auch kann man bazn nicht sprechen ober singen. Die Kinber ber Thebaner, welche nicht sprechen k�nnen, m�gen bie Fl�te blasen." Schon erwachsen, trug er purpurne Kleiber unb f�hrte einen Schilb aus Golb unb Elfenbein. Seine Pferbe imb Wagen waren bie sch�nsten in ber Stobt. Selbst burch l�ppische Hanblungen suchte er Aufmerksamkeit zu erregen. Einst kaufte er sich f�r einen ungeheuren Preis einen Hnnb von ausnehmender Schon-heit. Ganz Athen sprach von dem wundersch�nen Hunde des Alcibiades. Darauf schnitt er ihm den pr�chtigen Schweif ab. Das gab nun wieder ein allgemeines Stadtgespr�ch, unb er hatte seine Frenbe hieran. Ein anbermal sah er, als er gerade �ber ben Markt ging, einen gro�en Auflauf bes Volkes: es w�rbe Gelb vertheilt. Sogleich lie� auch er sich Gelb von Hause bringen unb warf es unter bie Menge. Dar�ber w�rbe ber Zusammenlauf noch gr��er. Jetzt �ffnete er feinen Mantel, lie� eine Wachtel hinausfliegen unb setzte eine gro�e Belohnung auf ben Wieberfang. Da st�rzte auf einmal bas ganze Volk auseinanber hinter ber Wachtel her. Alcibiabes lachte!
Die Thorheiten unb Verkehrtheiten bes Alcibiades fanden an den Athenern leider sehr nachsichtige Richter, beim biefc lie�en sich burch bie Freigebigkeit unb Leutseligkeit bes leichtsinnigen jungen Mannes bestechen, der ein Abbild ber Licht- unb Schattenseiten bes athenischen Volkes zu sein schien. Sogar ber eble Sokrates, ber Lehrer bes Alcibiabes, ver-mochte auf ihn nicht nachhaltig einzuwirken, so sehr ber J�ngling bem weisen Manne auch ergeben war. Mit ihm zog er m's Felb, mit ihm schlief er in dem n�mlichen Zelte. In ber Schlacht bei Potib�a (432), in welcher Alcibiabes im Alter von achtzehn Jahren mitk�mpfte, w�rbe er enblich verwnnbet unb sank zu Boben. llnb als bie Spartaner auf
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ihn losdrangen, sprang Sokrates mit Schild und Lanze herbei, hielt die Feinde zur�ck und rettete ihm das Leben. Acht Jahre sp�ter, in der Schlacht bei Dettum, kam Sokrates in Gefahr; da st�rzte sich Alcibiades, unbek�mmert um sein eigenes Leben, mitten in die Feinde und rettete seinen Lehrer aus dem Gedr�nge.
Den brennenden Ehrgeiz, welchen Alcibiades in sich versp�rte, glaubte er am besten durch gl�nzende Kriegesthaten stillen zu k�nnen. Auf Krieg, war daher sein ganzes Sinnen und Trachten gerichtet. In wahrhaft frevelnder Weise hatte er schon im Jahre 418 den Spartanern im ei-genen Peloponnes Feinde erregt, doch waren diese vom spartanischen K�nige schm�hlich besiegt, und so der Friede des Nicias wieder hergestellt worden. Aber schon bald darauf trieb Alcibiades zu einem neuen Kriege, der seiner Vaterstadt verh�ngni�voll werden sollte. � Es kamen n�mlich um jene Zeit Abgeordnete der auf Sicilien gelegenen Stadt Egest� nach Athen und baten um H�lfe gegen das �berm�thige Syrakus, welches alle anderen St�dte der Insel zu unterjochen drohe. Nicias und andere M�nner von Ansehen und Erfahrung riethen, dem Ansuchen der fremden Gesandten nicht zu willfahren. Da aber trat Alcibiades auf und schilderte mit feuriger Beredsamkeit die Sch�nheit dieser Insel und die Leich-tigkeit ihrer Eroberung. Der gl�nzende Vortrag des Redners entz�ckte das eitele Volk. Der Zug nach Sicilien ward beschlossen, er selbst mit zum Anf�hrer ernannt. � Zu keinem anderen Kriege wurden so gl�nzende Znr�stnngen gemacht.
Zug nach Sicilien (415�413). � Im Jahre 415 segelte das sch�nste Heer, welches je zu Athen gesehen worden war, unter der An-f�hrung des Alcibiades, Nicias und Lam�chus nach Sicilien. Anfangs ging hier Alles nach Wnnsch; eine Stadt nach der andern wurde erobert. Pl�tzlich rief man den Alcibiades nach Hanse zur�ck. Hier war er wegen eines tollen Streiches verklagt nwrden. Kurz vor der Abfahrt nach Sicilien waren die s. g. Hermen, das waren inschriftenbedeckte, viereckige Fu�pfeiler, auf denen ein G�tterkopf stand, alle in einer Nacht schm�hlich verst�mmelt worden. Der Verdacht dieser Frevelthat fiel auf Alcibiades und die Schar seiner Schwelggenossen. Jener verlangte so-gleich Verh�r und Urthetl, allein die Flotte lag segelfertig, er mu�te mit ihr abgehen und so seinen Feinden ein freies Feld zu R�nken lassen. In seiner Abwesenheit wurde diesen der Sieg nicht schwer. Ein Schiff wurde entsendet, den Verklagten heimzuholen und vor Gericht zu stellen.
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Er kam, aber nicht nach Athen, sondern nach � Sparta. Und als er h�rte, seine Mitb�rger h�tten ihn zum Tode verurtheilt, lachte er bitter und sprach: �Bald denke ich ihnen zu zeigen, da� ich noch lebe!" Er hielt Wort. Zu Sparta lebte der fr�her so �ppige und schwelgerische J�ngling ganz nach den strengen Gesetzen dieses Volkes; man konnte ihn in keiner Hinsicht von einem geborenen Spartaner unterscheiden. Dadurch ward er der Liebling des ganzen Volkes. Jetzt reizte er ausRache gegen seine fr�heren Mitb�rger die Spartaner an, den Frieden mit Athen zu brechen und den Syrakusanern H�lfe zu schicken. Es geschah; ein Herr unter Anf�hrung des Gylippus wurde uachSicilien geschickt. Da war das Gl�ck der Athener dahin. Sie wurden g�nzlich geschlagen, die pr�chtige Flotte erobert, das Heer gefangen (413). Nicias und Demosthenes, die beiden Feldherren der Athener, starben entweder durch das Nichtschwert auf dem Marktplatze zu Syrakus oder nach an-deren Angaben durch die eigene Hand. Die �brigen Gefangenen wurden in Steingruben geworfen und dann zum Theil als Sklaven verkauft. Nur wenige sahen ihre Vaterstadt wieder.
c. Dritter Abschnitt des Krieges, von 413�404 vor Chr. � Lysander. � Furchtbarer h�tte sich Alcibiades an seinen Mitb�rgern nicht r�che� k�nnen. Ganz Sparta war voll Jubel �ber dieses gro�e Gl�ck. Um das feindliche Athen noch mehr zu schw�chen, trat Sparta sogar mit den Persern in ein B�ndni�. Alcibiades leitete alle Schritte, ja er gqb den Spartanern den boshaften Rath, die attische Grenzfestung Decelea zu besetzen, um so Athen aus n�chster N�he zu bedrohen. Bald aber erregte er auch zu Sparta Verdacht gegen sich. Er beging, sogar die Verwegenheit, den K�nig Agis zu beleidigen. Um der drohen den Strafe zu entgehen, floh er zu den Persern, und jetzt sollten auch die Spartaner seine Rache f�hlen. Es war ihm ein Leichtes, den persi-schen Statthalter Tissaphernes f�r die Sache der Athener zu gewinnen. Kaum bekamen die Athener von dieser befreundeten Gesinnung ihres ehemaligen Mitb�rgers Kunde, so nahmen sie sein Verbannnngs-Urtheil zur�ck und �bergaben ihm sogar wieder den Oberbefehl �ber die Flotte. Mit Alcibiades kehrte seit dem Jahre 411 auch das Gl�ck zu den Athenern zur�ck. Sie schlugen die Spartaner zu Wasser und zu Lande bei Abydus und Cyzicus; alle verlorenen St�dte und Inseln eroberten sie wieder. Der Name Alcibiades verbreitete ringsumher Furcht und Schrecken. Die gedem�thigten Spartaner schrieben in ihrer eigenth�m
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lichen K�rze nach Hause: �Unser Anf�hrer Mindarus ist get�btet, bie Solbaten hungern, wir wissen nicht, was zu thmt!" In bieser Roth schickte Sparta eiligst Gesanbte nach Athen, ben Frieben anzutragen; im neuen Siegesrausche aber wiesen bie Athener ben Antrag stolz zur�ck.
Erst jetzt, nach ben gl�nzenben Thaten zu Wasser unb zu Laube, kehrte Alcibiabes im Jahre 408 mit reicher Siegesbeute triumphirend nach Athen zur�ck. Die ganze Meeresk�ste wimmelte von Menschen, als er sich mit ber Flotte bem Hasen n�herte. Unb als er an's Lanb stieg, w�rbe er mit lautem Freubengeschrei begr��et. Alles br�ngte sich um ben verg�tterten gelben; man warf ihm Kr�nze zu, V�ter hoben ihre Kinber in bie H�he, bamit auch biese ihn sehen unb sich seiner erfreuen k�nnten. Die ganze Stabt war voll Jubel.
Jeboch bieser Jubel war von nur kurzer Dauer. Alcibiabes war von seinen Mitb�rgern zum Oberanf�hrer zu Wasser unb zu Lanbe mit uneingeschr�nkter Macht ernannt warben unb er ging jetzt wieber unter Segel nach ber K�ste von Kleinasien. Auf Samos erhielt er bie Nachricht, ba� ber spartanische Felbherr Lysanber ben neuen Statthalter von Kleinasien, ben j�ngeren Cyrns, itnterbe� f�r sich gewonnen hatte. Hier�ber best�rzt, eilte er selbst zu bein Statthalter, um wo m�glich bie-ses V�nbni� wieber zu trennen unb bie Perser f�r bie Athener zu gewinnen. Seinen Unterfelbherrn Anti�chus ernannte er zu seinem Stellvertreter, jeboch mit bem ausbr�cklichen Befehle, sich burchaus nicht mit bem Feinbe in eine Schlacht einzulassen. Desungeachtet griff bieser, vom Uebermuthe getrieben, bie spartanische Flotte unter Lysanber bei bem Vorgebirge Notlu m, unweit ber K�ste von Kleinasien, an unb erlitt eine v�llige Nieberlage. Als bie Nachricht hiervon nach Athen kam, gerietheu bie B�rger in Wuth. Die ganze Schulb schoben sie auf Alcibiabes. Ihn, ben sie noch vor Kurzem verg�ttert hatten, schalten sie nun einen leichtsinnigen unb uitroisfenben F�hrer unb setzten ihn ab. Um weiteren Verfolgungen zu entgehen, fl�chtete ber abgesetzte Felbherr nach bem thracischen Chersones.
Athens Fall (404). Ende des Krieges. � Es war, als h�tten bie Athener mit Alcibiabes auch ihr Gl�ck wieber von sich gesto�en. Statt seiner w�rben jetzt zehn Felbherren zugleich ernannt, unter bereu F�hrung ben Athenern nur noch ein Mal bas Gl�ck l�chelte. Im Jahre 406 errangen sie n�mlich bei ben arginnsischen Inseln, Lesbos gegen-
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�ber, einen gl�nzenden Seesieg �ber die Spartaner, deren F�hrer Kalli-kratidas schon im Anfange der Schlacht ins Meer st�rzte. Das war aber auch der letzte Waffenerfolg Athens in dem Kriege, dessen Jammer bald v�llig �ber diesen Staat ausgesch�ttet werden sollte. Im folgenden Jahre 405 legten n�mlich die Athener ihre Flotte am Ufer des Helles-pont, unterhalb Sestus, nahe bei Aegospotamos oder Ziegenflu�, vor Anker; gegen�ber, an der asiatischen K�ste bei Lamps�kus, lag die spartanische flotte, befehligt von Lysander. Dieser Mann verband mit strenger Einfachheit und gro�er Tapferkeit eine nicht minder gro�e Ver-schlagenheit und ein �beraus r�cksichtsloses Wesen. Sein Grundsatz war: Kinder m�sse man mit W�rfeln, M�nner mit Eiden betr�gen; wo die L�wenhaut nicht ausreiche, m�sse man den Fuchspelz ann�hen. Solcher Auffassung gem�� handelte er fortab zum Verderben der beth�rten Gegner.
Schlacht bei Aegospotamos (405). Die Athener hatten eine sehr gef�hrliche Stellung. Alcibiades, der in der N�he war, machte ihre Anf�hrer darauf aufmerksam. �Geh!" war die Antwort, �jetzt haben hier andere zu befehligen!" Mit stolzer Zuversicht n�herte sich jeden Morgen die athenische Flotte der spartanischen und neckte und lockte sie zum Kampfe in offener See. Der lauernde Lysander aber blieb ruhig in seiner sichern Bucht. Das hielten die Athener f�r Feigheit und zer-streuten sich dann sorglos vom Bord ihrer Schiffe auf's Land, um Beute zu machen. Eines Tages, als sich die Athener nach vergeblicher Heraus-forderung wieder zerstreut Hattert, r�ckte pl�tzlich Lysander mit vollen Segeln auf die wehrlose Flotte los. Sie wurde weggenommen; auch das Landheer wurde �berfallen und gefangen genommen. Drei tausend gefangene Athener mit ihren Anf�hrern wurden ohne Gnade hingerichtet. Blo� Konon rettete sich mit neun Schiffen nach der Insel Cypern. So ward im Jahre 405 vor Chr. die ganze Macht der Athener zu Wasser und zu Lande fast ohne Schwertstreich an einem Tage vernichtet.
Einnahme Athens; die drei�ig Tyrannen. � Froh-lockend zog nun der Sieger mit seinem jubelnden Heere nach Athen und belagerte es zu Wasser und zu Lande. Aus Mangel an Lebensmitteln mu�te auch dieses sich, im Jahre 404, ergeben. Unter dem Schalle krie-gerischer Musik und unter dem h�hnenden Jubel der Feinde wurden die I Mauern der Stadt und die Festungswerke des Pir�eus niedergerissen, und alle noch vorhandenen Schiffe bis auf zw�lf kleine Fahrzeuge fort-gef�hrt. Die Volksherrschaft wurde aufgehoben, alle verbannten Aristo- ;
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fraten zur�ckgerufen, und nach dem Muster der spartanischen Regierung eine aristokratische hier eingesetzt. Wie in Sparta ein Senat von 30 Personen an der Spitze stand, so wurde nun auch in dem sonst so freien Athen die h�chste und unumschr�nkte Gewalt drei�ig spartanisch gesinnten B�rgern �bergebe�, die deshalb auch den Namen Tyrannen oder Alleinherrscher bekamen. Aber sie waren auch Tyrannen im b�sen Sinne des Wortes. Schrecklich war ihre Regierung. Sie verbannten, pl�nderten und mordeten ganz nach Willk�r. Eine spartanische Be-satzung ging ihnen hierbei zur Hand. Der Jammer und das Elend der armen Einwohner war so entsetzlich, da� selbst manche ihrer Feinde inniges Mitleid f�hlten.
Auch Alcibiades, der von seinen Feinden noch immer gef�rchtet wurde, sah sich durch die b�sen Anschl�ge der Spartaner und der atheni-schen Tyrannen gezwungen, auf seine Sicherheit Bedacht zu nehmen. Er floh deshalb aus Thracieu uach Phrygien und wendete sich an den persischen Statthalter Pharnab�zus, der ihn freundlich aufnahm uud ihm ein einsames Schlo� zur Wohnung gab. Doch bald wurde der Statthalter auf Anregung Lysander's an ihm zum Verr�ther. Auf dessen dringende Forderung, da� er gem�� der jetzigen Freundschaft mit den Persern den gef�rchteten Alcibiades entweder, tobt ober lebeubig ausufere, schickte er Bewaffnete ab, bie ihn erworben sollten. Als biefe an lerne Wohnung kamen, �berfiel sie eine entsetzliche Angst; sie wagten es nicht, hineinzubringen. Sie legten heimlich in ber Nacht rings herum Feuer an, um ihn tebenbig zu verbrennen. AIcibiabes erwachte. Er jprang auf unb st�rzte sich, bas Schwert in ber Hand, mitten burch bie flammen. Da flohen bie Feinde erschrocken davon. Aus ber Ferne aber Jossen sie einen Hagel von Pfeilen auf ihn ab. Hiervon burchbohrt ftarb ber Mann, besten wechselvolles Leben unb trauriges Enbe ein freueS Abbilb bes j�hen Gl�ckswechsels seiner Vaterstabt gewesen ist.
Vertreibung ber Tyrannen burch Thrasyb�lus. � Acht Monate bauerte bie Schreckensregierung ber Drei�ig in Athen, ^hrasyb�lus, einer ber Ge�chteten, warb ber Retter seiner Vater-'Qbt- Mit einer Schar vertriebener Mitb�rger, bie in Theben eine freundliche Aufnahme gefunben hatten, �berfiel unb eroberte er bie ^ttische Grenzfeste Phyl�. Dahin str�mten jetzt so viele Verbannte unb Uzusriebene, ba� er sich auch balb des Hafens Pyr�ens bem�chtigte, wo
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die Tyrannen eine gro�e Niederlage erlitten. Unb als nun ber Sieger bie spartanisch gesinnten B�rger Athens zur Vers�hnung mit bert �brigen aufforberte, ba flohen am folgenben Tage bie Tyrannen vor Schrecken nach Elensis. Unter ber Vermittelung bes spartanischen K�niges Pau-sanms, welcher eifers�chtig war auf bett Ruhm bes Lysanber, brachte nun Thrasybulus einen Vergleich gl�cklich zu Staube. Die Regierung der Drei�ig w�rbe abgeschafft, alle Verbannte zur�ckberufen, unb eine allgemeine Amnestie, b. i. Vergessenheit bes Geschehenen, bewilligt. Athen bekam nun, im Jahre 403, seine Freiheit unb mit einigen Ab-�nberungen auch seine alte Verfassung wieder, aber bie alte Gr��e unb Herrlichkeit bes Staates war auf immer bahin.
Sokrates (469�399 vor Chr.). � Durch bett peloponnesischen Krieg war Griechenlanb f�r immer von seiner H�he hinuntergest�rzt worben; Jammer unb Roth herrschten im ganzen Lanbe, schlimmer noch war bas eingetretene Sittenverberbni�. Ein h�chst verberblicher Zeit-geist hatte sich Bahn gebrochen, besonbers in Athen. Religion unb Tu-genb, bie festesten Grunbpfeiler bes Staates, sanken hier immer mehr; Weltklugheit unb Lebensgenu� galten als bie h�chsten G�ter. Auch in ben gelehrten Kreisen machte sich biese verkehrte Richtung geltenb; besonbers bei ben Sophisten. Dieser Staub griechischer Gelehrten hat sich in seiner besseren Zeit unleugbare Verbiettste um bie Bilbuug unb Sprache bes griechischen Volkes erworben, sp�ter aber kamen sie auf traurige Abwege. Ihre Rebefunst verirrte sich zur Geschicklichkeit, f�r unb wiber jeben beliebigen Gegenstanb sprechen zu k�nnen; bazu w�rben sie selbst eitel uttb gewinns�chtig unb tasteten sogar ben religi�sen Glauben bes Volkes an.
Gegen biesen so verberblichen Zeitgeist erhob sich mit aller Kraft ein Freunb achter Weisheit unb Menschenw�rbe, ber gro�e Philosoph Sokrates. Er war im Jahre 469 zu Athen geboren. Sein Vater war hier Bildhauer, unb er selbst trieb einige Zeit biese Kunst. Vielleicht mochte ihn aber bie b�se Zeit zu ernsten Betrachtungen ber hohen W�rbe unb Bestimmung bes Menschen hingezogen haben. Denn balb nachher entsagte er allen anbeten Besch�ftigungen uttb wibmete sich stiller Betrachtung. In biese war er oft so vertieft, ba� er ben ganzen Tag uttb bie ganze R�cht unbewegt auf berfelben Stelle staub. Rur erst, wenn bie Sonne aufging, erwachte er gleichsam aus seiner Verz�ckung; bantt entbl��te er sein Haupt unb betete. Unter seinen ausgearteten Mitb�r-
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Hern, die in allen L�sten schwelgten, in der �ppigsten Pracht einhergin-gen, erschien er selbst in r�hrender Einfachheit, nur in einen schlichten Mantel geh�llt: selbst im Winter ging er oft mit blo�en F��en. Er a� und trank nur das Allergew�hulichste und blieb bei einfacher Koft dauer-Haft gesund, selbst zur Zeit der Pest. Sein Grundsatz war: Nichts be-d�rfen ist g�ttlich, und am wenigsten bed�rfen der Gottheit am n�chsten. Einst beklagte sich ein vornehmer Athener bei ihm, da� es doch erstaun-lich kostbar sei, in Athen zu leben. Er rechnete ihm vor, wie theuer der Purpur, die feinen Weine und andere Kostbarkeiten seinen. Sokrates Sing mit ihm in verschiedene L�den, wo Lebensmittel verkauft wurden. Mehl und Oliven kosteten wenig. Dann f�hrte er ihn in einen Laden wo gew�hnliches Tuch zur Kleidung um einen sehr geringen Preis zu haben war. �Siehe," sagte er dann, �ich finde es ganz wohlfeil in Athen!"
Ein anderer beschwerte sich bei ihm �ber die M�hseligkeiten einer Fu�reise, die er gemacht hatte. �Hat dir dein Sklave folgen k�nnen?" fragte Sokrates. � �Gewi�!" � �Trug er etwas?" � �Ein gro�es B�ndel!" � �Der war wohl recht m�de?" � �O nein, ich konnte ihn sogleich wieder mit einem Auftrage weiter schicken!�' � �Siehe," sagte Sokrates, �du hast vor deinem Sklaven Vorz�ge des Gl�ckes; er hat vor dir Vorz�ge der Natur. Du bist reich und frei, aber schwach und weich-lich; er ist arm und leibeigen, aber gesund und stark. Sage selbst, wer der Gl�cklichere ist!"
Ein junger Freund des Sokrates, mit Namen Antisthenes, wollte ihn in der Gleichg�ltigkeit gegen �u�ere G�ter noch �bertreffen. Um recht viel Aufsehen zu machen, trug er einen alten durchl�cherten Mantel, r,Freund! Freund!" rief ihm Sokrates l�chelnd zu, �durch die L�cher deines Mantels schimmert �berall deine Eitelkeit hervor."
Bei einer so einfachen Lebensart blieb Sokrates stets heiter und vergn�gt. Kein Vorfall konnte seine Seelenruhe st�ren.
Einst gab ihm ein b�ser zorniger Mann eine Ohrfeige. �Es ist doch verdrie�lich," sagte Sokrates l�chelnd, �da� man nicht voraussehen kann, wann es gut w�re, einen Helm zu tragen!" Eben so h�rte er einst mit der gr��ten Ruhe, da� Jemand schlecht von ihm gesprochen habe. � "Mag er mich doch auch pr�geln," sagte er, �wenn ich nicht dabei bin." Ein andermal gr��te er einen vor�bergehenden B�rger, der ihm nicht dankte, sondern stolz vor�berging. Die jungen Freunde des Sokrates
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waren hier�ber ungehalten. �Nicht doch," versetzte der Weise, �ihr w�r-det ja nicht z�rnen, wenn mir einer begegnete, der h��licher w�re, als ich. Was ereifert ihr euch denn, da� dieser Mensch nicht so h�flich ist, als ich!" Die meiste Hebung der Geduld fand er in seinem eigenen Hause. Xanthippe, seine Frau, war oft �bler Laune und dann sehr zanks�chtig. Eines Tages war sie wieder recht b�se und schalt ihn t�chtig aus. Er blieb ganz gelassen. Da sie aber immer heftiger ward, stand er endlich auf und ging aus dem Hause. Das erbitterte sie noch mehr. Im Eifer ergriff sie einen Topf mit Wasser uud go� ihm den aus dem Fenster nach. �Nun ja," sagte Sokrates lachend, �nach einem solchen. Donnerwetter mu�te es wohl regnen."
Das Hauptgesch�ft des Sokrates war die Unterweisung der Jugend. ' Er hielt aber keine regelm��ige Schule, sondern lehrte an verschiedenen Orten, auf dem Markte, auf Spazierg�ngen, bei Tische, im Lager, kurz, wo er lernbegierige Menschen zusammenfand. F�r seinen Unterricht forderte er nichts. Dabei schlug er einen eigenen Weg ein, seine Lehre einem an-deren recht fa�lich beizubringen. Er lie� sich mit ihm �ber den bestimmten Gegenstand in ein Gespr�ch ein, bis durch wechselseitiges Fragen und Antworten die Wahrheit des einen und die Ungereimtheit des anderen klar in die Augen sprang. So belehrte er einst den jungen Alcibiades,, als dieser gro�e Sch�chternheit verrieth, k�nftig vor dem Volke als Ned-ner aufzutreten, folgender Art: �W�rdest du dich wohl f�rchten, vor einem Schuster zu reden?" � �O nein!" � �Oder k�nnte dich ein Kupferschmied verlegen machen?" � �Nicht im Geringsten! � �Aber vor einem Kaufmann.w�rdest du doch erschrecken?" � �Eben so wenig!" � �Nun stehe," fuhr er fort, �aus solchen Leuten besteht ja das athenische Volk. Du f�rchtest den Einzelnen nicht, warum wolltest du sie ver-sammelt f�rchten!" Seine Sch�ler haben uns eine Menge geistreicher Gespr�che von ihm aufbewahrt. Sie hingen mit ganzer Seele an ihm; fie verlie�en sogar ihre Lustbarkeiten, um nur bei ihrem theuren Lehrer zu sein. Von Alcibiades haben wir dieses schon oben geh�rt. Der fr�her genannte Aut ist Heues ging t�glich eine halbe Meile weit nach der Stadt, den Sokrates zu h�ren. Ja, ein anderer wi�begieriger J�ngling, Euklides, kam sehr oft von Megixra, vier Meilen weit, um nur einen Tag bei ihm zu fein. Und als die Athener aus Ha� gegen die Megarer diesen unter Todesstrafe verboten, in ihre Stadt zu kommen, wagte es dennoch Euklides, sich des Abends in Weiberkleidung,
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auch mit Gefahr seines eigenen Lebens, dnrch's Thor zu schleichen, um den Sokrates zu h�ren. � Der junge Aeschrnes w�nschte sehr, ein Sch�ler des Sokrates zu werden. Er scheute sich aber, ihm zu nahen, weil er sehr arm war. Sokrates, der seinen Wunsch merkte, fragte ihn: �Warum scheuest du dich vor mir?" � �Weil ich nichts habe, das ich dir geben k�nnte." � �Ei," erwiderte Sokrates, �sch�tzest du dich selbst so gering? Gibst du mir nichts, wenn du dich selbst mir gibst?" und der J�ngling wurde ein eifriger Sch�ler des Sokrates. � Eines Tages begegnete Sokrates in einem engen Durchgange dem Ten�phon. Dieser war ein sch�ner vielversprechender J�ngling, und Sokrates w�nschte, ihn zum Sch�ler zu haben. Er hielt ihm seinen Stock vor, und der J�ngling blieb stehen. �Sage mir doch," hob Sokrates an, �wo man Mehl kauft?" � �Auf dem Markte." � �Und Del?" � �Eben da." � �Aber wohin geht man, um gut und weise zu werden?" � Der J�ngling stutzte. �Folge mir," fuhr Sokrates fort, �ich will es dir zeigen." Und beide wurden unzertrennliche Freunde.
So hatte er t�glich einen Kreis wi�begieriger J�nglinge um sich versammelt, aus dem sp�ter die ber�hmtesten M�nner hervorgingen. Der Ruhm des Sokrates selbst verbreitete sich so weit, da� die Priester zu Delphi ihn f�r den weisesten Menschen erkl�rten.
Es war aber vorauszusehen, da� Sokrates sich durch seine r�ck-haltslose Offenheit und Geradheit bei vielen seiner verdorbenen Mit-B�rger Abneigung und Ha� zuziehen nut�te. Seine gr��ten Feinde waren die Sophisten, deren l�genhaftes Wesen er mit schonungslosem Tadel aufdeckte, unb die er durch seinen tugendhaften, uneigenn�tzigen Wandel besch�mte. Sie verleumdeten ihn und suchten ihn in der Stadt l�cherlich zu machen, und als ihnen alles dieses nichts half, verklagten sie ihn �ffentlich. Sie beschuldigten ihn, er glaube an die G�tter seiner Vaterstadt nicht, auch verderbe er durch seine Lehre die Jugend, und sie trugen deshalb auf schleunige Hinrichtung eines so gef�hrlichen Mannes an. Sokrates, bereits ein Greis von siebenzig Jahren, fand es seiner unw�rdig, sich gegen solche Anklagen weitl�ufig zu vertheidigen. Er wies auf sein �ffentliches Leben hin. Er versicherte, ihm habe seit drei�ig Jahren nichts mehr am Herzen gelegen, als seine Mitb�rger tugendhafter und gl�cklicher zu machen, und hierzu habe er einen g�ttlichen Beruf in sich gef�hlt. Die freim�thige Vertheidignng des edlen Mannes erbitterte die Richter, denn sie hatten erwartet, er w�rde wie andere Verbrecher,
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durch eine lange Rede unter Bitten und Thr�nen um Begnadigung flehen. Sie schickten ihn deshalb vorl�ufig in's Gef�ngni�. Hier brachte ihm einer seiner Freunde, Lysias, eine sorglich ausgearbeitete Ver-theidiguugsrede, die er halten sollte. Sokrates las sie und fand sie sch�n. �2tber," sagte er, �br�chtest du mir weiche und pr�chtige Socken, ich w�rde sie nicht tragen, weil ich es f�r unm�nnlich halte." Und er gab ihm die Rede zur�ck.
In der n�chsten Gerichtssitzung wurden die Stimmen �ber ihn ge-sammelt. � Eine Mehrzahl von drei Stimmen verurtheilte ihn zum Tode. Sokrates h�rte sein Todesurtheil mit der gr��ten Ruhe; nicht aber seine Sch�ler. Sie dr�ngten sich mit Thr�nen in den Augen zu den Richtern und fleheten und boten eine gro�e Summe Geldes f�r die Loslassung ihres Lehrers. Sie wurden abgewiesen. Sokrates nahm Abschied von den Richtern, die f�r ihn gestimmt hatten. Er verzieh Allen, die ihn verurtheilt hatten, und freuete sich, bald zu den Geistern der edelen M�nner der Vorzeit hin�ber zu wandern. Dann wurde er wieder in's Gef�ngni� gef�hrt. Seine jungen Freunde folgten ihm weinend nach. Sie waren von nun an t�glich um ihn.
Der Gefangenw�rter hatte ein mitleidigeres Herz, als die Richter. An ihn wendeten die Sch�ler sich mit Bitten und Geschenken und brach-ten ihn auf ihre Seite. Er lie� die Th�re des Gef�ngnisses offen, So-krates sollte entfliehen; freudig munterten ihn seine Sch�ler, die Alles zur Flucht in Bereitschaft hatten, hierzu auf. Er aber wies ihren Vor-schlag zur�ck und belehrte sie, da� man stets den Gesetzen der Obrigkeit gehorchen m�sse. �Ach," schluchzte sein Freund Apoll�d�r, �du stirbst doch so unschuldig!" � �Und wolltest du denn lieber," versetzte er mit L�cheln, �da� ich schuldig st�rbe?" Am anderen Morgen erschienen sie in aller Fr�he. Diesmal war auch der Gerichtsdiener da, der ihm an-k�ndigte, er m�sse vor Sonnenuntergang den Giftbecher trinken. Auch feine Frau kam, von ihm Abschied zu nehmen; sie hatte das j�ngste Kind auf ihren Armen und weinte laut auf. Alle waren hiervon er-schlittert. Sokrates bat einen seiner Freunde, seine Frau nach Hause zu f�hren, damit ihm die letzte Stunde nicht erschwert w�rde. Dann wen-bete er sich an feine Freunde, tr�stete sie, sprach mit ihnen �ber Leben und Tod und �ber seine Hoffnung, da� die Seele des Menschen un-sterblich fortdauere.
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Unterdessen neigte sich die Sonne zum Untergange, und der Ge--richtsdiener trat herein, den vollen Giftbecher in der Hand. �Sage mir doch, wie habe ich mich dabei zu verhalten?" fragte er den Diener. �Du mu�t/' erwiderte dieser, �nach dem Trinken auf- und abgehen, bis dich eine M�digkeit �berf�llt; dann legst du dich nieder." � Und mit ruhiger Miene nahm Sokrates den Becher, betete zu den G�ttern, setzte ihn an den Mund und trank ihn aus. Da singen seine Freunde laut zu weinen an. �Still doch!" sagte Sokrates, �darum habe ich ja diesen Morgen die Weiber ooit mir gelassen?' Jetzt ging er ans und ab; dann legte er sich gelassen nieder; das Gift fing an zu wirke�, seine F��e wurden schon kalt, Leben war nicht mehr sichtbar. In trauriger Stille standen seine Sch�ler um ihn herum. Pl�tzlich schlug er die Augen auf. �Freunde," sprach er mit sterbender Stimme, �ich bin bem Aesk�lap noch einen Hohn schuldig, opfert ihn doch ja!"*) � Einer neigte sich zu ihm und fragte, ob er ihm sonst noch etwas aufzutragen habe. Er antwortete nicht mehr.
So starb der unschuldige Sokrates im Jahre 399 v. Chr. Erst nach seinem Tode sahen die Athener ihr gro�es Unrecht ein. Die ganze Stadt war in Trauer, als w�rde in jedem Hause eiu Todter beweint. Seinen Hauptankl�ger verurtheilteu sie zum Tode, die �brigen jagten lie aus dem Lande. Ihm aber errichteten sie ein pr�chtiges Standbild und verehrten ihn fast wie einen Gott. Seine Sch�ler, unter denen Teno-p hon und P laton die ber�hmtesten sind, breiteten schriftlich und m�ndlich seine trefflichen Lehren unter die Menschen aus.
Spartak abermalige Obergewalt in Griechenland und ihr Mi�brauch.
Als die �berm�thigen Athener von den Spartanern gedem�thigt waren, erhob sich Jubel in ganz Griechenland. Alle priesen die Spartaner als die Befreier von dem verha�ten Drucke Athens. Aber kaum verging ein Jahr, so lastete das Joch der rohen Spartaner, die jetzt wieder den Bottang (die Hegemonie) hatten, noch schwerer auf ihnen. Das unerwartete Gl�ck hatte diese stolz und �berm�thig gemacht. Das strenge Leben nach den Gesetzen des Lyknrgns fanden sie immer uner-
*) Wenn der Grieche von einer Krankheit gena�, so opferte er dem Aeskulap, dem Gotte der Heilkunde, aus Dankbarkeit einen Hahn. Sokrates betrachtete das Leben hier als eine Krankheit, von welcher der Mensch durch den Tod befreiet werde.
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tr�glicher; sie strebten nach Reichthum und Wohllebetl. Die Brmdesge-noffen mu�ten hierzu steuern; wer sich weigerte, wurde hart bestraft.
Dar�ber erhob sich ein gro�er Unwille im ganzen Lande; Alle waren voll Zorn auf Sparta. Diesen Zunder der Zwietracht suchten die alten Feinde der Griechen, die Perser, sorgf�ltig f�r sich zu benutzen und so die Zerr�ttung Griechenlands zu einer vollst�ndigen zu timchen.
R�ckzug der Zehntausend. � Eben jetzt brach in Persien eine gro�e Emp�rung aus. Cyrus, Statthalter in Kleinasien, hatte beschlossen, feinem rechtm��igen K�nige und Bruder Artaxerxes Thron und Leben zu rauben. Unter dem Vorwande, emp�rte V�lkerschaften zu unterwerfen, sammelte er ein gro�es Heer unb nahm etwa breizehntausenb Griechen, gr��entheils Spartaner, unter Anfuhrung bes Spartaners Klearch in Solb. So sehr war schon ber Griechen Ehre gesunken, ba� sie sich als S�lbner im Anslanbe gebrauchen lie�en! Bei Kun�xa, un-weit Babylon, kam es 401 zur Schlacht. Die Griechen bew�hrten ihren alten Waffenruhm und erfochten ben Sieg. Aber Cyrus selbst war ge-fallen, unb nun gingen alle seine persischen Truppen zu Artaxerxes �ber. So verlassen, sahen sich die Spartaner geuothigt, den R�ckzug anzutreten. Die Perser zogen ihnen nach und lockten unter dem Vorwande, ein Friedensb�ndui� abzuschlie�en, bie spartanischen Feldherren hinterlistig in ihr Lager imb morbeten sie. Das griechische Heer, seiner F�hrer-beraubt, geriet!) in bie gr��te Gefahr. Allein ber fr�her genannte Athener Xen�phon, welcher ben Felbzug als Freiwilliger mitgemacht hatte, rettete es. Er f�hrte ben Nest bes griechischen Heeres, zehntausend an ber Zahl, �ber f�nfhundert Meilen weit burch unendliche Gefahren gl�cklich nach Hanse. Diesen merkw�rdigen R�ckzug, durch welchen er seinen Feldherrnruhm f�r immer gr�ndete, hat er selbst in einem seiner Werke (Anabasis) beschrieben.
Korinthischer Krieg (394�387). � Seitdem grollte Artaxerxes den Spartanern und griff ihre Bundesgenossen in Asien an. Die Spartaner schickten ihren K�nig Agesil�us nach Asien. Dieser erfocht die gl�nzendsten Siege �ber die Perser; allein die Fr�chte derselben gingen bald wieder verloren. Denn die Spartaner riefen wegen der Gefahren in ihrem eigenen Lande, wo Korinth, Theben, Argos und an-dere fr�here Bundesgenossen sich feindlich erhoben hatten, ihren siegreichen F�hrer nach Hause. Nun suchten die Perser durch Bestechungen
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die griechischen Staaten noch mehr gegen Sparta aufzuwiegeln. Sie gaben dem Athener Konon, der bald nach der ungl�cklichen Schlacht bei Aegospotamos in ihre Dienste getreten war, den Oberbefehl �ber die Flotte. W�hrend Agesilaus bei Koro nea in B�otien einen gl�nzenden Sieg �ber die Thebaner erfocht, schlug Konon die spartanische Flotte v�llig bei Knidns, 394, segelte dann im Triumphe nach Athen und stellte mit persischem Gelds die Mauern und Festungswerke seiner Vaterstadt wieder her. Seitdem begaben sich fast alle St�dte und Inseln Klein-astend wieder in Athens Schutz. Die Spartaner erschraken. Von Eifer-sucht getrieben, kn�pften, sie jetzt mit Persien freundschaftliche Verbin-d�ngen an. Ja, es reisete der schlaue Spartaner Anlalcldas selbst nach Susa und schlo� im Jahre 387 einen Frieden ab, der nach ihm der An talcidische genannt wurde. Durch diesen schimpflichen Frieden wurden die s�mmtlichen griechischen Staaten f�r unabh�ngig erkl�rt; da aber dadurch auch alle festen Einigungen und B�ndnisse aufh�rten, so war das zersplitterte Griechenland der Ohnmacht preisgegeben. Noch schm�hlicher aber war in jenem Friedensvertr�ge die Bestimmung, da� die kleinasiatischen Griechen und die Insel Cypern den Persern �ber-lassen wurden. Vergebens hatten demnach die Helden bei Marathon, Thermopyl�, Salamis und Plat�� f�r die Br�der jenseit des Meeres gek�mpft und geblutet.
Krieg zwischen Theben und Sparta (378 - 362). � Thebens Aufschwung unter Pelopldas und Epaminondas. � Von nun au kannte der Uebermnth der Spartaner keine Grenzen mehr. Im Jahre 383 zog ihr Feldherr PH�bidas mit einem Heere nach Olynth, einer Grenzstadt Macedoniens, welche durch Unterwerfung der Nachbar-gemeinden sehr m�chtig, aber den herrschs�chtigen Spartanern dadurch ein Stein des Ansto�es geworden war. Auf dem Wege dahin lagerte Ph�bidas in der N�he von Theben. Wie in den meisten' griechischen St�dten, so herrschte auch in Theben gro�e Zwietracht zwischen den beiden Parteien der Aristokraten und Demokraten. Da kam pl�tzlich Ph�bidas, �berfiel im Einverst�ndnisse mit Leonti�des, dem Haupte der aristokratischen Partei in Theben, die Stadt und besetzte die Burg Kadmea. Die Hauptanf�hrer der Gegenpartei wurden hingerichtet, und nun eine aristokratische Regierung eingesetzt, fast wie damals in Athen unter den drei�ig Tyrannen. Best�rzt flohen gegen vierhundert Theba-ner aus der Stadt und suchten und fanden Aufnahme in Athen.
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Heber diesen Gewaltstreich mitten im Frieden entstand Unwille ixt ganz Griechenland. Sparta selbst bestrafte zwar seinen Feldherrn, weil er ohne Austrag gehandelt hatte; nichts desto weniger hielt es die Burg mehre Jahre lang besetzt. Endlich erschien der Tag der Rache. Unter den nach Athen Gefl�chteten befand sich auch Pelopidas. Gl�hend f�r die Freiheit feiner Vaterstadt, leitete er eine Verschw�rung ein. Die ausgedrnngene Verfassung sollte gest�rzt, die Gewalthaber ermordet werden. Alles war hierzu mit den Miwerfchworenen in Theben auf das Genaueste verabredet. Als der zur Ausf�hrung bestimmte Tag erschien, machte Pelopidas mit elf Gef�hrten des Morgens in aller Fr�he sich auf den Weg. Sie waren als J�ger verkleidet,' mit Hunden und Jagd-ger�then versehen, um hin Aufsehen zu erregen. Abends sp�t kamen sie an und gingen durch verschiedene Thore in die Stadt. In dem Hanse des Sharon, eines �verschworenen, kamen sie der Verabredung gem�� zusammen. Hier waren die Genossen schon versammelt, die Waffen lagen bereit, Alle r�steten sich zur blutigeu That.
Unterdessen speiseten Archias und Philippus, die beiden Ge-walthaber in Theben, bei Philldas, einem der Mitverschworenen. Auch dieses war so verabredet. Philidas n�thigte flei�ig zum Trinken und envaitete seine Geh�lfen. Pl�tzlich trat ein Bote herein und �berreichte vom Oberpriester zu Athen einen Brief, der die ganze Verschw�rung enthielt. Der trunkene Archias l�chelte und nickte mit dem Kopfe, als ihm der Bote den Brief gab. �Es sind Sachen von Wichtigkeit," sagte der Bote, �du m�chtest ihn sogleich lesen!" � �Sachen von Wichtigkeit auf morgen!" schmunzelte er und legte ihn bei Seite. �Recht! Recht!" schrie Philidas, �es ist jetzt Zeit zu trinken und fr�hlich zu fein; ich habe auch T�nzerinnen bestellt, sie werden sogleich erscheinen." Sie erschienen nur zu bald. Es waren Mitverschworene, die unter den Weiberkleidern ihre Dolche verborgen hatten. Sie n�herten sich den beiden jubelnden Zechein, zogen ihre Dolche und stie�en sie nieder. Leontiades wurde in seinem eigenen Hanse das Opfer der Rache der Verschworenen. Nun wurden die Staatsgefangenen befreiet, alle Verbannten zur�ckgerufen, und die Demokratie hergestellt. Die beiden Freunde Pelopidas nud Epaminondas traten an die Spitze der Verwaltung. Die Burg Kadmea wurde belagert, und die spartanische Besatzung ergab sich bald aus Mangel an Lebensmitteln unter der Bedingung freien Abzuges. So ward Theben wieder frei.
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Es war aber vorherzusehen, da� die stolzen Spartaner es nicht ge-duldig ertragen w�rden, da� man ihnen die k�stliche Beute so aus den H�nden gerissen hatte. Sie r�steten ein furchtbares Heer und zogen hier-mit auf Theben los. Die Thebaner jedoch, durch den ersten gl�cklichen Erfolg ermuthigt, r�steten sich zur tapferen Verteidigung ihrer wiedererlangten Freiheit. Auch Athen trat, voll Eifersucht gegen Sparta, auf ihre Seite und schickte H�lfstruppen. Epaminondas und Pelopidas waren die F�hrer des thebanischen Heeres. An diesen ist es so recht offenbar geworden, wie einzelne gro�e M�nner oft der Segen eines ganzen Volkes sind; denn mit ihnen stand und fiel Thebens Ruhm und Gr��e.
Epaminondas stammte aus einer vornehmen aber verarmten Familie, die jedoch seine Erziehung nicht vernachl�ssiget hatte. In den Wissenschaften machte dieser solche Fortschritte, da� man ihn den ersten M�nnern Griechenlands zur Seite stellen kann. Dazu erwarb ihm sein gerades, liebevolles Wesen viele Freunde, unter andern auch den Pelo-pidas. Dieser sowohl wie die �brigen h�tten gern ihren Reichthum mit ihm getheilt; aber nie war er zu bewegen, das Geringste anzunehmen, so dr�ckend auch seine Lage war. Er hatte nur ein einziges Oberkleid und konnte einst mehre Tage hindurch gar nicht aus dem Hause gehen, weil dieses gerade in der W�sche war. Ehrenstellen suchte er nie; sobald aber das Vaterland seine Dienste verlangte, war er bereit. Dann mochte man ihm einen hohen oder niederen Posten anweisen, er verwaltete ihn stets mit der gr��ten Gewissenhaftigkeit. Sein Grundsatz war: der Mann m�sse seinem Posten Ehre machen, nicht blo� der Posten seinem Manne. Einem persischen Gesandten, der mit S�cken Geldes zu ihm kam, um ihn zu bestechen, gab er zur Antwort: �Mein Freund, wenn deines K�niges Absichten meinem Vaterlmlde vortheilhast sind, so bedarf es der Geschenke nicht; sind sie es aber nicht, so wird all' sein Gold und Silber mich nicht zum Verr�ther machen. Du aber verla� sogleich die (Stadt, damit du nicht die Einwohner verf�hrest!" Als er in der Folge das Heer anf�hrte, h�rte er, da� sein Waffentr�ger einem Gefangenen f�r Geld die Freiheit gegeben hatte. �Gib mir meinen Schild zur�ck," sagte er unwillig zu diesem; �seitdem Geld deine H�nde befleckt hat, kannst du nicht l�nger in Gefahren mein Begleiter sein."
Schlacht beiLenktra (371). � Dieser biedere Held stand jetzt an der Spitze des thebanischen Heeres und r�ckte den Spartanern k�hn entgegen. Sein Freund Pelopidas befehligte eine besondere Abtheilung
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thebanischer J�nglinge, die heilige Schar genannt, welche sich durch einen feierlichen Eid verbunden hatte, zu siegen oder zu sterben. Bei dem St�dtchen Leuktra in B�otien stie�en die Thebaner auf ein gro�es spartanisches Heer. H�chst sinnreich stellte Epaminondas sein H�uflein gegen dasselbe ans. Um nicht von der gr��eren Zahl �berfl�gelt zu wer-den, ke� er es in einer schr�gen, keilf�rmigen Nichtnng gegen dasselbe an-r�^n. Das Eigent�mliche dieser schr�g enSchlachtordnung, durch welche auch der K�nig von Pren�en, Friedrich der Gro�e, im siebenj�h-rigen Kriege die Schlacht bei Leutheu (1757) gewann, besteht darin, da� der Feind, auf einem Punkte mit Uebermacht angegriffen, sein Heer nur vereinzelt wirken lassen kann. Die spartanischen Schlachtreihen wurden durchbrochen, ihr K�nig niedergehauen, mit ihm die Scharen seiner Ge-treuen. wichen die Spartaner best�rzt zur�ck und suchten ihr Heil ln der Flucht. Durch diesen herrlichen Sieg gewann Theben einen gro�en Einflu� in ganz Griechenland. Im Norden trat Pelopidas als Schiedsrichter auf und ordnete sogar die Thronfolge in Macedonien.
Als die Nachricht vou dieser Niederlage nach Sparta kam, waren die Spartanerinnen, deren S�hne sich durch feige Flucht gerettet hatten, �u�erst traurig; sie mochten sich vor Scham nicht sehen lassen. Die-jenigen aber, deren S�hne gefallen waren, erschienen fr�hlich, mit Blumen-kr�nzen geschm�ckt, auf dem Marktplatze, umarmten sich und w�nschten sich Gl�ck, dem Vaterlande so heldenm�thige S�hne geboren zu haben. Man war jetzt in gro�er Verlegenheit, wie man mit den Fl�chtlingen verfahren solle; denn das Gesetz des Lykurgus vernrtheilte sie zu den h�rtesten Strafen. Aber in dieser Zeit der Noth bedurfte man der Krieger zu sehr; deshalb sagte der K�nig Agefil�us: �M�ge das Gesetz denn f�r heute schlafen, morgen aber in aller Strenge wieder erwachen!" Hiermit hatte es sein Bewenden, die Fl�chtlinge wurden begnadigt.
Schlacht bei Mautiu�a (362). � Der k�hne Epaminondas suchte hierauf die Spartaner in ihrem eigenen Lande auf. Er siel in den Pe-loponnev ein und nahm ihnen hier eine Stadt nach der anderen weg. Auch die Mesfenier rief er zum Freiheitskampfe auf, und freudig erhob sich da� gedr�ckte Volk auf feinen Ruf. Die Spartaner geriethe� in die gr��te Noth und sprachen sogar ihre alten Feinde, die Athener, um H�lfe an. Diese verbanden sich wirklich mit ihnen, ans Neid �ber das gro�e Gl�ck Thebens. Epaminondas verlor jedoch den Muth nicht; er unternahm vielmehr ein noch k�hneres Wagst�ck und griff Sparta selbst an. Und beinahe
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gl�tte er es erobert; er war schon bis auf den Marktplatz vorgedrungen. Hier aber mu�te er endlich der verzweifelten Gegenwehr weichen und zog sich bis in die Mitte des Peloponneses zur�ck. Bei der Stadt Mantinea wachte er Halt. Hier kam es im Jahre 362 zu einer blutigen Schlacht. Die Spartaner fochten wie Verzweifelte, desungeachtet mu�ten sie weichen. Epaminondas drang mit Ungest�m in ihre Reihen ein und warf alles �ber den Haufen. Da traf ihn pl�tzlich ein feindlicher Wurfspie�, dessen eiserne Spitze in seiner Brust stecken blieb. Ein blutiges Gefecht erfolgte nun um den verwundeten Feldherrn; die Seinigen retteten ihn aber endlich ans dem Gedr�nge und brachten ihn in Sicherheit.
Die Nachricht von der Verwundung des Epaminondas machte dem Gemetzel ein Ende. Die Thebaner waren �u�erst best�rzt und vollen-deten nicht ihren Sieg. Epaminondas lebte jedoch noch. Die Thebaner umstanden sein Lager mit Angst und bitterer Sorge. Die Aerzte hatten er-kl�rt, da� er sterben w�rde, sobald man das Eisen aus der Wunde ziehe. Er lie� es deshalb so lange stecken, bis er �ber den Ausgang der Schlacht Und �ber die Rettung seines Schildes beruhigt war. Man reichte ihm ben Schild und er k��te ihn. Und als man ihm endlich sagte, die The-baner h�tten gesiegt, antwortete er: �Nun habe ich genug gelebt, denn ich sterbe unbesiegt!" Dann zog er selbst das Eisen aus der Wunde und starb. Zwei Jahre vor ihm war auch sein Freund Pelopidas gefallen in dem m�rderischen Kampfe gegen Alexander von Pher� in Thessalien, ber sich zum Tyrannen oder Alleinherrscher dieses Landes aufgeworfen hatte. Mit diesen beiden edelen M�nnern sank auch Thebens Gr��e und Ruhm. Der Verlust, welchen Sieger und Besiegte in der Schlacht bei Mantinea erlitten hatten, f�hrte endlich den Frieden herbei. Jedoch war hiermit die Ruhe in Griechenland noch nicht wieder hergestellt. Immer Noch griffen St�dte gegen St�dte zu den Waffen; �berall herrschte der Geist der Rache, und des Hasses.
Untergang der griechischen Freiheit.
Die Schlacht von Ch�ronea (338 vor Chr.) � W�hrend so die �riechen durch st�ndige Kriege sich selbst aufrieben, kam hoch aus dem Nor-^eu ein schweres Ungewitter gegen sie angezogen. Dort an der Grenze Griechenlands hatte sich von geringem Urspr�nge das K�nigreich Mace-^onien gebildet. Besonders hob sich dasselbe unter Philipp II., welcher vom Jahre 359 bis 336 vor Chr. das Ruder seines Staates f�hrte. Er war ein
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geschickter Staatsmann und t�chtiger Feldherr, welcher als F�rst nur das eine Ziel im Auge hatte, sein bisher so unbedeutendes Reich zu m�glichst gro�er Land- und Seemacht zu erheben. Viel Flei� verwendete er da-her auf die Vermehrung seiner Kriegsflotte und die Ausbildung seines Heeres. Er vervollkommnete daher auch die Phalanx, eine auch bei den Griechen sehr beliebte Schlachtordnung. Diese Phalanx bestand aus einer Schar schwerbewaffneten Fu�volkes, die sechszehn Mann tief stand, und in der L�nge gew�hnlich f�nfhundert Mann, oft mehr oder weniger, hatte. Ihre Hauptwaffe war ein Speer von vierzehn bis sechszehn Fu� L�nge, welchen die f�nf vordersten Glieder vorgestreckt hielten, die Speere der hinteren Glieder lagen auf den Schultern der Vorderm�nner. Das war die Phalanx, durch welche die Macedonier allen V�lkern bald so furchtbar wurden, die sie von einem Siege zum andern f�hrte. Hiermit unterwarf sich Philipp zuerst die n�chsten Grenzv�lker, die Thefsa- i lier und die Thracier. In Macedonien verlor er bei der Belagerung der Stadt Meth�ne auf sonderbare Art ein Auge. Ein gewisser Aster bot ihm hier seine Dienste an, als ein so vortrefflicher Sch�tze , da� er V�gel im schnellsten Fluge treffen k�nne. �Gut/' erwiderte der K�nig sp�ttisch, �sobald ich mit den Sperlingen Krieg anfange, sollst du Dienst bei mir haben!" Der beleidigte Sch�tze begab sich in das belagerte Methone und scho� einen mit den Worten: �in Philipp's Auge" bezeichneten Pfeil gerade in des K�nigs Auge.
Nach Unterwerfung dieser V�lker richtete Philipp seinen Blick auf die Griechen. Es frenete ihn ungemein, da� sie sich durch unaufh�rliche Zwiste und Kriege einander schw�chten und ihm seinen Erobernngsplan selbst bef�rdern halfen. Jedes Mittel, sich in ihre Angelegenheiten zu mischen, war ihm recht. Vorz�glich wirkte er durch Bestechung. Sein Grundsatz war: keine Mauer sei so hoch, da� nicht ein mit Gold belade-ner Esel hin�berkommen k�nne.
Schlacht bei Ch�ronea (338). � Ungl�cklicher Weise zogen ihn die Griechen selbst iu ihre H�ndel. Die Thebaner riefen ihn aus alter Bekanntschaft (denn er war fr�her als Gei�el nach Theben ge-kommen und im Hanse des Epaminondas erzogen) nach Griechenland her�ber, um hier die Phocler, welche den Tempelschatz zn Delphi frevelhaft gepl�ndert hatten, zu z�chtigen; � so sehr war schon der Griechen eigene Kraft gebrochen! Der ber�hmte Redner D emo st he-nes zu Athen war der Einzige, der das Ungewitter heranziehen sah und
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mit allem Feuer der Beredsamkeit darauf hiuzeigte. Aber Keiner mochte es ihm glauben, da� der kleine nordische K�nig ein so gef�hrlicher Mann sei, ja viele sprachen sogar mit aller W�rme f�r Philipp, wie der Red-Ner Aeschines, welcher sein sch�nes Talent zum Verderben des eigenen Baterlandes mi�brauchte. So get�uscht, lie�en die Griechen den mace-donischen Herrscher ruhig mit seinem Heere durch die Thermopylen zie-hen. Sobald er aber einmal festen Fu� in Griechenland gefa�t hatte, verfuhr er gauz nach Willk�r, schaltete und waltete wie in einem erober-len Land. Da erft sahen die Griechen ihre Thorheit ein; nun griffen sie gegen den �berm�thigen Gast zu den Waffen. Im Jahre 338 vor Chr. kam es bei der Stadt Ch�ronea in V�otien zur Schlacht. Die Grie-cheu fochten hier zum letzten Male f�r ihre Freiheit mit bewunderungsw�rdiger Tapferkeit. Lange schwankte der blutige Kampf, bis endlich des K�nigs junger Sohn Alexander siegreich in die Reihen der verb�n-deten Griechen einbrach, die heilige Schar der Thebaner vernichtete und so feinem Vater den Sieg zuwandte. Taufend B�rger von Athen waren gefallen, 2000 gefangen; der Verlust der Thebaner und der �brigen Verb�ndeten war noch wohl st�rker. Auf dem gro�en Leichenh�gel, den man �ber den Gefallenen aufth�rmte, wurde sp�ter eiu gewaltiger L�we ohne Inschrift aufgerichtet � ein stummes und doch fo beredtes Denkmal auf der Grabst�tte griechischer Freiheit.
Philipp m��igte nach dem ersten Siegesjubel seinen Uebermuth und behandelte die Griechen, besonders die Athener, mit der gr��te!: Schonung, ja er lie� ihnen zum Scheine ihre Freiheit. Er verlangte nur, ^� sie ihn zum Oberanf�hrer w�hlten, um jetzt gemeinschaftlich die Perser wegen ihrer fr�heren Einf�lle in Griechenland zu z�chtigen. Alle waren bereit, nur Sparta wollte nichts von einem fremden Anf�hrer wissen. Voll Zorn schrieb Philipp dahin: �Wenn ich nach Sparta komme, so soll kein einziger von euch im Lande bleiben." � �Wenn!" schrieben tym die Spartaner zur�ck und weiter kein Wort. Philipp k�mmerte sich nicht ferner um die Spartaner, fondern r�stete sich mit den �brigen ^riechen zu einem Feldzuge nach Asien. Schon gedachte er aufzubrechen, als er bei dem Hochzeitsfeste seiner Tochter zu Pella iu Macedouien von einem beleidigten Leibw�chter ans Rache ermordet wurde. Jedoch seine Ermordung machte nur einem noch Gr��eren Platz, seinem Sohne Alexander.
Dritte Periode der Geschichte des Alterthums
<von 33(i�30 vor Christus).
Inhalt i Heschichte des macedonischen Weltreiches und die Heschichte der Ft�mer.
9. Aufbau des makedonischen Weltreiches.
Alexander der Grofte (336 � 328 vor Chr.).
Alexander war ein Prinz von den sch�nsten Anlagen. Seinem Vater lag nichts mehr am Herzen, als diese durch zweckm��igen Unterricht und durch Hebung aus das Beste auszubilden. Er berief deshalb den Ari-stoteles, den ausgezeichnetsten Gelehrten damaliger Zeit, nach Hofe, um .die Erziehung seines hoffnungsvollen Sohnes zn �bernehmen. �Ich freue mich," schrieb er dem Aristoteles, �da� das Kind geboren ist, w�hrend du lebst und es unterrichten und zu einem guten K�nige bilden kannst." Nie hat ein gr��erer Erzieher einen gr��eren Z�gling gehabt.
Schon fr�h sehnte sich des Knaben Herz nach hohen, ruhmw�rdigen Dingen. Selbst seinen Vater beneidete er wegen seiner Thaten. So oft die Siegesboten die Nachricht brachten, Philipp habe diese oder jene Stadt eingenommen, dieses oder jenes Volk bezwungen, so wurde der Kleine traurig und sagte mit Thranen in den Augen: �Ach, mein Vater ! wird noch die ganze Welt erobern und mir nichts zn thitn �brig lassen!" � Am liebsten h�rte er Erz�hlungen von den Gro�thaten der alten Helden, von Krieg und Schlachten. Homer war deshalb sein Lieblings: buch. Ein Held zu sein, wie Achilleus, war sein gr��ter Wnnsch; aber j auch so schon besungen zu werden. Des Nachts hatte er das Buch unter seinem Kopfkissen liegen, um darin zu lesen, sobald er erwache. Auch j auf seinen Feldz�gen hatte er es bei sich uud bewahrte es in einem goldenen K�stchen. Wie der Held Achilleus so war auch er ein Meister in allen k�rperlichen Hebungen, vorz�glich in der Behendigkeit. �Willst du denn nicht/' fragten ihn einst seine jungen Freunde, �bei den �ffentlichen Wettk�mpfen der Griechen mit um den Preis lausen?"
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f,0 ja," versetzte er stolz, �wenn K�nige mit mir um die Wette taufen." Einst wurde feinem Vater ein prachtvolles, aber sehr wildes Streitro�, ��cephalns genannt, f�r einen ungew�hnlich hohen Preis angeboten. Die besten Reiter versuchten ihre Kunst, aber keinen lie� es aufsitzen. Der K�nig befahl, das Thier wieder wegzuf�hren, da es ja kein Mensch gebrauchen k�nne. �Schade um das sch�ne Thier!" rief Alexander traurig; �ich bitte, Vater, la� mich doch einmal einen Versuch machen." Und mit stolzer Zuversicht n�herte er sich dem Pferde, griff es beim Z�gel und f�hrte es gegen die Sonne. Denn er hatte gemerkt, da� es, nur von seinem eigenen Schatten erschreckt, sich so unb�ndig zeigte. Dann streichelte mit) liebkosete er es und lie� heimlich seinen Mantel fallen. Ein Sprung jetzt, und der Prinz sitzt auf dem Vucephalus! Pfeilschnell fliegt das Thier mit ihm dahin. Philipp und alle Umstehenden zitterten f�r das Lebeu des Knaben. Als er aber frohlockend umlenkt ttfid das Ro� bald rechts bald links nach Willk�r tummelt, als sei es Jjas zahmste Thier von der Welt; da erstaunen Alle. Philipp meinet vor Freude und umarmet ihn mit den Worten: �Mein Sohn, suche dir ein anderes K�nigreich, Macedouieu ist zu klein f�r dich!" � Persische Ge-fmtbte, welche den Knaben in Maceboitten sahen, erstaunten und fragten besorgt nach der Macht und den Kr�ften seines k�nftigen Reiches.
Achtzehn Jahre alt focht Alexander mit in der Schlacht bei Ch�ronea; der Sieg war haupts�chlich sein Werk. Zwanzig Jahre alt war er K�nig, schwer war f�r den jungen Herrscher der Anfang seiner Regierung. Rings Umher standen die unterjochten V�lker auf; Alle gedachten der Freiheit. Die Athener spotteten seiner, nannten ihn bald einen Knaben, bald einen Unerfahrenen J�ngling, von dem nichts zu f�rchten sei. �Unter deu Jauern Athens werde ich ihnen schon zeigen," sprach Alexander, �da� �h Mann bin!" und brach mit seinem Heere auf. Das Ger�cht hiervon bellte sogleich die Ruhe wieder her; Alle mit Ausnahme der Spartaner huldigten ihm und �bertrugen dem jugendlichen K�nige auf einer Bundes-Versammlung zu Koriuth den Oberbefehl gegen die Perser, welche dem-U�chst mit einem gro�en Rachekriege �berzogen werden sollten. Hier zu ^oriuth lebte damals ein weiser, aber auch sehr sonderbarer Mann, mit Rainen Diogenes. Den Grundsatz des Sokrates, der Mensch m�sse j wenig als m�glich bed�rfen, trieb er in's L�cherliche. Er trug einen jWgen Bart, einen zerrissenen Mantel, einen langen Ranzen auf dem L�cken und wohnte in einer Tonne. Einen h�lzernen Becher hatte er
weggeworfen, als er einen Knaben Wasser aus der hohlen Hand trinken sah. Alexander hatte Lust, den Sonderling zu sehen, und ging, von ei-nem gl�nzenden Zuge begleitet, zu ihm. Diogenes sa� gerade vor seiner Tonne und sonnte sich. Als er die Menge auf sich zukommen sah, richtete er sich ein wenig auf. Alexander gr��te ihn freundlich, unterredete sich lange mit ihm und fand feine Antworten sehr geistreich. Zuletzt fragte er ihn: �Kann ich dir eine Gunst erweisen?" � �O ja," versetzte Diogenes, �geh' mir ein wenig ans der Sonne!" Da rief der K�nig ver-wundert aus: �Beim Zeus, w�re ich nicht Alexander, so m�chte ich Diogenes sein!"
Bevor Alexander den Zug nach Asien antrat, eilte er in den Norden der Halbinsel zur�ck, �berschritt sogar die Donau und unterwarf in raschem Siegeszuge eine Reihe barbarischer V�lker an der Grenze seines Reiches. Pl�tzlich verbreitete sich das Ger�cht, der K�nig sei nmgekom-wen. Da war ein Jubel in Griechenland; Feste wurden gefeiert und Opfer gebracht. Die Thebaner t�dteten sogar den macedonischen Befehlshaber ihrer Stadt und verjagten die Besatzung. Aber blitzschnell stand Alexander vor ihren Thoren und zeigte ihnen, da� er noch lebe. Denn als sie ihm auf seine Aufforderung, sich zu unterwerfen, eine kecke Ant-wort gaben, nahm er mit st�rmender Hand die Stadt und zerst�rte sie von Grund aus. Nur die Tempel verschonte er und das Haus des Dichters Pindar, weil dieser in.so sch�nen Liedern die Sieger in den griechischen Kam^fspielen besungen hatte.
Ein so f�rchterliches Beispiel der Strenge verbreitete Schrecken �ber ganz Griechenland. Alle beugten sich vor dem gewaltigen Sieger und gelobten Gehorsam. Alexander verzieh Allen und bewog dadurch die griechischen Staaten um so eher, ihm Truppen zur Heerfahrt gegen Persien zu stellen. Die Spartaner waren wieder die einzigen, die von feiner Befehlshaberschaft nichts wissen wollten. �Wir sind gewohnt," lie�en sie ihm sagen, �andere zu f�hren, nicht uns f�hren zu lassen." Sie nahmen keinen Theil an dem Zuge.
a. Alexander in Kleinasien. � Drei und zwanzig Jahre alt brach Alexander, im Fr�hlinge des Jahres 334, mit dem Bundesheere der Macedonier und Griechen zu dem Racheznge nach Persien auf. Seinen Feldherrn Antipater lie� er als Statthalter in Macedonien zur�ck, um die feindlich gesinnten V�lker, besonders die Spartaner, in Schrecken zu
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Wen. Er selbst setzte bei Sestus �ber ben Hellespont, sprang in voller R�stung zuerst an bas Ufer von Asien unb rief freubig aus: �Mein ist Asien, es werbe nicht verheert, ich nehme es als erobert in Besitz!" Auf dem Schlachtselbe von Troja besuchte er bie Grabmale ber alten Helben, besonbers bas bes Achilleus. Er schm�ckte basselbe mit Blumen unb rief ger�hrt ans: �O gl�cklicher Achilleus, ber bu im Leben einen treuen Freunb, unb im Tobe an bem Homer einen S�nger beiner Thaten �gefunben hast!" Heph�stton, ber Freunb Alexanber's, bekr�nzte bas Grab bes Patroklus. Dann zog ber K�nig weiter bis nach bem kleinen K�stenflusse Grauicus in Mysien.
Schlacht am Grauicus (334). � Das jenseitige Ufer entlang staub ein gro�es persisches Heer, unter Anf�hrung mehrer Satrapen aufgestellt, um ihm ben Uebergang zu wehren. Alexanber hielt Kriegsrath. Sein erfahrener Felbherr Parmento rieth, ben Abzug ber Feinbe abzuwarten. �Der gro�e Hellespont w�rbe sich ja sch�men m�ssen," rief Alexanber, �wenn wir uns vor biesem kleinen Flu� f�rchteten!" Er sprang hinein, seine Macebonier ihm nach, wateten mit ihm burch, griffen an unb schlugen bie Perser v�llig in bie Flucht. Im Get�mmel ber Schlacht w�re ber allzuk�hne J�ngling beinahe um's Leben gekommen. Zwei persische Felbherren, bie ihn im vollen Gl�nze ber Waffenr�stung an ber Spitze sahen, sprengten auf ihn los. Er vertheibigte sich tapfer; boch bekam er einen Hieb, ba� ber Helm zersprang. Unb als er sich gegen ben Hauenben loeubete, hob schon ber zweite Perser bas Schwert zum Tobesstreiche auf. Aber in bem Augenblicke kam Clitus, ein braver Macebonier, herangeeilt unb schlug bem einen Perser mit einem f�rchterlichen Hiebe Arm unb Schwert zugleich zu Boben, w�hrenb Alexanber den anberen erlegte.
Nach biesem Siege im Jahre 334 w�rbe er tu kurzer Zeit Herr von -Kleinasieu. Mit fernem jubelnben Heere zog er an bem Westsaume ber gro�en Halbinsel s�bw�rts von Stabt zu �tabt; welche nicht freiwillig die Thore �ffnete, w�rbe mit Sturm genommen, so Milet unb Hali-farnajg. Auch bie S�bk�ste Kleinasiens w�rbe siegreich vom K�nige durcheilt unb erst ber uahenbe Winter bestimmte ihn, im Innern bes Raubes einen l�ngeren Aufenthalt zu nehmen. In biefer Zeit war es auch, als Alexanber ben ber�hmten Knoten zu Gorbium zerhieb. Der fomntenbe Fr�hling bes Jahres 333 sah ben rastlosen Helben schon auf dem Weitermarsche. Pl�tzlich erkrankte er zu Tarsus in Cilicien.
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Mitten durch die Stadt schl�ngelt sich der anmuthige Cydnnsbach, dessen klares Wasser ihn zum Baden einlud. Mit Staub und Schwei� bedeckt stieg er hiueiu. Da �berfiel ein pl�tzliches Zittern alle Glieder, er wurde leichenbla� und mu�te aus dem Bade getragen werden. Die Aerzte ga ben ihn auf; sie traueteu sich nicht, etwas zu verordnen. Rur einer, Philippus, entschlo� sich, in dieser Roth ein schnell wirkendes, aber auch sehr gef�hrliches Mittel zu gebrauchen. Der K�nig war eben im Be griffe, die von ihm verordnete Arznei zu nehmen, als ein Brief von Par memo anlangte, mit der Warnung: �Traue dem Philippus nicht, er soll vom Perserk�nige bestochen sein, dich zu vergiften." Alle erschraken, nur nicht der K�nig. Er gab seinem Arzte den Brief und nahm in dem selben Augenblicke die verordnete Arznei. Sein edeles Vertrauen ward durch eine schleunige Genesung herrlich belohnt. Schon am dritten Tage stand er wieder an der Spitze seines jubelnden Heeres. Er drang durch die unbesetzten Engp�sse Ciliciens und kam nach Jssns.
Schlacht bei Jssus (333). � Hier, an der syrischen Grenze, stand der Perserk�nig Darius Kodomannus mit einem Heere von 600 000 Mann zur Schlacht bereit. Wie eine schwere Gewitter-w�lke kam die macedonische Phalanx herangezogen, so da� die Perser trotz ihrer lieber macht ein Grauen �berfiel. Sie wichen zur�ck, bald l�sete sich das ganze Heer in wilde Flucht auf. Schrecklich war das Ge metzel; �ber 100 000 Perser blieben auf dem Platze. Sogar der Wagen des Darius konnte wegen der Menge der ringsum angeh�uften Leichen nicht aus der Stelle ger�ckt werden. Er sprang hinaus, lie� Mantel, Schild und Bogen zur�ck, warf sich auf sein Pferd und jagte eiligst davon. Seine Mutter, seine Gemahlin, zwei T�chter und ein unm�ndiger Sohn fielen dem Sieger in die H�nde. Sie brachen in lautes Weh-klagen aus, weil ste glaubten, Darius sei erschlagen. Alexander aber gab ihnen bie Versicherung, ba� der K�nig lebe, mtb behaubelte sie mit ber ebelsteu Milbe uub Schonung. Als Darius sp�ter hiervon glaubhafte Nachricht erhielt, streckte er voll bankbarer R�hrung seine Haube zum Himmel mtb rief: �G�tter, erhaltet mir mein Reich, um mich bankbar bezeigen zu k�nnen; habet ihr aber ben Untergang desselben beschlossen, so gebet es keinem Anberen, als beut K�nige von Maceboitiett."
1). Alexander in Ph�nizien mtb in Aegypten (332). � Nach ber Schlacht bei Jssus, im Jahre 333 vor Chr., zog ber junge Helb, unbek�mmert um Darius, l�ngs ber syrischen Meeresk�ste nach S�den. Die
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einzelnen St�dte unterwarfen sich ihm bereitwillig, weil sie sahen, wie �u�erst gn�dig der Sieger die eroberten L�nder und V�lker behandelte. Nur Tyrus tu Ph�nizien wies, im Vertrauen auf seine feste Lage, die Aufforderuug, sich zu ergeben, stolz zur�ck. Da lie� er einen Damm bis zur Jnselstadt auswerfen und eroberte sie nach siebenmonatlicher harter Belagerung im Jahre 332. Von dort zog er l�ngs der K�ste Pal�stinas herab. Nur Gaza leistete kurzen Widerstand, alle �brigen St�dte �ffneten freiwillig ihm die Thore.
Jetzt sollte auch die letzte Provinz am Mittelmeere, Aegypten, den Persern entrissen werden. Der Weg durch dieses Land glich einem Triumphzuge. Des persischen Joches m�de, empfingen Alle frohlockend den Sieger. Dieser fuhr den Nil hinunter und legte an einer der west-Itchert M�ndungen die neue, uach seinem Namen benannte Stadt Alexandria an. Sie wurde wegen ihrer vortrefflichen Lage bald der Sitz des Welthandels und zugleich der Sammelplatz aller K�nste und Wissenschaften.
Westlich von Aegypten, in der gro�en libyschen Sandw�ste, lag auf eiuer gr�nen, mit schattigen Palmen und Oelb�umen reich besetzten und wohl bew�sserten Fl�che Amnion tum, das heutige Siwah. Hier stand ein uralter Tempel bes Jupiter Amtuon. Die Priester bieses Tempels stauben, wie die zu Delphi, im Rufe gro�er Weisheit, als ver-k�ndige der Gott durch ihren Mund die Zukunft. Perseus, Herkules und andere Helden des Alterthums hatten der Sage nach hier hohe Weissagungen erhalten. Alexander, der kein geringerer Held sein wollte, als diese, unternahm den h�chst m�hsamen Weg dahin. Er kam gl�cklich durch die W�ste, tu welcher einst bas gro�e Heer des Cambyses unterging, nach dem heiligen Orte hin unb befragte bas Orakel. Was ihm dieses geantwortet hat, wei� man nicht; es hei�t aber, bie Priester h�tten ihn als einen Sohn bes Jupiter begr��t, unb gleich hierauf sei er ganz zufrieden zur�ckgekehrt. Er mochte hoffen, burch diesen Ausspruch bes Orakels bie abergl�ubischen V�lker bes Morgenlandes leichter unter sein Joch bringen zu k�nnen.
o. Alexander im Innern des Perserreiches. � Durch neue Kriegs-V�lker verst�rkt, roenbete sich Alexander wieber nach Asien, um jetzt Darius zu verfolgen. Schon nach ber verlorenen Schlacht bei Jssus hatte bieser Gesandte an bett ntacebouischeu Sieger geschickt, welche ihm
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eine ungeheure Summe als L�segeld f�r die hohen Gefangenen, die Hand der k�niglichen Tochter und alles Land vom Hellespont bis zum Euphrat boten. �Was meinst du dazu?" fragte Alexander den Par-jnenio. �Ich w�rde es thun, wenn ich Alexander w�re!" antwortete dieser. �Ich auch, wenn ich Parmenio w�re!" erwiderte Alexander l�chelnd. Er wies den Friedensantrag zur�ck, doch versprach er dem K�nige eine ehrenvolle Behandlung, wenn er selbst zu ihm komme; sonst w�rde er ihn aufsuchen.
Schlacht bei Gaugam�la (331). � Noch einmal wollte der Bedr�ngte das Gl�ck der Waffen versuchen und stellte seine Scharen bei der Stadt Gaugam�la (in Assyrien), nicht weit von Arb�la, wo jetzt Erbil liegt, zum Kampfe auf. Die macedonischen Feldherren, be-troffen �ber die ungeheure Macht der Perser, xiethen am Abende vor der Schlacht ihrem K�nige, den Feind in der Nacht zu �berfallen. Alexan-der aber antwortete mit stolzer Zuversicht: �Nein, stehlen will ich den Sieg nicht !" und begab sich sorglos zur Ruhe. Am anderen Morgen weckte ihn Parmenio und sprach verwundert: �Du schliefst ja so ruhig, o K�nig, als wenn du schon gesiegt h�ttest!" � �Glaubst du denn nicht, lieber Parmenio," war des K�niges Antwort, �da� wir schon so gut als gesiegt haben, da wir mm den Darius vor uns haben und nicht mehr durch W�steneien zu ziehen brauchen, um ihn aufzusuchen!" Der Kampf war sehr hitzig, die Perser fochten wie Verzweifelte; Alexanders Kriegs-f�nft behielt jedoch die Oberhand.
Durch diesen Sieg , bei Gaugam�la (oder Arbela) im Jahre 331 wurde Alexander Herr des gro�en persischen Reiches. Unerme�lich war die Beute, die man in den alten K�nigsst�dten, Babylon, Snsa und Ekbat�ua fand; ja es sollen lOOOO Paar Maulthiere, und 3000 Kamele n�thig gewesen sein, um die Neichth�mer an Gold, Silber unb anderen Kostbarkeiten ans den Schatzkammern von Persepolis und Pa- j sargad� von bannen zu bringen.
Unterbeut floh ber ungl�ckliche Darius, stets aufgejagt unb ver-folgt, von Dorf zu Dorf, von Stabt zu Stobt. Aber noch gr��eres Ungl�ck kam �ber ben geschlagenen Gro�k�nig. Einer seiner eigenen Sa-trapen, Bessus mit Namen, ber Statthalter von Bactrim, nahm ben ! h�lflosen Darius gefangen unb schleppte ihn in eiliger Flucht mit nach j den �stlichen Lanbschaften. Kaum erfuhr Alexanber biefe Schanbthat, ;
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�ls er in Eilm�rschen dem Frevler nachsetzte. Beim Verfolgen kam einst Alexander mit seinem Heere selbst in gro�e Gefahr. Er zog durch eine gro�e Sandw�ste, wo sich nirgends Wasser fand. Endlich hatte ein Reiter Wasser aufgefunden und brachte ihm hiervon in seinem Helme. Der K�nig aber, welcher sah, da� seine Soldaten eben so, wie er vor Durst lechzeteu, go� das Wasser in den Sand, mit den Worten: �F�r Eineil zu viel, f�r Alle zu wenig!" Da riefen die Soldaten vor R�hrung und Bewunderung: �Auf, f�hre uns weiter, wir sind nicht m�de, wir sind nicht durstig, u>ir halten uns nicht f�r sterblich, wenn ein solcher K�nig uns f�hrt!"
Endlich war Alexander dem elenden Bessus bei Hekatompylus hart auf die Fersen gekommen. Als dieser seine Verfolger in der N�he witterte, versetzte er seinem K�nige mehre Dolchstiche und eilte dann mit seinen Leuten anf raschen Pferden davon. Alexander's Reiter fanden den Ungl�cklichen, mit Blut und Staub bedeckt, in den letzten Z�gen liegen. Er bat sie um einen Trunk Wassers, und ein Macedonier brachte in seinem Helme ihm diese Labung. Erquickt sprach der Ungl�ckliche: �Freund, das ist das gr��te meiner Leiden, da� ich dir diese Wohlthat nicht vergelten kann; doch Alexander wird sie dir vergelten. Ihn m�gen die G�tter f�r die Gro�muth belohnen, die er meiner Mutter, meiner Gemahlin und meinen Kindern erwiesen hat. Hier reiche ich ihm durch dich meine Hand." Nach diesen Worten verschied er. Eben jetzt kam Alexander selbst herangesprengt. Ger�hrt betrachtete er die Leiche dieses Mannes, den er, ohne ihn zu hassen, so eifrig verfolgt, und, ohne es zu wollen, so ungl�cklich gemacht hatte. Er spreitete seinen Mantel �ber ihn aus und lie� ihn nach Persep�lis bringen, wo er in der k�niglichen Gruft feierlich beigesetzt wurde. Dann brach er schnell wieder auf, um den sch�ndlichen M�rder �n verfolgen unb ruhete nicht eher, als bis er ihn eingeholt unb grausam hatte hinrichten lassen.
Jetzt eilte Alexander an der Spitze seines jubelnden Heeres von Stadt zu Stadt. Ueberall standen dem Un�berwindlichen die Thore offen. Der Weg durch Hyrkanien, Arten, Bacillen und Sogdi�na war eitt ununterbrochener Triumphzug f�r ihn unb seine Krieger.
Doch balb �nderte sich ber Sinn ber Solbaten. Sie w�rben unwillig und murrten laut. Der K�nig schien sie zur�ckzusetzen. Er selbst schien nicht mehr Macedonier, sondern Perser sein zn wollen. Denn er ver-
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heirathete sich mit einer Perserin, nahm persische Sitten an, kleidete sich wie ein Perser und forderte sogar, da� seine Leute nach morgenl�ndischem Brauche sich vor ihm niederwerfen sollten. Dabei wurde er oft �ber-m�thig und grausam. Einst bei einem Festgelage fiel das Gespr�ch auf die glorreichen Thateu der ersten Helden des Alterthums. Schmeichler fanden diese klein und unbedeutend gegen die Thaten Alexander's, und Alexander frenete sich. Nur Clitus gestand freim�thig, da� ihn doch sein Vater Philipp �bertreffe. Da erhob sich Alexander finster von seinem Sitze, sein Auge funkelte vor Zorn, Alle zitterten f�r das Leben des Clitns und f�hrten ihn eiligst hinaus. Doch vergebens gewarnt trat dieser wieder ein und sprach noch k�hner die Worte: �Lade ferner nicht mehr freie M�nner zu deiner Tafel, sondern Barbaren und Sklaven, die deiner Kleider Sannl k�ssen und deinen G�rtel anbeten"! � Da sprang Alexander w�thend von seinem Sitze auf, riefe einem Trabanten die Lanze aus der Hand und durchstach den, welcher ihm am Gramms das Leben gerettet hatte. Kaum aber war die blutige That geschehen, so kam er wieder zur Besinnung. Er entsetzte sich, weinte laut auf, rief Clitus �ber Clitus. Er w�nschte nicht mehr zu leben und verschlo� sich, ohne das Mindeste zu genie�en, drei Tage und drei N�chte einsam in seinem Zelte. Endlich traten die Freunde des Alexander zu ihm in sein Zelt, tr�steten ihn, und stellten ihm vor, wie der Tod des Clitus von deu G�ttern bestimmt und nur nach deren Bestimmung von ihm vollzogen sei. So kani er denn endlich wieder hervor zu seinem Heere. Doch war die Neue nur von kurzer Dauer; sein Uebermuth blieb. Nach wie vor wollte er als Gott verehrt sein und t�dete einen Feldherrn, der ihm die g�ttliche Verehrung nicht erweise� wollte. Handlungen der Art mu�ten immer mehr die Herzen der Macedot�er von ihm abwendig machen; sie folgten ihm ans feinen ferneren Z�gen nicht mehr mit der alten Anh�nglichkeit.
d. Alexander in Indien (326). - Nachdem er die n�rdlichen Pro vinzen des alten Perserreiches durchstreift, mehre V�lkerschaften der wilden Scythen sich unterworfen hatte, reizten ihn ganz vorz�glich die reichen Goldl�nder Indiens. Seiner nat�rlichen Gestalt nach bildet das Festland Indiens zwei gro�e, durch den bengalischen Meerbusen von einander getrennte Halbinseln, deren westliche, diesseit des Busens, Vor-der in dien oder Hindost�n und Dekan, die �stliche, jenseit des Busens, Hinterindien genannt wird. Indien, besonders Vorderindien, war um diese Zeit ein sehr bev�lkertes und gut angebautes Land mit bl�hen
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den St�dten und D�rfern. Die Bewohner zeichneten sich schon fr�h durch Kunstflei� und Kenntnisse aus. Sie waren, wie die Aegyptier, in Kasten getheilt. Die Priester und Gelehrten, Br am inen genannt, machten die vornehmste Kaste aus.
lieber dieses Land herrschten damals mehre von einander unabh�n-gige F�rsten. Sie f�hrten immerw�hrende Kriege unter sich und schw�ch-tcn sich so selbst. Um so leichter wurde f�r Alexander die Eroberung. Unweit der heutigen Stadt Attock setzte er im Fr�hling des Jahres 326 �ber denIndusstro m, von welchem das Land selbst seinen Namen hat. Die meisten F�rsten kamen huldigend mit Geschenken ihm entgegen. So r�ckte er ungehindert voran bis zum Flusse Hydaspes. Hier aber fand er bedeutenden Widerstand. Am jenseitigen Ufer stand P�rns, der ber�hmteste aller indischen K�nige, mit einem gro�en Heere, um ihm den Uebergang zu wehren. In einer schauerlichen Nacht, w�hrend es donnerte und blitzte, und der Regen in G�ssen vom Himmel fiel, setzte der k�hne Held �ber den Strom, griff an und schlug das Heer des Porus in die Flucht. Porus k�mpfte wie ein L�we und war der letzte, welcher das Schlachtfeld verlie�. Von Wunden und Durst ermattet ergab er sich. Man f�hrte ihn zum Alexander. Dieser ging ihm entgegen, verwunderte sich �ber seine Gr��e, Sch�nheit und sein edeles Benehmen und fragte ihn: �Wie willst du behandelt fein?" � �Wie ein K�nig!" erwiderte Poms. �Verlangst du sonst nichts von mir?'- fragte Alexander weiter. �Sonst nichts," war die Antwort; �jenes begreift Alles schon in sich!" Sein Verlangen ward ihm mehr als.erf�llt. Er bekam nicht nur fein ganzes K�nigreich wieder, fondern auch noch neue Besitzungen zu demselben. � Auf dem Schlachtfelde lie� Alexander eine Stadt bauen, die den Namen Nic�a, d. i. Siegesstadt erhielt.
Um diese Zeit starb Bucephalus vor Alter und Wunden. Alexander benannte dem treuen Thiere zur Ehre eine neu errichtete Stadt Buceph�la.
e. Alexanders R�ckkehr und Tod. �Der Sieg �ber Porus schreckte ganz Vorderindien. Die V�lker, welche sich nicht ergaben, verlie�en ihr Land und flohen best�rzt �ber den Flu� Hyph�sis, jetzt Setledge genannt. Auch hier�ber wollte Alexander fetzen. Da aber soll die Unlust seiner Soldaten, weiter zn ziehen, den K�nig bestimmt haben, den R�ck-marsch anzutreten. Sie waren, so hei�t es, der unausgesetzten Anstren-
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gungen und M�hen endlich �berdr�ssig. Alle sehnten sich nach der Heimath zur�ck, von welcher sie �ber sechshundert Meilen entfernt waren. Alexander wollte sie aufmuntern. Vergebens! es erhob sich ein dumpfes Gemurmel, manche weinten. Da sprach der K�nig erz�rnt: �Ich werde metter ziehen; wer nicht folgen will, mag umkehren; ich werde Keinen zur�ckhalten; aber verk�ndet dann in der Heimath, da� ihr euren K�nig mitten im Feindeslande verlassen habt" Und nun verschlo� er sich drei Tage lang in seinem Zelte, Keiner dnrste ihm unter die Augen kommen. Als er aber merkte, da� nichts ihren Entschlu� �nderte, erkl�rte er, er wolle mit ihnen umkehren. Ein jauchzendes Freudengeschrei erscholl bei diesen Worten aus dem ganzen Lager. Alle dr�ngten sich um ihren K�nig und dankten ihm, da� der Un�berwindliche sich doch von ihren Sitten habe �berwinden lassen. Heitere Waffenspiele wurden gefeiert und gro�e Opfer gebracht. Zw�lf thurmhohe Alt�re und andere Sieges� zeichen wurden zum Andenken zur�ckgelassen.
Der gr��ere Theil des Heeres schiffte sich unter dem geschickten Admiral Ne�rchus auf dem Hydaspes ein, segelte diesen Flu� hinab in den Acesines, aus diesem in den Jnbns und das Meer, und dann in den Euphrat stromaufw�rts nach Babylon; � ein Zug, durch welchen bie Natur- unb L�nderkunde au�erordentlich bef�rdert wurde. Von den verbleibenden Truppen schickte der K�nig einen Theil unter Kraterus in n�rdlicher Richtung nach Hause zur�ck, mit bem anberen Theile zog Alexanber selbst mehr s�blich, unb zwar durch die gro�en Sandw�sten von �edrosien unb Karmanien unter uns�glichen M�hen unb Qualen zur�ck nach Babylon. Babylon sollte bie Hauptstabt seines Weltreiches werben. Er hatte vor, alle unterworfenen V�lker zu einem gro�en persisch ntacedonischen Reiche zu vereinigen unb bieses auf bie h�chste Stufe gemeinsamer Bilbung zu bringen. Allein mitten unter seinen gro�artigen Pl�nen erkrankte er pl�tzlich zu Babylon. Ein hitziges Fieber, bie Folge seiner Anstrengungen, zum Theil auch ber Schwelgerei, welcher er sich in ber letzten Zeit hingegeben hatte, um den Schmerz �ber ben Tob seines Freunbes Heph�siiou zu �bert�uben, lie� alle Hoffnung auf Genesung verschwinden. Die Felbherren stauben wehm�thig um fein Lager und reichten ihm die Hand. Er hob den Kops etwas in die H�he, sah jebert bebentungsvoll an unb sprach: �Ich ahne, es werben nach meinem Tobe blutige K�mpfe erfolgen." Matt fragte ben Sterbenden: �Wen er zn feinem Nachfolger bestimme?" Er antwortete: �Den
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W�rdigsten!" Hierauf verschied er, im Jahre 323 vor Chr., in einem Alter von zweiunddrei�ig Jahren, nachdem er nur zw�lf Jahre und acht Monate regiert hatte. Sein fr�her Tod war ein gro�er Verlust f�r die unterworfenen V�lker, welche durch das ehrgeizige Parteigetriebe der Feldherren des Verstorbenen in einen Strudel von Kriegen gerissen wurden. Nichts war geordnet in dem gro�en Weltreiche, und bald fiel dieses selbst in Tr�mmer auseinander.
Zerfall des maeedonischen Wettreiches.
Was Alexander auf dem Todesbette ahnend vorhergesagt hatte, ging nur zu bald in Erf�llung. Zuerst erhoben sich die Griechen, welche schon fr�her w�hrend seiner Abwesenheit in Asien den vergeblichen Versuch gemacht hatten, die Freiheit wieder zu gewinnen, zu einer neuen Anstrengung. Blutig wurde in Thessalien, besonders um die Festung Lamia, woher der Krieg ber lahimschc genannt wird (323 � 322 vor Chr.), gerungen; aber auch jetzt wurden sie als Besiegte wieder unter das schwere Joch gezw�ngt. Zur Strafe sollten sie den Hauptverfechter der vaterl�ndischen Sache, den Redner Demosthenes, den gr��ten Feind Philipp's und ben nicht weniger entschiebenen Gegner seines Sohnes Alexanber, jenen Mann, ber mit donnernder Beredsamkeit sein geliebtes Vaterland vom Verderben, hatte retten wollen, ausliefern. Doch diese Schmach sparte der verdiente Mann seinen athenischen Mitb�rgern. Fliehend entwich er nach der Insel Calanria und starb dort, verfolgt von elenden H�schern, in einem Tempel des Poseidon an Gift, das er sich selbst beibrachte (322). � Auch in den anderen L�ndern wurden durch Alexanders Tod die �rgsten Verwirrungen hervorgerufen. Da er feinen regierungsf�higen Erben hinterlie�, sondern nur einen bl�dsinnigen Bruder und zwei unm�ndige Kinder, von denen das j�ngste erst nach feinem Tode zur Welt kam, so wollten jetzt seine Hauptfeldherren selbst Erben sein. Jeder glaubte, ihm komme rechtm��ig ein Theil von dem Reiche zu, an welchem er habe erobern helfen, und es erhob sich ein zweinndzwanzigj�hriger blutiger Kampf (der s. g. Diadochenkrieg) um den Thron unter F�rsten ans verschiedenen Familten.
Anfangs behauptete Perdiffas, welchem Alexander auf dem Todesbette den Siegelring �bergeben hatte, das h�chste Ansehen. Dieser �bernahm die W�rde eines Reichsverwesers und �bertrug den �brigen F�rsten Satrapien oder Statthalterschaften. Er hatte aber die Reichs-
Verwaltung nur in der Hoffnung �bernommen, die beiden jungen K�nige zu verdr�ngen und Alexanders Thron selbst zu besteigen. Da dieser Plan immer sichtbarer wurde, schl�ssen mehre Statthalter ein B�ndni� gegen ihn, und er wurde von seinen eigenen Soldaten umgebracht, als er den Statthalter Aegyptens, Ptolem�us, bekriegte. Nun erlangte Antig�nus in Kleinasien das h�chste Ansehen. Dieser bem�chtigte sich auch der Schatzkammer in Susa und vermehrte die Zahl seiner Mieths-kuppen so sehr, da� er allen anderen F�rsten Trotz bieten und sie zwin-gen konnte, ihn als Reichsverweser uud Gebieter anzuerkennen. Da aber auch er nicht undeutlich merken lie�, da� er nach der Herrschaft �ber das ganze Alexandrinische Weltreich strebe, so verbanden sich die bedeutendsten �brigen F�rsten, Selencus von Syrien, Ptolem�us von Aegypten, und Kassander von Macedonien gegen Antigonns und dessen Sohn Demetrius. Daraus entspann sich ein langer, Wechsel-voller Krieg (314 � 301), der zugleich in Asien und Griechenland gef�hrt wurde. Er wurde beendigt durch die
Schlacht bei Jpsus in Phrygien im Jahre 301 vor Chr. � In dieser gro�en Schlacht fiel der achtzigj�hrige Held Antig�nus, sein Sohn Demetrius rettete sich durch die Flucht. Nach vielen Theklungen und Wechself�llen bildeten sich zuletzt aus Alexanders Weltmonarchie, au�er einigen kleinen Staaten, folgende drei gr��ere K�nigreiche, welche l�n-geren Bestand hatten: l) Macedonien nebst Griechenland unter Kassander; 2) Aegypten unter Ptolem�us, und 3) Syrien unter Seleucus.
1) Macedonien nebst Griechenland. � Macedonien, welches nun die Weltherrschaft verloren hatte, suchte wenigstens Griechenland zu behaupten. Dieses dagegen lie� kein Mittel unversucht, seine alte Freiheit und Selbst�ndigkeit wieder zu gewinnen. Zu dem Ende bildete sich hier um das Jahr 280 der �t�lische und der neue ach�ische Bund. Allein gegenseitige Eifersucht eutzweiete bald diese Bundes-vereine selbst imd hinderte jedes kr�ftige Zusammenwirken nach Au�en. An der Spitze des ach�ischen Bundes, der sich zun�chst die Wiederher-stellung der Eintracht der Peloponnesier zur Aufgabe machte, gl�nzten als H�upter: Ar�tus aus Sicyou (251 � 213 vor Chr.), dann der letzte gro�e Staatsmann und Feldherr Griechenlands, P h i l o p � m e n ans Megalop�lis (bis 182). Nachdem Aratns zun�chst seine Vaterstadt befreit hatte, vertrieb er als Bundeshaupt fast �berall die macedonischen
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Besatzungen. Selbst Athen gewann er f�r diesen Bund. Aber sein Gl�ck reizte die Eifersucht des �tolischen Bundes, welcher eine Vereinigung von ganz Griechenland unter �tolischer Oberanf�hrung bezweckte, und es entstand nun ein Kampf der beiden Bundesvereine um die Hegemonie Griechenlands. Auch die Eifersucht des alten Sparta's erwachte, wo jetzt die K�nige Agis III. und Kleomenes III. regierten. Es entzweiete sich mit den Ach�ern und schlo� sich an die Aet�ler. Aber Agis wurde von feinen Feinden gest�rzt und grausam get�btet, und Kleomenes, der die �brigen peloponnefischen Staaten zur Anerkennung der spartanischen Vorherrschaft zwingen wollte, verlor gegen den von Macedonien unterst�tzten ach�ischen Bund die Schlacht bei Sellasla, n�rdlich von Sparta, und floh nach Aegypten. � Nach dem Tode des Ar�tus (210) ward der gro�e Philop�meu aus Megalop�lis Oberhaupt des ach�ischen Bundes. Er eroberte Sparta und zwang es, diesem Bunde beizutreten. Dann wandte er seine Waffen gegen Mesfenien, welches vom Bunde abfiel. Hier aber mar dem greisen Helden das Ziel gesetzt. In dem Thale bei Korone �berfallen, gericth er nach der tapfersten Gegenwehr verwuudet in die H�nde der Mefsenier und mu�te den Giftbecher trinken. Mit dem Unterg�nge dieses �letzten Griechen" sank die Macht des ach�ischen Bundes, und die damals m�chtig sich verbreitenden R�mer vermochten ohne harten Kampf im Jahre 146 vor Chr. das ersch�pfte Griechenland zu unterjochen, nachdem sie Macedonien schon im Jahre 168 in ihre Gewalt gebracht hatten.
2) Aegypten unter den Ptolem�ern. � Bei der Theilnng des gro�en macedonischen Reiches fiel Aegypten dem edelen griechisch gebildeten Feldherrn Alexander's, dem Ptolemaus, dem Sohne des Lagus, als Provinz zu, und alle nachfolgenden K�nige f�hrten den Namen Ptolem�er von dem Stifter dieses Reiches. Unter den drei ersten Ptolem�ern stieg dasselbe zu einer seltenen Bl�the. Ptolem�us I., mit dem Beinamen Soter, d. i. Netter (323�284), erhob Alexandria zur Residenz und umgab sie mit einem nie gesehenen Gl�nze. Durch die Anlegung einer Bibliothek und die Gr�ndung eines Museums er-hob er sie zum Hauptsitze und zum Vereinigungspunkte griechischer Kunst und Wissenschaft. Sie wurde ein neues Athen f�r die ganze gebildete Welt; sie wurde aber auch ein neues Tyrus f�r den Welthandel. Ans ihren H�fen versendete sie die Waareu von drei Welttheileu, uud der ber�hmte Pharusthurm leuchtete taufenden von Schiffen aus und
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ctn. In bem n�mlichen, alles Ebele und Sch�ne bef�rbenben Geiste regierte sein Sohn unb Nachfolger Pto lern ans II., mit bem Beinamen Philabelphos, b. i. ber Schwesterliebende (284�246). Zur Belebung bes Hanbels �ffnete er auch ben verfallenen Kanal wieber, welcher das rothe Meer mit bem mittell�nbifcheu verband. � Mit Ptolem�ns III., (Siter get es, b. i. Wohlth�ter genannt, feinem Soljne nnb Nachfolger, schlie�t bas goldene Zeitalter des neuen �gypti-schen Reiches. Schon mit bem schwelgerischen W�therich Ptolem�ns IV. begann ber rasche Verfall beffelben. Thronfolgestreitigkeiten schw�chten es unb beg�nstigten immer mehr bie Einmischung der R�mer, bis biese fich zuletzt im Jahre 30 v. Chr. v�llig zu Herren bes Ptolem�erreiches machten.
3) Das syrische Reich der Seleuciben. � Selencus, mit bem Beinamen Nik�tor, b. i. Sieger (312�280), ist ber Gr�nder des Selencibischen Reiches mit ber Hanptstabt Babylon. Durch gl�ck, lich gef�hrte Kriege unterwarf er sich alle L�nder vom Hellespont bis Aum Indus. Syrien war das Hauptlanb. Hier gr�ndete er das gl�nzende Antiochia am Orontes, die nachherige Hauptstadt, mit welcher mir Seleucia am Tigris wetteifern konnte, gegen welche auch die alte Hauptstadt Babylon immer tiefer in den Schatten sank. Durch diese, wie durch viele andere St�dte, die er und seine Nachfolger gr�ndeten, wurden griechische Kunst unb Wissenschaft �berall herrschend. Und gerade die weite Verbreitung der griechischen Sprache unb Bilbung wurde sp�ter, unter der leitenden Hand der g�ttlichen Vorsehung, f�r einen gro�en Theil der Menschheit ein h�chst wirksames Mittel zur Aufnahme und Aneigung der christlichen Lehre. � Allein dieses gro�e Reich hatte von jlitrang an keine Einheit, wie das ber Ptolem�er; unb es hielt schwer, so viele und verschiedenartige V�lkerschaften auf die Dauer unter einem Doerhaupte zusammenzuhalten. Daher wurden viele kleine Statthalter-schaften gegr�ndet. Bei dem losen Verb�nde aber mit dem eigentlichen Herrscherhause suchten sie sich von demselben unabh�ngig zu machen, und unter den kraftlosen unb lasterhaften Nachfolgern bes Seleucus ri� Nch eine Provinz nach ber anderen bavon los. Nur Antjochus III. ober ber Gro�e (224�187) hielt ben Verfall bes sinkenden Reiches noch einigerma�en auf. Dieser versuchte sogar bie Wieberherstelluug desselben in seinem alten Umfange. Allein bei diesem Versuche w�rbe er in einen ungl�cklichen Krieg mit ben R�mern verwickelt unb mu�te.
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Nach mehren Niederlagen das ganze asiatische Gebiet bis an den Taurus abtreten. Blutige Thronstreitigkeiteil ersch�tterten und zersplitterten das schon geschw�chte Reich immer mehr, bis es endlich im Jahre 64 v. Chr. eine Beute der R�mer wurde. � Dasselbe Schicksal traf fast alle Pro-vinzen, die sich nach und nach von dem syrischen Reiche losgerissen und zu besonderen Neichen erhoben hatten; unter diesen Perg�mum, Parthien, Bactrien, Armenien, Bithynien und Pal�stina. Fast alle wurden nach und nach von dem wetterobernden Volke der R�mer verschlungen.
10* Geschichte der R�mer.
a. Beschreibung Italiens.
Vom s�dlichen AbHange der Alpen ans erstreckt sich fast in der Form eines Reiterstiefeld weit in das mittell�ndische Meer hinein die Halbinsel Italien, welche man wohl den Garten Europas nennt. Nach Westen zu liegt das tyrrhenische Meer, im Osten st��t das st�r-mische adriatische Meer an die Halbinsel. Eine Gebirgskette, die Apen-ninen, zieht sich von Norden nach S�den der L�nge nach das ganze Land hindurch. Viele B�che ergie�en sich von beiden Seiten des Ge-birges, aber sie erreichen, da die Halbinsel nur schmal ist, zu bald das Meer, und darum sind die wenigsten schiffbar. Nur in Oberitalien, wo vom s�dlichen Abh�nge der Alpen die Gew�sser zusammenstr�men, bildet sich ein gro�er schiffbarer Flu�, der Padus oder Po. Er kommt majest�tisch von den schneereichen Gipfeln des Monte Biso, durch-zieht von Westen nach Osten ganz Oberitalien, und, nachdem er sich auf seiner weiten Bahn auf beiden Seiten mit vielen Nebenfl�ssen, unter diesen mit dem Ticinus und der Trebia, vereinigt hat, ergie�t er sich endlich durch mehrere M�ndungen in das adriatische Meer. Von den �bri-gen wichtigeren Fl�ssen Italiens flie�en nach Westen der M�cra, Arnus, Tiber und Sil�rus; nach Osten der Rtibtco, Metaurus, Frento und Aufidus. � Eine milde heitere Luft l��t auf den Feldern Italiens die k�st-lichsten Fr�chte zur Reife kommen, die bei uns gar nicht wachsen, oder doch nur in Treibh�usern durch den Wechsel der Jahreszeiten gebracht werden k�nnen. Wegen solcher F�lle der Natursch�nheit und des Segens war die apenninische Halbinsel von jeher nicht nur der Stolz seiner Bewohner, soudern auch das Land der Sehnsucht f�r den Fremden. Nach der
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Dichtung der Alten soll diese sogar der Gott Saturnus selbst zu seiner Herrschaft auserkoren, und hiernach das gesegnete Land seinen �ltesten Namen, Saturula, erhalten haben. � Auch f�r den Handel und Verkehr hat Italien eine �beraus g�nstige Lage. Durch das mittell�ndische Meer, welches dasselbe von drei Seiten umstr�mt, steht es nicht nur mit I den gesegnetsten L�ndern von Europa, sondern auch mit dem reichen Asien und Afrika in naher Verbindung.
In der �ltesten Zeit f�hrte diese Halbinsel noch keinen Gesammt-namen. Wie in Griechenland, so hatte auch hier die Natur selbst durch trennende Berge und Fl�sse eine Menge kleiner und unabh�ngiger Landschaften gebildet, von denen jede nach dem in ihr wohnenden Volke : besonders benannt wurde. So bezeichnete auch Italien urspr�nglich nur eine besondere s�dwestlich gelegene Landschaft. Mit der Herrschaft der R�mer aber verbreitete sich dieser Name nach und nach �ber das ganze Land. Die Griechen nannten dasselbe Hesperien, d. i. Abend- I Iand, weil es ihnen gegen Abend lag. Man theilt es gew�hnlich in drei Theile: in Oberitalien, von den Alpen bis zu den Fl�ssen Nublco und Macra; in Mittelitalien, vom Nubico und Metern bis zum Silarus und Frento (Fortore); und in Unteritalien, von diesen Fl�ssen bis zu den s�dlichen Landspitzen.
1. Oberitalien enthielt: 1) das cisalpinische (von Rom ans diesseit der Alpen gelegene) Gallien. Der Padns (Po) theilte dasselbe in zwei Theile, in Gallien jenfeit des Po (Gallia transpad�na) mit den St�dten: Tergeste (Trieft), Aquileja, Patavmm (Padua), Verona, Mantua, Crem�na, Vrixia (Vrescia), Mediol�num (Mailand), Tiamon (Pavia), Augusta Taurin�rum (Turin) 2c.; und in Gallien diesseit des Po (Gallia cispad�na) mit den St�dten Navenna, Vonoma (Bologna), Mutlna (Modena), Parma, Placentia (Piacenza) 2c. Die meisten dieser St�dte waren sp�tere Kolonien der R�mer. � 2) Lig�rieu, welches vom Flusse Macra bis zum Grenzfl�sse Varus sich erstreckte, der es von dem eigentlichen Gallien schied. Die bedeutendsten St�dte desselben waren: Genua und Nic�a (Nizza).
2. Mittelitalien bildet den Kern des Landes und den Haupt-schauplatz der Thaten der alten R�mer. Mittelitalien umfa�te sechs Landschaften und zwar 3 auf der westlichen Seite der Apenninen, n�mlich : Etrurien, Luttum und Campanien; und ebenso 3 auf der �stlichen Seite des Gebirges, n�mlich: Umbrien, Piccnum und Sarnninrn. �
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]) Etrurien (auch Tyrrhenlen und Tusclen genannt, woher jetzt ber Name Toscana) mit ben St�bten: Florentta (Florenz), Clustum (Chiusi), Falerii, Veji 2c. � 2) Satt um (b. i. bie Breite Ebene) mit beit St�bten: Rom, Ostia, ber Hafenstabt Roms an ber Mnnbung des Tiber; Ttbur (Tivoli), Tuscttlum (Frascati), Alba longa, Laviutum, Gabii, Arpinum. � 3) Campanieu, vom Flusse Liris bis zum Silarns, ein �beraus sch�nes Laub, welches bie R�mer vorzugsweise bas gl�ckliche uanuteu. Hier steigt bie Rebe f�nfzig bis sechszig Fu� hoch bie Ulmen unb Pappeln hinan und h�ngt ihre Trauben aus. Wie zu Triumphb�gen schlingt sie ihre gr�nen Gewiube fort unb fort von Baum zu Baum unb gibt ber ganzen Lanbschaft eilt festliches Ansehen. In ihr lagen bie bl�henben St�bte: Cap�a, C�ma, N�la, Hercul�num, Pompeji, Stabi�, Miseuum, Baj�, Salernum unb Neap�lis, bas heutige Neapel mit beut rauchenben Vesuv zur Seite. � 4) Umbrien mit ben St�bten: Artmmum (Rimini), Spoletium (Spoleto) unb Urbtnum. � 5) P i c c n u tri mit ben St�bten: Anc�na, Juteramua (Teratto) 2C. � 6) Samnium, ein Gebirgslanb, mit ben St�bten Ben�v�ntum ttttb Caubtum.
3. Unteritalien. Dieses w�rbe wegen ber vielen griechischen Kolonien l�ngs ber ganzen K�ste auch Gro�griechenlanb genannt. Es enthielt 4 Landschaften tmb zwar an bem Westsaume: Lukanten unb BruMum; am Ostsaume: Apulieu unb Calabrien. � l) Lukanten mit beit St�bten: P�stum, V�lia, Heraklea, Met�p�ntnm zc. � meist griechischen Kolonien. � 2) Brntttum mit ben St�bten: Consentta (Co-senza), Rhegiimt, Crot�n 2c. � 3) Apnlien mit ben St�bten: Lucerta, Asc�lnnt, Cann�, Ben�sia 2c. � 4) Calabrieu ober Mess�pteu, bie �stliche Laubzunge, welche in bem Vorgebirge Japt)gtunt enbet, mit ben St�bten: Brnnbuslnrn (Brinbtsi), bem gew�hnlichen Ueberfahrtsorte nach Griechenland, ttttb Tarentum (Taranto), einer Kolonie ber Spartaner.
Italien selbst ist mit einer Gruppe von Inseln umgeben. Zu ben gr��ten geh�ren:
1) Sicilien, bas wegen seiner breieckigen Gestalt auch Tr in �krt a genannt w�rbe. Die Meerenge, welche es von Italien trennt, ist ungef�hr 4 Meilen breit, an ber schm�lsten Stelle aber uur % Meile, und hier soll nach alter Sage Italien einst mit Sicilien zusammengehangen haben. Die Meerenge selbst, welche jetzt ben Rauten �Meerenge von Messina" f�hrt, war wegen ihrer Felsen und Strubel, bie bei beit alten Dichtern als zwei gro�e Seeungeheuer unter bem Reimen Scylla unb
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Charybdis erscheinen, dem unkundigen Seefahrer sehr gef�hrlich. Die Insel war in alter Zeit �beraus fruchtbar, besonders an Getreide. Die R�mer nannten sie deshalb gern ihre Kornkammer; in sp�teren Jahr-Hunderten ist das fr�her so bl�hende Eiland durch die vielen Krieges-st�rme hart betroffen, und seit man im Inneren die W�lder ausgerodet, ist der gr��te Theil der Insel zu einer traurigen Ein�de geworden. _
die Krone des Landes erscheint der Aetna. In majest�tischer Pracht : er hebt er sich mit seinen einzelnen Kuppen zu einer H�he von 10 500 ' Fu�, w�hrend der Vesuv nur 3 600 Fu� hoch ist. Jede Stufe bildet; �ine Zone. Die untere bietet Weinberge und G�rten dar; die zweite ; ist ein Waldbezirk mit hundertj�hrigen B�umen; die dritte bat nur, Eis und Schnee; die vierte nur Rauch und Flammen. Zu den be-dentendsten St�dten dieses lieblichen Eilandes geh�rten: SiracQs� (Syrakus), Mess�na (Messina), Agngentnm (Girgenti), Katlna (Catania), | Leontini (�entint), Lilyb�um (Marsala), alle griechischen Ursprunges; ferner die ph�niztsche Stadt Pan�rmns (Palermo, die jetzige Hauptstadt), j und die karthagische Drep�na (Trapani).
2) Sardinien, eine sehr gebirgige Insel mit der Hauptstadt Ca-r�lis, dem heutigen Cagliari an der S�dk�ste. x
3) Corsica. Diese Insel ist durch eine zwei Meilen breite Meer-enge, jetzt Meerenge von St. Bonifacio genannt, von Sardinien ge-trennt, feie ist von waldigen Gebirgen durchzogen uud war in alter Zeit wenig angebauet.
Ib. Die alten R�mer und ihre Lebensweise.
In der Mitte dieser reizenden Halbinsel wohnte vor alten Zeiten oas ber�hmte und m�chtige Volk der R�mer. Sie waren fast noch kriegerischer, als selbst die harten Spartaner. Jeder r�mische B�rger war ein geborner Soldat, Krieg seine liebste Besch�ftigung. Sie alle wollten S�hne und Nachkommen ihres furchtbaren Kriegsgottes Mars sein, denen sich mit Gl�ck kein Mensch widersetzen k�nne. Tapferkeit galt f�r die Haupttugend eines Mannes;*) nur sie ward vorzugsweise geehrt und belohnt. In festen geschlossenen Reihen, voll Vertrauen auf sich selbst uud ihre schirmenden Kriegsg�tter, zogen sie k�hn dem Feinde ent-gegen. Wurden sie auch zur�ckgedr�ngt, sogleich standen sie mit neuer
*) Daher bedeutet auch das lateinische Wort virtus (von vir der Maiin) sowohl m�nnliche Tapferkeit als auch Tugend �berhaupt.
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Kraft und frischem Mttthe wieder auf dem Schlachtfelde und ruheten wicht eher, als bis der Gegner zu ihren F��en lag.
So war es ihnen gelungen, erst die kleinen benachbarten V�lker zu unterjochen. Immer weiter dehnten sie dann ihre Herrschaft �ber die Halbinsel aus, so da� sie schou f�nfhundert Jahre nach der Erbauung ihrer Stadt ganz Italien unter ihrer Herrschaft hatten. Hiermit noch nicht zufrieden, setzten sie �ber die Meerenge von Messrna und er-oberten die gro�e und reiche Insel Sicilien, dann Gallien, Spanien, Macedonien und Griechenland, Nordafrika und Vorderasien, bis sie um die Zeit der Geburt Christi sich ein Reich erobert hatten, das fast die ganze damals bekannte Welt umfa�te.
Im Frieden war das Hauptgesch�ft der alte� R�mer der Ackerbau. Hier wurde nicht, wie zu Sparta, der Ackerbau den Sklaven �berlassen; der vornehmste B�rger ging selbst hinter seinem Pfluge; er selbst be-rettete sich in der alten besseren Zeit am Herde seine einfache Kost. Nicht selten wurde er vom Pfluge fort nach der Stadt gerufen, um das Heer anzuf�hren. Von diesem merkw�rdigen Volke werden wir das N�here jetzt h�ren.
c. Die Mlttyeilmlg der r�mischen Geschichte.
Die r�mische Geschichte zerf�llt in drei Hauptperioden:
1) Rom unter K�nigen, von 753�510 vor Chr.
(Von der Erbauung Roms bis zur Vertreibung der K�nige.)
2) Rom ein Freistaat, von 509�31 vor Chr.
(Von der Gr�ndung des Freistaates bis zum Sturze desselben.)
3) Rom unter Kaisern, von 30 vor Chr. bis 476 nach Chr.
(Vom Beginne des Kaiserreiches bis zum Untergange des tuest� r�mischen Reiches.)
Die Borgeschichte Roms.
Das Heldenvolk der R�mer ist von ganz geringem Urspr�nge aus-gegangen. In Latium lag eine langgestreckte Bergstadt, Alba longa genannt. Ascanlus, ein Sohn des Aeneas, soll sie in Verbindung mit andern trojanischen Fl�chtlingen erbauet haben. Schon in fr�hen Jahrhunderten war diese der Sitz der latinischen K�nige, von denen uns aber nur einige Namen bekannt sind. Als der vierzehnte in ihrer Reihe wird Procas angegeben. Dieser, so erz�hlt die Sage weiter, hinterlie�
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boS Reich seinen beiben S�hnen Numitor unb Amulius zur gemein- 1 samen Regierung. Aber ber stolze Amnlins, ber nach ber Alleinherr-schaft strebte, verdr�ngte seinen �lteren Vruber, lie� ihn zwar am Leben^ mordete aber dessen Sohn und machte, um vor aller Nachkommenschaft und Thronbewerbung gesichert zu sein, dessen Tochter Reu Silvia zur Vestalin oder Priesterin der G�ttin Vesta. Als solche mu�te sie unver- , ehelicht bleiben. Nichts desto weniger bekam die versto�ene Bruders- ! tochter, angeblich vom Gotte Mars, Zwillingss�hne, Nom�lus und Remus. Hier�ber erschrak ber Oheim unb verurteilte bie Mutter mit ihren Kindern zu einem grausamen Tode. Die Mutter lie� er lebendig begraben, die Kinder aber in einem Korbe nach beut Tiberflusse tragen, sie dort zu ertr�nken. Zum Gl�ck war ber Flu� aus seinen Ufern getreten, zu dem eigentlichen Bette desselben konnte Keiner kommen. Daher setzten bie k�niglichen Diener den Korb auf das ausgetretene Waffer und gingen davon. Der Korb trieb mit den wimmernden Kin-dem auf ben Wellen hin unb her. Enblich lie� bas sinkenbe Wasser ben Korb auf bem Trockenen stehen. Eine b�rftenbe W�lfin, so berichtet bie cage weiter, kam des Weges, und als sie bas Gewimmer ber Kinder h�rte, lief sie hinzu und s�ugte sie. So traf sie ein vor�bergehenber Hirt mit Namen faustulus. Er hob bie Kleinen mitleibig auf, brachte sie nach feiner H�tte unb gab sie feinem Weibe zur Pflege. Hier' m der H�tte des Hirten, wuchs das wunderbar gerettete Br�derpaar zu r�stigen Hirtenknaben heran. Bald weideten sie friedlich ihre Heerden balb verfolgten sie �ber Berg unb Thal r�uberische Menschen sowohl als Thiers, bie ihren Heerben nachstellten. So wuchs ihr Muth, unb vor Kampflust fielen sie oft bie Hirten bes Numitor an. Diese, ber h�ufigen Neckereien bes wilbeu Br�berpaares unb ihrer Raubgenosfen m�be, ergriffen enblich ben Remus uub schleppten ihn zu ihrem Herrn nach Alba. Hier erkannte Numitor, durch bie Entbeckuug bes Faustulus vergewissert, seine Enkel uub offenbarte ihnen bas grausame Borhaben bes Amulius und ihre wuuberbare Errettung. Freubig �berrascht verlmnb Remus sich mit seinem Bruber, ber unterbeffen auch bas Geheirnui� von Faustulus erfahren hatte, unb beibe beschlossen nun, sich an ihrem tyrannischen Gro�oheim zu r�chen. Mit einer Schar verwegener Gesellen brangen sie heimlich in bie Stabt, ergriffen ben Amulius unb ermordeten ihn. Den versto�enen Numitor aber setzten sie wieder auf den Thron. Erkenntlich gegen solche Wohlthat erlaubte dieser seinen Enkeln, an dem Orte, wo sie als Hirten gelebt hatten, eine Stadt zu bauen.
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Hier nun, an dem Flusse Tiber, oben aus beut palatinischen H�gel, legten Romulus und Remus in Verbindung mit vielen Bewohnern ber Umgegenb, im Jahre 753 vor Chr., den Grunb zu ber �tobt, aus welcher nachher das m�chtige itnb bl�henbe Rom wurde. Die Abgreu-zuug der Stadt geschah dadurch, da� Romulus mit einem Pfluge um den palatinischen H�gel eine Furche zog und nach dieser Furche einen Erdwall auswerfen lie�. Bald f�llte den inneren Raum eine Menge zerstreut durch einander liegender, �rmlicher Lehmh�tten, die mit Schilf und Stroh k�mmerlich gedeckt waren.
Schon gleich im Anfange mar unter den beiden Br�dern Streit dar�ber eutstaudeu, wer von ihnen die neue Stadt benennen, wer sie als K�nig beherrschen sollte. Endlich beschlossen sie, die G�tter selbst zu Schiedsrichtern zu nehmen. Derjenige sollte der Stadt nicht nur den Namen geben, sondern sie auch als K�nig beherrschen, welcher zuerst gl�ckliche Anzeichen durch die Schicksalsv�gel erhalten w�rbe. Um nach solchen Zeichen auszuschalten, begab sich Romulus auf ben palatinischen, Remus auf beit aventinischen H�gel. Zuerst erschienen bem Remus sechs Geier, und kaum hatte er bie gl�ckliche Erscheinung bem Romulus gemeldet, als biesem pl�tzlich ein Zug von zw�lf Geiern vor�berflog. Dar�ber entstaub ein neuer Streit. Remus behauptete, er m�sse boch wohl K�nig sein, weil ihm ja zuerst Geier erschienen w�ren; Romulus aber berief sich auf bie doppelte Anzahl. Zanfenb w�rben sie hattb-gemein, unb Remus fiel im Get�mmel. So erz�hlen Einige bie Sache; Anbere aber berichten: Remus sei seinem $ ruber zum Spotte �ber bie angefangene Mauer gesprungen. Der erz�rnte Romulus habe ihn erschlagen uitb biesen Fluch ihm nachgerufen: �So fahre Jeher bahin, ber Nach bir �ber meine Mauer fetzt!" � Romulus war jetzt alleiniger Herrscher ber Stabt. Mit ihm beginnt bie Reihe ber sieben r�mischen K�nige, �ber bereu Leben und Wirken uns bie alten Schriftsteller manches Ver-b�rgte mitgetheilt haben, boch siitb auch schon fr�h Sagen unb Ausschm�ckungen hinzugef�gt.
Gr sie Periode. Rom unter K�nigen, von 753-510 vor Chr.
Die vier ersten r�mischen K�nige.
1. Romulus. � Die W�rbe bieses r�mischen K�niges wie auch seiner Nachfolger, war eine breifache. Sie bekleibeteu n�mlich bas Amt eines Oberpriesters, Oberfelbherrn unb eines Oberrichters. Um bie
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W�rde des Herrschers auch nach Au�en kund zu geben, schritten bei feinem �ffenlichen Erscheinen 12 Boten (Victoren) voraus, welche Ruthen-b�ndel trugen, aus denen Beile hervorschauten.
Dem ersten r�mischen R�ntge schreibt die Sagengeschichte nicht allein die Gr�ndung und die Vergr��erung Roms zu, sondern auch die Einrichtung der �ltesten Staatsverfassung. Die Stadt selbst wurde nach drei verschiedenen Volksst�mmen, die sich zu einem Ganzen vereinigten, tu drei Tribns oder Gemeinden getheilt, jede Tribus in zehn Cnrien oder Bruderschaften, jede Curie in zehn Gentes oder Geschlechter, so da� ! es im Ganzen 30 Cnrien und 300 Gentes gab. Aus den ersten und angesehensten Familienh�uptern bildete er einen Rath der Alten (Sen�tus), der anfangs aus hundert Mitgliedern bestand, sp�ter aber, als neue ; Gemeinden in den Staat aufgenommen wurden, zuerst auf zweihundert, dann auf dreihundert vermehrt wurde. Diese alten Familienh�upter sollten auf Lebenszeit mit ihm gemeinschaftlich das Beste der Gemeinde berathen, sie sollten die V�ter (Patres) derselben sein. Daher nannte man auch ihre Standesgenossen, die herrschenden Stadtb�rger, Patri- ; cier. Auch die Mitglieder der Curien versammelten sich hin und wieder, um �ber die Angelegenheiten der herrschenden Volksgemeinde zu berathen und zu beschlie�en. Daher nannte man diese Versammlungen Comitia curi�ta, d. i. Versammlungen der Curien. F�r das Heer stellte jede Gens oder jedes Geschlecht je einen Reiter und je zehn Mann Fu�volk, so da� die Legion, worin das Heer aufgestellt war, urspr�nglich ans 300 Reitern und 3000 Mann Fu�volk bestand. Die Reiter bildeten sp�ter einen besonderen Stand, den Stand der Ritter.
Um die Zahl seiner Unterthanen zu vermehren, so erz�hlt die K�nigs-sage weiter, er�ffnete Romnlus ein Asyl, d.i. Freist�tte, wohin der verfolgte Ungl�ckliche, wie der verbannte Verbrecher sich begeben und des Schutzes der r�mischen Anbauer genie�en sollte. Durch dieses Mit-tel dr hielt die Stadt einen bedeutenden Zuwachs an M�nnern. Aber nun fehlte es an Frauen. Um diese zu erhalten, schickte der K�nig an die benachbarten V�lker Gesandte, die sie freundschaftlich ersuchen sollten, mit seinem Volke eheliche Verbindungen einzugehen. Aber �berall wur- | den sie abgewiesen; ja man fragte sogar h�hnisch, warum zu Rom nicht auch f�r schlechte Frauen ein Asyl er�ffnet w�re; das erst w�rde Gleichheit in der Ehe bringen! Da nahm Romnlus seine Zuflucht zu einein Gewaltstreiche. Er lie� ein gl�nzendes Volksfest ank�ndigen, das zu
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Ehren des Meergottes Nept�nus in Rom aufgef�hrt werden sollte. Das lockte die Bewohner der benachbarten St�dte herbei, die bei dieser Gelegenheit auch einmal die neue H�gelstadt zu sehen w�nschten. Vor allen fanden sich die Sab in er mit ihren Weibern und T�chtern zahl-reich eiu. Die R�mer n�thigten die Fremden in ihre ausgeschm�ckten H�tten und zeigten ihnen freundlich die Anlagen ihrer neuen Stadt. Die Fremden konnten sich nicht genug wundern; sie besahen alles auf das Genaueste und setzten sich dann neugierig zu den Spielen nieder. Aber w�hrend aller Augen auf das Schauspiel gerichtet waren; siehe, da st�rzen auf ein gegebenes Zeichen die r�mischen J�nglinge in die Haufen der Zuschauer, jeder ergreift sich in der Geschwindigkeit eine Jungfrau und schleppt sie in seine H�tte. Die best�rzten Eltern aber fliehen wehklagend auseinander.
Die Geraubten lie�en sich in Rom bald von ihren M�nnern bes�nftigen, aber ihre V�ter daheim sannen auf blutige Rache. Und in der That, w�ren jetzt die V�lker alle vereint gegen Rom angezogen, so w�re es wohl um den jungen Staat geschehen gewesen. Da sie aber in blinder Wuth eine gemeinschaftliche R�stung nicht abwarten konnten, so wurden sie, einzeln wie sie kamen, von dem Schwerte der R�mer blutig zu-r�ckgewiesen.
Die gr��te Gefahr aber stand ihnen von dem kriegerischen Volke der Sabiner bevor, die wohlger�stet unter ihrem K�nige Titus Tatius auf Rom loszogen. Nach mehren Gefechten kam es im Thale zwischen dem palatinischen und capitolinischen H�gel zu einer Schlacht. W�hrend schon die Pfeile her�ber und hin�ber flogen und die M�nner nieder-streckten, st�rzten pl�tzlich die geraubten Sabinerinnen mit fliegenden Haaren und zerrissenen Kleidern mitten zwischen die feindlichen Reihen, fleheten hier zu ihren M�nnern, sie nicht zu Waisen, dort zu ihren V�-lern, sie nicht zu Wittwen zu machen.
Dieser Anblick r�hrte die Heere und ihrer F�hrer. Alle senkten die Waffen. Es erfolgte eine tiefe Stille. Und ger�hrt traten die beiden K�nige in ihre Mitte und schl�ssen Frieden und Freundschaft. Fortan sollten beide Staaten vereinigt, die Regierung von beiden K�nigen ge-meinschaftlich zu Rom gef�hrt, und in den von Romulus gestifteten Senat von 100 R�mern auch 100 Sabiner aufgenommen werden. Der H�gel Quirin�lis, der Wohnsitz der Sabiner, wurde mit in das Gebiet
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der Stadt Rom gezogen, und die R�mer und �abiner bildeten seitdem unter dem gemeinschaftlichen Namen Quirlten die r�mische B�rger-gemeinde. Allein die Doppelherrschaft der beiden K�nige hat nicht lange gedauert.
-^atius wurde nach sechs Jahren beim Opferseste zu Lavinmm von der erz�rnten Volksmenge daselbst im Auflaufe erschlagen, nicht ohne den Verdacht, da� es auf heimliche Veranstaltungen des Romnlus geschehen fei. Bald wurde auch Nomulus selbst ein Opfer seiner Herrschsucht. Als er auf dein Felde vor den Thoren Roms eine Heeresmusteruug hielt, und ein pl�tzliches Ungewitter die erschrockenen Haufen des Volkes aus-einander trieb, wurde er im (Get�mmel vermi�t. Das Volk wurde unruhig und forderte Rechenschaft von den Senatoren. Diese gaben vor, er sei bei dem schrecklichen Ungewitter unter Donner und Blitz gen Himmel gefahren. Ja, ein Senator versicherte in �ffentlicher Volksversammlung die wunderbare Nachricht: der Geist des Romulus sei ihm in der Morgenfr�he in glorreicher Gestalt vom Himmel erschienen, habe Glioms B�rgern Gl�ck und Segen verk�ndet und verlangt, da� sie ihn, jetzt zum Gott erhoben, auch g�ttlich, unter dem Namen Quirinus' verehreu sollten. Von nun an verehrte ihn das Volk wirklich als einen Gott und verga�, da� er vielleicht von den herrschs�chtigen Senatoren ermordet sei.
2. Jiitntrt H>omjiiluls. Nach dem Tode des Romulits �bernahm der Senat ein ganzes Jahr hindurch die Regierung. Jedes einzelne Mitglied desselben f�hrte in wechselnder Ordnung anf f�nf Tage die k�nigliche Macht sowohl als Auszeichnung. H�tte das Volk dazu ge schwiegen, so w�rde wohl gar kein K�nig wieder gew�hlt worden sein, sondern die herrschs�chtigen Senatoren h�tten sich lieber selbst in die Regierung getheilt. Aber das Volk klagte laut: �HundertHerrscher habe man ihm statt eines gegeben!" und forderte mit Ungest�m einen neuen K�nig. Da wurde denn die �bereinkunft getroffen, dieser solle von den R�mern aus den Sabinern gew�hlt werden. Die Wahl siel auf Numa Pompillus, den Schwiegersohn des Titus Tatius, einen durch Fr�mmigkeit und Weisheit hochber�hmten Mann.
Wie auf den ersten r�mischen K�nig die staatlichen Einrichtungen zur�ckgef�hrt werden, so auf den zweiten die religi�sen. Numa liebte den Frieden und suchte durch weise Einrichtungen die wilden Gem�ther
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des Volkes zu z�hmen. Vor allem wirkte er auf dieselben durch die Ein-f�hrung des Gottesdienstes, und soll er bei diesen seinen Anordnungen durch die Nathschl�ge der befreundeten G�ttin Egeria geleitet warben sein. Er beutete Tempel unb Alt�re; besonbers merkw�rbig war auch ein offener Durchgang mit ber Bilbs�ule bes Gottes Jauus; im Kriege sollte ber Gang offen stehen, im Frieben aber geschlossen sein. Der K�nig stiftete auch religi�se Festlichkeiten und Opfer und suchte �berhaupt ein friedliches, auf Religion gest�tztes Volksleben zu begr�nden. Auch mehre Priesterorben w�rben gegr�nbet, wie bie ber Pontifices, Fetiales unb ber Salii; bie Mitglieber ber selben geh�rten dem Stanbe ber Patricier an. Von ben Pnesterinneil genossen bas h�chste Ansehen bie 6 nepalischen Jungfrauen, welche bas heilige Feuer ber Vesta unterhalten mu�ten. Mit ber Bestimmung ber Festtage, bie Numa cinorbnete, hing auch bie Einrichtung bes Kalenbers zusammen, ber von ihm verbessert w�rbe. Er bef�rberte ben Ackerbau unb sicherte bas Eigenthum eines Jeben durch g�ttlich verehrte Grenzsteine. So waren bie langen Jahre ber Regierung biefes K�nigs eben so viele Jahre bes Gl�ckes unb bes Friebens.
Z. Tulllls Hostilitts. � Unt so kriegerischer war sein Nachfolger Tullus Hostilius. Unter ihm brach bie Eifersucht, Die bisher unter der Mutterstabt Alba unb Rom geherrscht hatte, in einen Krieg aus. Das Waffengl�ck sollte entscheibeu, ob Alba �ber Rom, ober Rom �ber Alba herrschen w�rbe. Der albanische Felbherr Mettins Fufetlus brach mit seinem wohlger�steten Heere auf unb bezog ein verschanztes Lager unweit Rom. Tullus r�ckte ihm k�hn entgegen unb stellte sein Heer gegen bie Albaner in �chlachtorbmmg. Eben sollte bas blutige Tressen beginnen, als Mettins in bie Mitte ber beiden Schlachtreif trat und ben Tullus zu einer Uuterrebitng einlitb. �Wir k�nnen es uns nicht verbergen," sprach er bei ber Zusammenkunft, �ba� blo� Eifersucht bie beibett benachbarten unb verwandten V�lker gegen eirtanber auf ben Kampsplatz f�hrte. Warum wollen wir uns einanber selbst entkr�ften, unb beibe geschw�cht in bie H�nbe unserer Feinbe fallen? Benutzen wir lieber ein Mittel, bitrch welches ohne gro�en Verlust au Blut unb Menschen entschieden werden kann, welches Volk dem andern in Zukunft unterworfen sein soll/' Dem Tullus gefiel der Verschlag, unb ber Zufall bot selbst ein Mittel ber Entscheibung.
Es dienten n�mlich damals im r�mischen Heere Drillingsbr�ber, Horatier genannt, unb ebenso im albanischen, �uriatter. Diese
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wurden von beiden Seiten zu einem Zweikampfe auserlesen. Man fragte sie, ob sie den Kampf f�r die Herrschaft ihres Volkes ausfechten wollten;, und freudig boten sie sich hierzu an.
Nachdem der Vertrag feierlich beschworen war, griffen die drei Br�-der beiderseitig zu den Waffen. Unter steten Ermunterungen und Er-Mahnungen ihrer Mitb�rger traten sie zwischen beide Heere in die Mitte. Hier standen die R�mer, dort die Albaner vor ihrem Lager aufgestellt, voll banger Erwartung �ber den Ausgang des nahen Kampfes, der sie in wenigen Augenblicken zur Herrschaft oder zur Sklaverei f�hrte. Das I Zeichen wird gegeben! Da st�rzen beiderseits die drei J�nglinge wie Schlachtreihen auf einander los, uud der Kampf beginnt. Es blitzen, es klirren die Schwerter durcheinander, Schauder durchf�hrt die Zuschauer. Pl�tzlich st�rzt ein R�mer, uud �ber ihn noch ein R�mer sterbend hin. Ein Freudengeschrei erschallt bei ihrem Falle aus dem albanischen Lager, w�hrend die R�mer voll Best�rzung keine Hoffnung mehr �u fassen wagen. Aber schwer verwundet sind alle drei Albaner; der eine noch �brige R�mer hingegen ohne Wunden und frisch an Kraft und Muth. Der nimmt pl�tzlich die Flucht uud lockt die anderen, ihn zu verfolgen. So trennt er listig die dreifache Gewalt, wohl voraussehend, da� sie ihm nur so folgen werden, wie es jedem seine schw�chende Wunde zul��t. Nach kurzer Flucht bleibt er stehen und blickt sich um. Da sieht er seine drei Gegner weit von einander getrennt und einen schon nahe hinter sich. Auf diesen rennt er mit gro�em Ungest�m zur�ck. Und w�hrend das albanische Heer den Curiatiern zuruft, ihrem Bruder beizuspringen, hat der Horatier ihn schon erlegt und st�rmt auf den zweiten los. Unter tausendstimmigem Zurufe der hoffnungsch�pfenden R�mer gibt der Horatier auch diesem den Todessto�. Und als er endlich auch den dritten Albaner, der schwer verwundet und fast athemlos herankeucht, nieder-bohrt; da erheben sich unter lautem Jubel die R�mer und dr�ngen sich um ihren Sieger, ihm Gl�ck zu w�nschen.
Frohlockend zog nun der Horatier, vor ihm die R�stungen der drei Curiatier im Triumphe getragen, an der Spitze seiner jubelnden Mit-b�rger nach Rom. Vor dem Thore kam ihm seilte Schwester entgegen, die mit einem der gefallenen Curiatier verlobt war. Als sie unter der Siegesbeute ihres Bruders auch den Waffenrock erblickte, den sie selbst f�r ihren Br�utigam gewirkt hatte, da sing sie laut zu weinen an. Sie ri� vor Schmerz das Haar los und rief wehklagend den Namen des ge-
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tobtcten Br�utigams. Dieses Jammern ber Schwester bei seinem Siege, bei ber so lauten, allgemeinen Freube, reizte bert J�ngling. W�thend zog er bas Schwert unb bnrchstie� sie mit ben Worten: �So fahre bemt hin mit beincr unzeitigen Liebe zu beinem Br�utigam, bie bu beiner Br�ber, ber tobten unb bes lebeubigen, verga�est, beines Vaterlanbes verga�est! Unb so fahre k�nftig jebe R�merin, bie einen Feind betrauert !"
Diese That unterbrach bie allgemeine Frenbe. Sie erf�llte Jeben mit Abscheu unb Entsetzen. Der Schwefterm�rber w�rbe vor Gericht gef�hrt. Der verwirkten Tobesstrafe lie�en ihn sein eben erworbenes Verbienst unb bie Bitten unb Thr�nen bes,ungl�cklichen Vaters, ber zu brei Kinbern nun anch sein letztes verlieren sollte, entgehen, jeboch mu�te er zur S�hne bes Morbes verh�llten Hauptes unter einem Querbalken hergehen, ber ben Schimpf eines Joches versinnbilblichen sollte.
Unterbessen sann Mettins Fufetius heimlich auf Mittel, bie Albaner von ber verha�ten Herrschaft ber R�mer wieber zu befreien. Er reizte bie benachbarten Fiben�ter und Vejenter zum Kriege gegen Rom auf unb versprach, zu rechter Zeit mit seinem ganzen Heere zu ihnen zu sto�en. Jene erschienen wirklich vor Rom. Tullus r�ckte ihnen entgegen, bot eiligst bie Albaner auf, zu ihm zn sto�en nnb stellte biefe unter ihrem Anf�hrer Mettius gegen bie Fiben�ter. Er selbst f�hrte feine R�mer gegen bie Vejenter an. Kaum wareu bie R�mer mit biefen handgemein geworben, als ber treulose Mettius, zu feige, um gerabes Weges zu bem Feittbe �berzugehen, mit seinen Albanern auf einen benachbarten H�gel zog, um von bort herab bem Kampfe zuzusehen. Seine Absicht war, mit feiner Macht derjenigen Partei ben Ausschlag zu geben, f�r welche sich das Gl�ck des Tages entscheiden w�rde. Da sprengt ein Reiter zum K�nige mit ber Schreckenspost: �Die Albaner ziehen bort hinter ben Bergen herum zu ben Fmdeii!" Tullus erschrak! Doch fa�te er sich schnell unb rief mit scheinbarer Frenbe so laut, ba� bie Vejenter es h�ren konnten: �Ganz recht, so habe ich es befohlen, sie sollen ben Fibenatern in ben R�cken fallen!" Diese List wirkte. Schrecken ergriff bie Feinde. Zuerst nahmen bie Fiben�ter die Flucht, weil sie f�rchteten, von den verr�therifchen Albanern wirklich von hinten �berfallen und von ihrer Stadt abgeschnitten zu werden. Die Flucht der Fiben�ter zog auch bald die ber Vejenter nach sich.
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Jetzt eilte Mettius in die Ebene hinab zum Tnllns und w�nschte ihm Gl�ck zu seinem herrlichen Siege. Tullus verbarg seinen Ingrimm; er dankte dem Verr�ther auf das Freundlichste. Dann lie� er eine allge-meine Volksversammlung auf den folgenden Morgen ausrufen, in der er etwas vortrage� wolle. Zugleich gab er seinen Hauptleuten allerlei heimliche Befehle. Mit Tagesanbruch eilten Alle, Albaner sowohl als R�mer, zum Tullus und stellten sich im Kreise um ihn herum. Aus Neugierde hatten sich ihm die Albaner am n�chsten gestellt. Nun fing Tullus seine Rede an und schilderte die Treulosigkeit und Verr�therei der Albaner, die nicht auf seinen Befehl fortgezogen w�ren, sondern im Sinne gehabt h�tten, zu den Feinden �berzugehen. �Doch," fuhr er fort, �schiebe ich nicht auf das Heer die Schuld, es folgte nur dem Befehle seines F�hrers. Mettius hier ist der F�hrer, Mettius der Verr�ther. Du sollst jetzt gerade so deinen Leib zur Theiluug hergeben, wie j�ngst deine Gesinnung zwischen Rom und Fiden� getheilt war!" Und auf einen gegebenen Wink wurden zwei viersp�nnige Wagen herangefahren, und Mettius, quer ausgespannt, zwischen die Gestelle gebunden. Dann wurden die Pferde nach entgegengesetzter Richtung angetrieben, und der Ungl�ckliche j�mmerlich zerrissen. Alle wendeten ihre Augen ab von einem so gr��lichen Schauspiele, das in der ganzen r�mischen Geschichte das erste und letzte dieser Art gewesen ist.
Nach Alba waren unterdessen schon Reiter vorausgeschickt, das Volk nach Rom �berzusiedeln. Dann wurden Kriegesmassen hingesendet, die Stadt zu schleifen. Traurig zogen die Einwohner mit ihrer Habe nach Rom, wo ihnen Tullus einen bisher unbebauten H�gel, den c�lischen, zum Wohnsitze anwies und mit in das Gebiet der Stadt zog.
Vierhundert Jahre hatte die ehrw�rdige Mutterstadt Roms gestanden, als dieser Schlag der Vernichtung sie traf.
4. Ancus Martins. � Dieser vierte K�nig war mehr f�r Ruhe und Frieden, gleichwie sein Oheim Numa. Da glaubten die unruhigen Nachbarn, besonders die Latiner, nun sei es Zeit, sich von den R�mern loszurei�en, und fielen pl�ndernd in das r�mische Gebiet ein. Aber Ancns wu�te auch zur rechten Zeit das Schwert zu f�hren. Er trieb sie zur�ck, zerst�rte mehre ihrer St�dte und versetzte die Einwohner nach Rom, wo sie den aventinischen H�gel anbaneten. Ans diesen neuen Ansiedlern bildete der K�nig einen neuen Stand der r�mischen
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| Bev�lkerung, welcher die Plebs, oder die Menge, genannt wurde. Diese Plebejer oder Neub�rger hatten zwar nicht die Vorrechte der Altb�rger Roms, der Patricier, welche allein den Staat verwalteten und aus ihrer Mitte alle Aemter und W�rden besetzten, waren aber sonst pers�nlich frei. Neben der B�rgerschaft, als dem eigentlichen r�mischen ' Volke, bestand noch ein dritter Stand von Nicht b�rgern, die man ! CHenten, d. i. Sch�tzlinge oder H�rige nannte. Es waren wahr-: scheinlich meistens die Nachkommen der von dem Herrenstande unter-dr�ckten urspr�nglichen Bewohner des Landes. Der Patricier f�hrte dauu als Schutzherr �ber dieselben den Namen patr�nus, und sein I Sch�tzling den Namen cliens, d.i. H�riger. Das Verh�ltni� des Patrons : Zu feinen Klienten war �hnlich dem des Vaters zu seinen Kindern.
Linens erweiterte mich das r�mische Gebiet bis an's Meer und legte hier, an der M�ndung des Tiberflnsfes, die Hafenstadt Ostia an.
Die drei letzten r�mischen K�nige.
5. Tarquinins Priseus. � W�hrend der Regiernngszeit des Ancus Marcius war aus dem nachbarlichen Etrurieu ein reicher und vornehmer Mann mit Namen Luk�mo nach der Tiberstadt �bergesiedelt. Er war der Sohn des Demar�ws, eines angesehenen korinthischen Herren, der wegen b�rgerlicher Unruhen ans Griechenland gefl�chtet war und sich zn T a r q u i n l i in E t r n r i e n niedergelassen hatte. Nach dem Tode des Vaters wanderte Lnknmo, sein Sohn, mit seiner Gattin Tanaqnil, einer vornehmen und ehrgeizigen Etrnskerin, nach Rom, in der Hoffnung, in dieser neuen Stadt leichter sein Gl�ck zu machen. Zu Rom erlangte er das B�rgerrecht und nahm statt seines fr�heren Namens den neuen �Tarquintus" an. Durch seinen Reichthum und seine Talente zog er nicht nur die Augen des Volkes, sondern auch des K�nigs auf sich. Dieser gewann den Ank�mmling wegen seiner Klugheit lieb, zog ihn oft zu Rathe und fetzte ihn kurz vor feinem Tode zum Vormunde feiner beiden S�hne ein. Sobald aber Ancus gestorben, und eine Volksversammlung zur neuen K�nigswahl angesagt war, schickte der hinterlistige Vormund am Tage der Wahl seine M�ndel auf die Jagd. Er selbst aber begab sich in die Versammlung. Hier z�hlte er nun dem Volke alle Wohlthaten auf, die er ihm erwiesen, alle Verdienste, die er sich um Rom erworben habe, und bat um die K�nigsw�rde. Sie ward ihm gew�hrt. Man nannte den neuen K�nig Tar-
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quinius, und gab ihm sp�ter den Zunamen Priscus, d.i. der Alte, um ihn von dem letzten K�nige Roms, der auch Tarquinins hie�, zu unterscheiden.
Wie die vorigen K�nige mehr auf Vergr��erung und Sicherung des Gebietes Bedacht genommen hatten, so sorgte Tarquinins, der knnst-liebende Grieche, vorz�glich f�r die Versch�nerung der Stadt. Von der Beute, welche er den Latinern und Etruskern in gl�cklich gef�hrten Kriegen abgenommen hatte, f�hrte er statt des alten Erdwalles eine steinerne Mauer um dieselbe auf, doch ist diese erst von seinem Nachfolger fertig gestellt. Den �ffentlichen Platz zwischen dem palatinischen und capitolinischen H�gel, Forum (Markt) genannt, auf welchem die Volks-Versammlungen gehalten wurden, schm�ckte er mit Hallen und S�uleng�ngen. Er legte den Grund zu dem Circus maxTmus, einem l�nglichen freien Platze f�r �ffentliche Kampsspiele zu Wagen und zu Pferde'. Auch machte er den Anfang mit dem Bau des ber�hmten Capitollum, der m�chtigen Tempelburg des Jupiter auf dem capitolinischen H�gel.
Am stauueuswerthesten aber war die Anlegung der Kloaken. Dieses sind lange unterirdische Abzugskan�le, durch welche aller Unflat auv der ^tadt tu deu Tiberstu� geleitet wird. Sie find so fest gemauert, ! da� sie die gr��ten �ber ihnen sp�ter erbauten Th�rme und Pal�ste! trugen uud selbst heute noch bestehen. Solche Kloaken waren in Rom um so n�thiger, da die Stadt aus mehren H�geln angelegt war, und bei -Regenwetter die Wege sogleich schl�pfrig und unsicher werden mu�ten, besonders in den Vertiefungen zwischen den einzelnen H�geln, wo aller 1 Unflat zusammenflo�.
Unter diesem K�nige ist auch die Zahl der Mitglieder des Senates auf 300 vermehrt, und eine Reihe plebejischer Geschlechter in den Stand der Patri�er aufgenommen worden.
Aber trotz aller Verdienste dieses Herrschers konnten die S�hne des ! Ancus es nicht vergessen, da� sie durch den Tarquinius ihres v�terlichen Thrones beraubt worden waren. Sie trachteten ihm daher sogar nach dem Leben. Ans ihr Anstiften mu�ten zwei Hirten mit ihren Aexten zankend und l�rmend in die Wohnung des K�nigs dringen und diesen zur Schlichtung ihres Scheinftreites auffordern. W�hrend nun der! K�nig der erdichteten Erz�hlung des einen aufmerksam zuh�rte, schlug ihn der andere mit seiner Axt zu Boden. Die M�rder lie�en die blutige ! Waffe in der Wunde stecken und suchten das Weite.
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(L Scrvius Tullms. � Jedoch erreichten die S�hne des Ancus ihre I Hauptabsicht nicht. Gleich nach jener Unthat lie� Tanaqnil die k�nig-liche Burg schlie�en und rief dem Volke, das auf das Ger�cht der Er-mordung seines K�niges zusammengelaufen war, zu: Tarquiuius lebe noch und habe bis zu seiner Genesung den Servins Tnllins zu seinein | Stellvertreter ernannt. Dieser ausgezeichnete Mann war der Sage nach ein im Sclaoenstande geborener F�rstensohn und vom K�nige ! Tarquinius wegen seiner gro�en Vorz�ge zum Schwiegersohn erkoren. | Auf die Nachricht von seiner Erhebung nahmen die S�hne des Ancus, die auch noch erfuhren, da� sie von den ergriffenen Hirten verrathen ! worden waren, die Flucht. Servius aber erschien nunmehr �ffentlich : mit dem ganzen Gepr�nge der Herrscherw�rde und fand als k�niglicher Stellvertreter willigen Gehorsam. Endlich, nachdem er sich der Zu-Neigung des Volkes hinl�nglich versichert hatte, machte er den Tod des K�niges bekannt und setzte nun mit Einwilligung der V�ter die bereits angetretene Regierung fort.
Am ber�hmtesten ist dieser K�nig durch die Einrichtung einer neuen Staatsverfassung geworden, welche nach ihm die S er via nis ch e ge-nannt wird. Wie Solon zu Athen, so bestimmte auch er die Rechte und Pflichten aller B�rger nach dem Verm�gen. Er ordnete f�nf Ver-m�gensklaffen an. In die erste Klasse wurden die B�rger eingesch�tzt, die wenigstens 100 000 As*) besa�en. Sie hie�en vorzugsweise Classici, und hiervon bedeutet uoch bei uns der Ausdruck �Klassisch" das Ausgezeichnete und Vorz�gliche. Zu jeder der folgenden Klassen war ein verh�ltni�m��ig geringeres Verm�gen zureichend. Die zweite Klasse mu�te 75 000, die dritte 50 000, die vierte 25 000, die f�nfte 12 500 As im Verm�gen haben.
Die Klassen theilte er wieder in verschieden viele, an Kopfzahl sehr ungleiche, Centimen oder Kompagnien, jede mit einem Eenturio oder Hauptmann an der Spitze. Die erste Klasse, in welcher die reichsten und vornehmsten B�rger, enthielt allein 80 Centnrien an Fu�volk, dazu kamen 18 Neitergeschwader; die vier folgenden Klassen umfa�ten zusammen 90 Centnrien und dazu kamen noch au�erhalb der Klassen vermutlich 5 andere Centnrien �rmerer Leute, so da� die ganze Zahl
*) As, urspr�nglich ein Pfund Kupfer, bedeutet eine r�mische Kupferm�nze, deren Werth im Laufe der Zeit immer mehr heruntergesetzt wurde.
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der Centimen sich auf 193 belief. Nach der Stellung nun, die jeder einzelne B�rger in dieser Eintheilung einnahm, richtete sich auch seine Stellung und Bewaffnung im Kriege, die H�he seiner Steuern, und sein Antheil am Stimmrechte in der Volksversammlung. Im Kriege diente Jeder auf eigene Kosten. Die erste Klasse bildete die Schwer-bewaffneten. Jede der folgenden Klassen war immer im Verh�ltnisse zu der vorhergehenden leichter bewaffnet; die Aermsten, die s. g. Prole-tarier, blieben von allem Kriegsdienste ausgeschlossen, oder wurden doch nur im Nothsalle als Landsturm aufgeboten. Die Reiterei, welche bis-her nur aus Patriciern genommen worden war, ward durch Aufnahme reicher Plebejer von sechs auf achtzehn Geschwader gebracht, und jeder Reiter oder Ritter erhielt ein Pferd auf Staatskosteu. So ward der Rang bestimmt, den Jeder bei dem zu leistenden Kriegsdienste einnahm, und eine Verschmelzung der alten und neuen B�rgerschaft, der Patricier und Plebejer, eingeleitet.
Die Abstimmung �ber alle �ffentlichen Angelegenheiten geschah nun- , mehr in Versammlungen nach Centimen, also von der gesammten B�rgerschaft, und diese neuen Versammlungen bekamen deshalb auch den Namen Comitia centuri�ta, d. i. Versammlungen der Centimen. Von den 193 Centimen, die vorhanden waren, hatte jede Centnrie eine Stimme, und die Mehrheit der Stimmen entschied. Da nun aber in der ersten Klasse allein 98 Centimen waren, also mehr, als in allen �brigen zusammen, so ging in jeder Frage die Hauptentscheiduug von den Be-gitterten aus. Von diesen lie� sich in sofern ein vorsichtigeres llrtheil erwarten, als sie durch den gr��ten Grundbesitz am innigsten mit dem Bestehen des Staates verwachsen waren. � So waren Rechte und Pflichten der Staatsb�rger durch die neue Verfassung genau gegen einander abgewogen.
Weil aber das Verm�gen der einzelnen B�rger mit der Zeit sich ver-mehrt oder vermindert, so fand alle f�nf Jahre eine neue Sch�tzung (Census) statt. Bei derselben wurde eine religi�se S�hne und Reinigung vorgenommen. Eine solche Ceremonie nannten die R�mer Lustrum, und dasselbe Wort bezeichnete seitdem auch wohl einen Zeitraum von f�nf Jahren. Bei der ersten Musterung sollen sich schon 80 000 waffenf�hige B�rger gefunden haben. Diese theilte Servius nach ihren Wohnpl�tzen in drei�ig Distrikte ober Tribus, von denen, da der reichere Theil der B�rger aus angestammter Neigung das Land bewohnte, nur vier auf
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die Stadt Ron: kamen. Es galt sp�ter sogar als eine Strafe, aus einer l�ndlichen Tribus in eine st�dtische versetzt zu werden.
Unter Servius wurden auch die beiden letzten H�gel von Rom, der viminalische und esquiliuische, angebauet. Seitdem thronte Rom auf sieben H�geln.*) Man nennt sie daher wohl die Sieben-H�gelstadt.
Schon jetzt erkannten die kleinen benachbarten Staaten der Sabiner und Latiner Rom als ihr Oberhaupt an. Servius schlo� mit ihnen einen Friedensbund, den sie durch j�hrliche Zusammenk�nfte auf dem aventinischen H�gel tu dem neu errichteten Tempel der G�ttin Diana gemeinschaftlich feierten.
Man kann denken, da� der K�nig durch seine k�hnen Neuerungen sich bei Vielen Feindschaft zuziehen mu�te. Darum glaubten auch die �bergegangenen S�hne des Tarqninius, Aruns und Lucius Tarquint us, jetzt sei es der geeignetste Zeitpunkt, sich des Thrones zu. bem�chtigen. Der alte Servius aber, eingedenk des Todes seines Vor-g�ngers, hatte sich mit ihnen auszus�hnen gesucht. Er hatte seine beiden T�chter mit den beiden S�hnen desselben verheirathet. Wie diese, so waren auch seine T�chter von ganz entgegengesetztem Charakter. Seine j�ngere, Tullia, war wild und herrschs�chtig, wie Lucius Tarquiuius; seine �ltere, die auch Tullia hie�, hingegen sanft und gutherzig, wie Aruns Tarquiuius. Da gab nun Servius, in der Hoffnung, die heftigen Gem�ther durch eilte Verbindung mit den sanften zu mildern, seine j�n-gere Tochter dem Aruns, seine �ltere dem Lucius zur Ehe. Aber der Erfolg fiel ganz gegen seine Hoffnung ans. Die j�ngere Tullia t�dtete ihren Mann; dagegen Lucius Tarquiuius seine Frau, und nun verband fich das gleiche Paar mit einander. Hiermit noch nicht zufrieden, fa�ten fie gemeinschaftlich den Plan, den vor Atter und Gram gebeugten Ser-Vitts vom Throne zu st�rzen. Sie verleumdeten ihn und wiegelten eilte Menge Senatoren und einen Theil des Volkes durch Geschenke und Noch weit gr��ere Versprechungen gegen ihn auf. Endlich erschien Lucius, angespornt von seinem Weibe, in der Rathsversammlnng, mit
*) Die Namen der sieben H�gel sind: Capitolinus, Palatmus, Aventtnus; ^uirin�is, Bimin�is, Esquilinus; Coelius. '
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allen Zeichen der k�niglichen W�rde, st�rzte den ihm entgegentretenden greisen Servins die steinernen Stufen hinab und schickte Trabanten nach, ihn zu ermorden. In einer der Stra�en, durch welche Tullia fuhr, um ihren Mann als K�nig zu begr��en, lag der ermordete K�nig. Und die unmenschliche Tochter jagte wie im Triumphe �ber den noch rauchen-den Leichnam des Vaters hin! Blut bespritzte de� Wageu und sie selbst. Die Stra�e, in welcher diese Gr�uelthat ver�bt war, f�hrte seitdem den Namen Gr�nelstra�e.
7. Tarquinius Superbus. � Ein K�nig, der auf solche Art sich des Thrones bem�chtiget hatte, konnte unm�glich die Liebe und das Zu-trauen des Volkes gewinnen. Durch ihn wurde das K�nigthum �ber-Haupt, dessen Thron zweimal nach einander mit Blut befleckt worden war, allgemein verha�t. Er achtete weder die Rechte des Senates, dessen Mitglieder er vielfach ans dem Wege r�umte, noch schonte er seine eige-nen Verwandten, von denen er seinen Neffen mordete. Nicht ohne Grund wurde daher dieser K�nig vom Volke mit dem Beinamen Superbus, d. i- der Ueberm�thige, genannt. Um als eigenm�chtiger Gebieter sich zu sichern, umgab er sich mit einer bewaffneten Leibwache von Ausl�n-dern, das gemeine Volk aber dr�ckte er durch schwere Abgaben und durch Frohndienste bei seinen gro�en Bauten. Denn nicht blo� Schrecken, sondern auch Glanz sollte seinen Thron umgeben. So versch�nerte er ! den Circus maxnuus und vollendete den Bau der Kloaken, der Wasserleitungen und des capitolinischen Tempels. In einem Erdai | w�lbe dieses herrlichen Geb�udes wurden auch die sibylliuischen B�cher aufbewahrt, welche der K�nig einst f�r einen ungeheuren Preis | von einer unbekannten Alten gekauft hatte. Es waren das Weissage-B�cher, welche fortab in allen dringenden Angelegenheiten des Staates ! um Rath gefragt wurden. � Auch durch gl�ckliche Kriege hat Tarquinius i seinen Ruf und die Macht Roms vermehrt. Die Latiner wurden ge-zwungen, Roms Oberhoheit anzuerkennen; auch die Volsker und Ru-! wler ipurben siegreich bek�mpft. W�hrend des Krieges mit diesem Volksstamme sollte den Tarquinius und sein Hans das schwerste Ungl�ck ! treffen.
Als n�mlich ber K�nig Ar de et, eine feste Stadt im Lande der Ru- j t�ter, belagerte, ritt eines Abends fein Sohn Sextns von einem Trink gelage ans dem Lager fort nach der kleinen in der N�he Roms gelegenen
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Stadt Collatia. Unb ber w�ste J�ngling mi�hanbelte hier eine allgemein geachtete Frau, Lucretta, beren Gemahl, Collatinns, im Lager vor Arbea stanb. Die ungl�ckliche Fran wollte ihre Schmach nicht �berleben. Sie lie� schleimigst ihren Vater von Rom unb ihren Mann ans bem ! Lager mit einigen bew�hrten Freunden her�berkommen, erz�hlte ihnen jarnnternb bie erlittene Uubilbe, unb im Ueberma�e bes Schmerzes er-stach sie sich mit einem Dolche vor ihren Augen. Da erhob sich zum Erstaunen Aller Brutus, ein Neffe bes K�niges, ber sich bisher bl�bftnnig gestellt hatte, um vor ber Morblnst bes Tyrannen sicher zu sein. W�h-renb Vater unb Gatte wehklagen, rei�t er ben blutigen Dolch aus ber Wunbe, l��t bie Leiche �ffentlich auf bem Markte zur Schau ausstellen unb schw�rt Rache bent Frevler unb ber ganzen k�niglichen Familie. Sofort l��t er bie Thore von Collatia schlie�en, eilt bann zur�ck nach Rom, bringt hier ebenfalls bas Volk in Aufruhr unb erwirkt ben Beschlu�, bas K�nigthum f�r immer abzuschaffen. Als ber K�nig hiervon vernahm, eilte er mit feinem Heere nach Rom, um bes Aufruhres Herr zu werben. Vergebens! Man hielt bie Thore vor ihm geschlossen, so ba� ihm nichts anbers �brig blieb, als mit seinen S�hnen in bie Verbannung zu gehen. Zu Rom aber warb ber Beschlu� gefa�t, seine Flucht durch ein j�hrliches Volksfest zu feiern.
Die Verbannung bes Tarquinius f�llt in bas Jahr 510; um bie-selbe Zeit war auch Athen von bem Tyrannen Hippias befreit tuorbeu. Fast brittehalb hunbert Jahre hat bas r�mische K�nigthum gew�hrt, eine Zeit, in welcher unzweifelhaft Gro�artiges geleistet ist unb bas Funbament eines k�nftigen Niesenstaates gelegt w�rbe, obwohl es auch l�ngst ausgemacht ist, ba� Sage unb Dichtung zur Verherrlichung jener �ltesten r�mischen Geschichte vieles beigetragen haben.
An bie Stelle bes gest�rzten K�nigthums trat jetzt eine Republik ober ein Freistaat. Aus ber Mitte der Patricier w�rben nunmehr j�hrlich zwei M�nner gew�hlt, bie an ber Spitze bes Senates bas Volk regieren unb es im Felbe anf�hren sollten. Diese nannte man sp�ter Konsuln, d. i. Neichsverweser. Damit aber bteselben ihre Macht nicht so leicht zum Nachtheile ber Volksfreiheit mi�brauchen k�nnten, so w�rbe bie Dauer ihrer Regierung auf ein Jahr festgesetzt. Zu ben ersten Konsuln w�rben bie Retter ber Volksfreiheit, Brutus unb �ollatinus, ans Dankbarkeit von bem Volke gew�hlt.
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Zweite Periode. Rom ein Freistaat, von 509 bis 31 vor Chr.
Den langen Zeitraum der Geschichte des r�mischen Freistaates zerlegen wir der : Uebersicht halber in 3 Unterabtheilungen; 1. von 509�266, bis znr v�lligen I Unterweisung Italiensj 2. 2(>6 133, bis znr Unterwerfung der wichtigsten Mittelmeer-L�nder; 3. 133�31, die Zeit der inneren B�rgerkriege.
cSrfie Unterabtheilung von 509�266.
Die ersten Kriege des jungen Freistaates.
�. Der Krieg mit Porsenna. � Schwere K�mpfe aber hatte der junge Freistaat zu bestehen, Kriege, welche der Sage nach zum gr��ten Theil von dem verbannten Tarquiuius angezettelt w�ren. So h�tte dieser den m�chtigen etruskischen K�nig von Clusium, Porsenna, zum Kriege gegen Nmn aufgereizt. Dieser eilte an der Spitze eines furcht-baren Heeres gerade auf Rom los. Nur der Flu� Tiber trennte ihn noch von der Stadt; eine h�lzerne Br�cke f�hrte hin�ber. Die geringe Mannschaft, welche hier zur Bewachung zur�ckgelassen war, wurde von dem m�chtigen Feinde zur�ckgedr�ngt und floh eiligst in die Stadt. Und die Feinde w�ren gewi� mit den fliehenden Moment �ber die Br�cke in die Stapt gedrungen, h�tte sie nicht ein heldenm�thiger Manu, Hora-tius Cocles, mit Gewalt zur�ckgehalten. �Was wird euch das Fliehen helfen," rief er, �wenn ihr dent Feinde die Br�cke lasset, euch nachzueilen! Zerst�ret doch, ich bitte euch, mit Feuer, mit Eisen, und womit ihr immer k�nnet, die Br�cke. Ich will nnterde� dem Uebergange wehren, so viel ein Einzelner vermag!" Es geschieht, nur zwei bleiben bei ihm, und diese drei Menschen stemmen am Eingange der Br�cke dem An-dr�nge eines ganzen Heeres ihre Schilde und Lanzen k�hn entgegen, w�hrend die anderen mit dem Abtragen der Br�cke besch�ftigt sind. Endlich ist diese dem Einst�rze nahe, und die R�mer rufen ihre treuen Streiter zur�ck. Nur die beiden anderen gehen; Horatius allein bleibt und wehrt sich so lange, bis er hinter sich das Geraffel der einst�rzenden Br�cke und das Jubelgeschrei der jenseits stehenden R�mer h�rt. Jetzt springt er, bewaffnet wie er ist, in den Flu� und schwimmt trotz der Menge der nachfliegenden Pfeile unverletzt an das andere Ufer, wo ihn | seine Mitb�rger als ihren Netter empfangen.
Mucius Sc�vola. � Durch solche K�hnheit war Rom wohl f�r den Augenblick gerettet, da� Verderben jedoch nicht abgewendet, j Denn Porsenna lie� die Stadt enge einschlie�en, um die Einwohner
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durch Hungersnot!) zur Uebergabe zu zwingen. Da, als die Noth am gr��ten war, fa�te ein J�ngling, Cajus Mncius (Sc�v�la), den verwegenen Plan, durch Meuchelmord der Netter seiner Vaterstadt zu werden. Um unkenntlich zu sein, schlich er in etrnskischer Kleidung, mit einem Dolche versehen, in das feindliche Lager. Hier mischte er sich unter die Haufen der Soldaten und dr�ngte sich mit voran nach dem Gezelte des K�nigs, wo gerade der Sold ausbezahlt wurde. Neben dem K�nige sa� der Schreiber, beide in gleichem Schmucke; aber alle wendeten sich an den Schreiber. Da meinte Mucius, dieser m�sse wohl der K�nig sein; und weil er sich durch Nachfragen nicht verrathen durfte, so erstach er diesen statt des K�niges. Ergriffen und entwaffnet, soll er bekennen, wer er sei, und was ihn zu einer so gr�uelvollen That verleitet habe. �Ein r�mischer B�rger bin ich," war die Antwort, �Mucius ist mein Name. Als Feind wollte ich den Feind tobten und scheue den eigenen Tod nicht; denn herzhaft handeln und herzhaft leiden ist R�mer Sitte. Und wisse: nicht ich allein, eine gro�e Anzahl J�nglinge hat sich wider dein Leben verschworen; in jeder (Stunde wird ein M�rder dich umlauern!" Heber solche Tollk�hnheit ergrimmte der K�nig. Er drohete, ihn lebendig zu verbrennen, wenn er ihm nicht auf der Stelle die Verschw�rung n�her entdecke. �Sieh' her und lerne," rief Mucius trotzig, �wie wenig denen das Leben gilt, die hohen Ruhm vor Augen haben!" � und streckte seine rechte Hand in die lodernde Flamme des nahen Opferherbes. *) Ein Grausen ergriff Alle. Der K�nig sprang voll Erstaunen von seinem Sitze, ri� ihn vom Feuer weg und schenkte ihm Leben und Freiheit. Da sprach der listige Mucius, als wollte er f�r die Gro�mnth erkenntlich sein: �So wisse denn nun, unser dreihundert haben sich verschworen, auf diese Art dir beizukommen. Mich traf das Loos zuerst. Die �brigen werden, so wie es sie trifft, Jeder zu seiner Zeit, sich einstellen."
Es war nat�rlich, da� Porsenna alle Lust verlor, mit solchen Feinden l�nger Krieg zu f�hren. Er selbst machte jetzt Frieben unb verzichtete ans bie Wiebereinsetzung bes Tarquinius. � Mit biesen sch�nen Ausschm�ckungen erz�hlt bie sp�tere Sage einen Krieg, ber in Wirklichkeit f�r bie R�mer einen sehr harten Ausgang gehabt hat, ba sie nicht allein einen Theil ihres Gebietes an ben siegreichen Gegner abtreten, sonbent sich auch atibere entehrenbe Friebensbebingungen gefallen lassen mu�ten.
*) Weil Mucius dadurch seiner rechten Hand sich beraubte, so bekam er den Beinamen Sc�vola, d. i. Linkhand.
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Zur Verh�llung solcher Schande dichteten sie sogar dem weiblichen Ge- > schlechte gl�nzende Heldenthaten an, welche dieses noch gegen Ende des Krieges vollbracht h�tte.
Cl�lia. � Unter den Gei�eln, welche die R�mer beim Friedens-schlusse stellten, war auch Cl�lia, eine edele Jungfrau, mit mehren Gespielinnen. Kaum angekommen im etrnskischen Lager �berlistete sie in der 9iucht die W�chter, schwamm, den �brigen M�dchen voran, durch den Tiberflu� und brachte sie wohlbehalten nach Rom zu ihren Eltern. Die R�mer aber sandten die k�hnen M�dchen zum Porsenna zur�ck. Der ritterliche K�nig ehrte jedoch den weiblichen Muth. Er schenkte der Cl�lia nicht nur die Freiheit, sondern erlaubte ihr sogar, sich noch einige von den �brigen Gei�eln los zu bitten. Sie w�hlte die j�ngsten und kehrte mit ihnen froh nach Ron: zur�ck.
b. Der Krieg mit den Latinern. (496) � Nach diesem mi�lungenen Versuche soll jedoch Tarquinius seine Hoffnung, die verlorene Herrschaft wieder zu gewinnen, noch nicht aufgegeben haben. Ein Volk nach dem anderen h�tte er gegen Rom aufgewiegelt, zuletzt auch die Latin er. Am See Regillus kam es im Jahre 496 zwischen diesen und den R�mern unter Aulus Post�mtus zu einer blutigen Schlacht. Es war ein Heldenkampf, wie auf der Ebene von Troja; Wunderbares wird dar�ber berichtet. Feldherr stritt gegen Feldherr, ja selbst das g�ttliche Bruder- ' paar Kastor und Pollnx k�mpften mit. Nach langem blutigen Ringen neigte sich der Sieg auf die Seite der R�mer. Da endlich floh der alte Tarquinius, tief gebeugt und an seinem Gl�cke verzweifelnd, nach Cum� in Campanien. Hier rief bald nachher der Tod den lebensm�den Greis von dem Schauplatze seiner vielj�hrigen Leiden.
c. Die Kriege mit Veju � In jener fr�hesten Zeit des Freistaates wurden die R�mer von S�den her sehr h�ufig von den benachbarten St�mmen der Aeqner itrtb Volsker bedroht, w�hrend sie sich nordw�rts gegen die etruskischeu Feinde und besonders gegen das m�chtige Veji zu vertheidigen hatten. Diese Stadt war drei Stunden von Rom auf steilen Felsen gelegen und f�r die R�mer um so gef�hrlicher, als sie �beraus reich und m�chtig war und voll feindlicher Gesinnung gegen die Bewohner der Tiberstadt. Schon waren viele K�mpfe zwischen den B�rgern der beiden St�dte gef�hrt worden, als sich endlich ein r�misches Adelsge-schlecht, die Fabier, entschlo�, mit seinen Mannen und Knechten auf eigene Faust den langen Streit zu Eude zu bringen. Am Fl��chen
Cremera unweit Veji, lagerte sich die ritterliche Schar und verw�stete von dort aus die Feldmark der Vejenter. Als sie aber einst unbewaffnet nach Rom zogen, um dort ein Opfer darzubringen, wurden sie nnvermuthet von den Feinden �berfallen und allesammt, 306 an der Zahl, erschlagen. Nur ein Knabe aus diesem Heldengeschlechte, der sich damals in Rom aufhielt, entging dem Verderben seines Hauses und wurde der Stamm-vater der sp�teren Fabier. � Nach diesem und anderen Kriegen zwischen den R�mern und Vejentern kam es endlich zum Entscheidungskampfe, welcher von 405 bis 396 vor Chr. gedauert hat. Die schwierigste Aufgabe bestand in der Belagerung und Erst�rmung der Felsenstadt Veji selbst. Im Jahre 406*) fing die Belagerung an, �ber welche die r�mischen Schriftsteller fast eben so Wunderbares zu berichten wissen, als die der Griechen �ber den Fall Troja's. Hier wurden zum Erstenmale von den R�mern W�lle aufgeworfen, Sturmd�cher errichtet, und die Belagerung selbst den Winter hindurch fortgesetzt. Jedoch ward die Stadt erst im zehnten Jahre durch den Dictator Camill us eingenommen. Dieser gro�e Kriegesheld lie� eine Mine unter den Mauern her anlegen.
. W�hrend er nun von au�en st�rmen lie�, stiegen innerhalb die gehar-nischten M�nner aus der eingesto�enen Kluft in die Stadt und �ffneten den St�rmenden die Thore. Unerme�lich war die Beute, die man in der eroberten Stadt fand. Ein gl�nzender Triumph verherrlichte die R�ckkehr des Siegers. Der Dictator fuhr iu einem mit vier wei�en Rossen be-spannten Wagen, das Capitol hinan. Das aber erschien Vielen als Hoffart, welche die G�tter strafen w�rden; denn wei�e Rosse waren dem Jupiter und dem Sonnengotte heilig.
Camillus eroberte auch bald nachher die etruskische Stadt Falerii. Desungeachtet sank der siegreiche Held mehr und mehr in der Achtung und Liebe des Volkes. Am Ende warf man ihm sogar vor, einen Theil der Bellte von Veji unterschlagen zu haben, und die Tribunen luden ihn vor die Volksgemeinde. Zu stolz, um sich gegen eine solche Anklage zu vertheidigen, ging er freiwillig in die Verbannung nach Ardea und soll unterwegs mehrmals die G�tter angefleht haben, da� sie doch recht bald den undankbaren Mitb�rgern seinen Verlust f�hlbar machen m�chten. Dieser Wunsch ward ihm erf�llt.
*) Damals ist bcn r�mischen Truppen auch zuerst Kriegessold gezahlt worden, um sie zu verm�gen, Sommer und Winter unter bcn Waffen zu bleiben.
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d. Der Krieg mit den Galliern (389). � Im Norden von Italien' hatten sich schon vor langer Zeit mehre gallische Volksst�mme niedergelassen. Wild und kriegerisch, wie sie waren, drangen sie erobernd immer weiter, besonders die S e n � n e n, welche bald alle Ebenen am Po und an den K�sten des adriatischen Meeres in Besitz hatten. Es war im Jahre 389 vor Chr., kurz vor der Zeit, als die Griechen den Antalcidischen Frieden mit den Persern schl�ssen, als dieses Volk in wilden Scharen aus seinen Wohnsitzen hinaus bis nach Porsenna's ehemaligem K�nigsitze, Clus:um in Etrnrien, drang. Hier, in dem reichen Wein- und Kornlande, in den fetten Triften der Apenninen, forderten die fremden V�lker Abtretung fester Wohnsitze. Die erschrockenen Einwohner von Clnsium riefen eiligst die R�mer zu H�lfe. Diese schickten vorl�ufig eine Gesandtschaft von drei patricischen J�nglingen dahin, um eine Auss�hnung zu vermitteln. Die Gesandten fragten den Brennus, � so hie� der Oberanf�hrer der Gallier, � mit welchem Rechte er doch in das Gebiet freier M�nner falle? �Das Recht," erwiderte der stolze Mann, �f�hre ich auf der Spitze des Schwertes, dem Tapfern geh�rt die Welt!" Ueber solche Keckheit ergrimmten die Gesandten. Sie stellten sich an die Spitze der Cluster und machten einen Ausfall. Einer von den Gesandten t�btete sogar mit eigener Hand einen gallischen Anf�hrer.
Eine solche Verletzung des Gesandtschaftsrechtes sollte ganz Rom b��en. Mit gro�em Heerhaufen zog Breunus dahin. An dem Flusse Allla, sechs Stunden von Rom, kam es zur Schlacht (389). Beim Anblicke der wilden gallischen M�nner und ihrer eigent�mlichen barbarischen Bewaffnung ergriff ein pl�tzlicher Schrecken das ganze r�mische Heer. Alle flohen entsetzt auseinander, der eine hierhin, der andere dort-hin, die wenigsten nach Rom. Diese hielten die Stadt f�r verloren; ihre einzige Hoffnung setzten sie auf das Capitol, die Burg der Stadt. Dort-hin trugen sie die kostbarsten Sch�tze zusammen und erwarteten zagend die Ankunft der Feinde. Diese kamen, wunderten sich hier aber noch weit mehr, als bei der Allia, indem sie alle Thore offen und unbesetzt fanden. Sie f�rchteten Kriegeslist. Nur langsam und vorsichtig betreten sie die Stadt. Sie sehen keinen Menschen. Alle H�user sind dicht ver-schl�ssen. Sie gehen weiter und kommen auf deu Marktplatz. Da er-blicken sie fern in der H�he die Bewaffneten auf der Burg; vor sich aber, auf dem Markte selbst, eine lange Reihe ehrw�rdiger Greise, besonders Senatoren und Priester, die in ihrer feierlichen Amtskleidung auf Pracht-
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stuhlen sitzen, das elfenbeinerne Scepter in der Hand, mit ernster, majest�tischer Miene, entschlossen, den Untergang der Vaterstadt nicht zn �berleben. Die Gallier stutzen und stehen vor ihnen, wie vor Bilds�ulen der G�tter. Neugierig, ob die unbeweglichen Gestalten wohl Leben haben, n�hert sich ein Gallier einem Priester und bef�hlt dessen langen Bart. Der erz�rnte Greis gibt dem Verwegenen einen Schlag mit dem Scepter. Da aber wird er, da werden alle �brigen niedergehauen. Dann pl�n-berte man die Stadt, z�ndete sie an und verwandelte sie in einen schau-bervolleu Schutthaufen.
Nach der Verbrennung der Stadt belagerte Brennus das Capitol. Fest und uubezwinglich, wie es war, w�re es beinahe durch List erobert worden. Die Gallier hatten einen geheimen Weg zu demselben entdeckt. Auf diesem kletterten sie in einer stillen mondhellen Nacht hinan. Alles schlief auf dem Capitol, selbst die Hunde regten sich nicht. Und schon glaubten die Gallier gewonnen zu haben, als pl�tzlich die G�nse, welche hier zu Ehren der G�ttin Juno unterhalten wurden, ein so starkes Geschnatter erhoben, da� der Senator Manlius Capitol:uus davon erwachte. Dieser merkte die Gefahr, rief laut die Besatzung auf, eilte schnell hin und stie� selbst mit seinem Schilde den ersten schon oben stehenden Gallier hiuab, so da� derselbe im Sturze die ganze Kette der Nachkletternden mit sich ins Verderben ri�. So war das Capitol ge-rettet, und Maulius empfing den Dank aller Geretteten.
Fast sieben Monate hatte die Belagerung gew�hrt, als die R�mer, durch Hungersnot!) gezwuugen, mit Brennus einen Vertrag schloffen. Der gallische F�hrer ging um so lieber darauf ein, als auch sein eigenes ; Heer bitrch Seuchen furchtbar gelitten unb er vernommen hatte, fremde Horden w�ren in die verlassene Heimath eingefallen. Er begn�gte sich mit tausend Pfund Golb, nach bereit Auszahlung er abzog. � Noch nach Jahrhnnberten empfanben bie R�mer bie Schmach bieser Nieberlage fo sehr, da� sie dieselbe nicht einr�umen mochten unb sie burch sch�ne Ausschm�ckungen zu verh�llen suchten. So erz�hlten sie unter Aitberm auch biefes. Beim Abw�gen ber Kriegsentsch�digung gebrauchten bie Gallier falsche Gewichte; unb als sich bie R�mer hier�ber beschwerten, warf Brennus auch sein Schwert in bie Wagschale unb rief h�hnend: �Besiegte m�ssen leiden!" In demselben Augenblicke aber kam Camillus. Dieser biedere Held hatte seine zerstreuten Mitb�rger um sich gesammelt Und bereits manchen Haufen der nach Raub und Beute sorglos umher-
schweifenden Gallier niedergehauen. Wie er, jetzt zum Dictator ernannt,, das Unwesen des Galliers sah, gerteth er in heftigen Zorn. �Weg da mit dem Golde," rief er, �mit Eisen erkauft der R�mer sein Vaterland!" Brennus berief sich auf den rechtm��igen Vertrag mit den gelagerten. ,,2)er gilt nicht," sprach Camillus, �ich bin Dictator, ohne mich kann kein R�mer Vertrage schlie�en!" Man griff zu den Waffen; die Gallier wurden g�nzlich geschlagen, und Rom, obgleich in einen Schutthaufen verwandelt, war gerettet.
Der wirkliche Ausgang des ungl�cklichen Krieges hatte das verarmte Volk in solche Roth gest�rzt, da� es beschlo�, die w�ste Brandst�tte zu verlassen und sich in den: sch�nen Veji niederzulassen; aber Camillus hielt die Verzweifelnden an dem alten Orte des Ruhmes zur�ck. Rasch wurde wieder angebaut, und ein neues Rom erhob sich bald aus dem Schutte. Den Camillus nannten die dankbaren R�mer den zweiten Ro-mnlns, den Retter und Vater des Vaterlandes; und er behielt dieses Ansehen f�r immer. Maulius dagegen, der Retter des Capitols, geno� nicht lange des Lohnes dieser sch�llen That. Sechs Jahre nachher ward er als Hochverr�ther, der die Verfassung st�rzen und sich selbst zum Alleinherrscher aufwerfen wollte, von demselben Felsen hinabgest�rzt. � Zum Andenken an die rettende That der G�nse wurden diese allj�hrlich im feierlichen Aufzuge herumgetragen, die Hunde dagegen gez�chtiget.
Der Streit zwischen den Patriciern und Plebejern
(bis zur Gleichstellung im Jahre 300 vor Chr.).
Durch die Vertreibung des Tarqninins war die erw�nschte Ordnung I und Ruhe nicht in die (stobt zur�ckgekehrt. Die R�mer wurden selbst i uneinig und erbitterte Feinde unter einander. Statt der K�nige regier-te�l jetzt die Patricier mit den aus ihrer Mitte eno�hlteu Consuln und ; dr�ckten auf alle Art ihre niederen Mitb�rger, die Plebejer. Sie beklei-beten ausschlie�lich alle �ffentlichen Aernter, sie richteten nach Willk�r I das Volk, sie hatten ben Nie�brauch aller Staatsl�udereien (ager publicus), die sie gegen hohen Zins den Plebejern verpachteten. In den h�ufigen Feldz�gen lie� der Patricier seine Aecker durch seine H�-rigen, die Clienten, bestellen. Das konnte der arme Plebejer nicht; er mu�te sie w�st liegen lassen und sein kleines Eigenthum wohl gar dazu verkaufen, um nur die Kosten des Feldzuges zu bestreiten; denn f�r
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Waffen und Lebensunterhalt w�hrend desselben mu�te in der �ltesten Zeit ja Jeder selbst sorgen. Und kehrte er dann siegreich aus den Schlachten heim, so fand er oft seine Felder verwildert oder vom Feinde verw�stet, und geriet!) mit Weib und Kind in die dr�ckendste Noch. Er sah sich ge-zwuugeu, zu dem reichen Patricier seine Zuflucht zu nehmen, aber er fand nur eine grausame H�lfe bei diesem. F�r das Geld, welches er aufnahm, mu�te er hohe Zinsen zahlen, und weun er diese nicht rechtzeitig entrichtete, seine L�ndereieil selbst an den Gl�ubiger abtreten. Nachbem er nichts mehr zu verpf�nden hatte, verkaufte der Ernte, um nur das Leben zu erhalten, seine eigenen Kinder als Sklaven, und endlich, wenn auch dieses Mittel ersch�pft war, borgte er auf seinen eigenen Leib. Gegen diesen ab-scheulichen Menschenhandel war noch kein Gesetz vorhanden; nichts hielt die herzlose Habsucht der reichen Patricier in Schranken. Sie sperrten ihre Schuldner in Gef�ngnisse, verurteilten sie zur Zwangsarbeit unter blutigen Gei�elhieben, oder zur abdienenden Leibeigenschaft. Das war das Schicksal der Streiter f�r die Freiheit und Herrlichkeit des Vater-landes, selbst solcher, die in mehren Schlachten tapfer gefochten und redlich verdiente Ehrenzeichen aufzuweisen hatten.
Die Diktatur (501). � Die gemeinsame Roth schlang bald ein engeres Band um die Plebejer. Als damals die Latiner, wie wir oben h�rten, feindlich gegen Rom anzogen, weigerten sie sich, ergrimmt �ber bie unmenschliche Behandlung von Seiten der Patricier, die Waffen zu ergreifen. Es schien ihnen th�richt, einen Tyrannen abzuwehren, um hunberte zu behalten. Da waren bie Patricier in ber �u�ersten Verlegenheit ; jeboch wu�ten sie sich endlich zu helfen. Die Consnlu und alle �brigen Beamten legten jetzt ihre Stellen nieder. Sie ernannten einen Dict�tor oder Befehlshaber mit unumschr�nkter Macht, die er jedoch nicht �ber sechs Monate behalten sollte, damit sie nicht in eine vollst�ndige Alleinherrschaft ausarte. Vier und zwanzig Lictoren schritten mit Beilen und Ruthen vor ihm her und stellten bie gro�e ungeteilte Gewalt zur Schau. Er selbst ernannte sich einen Obersten ber Ritterschaft (magister equitum), ber seine Befehle auszuf�hren hatte. Keine Berufung an bie Volksversammlung war gestattet. Diese neue W�rbe kam im Jahre 501 auf. Titus Lartius bekleidete sie zuerst, nach ihm Postumlus, dessen wir oben erw�hnten. Sp�ter wurde sie noch oft erneuert, und zwar vorz�glich in drohenden Gefahren des Staates, tuenn schleunige Entschlie�ung unb Ausf�hrung n�thig war.
Das erschrockene Volk ergriff jetzt die Waffen und trieb die Feinde zur�ck. Aber statt den verdienten Lohn f�r feine neuen Anstrengungen und Opfer zu erhalten, wurde es h�rter und strenger behandelt, als je. Hier�ber kam es in der Stadt zu gro�en Unruhen. Zu gleicher Zeit standen rings umher die unterjochten V�lker auf, besonders die Volsker, und hofften jetzt, leicht ihre Freiheit wieder gewinnen zu k�nnen. Bei ihrem Anz�ge frohlockten die Plebejer. Sie erkl�rten den Patriciern, ' als diese wieder eine Aushebung vornehmen wollten, mit h�hnender Bitterkeit: sie m�chten doch nur f�r sich allein in den Krieg ziehen, da fie auch die Vortheile des Sieges nur f�r sich allein gen�ffen. Eine solche Sprache und die immer n�her kommende Gefahr schreckte die Pa-tncier. Mit Bitten und Versprechungen wandten sie sich an das auf-r�hrerische Volk und verhie�en sogar Erlassung aller Schulden, wenn es gegen den Feind z�ge. Da griff es freudig zu den Waffen und trieb j abermals siegreich denselben zur�ck. Aber kaum war die Gefahr durch das Schwert des Volkes wieder abgewendet, so wurde des Versprechens nicht weiter gedacht, und die alten Bedr�ckungen erneuerten sich fast mit noch furchtbarerer Strenge. So mehrmal get�uscht, nahm das Volk endlich zu einem verzweifelten Mittel feine Zuflucht. Mit den Waffen in der Hand, seine Feldzeichen an der Spitze, brach es unter Anf�hrung des aus seiner Mitte gew�hlten Sicinkus Vell�tus auf und lagerte sich einige Meilen von Rom auf dem heiligen Berge, um hier eine neue, plebejische, Stadt zu gr�nden. � Welche Gefahr f�r das entv�lkerte Rom!
Die Volkstribunen (494). � Der Senat, durch Tumult im Innern und Kriege von Au�en ge�ngstigt, entschlo� sich jetzt zur Nach-giebigkeit. Er schickte eine Gesandtschaft und an der Spitze derselben Menenlns Agrippa, einen Liebling des Volkes, in das Lager der Ausgewanderten, sie zur R�ckkehr einzuladen. Dieser, ein gewandter Mann, f�hrte das Wort. �H�ret doch," sprach er, �eine Geschichte! Einst emp�rten sich die Glieder des K�rpers gegen den Magen. Sie wollten es nicht l�nger dulden, da� dieser allein in behaglicher Ruhe in der Mitte sitze und sich von den andern f�ttern und tragen lasse. Sie versagten ihm also ihren Dienst. Die H�nde wollten keine Speise mehr an den Mund bringen, der Mund sie nicht aufnehmen, und die Z�hne sie nicht zermalmen. Diesen Vorsatz f�hrten die Glieder eine Zeitlang aus. Aber bald merkten sie, da� sie sich selbst dadurch schadeten. Sie f�hlten n�m-lich, da� es der Magen sei, der die S�fte der empfangenen Speisen durch
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alle Glieder vertheile und dadurch ihnen allen Kraft und Munterkeit gebe. Daher lie�en sie von ihrem Vorhaben ab und s�hnten sich wieder aus." � Das Volk begriff den Sinn dieser Worte. Es sah ein, da� seine I Emp�rung und seine Trennung dieselbe Schw�che und Hinf�lligkeit zur | Folge haben w�rden. Deshalb ging es auf einen Vergleich (lex sacrata) ein, unter folgenden Bedingungen: Erstens wurde ihnen einige, aber nicht n�her bekannte, Erleichterung der Schuldenlast zugestanden. Dann sollte es auch dem Volke gestattet sein, aus seiner Mitte sich besondere ; Vertreter, Tri b�nen, zu w�hlen, die f�r das Beste jedes einzelnen Plebejers wachen und ihre Standesgenossen besonders gegen den Mi�brauch der consnlarischen Amtsgewalt sch�tzen sollten. Doch bald dehnten die Tribunen ihre Befugni� so weit aus, da� sie sogar jeden Senats-Beschlu�, den sie f�r ihre Gemeinde nachtheilig hielten, durch ihren Ein-: sprach �Veto!" (ich verbiete!) sofort wieder aushoben. � Nach Abschlu� dieses Vergleiches zogen die Plebejer wie im Triumphe, als h�tten sie einen gro�en Sieg erfochten, wieder in Rom ein. Und in der That, der Sieg war nicht gering und bahnte zugleich den Weg zu noch weit gr��eren. Es entstand seitdem ein planm��iger Kamps mit den Patriciern um Gleichheit aller Rechte und Pflichten. Ihre Schirmv�gte, die Volks-tribuncn, waren die unerm�dlichen Vork�mpfer und Anf�hrer in biesem Streite unb f�hrten bas Volk von Sieg zu Sieg, bis auch das letzte Bollwerk eingest�rzt war, welches die beiden St�nde von einander getrennt hatte. Anfangs waren die Volkstribunen zwei, bann f�nf, sp�ter w�rben sie bis auf zehn vermehrt. Ihnen w�rben zwei Geh�lfen, Aebtten genannt, zugesellt, welche bie Aussicht �ber bie �ffentlichen Pl�tze, Ge-b�ube, Stra�en f�hren, Wucher unb Ue&ertheuerung verh�ten sollten. Diese bitbeten bemttcich eine Art von st�dtischer Polizeibeh�rbe.
Coriolanus (488). � Der junge Patricier Eajns Marcxus Coriolanus war ber erste, welcher bie Gewalt bieser plebejischen Schutzobrigkeit erfahren mu�te, lieber bas wechselvolle Leben bieses Mannes, bessen Name Sagen unb Dichtungen wachrief, war folgenbo die verbreiterte Erz�hlung. Durch die Entweichung des Volkes auf den heiligen Berg und durch die ewigen Kriege mit den benachbarten Staaten war der Felbbau unterblieben, unb baburch eine Hungersnot!) in Rom entstauben. Der Senat hatte zwar in ber Umgegenb einiges Getreibe ankaufen lassen; aber bieses war bei weitem nicht ausreichenb gewesen. Enblich kamen gro�e Schiffe voll Getreibe ans Sicilien an. Htero, ber
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K�nig von Syracus, hatte hiermit der nothleidenden Stadt ein Geschenk gemacht. Nun entstand im Senate die Frage, wie bei der Austheilnng desselben zu verfahren sei. Die meisten Senatoren waren der Meinung, man m�ffe einen Theil davon an das Volk verschenken, oder doch um einen sehr geringen Preis verkaufen. Da aber trat der junge heftige Coriolanns auf und stellte den Antrag, man sollte es dem Volke nur unter der Bedingung geben, da� es die Tribunen wieder abschaffe, die t�glich anma�ender und herrschs�chtiger w�rdeu. �Mag doch der P�bel," rief er unter Anderem mit bitterem Hohe, �wieder nach seinem heiligen Berge oder nach einem sonst beliebigen H�gel ziehen; wir wollen sehen wer ihn abermals zur�ckruft!" Hier�ber gerieth das Volk in Wnth. Es verlangte Bestrafung des Mannes, der so freventlich die eben hergestellte Ruhe st�ren und den feierlich geschlossenen Vertrag brechen wollte. Coriolanns sollte als Hochverr�ther vor das Gericht der Volksgemeinde gestellt werden, deren Rechte er so unbesonnen verletzt hatte, und die Tribunen bestimmten ihm den Tag. lieber eine so unerh�rte Forderung, erschraken die Patricier. Sie gaben jedoch nach; denn sie rechneten, sicher auf die Lossprechung des Angeklagten, da so viele der Mitstim-menden den Patriciern verpflichtet und ergeben waren. Der Angeklagte selbst blieb bei seinem Trotze und Hohne. Zu stolz, als da� er der Plebejergemeinde das Recht einr�umen wollte, einen Patricier vor ihr Gericht zu laden, erschien er auf die Vorladung nicht. Da sprach das ' Volk in seiner Tribus Versammlung (Comitia trib�ta) die Acht �ber ihn ans.
Diesem Volksbeschlnsse war der tiefgekr�nkte Patricier schon zuvor--gekommen. Noch w�hrend der Abstimmung verlie� er z�rnend Rom und schwur schreckliche Rache seiner Vaterstadt. Er ging zu den bitter-sten Feinden der R�mer, zu den Volskern, und reizte diese zu einem neuen Kriege gegen seine Vaterstadt auf. Er selbst ward an die Spitze eines Heeres gestellt und drang mit seinem Gewalthanfen st�rmend in Latinm ein. Alles warf er vor sich darnieder. Schrecken ging vor ihm her. Im Angesichte der zitternden Hauptstadt schlug er sein Lager auf und verw�stete mit Feuer und Schwert ringsum die L�ndereien der Plebejer; die der Patricier verschonte er. Die bedr�ngte Stadt schickte schnell eine Gesandtschaft der vornehmsten Patricier an ihn ab, um ihn zu bitten, von der Belagerung abzustehen und nach Rom zur�ckzukehren; allein der gereizte Sieger gab eine harte Antwort. Dann gingen die
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Priester selbst mit allen Zeichen ihrer W�rde im feierlichem Zuge in das volskische Lager. Coriolanus empfing sie mit aller Ehrfurcht, willfahrte aber ihren Bitten nicht. Da stieg die Verzweiflung auf's H�chste. Die M�nner liefen mit den Waffen nach der Stadtmauer, w�hrend die Wei-ber sich iu den Tempeln vor den Alt�ren der G�tter niederwarfen und um Rettuug fleheteu. Endlich begaben sich die ehrw�rdigsten Frauen Roms, Ve turia, die Mutter des Coriolanus, und Volum nla, seine Gemahlin, mit ihren Kindern an der Spitze, zum Coriolanus, um den letzten Versuch auf das Herz des Siegers zu machen. Als man ihm meldete, jetzt komme dort unten sogar ein Trupp Weiber angezogen, wendete er sich mit Unwillen weg. Aber kaum hatte er geh�rt, da� auch seiue Mutter, seine Gemahlin und Kinder mit in dem Zuge seien, so ging er ihnen freundlich entgegen. Anfangs widerstand er ihren Bitten und forderte sie auf, das falsche Rom zu verlassen und bei ihm zu bleiben. Als aber seine Mutter sich bittend und flehend zu seinen F��en warf, als Weib und Kinder weinend sich um seine Knie schmiegten, da endlich siegte die Stimme der Natur im Herzen des erz�rnten Siegers. Ger�hrt hob er die Mutter auf und mit Thr�nen rief er an ihrem Halse: �0 Mutter, Mutter, Rom hast du gerettet, aber deinen Sohn verloren!" Er entlie� die Frauen, f�hrte das Heer zur�ck und soll daf�r von den get�uschten Volskern erschlagen worden sein; nach einem anderen Berichte starb er als Greis in der Verbannung. Die R�mer aber errichteten, zum Andenken der sch�nen That der Frauen, dem weiblichen Gl�cke einen Tempel, und zwar an der Stelle, wo diese den Helden erweicht hatten.
Die Gesetze der zw�lf Tafeln (451 und 450), � Kaum athmeten die R�mer freier, so begannen auch wieder die alten Streitigkeiten, die jetzt um so heftiger wurden, da das Volk seine Macht erprobt hatte. Es wollte fortan feste, allgemein g�ltige, geschriebene Gesetze haben und nicht l�nger in seinen Rechtssachen von der willk�rlichen Entscheidung der Patricier abh�ngig sein. Der Tribun Ter e n ti llus Ar sa trug darauf an (462). Auch solcher billigen Forderung widersetzten sich die Patricier mit der unbesonnensten Hartn�ckigkeit. Mehre Jahre dauerte diese G�h-rung. Zu den inneren St�rmen gesellten sich, wie gew�hnlich, �u�ere Kriege. Die Sabiner drangen sogar unter Anf�hrung des Herdonlus in die Stadt, wobei sie wahrscheinlich auf die Unterst�tzung durch die unzufriedenen B�rger rechneten, doch wurde diese Gefahr gl�cklich von Rom abgewendet. Zuletzt jedoch brachte es das Volk durch sein gew�hn
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liches Mittel, durch die Weigerung des Kriegsdienstes, dahin, da� man Abgeordnete nach Griechenland, selbst nach Athen, sandte, das damals unter Perikles bl�hete. Diese sollten sich erst eine eingehende Kenntni� der Einrichtungen anderer bl�hender V�lker verschaffen, um sie dann f�r das r�mische Gesetzeswesen nutzbar zu machen. Zur Abfassung der Gesetze wurden im Jahre 451 zehn M�nner (Decemvirn) aus dem Patricierstande gew�hlt. Diesen �bertrug man jetzt, mit einstwei-liger Aufhebung aller �brigen Staats�mter, die h�chste Gewalt, um nach dem Muster fremder Gesetze und mit Benutzung einheimischer Satzungen eine passende Gesetzgebung f�r die R�mer zu entwerfen. Am Ende des Jahres stellten sie zehn eherne Tafeln mit Gesetzen auf. Da dieselben aber noch unvollst�ndig erschienen, so wurde das Amt der Zehnm�nner auf das zweite Jahr verl�ngert, und noch zwei Tafeln hinzugef�gt. Hiermit war die Gesetzgebung vollendet. Diese zw�lf Tafeln enthielten die Grunds�tze des sp�ter so ber�hmten r�mischen Rechtes.
Die Zehnm�nner aber hatten keine Lust, ihr Amt, durch welches sie die ersten und m�chtigsten Herren von Rom waren, jetzt wieder niederzulegen. Ohne sich um die Einwilligung des Senates und des Volkes zu k�mmern, behielten sie auch im dritten Jahre ihr Amt bei. Ja, Apptus Claudius, das Oberhaupt der Zehnm�nner, schien es darauf �uge-legt zu haben, sich die Alleinherrschaft zu verschaffen. Solcher Uebermuth emp�rte Alle, die Patricier sowohl, als Plebejer. Endlich kam der lange verhaltene Ingrimm durch eine neue Gr�uelthat des Appius zum Aus-bruche. Dieser Tyrann wollte einem B�rger Roms, mit Namen Virgin ttts, seine Tochter Virginia, die bereits mit einem anderen verlobt war, gewaltsam entrei�en. Er behauptete frech: Virginia sei die Tochter einer seiner Sklavinnen, also sein Eigenthum, und lie� die tuet-�ende Jungfrau auf offener Stra�e ergreifen und vor Gericht schleppen, das sie ihm zusprechen sollte. Als der ungl�ckliche Vater wohl merkte, da� sein Kind aus den H�nden des W�therichs lebendig nicht zu retten fei, da ergriff er in Verzweiflung ein Messer von der nahen Fleischbude und stie� es ihr in die Brust, mit den Worten: �Gehe zu deinen V�tern, Virginia, noch rein und frei, den einzigen Weg deiner Ehre!" Dann hielt er, wie einst Brutus, das vom Blute rauchende Messer empor, st�rmte durch die Hausen des Volkes und rief G�tter und Menschen um Rache an. Das ganze Volk gerieth in Aufruhr. Appius wurde ergriffen und ins Gef�ngni� geworfen, wo er sich selbst entleibte; die �brigen
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flohen aus Rom. So h�rte die Regierung der Decemvirn im dritten : Jahre auf, und die Cousulu ltnd Tribunen traten wieder ihr Amt an.
Die Gesetze des Canulejus und seiner Genossen (444). � Die Einf�hrung einer geschriebenen Gesetzgebung f�hrte jedoch nicht die erw�nschte Eintracht und Ruhe im Innern herbei. Immer noch standen die Pa-tricier und Plebejer wie zwei feindliche V�lker gegen einander, das eine von den Consnln angef�hrt, das andere von den Tribunen. Es war vorauszusehen, da� der Streit sich nicht eher legen w�rde, als bis die alte Scheidewand zwischen diesen beiden St�nden v�llig zertr�mmert sei. Daher griff der eifrige Volkstribun Canulejus das selbst in den zw�lf Tafeln bestimmt ausgesprochene Verbot der Wechselheirathen zwischen Patriciern und Plebejern an. Die Patricier mu�ten wie immer nach-geben. Das Verbot wurde, aufgehoben, und dadurch etil bedeutendes Hinderni� gegenseitiger Ann�herung entfernt. (445.) Der n�mliche Tribun forderte zugleich die Wahlf�higkeit und Zul�ssigkeit der Plebejer zum Cousulate. Dar�ber erschr�ket! die Patricier. Sie sahen ein, ba� das Volk jetzt auf den v�lligen Sturz ihrer seit Jahrhunderten cttter-kannten Standesvorrechte losgehe. Achtzig Jahre hindurch k�mpften sie deshalb gegen diese Forderung an und bewilligten kleinere Vortheile, um gr��ere zu retten. So setzten sie mehrmal die Wahl der Consulu aus und bewilligten an ihrer Stelle die Ernennung von Kriegstribunen mit consnlarischer Gewalt, anfangs drei, dann vier, zuletzt sechs an der Zahl, bei deren Wahl der Stand nicht in Betracht gezogen werden sollte. Als Ersatz f�r den Verlust errichteten die Patricier das nur ihnen zust�ndige Amt der C e n s � r e n. (444.) Ihrer waren zwei. Sie wurden anfangs f�r die Dauer eiues Lustrums, also f�r f�nf Jahre, sp�ter f�r achtzehn Monate gew�hlt. Sie mu�ten die Bev�lkerung der Stadt und den Verm�gensstand der B�rger genau ermitteln und besondere Verzeichnisse hier�ber f�hren. Allm�hlich gesellte sich zu dieser ersten Verwaltung der Sensoren auch das Sittenrichteramt, kraft dessen sie Alles, was gegen die herk�mmlichen Sitten verstie�, r�gen und be-strafen durften. Die Strafen waren Ehrenstrafen, Entziehung der staats-b�rgerlichen Rechte oder der Standesrechte.
Endlicher Sieg der Plebejer in ihrem Rangstreite. � Auch in dem nach dem Gallierkriege wiederaufgebauten Rom lebten die alten Streitigkeiten zwischen den Patriciern und Plebejern wieder auf. Den k�hnsten Angriff auf die Patricier machten jetzt die beiden Tribunen
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Niehuus und Sextius. Sie trugen darauf an, da� das Kriegs-tribunat abgeschafft und das Consulat wieder hergestellt w�rde, da� aber von jetzt an jedesmal einer der Consuln ein Plebejer sei. Auch sollte kein B�rger mehr als f�nfhundert Morgen Staatsl�ndereien besitzen. Wer mehr h�tte, sollte das Uebrige herausgeben, damit es unter die Armen vertheilt w�rde. � Diese und andere Vorschl�ge steigerten die Er-bitteruug der Patricier auf's H�chste, und sie boten alles auf, dieselben ! Zu hintertreiben. Sie gewannen die �brigen Tribunen, und diese ver-hinderten, wie sie es ihrem Rechte nach allerdings durften, durch ihren | Einspruch (Veto) die Abstimmung �ber diese Vorschl�ge. Dagegen ver-boten auf gleiche Weise Stetmus uud Sextius die Wahl der h�chsten I Staatsbeamten, und Rom hatte Jahre lang weder Consuln noch Kriegs-tribnnen. Nach langem, hartn�ckigem Widerstande gabelt endlich die Patricier nach; und die Plebejer hatten die Freude, ihre� unerm�dlichen Streiter Sextius als den ersten Consnl aus ihrer Mitte w�hlen zu k�n-nen (36(>). Auch das Ackergesetz wurde angenommen. Vorz�glich war es der alte Dictator Kamillus, der durch sein Ansehen die Auss�hnung ; der Patricier vermittelte. Das Einzige, was man in diesem Streite f�r j die Patricier noch retten konnte, war, da� von dem Consnlate das Richter-amt getrennt, und dieses einer besonderen Magistratsperson, Pr�tor | genannt, der immer Patricier sein sollte, �bertragen wurde.
Zur Feier dieser Auss�hnung ward ein gro�es viert�giges Fest angeordnet. Nach alter Sitte wurden bei �ffentlichen Festen Volksspiele veranstaltet, deren Besorgung gegen eine kleine vom Staate ausgeworfene Summe den Aedtlen oblag. Als diese sich aber jetzt weigerten, den Mehraufwand zu bestreiten, erboten sich sogleich einige Patricier dazu. Das gab Veranlassung zur Wahl besonderer patricischer Aedtlen, die man Aediles cur�les nannte, weil auch sie wie die Consuln, (Sensoren und Pr�toren in Amtsgesch�ften auf einem besonderen Sessel, sella cur�lis, sa�en; die �brigen Aedilen hie�en nur plebejische.
Seitdem die Patricier aus den Hauptvorrechten ihrer Geburt verdr�ngt waren, blieb die Herstellung der v�lligen Gleichberechtigung f�r die Plebejer nur noch eine Frage der Zeit. Schon nach zwei Jahren (304) wurde ein Aedtlls cur�lis aus dem Plebejer Stande gew�hlt, neun Jahre sp�ter (355) auch ein Dict�tor, f�nf Jahre darauf (350) ein Censor, und abermals vierzehn Jahre sp�ter (336) selbst ein Pr�tor. Und als im Jahre 300 sogar das Priesterthum, das noch immer
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t)en Patriciern vorbehalten blieb, ebenfalls den Plebejern zug�nglich wurde, da endlich hatte aller Unterschied aufgeh�rt. Da endlich war die alte Scheidewand, welche diese St�nde so lange von einander getrennt hatte, gest�rzt; siegreich ging das Volk aus dem zweihundertj�hrigen Kampfe um gleiche Berechtigung mit den Patriciern hervor.
Roms Kriege um den Besitz Italiens.
Um so kr�ftiger konnten nun die wieder ausges�hnten B�rger gegen ihre Feinde zu Felde ziehen und die Eroberungen fortsetzen. F�nf Kriege sind aus dieser Zeit besonders bemerkenswerth, da durch ihren gl�ck-lichen Ausgang die R�iner sich den Besitz des gr��ten Theiles der italie-nischen Halbinsel verschafften. Diese Kriege sind: 1) der erste Sammter-krieg von 342 � 340. 2) Der letzte Latinerkrieg von 339 � 337. 3) Der zweite Samuiterkrieg von 325�304. 4) der dritte Samuiter-frtcfl von 298�290. 5) Der Krieg Roms gegen die Stadt Tarent iutb deu K�uig Pyrrhus von 282�272 v. Chr.
Bedeutender als alle bisherigen Kriege, welche die R�mer f�hrten, war der Krieg gegen das kr�ftige, kampflustige Bergvolk der Samniter, der sie nach und nach mit allen V�lkern Unteritaliens in Ber�hrung brachte. Die Veranlassung zu demselben war folgende: die Sidieiner nahmen bei einem feindlichen Angriffe der Samniter ihre Zuflucht zu den Camp�nern, und diese, in zwei Treffen geschlagen, zu den R�mern. Da diese aber wegen eines B�ndnisses mit den Samnitern Anstand nah-wen, so ergaben sich ihnen die Campaner mit ihrem ganzen Lande. Die R�mer, welche nun au Campauien nicht mehr ein fremdes Land, sondern ihr Eigenthum zu sch�tzen hatten, erkl�rten den Samnitern den Krieg. Dieser begann 342, zu derselbe� Zeit, als Philipp, K�nig von Macedo-nien, die Griechen mit seiner Macht und mit seinen K�nsten schreckte und sie um ihre Freiheit zu bringen suchte. Ueber f�nfzig Jahre dauerte der freilich vielfach unterbrochene Kampf, ehe die Samniter �berwunden waren. W�hrend dieser Zeit ward von Philipp Griechenlands Freiheit vernichtet (338), von Alexander der persische Thron gest�rzt.
Die sch�nste Heldeuzeit der R�mer f�llt in die Zeit dieser Kriege mit den oben aufgez�hlten Feinden. Feldherren und Soldaten wetteiferten um den Vorzug der Tapferkeit und Vaterlandsliebe. Zuweilen, wenn der Kampf hitzig und der Ausgang zweifelhaft wurde, st�rzte sich
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der Consul, nachdem er sich durch ein Gebet dem Tode f�r's Vaterland geweihet hatte, mitten in die Feinde. Sein Heldentod begeisterte dann die Scharen mit neuem Mnthe und f�hrte sie zum Siege. So opferte sich im Latinerkriege in der blutigen Schlacht am Vesuv der Consul Decius Mus; dessen Sohn, auch P. Decius Mus gehei�en, starb im dritten Samniterkriege in der Schlacht bei Sentinum (295), indem er, gleich seinem Vater, sich den G�ttern der Unterwelt weihen lie� und in | den dichtesten Reihen der Feinde den Tod f�r's Vaterland suchte und fand. � Auch warf wohl der Consul den Adler, das Feldzeichen, in die Feinde, damit die Soldaten zur Rettung desselben um so hitziger die feindlichen Reihen durchbr�chen und vernichteten. � Durch unerbittliche Strenge sorgten die Heerf�hrer f�r Zucht und Ordnung ihrer unter-gebenen Krieger. Einst, es war int letzten Kriege gegen die Latiner, hatte j der Consul Manllus Torqu�tus auf das Sch�rfste verboten, da� ! ein Soldat sich in einen Einzelkampf mit dem Feinde einlasse. Zuf�lliger j Weise st��t sein Sohn, der mit einer Schar Reiter von den Feinden' Kundschaft einziehen soll, auf deu Anf�hrer eines feindlichen Reiterhau fens und wird von ihm zum Kampfe herausgefordert. Er nimmt die Forderung an, erlegt seinen Gegner und kommt frohlockend mit der i feindlichen R�stung zu seinem Vater in's Lager zur�ck. Dieser lobt zwar die Tapferkeit seines Sohnes, l��t ihn aber dann, als Uebertreter der! Kriegszucht, �ffentlich, im Angesichte des erschrockenen Heeres, anderen zur Warnung, enthaupten.
Jedoch war das Gl�ck den R�mern nicht immer getreu, besonders I schwankte es w�hrend des zweiten Sanmiterkrieges. Es war im Jahre j 321, als Pontius, der Sohn des alten und verst�ndigen samnitischen -Anf�hrers Herennlus, die stolzen Sieger, die jedes Friedensgesuch der Geschlagenen abgewiesen hatten, in die engen Gebirgsp�sse bei Cau-d tum, zwischen Capua und Beneveutunt lockte. Hier pl�tzlich �berfallen ; und umzingelt, mu�ten die Ueberlisteten unter den schmachvollsten Ve- j dingungen ihre Freilassung erkaufen. Das ganze gefangene Heer mu�te, I nach Auslieferung aller Waffen und R�stungen, halb nackt, die Consuln voran, unter dem Hohngel�chter der zur Seite ausgestellten Feinde, durch einen ausgerichteten Galgen kriechen. Wegen solcher Schmach aber nah- j men die R�mer, welche den geschlossenen Vertrag nicht wollten gelten lallen, schwere Rache. Der Consul Paptrtus Cursor und der Die* j talor Fabius brachten dem Feinde Niederlage auf Niederlage bei, bis
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endlich Cnrtns Dentatus durch die siegreiche Beendigung des dritten Samniterkrieges die Unterwerfung vollendete (290).
�ricfl flcncit die Tarcutiner (282�272). � Pyrrhus. � Nach der Unterjochung der Samuiter gedachten die R�mer auch die sch�nen und reichen Landschaften Unteritaliens zu ihrer Beute zu machen. Diese Gebiete waren um so bl�hender, als sie seit Jahrhunderten von den flei�igen und unternehmenden Griechen angebaut und mit einer gro�en Zahl herrlicher St�dte bedeckt waren. Die gr��te und reichste unter ihnen war die Seestadt Tarent, mit welcher die R�mer zun�chst in Streit geriethen. Die Tarentmer selbst hatten in unverst�ndigster Weise die R�mer gereizt. Sie hatten r�mische Schiffe gekapert und mit frechem Uebermnthe den r�mischen Gesandten Postnmtus, welcher Genugtuung forderte, �ffentlich beschimpft. � In der reichen Seestadt war ein gro�er Theil des Volkes der Schwelgerei ergeben und deshalb so weichlich und so feige, da� er nicht wagen mochte, gegen die abgeh�rteten R�mer allein den Kampf anzunehmen. Sie riefen daher den Pyrrhus, K�nig von Eptrus, eines im Norden von Mittelgriechenland gelegenen Landes, � zu sich her�ber, damit er f�r sie deu Krieg f�hre. Dieser war einer der vorz�glichsten Feldherren seiner Zeit. Er hatte Alexander den Gro-�en, mit dem er auch verwandt war, sich zum Muster genommen. Ein eben so gefeierter Held und Eroberer, als dieser im Osten gewesen war, wollte er nun im Westen werden. Die R�mer wollte er aus Gro�griechenland, fo hie� Unteritalien damals, die Karth�ger aus �teilten verdr�ngen. Die Einladung ber Tarentmer kam ihm daher ganz nach Wunsch. Er schiffte sich ein mit beut Kerne feines Heeres, mit 25 000 k�mpf gewohnten Kriegern unb mit zwanzig zum Streite abgerichteten (Stephanien.
Welch' ein Feinb f�r bie R�mer! Bisher hatten sie nur mit kleineu unge�bten V�lkern gek�mpft; jetzt sollten sie zum erftenmate gegen ein luohlgeorbnetes, griechisches Heer, b�s in allen K�nsten bes Krieges wohl erfahren war, zu Felbe ziehen. Unb boch zagten die R�mer nicht. Muthig unb entschlossen trafen sie bie geeigneten Mittel, um einen so gef�hrlichen Feinb bestehen zu k�nnen. Die Kriegscaffe w�rbe gef�llt, bas Heer ver-gr��ert, unzuverl�ssige St�bte durch Besatzungen gesichert, ja in der Stadt Pr�neste wurdeu gar einige Rathsherren von zweifelhafter Ge-siunung zum warnenden Beispiele hingerichtet. Nach solchen Vorsichts-ma�regeln zogen sie muthig in einen Krieg, ber ihnen zun�chst freilich
Wcllcr's StiJcltfli'jcl). I. 34. Aufl. 15
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Zwei blutige Schl�ge zuf�gte, aus dem sie aber in der Entscheidungs-schlacht als ruhmreiche Sieger hervorgingen.
Schlacht bei Herakl�a (280). � Die R�mer r�ckten demPyr-rhns k�hn entgegen, und es kam 280 vor Chr. bei Heraklea in Lukanien zu einer gro�en Schlacht. Lange blieb sie uuentschieden. Die R�mer | fochten mit ungest�mer Tapferkeit gegen die feinere Kriegeskunst der Griechen au und w�rden wohl den Sieg davon getragen haben, h�tte nicht Pyrrhus am Ende seine Elephanten in den Kampf gef�hrt. W�thend drangen diese Ungeheuer, welche h�lzerne Th�rme mit Kriegern auf ihren R�ckeu trugen, in die feindlichen Reihen. Unbeschreiblich war da die Angst, die Verwirrung unter den R�mern. Noch nie hatten sie solche Ungeth�me gesehen. Selbst die Pferde wurden scheu und warfen ihre j Reiter ab. Was sich nicht durch die Flucht rettete, wurde von den Elephanten zertreten ober von den Soldaten ans den Th�rmen nieder-geschossen. Blutig war bie Nieberlage der R�mer; 7000 ihrer Krieger deckten mit ihren Leichen b�s Schlachtfelb. Jeboch auch Pyrrhus hatte den Sieg thcuer erkaufen m�ssen. Er selbst war in ber gr��ten Lebensgefahr gewesen, seine besten F�hrer unb �olbaten, 4000 an ber Zahl, j lagen auf benx Schlachtfelbe. Gar sehr lobte er daher bie Tapferkeit l der R�mer unb �u�erte voll Bewunberung: �Mit solchen Truppen > w�re bie Welt mein!"
Nach bieser Nieberlage bei Heraklea, hoffte Pyrrhus, w�rben bie R�mer sich wohl gern zum Friebcu verstehen. Er schickte daher Cineas, einen gewanbten Staatsmann unb gro�en Rebuer, ber, wie ber K�nig behauptete, mehr St�bte mit seiner Zunge, als er selbst mit dem Schwerte erobert hatte, mit Friedensantr�gen nach Rom. Der listige Grieche lie� nichts unversucht, um die Absicht seines Herrn zu erreichen. Er bot gro�e Geschenke; � man nahm sie nicht an. Aber seine schlauen Reduerk�nste hatten Viele f�r die Annahme der FriedensvorscMge gezeigt gemacht. Doch kaum hatten diese ihre Meinung ge�u�erst, da trat ein alter Senator ans, Appius Claudius hie� er. Wegen Schw�che und Blindheit war er schon lange nicht mehr in die Senatsversammlung gekommen; diesmal aber hatte er sich von seinen Sklaven in einer S�nfte dahin tragen lassen. �Bisher," sprach er unwillig, �habe ich nur den Verlust meiner Augen betrauert; jetzt aber m�chte ich auch noch taub fein, um nicht die unw�rdigen Rathschl�ge eurer Feigheit zu h�ren. Habt ihr denn darum immer mit dem Ruhme des r�mischen Namens
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geprahlt, um jetzt vor einem Haufen von Menschen zu zittern, die immer eine Beute der Macedonier gewesen sind?" � Er redete noch lange so fort, und als er geendet hatte, entlie� der Senat den Cineas mit der Weisung: es sei nicht eher an Frieden zu denken, als Pyrrhus Italien verlassen habe. Cineas meldete dies seinem K�nige und setzte voll Er-staunen hinzu: �Der Senat schien mir eine Versammlung von K�nigen zu sein, und das Volk noch zahlreicher und kriegslustiger als zuvor!"
Pyrrhus hatte bald Gelegenheit, sich.selbst hiervon zu �berzeugen. Die R�mer schickten wegen Ausl�sung der Gefangenen eine Gesandt-schaft an ihn. An der Spitze derselben stand der Senator Fabriclus. Dieser ber�hmte Mann lebte zufrieden in der gr��ten Armuth, wenn-gleich er schon die h�chsten Stellen im Staate bekleidet hatte. Sein ganzes Silbergeschirr bestand aus einem einzigen kleinen Becher. Der Senat selbst �bernahm die Ausstattung seiner T�chter aus dem Staats-sch�tze. Pyrrhus empfing den edeleit Gesandten mit aller Achtung und bot ihm als Zeichen der Freundschaft und des Wohlwollens reiche Ge-schenke an. Vergebens; er nahm sie nicht. Des Tages darauf wollte der K�nig die Unerschrockenheit des Mannes, von der er so vieles geh�rt hatte, auf die Probe stellen. Er lie� in dem Zelte, in welchem er sich mit ihm allein unterreden wollte, seinen gr��teil Elephanten heimlich hinter einen Vorhang stellen. Fabricius erschien und stellte sich gerade mit dem R�cken gegeu den Vorhang. Auf ein gegebenes Zeichen ward dieser weggezogen und siehe! das Ungeheuer streckte mit einem furcht-baren Gebr�lle seinen R�ssel der L�nge nach �ber den Kopf des Fabri-cins hin. Ganz gelassen wendete sich dieser um und sagte l�chelnd zum Pyrrhus: �So wenig mich gestern dein Geld gereizt hat, so wenig schreckt mich heute dein Elephant!" Pyrrhus gerieth in Erstaunen �ber diesen heldenm�tigen Mann. Er w�nschte Frieden mit einem Volke, an dessen Spitze solche M�nner standen. Darum schlug er auch die Ausl�sung der Gefangenen ab, dagegen bot er noch einmal den Frieden an und gab zugleich allen Gefangenen die Erlanbni�, mit den Gesandten nach Rom zu gehen und dort mit ihren Mitb�rgern ein gerade eintreffendes Fest zu feiern. N�hme der Senat die Bedingungen au, so w�ren sie frei; sonst aber m��ten sie als Gefangene zur�ckkehren. Und Alle kehrten zur�ck, als der Senat die Annahme verwarf.
Schlacht bei Ascitlum (279). � Ilm nun den verweigerten Frieden zu erzwingen, brach Pyrrhus nach Apulien auf. Hier kam es
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bei der Stadt Asculum (jetzt Ascoli) im Jahre 279 zu einer zweiten gro�en Schlacht. Auch in dieser siegte Pyrrhus mit seinen Elephanten, verlor aber so viele Soldaten, da� er best�rzt ausrief: �Noch ein solcher Sieg, und ich bin verloren!"�Im folgenden Jahre war Fabricius selbst Anf�hrer der R�mer. Da bekam er einen Brief von dem Leibarzte des Pyrrhus, in welchem jener sich erbot, gegen eine angemessene Belohnung seinen K�nig zu vergiften und so die R�mer von ihrem furchtbarsten Feinde zu befreien. Fabricius schauderte. Mit den Waffen, im offenen Felde, und nicht durch Meuchelmord wollte er den K�nig bek�mpfen. Mit gerechtem Unwillen schickte er den Brief an Pyrrhus, damit er keu-� nen lerne, welch' treulosem Verr�ther er seiu Leben anvertraut habe. Ger�hrt von solchem Edelmnth des Feindes rief der K�nig aus: �Ja, das ist derselbe Fabricius, der eben so wenig vom Wege der Tngend, als die'Sonne von ihrer Bahn zu lenken ist!" Er lie� den gewissen- | losen Arzt hinrichten; den R�mern aber schickte er alle Gefangenen ohne ! L�segeld zur�ck und bot ihnen wiederum Frieden an. Er erhielt aber dieselbe Antwort: zuvor m�sse er Italien verlassen. F�r die ausgelieferten Gefangenen gaben sie eben so viele gefangene Feinde zur�ck.
Solche Unbeugsamkeit brachte ihn in die �u�erste Verlegenheit. Er mochte nicht noch einmal eine so f�rchterliche Schlacht wagen, die sogleich ' ein halbes Heer dahinraffte, und nach Hause zur�ckzukehren schien ihm schimpflich. Ans solcher Verlegenheit half ihm eine Einladung der nahe ; gelegenen Insel Sicilien, die ihn gegen ihre Feinde, die Kart H�g er, zu H�lfe rief. Pyrrhus kam gl�cklich in Syrakus au. Hier vereinigte er durch den Zanber seines Heldennamens eine Reihe der wichtigsten griechischen St�dte unter seinem Oberbefehl und dr�ngte die Karthager immer weiter zur�ck. Allein bald entstand Unwillen �ber die strenge Manneszucht des fremden Bundeshauptes, und nach einem Aufenthalte von zwei Jahren kehrte der K�nig auf inst�ndiges Bitten der hartbedr�ngten Ta- | rentiner nach Italien zur�ck. Scheidend brach er in die ahnungsvollen Worte ans: �Dieses Eiland wird dereinst der Zankapfel zwischen Rom und Karthago sein!" � Die R�mer schickten ihre beiden Consuln mit einem gro�en Heere gegen ihn ab. Einer von diesen war Cnrlns Dent�tus, an Edelmuth und Gen�gsamkeit dem Fabricius gleich. Als er das erste Mal Consnl war, schickten die Sanmiter Gesandte an ihn, damit er bei seinen Mitb�rgern den Frieden f�r sie vermitteln helfe. Sie fanden ihn in seinem kleinen Hause auf einer h�lzernen Bank
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sitzen, wo er ein Gericht R�ben, das er sich so eben gekocht hatte, aus einer h�lzernen Sch�ssel a�. Sie trugen ihm ihr Anliegen vor und boten ihm gro�e Geschenke an. Er aber wies sie von sich, mit den Worten: �Ich will lieber �ber Reiche herrschen, als selbst reich sein!" Dieser biedere Mann stand jetzt als Feldherr gegen Pyrrhus. Aber auch das ganze r�mische Volk hatte sich gegen den gef�hrlichen Feind vorgesehen und die Zeit seiner Abwesenheit in Sicilien nicht unbenutzt gelassen. Abgefallene Volksst�mme und St�dte Italiens waren wieder unterworfen, die gelichteten Heere waren erg�nzt, und allen der Muth gestiegen. So fand Pyrrhus, als er nach Italien zur�ckkehrte, die Verh�ltnisse sehr zu seinem Nachtheile ver�ndert. Schon die n�chste Schlacht sollte ihn davon �berzeugen,
Schlacht bei Beneventum (275). � In dieser Schlacht rech-nete Pyrrhus wieder ganz vorz�glich auf seine (Stephanien. Aber die R�mer hatten gegen diese jetzt ein gutes Mittel ersuudeu. Sie warfen brennende Fackeln und Pechkr�nze zwischen die Unthiere, so da� sie w�thend zur�ckrannten und Verwirrung und Flucht �ber das Heer des Pyrrhus selbst brachten. Der K�nig wurde g�nzlich geschlagen, sein Lager erobert; er selbst rettete sich mit wenigen Reitern durch schleunige .Flucht. Curius Dentatus, der Sieger, hielt nun einen gl�nzenden Triumphzug, in welchem auch vier (Stephanien, zur gr��ten Augenweide der R�mer, aufgef�hrt wurden.
Wenige Wochen uach dieser ungl�cklichen Schlacht verlie� Pyrrhus den italischen Boden und schiffte mit dem Ueberbleibsel seines Heeres von Taren! in seine Heimath zur�ck. Aber auch dort lie� ihn sein Ehrgeiz und kriegerischer Sinn nicht rasten. Bald darauf fiel der abenteuerliche Held bei der Belagerung von Artjos im Peloponnes. Tarent, das jetzt zu Lande von den R�mern und zur See von den Karthagern hart bs-dr�ngt wurde, ergab sich im selben Jahre an die R�mer (272). Mit Tarent fiel diesen auch ganz Unteritalien zu, so da� um das Jahre 266 vor Chr. ganz Italien von den S�dspitzen bei Rheginm uud Leuca an bis n�rdlich hinauf zu den Grenzfl�ssen Ritbtco uud Macra unter ihrer Herrschaft stand. Die R�mer wollten aber diese Lande nicht nur be-zwungen haben, sondern sich deren Besitz auch auf die Dauer sichern. Das Hauptmittel, durch welches sie sich in der Herrschaft der besiegten V�lker Italiens zu befestigen suchten, war die Anlegung von Kolonien. Ts war schon von den fr�heren Zeiten her Sitte bei ihnen, einen
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Theil ihrer Mitb�rger, besonders aus dem d�rftigen Stande, als Kolonisten in die eingenommenen St�dte zu legen. Hier bildeten diese ein Art best�ndiger Besatzung, welche Stadt und Gebiet schirmte und die Treue der neuen Unterthanen �berwachte. Zwischen diesen r�mischen Militair-Kolonien, welche man Festungen vergleichen d�rfte, vermittelte die Anlage trefflich eingerichteter Heerstra�en eine schnelle und sichere Verbindung. Weltber�hmt ist unter diesen Kunststra�en die via Appia geworden, um 312 vor Chr. von dem Censor Appius Claudius gebaut und �ach ihm benannt. Sie f�hrte von Rom nach Capua und wurde sp�ter bis Brundufium verl�ngert. Von diesem festen, breiten Wege, der mit viereckigen Quadersteinen bedeckt war, ist noch heute eine Strecke vorhanden.
Der Krieg mit dem Pyrrhus mar f�r die R�mer eine treffliche Schule der Kriegskunst. Sein erobertes Lager diente ihnen zum Muster, wie man solches regelm��ig abstechen und befestigen m�sse. Ueberhaupt lernten sie von ihm die neuere griechische Kriegeskunst, durch welche f�nfzig Jahre fr�her Alexander der Gro�e die halbe Welt erobert hatte.
Jedoch nicht die griechische Kriegeskunst allein, auch griechische Bildung und Sitte kam allm�hlich nach Rom. Deuu ganz Unter-italien war von Griechen bewohnt uud wurde daher ja auch Gro�grie-chenland genannt. Die kostbaren Ger�the, Gem�lde, Statuen und andere Kunstwerke, die man aus den eroberten St�dten, besonders ttits Tarent, nach Rom wegf�hrte, dienten hier zum bildenden Muster. Griechische Sklaven �bernahmen die Bildung der r�mischen Jugend. So reifte Rom allm�hlich einer Zeit entgegen, wo es nicht allein durch den Ruhm blutiger Waffeuthaten, sondern auch durch einen weit sch�neren und er-habeneren, durch den der K�nste und Wissenschaften, hervorgl�nzen sollte..
Zweite Unterabteilung (266�133 vor Kljr.)
Der erste pumsche Krieg, Von 2(>4 bis 241 vor Chr.
Nachdem die R�mer mit der Unterwerfung der letzten bis dahin noch freien V�lkerschaft Unteritaliens im Jahre 266 vor Chr. sich diese ganze Halbinsel botm��ig gemacht hatten, wurden sie bald darauf auch mit ausw�rtigen Nationen in Kriege verwickelt. S�dw�rts eroberten sie einen Theil der nordafrikanischen K�ste, int Westen waren sie Sieger auf der pyren�ischen Halbinsel, im Osten auf der griechischen, ja selbst
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nach Asien drangen sie erobernd vor. So erwarben sie sich im Laufe der folgenden anderthalbhundert Jahre den Besitz der wichtigsten Mittel-meer- L�nder damaliger Zeit. Unter den K�mpfen, welche sie zu diesem Zwecke f�hrten, sind die weitaus bedeutendsten die 3 pwitschen Kriege, welche sie gegen das handelsm�chtige Karthago ausfochten.
Auf der anmuthigeu und reichen Insel �teilten, s�dlich von Italien, hatten schon in uralter Zeit die Ph�nizier zahlreiche Ansiedelungen an-gelegt, zu welchen sich sp�ter nicht minder viele Pflanzst�dte der Griechen gesellten. Unter diesen war besonders Syrakus von hoher Bedeutung, dessen Einwohner allm�hlich ihren Einflu� �ber den �stlichen Theil des Eilandes auszudehnen suchten, w�hrend die westlichen Gebiete nach und nach eine Beute der Karthager, der Nachkommen der Ph�nizier, geworden waren.
Karthago, der eigentliche Wohnsitz dieses Volkes, lag im n�rd-lichen Afrika, nahe an der Meeresk�ste, wo jetzt Tunis liegt. Es war von der ph�nizischen K�nigin Dido auf der Flucht vor ihrem feindlichen Bruder Pygmalion, dem M�rder ihres Gemahls, im neunten Jahrhundert vor Chr. gegr�ndet worden. Als die fl�chtige K�nigin an der K�ste landete, die bereits durch �ltere ph�nizische Pflanzst�dte ihrem Vater-lande befreundet war, soll sie von den Bewohnern derselben nur so viel Land begehrt haben, als ntan mit einer Ochsenhaut umspannen k�nne. Die Afrikaner bewilligten diese ihnen l�cherlich erscheinende Forderung, erstaunten aber nicht wettig, als nun Dido die Ochsenhaut in schmale Riemen zerschnitt und damit eine gro�e Strecke Landes umzog. Auf dieser h�tte sie eine Burg erbaut, die davon den Namen Byrsa, d. t. Ochsenhaut, erhalten h�tte. Durch Anbauten um die Bnrg erweiterte sich diese allm�hlich zu einer Stadt und durch den lebhaftesten Handel zu Lande und zur See gef�rdert nahm Karthago einen solchen Aufschwung, da� zur Zeit seiner Bl�the die Zahl der Bewohner 700 000 betragen haben soll. Herrliche Pal�ste zierten den reichen Seeplatz, dessen Haupt-stra�eu gerade auf die ragende Burg zuliefen uud aus hohen sechs-stockigen H�usern bestanden. � Wegen ihres ph�nizischen Ursprunges hie�en die Karthager selbst wohl Ph�nizier, und abgek�rzt P�ner oder Punter. Nach der V�ter Weise war Handel und Schifffahrt ihr Leben, und bald erhob sich die neue Kolonie zur Herrin der Meere. Au�er ihrem Gebiete in Afrika eroberten die Karthager eine der gro�en Inseln im Mittelmeere, Sardinien, einen gro�en Theil von Spanien und,
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tote wir bereits h�rten, von Sicilien. Gern h�tten sie auch die bl�hende Seestadt Tarent gehabt; und wirklich erschien dort nach dem Abz�ge des Pyrrhns ihre Flotte, dieselbe zu erobern. Aber die R�mer waren ihnen hierin zuvorgekomnieu. Seit dieser Zeit wurde die Eifersucht zwischen den beiden m�chtigen V�lkern immer reger; sie beobachteten sich einander mit scheels�chtigen Augen. Vorz�glich galt es jetzt das reiche Sicilien, das in der Mitte zwischen ihren beiderseitigen Besitzungen lag. Bei einer solchen Stimmung der Gem�ther mu�te wohl selbst das Geringste Ver-anlassung zu einem schweren Kriege werden. Es ging in Erf�llung, was einst Pyrrhus ahnend vorhergesagt hatte. Sie mischten sich beide in die Streitigkeiten der Inselbewohner nnd geriethen dar�ber selbst mit den Waffen an einander.
Veranlassung des ersten pnnischen Krieges. � Es hatten n�mlich campanische S�ldlinge, die sich wegen ihrer Tapferkeit Mamer-tiner, d. i. S�hne des Mars, nannten, bei Ag�th�kles, dem Ty--rannen von Syrakus, als Miethstruppeu gedient. Nach ihrer Ent-lassung schweiften sie als herrenloses Gesindel raubend umher, �ber-fielen die Stadt Mefs�na, das heutige Messina, uiib ver�bten hier die unerh�rtesten Gr�uelthateu. Da eilte der neugew�hlte syrakusische Feld-Herr und nachherige K�nig Hiero herbei und belagerte sie in der festen Stadt Messana. In dieser Roth suchten die Bedr�ngten, unter sich un-einig, Schutz und H�lfe, einige bei den Karthagern, andere bei den R�mern. Der r�mische Senat nahm billigen Anstand, dem Raubgesindel H�lfe zu schicken; endlich aber siegte die Berechnung des Nutzens. In-dessen wurden die Karthager von den Mamertinern in Messana auf-genommen; eine wichtige Erwerbung f�r sie! Denn int Besitze dieser Stadt theilten sie mit den R�mern in Rhegmrn die Herrschaft �ber die Meerenge. Die R�mer wagten deshalb das Aen�erste, um die Kartha-ger hieraus wieder zu vertreiben. Sie fuhren, die Waffen in der Hand, auf d�rftig zusammengebrachten Transportschiffen mit ihrem Consul Applus Claudius �ber die Meerenge von Messana, setzten sich durch List und Verrath in den Besitz dieser Stadt und vertrieben die Kar-thager (2.64). � So begann der erste pnnische Krieg, welcher 23 Jahre dauerte.
Von einem Kriege mit diesem Volke h�tte man sich wohl wenig Erfolg f�r die R�mer versprechen m�gen. Denn er nln�te ans offener See gef�hrt werden, wenn sie ihnen in ihren Besitzungen beikommen,
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wollten. So furchtbar aber auch die R�mer auf dem festen Lande waren, so wenig hatten sie sich auf offener See mit einem Feinde ge-messen. Sie hatten wohl Handelsschiffe, aber keine Kriegesschiffe; und vor ihnen lag die furchtbare karthagische Kriegesflotte, mit den ge�b-testen Seesoldaten bemannt! Und doch zagten die R�mer nicht. Nach dem Muster eines gestrandeten karthagischen Kriegsschiffes sollen sie innerhalb sechzig Tage eine Flotte von hundert und zwanzig Schiffen gebaut haben.
Seesieg des Dniltns (260). � Damit aber die Karthager durch ihre gr��ere Geschicklichkeit zur See nicht zu sehr im Vortheile w�ren, so erfand der Anf�hrer der r�mischen Flotte, Dniltns, die Enterhaken, welche vorn die Gestalt eines Nabenschnabels hatten und deshalb auch Corvi (Naben) genannt wurden. Durch diese eisernen, an einer Fallbr�cke angebrachten Haken sollte das feindliche Schiff an das r�mische befestigt, und so die Seeschlacht in eine Art Landschlacht verwandelt werden, in welcher die R�mer �berlegen waren. Der Versuch gelang. Es war im Jahre 260, als Duilius vermittelst dieser Enter-haken, die sich in das Verdeck des feindlichen Schiffes einbohrten, bei My l�, dein heutigen Milazzo, in der N�he von Nhegium, den ersten Seesieg �ber die Beherrscher des Meeres erfocht. F�r einen so unge-w�hnlichen Sieg erwiesen ihm seine Mitb�rger auch ungew�hnliche Ehren. Sie errichteten ihm auf dem Markte eine marmorne, mit Schiffsschn�beln verzierte S�ule, bereit Inschriften den Ruhm des Siegers ver-k�ndeten. So oft er des Abends von einem Festmahle nach Hanse ging, wurde er mit Fackeln und Musik zur�ckbegleitet. So sollte der gl�ckliche Sieger bei jeder Festfeier gleichsam einen neuen Triumphzug halten.
Gefangennehmung des Regulus (255). � Da der erste Versuch so gut gelungen war, so wagten sie noch einen zweiten, eben so k�hnen. Sie schickten ihren Consnl Attiltus Negulus nach Afrika selbst, die Karthager in ihrem eigenen Lande anzugreifen. Auch diesem war das Gl�ck im Anfange sehr g�nstig. Auf seiner Meerfahrt nach Afrika begegnete er int Jahre 256 an der S�dk�ste Siciliens beim Vor-gebirge Eknomus einer gro�en karthagischen Flotte, welche der r�mische Held v�llig schlug. Danu landete er ungehindert an der K�ste Afrikas, eroberte eine Stadt der Gegner nach der andern und stand schon bald vor den Thoren Karthagos selbst, zu dessen Belagerung er sich anschickte. In dieser Noth aber erhielten die Karthager einen unerwarteten Retter. Ein spartanischer Feldherr, Tanthtppus, kam mit wohlge�bten grie-
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chischen Miethstruppen ihnen zu H�lfe. Regulns, der sich des Sieges zu gewi� glaubte und daher weniger auf seiner Hut war, erlitt bei Tun es eine schreckliche Niederlage. Er selbst wurde gefangen genom--men und im Jubel nach Karthago gef�hrt (255). So wurde das Gleichgewicht wieder hergestellt, und Sicilien blieb der Hauptschauplatz des Krieges. Hier eroberten die R�mer bald nachher (250) die wichtige Stadt Panormus, den Hauptwaffenplatz der Karthager, und nun-mehr schien Sicilien f�r diese verloren zu sein.
Im Andr�nge solcher Gefahr schickten die Karthager eine Gesandt-schaft nach Rom, um wegen Auslieferung der Gefangenen und, wo m�glich, auch wegen des Friedens zu unterhandeln. Sp�tere r�mische Geschichtschreiber haben, um ihr Volk zu verherrlichen, das der verha�-ten Karthager aber in den Schatten zu stellen, an diesen Vorgang folgende Erz�hluug gekn�pft. Der gefangene Regulus mu�te mit der Gesandtschaft nach Rom reisen, um den Frieden vermitteln zu helfen. Vor der Abreise aber lie�en die Karthager ihn feierlich schw�ren, in die Gefangenschaft zur�ckzukehren, falls seine Mitb�rger die Friedensbedin- 1 guugen verw�rfen. Er ging; aber anstatt dort zum Frieden zu rathen, feuerte er sie nur noch mehr zum Kriege an. Er zeigte ihnen, da� Ohn-macht und Schw�che die Karthager zum Frieden zw�ngen. Und dieses rieth er, wenngleich er wn�te, da� er daf�r die peinlichste Marter in Karthago w�rde erleiden m�ssen. Auf seinen Rath wurden die Frie-densbedingungen verworfen. Da kehrte Regulns, den weder die Bitten und Vorstellungen seiner Mitb�rger, noch die Thr�nen seiner Gattin und Kinder zur�ckzuhalten vermochten, seinem Eide getreu, festen Sinnes nach Karthago zur�ck. Hier w�re er schrecklich zum Tode gemartert worden.
Schlacht bei den �gatischen Inseln und Friede (241). � Bald darauf wendete sich die ganze Macht des Streites nach der nord-westlichen K�ste von Sicilien. Hier lagen die letzten festen OerterLily-b�nm und Drep�num, die eine un�berwindliche Vormauer Kar-thagos zu sein schienen, seitdem der tapfere Hamilkar Varkas, der Vater des ber�hmten Hannibal, dort den Oberbefehl f�hrte. Zuletzt jedoch mu�te auch er unterliegen, und um das Ma� des Ungl�cks voll zu machen, wurde die karthagische Flotte, welche sein ersch�pftes Heer aufnehmen sollte, bei den �gatischen Inseln, Lilyb�um gegen�ber, von dem Consul Lutatrus Cat�lus im Jahre 241 g�nzlich ge-
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schlagen. � Da bat Karthago um Frieden. Es erhielt ihn noch im selben Jahre, mu�te aber �teilten, so weit es ihm geh�rte, und alle zwischen Sicilien und Italien liegenden Inseln r�umen, dazu innerhalb zehn Jahre mehre Millionen Thaler Kriegeskosten zahlen. � Wohl mochte der brave Hamilkar mit Thr�nen in den Augen einen solchen Frieden unter-zeichnen. Das sch�ne Sicilien, mit Ausschlu� von Syrakus, ward nun die erste r�mische Provinz. Den Namen Provinz f�hrten seitdem alle au�erhalb des eigentliche� Italiens eroberten L�nder, wohin der Senat j�hrlich einen Pr�tor als Statthalter mit h�chster Civil- und Milit�rgewalt, und einen Qu�stor als Generalempf�nger zur Hebung der Eink�nfte schickte.
Begebenheiten zwischen dem ersten und zweiten pnnischen Kriege.
Seit der Besiegung eines so m�chtigen Feindes bei anf�nglich so tut* g�nstigen Aussichten fielen die R�mer einer immer schrankenloseren Er-obernngssncht in die Arme.
Wegnahme von Sardinien und Corsica. � Hamilkar war nach Afrika geeilt, um dort einen Aufstand der unbezahlten Mieths-trnppen zu d�mpfen (238). Solcher besoldeter Miethstruppen hatten die Karthager sehr viele in ihrem Heere, die unm�glich den Much unb die Vaterlandsliebe freier B�rger haben konnten, und daher auch aufr�hrerisch wurden, sobald der Sold, f�r den sie k�mpften, ausblieb. � W�hrend dieses �beraus grausamen und frevelvollen S�ldnerkrieges hattet! die R�tner den Karthagern, deren H�nde durch den Kampf mit den Meuterern v�llig gebunden waren, in unehrenhafter Weise die Insel Sardinien, wohin sich die Emp�rung verbreitet hatte, weggenommen' und sie in Verbindung mit dem sp�ter eroberten Corsica, einer vorma-ligen Besitzung der Etrusker, zu einer r�mischen Provinz gemacht. Als die Karthager sich �ber diesen schm�hlichen Raub beschwerten, drohete Rom ihnen den Krieg und befahl sogar, sie sollten auch noch die Kosten erstatten, welche der Zug dahin erfordert h�tte. Die Pnnier gaben nothgedrnngen Alles hin, n�hrten aber in ihrer Brust einen Groll und eilte Erbitterung, die nothwendig �ber kurz in helle Flammen aus-brechen mu�ten.
Krieg mit den Illyriern (229). � Bald darauf hatten die R�mer Gelegenheit, auch auf dem adriatischen Meere ihr Uebergewicht zu gebrauchen. Die Jllyrier, welche am adriatischen Meere ostw�rts
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bis Macedonien wohnten, trieben die �rgsten Seer�ubereien. Und als ein r�mischer Gesandter der K�nigin des Landes, mit Namen Teuta, hier�ber Vorw�rfe machte und auf Abstellung des ehrlosen Gewerbes antrug, lie� die Ueberm�thige ihn meuchlerisch ermorden. Sofort be-gann der Krieg gegen sie. Die Jllyrier, �berall aus ihren Schlupfwiu-keln aufgescheucht und geschlagen, mu�ten einen harten Frieden eingehen. Sie mu�ten den r�mischen Kaufleuten die genommenen Prisen ersetzen und versprechen, mit nicht mehr als zwei Schiffen das jonische Meer zu befahren. F�r die R�mer war aber besonders die Gewinnung einer Reihe von Seepl�tzen an der Ostk�ste des adriatischeu Meeres von hohem Werths. Eine Abschrift dieses Friedenschlusses schickten die Sieger auch den Griechen zu. Diese, hier�ber hoch entz�ckt, erlaubten aus Dankbar-keit den R�mern die Theilnahme an ihren Nationalspielen; � sie ahnten nicht, da� die R�mer bald selbst als Herren und Gebieter in ihrem Lande auftreten w�rden.
Krieg mit den Galliern (225). � Bald nach diesem Kriege folgte wieder ein anderer gegen die Gallier. Diese hatten seit dem ersten Einfalle unter Bremms ihre Streifz�ge von der Poebene aus oft wiederholt und waren jetzt wieder, im Jahre 225, mit gro�er Heeres-macht bis Clusium vorgedrungen. Aber in drei Schlachten geschlagen, mu�ten sie fast ganz Oberitalien mit Mailand und anderen St�dten an die R�mer abtreten. Die fruchtbaren Landstriche diesseit und jenfeit des Po wurden unter dem Namen Gallia ciMptna in eine r�mische Provinz umgewandelt.
Der zweite pnmsche Krieg (218 � 201 vor Chr.).
Hanmbal. � Wie die R�mer, so hatten auch die Karthager um diese Zeit schwere K�mpfe zu bestehen. Sie hatten im Jahre 236 vor Chr. ihren Feldherrn Hamilkar nach Spanien geschickt, um sich durch Eroberungen in diesem reichen Lande, in welchem ihre Urv�ter, die Ph�nizier, seit tausend Jahren Sch�tze gesammelt hatten, f�r den Verlust der italischen Inseln zu entsch�digen. Nachdem er sieben Jahre siegreich gefochten hatte, starb er den Heldentod auf dem Schlachtfelde. Nach ihm setzte sein Eidam, Hasdrubal, die Eroberung fort und gr�ndete in Spanien ein karthagisches Reich. Von ihm ward auch die Seestadt Nenkarth�go, das heutigeKarthag�ua, angelegt. Solche Fortschritte erregten die Aufmerksamkeit und Besorgui� der R�mer. Sie schl�ssen
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mit den griechischen St�dten an der Ostk�ste, namentlich mit Z a kyn th os oder S ag nnt, ein B�ndni�, und bezeichneten den Karthagern den Ebro als �stliche Grenze, die sie nicht �berschreiten sollten, mit der Drohung: wenn sie sich erk�hnten, hin�ber zu gehen, oder Saguut anzugreifen, so w�rden sie ihnen den Krieg erkl�ren. Die Karthager z�rnten hier�ber gewaltig; sie mu�ten aber nachgeben; ihr Vaterland bedurfte noch zu sehr der Erholung.
Als nun Hasdrnbal im Jahre 221 vor Chr. meuchelm�rderisch ge-fallen war, wurde unter Zustimmung des ganzen Heeres der junge Hannlbal, der Sohn des Hamilkar, zum Feldherrn ernannt. Schon l�ngst war er der Abgott der Soldaten. Als ehedem Hamilkar nach Spanien �bersetzen wollte, bat ihn der kaum neunj�hrige Knabe auf das Dringendste, ihn mit sich dahin zu nehmen. Der Vater that es, lie� ihn aber zuvor am Altare schw�ren, ewig ein Feind der R�mer zu sein. Nie ist ein Schwur treuer gehalten worden! Hier, in Spanien, war Hannibal mitten int Kriegeslager erzogen worden und hatte die Kriegeskunst unter seines ausgezeichneten Vaters Leitung gelernt. Vor allem hatte dieser dem feurigen Knaben den tiefen Ha� einzufl��en gesucht, den er selbst gegen Rom n�hrte. Jetzt, zum Feldherrn erw�hlt, entwarf Hannibal gro�e Plane f�r die Erhebung seines Vaterlandes. Die Wahl h�tte auch auf keinen trefflicheren F�hrer fallen k�nnen. Keine Gefahr konnte ihn ersch�ttern, keine Arbeit erm�den; er war unempfindlich gegen Frost und Hitze, gleichg�ltig gegen alle sinnlichen Gen�sse; f�r Schlafen und Wachen hatte er keine festgesetzte Zeit. Nichts wollte er vor den gemeinen Soldaten voraus haben; oft schlief er unter ihnen, in seinen Kriegesmantel geh�llt, auf blo�er Erde. Nur seine Waffen und seine Streit-rosse mu�ten ausgezeichnet sein; auch war er immer der Erste, wenn es in die Schlacht ging, und der Letzte, der das Gefecht verlie�.
F�r einen Mann, den solche Eigenschaften zierten, und den nur der eine Gedanke beherrschte, die seinem Vaterlande zugef�gte Schmach an den R�mern Mutig zu r�chen, fand sich bald eine Gelegenheit zu dem gew�nschten Kriege. � Trotz des entgegenstehenden Vertrages griff n�mlich Hannibal die r�mische Bundesfestung Sagnnt an. W�h-rend der haru�ckigen Belagerung derselben meldete man ihm, r�mische Gesandte seien im Anz�ge, um sich bei ihm �ber den Friedensbruch zu beschweren. Er lie� sie nicht einmal vor sich kommen, sondern schickte ihnen Abgeordnete entgegen, die ihnen h�hnisch sagen
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mu�ten: sie m�chten doch ja schleunigst umkehren, denn wegen der Er-! bitterung der Karthager sei im Lager ihr Leben nicht sicher; auch habe ihr Feldherr gerade etwas Wichtigeres zu thun, als fremde Gesandt-schaften anzuh�ren! � Voll Grimm gingen die Gesandten nach Karthago, erhoben dort bittere Beschwerde �ber Hannibal und forderten dessen Auslieferung. Als die Karthager dieses entschieden ablehnten, kehrten die r�mischen Botschafter nach Hause zur�ck, aber es erschienen alsbald andere in der punischen Hauptstadt, um �ber das Vorhaben der Beh�r-den Aufschlu� zu verlangen. Man machte Ausfl�chte. Da trat einer der : R�mer, Fablus, der sp�ter unter dem Beinamen Cunctator so sehr be* r�hmt wurde, aus der Reihe der Gesandten hervor, schlug seinen Mantel, Toga genannt, in Falten zusammen und rief drohend den Karthagern die Worte zu: �Hier trag' ich Krieg, trag' ich Frieden, w�hlet!" � �Wir w�hlen nicht," riefen die Karthager, �gib, was du willst!" �So nehmet benn den Krieg," sprach Fabius mit f�rchterlichem Eruste und schlug das gefaltete Oberkleid auseinander. � Damit war der Krieg beschlossen.
W�hrend dieses zu Karthago vorging, war Hannibal in Spanien nicht m��ig gewesen. Mit aller Gewalt hatte er Sagnnt best�rmt, bis es nach achtmonatlicher verzweiflungsvoller Gegenwehr genommen und zum Theile zerst�rt wurde. Nun schritt der junge Held, nachdem er ein Heer unter seinem Bruder Hasdrubal in Spanien znr Sicherung der dortigen Eroberungen zur�ckgelassen hatte, an der Spitze eines Heeres von 50 000 Mann Fu�volk, 9000 Reitern und 37 Elephanten, k�hn �ber den (Sbro. Wie fr�her die R�mer feine Vaterstadt heimgesucht; hatten, fo wollte er jetzt die Schrecken des Krieges nach Italien selbst hin�bertragen und den Todfeind auf feinem eigenen Boden bek�mpfen. Er drang �berall siegreich vorw�rts, zog �ber das Grenzgebirge Spa- i nieits, die Pyren�en, dann durch Gallien, jetzt Frankreich genannt, j und stand, gest�rkt durch die V�ndniffe gallischer F�rsten, im f�nften Monate nach feinem Aufbruche ans Neukarth�go, am Fu�e der Alpen. Hier aber schien die Beschaffenheit der Gegend seinem Siegeszuge eine Grenze setzen zu wollen.
Hannibal's Uebergang �ber die Alpen. � Auf der Grenzscheide Italiens und Galliens ragt in furchtbarer H�he-das Alpengebirge, gleich- ' fam eine un�bersteigbare Mauer zwischen beiden L�ndern. Auf feinen [teilen H�hen starret alles von Schnee und Eis, kein gebahnter Weg f�hrte �ber das �de Hochgebirge. Nun sollte hier�ber zum erstenmale ein ganzes
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Heer setzen, Menschen, Pferde, Elephanten, Wagen und Gep�ck, und das gerade in der rauhen Herbstzeit, wo alles um so schrecklicher war, zumal f�r die an die Glnthsonne Afrikas und Spaniens gew�hnten Krieger. Be-: troffen stand das Heer vor den Alpen. Nur Hannibal zagte nicht. Er ver-sammelte seine Soldaten und hielt an sie eine kr�ftige, ermunternde Rede, die allen Unmuth erferute. Getrost fingen sie an, mit ihm hinanzu-klettern. Aber kaum waren sie etwas h�her gekommen, da begann erst recht das Elend. Sie konnten auf den glatten Eismassen keinen festen Fu� fassen; bald glitt der eine, bald der andere aus und st�rzte j�hliugs den Berg hinunter. Bald meinten sie auf festen Boden zu treten; aber siehe, es ist nur leichter Schnee, oben �ber einem Felsenspalt zusammen-gesroren, unten der Abgrund, in welchen die Ungl�cklichen st�rzen. Dann f�llt ein Elephant, dann rollt ein Wagen zur�ck und rei�t Alles j hinter sich mit in's Verderben. Dazu brechen die wilden Bergbewohner aus den Schluchten und H�hten hervor und �berfallen die m�den Kletternden. Verzweiflung sah man auf allen Gesichtern. Hannibal : sprach �berall seineu Soldaten Muth ein: �Bald haben wir die Spitze | erreicht, bergunter wird es besser gehen!" Nach tausend M�hseligkeiten hatten sie endlich diese erreicht und standen oben auf der H�he des kleinen Bernhard. Hier, in diesen luftigen Schneegefilden, lie� er seine ausgehungerten und fast erstarrten Soldaten ausruhen. Dann begann das Heer frischeren Mnthes und getrost hinabzusteigen. Aber die Schmie-rigkeiten hierbei waren fast noch gr��er. Jeder Tritt war unsicher, war lebensgef�hrlich. Jeden Augenblick sah man neues Ungl�ck. Mit �ber-menschlicher Anstrengung mu�ten Hindernisse aus dem Wege ger�umt werden. Endlich, nach Verlauf von f�nfzehn schrecklichen Tagen, hatten die ersch�pften Krieger die Ebene Oberitaliens erreicht.
Wie erschrak Hannibal, als er sein Heer musterte! Die H�lfte war umgekommen. Nur noch etwa 26 000 Mann und wenige Elephanten hatte er bei sich; weshalb er die am Fu�e des Gebirges wohnenden Gallier, die ohnehin Feinde der R�mer waren, auf seine Seite zu bringen und mit ihnen sein Heer zu verst�rken suchte.
Hamnbal's Siege in Italien (218�215). � Schlacht am Ti-cinus (218). � Das hatte wohl kein Mensch in Rom sich gedacht, da� der junge Afrikaner, wenn man ihn auch sonst wohl als einen k�hnen Kriegeshelden kannte, mit einem ganzen Heere auf ungebahnten Wegen in der kalten Herbstzeit �ber die Alpen gehen w�rde, �ber welche sich
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kaum im Sommer ein Reisender ohne F�hrer wagte. In aller Eile zog der Consnl Cornelius Scipio mit einem Heere ihm entgegen. Jenseits des Po, an dem Flnsse Ticinus (Tesstn) stie�en die beiden Heer-f�hrer auf einander, und es kam zu einem hitzigen Neitergefechte. Hannibal gewann den Sieg. Scipio selbst wnrde schwer verwundet und nur durch die Tapferkeit seiues kaum siebeuzehujcihrigeu Sohnes, des sp�ter so ber�hmten Africanus, aus der Lebensgefahr gerettet.
Schlacht an der Trebia (218). � Der Ansgang der ersten Schlacht setzte die R�mer in Erstannen, aber schreckte sie nicht. Nahete doch in starken Tagem�rschen der andere Consnl, mit Namen Sempro-n ius. Dieser, hofften sie, w�rde schon den verwegenen Alpenz�gler j gegen das Gebirge zur�ckwerfen und ihn dort stimmt seinen ersch�pften Soldaten vernichten. Aber wie fanden sie sich get�uscht! Au der Tre bia, einem der rechtsher str�menden Nebenfl�sse des Po, wu�te der schlaue Punier eine sehr g�nstige Stellung gegen die R�mer zu gewinnen, so da� diesen ein kalter Wind Regen und Schnee in's Gesicht trieb. Der gr��te Theil des r�mischen Heeres wurde hier aufgerieben. Ganz Ober-italien ging jetzt zu dem Sieger �ber, mit) mehr noch als durch Waffen-gewalt gewann er es durch schonende Milde.
Schlacht am See Trasimenus (217).'� Mit dem Fr�hlinge des folgenden Jahres 217 drang Hannibal in das mittlere Italien. Hier war der Arnns aus seinen Ufern getreten und hatte die Gegend �ber- j schwemmt. Drei Tage uud drei N�chte mu�ten die Soldaten im Wasser waten. Den Pferden gingen die Hufe ab, die Lastthiere blieben im Schlamme stecken; Hannibal selbst verlor durch die vou den D�nsten der S�mpfe erregte Entz�ndung ein Auge. Und kaum war er auf dem Trockenen, so r�ckte in Eilm�rschen ein gro�es Heer unter dem Consnl Fl am intus gegen ihn an. Hannibal lockte dasselbe durch verstellte Flucht in das von Bergen umschlossene Thal am See Trasimenus (Sago di Perugia), dessen aussteigender Nebel seinen Hinterhalt verbarg. Hier b��te der Consnl, der sich des Sieges schon gewi� glaubte, seine un�berlegte Raschheit mit einer vollst�ndigen Niederlage. Sie kostete ihm und f�nfzehntausend R�mern das Leben, zehntausend die Freiheit. Die Kampfeswuth war so gro� geweseu, da� man sogar von einem hesti gen Erdbeben, welches w�hrend der Schlacht den italischen Boden er-schlitterte, ans beiden Seiten nichts versp�rte. � Nach diesem gl�nzenden
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Siege stand dem Punier der Weg nach Rom offen. Hannibal aber zog es vor, seitw�rts von Rom in das Land der Picenter und von hier in Apnlien einzur�cken. Erst wollte er alles umher erobern und mit sich verbinden, dann auf die Hauptstadt selbst losgehen.
Die R�mer sahen sich jetzt nach dem einsichtvollsten und erfahrensten Feldherrn um und w�hlten den Fabius zum D i c t a t o r. Dieser hatte vor, den Krieg gegen seinen listigen Gegner vertheidigungsweise zu f�hren. Vorsichtig hielt er sich mit seinem Heere auf den H�hen der Berge, vou wo aus er ihn genau beobachten konnte. Rechts und links, r�ckw�rts und vorw�rts, wohin sich Hannibal wenden mochte, immer zog er auf seinen Bergen wie eine Wetterwolke neben ihm her und lie� sich durch nichts zu einer offenen Feldschlacht herunterlocken. Bald aber wurden die r�mischen Soldaten, gewohnt, den Feind zuerst anzugreifen, dieser so langweiligen Art der Kriegf�hrung, dieses so m��igen Hin- und Herziehens durch die Wolken, wie sie es in ihrem Unwillen nannten, h�chst �berdr�ssig. Sie schalten ihren Feldherrn feige und nannten ihn sp�ttisch Cunct�tor, d. i. Zauderer. Insbesondere spotteten die jungen vorwitzigen Centnrionen oder Offiziere �ber die sch�nen Aussichten, die Fabius ihnen verschaffe, und da� er das Heer in den Himmel f�hre, weil er auf Erden nichts ausrichten k�nne. Fabius aber lie� sich durch nichts irre machen. Er wollte lieber vou einem klugen Feinde gef�rchtet, als vom unwissenden Volke gelobt fein. Er hoffte, sein Zaudern werde den Hannibal in die gr��te Verlegenheit bringen m�ssen; auch konnte wohl der feurige und ungest�me Punier durch das Z�gern seines Gegners erm�det und weni-ger vorsichtig, ihm endlich eine Bl��e geben. So geschah es auch. Ehe Hannibal sich's versah, war er in einer Bergschlucht eingeschlossen; alle Ausg�nge hatte Fabius sorgf�ltig besetzt. Da sa� nun Hannibal eben so fest in der Falle, wie das Jahr zuvor Flaminius! Er aber half sich gl�cklich wieder hinaus. Er lie� zweitausend Ochsen zusammenbringen, ihnen Reisigb�ndel zwischen die H�rner binden, diese mit Anbruch der R�cht anz�nden und dann die Thiere gegen die H�he treiben. Die Ochsen wurden durch die auf ihren K�pfen lodernden Flammen w�thend und rannten mit gr�ulichem Gebr�ll gegen die Waldh�hen. Eilends liefen die r�mischen Soldaten dorthin,.nm einen Durchbruch der Punier, der, wie sie vermutheteu, dort stattsiudeu sollte, zu verhindern. Dadnrch aber war unten der Pa� frei geworden, und durch diesen zog Hannibal n�cht-licher Weile ungehindert von dannen. Erst bei Tagesanbruch merkte
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Fabius, wie arg ihn der Gegner betrogen hatte. Jetzt murrten die r�mi-schen Soldaten noch mehr. Sie meinten sogar, ihr Dictator m�sse wohl mit Hannibal in einem geheimen Bunde stehen. Denn w�hrend er selbst sich immer auf den H�hen hielt, verw�stete Hannibal unten in der Ebene alle L�ndereien um Rom mit Feuer und Schwert, nur die des Fabius lie� der Listige sorgf�ltig erhalten, um ihn in Verdacht zu bringen. Eben so unbesonnen, wie die gemeinen Soldaten, nrtheilte auch Minutlus, der Unterfeldherr des Fabius. Dieser that gegen die Soldaten recht j gro� und wichtig, als k�nne er den Hannibal gar leicht verjagen, wenn i er nur einmal Anf�hrer w�re. Und wirklich ftekam er bald mit Fabius gleiche Gewalt. Der vorsichtige Fabius aber theilte sein Heer mit ihm, damit dieser f�r sich mache, was er wolle. Voll Freude schickte Minntius sich sogleich an, gegen den gro�en Gegner angreifend vorzugehen, j Hannibal freuete sich nicht weniger und zog sich zur�ck. Das hielt | Minutius f�r Flucht und hastig zog er hinter ihm her. Aber ehe er sich's versah, war er in den Bergen eingeschlossen, alle Ausgangsp�sse fand er besetzt. Da jammerte er und sehnte sich betr�bt zum Fabius j zur�ck. Denn er w�re gewi� hier mit seinem Heere umgekommen, wenn ihm nicht der uneigenn�tzige Fabius, der die Gefahr bemerkt hatte, eiligst zu H�lfe gekommen w�re. Sobald Hannibal diesen herankommen sah, zog er sich zur�ck und sprach: �Endlich hat doch die Wetterwolke, die immer drohend auf dem Berge lag, ein Ungewitter gebracht!" Der Erl�sete erkannte nun besch�mt seinen Fehler. Ger�hrt sprach er zu seinen Soldaten: �Sehet, Fabius hat uns gerettet. Auf, lasset uns zu ihm gehen, ihm als unserem Netter, als unserem Vater, danken!" Und alle kehrten reuig zum Heere des Fabius zur�ck, der sie g�tig wieder unter seinen Oberbefehl aufnahm. Der biedere Feldherr behielt seitdem den fr�heren Spottnamen Cimct�tor als Ehrennamen.
Schlacht bei Cann� (216). � F�r das folgende Jahr 210 w�hlten die R�mer zwei neue Consnln, Aemillus Paulus und Terentius Varro. Letzterer war ein verwegener, gro�sprecherischer Mann, der d'urch eine gro�e Schlacht dem ganzen Kriege auf einmal ein Ende zu machen gedachte. Voll ungest�mer Hitze schickte er sich sogleich hierzu an. Der bed�chtige Aeniilins mu�te folgen. Da freuete sich Hannibal, er lie� nicht lange auf sich warten. An den Ufern des Anfidus (Ofanto), bei dem Flecken Cann� in Apulien, begann die Schlacht, die f�rchterlichste im ganzen Kriege. An diesem einen Tage fielen �ber
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siebenzig tausend R�mer, darunter achtzig Senatoren, und die ganze Bl�the der Ritterschaft. Auch der Consnl Aemilius Paulus war unter den Erschlagenen. Hochherzig hatte er die ihm angebotene H�lfe von sich gewiesen, als er verwundet niedersank; einen solchen Tag wollte er nicht �berleben. Tereutius Varro aberrettete sich durch schleunige Flucht*)
Die Nachricht einer so schrecklichen Niederlage setzte die ganze Stadt in die tiefste Best�rzung. Es war fast kein Haus, das nicht einen Sohn oder Verwandten verloren hatte. Alle f�rchteten, der stolze Sieger m�chte sogleich vor den Thoren erscheinen, die Stadt selbst anzugreifen. Und wirklich gab der feurige Maharbal, der Befehlshaber der karthagischen Reiterei, dem Hamtibal den Rath, augenblicklich auf Rom loszugehen. Als dieser aber den Rath verschm�het^ rief ihm Maharbal unwillig zu: �Siegen kannst du, aber den Sieg benutzen verstehst du nicht!" � Hamtibal mochte die gro�e Stadt wohl noch f�r zu fest und Die R�mer selbst f�r zu wenig gebrochen halten, um sie nach einem in der hei�en Jahreszeit doppelt anstrengenden Marsche mit seinen ersch�pften Soldaten sofort bezwingen zu k�nnen. Zuvor unterwarf er sich die Volker Unteritaliens, denen seine Ankunft ein willkommener Aufruf zur Wieder-Erlangung ihrer Freiheit und zur Rache f�r die erlittene Schmach der Knechtschaft war. Alle ergriffen seine Partei. Das reiche und M�hende Cap ua, n�chst Rom die erste Stadt Italiens, �ffnete ihm freiwillig die Thore. Hier ruhete er im folgenden Winter ans, um mit dem neuen Fr�hlinge zu neuen Siegen aufzubrechen. Wenn er aber geglaubt hatte, hierzu die n�thige Unterst�tzung aus der afrikanischen Heimath zu bekom-rnett, so t�uschte er sich bitter. In seiner Vaterstadt bestand sogar eine m�chtige Partei, die es sich zur Ausgabe gemacht hatte, die gro�en Plane des Feldherrn zu durchkreuzen und durch Verweigerung von Geld und Truppen ihn lahm zu legen. So von den eigenen Mitb�rgern verlassen, mu�te er durch B�ndnisse mit fremden V�lkern, vorz�glich von SiciUen und Macedonien, sich zu verst�rken suchen.
Die Zeit des schwankenden Gliickes (215 � 207). � Seitdem der afrikanische L�we ans feinem Winterlager von Capua aufbrach, verlie�
*) Im r�mischen Kalender wurde der Schlachttag von Cann� >vie einst der Ungl�ckstag an der Allin als B��- und Bettag schwarz bezeichnet. � Nach der Schlacht soll Haunibal drei Scheffel goldener Ringe, die von den H�nden der erschlagenen Ritter abgestreift wutbat, als Siegeszeichen nach Karthag�, geschickt haben.
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ihn mehr und mehr sein fr�heres Gl�ck. Die R�mer, die sich unterde� von ihrem ersten Schrecken erholt hatten, bewaffneten in der Not^ sogar ihre Sklaven und w�hlten einen vortrefflichen Mann zum Anf�hrer, M ar c e l l u s hie� er. Sie pflegten zu sagen: �Fabins war unser Schild, Marcellus ist unser Schwert!" Und wirklich gewann sein gutes Schwert einige bedeutende Vortheile �ber Hannibal, vorz�glich beim Aussalle aus der Festung N � l a (215), wo Hannibal zum erstenmale geschlagen wurde.
Marcellus erobert Syrakus (212). � Aber alle diese Vor-theile gaben noch keinen Ersatz f�r den Verlust von Syrakus, der Hauptstadt der Insel Sicilien. Hannibal hatte sie den R�mern abwendig gemacht und mit sich verb�ndet. Vor allem mu�te jetzt Marcellus schleu-nigst nach Sicilien �bersetzen, um sie den R�mern zu unterwerfen. Er griff sie mit einem furchtbaren Heere zu Wasser und zu Lande an und setzte alle Sturmmaschinen gegen sie in Bewegung. Einem so heftigen An griffe h�tte Syrakus wohl bald unterliegen m�ssen, w�re nicht ein Mann in der Stadt gewesen, der fast drei Jahre lang alle Angriffe der R�mer vereitelte. Es war der ber�hmte Mathematiker Ar ch irrte des. Fr�her hatte dieser in stiller Zur�ckgezogenheit �ber seine Eigenschaft nachgedacht und manche bewunderungsw�rdige Erfindung gemacht. Diese ge brauchte er jetzt, um seine Vaterstadt zu retten. Hinter der Mauer stellte er k�nstliche Maschinen ans, mit welchen er gro�e Steine und Balken, an deren Ende ein ungeheures Gervicht befestigt war, in die Schiffe der R�mer schleuderte und sie versenkte. Andere Maschinen fa�ten mit schnell niedergesenkten Balken, welche die R�mer ihrer Haken wegen eiserne H�nde nannten, die Galeeren, hoben sie in die H�he, wirbelten sie in der Luft umher, sch�ttelten die Mannschaft hinaus und zerschellten zuletzt das schwebende Schiff gegen die Mauer. Ein solcher Schrecken hatte sich der R�mer bem�chtigt, da� sie alle, sobald nur ein von der Mauer herunterh�ngender Strick oder eine vorstehende Latte sichtbar war, schlen- . nigst die Flucht ergriffen, f�rchtend, Archimedes richte feine Zauber-Maschinen gegen sie.
Marcellus sah sich gen�thigt, weiter von der Stadt wegzuziehen und sie von fern einzuschlie�en. Durch solche Mutlosigkeit der Feinde waren die Syraknsaner selbst sorgloser geworden. Das f�hrte ihr Verderben herbei. Einst in stiller Nacht, w�hrend die Einwohner der Stadt, die am Tage zuvor ein gro�es Fest gefeiert hatten, im tiefen Schlafe lagen, bestiegen die R�mer mit H�lfe eines Verr�thers die Mauern, �ffneten die
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Stadtthore, und von allen Seiten drangen die erbitterten Feinde hinein. Der gr��te Theil der Einwohner wurde niedergehauen, unter diesen auch Archimedes. Er sa� gerade im tiefen Nachdenken bei seinen mathe-matischen Figuren, die er mit einem Stabe vor sich in den Sand gezeich-net hatte, ohne geh�rt zu haben, da� die Stadt eingenommen sei. So traf ihn ein r�mischer Soldat. �Zertritt mir meine Zirkel nicht!" rief er ihm zu. Dieser aber, der den gro�en Mann nicht kannte, stie� ihn mit dem Schwerte nieder. Marcellus, der ihn gern erhalten und mit sich nach Rom gef�hrt h�tte, betrauerte seinen Tod sehr und lie� ihn auf das Ehrenvollste begraben. � Mit dem Falle von Syrakus (212) war die Eroberung Siciliens entschieden. Das sch�ne Eiland wurde jetzt als ein Ganzes zur r�mischen Provinz gemacht. � Nicht lange darauf fand auch Marcellus einen r�hmlichen Kriegertod. Nach Italien zur�ckgekehrt, wo er auch ferner die W�rde eines Oberfeldherrn beklei-bete, kundschaftete er einst, im Jahre 208, in der Gegend von Venusia. Da wurde er von einem feindlichen Reitergeschwader �berfallen und er-schlagen. Hannibal ehrte den gro�en Gegner und sandte die Asche des Todten in einer silbernen Urne an die Verwandten nach Rom.
Hannibal im lliifltuct (207 � 291). � So gl�cklich die R�mer auf Sicilien gewesen, eben so gl�cklich waren sie bald auch in Italien. Hier mu�te Hannibal eine Stadt nach der anderen fahren lassen; seine Lage verschlimmerte sich von Tag zu Tag. Da endlich beschlossen die Karthager, ihm H�lfe zu schicken, und sendeten seinen Bruder Hasdrubal mit dem Heere aus Spanien nach Italien her�ber. Auch dieser setzte mit bewunderungsw�rdiger K�hnheit und Geschicklichkeit fast noch schnei-ler als sein Bruder �ber die Alpen und zog dann in Gewaltm�rschen an der Oftk�ste Italiens s�dw�rts, um sich mit dem Bruder zu vereinigen. Hannibal war mittlerweile ihm nordw�rts entgegengekommen und bezog bei Ganusinnt ein festes Lager. Da wagte der r�mische Consul Claudius Nero, welcher ihm gegen�berstand, ein verzweifeltes Mittel. Er lie� nur einen Theil seiner Truppen gegen Hannibal zur�ck, mit den anderen begab er sich heimlich aus dem Lager, eilte gen Norden, vereinigte sich n�chtlicher Weile mit seinem Amtsgenossen Livins Salinator und �berfiel dann mit diesem zusammen das Heer des Hasdrubal. Am Flusse Metaums wurde im Jahre 207 die Schlacht geschlagen, welche den Karthagern und ihrem ganzen Unternehmen in Italien Tod und Verderben brachte. Ihrer 36 000 deckten mit ihren Leichen das Schlacht-
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feto, Hasdrubal selbst siel, und seinen blutigen abgeschnittenen Kopf warf man wenige Tage sp�ter dem nichts ahnenden Hannibal h�hnend in's Lager. Voll tiefen Schmerzes rief der bek�mmerte Held: �Wehe, nutt sehe ich Karthagos Schicksal herannahen!"
Und in der Thal, es nahete nur zu schnell heran. Denn die R�mer lie�en ihren trefflichen Feldherrn, P. Cornelius Scipio, der bereits Spanien den Karthagern entrissen hatte, jetzt von Sicilien aus nach Afrika �bersetzen (204), um die Karthager iu ihrem eigenen Lande anzu-greifen und vielleicht so den feindlichen Feldherrn aus den Grenzen Italiens zu entfernen. Die Karthager waren schon f�r ihre Hauptstadt besorgt und riefen schleunigst den Hannibal znr Rettung der Vaterstadt nach Afrika her�ber. Der biedere F�hrer folgte dem Befehle mit Schmerz und Entr�stung, indem er ausrief: �Nicht die R�mer, die ich oft genug geschlagen, sondern der Senat von Karthago hat durch Neid und Ver-l�umdung den Hannibal besiegt!" Dann ging er an Bord des Schiffes, I welches ihn aus dem Lande trug, in welchem er dreizehn Jahre nach der Schlacht bei Cann� und sechszehn Jahre �berhaupt unersch�tterlich ge-standen, gek�mpft unb gesiegt hatte. Zn Rom wurde sein Abzug durch gl�nzende Feste und Opfer gefeiert. Er landete bei Leptis und betrat dort mit seinem Heere nach 36 Jahren zum erftenmale wieber ben vater-l�tibischen Bobeu.
Schlacht bei Zama (202). � Nach seiner Landung in Afrika suchte Hannibal alsbald das Heer in den erforderlichen Stand zu setzen. Er hob neue Truppen aus und schlo� mit den F�rsten der Nachbar- | stamme Vertr�ge, ihm Pferde und Reiter zu schaffen. Die Kriegspartei in Karthago jubelte! Man fa�te neuen Mnth, ja in �berm�thiger Siegeserwartung verga� man sich so weit, r�mische Gesandte zu beleioigen und r�mische Schiffe wegzunehmen. Z�rnenb kam Scipio in ber Richtung auf Adrumetum, wo Hannibal stanb, herangezogen, weit unb breit verw�stete er bas Land der Feinde mit Feuer und Schwert. In der Gegend von Zama stie�en die gro�en Gegner anf einander. Hannibal sah wohl, wie sehr ihm Scipio �berlegen war, unb lie� ihn zu einer Zusammenkunft einladen, um ihm den Frieden anzubieten. Auf einem H�gel zwischen den Lagern kamen die beiden Feldherren zusammen. Nach den rednerischen Ausschm�ckungen der Schriftsteller des Alterthums standen beide sich eine Zeitlang schweigend gegen�ber, einer den andern bewundernd: Scipio in ber Bl�the bes Lebens nnb im Sonnenglanze
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des Gl�ckes, Hannibal von Gram gebeugt. Dann rieth Hannibal zum Frieden, indem er seinen Gegner an den m�glichen Wechsel des Gl�ckes erinnerte, den er selbst schon erfahren habe, und bot ihm als Preis des Friedens die Abtretung Spaniens und aller Inseln im Mittelmeere. Ecipio aber forderte im stolzen Vorgef�hle des Sieges unbedingte Unter-werfimg. Da brach Hannibal die Unterhandlung ab. Jetzt sollte das Schwert entscheiden. Am anderen Tage begann der blutige Kampf. Mit Muth und Anstrengung fochten beide Heere, aber die Kr�fte waren zu ungleich. Hannibal hatte au�er wenigen Kerntruppen, die er aus Italien mitgebracht, nur unge�bte, erst vor Kurzem geworbene Mieth-soldaten. Er ermunterte sie durch Wort und That, aber sein Schlachtruf verhallte; von allen Seiten wich das feige Miethgesindel zur�ck. Am hartn�ckigsten fochten noch die altgedienten Krieger, die er selbst anf�hrte. Erstand, wie sonst, mitten im Gedr�nge, wo der Kampf am hitzigsten war, ihnen zur Seite. Alle Augriffe der R�mer wurden von diesen Tapfern mit unersch�tterlichem Muthe zur�ckgeschlagen. Endlich jedoch brach auch ihre Kraft. Hannibal selbst entkam mit einer kleinen Schar nach Adrumetum.
Jetzt mu�te sich wohl das tiefgebeugte Karthago alle Bedingungen des Friedens gefallen lassen, die der siegreiche Scipio ihm vorschrieb (201). Es mu�te auf Spanien, seine letzte Kraft, Verzicht leisten; seine Flotte, 500 Schiffe, bis auf zehn Dreidecker, zur Nothwehr gegen die See-r�uber, ausliefern und innerhalb f�nfzig Jahre zehntausend Talente (fast 15 Millionen Thaler) Kriegskosten zahlen, und geloben, keinen Krieg ohne ihre Erlaubni� zu f�hren. � Hannibal sah mit zerrissener Seele den ersten Tribut eintreiben. Eine h�chst dr�ckende Kopfsteuer war ausge-schrieben worden, und Alle weinten. Hannibal aber lachte bitter und sagte: �Damals h�ttet ihr weinen sollen, als ihr vor den Feinden herflohet, als euch die Waffen genommen, und die Schiffe verbrannt wurden!"
Scipio kehrte �ber �teilten nach Rom zur�ck. Der ganze Weg durch Italien glich einem Triumphzuge. Alle Stra�eu, auf welchen er retsete, waren mit Menschen angef�llt; Alle wollten den Helden sehen, der den furchtbarsten Feiud Roms besiegt und seine Vaterstadt auf den h�chsten Gipfel der Macht und des Ruhmes erhoben hatte. Als. er sich Rom n�herte, ging ihm Senat intd Volk feierlich entgegen, um ihm Gl�ck zu w�nschen. Dann folgte der gl�nzendste Triumphzug, den Rom bislang gesehen hatte. Das ganze siegreiche Heer zog mit ihm. Auch die au�er-
ordentliche Beute, welche er in diesem Kriege gemacht hatte, wurde im feierlichen Gepr�ge mit ausgef�hrt. Man wollte dem glorreichen Sieger Ehrens�ulen errichten; aber er schlug sie aus und nahm nur den von dem Schauplatze seiner Siege hergenommenen Beinamen Afric�nus an.
Hannibal's letzte Schicksale.
Eine so tiefe Erniedrigung seiner Vaterstadt konnte Hannibal nicht verschmerzen. Er sah unruhig sich nach jeder Gelegenheit um, derselben wieder aufzuhelfen. Damals herrschte in Syrien ein m�chtiger K�nig, Antiochus, an den schickte er heimlich Briefe; er m�chte sich mit den unzufriedenen Griechen verbinden und die R�mer in ihrem eigenen Lande angreifen. Dieser Plan ward verrathen. Alsbald kamen r�mische Ab-geordnete nach Karthago und forderten drohend die Auslieferung des Hannibal. Aber dieser hatte sich schon heimlich zu Schiffe davon gemacht und fuhr mit wenigen Getreuen zum K�nige Antiochus. Dieser aber war in allen seinen Planen langsam und unentschlossen; dem besseren Nathe des Hannibal wollte er nicht folgen. Und bevor er es sich versah, wurde er vom Cousul Scipio, der wegen seiner in Asien vollf�hrten Thaten sp�ter den Ehrennamen Asiaticus erhielt, v�llig �berwunden. Au�er zu anderen schweren Opfern mu�te er sich auch dazu verpflichten, den Hannibal auszuliefern. Das hatte der Schlane gewittert. Schnell floh er davon zum Prusias, K�nig von Bithynien, und reizte auch diesen zum Kriege gegen die R�mer. Kaum angekommen, erschienen auch hier die Abgeordneten und forderten die Auslieferung des Hannibal. Der erschrockene K�nig lie� das Haus des Fremdlings mit Wachen besetzen und alle Auswege zur Flucht sorgf�ltig versperren. Da blieb dem Hannibal nur ein einziges Rettungsmittel, wenn er nicht schimpflich, als Sklave gefesselt, nach Rom wollte abgef�hrt werden, � ein wenig Gift, das er immer in seinem Siegelringe f�r den �u�ersten Rothfall in Be-reitfchaft hatte. Er zog es hervor und nahm es mit den Worten: �So will ich denn die R�mer von ihren langen �ngstlichen Sorgen befreien, weil sie doch den Tod eines Greises nicht abwarten k�nnen.''
So starb im Jahre 183 der gro�e Held, der eben so wenig den Lohn j seiner Thaten erntete, als sein Ueberwinder Scipio.�Dieser war n�mlich mit seinem Bruder Lucius von Porcius Cato Ceusorius schmachvoller Weife angeklagt, bei den Friedensverhandlungen von Antiochus bestochen ! worden zu sein. Da verlie� er kummervoll die Vaterstadt und starb auf '
einem Landgute bei Liternnm in demselben Jahre mit Hannibal, mit dem er in gleicher Weise am Abende des Lebens den Undank seiner Mitb�rger und den blinden Ha� der Gegner erfahren hatte.
Begebenheiten zwischen dem zweiten und dritten punischen Kriege.
Auch in der Zeit zwischen dem zweiten und dritten punischen Kriege rosteten die Waffen der eroberungss�chtigen R�mer nicht. In Vorder-asien und auf der griechischen Halbinsel bestanden sie damals eine ganze Reihe von gl�cklichen K�mpfen.
Der Krieg mit Antiochus III., K�nig von Syrien (192�189). � Dieser morgenl�ndische Herrscher, den Schmeichler �den Gro�en" nann-ten, hatte das ehrgeizige Streben, seine Macht �ber Kleinasien, ja �ber einen Theil Europas auszudehnen. Den Rath des Hannibal, verst�rkt durch asiatische und griechische Bundesgenossen mit gro�er Macht die verha�ten R�mer zu �berfallen, f�hrte er h�chst ungeschickt und kraftlos aus. Seine nach Griechenland hin�bergesetzten Truppen wurden von den r�mischen Feldherrn so schm�hlich geschlagen, da� der K�nig eilends nach Kleinasien entwich. Aber auch dahin folgten ihm die R�mer unter F�hrung des Lucius Scipio, sp�ter Asiaticus genannt, der jedoch bei allen wichtigen Anl�ssen durch seinen ber�hmten Bruder, den Afrikaner, vertreten wurde. Unweit Smyrna kam es im Jahre 190 vor Chr. bei Magnesia am Berge Sipylns zur Entscheidungsschlacht, welche f�r Antiochus v�llig verloren ging. Im folgenden Friedensschl�sse mu�te er ben gr��ten Theil Kleinasiens an die R�mer abtreten; eine ungeheure Kriegsentsch�digung zahlen und seine ganze Flotte bis auf 10 Schiffe ausliefern.
Die macedonischen Kriege. � Seit der Schlacht bei Cann� trugen die R�mer einen unvers�hnlichen Ha� gegen Macedonien im Herzen. Denn der K�nig desselben, Philipp III, war im Jahre 215 v. Chr. mit Hannibal gegen sie in ein B�ndni� getreten. Aber es gelang damals den R�mern, die Feinde Philipp's, namentlich die Griechen, f�r sich zu gewinnen und den K�nig in feinem eigenen Lande zu besch�ftigen. Um so furchtbarer sollte ihn jetzt im s. g. zweiten macedonischen Kriege (200�197) die Rache treffen, da der Krieg mit den Puniern beendet war. Unter beut Vorwande, die Freiheit der Griechen gegen ihn zu vertheidigen, brach der Consnl Quiuctlus Flamininns mit einem Heere nach Eplrns auf, suchte die Griechen unter den Vorspiegelungen eines neuen
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Freiheitsgl�ckes f�r sich zu gewinnen und erfocht endlich bei Kynos-kcph�l� in Thessalien, nahe bei Phars�lus, einen vollkommenen Sieg �ber Philipp (197). Er mu�te die Flotte ausliefern, das Landheer ent-* lassen, tausend Talente (anderthalb Million Thaler) Kriegeskosten zahlen und Griechenland freigeben. Bei der Feier der isthmischen Spiele lie� Flamininus, prunkend als Retter Griechenlands, den Griechen die Freiheit verk�ndigen, und die jubelnde Wenge erdr�ckte fast den verg�tterten R�mer.
Perseus aber, Philipp's Sohn und Nachfolger, entwarf heimlich Plane, sich von Rom unabh�ngig zu machen und wollte deshalb das alte macedonische Waffengl�ck noch einmal versuchen. So brach der dritte macedonische Krieg ans, welcher von 171 bis 1G8 vor Chr. w�hrte. Zwei Jahre lang focht der junge Held siegreich gegen die R�mer, bis diese den Consul Aemilius Paulus, den Sohn des bei Cann� ge-salleneu Aemilius, gegeu ihn abschickten. Die m�rderische Schlacht bei Pydna in Macedonien (168) kostete dem K�nige Krone uud Freiheit. Der Ungl�ckliche schm�ckte zuerst den Triumphwagen des Siegers uud starb dann schmachvoll wie ein gemeiner Sklave im harten Gef�ng-nisse. Das durch fr�here Siege in der ganzen Welt so verherrlichte Macedonien wurde jetzt tributpflichtig und zwanzig Jahre sp�ter eine r�mische Provinz (148).
Mit Macedonien hatte das verb�ndete Jllyrien gleiches Schicksal. Der K�nig Genthins wurde gefangen und mit feinem Ungl�cksgef�hrten, Perseus, im Triumphe aufgef�hrt.
Die Zerst�rung Korinths (146 vor Chr.) � Auch Griechenland, welches schon fett Jahren durch den Mermuth der R�mer zu leideil hatte, wurde damals von seinem Geschicke ereilt. Der Hauptschlag sollte im s. g. ach�ischeu Kriege, der sich nun entspann, die bl�hende Stadt Korinth treffen. Sie, die K�nigin des Jsthnins, hatte es k�hn gewagt, in Verbindung mit anderen griechischen St�dten den stolzen Anma�ungen der R�mer sich zu widersetzen. Der Consul Mumm ins eroberte sie. Die ungl�ckliche Stadt erfuhr nun die ganze Strenge des rohen Siegers. Die M�nner wurden get�dtet, die Weiber und Kinder in die Sklaverei verkauft, die Stadt selbst erst gepl�ndert, dann ange-z�ndet und in einen Aschenhaufen verwandelt. Die Kunstsch�tze, an welchen Korinth �berreich war, lie� der Sieger theils verkaufen, theils
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nach den Schiffen bringen, um sie in dem welterobernden Rom primfenb aufzuspeichern. Ohne Kenntni� von dem unersetzlichen Werthe eines wahren Kunstgegenstandes drohete er denen, welche die herrlichen Sch�tze der Kunst nach den Schiffen schleppten, alles, was sie zerst�rten, auf ei-gene Kosten in Rom erneuern zu m�ssen! � Das entartete Griechenland ward als ein Theil der Provinz Macedonien dem r�mischen Statthalter dieses Landes untergeordnet, sp�ter bildete es eine besondere Provinz unter dem Namen Achaia. Der Sieger Mummius empfing die Auszeichnung des Triumphs und den Ehrennamen Achaicns. Viele Griechen folgten ihren Ueberwinderu nach Rom und weckten hier den Sinn f�r Kunst und Wissenschaft.
Der dritte pumsche Krieg (149�146 vor Chr.).
Die R�mer f�rchteten Karthago noch selbst nach seinem tiefen Falle. Denn sein Handel fing allm�hlich wieder an zu bl�hen, und das Volk lebte wieder auf. Jetzt mochten es die R�mer wohl bereite�, die verha�te Stadt nicht lieber sogleich nach der Schlacht bei Zarna zerst�rt zu haben. Zu einem solchen Vernichtungsplane reizte sie vorz�glich ein alter Senator, mit Reimen Cato, sei es aus Ha� gegen Karthago, oder aus Furcht vor demselben. Jede �ffentliche Rede, die er hielt, schlo� er mit den Worten: �Und endlich sage ich noch, Karthago mu� zerst�rt werden." Aber Karthago trieb ruhig seinen Handel und h�tete sich wohl, die R�mer zu beleidigen.
Da geschah es, da� Masinissa, der K�nig des benachbarten Nu-rnidiens, ein Freund und Bundesgenosse der R�mer, ohne alles Recht in das Gebiet der Karthager siel. Zu den Waffen durften sie nicht greifen, das wu�te dieser K�nig wohl; vielleicht war er selbst von den R�-ntern aufgehetzt worden, eine Veranlassung zu dem Vertilgungskriege gegen Karthago zu schaffen. Wenigstens ward er mit jedem Tage �ber-m�thiger und setzte seinen Neckereien keine Grenze. Die bedr�ngten Karthager erhoben hier�ber bittere Klagen in Rom, wurden aber kaum angeh�rt. Da endlich gebrauchten sie das Recht der Nothwehr und ergriffen gegen den �berm�thigeu Nachbar die Waffen. Zu gleicher Zeit ober schickten sie Gesandte nach Rom, um wegen dieser Nothwehr sich zu entschuldigen und Land und Volk den R�mern zu unterwerfen. Diese forderten dreihundert der vornehmsten J�nglinge als Unterpfand ihrer Unterwerfung. Sie wurden ihnen trotz Thr�nen und Jammer der
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(Altern ausgeliefert. Unb boch gingen bie Consuln, weil ber Untergang der alten Feinbin heimlich beschlossen war, von Sicilien aus unter Segel unb landeten an ber afrikanischen K�ste. Abermals erschien eine kartha-gische Gesanbtschaft, zu jeber Genugthuuug erb�tig. Jetzt forberten bie R�mer bie Auslieferung ber Schiffe. Auch biese w�rben ausgeliefert; die R�mer verbrannten sie mit h�hnenbem Uebermnthe vor ben Augen des zitternben Volkes. �Auslieferung aller Waffen unb Kriegsger�the!" lautete ba wieber der Befehl. Mit schweigenber Angst gaben bie Karthago auch biese hin. Nachbem sie so entwaffnet unb aller Vertheibignngs-mittel beraubt waren, kam ber letzte unb furchtbarste Befehl: auszuziehen mit Weib und Kind von der Heimath, welche der Zerst�rung bestimmt w�re; zwei Meilen von der K�ste k�nnten sie sich neue H�tten bauen!
Da gerieth ganz Karthogo in Wuth und Verzweiflung. Alle schwn-reu, mit der Vaterstadt unterzugehen. Sofort begannen bie Nothan-ftattert der Gegenwehr. Die Thore wurden verrammt, ber Hafen mit einer langen Zugkette gesperrt, bie Giebel ber H�user abgetragen, um sie zum Schiffbau zu gebrauchen. Ganz Karthago glich einer gro�en Werkstatt; in allen Stra�en w�rbe geh�mmert, gehobelt, geschmolzen. Die Weiber gaben ihr golbenes unb silbernes Geschmeibe zu Pfeilen hin, ja sie schnitten ihr langes Haar ab, um Taue unb Sehnen aus demselben zu flechten; eine halbe Million Menschen wetteiferte in Dar-bringung freiwilliger Gaben unb Opfer. Vor ben Thoren ftanb ihr Felbherr Hasbrubal mit einem Heere. Zwei Jahre lang schlugen bte Verzweifelten mit L�wenmnth alle Angriffe ber Belagerer siegreich zu-r�ck. Da schickten bie R�mer ben Consnl Scipio Aemili�nus, ben Sohn bes Aemilins Paulus, bes Besiegers von Macebomen, dahin. Dieser ber�hmte Kriegesheld erst�rmte endlich im dritten Jahre der Be-Lagerung, im ^ahre 146, die Mauern, und die R�mer drangen hinein. Ein furchtbares Gemetzel begann jetzt in dem Hafen, in ben Stra�en, in den H�usern, sechs Tage lang, mitten zwischen den Tr�mmern nnb Nammen ber angez�nbeten Stobt. Siebenzehn Tage hinbnrch stanb sie in Heller Lohe. Was bes R�mers Schwert nicht nahm, gab sich selbst den Tod. Tausende st�rzten sich in die Flammen, intter ihnen Hasdru-bal's Weib und Kind, w�hrend er selbst sich zu ben F��en bes Ueberwin-bers warf und um Gnade flehete. � Der edele Scipio vergo� bei dem Anblicke des namenlosen Elends, unter d�sterer Ahnung des k�nftigen Schicksals seiner eigenen Vaterstadt, Thr�nen der Wehmuth. Nach ber
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m�rderischen Vertheidimg waren kaum noch 50 000 Ungl�ckliche �brige die zu Sklaven gemacht wurden. Eine unerme�liche Beute wurde nach Rom abgef�hrt. Scipio feierte hier den gl�nzendsten Trinmphzng uud erhielt auch deu Ehrennamen Afric�nus mit dem Zus�tze Minor, d. i. der J�ngere. Das karthagische Gebiet ward r�mische Provinz unter dem Namen Afrika (146).
So sank Karthago, die Handelsk�nigin der Welt, Roms ehemalige Nebenbuhlerin um die Weltherrschaft, in Schutt und Asche. Auf der St�tte, wo sie siebenhundert Jahre lang im regsten Kunstflei� stand und bl�hete, hauseteu seitdem bis zur neuesten Zeit hinauf wilde Thiers und barbarische V�lker. Selbst das Meer, welches einst ihre segensreiche Handelsflotte trug, war seitdem eben so lange von den Raubschiffen bar-barischer V�lker bedeckt.
Kriege der R�mer tu Spanien.
Viriathns. � Kaum in irgend einem Lande haben die R�mer einen solchen hartn�ckigen und langen Widerstand gefunden als in Spanien. Wohl hatten sie um die Zeit des Ausganges des zweiten pnnischen Krie-ges die Karthager fast v�llig aus dem sch�nen Lande verdr�ngt und deren Besitzungen an sich gerissen, allein von einer v�lligen Unterwerfung der Halbinsel war noch keine Rede. Ihre grimmigsten Feinde wa-ren im jetzigen Spanien die Celtiberer, und in dem Gebiete, welches nun Portugal hei�t, die Lnsitaner. Mit diesen dauerten die Kriege fast ununterbrochen fort. Die gr��ten r�mischen Feldherren wurden hier ge-schlagen, vorz�glich seitdem Viri�thus sich an die Spitze der Lnsitaner gestellt hatte. Dieser k�hne Parteig�nger, fr�her Hirt, dann J�ger, hatte fast zehn Jahre lang (149 �140) alle gegen ihn ausgesandte r�mische Heere it> die Gebirge gelockt, sie dort �berfallen und geschlagen. Die R�mer sahen sich endlich gen�thigt, mit ihm einen Frieden zu schlie�en, kraft dessen er im Besitze aller L�nder blieb. Kaum aber war derselbe abgeschlossen, da lie�en die Treulosen den biederen Mann, der nichts argwohnte, durch ausgesandte Meuchelm�rder aus die sch�ndlichste Weise tobten. Nun erst, nachdem die Lnsitaner ihres heldenm�tigen F�hrers beraubt waren, gelang es den R�mern, die Entmnthigten zu unterwerfen.
Noch treuloser verfuhren die R�mer im Lande der Celtiberer gegen die Stadt Nnmantia, das heutige Soria, am Duero in Altcastilien. Die Niunantrner, treue Bundesgenossen der Lnsitaner, hatten zweimal
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nacheinander siegreich ein r�misches Velagernngsheer zur�ckgeschlagen, und bei einem dritten Versuche, welchen der Consnl Hostilius Man-<Inns machte, diesen mit seinem ganzen Heere eingeschlossen. Um dem g�nzlichen Untergange zu entgehen, schlo� er mit den Numantinern Frieden und zog ab. Nun aber brachen die R�mer, wie einst bei Can-dium, den feierlich geschlossenen Vertrag, und der Krieg w�hrte fort, jedoch immer fruchtlos f�r die R�mer. Endlich schickten sie den ScLpio Aemilianns, dem nach Karthagos Besiegung Alles m�glich zu sein schien, nach Spanien. Allein mit Gewalt die Stadt zu nehmen, gelang �auclj ihm nicht. (5r schlo� sie auf das Engste ein, um sie durch Hungers-noth zur Uebergabe zu zwingen. Schon war diese so hoch gestiegen, da� selbst Menschenfleisch nicht verschrn�het wurde; da erst boten sie Frieden an. Als aber der r�mische Consnl unbedingte Unterwerfung forderte, ergriff Verzweiflung die Ungl�cklichen. Fast alle ermorderten sich gegen-seitig; nur wenige ergaben sich. Numantia wurde nach neunj�hrigem Kriege, 133 vor Chr., g�nzlich zerst�rt, der Aufruhr im Lande gestillt, und Spanien wieder unterworfen, obgleich es von Zeit zu Zeit neue Versuche machte, das fremde Joch wieder abzuwerfen. Scipio erhielt von jener Eroberung auch noch den Ehrennamen Numautluus.
griffe Unterabtheilung (133�31 vor Ahr.).
Die inneren Wirren zur Zeit der Graechen, von 133�121 vor Chr.
W�hrend Rom seine Herrschaft nach allen Seiten ausdehnte, sank mehr und mehr die innere Gr��e, die allein einem Staate dauernden Bestand geben kann. Roms �bergro�es Gl�ck war sein Ungl�ck, und seine unnat�rliche Gr��e sein Verderben. Die alten einfachen Sitten, durch welche dieser Staat aus dem kleinsten der gr��te geworden war, verloren sich immer mehr, jemehr die R�mer mit asiatischer Schweigern bekannt wurden. Durch die erbeuteten Sch�tze und durch die hohen Abgaben, die j�hrlich aus den vielen eroberten L�ndern nach Rom fl�ssen, waren die B�rger der Hauptstadt in den Stand gesetzt, alle Leidenschaften zu befriedigen. Die Enkel jener abgeh�rteten Vorfahren, die ihr Land selbst baueten und schwei�triefend von dem Pfluge als Feldherren in die Schlacht gerufen wurden, schwelgten jetzt in Ueppigkeit und Wohlleben. Der Ackerbau verlor seine Achtung und wurde Sklaven �berlassen; Niemand wollte arbeiten, Jeder nur genie�en. Die Religion hatte ihren Einflu� auf die Gem�ther verloren. Stolz, Herrschsucht und Mermuth
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griffen immer weiter um sich. Aber neben dem gr��ten Reichthnme herrschte die dr�ckendste Armuth; ein Mittelstand fehlte fast ganz. Ter Reichthuni befand sich fast nur in den H�nden einzelner Familien, welche bisher im Kriege die ersten Aemter verwaltet und so die gr��te Macht und das h�chste Ansehen erlangt hatten. Seit dem Verschwinden des strengen Unterschiedes zwischen Patriciern uud Plebejern bildeten jene, statt des fr�heren Geburtsadels, einen Amtsadel, der fast einzig auf Neichthum beruhete und ebenso, wie der Geburtsadel, sich forterbte. Dieser dr�ngte jeden emporstrebenden Mitb�rger zur�ck und ri� die Fr�chte aller Siege und Eroberungen allein an sich. Ihm gegen�ber lebte der gr��te Theil des Volkes in der dr�ckendsten Abh�ngigkeit und Roth und sehnte sich nach Rettung. Dazu kam noch eine ungeheure Zahl von Sklaven, die zur Vergr��erung der �ffentlichen Roth nicht wenig beitrugen, denn nun konnten die armen B�rger nicht einmal als Tage-l�hner Arbeit finden. Was Wunder, da� das folgende Jahrhundert der r�mischen Geschichte fast nur innere Zwietracht, ja die blutigsten B�rger-kriege aufzuweisen hat!
Die auf einander folgenden Zeitabschnitte der beiden Gracchen, so-dann des Marius und Sulla, des Pompejus und C�sar inid endlich des Antonius und Octavianus, waren Zeiten heftiger Ersch�tterung und wildester innerer Aufregung.
Tiberius Gracchus (133). � Der schroffe Gegensatz zwischen dem unerme�lichen Neichthum weniger Familien und der dr�ckendsten Noch der gro�en Masse der Bev�lkerung mu�te auf die Dauer noth-wendig eine Aufl�sung des Staates herbeif�hren. Daher entschlo� sich ein ebeler, vou der reinsten Liebe zu fernem Vaterlande erf�llter Mann, demselben burch Verbesserung ber kl�glichen Lage bes Volkes eine gl�cklichere Zukunft zn sichern. Dieser ebcle Mann war ber Tribun Tide-rlus Gracchus, ein Enkel bes �lteren Scipio Africanns. Im Jahre 133 vor Chr. brachte er ein altes, vor zweihnnbert Jahren von ben Tribunen Licimus unb Sextms gegebenes Ackergesetz wieber in Vorschlag, das burch allgemeine �bertretung l�ngst in Vergessenheit gekommen war. Hiernach sollte nunmehr kein B�rger �ber f�nfhimbert Morgen vom Gemetttbelfltib besitzen, alles �brige d�rftigen Familien in kleinen Loosen als Eigentum angewiesen, den fr�heren Besitzern jeboch f�r bie auf bie Verbesserung ber Grnnbst�cke venveiibeten Kosten aus ber Staatskasse eine Entschabigungssumme gezahlt werben. Allein sein so
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billiger als rechtlicher Antrag zu Gunsten des nok/eibenben Volkes fand bei den neuen beg�terten Abeligen ben heftigsten Wiberspruch. Voll Wuth �berfielen sie ihn auf bem Capiwl, wo er eben eine heftige Rebe gegen sie hielt, erschlugen ihn nebst breihnnbert seiner Genossen, schleiften seinen Leichnam burch bie Stra�en unb st�rzten ihn zuletzt in ben Tiberstrom.
Cajns Gracchus. � Jeboch mit bem Tiberius fiel seine Sache nicht. Zehn Jahre nachher trat sein j�ngerer Bruder, Cajus Gracchus, in der Vollmacht eines Tribunen auf, um bas Werk bes Erschlagenen zu vollenben. Dieser erneuerte auch ben Vorschlag, ben Bunbesgenossen j Roms bas B�rgerrecht zu ertheileu, auf welches biese wegen so vieler Aufopferungen von Gut unb Blut billige Anspr�che h�tten. Hier�ber kam es zu neuen, noch blutigeren Auftritten. B�rger fochten gegen B�rger, �ber breitausenb Anh�nger bes Volksmannes b��ten bas Leben ein, auch Cajus kam im wilbeu Get�mmel um, unb ber Kopf bes Un-gl�cklichen w�rbe mit Golb aufgewogen (121). Vergebens war in biesem ; neuen Freiheitskampfe bas Blut so vieler Tapferen geflossen. Weber bie ' Staatsl�nbereien w�rben vertheilt, noch bie italischen V�lkerschaften mit bem B�rgerrechte beschenkt. Jeboch war ber Parteigeist unb bas Bewu�t- | sein wohlerworbener Rechte schon zu sehr angeregt, als ba� biese ganz ! wieber h�tten unterbr�ckt werben k�nnen. Schon im Jahre 88 vor Chr. | hatten sich bie italischen V�lker in einem blutigen Kriege, ber unter beut Namen bes Bundesgenossen-Krieges ober bes Marsischeu Krieges (90 � 88 vor Chr.) bekannt ist, bas B�rgerrecht erk�mpft. I Aber an 300 000 Menschen hatte biese neue Freiheit bas Leben gekostet, unb weite Lanbstriche Italiens waren in eine Ein�be verwanbelt.
Nicht unter ben Freien allein, auch unter ben hart bebr�ngten Skla ven war bie Sehnsucht nach Rettung erwacht. H�ufige Emp�rungen brachen aus, besoubers auf Sicilien; unb kaum war bie Flamme hier gel�scht, so schlug sie an einer anberen Stelle wieber hoch empor. Das waren bie traurigen Vorspiele zu ben balb ersolgenben Schreckens-auftraten, welche Rom wieberholt an ben Abgrnnb bes Verberbens f�hrten. Die Sittenverberbni� nahm t�glich mehr Ueberhanb. Die Ab-gabpn w�rben erlassen, w�chentlich Brob unter bas Volk vertheilt, wo-burch man bieses aller Arbeit entw�hnte. Auch suchte man basselbe burch Schauspiele zu belustigen. Das gr��te Vergn�gen war, Menschen gegen einanber ober gegen wilbe Thiere auf Leben unb Tob k�mpfen zu sehen �, hatte man boch unter ben Massen ber Kriegsgefangenen ober sonstigen
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Sklaven hinreichende Aus mahl, um die St�rksten und Gewandtesten zu solchen gr��lichen Kampfspielen sogar besonders f�ttern und abrichten zu lassen. In der Regel wurden diese an den h�chsten Festen der G�tter oder beim Begr�bnisse gro�er M�nner aufgef�hrt. Nach solchen blutigen Schauspieleu verlangte das entartete Volk eben so laut wie nach Vrod. Und was lie� sich Gutes von den Kindern hoffen, die ein so schlechtes Beispiel der Erwachsenen vor Augen hatten, und deren Erziehung den Sklaven, h�ufig ganz verkommenen Menschen, �berlassen wurde!
Das Schlimmste war noch, da� auch bei der Vergebung der Staats-�mter immer weniger auf T�chtigkeit und Biederkeit der Beamten R�ck-ficht genommen wurde. Wer ehrlos genug war, durch Schmeichelei,
durch Bestechung und �hnliche Mittel sich einen m�glichst gro�en An-hang zu verschaffe�, der hatte auch die meiste Aussicht zu Amt und Ehrenstellungen zu kommen. Der Verkauf der Stimmen wurde bald ein gew�hnlicher Erwerb. So war es einzelnen reichen und m�chtigen B�rgern m�glich gemacht, ihre Hand nach dem Herrscherstabe auszustrecken und dieses ehrs�chtige Streben durch eine wohlbezahlte Volks-Partei durchzusetzen.
Selbst der sonst so achtbare Senat konnte der niederen Habsucht und feilen Bestechlichkeit nicht widerstehen. Der Krieg gegen Jug�rtha liefert einen traurigen Beleg hierzu.
Die Ruhmesthaten des Cajns Marius.
Der Krieg gegen Iugurtha (111�106 vor Chr.). � Jugurtha,
der an Kindes Statt angenommene Enkel des afrikanischen K�niges Masiniffa, sollte sich mit feinen beiden Vettern Hiempsal und Adherbal das numidische Reich theilen. Er aber, der nicht einen Theil, sondern das Ganze wollte, fiel wie ein Raubthier zuerst den Hiempsal an und t�dtete ihn, dann auch dessen Bruder. Seine Gesandten gingen nnterde� in Rom mit vollen Beuteln bei den Senatoren umher und bes�nftigten sie. Als aber ein Tribun die feige Bestechlichkeit des Senates r�gte, und schon eine drohende G�hruug unter dem Volke sich zeigte, wurde endlich ein Heer nach Afrika gegen den Kronr�uber abgeschickt. Aber der r�mische Anf�hrer gab f�r Geld sogleich Frieden und zog ab. Auch das r�gten die Tribunen, und nun wurde Jugurtha selbst zur Verantwortung nach Rom geladen. Er kam mit vielem Gold und
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Silber dahin und wu�te durch Bestechung der Vornehmsten sich pers�n-liche Sicherheit und Freiheit zu erkaufen; ja, er mordete hier, fast unter den Augeu des Senates, feinen Vetter Masstoa, dem das r�mische Volk die Krone von Nurindien zu ertheilen geneigt war. Jetzt wurde er aus Rom verwiesen. Beim Abz�ge soll er uoch die h�hnenden Worte ge-sprachen haben: �Ganz Rom ist feil, wenn sich nur ein K�ufer findet!" Eine Kriegserkl�rung folgte dem Jugurtha auf dem Fu�e nach. Aber das gegen ihn ausgesandte Heer blieb nnth�tig, da sich der Anf�hrer hatte bestechen lassen, und verfiel dadurch in solche Schlaffheit, da� es beim ersten Angriff �berwunden wurde und durch's Joch gehen mu�te. Diese Schmach emp�rte die R�mer auf's Aeu�erste. Jetzt wurde ein anerkannt rechtschaffener und thatkr�ftiger, wenn auch adelstolzer Mann, Metellus, au die Spitze des Heeres gestellt, und seitdem nahm der Krieg eine andere Wendung. Jugurtha wurde geschlagen und floh zu feinem Schwiegervater, dem K�nige Bocchus von Mauretanien, dem heutigen Marocco. Der siegreiche Metellus w�rde wohl den Krieg beendigt haben, w�re er nicht durch Marius von seinem Posten verdr�ngt worden.
Cajus Marius war der Sohn armer Landleute aus Arptnunt im Volskerlande. Schon fr�h gew�hnte er feinen K�rper an Arbeit und Abh�rtung, so da� fein Leib Wind und Wetter trotzte und fest wie Eisen war. Aber geistige Bildung hatte er nicht genossen, seine Sitten waren hart und rauh. Gl�hender Ehrgeiz brannte in dem Manne, der sich seiner Gaben bewu�t war und dem das h�chste Ziel nicht unerreichbar schien. Durch wilde K�hnheit und Tapferkeit hatte er sich von der untersten Stufe zur Feldherrenw�rde hinaufgeschwungen. Das gemeine Volk liebte ihn �ber alles, weil der gro�e Kriegesheld aus seiner eigenen Mitte war uud sich stets zu ihm hielt. Er kannte keine Furcht, er scheute keine Gefahr, nur Ehrgeiz war seine Leidenschaft. Durch Verl�umduug des Metellus schwang er sich selbst zum Consul und Feldherrn empor, j Sofort warb er zum erstenmale ein Heer aus der niedrigsten, bisher : nicht dienstf�higen Volksklasse, zog nach Afrika und erfocht hier Sieg auf : Sieg. Sein Unterfeldherr, Sulla, brachte es durch List dahin, da� ihm Bocchns selbst den Jugurtha auslieferte. Er wurde in Ketten nach Rom ; abgef�hrt und hier in einen finsteren Kerker geworfen, in welchem man i ihn verhungern lie�. Sein Land fiel an Bocchns und die Nachkommen des Masinissa.
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Der Krieg mit den Cimbern und Teutonen (113�101 vor Chr.).� Eine zweite, noch gr��ere Ehre war dem stolzen Marius aufgespart. W�hrend er uoch in Afrika gegen Jugurtha k�mpfte und siegte, kam die Nachricht nach Rom: es sei ein furchtbares Volk im Anz�ge, mit blauen Augen unb goldgelben Haaren, von riesenm��iger Gr��e, in nie gesehenem Kriegesschmncke, aus einem Lande, wo es sehr kalt sei. Es waren die Cimbern und Teutonen, deutsche V�lker von den Ufern der Nord- und Ostsee, die, vielleicht durch Hunger und �berschwemmung gezwungen, vielleicht durch Wandertrieb veranla�t, zu Hunderttausenden mit Weib und Kind die Heimath verlie�en und neue Wohnsitze suchten. Auf blutiger Siegesbahn, die durch die Alpenl�nder, durch Gallien, durch Spauien ging, schlugen die Cimbern die aufgewandten Feldherren der R�mer und andere V�lker; dann kehrten sie ans Spanien nach Gallien zur�ck, vereinten sich hier mit den Teutonen und n�herten sich jetzt in zwei getrennten H�nfen Italien selbst. Ganz Rom gerieth hier�ber in Schrecken. Jetzt zum erstenmale bewarb sich Niemand um die Consul-w�rde. Selbst der Adel war jetzt f�r Marius. Da �bernahm der gewaltige Mann von Arptniim den Oberbefehl und zog mit seinem Heere zu dem gefahrvollen Kampfe aus. An der Rhone traf er zuerst die Teutonen und schlug ihnen gegen�ber ein verschanztes Lager auf. Die fremden M�nner kamen in wildem Ungest�m vor das Lager und neckten und h�hnten das r�mische Heer und forderten es trotzig zum Kampfe heraus. Aber Marius lie� sich nicht aus der Fassung bringen. Er hielt sich lauge ruhig in seinem wohlbefestigten Lager, um feine Krieger erst au den Anblick der wilden M�nner zu gew�hnen. Und wenn er eine g�nstige Gelegenheit ersah, da� ein kleiner Haufen der Feinde allein war, so machte er schnell einen Ausfall auf sie mit Gewalt und Ueberzahl, damit die Seinen nur erst im Kleinen siegen lernten. Solches Zauderu erm�dete die streitlustigen Deutschen. Als diese sahen, da� er ihre Herausforderung zur Schlacht nicht annahm, brachen sie endlich auf und zogen au seinem Lager vorbei des Weges nach Italien. Den r�mischen Soldaten riefen sie noch mit bei�endem Spotte zu: ob sie etwas nach Rom an ihre Weiber zu bestellen h�tten? Marius aber folgte ihnen zur Seite nach, sich immer auf den H�hen haltend, damit sie nicht unversehens angreifen k�nnten. Bei Aqn� Sexti�, der jetzigen Stadt Aix, int s�dlichen Frankreich, machten sie Halt, und Marius bezog wieder ihnen gegen�ber ein verschanztes Lager. Hier aber ward dem siegreichen Zuge der wandernden Scharen die Grenze gesetzt. Hier wurden sie unter ihrem
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riesigen Anf�hrer Teutoboch im Jahre 102 von Marius �berfallen und in einer zweit�gigen Schlacht fast g�nzlich vernichtet. Teutoboch selbst gerieth in Gefangenschaft.
Unterdessen hatten die Cimbern einen andern Weg eingeschlagen^ indem sie mit den Tigurinern durch die Mittelalpen �ber den Brenner-pa� in das sch�ne Italien hinabstiegen. Vor ihnen ging wilder Schrecken. Auf ihren gro�en h�lzernen Schilden, so hie� es, lie�en sie sich die Berge hinabgleiten, fingen dann an, Niesen gleich, B�ume auszurei�en, Felsen abzutragen, die sie in den Athesis (Etsch) warfen, um bequemer hin�ber-zukommen. In der Schlacht banden sich die vorderen Reihen mit Stricken zusammen, um nicht getrennt zu werden. Vergebens suchte der Cousul Cat�lus diese Hordeu am Padus (Po) aufzuhalten. Da stie� der sieg-reiche Marius zu ihm, und nun schlugen und vernichteten beide auf der Randischeu Ebene bei Vercell� im Jahre 101 mich die Cimbern. Nach der Niederlage der M�nner wehrten sich noch verzweifelt die Weiber in der Wagenburg. Endlich, als diese alles verloren sahen, zerschmetterten sie ihre kleinen Kinder an den R�dern der Wagen und unter den F��en der Lastthiere, damit sie nur nicht lebendig den R�mern | in die H�nde fielen; dann t�bteten sie sich selbst. Triumphirend zog nun Marius in Roms Mauern ein. Seinen Zug verherrlichten die wenigen Barbaren, die ihre Niederlage �berlebt hatten. Gefangen verbreiteten diese noch Schrecken uud Verwunderung. Noch lange war den R�mern cimbrischer Schrecken und cimbrisches Kriegesgeheul im Ged�chtnisse, i Marius aber ward vom Volke fast verg�ttert und der �dritte Gr�nder Roms" genannt.
Der B�rgerkrieg zwischen Marius und Sulla (88�82 vor Chr.).
Der Krieg gegen Mithridates. � Einem um sein Vaterland so vielfach verdienten Manne schien die Feldherrnstelle im Kriege gegen Mithridates (87�84 vor Chr.) nicht entgehen zu k�rnten. � Mithri- ! dates der Gro�e, K�nig von Pontus am schwarzen Meere, hatte n�m-lich, im Vertrauen sowohl auf seine Macht als auch auf die Unterst�tzung der gegen die r�mische Verwaltung so erbitterten Asiaten und ihrer europ�ischen Grenznachbaren, sich mehrer den R�mern zinspflichtiger L�nder bem�chtigt und an einem Tage alle R�mer in Kleinasien, 80 000 an der Zahl, schrecklich hinmetzeln lassen. Ein R�merfeind, wie Hannibal, zog er dann nach Griechenland, um auch hier Alles zu einem gro�en
Bunde gegen die R�mer zn vereinen. � Wider Erwarten �bertrug der r�mische Senat den Oberbefehl gegen diesen gef�hrlichen Feind nicht dein Marius, sondern dem Cornelius Sulla. Dieser ber�hmte Mann, dessen schon oben Erw�hnung geschah, war kriegest�chtig und leiden-schaftlich ehrgeizig wie Marius, in allen anderen Punkten aber grund-verschieden von ihm und deshalb diesem um so mehr verha�t. Ein Mit-glied der aristokratischen Partei und von feiner Bildung f�hrte er anf�nglich ein weichliches Leben, bis er in m�nnlicherem Streben als Kriegesmann im Kampfe gegen Jngnrtha, gegen die Cimbern und gegen die Bundesgenossen eine immer h�here Stufe des Ruhmes erstieg. Lange schon ha�te Marius, der derbe Mauu des Volkes, den feinen, gl�nzenden Nebenbuhler; jetzt, bei Gelegenheit des Mithridatischen Krieges, kam der lang verhaltene Groll zum schrecklichen Ausbruche (88 vor Chr.). Kaum war Sulla zu seinem Heere, welches bei Nola stand, abgegangen, als Marius mit H�lfe seiner Partei einen Volksbeschlu� durchsetzte, wonach er selbst mit der F�hrung des Mithridatischen Krieges beauftragt ward. Das h�rte Sulla und r�ckte mit seinem ihm treu ergebenen Heere vor Rom. Hier gewann er nach einem leichten Kampfe die Oberhand. Marius ward ge�chtet. Auf der Flucht vor den nachgeschickten M�rdern verbarg er sich in den S�mpfen von Mintnrn� so tief, da� kaum sein -graues Haupt aus dem Schlamme hervorstand. Allein er wurde entdeckt und, so wie er war, von Schlamm und Wasser triefend, in den Kerker des St�dtchens gebracht. Ein Sklave sollte ihn t�dten. Als aber Marius diesen mit einem Herrscherblicke anfunkelte und mit furchtbarer Stimme ihn anfuhr: �Du, du willst den Marius t�dten?" da entfiel dem Sklaven vor Angst das Schwert, und Marius entrann gl�cklich der Lebensgefahr. Unter mancherlei Abenteuern fl�chtete er nach Afrika, dem Schauplatze seiner fr�heren Thaten. Dort, in den Tr�mmern des einst so bl�henden Karthago's, sah er wehm�thig das Bild seiner eigenen hingesunkenen Gr��e.
Nachdem Sulla die Angelegenheiten in Rom geordnet hatte, setzte er zur F�hrung des politischen Krieges nach Griechenland �ber. Unterdessen war der demokratisch gesinnte Consul Cinna von der Gegenpartei abgefetzt und ans der Stadt vertrieben worden. Nacheschnanbend sammelte er ganze Scharen unzufriedener Bundesgenossen und Sklaven, denen er die Freiheit verhie�, und rief auch seinen Freund Marius aus dem afri-kanischen Verstecke zu seinem Beistand her�ber. Dieser folgte rasch dem
Nufe und stand pl�tzlich ort der Spitze gro�er z�gelloser Scharen, die er unterwegs an sich gezogen, vor den Thoren Roms. Die burtih Hunger und Zwietracht entkr�ftete Stadt mu�te sich ergeben. Zum Entsetzen war sein Einzug. Vor und hinter ihm gingen bewaffnete Rotten von Sklaven. Auf wen er zeigte, den hieben sie nieder. Auf dem Markte standen die Senatoren, ihn zu empfangen. Ein Wink, und sie waren niedergemetzelt. Daun ordnete er Banden ab in die H�user seiner ehemaligen Feinde und Gegner. Sie alle wurden gr��lich niedergemacht. Der Unmensch lie� dle abgehauenen und noch vom Blute triefenden K�pfe seiner Haupt-gegner sogar vor sich auf den Tisch stellen, um beim jubelnden Trinkgelage sein Auge an diesem gr��lichen Schauspiele zu laben. F�nf Tage und N�chte dauerte das Morden und Pl�ndern in der Stadt, in welcher der schreckliche Sieger dann wieder das Amt eines Consuln bekleidete. Aber nur wenige Tage des Jahres 86 f�hrte Marius sein siebentes Konsulat; ersch�pft von vielen K�mpfen und gepeinigt von bangen I Ahnungen und fchreckvollen Erinnerungen, die er durch Trunk und j Schwelgerei vergebens zu bet�uben suchte, starb er, siebenzig Jahre alt, eines pl�tzlichen Todes. Cinna, sein treuer Anh�nger und Waffen--gef�hrte, ward von seinen eigenen Soldaten zu Anc�na ermordet. Mit ihm mar das Haupt der Partei gefallen. �� W�hrend dieser Vorg�nge ! in Italien f�hrte Sulla den Krieg gegen Mithridates mit gro�er Entschlossenheit und vielem Gl�ck. Er schlug seinen k�niglichen Gegner aber i unb abermals auf griechischem Boden, verfolgte ihn nach Kleinasien und ' "�thigte ihn hier zu einem bem�thigenben Frieben (84 vor Chr.). Dann ! kehrte ber Sieger, voll Rachegebanken gegen bie heimatlichen Wider- | sacher, nach Italien zur�ck unb warf zun�chst in einem gl�cklichen Felb-- : zuge bie Anh�nger bes Marius nieder. Darauf hielt er seinen Einzug j in Rom. Hier lie� er seiner Rachsucht und seiner Grausamkeit alle ' Z�gel schie�en. Statt des Jubels, mit welchem die ge�ngstigten B�rger i ihn empfingen, ert�nte bald in allen Stra�en, in allen H�usern ein i entsetzliches Jammergeschrei, dazwischen das Mordgebr�ll feiner rohen Soldaten. � Achttausend Anh�nger des Marius hatten sich aus Gnade ergeben. Sulla lie� sie alle gebunden in die Rennbahn treiben und Mann f�r Mann niederhauen. Das Geschrei der M�rder, das Aechzen der Sterbenden war so entsetzlich, da� die Senatoren in dem nahe ! gelegenen Versammlungsr�ume schaudernd von ihren Sitzen aufsprangen: I �Rur ruhig," sagte Sulla kalt, �es finb nur einige Eleube, bie auf meinen : Befehl gez�chtigt werben!" �ffentliche Mordlisten, Profcriptioneit ^
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genannt, bezeichneten die dem Tode bestimmten Schlachtopfer. Der W�therich setzte sogar einen hohen Preis auf den Kopf eines jeden seiner Gegner. Mit gleicher Wnth verfuhr man in den �brigen St�dten Italiens gegen die Anh�nger des Marius. H�hlen und W�lder f�llten sich mit Fl�chtlingen; und mit Recht erinnerte einst ein Senator den Sulla, es m��ten doch einige ant Leben bleiben, �ber die er regieren k�nne. � W�hrend so Stadt und Land von dem Wehe der zertretenen Gegner mi-derhallte, erg�tzte sich der Unmensch jeden Abend bei �ppigen Festgelagen an der Gesellschaft schamloser T�nzerinnen und Possenrei�er.
Nach Vernichtung der gegnerischen Partei nahm �Bulla als Dictator die Z�gel der Regierung fest in die Hand. Er erlie� eine gro�e Reihe von Verordnungen, welche meistens darauf hinzielten, die Macht der Vornehmen zu heben und die des Volkes zu schm�lern. Vornehmlich schr�nkte er die Befugnisse der Volkstribunen ein, w�hrend er die des Senates vergr��erte. Im Jahre 79 vor Chr. legte Sulla seine Gewalt freiwillig nieder und zog sich als Privatmann auf sein Landgut zur�ck. Hier starb er, ersch�pft durch die Z�gellosigkeit seines Lebens, schon im n�chsten Jahre. Seine Asche wurde in Rom neben den Gr�bern der K�nige beigesetzt.
Die Verschw�rung des Catilina (65�62 vor Chr.).
Von dem traurigen Verfall der staatlichen Ordnung und der Ver-wilderung der Sitten des r�mischen Volkes zeugt kaum ein Ereigni� mehr als die Catilinarische Verschw�rung. � Unter der Schreckensregierung des Sulla spielten n�mlich eine h�chst verderbliche Rolle viele J�nglinge aus den ersten St�nden Roms. In den gr��ten Aus-schweifnugen hatten sie ihr Verm�gen vergeudet und in der verzweifelten Lage, worin sie jetzt waren, bebten sie vor keinem Mittel der Schlechtigkeit und Verruchtheit zur�ck, sich Reichthum und Macht zu verschaffen. An der Spitze dieser verworfenen Menschen stand Sergius Catilina. Dieser verwegene aber begabte Mann stammte aus einer der �ltesten patricischen Familien Roms. Von Jugend auf war er an ein w�stes Treiben mit r�uberischen Kriegesleuten gew�hnt. Bei den Proscriptionen des Sulla befehligte der junge W�stling eine Horde der Gallier und befriedigte seine Raub- und Mordluft in der gr�uelvollsten Weise. Dieser gef�hrliche Mensch hatte sich zweimal um die Consulw�rde beworben; aber stets vergebens. Dadurch kam sein Grimm znm Ausbruche. Er
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verband sich mit einer Rotte gleichgesinnter B�sewichte, die bei dem Um-st�rze aller b�rgerlichen Ordnung ihre Rechnung zu finden hofften. Sie hielten unter sich n�chtliche Zusammenk�nfte und verschworen sich auf Tod und Leben, an einem bestimmten Tage auf ein gegebenes Zeichen loszubrechen, Mord und Brand zu stiften und iu der allgemeinen Ver-wirrung die Anf�hrer ihrer Bande zu Herrschern des Staates auszu-rufen, die �brigen Mitverschworenen aber durch Pl�nderung und Beute f�r ihre Dienste zu entsch�digen. Die Rollen waren vertheilt. Alle warteten auf das Zeichen des F�hrers Catilina. Aber der neue Consul des Jahres 63, Cicero, jener ber�hmte Redner, war dem staatsver-r�therischen Bunde auf die Spur gekommen. Er entdeckte den ver-sammelten Mitgliedern des Senates die ganze Verschw�rung auf das Genaueste und fnhr mit flammender Beredsamkeit das Haupt derselben, Catilina, an. Dieser floh bald darauf aus der Stadt, zog seine Banden zusammen und stellte sich in Etrurieu dem ihm nachgeeilten r�mischen Heere entgegen. Hier kam es zu einer blutigen Schlacht bei Pistorm, jetzt Pist�ja (62). Mit verzweifelter Tapferkeit fochten alle Verschw�rer, focht namentlich Catilina selbst. Vergebens! Die meisten von ihnen deckten mit ihrer Leiche den Platz, auf dem sie f�r eine unr�hmliche Sache gefochten hatten, unter ihnen Catilina, der noch im Tode den wilden Trotz zeigte, der ihn im Leben beseelt hatte. Cicero, dessen ber�hmte Reden, unter diesen die Catilinarischen, noch jetzt als Meisterst�cke der Beredsamkeit gelteu, erhielt als Netter des Staates eine B�rgerkrone und den Ehrennamen: Vater des Vaterlandes.
Cnejus Pompejus und Julius C�sar.
Im gleichen Jahre, 106 vor Chr., mit dem ber�hmten Redner und Staatsmanne Cicero wurde Cnejus Pompejus geboren, ein Mann, der von nun an f�r geraume Zeit die erste Rolle im r�mischen Staate spielte und sich sogar den Beinamen �der Gro�e" erworben hat. Schon in jungen Jahren verfocht er die Sache des Snlla gegen die Anh�nger des Marius mit einem solchen Waffengl�cke, da� der geerntete Ruhm in ihm die Leidenschaft erweckte, immer h�her zu steigen. So reihete er einen Feldzug an den anderen � in Europa, in Afrika, in Asien, und �berall war ihm das Gl�ck in einer wunderbaren Weise g�nstig. Nachdem er zun�chst auf Sicilien und in Afrika die Partei des Marius nieder-geworfen hatte, besiegte er in Spanien im Jahre 72 das Heer des bereits
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Meuchlerisch gefallenen Anf�hrers Sertor ins, der als Anh�nger des Marius den schwer zu bew�ltigenden Gebirgskrieg in diesem Lande fort-gesetzt und alle Angriffe seiner Gegner lange gl�cklich zur�ckgeschlagen hatte. In dem folgenden Jahre (71) endigte Pomp ejus einen Krieg gegen die Sklaven, die unter Anf�hrung des Thraciers Spartacus das r�mische Joch abwerfen wollten. Doch einen ganz besonderen Ruhm brachte ihm der Krieg gegen die Seer�uber ein. Seitdem n�mlich die R�mer die m�chtigen Seest�dte Karthago und Korinth zerst�rt hatten, sammelte sich auf dem mittell�ndischen Meere eine solche Menge von Seer�ubern an, da� kein Schiff auf dem Wasser, ja selbst die Menschen auf den ansto�enden Festl�ndern nicht mehr sicher waren. Lange hatte man ohne sonderlichen Erfolg das Unwesen bek�mpft, bis dem Pompejus die F�hrung des Krieges gegen das Raubgesindel aufgetragen wurde. In 89 Tagen s�uberte er im Jahre 67 vor Chr. das ganze Mittelmeer von diesen R�ubern, verfolgte sie auf das Festland und nahm mehr als 20000 gefangen. � Bald nach diesen gl�nzenden Erfolgen beendete Pompejus auch einen dritten Krieg gegen Mithridates, den K�nig von Pontus, welchen er nach blutigen Schlachten siegreich von Land und Leuten verjagte (65). Wie im Triumphe durchzog der gefeierte R�mer bann Asien, eroberte (64) Syrien, machte (63) Pal�stina zinsbar und feierte (61) dreifache Triumphe in Rom wegen seiner Siege in drei Welttheilen, �ber f�nfzig Reiche und 400 St�dte!
Jedoch mehr und mehr erlosch das Andenken an seine Thaten wegen des hohen Ansehens, zu welchem sich jetzt der in den K�nsten des Krieges, wie des Friedens gleich ausgezeichnete und an Begabung viel hervor-ragendere C�sar emporschwang.
Cajus Julius C�sar wurde im Jahre 99 vor Chr. geboren. Schon als Knabe zog er durch au�erordentliche Talente die allgemeine Bewun-dernng auf sich. Sein Vater starb fr�h; da �bernahm seine Mutter, die edele Aur elia, mit aller Liebe die Erziehung ihres hoffnungsvollen Sohnes. Besonders lernte er von ihr die Freundlichkeit int Umgange, durch welche er sich nachher Aller Herzen erwarb. Sein Sinn war fr�h auf gro�en Ruhm und au�erordentliche Thaten gerichtet, und kaum neunzehn Jahre alt, dachte er nicht schlechter von sich als von denen, welche er die h�chsten Stellen bekleiden sah. Er war mit Cornelia, der Tochter des Ciuna, jenes Anh�ngers des Marius, verheirathet. Sulla befahl ihm unter Androhung des Todes die Aufl�sung der Ehe mit der
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Tochter seines Feindes. Er aber kehrte sich nicht an diesen Befehl und floh mit seiner Gattin aus Rom. Sofort schickte Sulla seine Trabanten aus, den Fl�chtling zu ergreifen und zu ermorden. Unterdessen legten die angesehensten Personen F�rbitte f�r fein Leben ein. Erst nach vielem Bitten gab er nach und sprach die bedeutungsvollen Worte: �So behaltet denn euren C�sar, aber wisset, in dem jungen Manne steckt mehr als ein Marius!" C�sar trauete jedoch dem Tyrannen nicht und kehrte erst auf die Nachricht von dessen Tode nach Rom zur�ck.
Bald darauf machte er eine Reise nach der Insel Rhodus, um Molo, einen der ber�hmtesten Redner seiner Zeit, zn seiner weiteren Ausbildung zu h�ren. Auf dieser Reise wurde er von Seer�ubern �berfallen, die zwanzig Talente (fast 30000 Thaler) L�segeld von ihm for-berten. �Was," rief er unwillig, �f�r einen Mann, wie ich bin, nur zwanzig Talente! F�nfzig sollt ihr haben!" � und schickte sofort seine Begleiter ab, das Geld zusammen zu bringen. W�hrend dessen benahm er sich auf dem Schiffe nicht als Gefangener, sondern als ^err der See-r�uber. Wollte er schlafen, so befahl er ihnen ruhig zu sein. Zuweilen las er ihnen seine Gedichte und Reden vor, und wenn sie diese nicht genug lobten, schalt er sie in's Angesicht Barbaren und drohete, sie der-einst alle kreuzigen zu lassen. Die R�uber schrieben diese Freim�thigkeit feiner munteren Laune zu und hatten ihre Freude daran. Endlich kamen feine Begleiter zur�ck, und er l�fete sich, wie er versprochen hatte, mit j f�nfzig Talenten, Bct Milct se|3te man ihn an's Land. Aber kaum war er befreit, fo verschaffte er sich einige stark bemannte Schiffe, holte die R�uber wieder ein, lie� sich erst sein Geld wieder auszahlen, dann sie alle kreuzigen, wie er ihnen auch versprochen hatte.
Bald nachher kehrte er nach Rom zur�ck und lebte hier wie ein zweiter Alcibiades �ppig und verschwenderisch. Doch war er klug genug, den gr��ten Theil seines Verm�gens zu verwenden, sich einen bedeuten-den Anhang aus dem Volke zu verschaffen, der ihm nachher seine ehrs�chtigen Plane sollte bef�rdern helfen. Erst sp�ter bewarb er sich um obrigkeitliche Aemter. Er ging als Statthalter nach Lnsit�nien, dem heutigen Portugal. Auf der Reise dahin sah er zu Gab es (Kadix) in einem Tempel bie Bilbniffe ber ber�hmtesten Helben aufgestellt. Lange ! blieb er vor bem Stanbbilbe Alexanber des Gro�en stehen und sagte mit Thr�nen in den Augen zu seinen Begleitern: �Der hatte in meinem Alter schon die Welt erobert, und ich � ich habe noch nichts gethanI
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Als er nach r�hmlicher Verwaltung seiner Provinz nach Rom zur�ck-gekehrt war, stieg sein Ansehen immer mehr. Denn er war freundlich und herablassend gegen Jeden, vertheilte mit reicher Hand Geschenke unter das Volk, gab k�stliche Gastm�hler und Spiele. Als Aedil lie� er zum Vergn�gen des Volkes Wettk�mpfe anstellen, in welchen 320 Paar Fechter, alle in strahlender Silberr�stung, auftraten. Er war der Zu-neignng des Volkes bereits so gewi�, da� er es wagte, sich um das Amt eines Oberpriesters zu bewerben, welches sonst nur den �ltesten und ver-dienstvollsten Senatoren ertheilt wurde. Am Tage der Wahl begleitete ihn seine Mutter, voll Angst und Vesorgni�, bis zur Th�rs. �Mutter," rief er, �du stehst mich als Oberpriester oder als Verbannten wieder!" Er ging, und zun: Erstaunen der Senatoren w�hlte das Volk seinen Liebling zum Oberpriester.
Nach Verlauf des Jahres sollte er als Statthalter nach dem jenseitigen Spanien gehen. Aber seine Gl�ubiger wollten ihn nicht ans der Stadt lassen, denn er schuldete ihnen gro�e Geldsummen. Da wu�te er den reichsten R�mer, Cr assns, zu bereden, da� dieser f�r ihn gut-sagte; dann reisete er ab. Auf der Reise kam er durch ein armseliges-St�dtchen jenfett der Alpen, und seine Begleiter warfen scherzend die Frage auf, ob wohl unter den d�rftigen Einwohnern desselben Neid und Rangstreit herrschen m�chte. �Ganz gewi�," sagte C�sar bedeutungsvoll: �ich wenigstens m�chte lieber der Erste in diesem Flecken, als der Zweite in Rom sein!" � In Spanien zeigte er sich zuerst als Feldherr und kehrte mit Ruhm und Beute nach Rom zur�ck. Hier galt er jetzt beim Volke Alles. Er war der Liebling der Menge, die alle seine Pl�ne unter-st�tzte. Ein Ehrenamt nach dem andern wurde ihm �bertragen. Das kr�nkte den Pompejns, der bisher in seiner Gr��e ohne Nebenbuhler gestanden hatte, und um sein gesunkenes Ansehen so viel als m�glich wieder zu heben, schlo� er sich an C�sar.
Das erste Triumvirat (60 vor Chr.) � C�sar und Pompejns, welche trotz gegenseitiger Eifersucht zun�chst mit einander in ein n�heres Verh�ltni� getreten waren, verbanden mit sich auch den Crassus, der wegen des au�erordentlichen Reichthumes, den er durch den Handel mit Sklaven, durch den Ankauf der G�ter der Proscribirteu und durch andere unr�hmliche Mittel sich erworben hatte, gro�en Einflu� besa�. Diese drei M�nner schl�ssen im Jahre 60 unter sich einen Bund, Triumvirat, d.i. Dreim�nner^Bund, genannt. Es war der Bund der
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Klugheit mit dem Ruhme und dem Reichthume! Gegeuseitiger Beistand Zur Erreichung selbs�chtiger Plane war der Zweck desselben. Von nun an sollte der r�mische Staat nur von ihnen regiert werden. Sie theilten sich deshalb auch in alle Aemter uud W�rden, ohne sich um den Senat fnrder zu k�mmern. C�sar w�hlte f�r sich insbesondere die Provinz Gallien, Pompejus Spanien nebst Afrika, Crassus die reiche Provinz Syrien. Der letzte fiel aber bald als Opfer seiner Habgier in einem Angriffskriege gegen das wilde morgenl�ndische Reitervolk der Parther (53).
Ricljt ohne Absicht hatte C�sar gerade den schwierigsten Posten, Gallien, gew�hlt. Es lie� sich auf demselben viel Ruhm erwerben; darum war er ihm sehr erw�nscht. Denn die R�mer besa�en in diesen: benachbarten gro�en Lande erst kleine Landstriche; die verschiedenen K�lker mu�ten noch mit dem Schwerte unterworfen werden; darnach aber verlangten die R�mer um so mehr, als ihnen eine m�glichst nngehin-derte Verbindung mit dem l�ngst unterworfenen Spanien sehr w�nschens-werth erschien. So hatte C�sar eine sch�ne Gelegenheit, sich w�hrend der Eroberung Galliens, ein t�chtiges, ganz ergebenes Heer zu bilden, an dessen Spitze er auch noch andere ehrs�chtige Plane, die im Hinter-gr�nde lagen, durchzusetzen hoffte. Er eroberte das ganze Land inner-halb acht,xyahre, von 58 bis 51. W�hrend dieser Zeit setzte er auch zweimal vom �stlichen Gallien aus mit einem Heere �ber den Rhein und drang in Deutschland eiu. Mit einer Flotte fuhr er von der Nordk�ste Galliens ebenso nach Britannien, dem heutigen England, hin�ber. Freilich konnte er bei den kriegerischen V�lkern dieser L�nder wenig ausrichten, aber es war doch f�r ihn ein gro�er Ruhm, sein Heer in L�nder gef�hrt Zu haben, die noch kein R�mer gesehen hatte. Er selbst hat uns diese seine Feldz�ge eingehend beschrieben.
B�rgerkrieg zwischen C�sar und Pompejus (49 � 48).
C�sar's Siege und wachsender Ruhm erf�llten Pompejus mit Mi�gunst und Besorgni�. Seit dem Untergange des Crassus und dem Tode der Gemahlin des Pompejus, der Tochter C�sar's, war das Verh�ltni� zwischen den beiden noch �brigen Mitgliedern des Triumvirats ein ganz anderes geworden. Es mu�te sich jetzt entscheiden, wer von beiden die Oberhand behalten sollte. Pompejus war in Rom geblieben und lie� seine Provinz durch einen Stellvertreter verwalten. In Rom schlo� er
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sich auf das Engste an den Senat, um durch dessen Gunst das Ueber-gewicht zu gewinnen. Der Senat fand in Pompejns eine gute St�tze gegen den wachsenden Uebermuth des Volkes und stellte das Consulat ganz zu seiner Verf�gung, so da� er allein mit unumschr�nkter Gewalt regierte. Alles dieses wurde dem C�sar durch seine Anh�nger von Rom aus benachrichtigt. Alsbald stellte er den Antrag, da� der Senat auch ihm ein Amt in Rom �bertrage, welches er von Gallien aus verwalten k�nne. Aber Pompejns suchte auf alle Art feinen Absichten entgegen zu arbeiten. Er machte den Senat, welchen er ganz f�r sich gewonnen hatte, darauf aufmerksam, wie gef�hrlich dieser Mann an der Spitze seines Heeres der Freiheit Roms werden k�nne. Ja, er brachte den Senat dahin, da� dieser den Befehl erlie�: C�sar solle sein Heer entlassen und aus der Provinz abgehen; wo nicht, so w�rde er ihn f�r einen Feind des Vaterlandes erkl�ren. � Als C�sar diese Nachricht erhielt, gerieth er in heftigen Zorn; mit ihm sein treues Heer. �Der W�rfel ist gefallen!" rief er und setzte �ber den Rubtco, den Grenzflu� Italiens und der gallischen Provinz, und stand schnell wie der Blitz vor den Thoren Roms. Die ganze Stadt war voll Best�rzung, voll Schrecken. Alle suchten Rath, suchten H�lfe bei Pompejns, der noch kurz zuvor, als man ihn auf die nahe Gefahr aufmerksam machte, in stolzer Sicherheit ausgerufen hatte: �Ich brauche nur mit dem Fu�e auf den Boden zu stampfen, und ganze Heere werden hervorkommen!" Auch er theilte jetzt die allgemeine Best�rzung. Er floh in athemloser Eile mit seineu Anh�ngern erst nach Unteritalien, bann weiter �ber das adria-tische Meer nach Nordgriechenland. In sechzig Tagen gebot C�sar als Herr �ber ganz Italien und feine Inseln. Aber �berall lie� er Milde und Gnade walten. Dann eilte er zur�ck nach der Provinz des Pompejns, nach Spanien. �Erst," sprach er, �will ich ein Heer ohne F�hrer schlagen, dann zum F�hrer ohne Heer zur�ckkehren!" Auch hier siegte der k�hne Feldherr, der Italien fast ohne Schwertstreich gewonnen hatte. Dann kehrte er nach Rom zur�ck und ordnete hier mit Milde die Angelegenheiten der Stadt. Er wurde zum Dictator ernannt und eilte nun dem Pompejns nach. Trotzdem die feindliche Flotte �ber 100 Segel stark bei der Insel Korcyra ankerte, setzte C�sar fast unter den Augen der Gegner mit wenigen Schiffen im Sp�therbste des Jahres 49 vor Chr. �ber das ionische Meer von Bruudustum aus nach Dyrrh�chlum an der K�ste von Epirns hin�ber. Aber seine �brigen Truppen, welche bald nachfolgen sollten, blieben durch Unwetter und die Feinde gehindert lauge
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Zeit aus. C�sar, rings von �berm�chtigen feindlichen Heeren umgeben, kam in furchtbare Gefahr. Da entschlo� er sich, trotz Sturm und feindlicher W�chter, selbst nach der italischen K�ste zur�ckzufahren, um die ausbleibenden Legionen zu holen. Der F�hrmann zagte;�F�rchte nichts," rief der k�hne Feldherr, �du f�hrst C�sar und sein Gl�ck!" Mit der eud-lich eintreffenden Verst�rkung wagte er bald darauf einen ersten Kampf. Bei Dyrrh�chlum (Durazzo) traf er mit Pompejus zusammen. Hier aber verlie� ihn sein fr�heres Gl�ck. C�sar wurde von feinem Gegner geschlagen und zog sich �ber das Pindus-Gebirge nach Thessalien landeinw�rts. Da riethen die Feldherren des Pompejus, jetzt eine entscheidende Schlacht zu wagen, um den C�sar und seine von Hunger und Er-mattung ersch�pften Soldaten mit einem Schlage zu vernichten.
Schlacht bei Phars�lus (48). � Aber Pompejus dachte anders. Er sah ein, da� die vielen jungen, vornehmen R�mer, die in seinem Heere dienten, es unm�glich mit den abgeh�rteten, im Kriege ergrauten Truppen des C�sar w�rden aufnehmen k�nnen. Dennoch mu�te er deu ungest�men Forderungen seiner Hauptleute nachgeben und eine entscheidende Schlacht wagen. Diese fiel vor bei Phars�lus in Thessalien im Jahre 48. In der Hitze des Kampfes befahl C�sar seinen Soldaten, nur mit dem Schwerte einzudringen und den Hieb gerade j gegen das Gesicht zu richten. Es geschah; und sogleich flohen die verz�rtelten Weichlinge, aus Furcht, ihr glattes Antlitz m�chte durch einen Schwerthieb entstellt werden, erschrocken davon. Jetzt begann ein furchtbares Gemetzel. C�sar sprengte durch die Schlachtreihen und rief einmal : �ber das anderemal laut aus: �Schonet der B�rger!" Diese Worte j gewannen ihm mehr, als die Sch�rfe des Schwertes. Viele Senatoren und Ritter ergaben sich feiner Gro�muth. Mit wenigen Getreuen floh j Pompejus �ber Kleinasien nach Aegypten, fand aber hier statt gastlicher ] Aufnahme den Tod durch Meuchelmord. Ptolern aus, der junge I K�nig des Landes, lie�, in der Hoffnung, C�sar's Gunst zu erlangen, den geschlagenen Helden bei seiner Landung in Peluftum ermorden, dem Ermordeten den Kopf abschneiden, mit diesen dem C�sar zu verehren, den verst�mmelten Leichnam aber unbeerdigt an's Ufer werfen. Drei Tage sp�ter landete C�sar selbst. Und alsbald kamen die R�ths des K�nigs an Bord und �berreichten ihm gl�ckw�nschend das Haupt des Pompejus. Mit Abscheu wandte sich C�sar von diesem Anblicke, betrach-tete dagegen mit Thr�nen der R�hrung den Siegelring seines Ungl�ck*
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wichen Gegners und ehemaligen Schmiegersohnes. Weit entfernt, die elende That zu belohnen, trat er als Herr und Gebieter in Aegypten auf. Bei dem hier herrschenden Thronstreite zwischen dem jungen Pto-lemaus und dessen Schwester Kleopatra sprach er dieser den Thron zu und sicherte ihr denselben durch die Gewalt der Waffen.
Nach dem Tode des Pompejus hatte C�sar gegen andere Feinde und besonders gegen die Anh�nger des tobten Gegners noch manchen schweren Kampf zu bestehen. In Kleinafien erhob sich Pharnazes, der Sohn des Mithridates, und besetzte mehre Provinzen. Gegen ihn beendete C�sar wie im Fluge im Jahre 47 den Feldzug; sein stolzer Siegesbericht nach der Schlacht bei Zela enthielt nur die drei Worte: veni, vidi, vici! (ich fam, sah, siegte!) Blutiger und m�hevoller war der Kampf in Afrika gegen die Pompejaner, die er im Jahre 46 in der Schlacht bei Thapsus niederwarf; 50 000 Feinde wurden niedergemacht. Unter anderen ber�hmten M�nnern, welche in diesem afrikanischen Kriege ums Leben kamen, ist wohl der bekannteste jener Cato, den der Gedanke an den bevorstehenden Untergang des Freistaates mit solchem Schmerze erf�llte, da� er sich in Utika selbst mit dem Schwerte t�dtete. � Trotz des verlorenen Krieges in Afrika wagten die S�hne des Pompejns mit ihrem Anhange noch einen Versuch, sich der Uebermacht Casars entgegen zu stellen. Auf spanischem Boden wnrde dieser letzte Krieg ans-gefochten. Zwisd)en Cordova und Gibraltar wurde im Jahre 45 bei Munda die blutige Entscheidungsschlacht geschlagen. F�r C�sar war es die gef�hrlichste in seinem ganzen Kriegesleben, er selbst mu�te schlie�-lich die Legionen gegen den Feind f�hren, welcher einen verzweifelten Widerstand leistete und erst nach einem Verluste von 30 000 Gefallenen geschlagen das Feld r�umte.
Casars Alleinherrschaft und Tod.
Als der Sommer des Jahres 45 vor Chr. zur Neige ging, kehrte C�sar mit seinen siegreichen Legionen nad) Rom zur�ck. Mit unend-lichem Jubel wurde er empfangen, doch glich der prunkvolle Einzug nicht mehr den Triumphen alter Zeit; � der Herr und Gebieter kehrte heim! Hohe und Niedere suchten einander in Dienstbezeugungen gegen ihn zu �bertreffen. Dagegen lie� es auch C�sar an Huld und Gnade nicht fehlen. Die ungeheuren Geldsummen, die er in den vielen Kriegen erbeutet hatte, verteilte er unter das Volk, um dasselbe ganz von seinem
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Willen abh�ngig zu machen. Jedem seiner Veteranen oder altgedienten Soldaten schenkte er tausend Thaler, jedem Unteranf�hrer das Doppelte, jedem Obersten das Dreifache, jedem B�rger Roms zwanzig Thaler. Au�erdem lie� er Korn und Oel austheilen, Spiele zu Wasser und zu Lande anstellen. Es fochten einmal zur Belustigung des Volks 1200 Menschen gegen vierzig Elephanten, und zum Schl�sse des Festes wurde das Volk an 22 000 Tafeln in den Stra�en und auf den Marktpl�tzen der Stadt bewirthet.
Alle hohen Staats�mter vereinigte C�sar nach und nach �t seiner einzigen Person, ja man gestattete ihm sogar die Entscheidung �ber Krieg und Frieden, �ber die Staatskassen, �ber das Heer und die Vergebung der Aentter. Von dieser unumschr�nkten Gewalt machte er in de� einen sehr gem��igten Gebranch und fast nur zum Wohle der Unter-thanen. Er belohnte seine Freunde, vers�hnte seine Feinde, stellte Ruhe und Ordnung in Rom und Italien wieder her und entfaltete auf allen Gebieteil menschlichen Strebens und Wirkens eine gro�artige Th�tigkeit. Die staatliche Ordnung, die Rechtspflege, die Bestimmungen �ber M�nze, Ma� und Gewicht, �ber die Verbesserung des Kalenders,*) �ber die Pflege der K�nste und Wissenschaften � alles wurde mit Entschiedenheit in Angriff genommen und unter C�sars Leitung und Aussicht durch kundige M�nner gef�rdert. So schaltete und waltete C�sar als ein m�chtiger uud weiser Herrscher und nichts schien ihm mehr zu fehlen, als die k�nigliche Krone; denn alle k�nigliche Gewalt besa� er schon in ihrem ganzen. Umfange. Auch jene wollte ihm der Senat antragen; � da vollzog sich ein gr��liches Ereigui�.
Ungeachtet der milden und segenvollen Regierung hatte sich n�mlich zu Rom im Geheimen gegen C�sar eine Partei gebildet. Die alten Freunde der Freiheit konnten es nicht vergessen, da� die Republik von ihm gest�rzt, und alle Macht in der Person des Einzigen vereint sei. Sie verschmoren sich deshalb gegen sein Leben. Die Eifrigsten unter ihnen glaubten, durch die Ermordung eines Tyrannen, f�r den sie C�sar ausschrieen, sich unsterbliche Verdienste um den Staat zu erwerbeu. An
*) Die von Julius C�sar veranlasste Verbesserung des Kalenders wurde mit H�lfe des �gyptische� Mathematikers SosigSnes ausgef�hrt; der also verbesserte Kalender hei�t uach C�sars Geschlechtsnamcn �der Julinuische Kalender".
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der Spitze der Verschw�rung standen Marcus Brutus, der schon mit seinem Namen an den ehemaligen Befreier Roms von der Herr-schaft des K�niges Tarquinius erinnerte, und Cajus Cassius. Beide waren von C�sar mit Wohlthaten �berh�uft, elfterer sogar stets als Sohn von ihm geliebt und ausgezeichnet worden. Dennoch hegten Beide gegen den Zerst�rer der alten Freiheit einen unvers�hnlichen Ha�. Er sollte fallen; der f�nfzehnte M�rz des Jahres 44 ward zur Vollf�hrung ihres blutigen Vorhabens festgesetzt.
C�sar war gewarnt und hatte schon auf inst�ndiges Bitten seiner Gemahlin, die in der Nacht vorher durch furchtbare Tr�ume in Schrecken gesetzt worden war, beschlossen, an diesem Tage nicht in der Senatsversammlung zu erscheinen. Als ihn aber am Morgen ein Vetter des Brutus besuchte und ihm vorstellte, wie sehr er den Senat beleidigen w�rde, wenn er ihn uu verrichteter Sache auseinandergehen lie�e, machte er sich auf den Weg. Auf der Stra�e steckte ihm ein warnender Freund einen Brief zu, in welchem die ganze Verschw�rung aufgedeckt war. Er konnte ihn aber wegen des Gedr�nges der Volksmenge nicht lesen und gab ihn feinem Schreiber in Verwahr. Als er in den Saal im Theater des Pompejns, worin an jenem Tage zuf�llig die Sitzung des Senates ab-gehalten wurde, gekommen war und auf seinem goldenen Sessel Platz genommen hatte, dr�ngten sich sogleich die Verschworenen um ihn herum. Voran stand TitliusCimber und bat um die Begnadigung seines verbannten Bruders; und die �brigen unterst�tzten dieses Gesuch. Hier-aus ergriff Giltiber C�sar's Toga und ri� sie ihm gewaltsam von der Schulter. Das war das verabredete Zeichen, auf welches sogleich einer, Namens Casca, den ersten Dolchsto� that. Schnell fuhr C�sar von seinem Sessel auf und rief: �B�sewicht, was beginnst Du!" und griff ihn beim Arme. Unterdessen stachen ihn die anderen in die Brust, iu's Gesicht; von allen Seiten drangen die Dolche auf ihn ein. Einige Augenblicke vertheidigte sich der Ueberfalleue noch fo gut er konnte. Als er aber, schon ganz mit Blut bedeckt, auch feinen Liebling, den Brutus, auf sich eindringen sah, da sank sein Much, und wehm�thig rief er ans: �Auch du, mein Sohn!" dann verh�llte er sein Gesicht in die Toga und sank, ans drei und zwanzig Wunden blutend, an der Bilds�ule des Pompejns, die nicht weit von seinem Sessel stand, entseelt zu Boden. Die Senatoren, vor deren Augen der Mord ver�bt wurde, flohen vor Schrecken auseinander.
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Marcus Antonius und Octavianus.
Das zweite Triumvirat (43 vor Chr.) � C�sar's Tod brachte f�r Rom neue Wirren und Unruhen, aber nicht die Freiheit, welche feine M�rder erwartet hatten. Der Conful Antonius, C�sar's Freund, versammelte den zersprengten Senat und machte Anstalt, den Tod des Gemordeten zu r�chen. W�hrend Lepldus, der auch ein treuer Au-H�nger C�sar's und Befehlshaber der Reiterei war, mit feinen Truppen schlagfertig in der N�he stand, lie� Antonius den Leichnam seines Frenn-des auf offenem Markte zur Schau ausstellen und das blutige Gewand daneben h�ngen. Dann hielt er vor dem herzustr�menden Volkshaufen eine begeisternde Lobrede auf den erhabenen Tobten und las endlich C�sar's Testament vor, das die Erbitterung der B�rger gegen seine M�rder auf's H�chste brachte; denn jeder einzelne B�rger war in demselben bedacht. Der P�bel lief w�theud durch die Stra�en, z�ndete das Rathsgeb�ude an, in welchem der Mord ver�bt war, und schwur den M�rdern Tod und Verderben. Diese ergriffen bald darauf die Flucht.
Zu seinem Haupterben hatte C�sar einen Enkel seiner Schwester ernannt, den Octavianns, einen achtzehnj�hrigen J�ngling voll Schlauheit und Verstellung. Dieser fand sich bald darauf in Rom ein, wurde aber gegen feine Erwartung von Antonius kalt und schn�de empfangen. Er verbarg seine Unzufriedenheit hier�ber und suchte durch Freundlichkeit, Geschenke, Schauspiele und gl�nzende Feste die Gunst des Volkes zu gewinnen. Dieses gelang ihm auch. Vielen schien er auch ein t�chtiges Werkzeug zu sein, die Macht des Antonius zu schw�chen. Denn dieser wurde mit jedem Tage anma�ender und �berm�thiger; er schien C�sar's Nolle fortspielen zu wollen. Endlich wurde er, vorz�glich auf i Betrieb des feurigen Redners Cicero, f�r einen Feind des Vaterlandes erkl�rt. Beide Konsuln nebst Octavianns r�ckten gegen Antonius aus I und schlugen ihn in einem zweit�gigen Treffen bei Mutina, jetzt Mo- j dena (43). Aber beide Confuln verloren auf dem Feldzuge ihr Leben, und Octavianns stand nun allein an der Spitze des Heeres. Antonius ; fl�chtete nach Gallien, wo fein treuer Anh�nger Lepidns ihm neue Truppen zuf�hrte, und Beide r�ckten nun feindlich gegen Italien vor. Schon f�rchtete man einen blutigen Zusammensto�, als es pl�tzlich ruchbar wurde, da� Octavianns mit Antonius und Lepidns in einer geheimen Zusammenkunft auf einer Insel bei Bon�nia (Bologna) eine Verbindung geschloffen hatte, deren Zweck die Ausrottung ber republikanischen Partei
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war. So entstand im Jahre 43 ein zweites Triumvirat, ganz �hnlich demjenigen, welches vor siebenzehn Jahren C�sar, Pompejns und Crassus unter sich geschlossen hatten. Sie vertheilten die Oberherr-schast des Staates wie eine gemachte Beute unter sich.
Um sich im ruhigen Besitze der Oberherrschaft zu erhalten, beschlossen sie, alle ihre Gegner, alle Anh�nger der alten Freiheit, aus dem Wege zu r�umen. Den Anfang machten sie mit furchtbaren Hinrichtungen. Die Schreckenstage des Marius und Sulla kehrten zur�ck. Die edelsten und reichsten M�nner wurden ermordet, auf die K�pfe der Geflohenen ein hoher Preis gesetzt, die Soldaten, die Vollstrecker der Mordbefehle, reichlich belohnt. Nicht in der ungl�cklichen Hanptstadt allein, im ganzen Lande flo� das Blut der Erschlagenen. � Unter den zahllosen Ungl�ck-lichen, die der Herrschaft dieser drei W�theriche hingeopfert wurden, erregt der um sein Vaterland so hoch verdiente Cicero besondere Theil-n�hme. Wir wollen deshalb in kurzen Z�gen ein Lebensbild dieses hoch-ber�hmten Mannes hier einschalten.
Cicero.
Marcus Tullius Cicero wurde im Jahre 106 vor Chr. auf einem Gute bei Arpinum, der Vaterstadt des Marius, geboren. Er stammte aus einer zum Nitterstande geh�rigen, sonst aber wenig bekann-ten Familie. Der besseren Ausbildung halber begab sich der Vater mit dem jungen Marcus und dessen Bruder bald darauf nach Rom, wo sie unter Aufsicht des ber�hmten Redners Crassus von griechischen Lehrern unterrichtet wurden. Auch verkehrte Cicero vielfach mit den gr��ten Rechtsgelehrten jener Zeit, um sich im Umgange mit ihnen f�r seinen k�nftigen Beruf vorzubereiten. W�hrend der Dictatur des Sulla trat dann der junge Mann zum erftenmale als Anwalt in �ffentlichen und in Privatprozessen auf und erregte durch seine gl�nzende Sprache, sowie durch sein au�ergew�hnliches Nednertalent allgemeines Aufsehen. Aber noch hielt er sich f�r ein so schwieriges Amt nicht hinreichend vorgebildet und ging deshalb zu seiner weiteren Vervollkommnung nach Athen und sp�ter nach Nhodus, wo damals der ber�hmte Redner Molon lehrte. Selbst dieser Meister seiner Kunst wurde �berrascht durch die Anlage des strebsamen jungen R�mers. Einst, so wird erz�hlt, hielt Cicero hier vor den versammelten Zuh�rern �ber einen vorgelegten Gegenstand auf der Stelle eine so sch�ne und geistreiche Rede, da� nach Beendigung
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derselben der ganze Saal von Beifallklatschen wiederhallte. Nur Molon blieb unbeweglich und schaute finster zur Erde. Das befremdete feine Sch�ler; fie fragten ihn nach der Ursache. Da wendete er sich an Cicero und sagte: �Deine Vorg�nger haben uns Freiheit, G�ter und Macht genommen, aber den Ruhm der Wissenschaft haben sie uns lassen m�ssen; du f�hrest nun auch diesen �ber das Meer hinweg. Das war es, was mich so traurig machte!"
Nach Rom zur�ckgekehrt bekleidete Cicero in den folgenden Jahren die hohen Aemter der Qu�stur, Aedilit�t, Pr�tur, ja im Jahre 63 gelangte er sogar zur h�chsten Ehrenstufe, zum Consulat! Wir haben bereits fr�her geh�rt, wie er in dieser Stellung mit gro�er Entschiedenheit die nichtsw�rdigen Pl�ne der Catilina vereitelte und dadurch Rom, ja den r�mischen Staat rettete. Aber fo gro� auch die Verdienste des gelehrten Staatsmannes und des beredten Anwaltes waren, sie vermochten ihn gegen den Ha� und die Verfolgung seiner Gegner nicht zu sch�tzen. Besonders durch das feindselige Vorgehen des Tribunen Clodius bestimmt, ging Cicero im Jahre 58 freiwillig in die Verbannung nach Macedonien. Abwesend wurde 'er sogar ge�chtet, feine G�ter preisgegeben und zum Theil zerst�rt. Freilich kehrte er schon irrt folgenden Jahre zum Jubel aller Veffergefinnten zur�ck, aber der freudige Muth zur ferneren staats-m�irnifchen Th�tigkeit war arg vermindert. Mehr und mehr lehnte Cicero sich au Pompejus, dessen Stellung er zu festigen suchte. Je ferner er aber dem �ffentlichen Leben trat, um so mehr Muse widmete er feiner Stellung als Anwalt und feinen gelehrten Studien. In diese versenkte er sich besonders, als er nach der Ermordung Casars vor der Anma�ung des Antonius wich und sich auf seine Landg�ter zur�ckzog. Hier schrieb er eine Reihe herrlicher Werke, welche noch jetzt wegen ihres tiefen Inhaltes und der gl�nzenden lateinischen Sprache bei den gesitte-teil V�lkern als Bildungsmittel dienen. In dieser Besch�ftigung fand er zugleich einigen Trost bei dem verzweiflungsvolleu Zustande feines Vaterlandes, �ber das sich bald der eine, bald der andere zum Allein Herrscher auszuwerfen suchte. Als Casar ermordet war, sch�pfte Cicero neue Hoffnung und erhob sich mit feuriger Beredsamkeit gegen Antonius, der in C�sar's Stelle zu treten suchte. Das aber beschleunigte den Unter-gang Cicero's. Octavianus, der ihn gern erhalten h�tte, mu�te dem erz�rnten Antonius nachgeben, und der Tod des edlen Mannes ward beschlossen. Cicero h�rte davon und suchte sich durch die Flucht zu retten �
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�der die ausgeschickten M�rder holten ihn unter F�hrung des Kriegs-tribnnen Popillns L�nas, dem Cicero einst durch seine Beredsamkeit das Leben gerettet hatte, in der Gegend von Cajeta ein. Als der edle Fl�chtling sich zur S�nfte hinausbeugte, wurde er von dem Centnrio Herennins get�dtet; es war mit 7. December des Jahres 43. Die M�rder hieben mit unger�hrtem Herzen ihm den Kopf und die rechte Hand ab und brachten sie zum Antonius, der sie k�niglich belohnte. Dieser ' lie� den Kops und die Hand des Cicero auf �ffentlichem Markte an der Nednerb�hne, dort, wo seine hinrei�ende Beredsamkeit Recht und Un-schuld so oft gerettet hatte, zur Schau ausstellen. Zuvor aber soll noch die boshafte Fulvta, das Weib des Antonius, die Zunge des gro�en Redners mit Nadeln durchstochen haben, weil er einst die Eitelkeit der r�mischen Frauen heftig ger�gt hatte.
Die letzten Kriege des Freistaates.
Der Untergang der Republikaner.� Schlacht bei Philippi.� W�hrend solche Gr�nel in und um Rom ver�bt wurden, standen Brutus uud Cassius als Vertheidiger der wankenden Republik und als entschlos-fette Gegner des Triumvirats mit einem Heere in Macedonien, wo alle Freiheitssrennde sich zu ihnen gesellten. Bald aber zogen Octavianns und Antonius gegen sie aus, und es kam bei Philippi in Macedonien zu einer Doppelschlacht (42). Cassius mu�te dem Antonius weichen, w�hrend Brutus die Legionen des kranken Octavianns zur�ckdr�ngte. Als sich aber Cassius, durch falsche Kunde get�uscht, vor Verzweiflung in sein Schwert st�rzte, ttttd die Triumvirn zwanzig Tage sp�ter mit vereinten Kr�ften die m�rderische Schlacht erneuerten, erlag auch Brutus und gab sich, wie Cassius, den Tod. Mit diesen letzten St�tzen des Freistaates sank dieser bald selbst dahin.
Der Krieg der beiden Nebenbuhler Octavianns und Antonius. �
Jetzt war nur ttoch die Frage, wer von den drei Gewalthabern die Allein-Herrschaft im r�mischen Staate an sich rei�en w�rde. Lepidns, der un-bedeutendste, wurde bald das Opfer seiner Eitelkeit und Schw�che. Nicht zufrieden mit seiner bisherigen Stellung w�nschte er auch die reiche Insel Sicilien zu erhalten uud glaubte, an der Spitze seiner Truppen, deren Auslieferung vom Octavianns ertrotzen zu k�nnen. Aber diesen kostete es kaum ein Wort, ttttd des Lepidus ganzes Heer ging zu ihm �ber. Dann theilten sich die beiden �brigen Machtgebieter in das r�mische
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Reich. Oetavianus bekam die westlichen, Antonius die �stlichen L�nder.. Jedoch nicht lange regierten sie in Eintracht. Letzterer schien sein eigenes Verderben zu wollen. Unbek�mmert um die ihm von Oetavianus drohenden Gefahren lebte er den Vergn�gungen am gl�nzenden Hofe der �gyptischen K�nigin Kleop�tra, verschenkte an sie und ihre Familie mehre mit R�merblut erkaufte Provinzen in Asien und erbitterte vollends die Gem�ther der Gegner durch die Versto�ung seiner tugendhaften Gattin Oetavm, der Schwester des Oetavianus.
Schlacht bei Actium (31 vor Chr.) � Den b�sen Eindruck, welchen so unsinnige Vermessenheit auf das Gem�th der R�mer machte, benutzte Oetavianus auf h�chst kluge Weise. Er wirkte einen Senats-kschlu� aus, durch welchen Antonius seiner W�rde entsetzt, der �gyptischen K�nigin aber als Neichsfeindin der Krieg erkl�rt wurde. Antonius verband sich sofort mit Kleopatra, und Beide zogen vereint zu dm Entscheidungskampfe gen Westen. Noch war Oetavianus nicht hinreichend ger�stet, und wemt Antonius mit seinen gro�en Heeresmassen und seiner starken Kriegesflotte ohne Verzug gegen Italien vorgedrungen w�re, so h�tte er unschwer die Oberhand in dem gro�en Wettstreit gewinnen k�nnen. Aber statt dessen hielt sich der Weichling in Griechenland auf und vergeudete in Schwelgereien mit der Kleopatra die kostbare Zeit. So konnte Oetavianus sich mit Land- und Seetruppen versehen und er-schien alsbald im ionischen Meere, wo seine Flotte unter F�hrung des geschickten Admirales Vipsanins Agrippa am ambraeischen Meerbusen beim Vorgebirge Adlum, s�d�stlich von der Insel Korfn, Anker warf. Hier kam es 31 vor Chr. im Angesichte der beiden Landheere zu der Seeschlacht bei Actium, die �ber das Schicksal der Welt entschied. Mit Mnth und Anstrenguug wurde beiderseits gefochten. Noch war nichts entschieden; da pl�tzlich floh die �gyptische K�nigin mit einer Ab-theilung ihrer Flotte erschrocken aus dem Kampfe und suchte das Weite. Das sah Antonius! Kleinm�thig und verzagt eilte er in einem Schnell-segler ihr nach und floh, unbek�mmert um den Ausgang der Schlacht, schleunigst mit ihr zur�ck nach Aegypten. Noch setzten die Seinen, ohne zu wissen, da� sie treulos verlassen waren, den Kampf fort bis zum Abend. Da ergaben sie sich. � Das Landheer, getreu und kampflustig, harrte sieben Tage lang der Ankunft des Trinmvirn. Aber er kam nicht!: Da traten die H�upter, da traten endlich Alle, weil sie sich verlassen sahen, zu dem erstaunten Sieger �ber. V
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Dieser zog nach Syrien und griff von dort auch Aegypten an. Hier hatte sich Antonius noch einmal zur Gegenwehr ger�stet; aber mit Schrecken mu�te er sehen, wie eine Schar nach der anderen, wahrschein-lich auf Gehei� der K�nigin Kleopatra, zum Sieger �berging. Auch sie, die Treulose, verlie� ihn jetzt. Sie verbarg sich in dem schwer zng�ng-lichen Begr�bni�gew�lbe eines Tempels und lie� das Ger�cht ausstreuen, sie sei gestorben. Da st��t sich der elende Antonius verzweifelnd das Schwert in den Leib. Aber w�hrend er zuckend da liegt, komnit die neue Nachricht, Kleopatra lebe noch. Nun l��t er sich in das Gew�lbe zu ihr hintragen und stirbt eines schmerzlichen Todes zu ihren F��en. Kleopa-tra selbst schauderte vor Furcht, als Gefangene im Triumphe zu Rom aufgef�hrt zu werden. Um dieser Schmach zu entgehen, bot sie alle ihre K�nste auf, den Sieger zu gewinnen. Doch vergebens! Da lie� sie sich, so hei�t es, in einem Korbe, der mit Fr�chten gef�llt war, um die W�chter zu t�uschen, ein paar giftige Schlangen bringen. Diese hielt sie sonder Grauen an ihre Brust und starb an ihren giftigen Bissen. Aegyp-teil wurde jetzt (30 vor Chr.) eine r�mische Provinz.
Das Ende dts Freistaates. � Nach dem Tode des Antonius war Niemand mehr im r�mischen Reiche stark genug, die ehrgeizigen Pl�ne des Octavianns zu vereiteln und dem sinkenden Freistaate mit rettender Hand aufzuhelfen. So endete denn im Jahre 31 vor Chr. mit der bln-tigen Niederlage bei Actinm die freie Verfassung der r�mischen B�rger, bereu sie nach Vertreibung der K�nige fast ein halbes Jahrtausend sich erfreut hatten. Die alte Tngenb nnb ber alte Stolz ber R�mer waren l�ngst geschwunden, und nur so vermochte Octavianns seinen Mitb�rgern ihre alte Freiheit zu entrei�en und alle Gewalt f�r sich allein in Besitz zu nehmen.
Sittenzuft�nde des endenden Freistaates.
Nichts hat mehr dazu beigetragen, bem r�mischen Freistaate, welcher so lange in herrlicher Bl�the bagestanben hatte, seinen Untergang zu bereiten, als der traurige Verfall der Sitten. Die alte s. g. R�mer-tugend umfa�te Gottesfurcht und Reinheit der Sitten, Tapferkeit nnb gl�henbe Liebe zum Vaterlanbe. Aber ber fromme Glaube ber V�ter war m�hlich geschrvnnben, bie Tempel stanben leer, nnb bie Bilder ber G�tter waren in ben Staub gesunken. Laster jeber Art vergifteten bas Volk, bas in Reichchnm und Wohlleben bie h�chsten G�ter des Lebens
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setzte. Selbst die schm�hlichsten Mittel wurden nicht verabscheut, um ein immer gr��eres Verm�gen zusammenzuraffen. Es ist unglaublich, zu welchem Reichthum es einige Familien in der letzten Zeit der Republik gebracht haben. Der sei kein reicher Mann, meinte Crassus, der auf seine Kosten nicht ein ganzes Heer unterhalten k�nne. Der Aufwand einzelner B�rger ging �ber alle Beschreibung. Selbst das Meer wurde eingeengt, um die Wohnungen dahin zu erweitern, der Marmor hierzu aus weit entlegenen L�ndern mit vielen Kosten herbeigefahren. Lucnllus, der aus Kerasnnt (Kerisonte) in Asien die ersten Kirschb�ume f�r seine Lust-g�rten mitbrachte, lie� Berge ebnen, Seen ausgraben, um Seefische in Meerwasser mitten im Lande halten zu k�nnen. Einst lud er den Cicero und Atticus zu einem Gastmahle ein, dessen Werth Cicero selbst auf 10 000 Thaler anschlug; und dennoch entschuldigte sich der Haushof-meijter des Lucullus mit der geringen Anrichtung, weil die Tafel zu sp�t bestellt sei.�Seefische in gro�en Teichen nahe am Meere zu f�ttern, war eine stehende Liebhaberei geworden. Dem Hirrns kostete seine Fischerei j�hrlich 200 000 Thaler. Eben so gro� war die Verschwendung in an-deren Sachen. Hortensius, der selbst seine B�ume mit Wein bego�, hinterlie� noch 10 000 Eimer des k�stlichsten Chierweines. In herrlichen Pal�sten genossen diese Bevorzugten die Freuden des st�dtischen Lebens und drau�en auf dem Lande boten ihnen die sch�nsten Landh�user, umgeben von meilenweitem Grundbesitz, zu anderer Jahreszeit Zerstreuung und Erholung. Hunderte, ja Tausende von Sclaven standen gew�rtig ihres Befehles. Da gab es in den gl�nzenden st�dtischen Pal�sten an-hebend vom Th�rsclaven, der wie ein Hund wohl gar an einer Kette lag, Zimmerdiener, K�chensclaven, Badeknechte, Brieftr�ger, S�nftentr�ger, Vorleser und unz�hlige andere. Viel h�rter aber als deren Loos, war dav der ^-eldsclaven, welche auf den gro�en Landg�tern der reichen Herren unter Aufsicht herzloser Aufseher, unter der Glnthsonne des S�dens bei armseliger Kost �ber Tag das Feld bestellten, und f�r die Nachtzeit in gef�ngni�artige Zellen gesperrt, ja in diesen wohl gar an einen schweren Klotz geschlossen wurden, um die Flucht zu verh�ten. � Noch andere Sclaven wurden f�r die �ffentlichen Schauspiele als K�mpfer verwendet; Gladiatoren nannte man diese Ungl�cklichen. Auf gro�en �ffentlichen Kampfpl�tzen, welche ringsum mit aufsteigenden Sitzen umgeben waren, mu�ten jene Armen unter den Augen des voller Freude zuschauenden Volkes mit blitzenden Waffen einander verfolgen, bek�mpfen und den Todesstreich versetzen. � Je gottloser aber die Mi�handlung
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der Sclaven durch ihre Herren mar, um so blutiger r�chten sich die Ge-qu�lten h�ufig am herzlosen R�rnervolk. Die Geschichte des sinkenden Freistaates enth�lt eine ganze Reihe von s. g. Sclavenkriegen, in denen dieser zertretene Menschenschlag mit Feuer und Schwert und den ent-setzlichsten Gr�ueln an seinen Peinigern Vergeltung �bte.
Bei beut unerme�lichen Reichthume weniger vornehmer Familien, welche fast allen Grnudbesitz au sich gerissen hatten und die Arbeiten in Stabt unb Lanb bitrch ein Heer von Sclaven besorgen lie�en, ist es nicht zu verwunbern, ba� ber r�mische Mittelstanb immer mehr zur�ckging. Mit bem schwinbenben Wohlst�nde schwand leiber auch bei sehr vielen die alte Ehrenhaftigkeit. Anch der ungerechteste Weg, um zu Geld imb Gut zu kommen, w�rbe von bcr Menge oft nicht verschm�ht. Tr�gheit unb Genu�sucht griffen immer weiter um sich. �Wir wollen Brob und Schauspiele!" � bas war bamals h�ufig bas Ansinnen, welches an bie .Beh�rben bes Staates bas entartete Volk stellte, bie un�hnlichen Nach-kommen jener Ahnen, welche einstens flei�ig imb n�chtern mit Pflug unb Karst das Felb bestellten, in ben Versammlungen besonnen das Wohl der Mitb�rger beriethen und im Felde mit tapferem Arm bie Fetitbe bes geliebten Vaterlanbes in Schrecken setzten.
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Vierte Periode der Geschichte des Merthums
(von 30 vor Chr. bis 476 nach Christu�).
Zntjatt: Geschichte des r�mischen Weltreiches und die Urgeschichte der Hermanen.
Die Geschichte des r�mischen Kaiserstaates exstreckt sich in ihrer Voll-st�ndigkeit bis zur Eroberung Coustantiuopels durch die T�rken im Jahre 1453 nach Christus. Da aber die Geschicke des ostr�mischen Rei-ches nicht mehr in den Rahmen der alten Geschichte fallen, so werden mir in diesem Bande die Kaisergeschichte nur bis zum Jahre 476 n. Chr., bis zur Aufl�sung des westr�mischen Reiches f�hren. Mit diesem Reiche ist die Urgeschichte der Germanen auf das engste verflochten. Da es sich aber empfiehlt, der Ucbersicht halber diese im Znsammenhange als Einf�hrung in die mittelalterliche d e u t s ch e G e s ch i ch t e zu erz�hlen, so wird hier nur bei einzelnen Anl�ssen, besonders in der Kriegsgeschichte und in der Darstellung der gro�en V�lkerwanderung, auf dieselbe R�ck ficht genommen werden.
Rom ein Kaiserstaat.
Kaiser Octavianns AnMslns (30 vor Chr. bis 14 nach Chr.)
Ilmfaun des r�mischen Kaiscrstantcs. � Die Grenzen des r�mischen Kaiserstaates waren viel weiter ger�ckt, als fr�her bei dem Reiche Alexander des Gro�en und vordem bei dem Umfange des Gebietes der persischen Gro�k�nige der Fall war. Insofern darf besonders der r�mi-sche Kaiserstaat ein Weltreich genannt werden. Umfa�te er doch die Hauptl�nder der damals bekannten Erde. In Europa erstreckte sich derselbe �ber die pyren�ische, apenninische und balkanische Halbinsel, au�erdem geh�rten von den mittleren Gebieten dieses Continentes noch Gallien bis an den Rheinftrom dazu, w�hrend im S�den die Inseln des Mittelmeeres miteingeschlossen waren. Jtt Asien herrschten die r�mischen Waffen hinaus �ber Kleinasien und die syrischen L�nder bis zu den Zwillingsstr�men Euphrat und Tigris. Von Afrika endlich nannte der r�mische Kaiser den ganzen n�rdlichen Rand, besonders das fruchtbare
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Aegypten und das ehemalige karthagische Gebiet, sein Eigenthum. � Die verschiedenartigsten V�lker bewohnten die Theile dieses unerme�-lichen Reiches, in welchem viele Hundert der bl�hendsten St�dte lagen. Vor allen zeichneten sich in der morgenl�ndischen Welt Alexandria und Antiochia aus; im Abendlande aber Rom, die K�nigin der Erde, im Gl�nze seiner Tempel, Pal�ste, M�rkte, Theater und anderer pracht-voller Anlagen. Die Zahl der Bewohner soll damals anderthalb Millionen betragen haben, w�hrend die Zahl der Einwohner des gesammten Reiches auf 120 Millionen Menschen angeschlagen wird.
Die Machtstellung des Kaisers. � Um seine neuen Unterthanen den Wechsel der Verfassung weniger schmerzlich f�hlen zu lassen, lie� Octavianns anf�nglich manche Einrichtungen des untergegangenen Freistaates des Scheines halber weiter bestehen. In Wirklichkeit aber ver-einigte er in seiner Person alle Gewalt; in religi�ser, b�rgerlicher und milit�tischer Angelegenheit entschied bald nur mehr des Herrschers Wille; der Senat und die Volksversammlung waren wesenlose Schattenbilder. Der Titel eines �K�niges" war beim Volke unbeliebt, deshalb legte Octavianns sich die Bezeichnung Imperator, d. i. Herrscher, und Angu-stus, d. i. der Ehrw�rdige, bei. C�sar, woraus unser Wort Kaiser entstanden ist, nannten er und alle seine Nachfolger sich mit Hinweis auf jenen gr��ten aller R�mer. � In den einzelnen Provinzen wurde der Kaiser durch seine Statthalter vertreten, denen oft gro�e Heeresmassen zur Verf�gung standen. Er selbst gebot aber �ber die gesammte Krieges-macht zu Lande und zu Wasser. Das Landheer, wohl 600 000 Mann stark, lagerte theils in Rom und anderen gro�en St�dten, theils in Standlagern an der Grenze des Reiches, am Rhein, an der Donau und im fernen Morgenlande an dem Enphrat. Die Kriegsflotte ankerte in den H�fen von Misenum, Rav e u u a und F o r nm I n lii (Frejns), um so nach Westen und Osten hin gleich znr Verf�gung zu stehen.
Die Regierung des Octavianns Augustus. � Nach all' dem Hader, den Verfolgungen und blutigen B�rgerkriegen, woran das letzte Jahr-hundert des r�mischen Freistaates so reich gewesen ist, erschien die Herr-schaft des Kaisers Augustus seinen Unterthanen als eine Zeit des Friedens, der Vers�hnung und bl�hender Ordnung. Wenn daher der zeit-gen�ssische Dichter Horaz den Herrscher als den milden Friedensf�rsten pries, als des r�mischen Volkes Schutz und Hort, unter dem nach grauser Nacht die sonnenhellen Tage wiedergekehrt seien, so gab er damit gewi�
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einer allgemeinen Stimmung seiner Mitb�rger Ausdruck. Die edelsten M�nner sammelte der Kaiser um sich, um mit deren Beih�lfe die Wohlfahrt des Reiches zu f�rdern. Vipsanius Agrippa, dem Augustus den Sieg von Actium verdankte, nahm sich ans fein Gehei� der Versch�nerung der Hauptstadt an. Es erhoben sich herrliche S�ulenhallen, B�der und Tempel, unter denen besonders jener ehrw�rdige Rundbau zu Ehren aller G�tter, daher Pantheon gehei�en, welcher alle St�rme sp�terer Zeiten bis heute �berdauert hat. � Rom wurde so sch�n, da� Angustus r�hmen durfte, er habe es bekommen aus Ziegelsteinen erbaut und hinter-lasse es als eine Marmorstadt. Eine andere treffliche Beih�lfe hatte der Kaiser au seinem Freunde M�cenas, einem f�rstlichen Manne etrnskischer Abstammung, welcher sich durch die Pflege der K�nste und Wissenschaften und die F�rderung derer, welche diese betrieben, einen unsterblichen Namen erworben hat. So zierte ein bl�hender Kranz von Dichtern und Gelehr-ten den Hof des Kaisers und den des F�rsten. Horaz, der S�nger hei-terer Lebensfreude und reicher Welterfahrung; Virgil, der Dichter der i Heldenthaten des Aeneas; Ovid, der aumuthige und seelenvolle Erz�hler, endlich die Dichter Propertms und Tibullns und manche andere lassen das Zeitalter des Angustus in einem solch' strahlenden Lichte erscheinen, da� man es wohl das goldene genannt hat. Auch ber�hmte Geschichtsschreiber lebten damals, unter denen der schlichte Cornelius Nepos und der schillernde Titus Livins noch heute gefeiert sind. In Mitten all' dieser M�nner, deren Ruhm auf ihn zur�ckfiel, und seiner schimmernden Weltstadt Rom lebte Augustus, sei es aus Neigung, sei es aus kluger Berechnung in der bescheidenen Einfachheit eines Privatmannes. � Der Umfang seines Reiches war bereits soweit ausgedehnt, da� der Kaiser nicht darnach strebte, dessen Grenzen noch weiter vorzur�cken. Sein Hauptbem�hen ging dahin, das Vorhandene zu beruhigen und zu sichern. Deshalb bezwang er im �u�ersten Westen, auf der spanischen Halbinsel, die trotzigen Cantabrer, und im fernen Morgenlande de-m�thigte er das wilde Reitervolk der Parther, welche st�ndig die Ost-grenze des r�mischen Reiches feindselig �berschritten. Die ber�hmtesten, doch nicht immer die gl�cklichsten seiner Kriege waren aber diejenigen, welche er gegen unsere Vorfahren, die Germanen, f�hrte, um die Rhein-grenze zu sichern und die Donaugrenze zu gewinnen.
Kriege gegen die Germane�. � Die Hermannsschlacht (!) n. Chr.). Durch C�sar's Eroberung der gallischen Provinzen bis an den Rhein
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waren die R�mer Grenznachbaren der Germanen oder der Deutschen geworden. Germanien (Deutschland) erstreckte sich damals vom Rhein bis zur Weichsel, von der Donau bis zur Nord- und Ostsee. Ungeheure W�lder, bereit Dickicht die Sonne mit ihren erw�rmenden Strahlen nicht zu durchdringen, noch den Boden abzutrocknen vermochte, bedeckten in weiten Strecken die uralte Heimath. Wild wie das Land waren auch-seine damaligen Bewohner. Ohne St�dte, ohne D�rfer wohnten sie in h�chst einfachen, fern von einander liegenden H�usern. Vom Felde zogen sie nur d�rftigen Ertrag, die meiste uud kr�ftigste Nahruug schaffte ihnen die Jagd, der sie mit gro�er Neigung nachhingen. Das Leben in der freien Natur, bei einfacher Kost, lie� ihre K�rper zu solcher Kraft und Gr��e emporbl�hen, da� die anderen V�lker den Riesenbau stau-nend bewunderten. Nebst der Jagd war Krieg ihre h�chste Lust. Waltete in der Heimath Friede, so zogen sie wohl in ganzen Scharen, oft mit Weib und Kind, wie z. B. einstens die Cinibern und Teutonen, von den alten Sitzen weg, fielen in die r�mischen Besitzungen ein und suchten drau�en Kampf und Beute.
Die Nachbarschaft eines solchen Volkes ward den R�mern immer furchtbarer und verha�ter. Deshalb beschlo� Augustus, Land und Volk sich zu unterwerfen, und schickte seinen Stiefsohn Drusus mit einem gro�en Heere dahin. Drusiis unternahm vier Feldz�ge in Deutschland, vom Jahre 12 bis 9 vor Chr., und drang bald vom Oberrhein, bald vom Unterrhein, ja selbst von der Seeseite her in das unbekannte Land mit seinen endlosen W�ldern und weiten Mooren vor. Zu offenen Feldschlachten lie�en es die Deutschen gegen die kriegeskundigen R�mer selten kommen, meistens wichen sie in ihre W�lder zur�ck, brachen dann aber pl�tzlich wieder hervor uud �berfielen in unwegsamen Gegenden die erm�deten Feiude. So wurde schnell wieder erobert, was noch eben verloren war. Das wirksamste Mittel aber, welches Drusus zur Sicher-ung der r�mischen Provinzen ergriff, war die Anlegung vieler festen Schl�sser au den wichtigsten Land- und Wasserstra�en, auf denen die R�mer in Germanien einzudringen pflegten. Auf dem vierten Zuge gelaugte Drusus sogar bis zur Elbe, kehrte dauu aber zur�ck und starb bald darauf nach einem ungl�cklichen Sturze mit dem Pferde.
Tiberius, seiu Bruder und Nachfolger, war ein weit gef�hr-licherer Gegner. Dieser war eben so listig, als Drusus tapfer war. Er suchte unter den deutschen V�lkerschaften den Samen des Mi�trauens
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und der Zwietracht auszustreuen, um ihre Gesammtkraft zu trennen. Darum hetzte er einen F�rsten gegen den andern auf; manche brachte er durch �u�ere Gunstbezeugungen auf seine Seite, viele lie�en sich sogar verleiten, in r�mische Dienste zu treten. Gegen offenbare Gewalt hatten die Deutschen ihre Freiheit gut gesch�tzt, aber durch diese langsamen, freundlich scheinenden Fortschritte der R�mer w�re sie beinahe verloren gegangen. Au�er der Festung Aliso waren in den westf�lischen Gegen-den nach und nach auch andere Lagerpl�tze von den R�mern angelegt und besetzt. Da wohnten sie Sommer und Winter, brachten dahin ihre Waaren und verhandelten sie an die Deutscheu, um sie an eine �ppigere Lebensweise zu gew�hnen. Auch ihre Sprache und Gesetze suchten sie den Deutschen aufzudr�ngen, um so die Unterjochung zu vollenden.
Die Hermannsschlacht (9 nach Chr.). � Nach solchen Vorbereitungen glaubte Quinctilius Varus, ein neuer r�mischer Statthalter, die Z�gel der Herrschaft �ber die Deutschen immer straffer anziehen zu d�rfen. Er dr�ckte das gold- und silberarme Volk durch harte Auftagen und emp�rte es durch �berm�thige Behandlung. Um es nun v�llig an das r�mische Wesen zu gew�hnen, f�hrte er auch Roms Gesetze ein und lie� durch einen Schw�rm beredter Sachwalter die Streitigkeiten der Deutschen nach r�mischer Weise entscheiden. In den ehemals freien W�ldern sa� er zu Gericht; seine Victoren trugen ihm Beile und Ruthen vor, als Zeichen seines Rechtes, k�rperliche Strafen, selbst den Tod zu verh�ngen, wozu nach den Inbegriffen der Deutschen, allein die G�tter ein Recht hatten. Mit Erbitterung sahen die Deutschen solche Neuerun-gen, mit jedem Tage vermehrte sich die Zahl der Unzufriedenen. Da stand ein junger F�rst aus dem Cherusker-Volke am Harze als Retter deutscher Freiheit auf. Es war Hermann oder Arminius, wie ihn die R�mer nannten, des F�rsten Siegmar Sohn. Er hatte fr�her, wie manche andere Deutsche, r�mische Kriegesdienste genommen und war sogar mit dem B�rgerrechte und der Ritterw�rde beschenkt worden. Doch nie neigte sich sein Sinn zu den R�mern. Mit vermehr-tem Hasse kehrte er von Rom, wo er die Schw�che und Verworfenheit der stolzen Welt�berwinder kennen gelernt hatte, in seine Heimath zur�ck. Hier sah er mit Ingrimm die Schmach seines Volkes und fa�te den Entschlu�, dasselbe zu befreien. Seinem wohl �berlegten Plane folgte rasche That. Um Varus in eine Falle zu locken, meldet man ihm Aufstand und Kriegesl�rm: eines entfernten Stammes. Die deutschen
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Volksh�upter, die Varus sich geneigt glaubt, die aber l�ngst f�r Her-inann's k�hnen Plan gewonnen sind, rathen ihm, hinzuziehen und die Emp�rung zu d�mpfen. Sie selbst versprechen, mit ihren V�lkern zu ihm zu sto�en und beurlauben sich. Der sorglose Varus geht in alle Schlingen, welche ihm gelegt werden. Er bricht mit drei Legionen, einem Heere mit den H�lfstruppen von etwa 50 000 Mann, auf und dringt in den Teutoburger Wald (im Lippe^Detmoldschen). Nirgends findet er gebahnten Weg, �berall dichte W�lder. Heftig str�mender Regen und schl�pfriger Boden hemmten die Schritte seiner schwerbewaffneten Krieger. Da verl��t Hermann den Hinterhalt, aus welchem er die Bewegungen der R�mer beobachtet hatte. Auch die �brigen F�rsten langen mit ihren V�lkern au: Varus wird von allen Seiten umringt! Drei Tage und drei schreckliche R�chte k�mpfte der Ueberlistete mit seinen vor Hunger und Ermattung ersch�pften Soldaten gegen Feind und Ungemitter an. Nir-gends H�lfe! Nirgends Rettung! Da st�rzt er sich aus Verzweiflung in sein Schwert. Seinem Beispiele folgen mehre Unterbefehlshaber. Nur wenige R�mer entkamen, fast alle sielen als Opfer der Erbitterung eines freien, schwer gereizten Voltes.*) Von den Gefangenen wurden mehre den vaterl�ndischen Schutzg�ttern geschlachtet; andere, denen das Leben geschenkt wurde, mu�ten die niedrigsten Sklavendienste verrichten, und Mancher, der zu Rom in einem prunkenden Palaste gewohnt hatte, ging jetzt als Hirt hinter den deutschen Heerden her oder verrichtete schwere Feldarbeit.
Die Nachricht von dieser Niederlage verbreitete zu Rom Furcht und Schrecken. Laut klagte der Kaiser in seinem Palaste, rannte wie ein Wahnsinniger mit dem Kopfe gegen die Wand und rief einmal �ber das
*) In der N�he des heutigen Detmold, auf der Spitze des 1200 Fu� hohen Tentberges oder Grotenburg, ist dem Befreier Deutschlands ein gro�artiges Standbild, das Hermans-Denkmal, errichtet worden. Schon im Jahre 1838 begann der K�nstler, Ernst von B�ndel, das riesige Werk, welches aber erst nach dem letzten glorreichen Kriege unseres Volkes fertiggestellt werden konnte und am 16. August 1875 in Gegenwart des Kaisers und einer zahllosen Menge enth�llt wurde. Das Denkmal mi�t mit dem Unterbau der aus .Kupfer getriebenen Figur 183 Fu� H�he; das Gesammtgewicht der Figur betr�gt gegen 153000 Pfund; die Kosten des ganzen Denkmals belaufen sich auf etwa 78000 Thaler.
�Deutsche Einigkeit meine St�rke,
Meine St�rke Deutschlands Macht"
lautet die goldene Inschrift auf dem 24 Fu� langen unb 11 Centner schweren Schwerte in der Faust des nach Westen, zum Rhein hin, schauenden Helden.
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andere: �Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder!" Alle Deutschen mu�ten schnell Rom verlassen, selbst die deutsche Leibwache ward �ber das Meer gebracht. Augustus gelobte seinem Jupiter gro�e Feste, wenn er das Reich rette; denn allgemein f�rchtete man bert Einbruch der deutschen V�lker, wie in den Zeiten der Cimbern und Teutonen. Schnell wurde ein neues Heer geworben und unter dem Tiberius nach dem Rhein geschickt, der nun wieder zur Grenze zwischen den R�mern und den befreiten deutsche� L�ndern geworden war.
Die letzten Rcgieruugsjahre imb der Tod des Augustus. �
So gl�cklich der Kaiser Augustus w�hrend seiner langen Regierung bis auf die Kriege gegen die Deutschen war, so ungl�cklich war er als Gatte und Vater. Die beiden hoffnungsvollen S�hne seiner mit Agrippa verm�hlten Tochter Julia starben in der Jugend dahin. Julia selbst verursachte durch ihren unsittlichen Wandel dem alten Vater solchen Kummer, da� er sie verbannte. Das Reich fam nun bald durch die R�nke der herrschs�chtigen Livia, der dritten Gemahlin des Kaisers, an deren von Augustus adoptirten Sohn Tiberius. Der Kaiser selbst starb im Jahre 14 nach Chr. zu Nola. Kurz vor seinem Tode soll er zu seinen um ihn stehenden Freunden gesagt haben: �Klat-schet Beifall, Freuude, denn ich habe meine Nolle gut gespielt!" Und in der That hat er, einem Schauspieler gleich, das Volk durch den Schein der Freiheit get�uscht, doch kann man nicht l�ugnen, da� er vier und zwanzig Jahre lang mit Kraft unb Weisheit den Staat verwaltet und eine Zeit der imtcnt Ruhe, Sicherheit und Ordnung herbeigef�hrt hat, wie Rom sie seit Jahrhunderten nicht mehr kannte. Daf�r ward ihm : auch der laute Dank und das begeisterte Lob seiner Zeitgenossen. Er i wurde unter die G�tter versetzt; und selbst die sp�testen Nachkommen i riefen jedem neuen Kaiser bei seinem Regierungsantritte zu: �Negiere i gl�cklich, wie Augustus!"
W�hrend der Regierungszeit des ersten r�mischen Kaisers, als die F�lle der Zeiten gekommen, und die Sehnsucht der Menschheit nach Er- ; l�suug aus all ihrem Leid eine allgemeine geworden war, wurde zu i Bethlehem
Jesus Kyristus.
der Sohn Gottes, von der Jungfrau Maria geboren. Wie die himmlische i Lehre des g�ttlichen Heilandes besonders von mehren Nachfolgern des
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Kaisers Augustus angefochten, die Christen verfolgt und gemartert wnr-den, wird uns die fortschreitende Geschichte lehren, aber zugleich auch, wie mit siegender Kraft das Himmelslicht des Christenthumes die Macht ; des heidnischen Alterthumes verscheuchte und ein gl�cklicheres Zeitalter i herbeif�hrte.
Das Haus der Claudier (Don 14�68 nach Chr.)
Der Kaiser Augustus war in dritter Ehe mit Livia Drusilla, der Wittwe des Tiberius Claudius Nero, verm�hlt, durch deren S�hne das Haus der Claudier auf den r�mischen Thron gekommen ist. Es hat dem Reiche vier Herrscher geschenkt, n�mlich Tiberius (14�37 nach Chr.), Caius (37 � 41 nach Chr.), Claudius (41 � 54 nach Chr.) und Nero (54�68 nach Chr.). Der erste und der letzte von diesen sind von hervor-ragender Bedeutung, weshalb wir auf deren Geschichte kurz eingehen wollen.
Kaiser Tilicrins (14 � 37 nach Chr.). � Schon in der Geschichte dieses zweiten Kaisers tritt jene Bosheit und Schlechtigkeit, woran die r�mische Kaisergeschichte so reich ist, offen zu Tage. In den ersten Jahren seiner Regierung scheint Tiberius von redlichem Willen erf�llt gewesen zu sein, das Gl�ck seiner V�lker zu f�rdern. Sp�ter aber verlor er den Glauben an die G�te der menschlichen Natur und er ergab sich nur finsterem Mi�trauen und blutiger Nerfolgungssncht. Die Hauptschuld au diesem traurigen Wechsel trug ein ehrgeiziger, verworfener Mensch, Aelins Sejanns mit Namen, den der Kaiser, ohne ihn zu durchschauen, zum Vorsteher der Garden gemacht hatte und dem er unbedingt vertrauete. Zum Danke hierf�r vergiftete Sejanus den Sohn des Kaisers und trachtete darnach, auch die anderen Thronberechtigten aus dem Wege zu schaffen, um dann selbst die Herrschaft an sich zu rei�en. Der Kaiser, welcher von allen diesen Sch�ndlichkeiten seines G�nstlinges nichts ahnte, lie� sich von demselben sogar bereden, Rom zu verlassen und auf der reizend gelegenen Insel Capre� seinen Wohnsitz zu nehmen. Jetzt w�hnte Sejanns freies Spiel zuhaben und erfa�te nunmehr den Plan, den Kaiser selbst zu st�rzen. Aber seine Erfolge hatten ihn blind gemacht! Die Verschw�rung wurde entdeckt, der B�sewicht verhaftet und hingerichtet, seine Leiche 3 Tage hintereinander durch die Stra�en der Weltstadt ge-schleift und dann in die Tiber geworfen.
Fortsetzung des Krieges gegen die Germanen. � In der �u�eren Geschichte des Tiberius ist besonders der erneuerte Krieg gegen die
Welter's Weltqcsch. I. 34. Aufl. iq
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Germanen zu erw�hnen. Sein Neffe Germanikus, den er adoptirt hatte, f�hrte denselben in drei Feldz�gen innerhalb der Jahre 14�16 nach Chr. aus. Auf der Heerfahrt des Jahres 15 nach Chr. kam der Feldherr zu jener Ungl�cksst�tte im Teutoburger Walde, an welcher sechs Jahre vorher Varus mit seinen Legionen untergegangen war. Tacitus, ein ber�hmter r�mischer Geschichtsschreiber, erz�hlt in seinen Jahrb�chern hier�ber Folgendes: �Da lagen auf dem Blachfelde die bleichenden Gebeine der R�mer, so wie sie geflohen waren oder Wider-stand geleistet hatten, zerstreuet oder in ganzen Haufen. Hier und da auch zerbrochene Waffen und Pferdeknochen, ja selbst Menschenk�pfe,^ die an Baumst�mme geheftet waren. Noch standen in den nahen W�ldern jene greulichen Alt�re, an denen die Barbaren die Befehlshaber und hohen Offiziere geschlachtet hatten." � Nachdem Germanikus dann die Gebeine hatte beerdigen und eine Todtenfeier abhalten lassen, kam: es bald darauf zu einer gro�en Schlacht, die freilich von den Germanen gewonnen wurde, aber wegen ihrer Unbesonnenheit ohne g�nstigen Er-! folg blieb. Gl�ck und Ungl�ck wechselten �berhaupt auf diesen Z�gen in j�hem Wechsel, doch zeigte der Prinz eine solche Thatkraft und kriegerische T�chtigkeit, da� gewi� schlie�lich den Germanen doch noch gro�es Un-gl�ck erwachsen w�re, wenn der mi�trauische Kaiser Tiberius, neidisch auf den Ruhm des Neffen, diesen nicht aus Deutschland abberufen h�tte.! � So blieben auch jetzt die Germanen unbezwungen. � Nach dem Tode des Tiberius folgte in der Negierung zun�chst Caius, ein ver-! schwendender Thor, dann Claudius, unter welchem der Kaiserhof durch die Bosheit der Weiber und M�nner zu einer St�tte der Laster und sogar der Mordthaten wurde.
Kaiser Nero (54 � 68 nach Chr.). � Selten hat ein solcher B�se-wicht Scepter und Krone getragen, als Kaiser Nero. Den z�gellosesten Ausschweifungen ergeben, achtete er andererseits die heiligsten Bande der Natur nicht. Seinen Vetter Britannikus lie� er vergiften, feine Gemahlin hinrichten, ja feine eigene Mntter, Agrippina, durch Sol-baten erschlagen! Dabei entw�rdigte er das kaiserliche Ansehen dadurch, da� er balb als S�nger, balb als Schauspieler �ffentlich auf-trat unb bte h�chsten Beamten zwang, an seinen Thorheiten teilzunehmen. Einstens burchreifete er �riechenlanb, trat in allen vier Natio-nalfpielen als Mitbewerber um ben Preis auf � unb warb freilich auch in allen vieren von ben erschreckten Kampfrichtern als Sieger ausgerufen.
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Von allen Schandthaten dieses unw�rdigen F�rsten ist keine be-tannter, als die gegen die Christen begangene. In der unten folgenden eingehenderen Darstellung der Christenverfolgungen soll hiervon erz�hlt werden. � Endlich aber war das Ma� seiner Schlechtigkeiten voll. Als eine Meuterei unter seinen Soldaten ausgebrochen war, floh der Kaiser aus Rom, dessen Senat ihn f�r einen Feind des Staates erkl�rte und Zum Tode verurtheilte. Man sandte Bewaffnete ab, sich des Fl�chtlings zu bem�chtigen; dieser Schmach aber kam Nero durch verbrecherischen Selbstmord zuvor.
Nach Nero folgten zun�chst Galba, Otho und Vitelllus (68 bis 69), die schnell als Schatten vor�bergingen. Keiner von ihnen starb eines nat�rlichen Todes. Die kaiserlichen Garden, die s. g. Pr�-, torianer waren es, welche f�r Geld Kaiser einsetzten und wieder absetzten. Sie boten sogar den Thron wie eine Waare �ffentlich dem Meistbietenden zum Kaufe an und mordeten bald wieder den K�ufer, um die Krone von Neuem f�r Geld zu vergeben.
Das Haus der Flavier (G9 �96 nach Chr.)
Von solchen Ersch�tterungen fand Rom zuerst unter der Negierung des Hauses der Flavier erw�nschte Ruhe; doch haben von den drei Herr-scheru dieses Stammes nur die beiden ersten sich den Segen der Mensch' heit erworben, der dritte und letzte war in allem das Gegentheil seiner edlen Vorg�nger. Kaiser Flavius Vespasi�uus (69 � 78) richtete sein Hauptstreben dahin, die zerfallene Zucht und Sitte wieder herzustellen. Er hob das gesunkene Ansehen des Senates wieder empor, indem er ihn von dem Gesindel reinigte, das unter den letzten Regierungen Sitz und Stimme darin erhalten hatte; d�rftige Senatoren unterst�tzte er. Er errichtete �ffentliche Lehranstalten, um die Verbesserung bei der Wurzel anzufangen, und belohnte K�nstler und Gelehrte. Auch f�r die Versch�-nerung Roms sorgte er durch prachtvolle Geb�ude und lie� im Lande um-her neue Heerstra�en anlegen. Zwei Kriege fallen in die Negierungs-zeit dieses verdienstvollen Kaisers: der Aufstand der Bataver, im heutigen Belgien, der durch die Theilnahme benachbarter germanischer St�mme eine bedrohliche Ausdehnung zu gewinnen schien, dennoch aber bald und gl�cklich beigelegt wurde. Von dem anderen Kriege, welcher im fernen Morgenlande durch den Aufstand der Juden herbeigef�hrt wurde, und der die schreckliche Zerst�rung Jerusalems (70 nach Chr.) veranla�te, ist
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bereits fr�her eingehend die Rede gewesen. Sonst rnheten damals im r�mischen Reiche die Waffen, und zum ersten Male seit Augustus wurde der Jauustempel wieder geschlossen.
Kaiser Titus (79 � 81) war der Sohn und Nachfolger des Vespa-sianus. Kurz, aber segensreich war seine Regierung. Seine Herzens-gute *) zeigte sich vorz�glich bei den vielen Ungl�cksf�llen, die w�hrend seiner zweij�hrigen Regierung �ber das r�mische Reich kamen. Es war am 24. August des Jahres 79 uach Chr., als der Berg Vesuv (in der N�he von Neapel) seinen Feuerschlund ganz unvermuthet zu Lavastr�men �ffnete und die St�dte Herkul�neum, Pompeji undStabl� so g�nzlich versch�ttete, da� man auch ihre Spuren nicht mehr sah. Sech-zehnhundert Jahre lang blieben sie im Sch��e der Erde verborgen. Da stie� man im Jahre 1689 bei zuf�lligen Nachgrabungen auf das ver-schollene Pompeji und beim Graben eines Brunnes im Jahre 1721 auch auf Herkul�neum. Die Grabungen hatten hier gerade auf das Theater j gef�hrt, aus dem man 3 Staudbilder zu Tage f�rderte, welche jetzt im Mnseunl zu Dresden aufbewahrt werden. Alsbald er�ffnete man an | beiden Stellen in gro�em Ma�stabe die Ausgrabungen der versch�tteten St�dte. Da aber �ber Herkul�neum, welches durch einen Lavastrom ! von 15 bis 30 Meter Tiefe �berdeckt wurde, sp�ter zwei Ortschaften, j Portici und Resina, erbaut warnt, so mu�te man von der Aufdeckung : dieser Stadt Abstand nehmen, weil sonst die dar�ber liegenden Woh-nungen einst�rzen w�rden. Dagegen sind die Verh�ltnisse f�r eine Bloslegung Pompejis sehr g�nstig, weshalb hier im Laufe der Zeit viel ! geschehen, und Erfreuliches erreicht ist. Diese Stadt ist n�mlich �nur von einer etwa 4 Meter hohen Schicht Asche, Sand und Bimstein bedeckt. Mit H�lfe vieler Arbeiter ist es nun gelungen, mehr als ein Drittel der Stadt wieder blo� zu legen. � Welch ein Anblick! Tempel, Theater, Marktpl�tze, gepflasterte Stra�en, H�user, bis anf die verschwundenen Holztheile alles so gut erhalten, da� man glauben k�nnte, die Stadt sei noch heute der Wohnsitz flei�iger Menschen. Und welche Sch�tze hat man ferner nicht dem Schutte entzogen! Ger�the, wie sie Keller, K�che und Zimmer bieten, in buntester Menge und aus den verschiedensten Stoffen, besonders aus Metall, gefertigt. T�pfe, Sch�sseln, Mischkr�ge, prachtvolle
*) Wegen seiner Milde wurde dieser Kaiser: amor et dcliciac generis humani ~ also der Gegenstand der Liebe und innigsten Zuneigung des Menschenge-schlechtes � genannt.
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Candelaber, zierliches Goldger�th, Bilds�ulen und die mannigfaltigsten anderen Gegenst�nde der Kunst und des verfeinerten Lebens sind in zahlloser Menge ans Tageslicht gezogen. Besonders sehenswerth sind auch die sch�nen Mosaikbilder; ja im Jahre 1831 fand man in einem neu aufgedeckten Hause ein solches von solcher Gr��e und Sch�nheit, da� es den gr��ten Kunstsch�tzen der Erde zugez�hlt wird. Es stellt iu gro�er Lebhaftigkeit die Schlacht Alexander's bei Jssos dar. � Die Zahl der in Pompeji umgekommenen Menschen mu� trotz der Flucht vieler eine sehr gro�e gewesen sein; von mehreren Hundert hat man die Skelette gesunden. So stie� man in einem kellerartigen R�ume auf die Gebeine von 18 Personen, Frauen und M�dchen; sie waren unter mehre Fu� hoch liegender feiner Asche begraben. Durch eine eigent�mliche Vorrichtung ist es in der Neuzeit gelungen, von manchen der Umgekommenen Gyps-abg�sse zu machen, die oft mit ersch�tternder Trene selbst die Gesichts-z�ge der Verungl�ckten erkennen lassen. So gewann man auch eine Gruppe aus 3 Personen: eine Mutter, welche ein Kind auf dem Arme, ein gr��eres neben sich hat. Noch jetzt werden die Ausgrabungen in dieser lebendig begrabenen Stadt fortgesetzt und berechtigen zn den sch�nsten Erwartungen. Das bonrbonische Museum iu Neapel ist bestimmt, die aufgefundenen Denkmale des "Alterthums aufzubewahren.
Auf jenes Ungl�ck der drei versch�tteten St�dte folgte eine Feuers-brunst in Rom, und hierauf wieder eilte schreckliche Pest; so �berall Leid und Elend in und um Rom. Mit der r�hrendsten G�te suchte Titus das �ffentliche Elend zu lindern und den Leidenden auf alle Weise zu helfen. Er pflegte den Tag verloren zu nennen, an welchem er Keinem eine Wohlthat erwiesen hatte (amici, diem perdidi!). Oft h�rte man ihn sagen: von eines Kaisers Throne d�rfe Niemand traurig weggehen. Einen Mann von solcher Herzensg�te nannte das dankbare Volk mit Recht �den Liebling und die Wonne der Menschheit". Schade, da� seine Regierung nur zwei Jahre die R�mer begl�ckte.
Kaiser Donnti�nus (81�96), sein Bruder, war in seiner sp�teren Regiernngszeit wieder ein Ungeheuer in allen Lastern. Er wollte, so feige und unkriegerisch er auch war, doch den Helden spielen. Er unternahm deshalb einen Feldzug gegen die Katten, ein Volk im Hessischen, wagte es aber nicht, sie anzugreifen, sondern zog imverrichteter Sache wieder zur�ck. Um aber doch den Schein zu haben, als seien sie von ihm geschlagen, kaufte er in Gallien gro�e und starke Sklaven, lie� sie wie
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Deutsche kleiden, lie� ihnen das Haar blond f�rben und f�hrte sie nun, ! als w�ren sie deutsche Gefangene, im Triumphe in Rom ein. Gleich l�cherlich feierte er noch �ber andere deutsche V�lker, gegen die er nicht das Mindeste ausgerichtet hatte, die gl�nzendsten Triumphe. Neidisch auf den Ruhm Anderer rief er seinen Feldherrn Agric�la, der ihm Bri-tannien, das heutige England, eroberte, mitten aus seiner siegreichen Lauf-bahn nach Rom zur�ck. Nach f�nfzehnj�hriger, schlie�lich grausamer Ne gierung wurde der �Herr und Gott" � so lie� er sich nennen, ermordet.
Nerva, Trajanns. Hadrianus. (96 �138 nach Chr.)
Kaiser Nerva (96�98). � Mit ihm beginnt eine Reihe der edelsten Regenten, die zusammen vier und achtzig Jahre hindurch das r�mische Reich begl�ckten. Unter ihnen lebte Rom noch einmal in alter Kraft und Herrlichkeit auf und wurde selbst den entferntesten V�lkern furchtbar. I Nerva war fast zu sanft f�r das an Blut gew�hnte Volk; er that Alles, um die Gr�uel der vorigen Zeit vergessen zu machen. Nach nur zwei-j�hriger Regierung dieses Herrschers ging die Kaiserkrone an Trajan �ber, welchen Nerva schon fr�her zum Mitregenten angenommen und adoptirt hatte.
Kaiser Traj�nns (98 �117), ein Spanier von Geburt, war der erste Ausl�nder unter den r�mischen Kaisern. Die Liebe und Verehrung der R�mer f�r ihn war so gro�, da� noch zweihundert und f�nfzig Jahre nach seinem Tode die Senatoren bei der Thronbesteigung eines neuen Kaisers demselben zurieseu: �Herrsche gl�cklich wie Augustus, milde wie Trajanus!" Mau nannte ihn sprichw�rtlich den �Besten". Er wachte mit gr��ter Sorgfalt �ber die Aufrechterhaltung der Gesetze, war �beraus g�tig und herablassend. Die verderbliche Rotte von An-gebern fand an ihm einen unerbittlichen Feind. Mit v�terlicher Liebe nahm er sich der armen, elternlosen Kinder an und errichtete �ffentliche Erziehungsanstalten. Zur Bef�rderung des Wohlstandes seiner Unter-thanen legte er neue St�dte an, bauete Stra�en, Br�cken und H�fen, zierte Rom mit den herrlichsten Geb�uden und ermunterte den Handel, die Wissenschaften und K�nste. So kam es, da� eine gl�nzende Reihe von Dichtern und Schriftstellern das Zeitalter dieses F�rsten auszeichnete; zu jenen geh�ren Jnvenal und Martial, zu diesen Quintilian, der hoch-ber�hmte Geschichtsschreiber Tacitns und der j�ngere Plinins, der sich sogar der pers�nlichen Freundschaft des Kaisers erfreute. � Aber auch
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als Feldherr ist Trajan bedeutend gewesen. Er eroberte Dacien (die Moldau, Walachei und Siebenb�rgen), nahm den Parthern Armenien, Assyrien und zog als Sieger, wie ein zweiter Alexander, in den L�ndern Asiens umher. Seine Thaten verewigt eine zu Rom noch vorhandene hundert f�nfzehn Fu� hohe Denks�ule, unter welcher seine Asche ruhet.
Kaiser Hadri�nus (117�138) war mehr auf Besch�tzung, als Er-Weiterung der Neichsgrenzen bedacht. Daher gab er die Eroberungen seines Vorg�ngers im Osten wieder auf. Er pflegte die K�nste des Friedens und umgab seinen Thron mit Gelehrten und K�nstlern. Vor allem liebte er Griechenland als die Wiege der r�mischen Cultur, und Athen verdankte ihm viel. F�nfzehn Jahre lang durchreisete er, gr��ten-theils zu Fu�e, alle Provinzen seines Reiches, und herrliche Denkmale der Kunst erhoben sich auf dieser Friedensbahn. In Rom errichtete er ein gro�artiges Grabmal, die Hadriansburg, (moles Hadrian!) welches die Grundlage der jetzigen Engelsburg bildet. In Thracien, am rechten Ufer des schiffbaren Hebrns, erbauete er eine Stadt, die noch jetzt seinen Namen, Adrianopel, d. i. Hadrian's Stadt, f�hrt.
Das Haus der Antonine.
Aus dem nun folgenden Haufe der Antonine sind drei r�mische Kaiser hervorgegangen, doch waren nur die beiden ersten verdienstvolle Herrscher, w�hrend der letzte einer leidigen Schw�che verfiel. Kaiser Antoninus, mit dem Beinamen Pius, d. i. der Fromme (138�161), war noch friedlicher gesinnt, als fein Vorg�nger. W�hrend feiner milden, ger�uschlosen Regierung verbreitete er als ein wahrer Vater seiner Unter-gebenen �berall Gl�ck und Segen. �Ich will lieber einem B�rger das Leben erhalten als tausend Feinde tobten!" war das sch�ne Wort, mit welchem er jede Aufforderung zu uun�thigen Kriegen zur�ckwies. Deu benachbarten K�nigen galt jedoch fein Wort wie ein Befehl, und die entferntesten V�lker w�hlten ihn vertrauensvoll zu ihrem Schiedsrichter. Seine eigenen Unterthanen wurden foitch fein Beispiel zu edeler Ge-sinnung und That erhoben. Jahrhunderte lang blieb sein Name im theuern Andenken des Volkes. Mehre sp�tere Kaiser legten sich sogar seinen Namen bei, um sich bei dem Volke beliebt zu machen.
Kaiser Marens Aurelius (I6i �180), mit dem Beinamen der Philosoph oder der Weise, weil er durch Selbstbetrachtungen die rechte
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Anficht �ber das Leben in seinen mannigfaltigen Verh�ltnissen anfzu-kl�ren suchte, war der an Kindes Statt angenommene Neffe seines Vor- ! g�ngers und Erbe seiner Tugenden wie seines Reiches. Unter seiner Regierung zog ein schweres Ungewitter gegen Rom auf. Es war im ^jahre 1G6 nach Chr., als unter dem Namen Marco mannen die meisten s�ddeutschen und donauischen V�lker in unerme�lichen Scharen gegen das r�mische Reich heranzogen. Sogar bis zu den Pforten Jta-liens, bis zur Stadt Aquileja, drangen die wilden V�lkermassen vor. Der Kaiser raffte alle Kr�fte des Staates zusammen, ihren verw�stenden Strom zu hemmen. Alles, was nur Waffen tragen konnte, wurde zu dem gefahrvollen Kampfe aufgeboten. Ja, er lie� die Kostbarkeiten seines Palastes �ffentlich versteigern, um die Unkosten des Feldzuges zu bestreiten. Vierzehn Jahre lang k�mpfte er in vielen m�rderischen Schlachten mit wechselndem Gl�cke, aber immer unverzagt, gegen die verb�ndeten Feinde an. Dennoch erlebte er das Ende des Krieges nicht. Er starb zu Vmdobona, im nachmaligen Wien, im Jahre 180 nach Chr.
Kaiser Comm�dus (180�192), sein lasterhafter Sohn und Nach-folger, statt mit kr�ftiger Hand die Emp�rer zur Ruhe zu bringen, kaufte schimpflicher Weise den meisten V�lkern den Frieden ab. Dadurch wur-den die Schw�chen des r�mischen Reiches den an der Grenze auflauern-den V�lkern immer merkbarer, und neue Einbr�che vorbereitet. Die letzten Regierungsjahre des Commodns erinnern bereits an die verkom-mensten Zust�nde der sp�teren Kaiserzeit. Derselbe entartete F�rst, welcher sich nicht sch�mte, bei �ffentlichen Thierhetzen als K�mpe anfzu! treten, zeigte sogar gegen seine Vertrauten eine solche Grausamkeit, da� er endlich von diesen im Bade erstickt wurde.
Cnltnrbilder der sp�teren Kaiserzeit.
a, Die Schreckenszelt unter den Soldatenkaisern. � Mit jenen zuvor genannten guten Kaisern schwand auch das Gl�ck der R�mer und kehrte nie wieder. Die Zeit des Marcus Anrelins glich einer sch�nen Abendr�the, nach welcher eine finstere Nacht �ber die r�mische Welt hereinbrach. Denn immer gr��er wurde die Ohnmacht des Reiches, die dr�ckenden Abgaben, die Armuth des Volkes, das Sittenverderbni�, und die Grausamkeit der Kaiser. So war z. V. Caracalla ein solcher Un-mensch, da� er bei einem Anlasse 20 000 Menschen ermorden lie�, und sein Nachfolger Heliogabalns war ein ausschweifendes Ungeheuer. Aber
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auch au�er ihnen waren leider die meisten r�mischen Kaiser vom Jahre 180 an boshafte W�theriche, die mit den unerh�rtesten Gr�ueln und Abscheulichkeiten ihre Negierung befleckten und unendlichen Jammer �ber die Menschheit brachten. Kaiser standen gegen Kaiser auf; sie mor-beten und wurden wieder gemordet. In den hundert und zwanzig Iah-ren, von 180 bis 300, herrschten ihrer nicht weniger als sechs und drei�ig, von denen sieben und zwanzig ermordet, drei im Kriege gefallen, und nur sechs eines nat�rlichen Todes gestorben sind. Soldatenkaiser hat man die meisten dieser Elenden genannt, weil sie in der unw�rdig-sten Weise den Soldaten Thron und Krone zu verdauten hatten. Von den r�mischen Garden, den s. g. Pr�torianern, wurde die Kaiserkrone h�ufig wie eine Waare feilgeboten und dem Meistbietenden verhandelt. Aber wehe dem Armen, der das gef�hrliche Geschenk erstand! Wollte oder konnte er den gegebenen Versprechungen als Kaiser nicht nach-kommen, so war er rettungslos ein Opfer der Wnth derselben Menschen, die ihn vielleicht noch j�ngst auf den Thron gesetzt hatten. So waren die Kaiser zum Spielballe der Pr�torianer herabgesunken, und ihr ge-ringes Ansehen ward noch mehr verk�rzt, weil von den verschiedenen Abtheilungen des r�mischen Heeres oft Gegenkaiser in den einzelnen Provinzen ausgerufen wurden. Seit Diocletian zerfiel das Reich sogar f�r l�ngere Zeit in mehrere Theile.
b. Die Christenverfolg,mgen. � In der Zeit dieses allm�hlichen Verfalles des r�mischen Weltreiches, als der Jammer der gequ�lten Menschheit immer gr��er ward, verbreitete sich die g�ttliche Lehre des Christenthums unaufhaltsam, aber in ger�uschloser Stille immer weiter �ber die L�nder der Erde. Nicht in Vorderasien allein, auch in Nord-afrika, auch in Griechenland und in Italien selbst wuchs die Zahl der-jenigen, welche den Wahnglauben des Heidenthums absagten und Christus bekannten. Der damalige Bestand des r�mischen Reiches, welches die Hauptv�lker der Welt in sich befa�te, sie r�umlich durch treffliche Stra-�eucmlageu, geistig durch die �berall verbreitete griechische Bildung und Sprache vereinigte, trug nicht unerheblich zur Ausdehnung jener Heils-lehre bei. Die r�mischen Staatsbeh�rden freilich waren dem Christen-thume nichts weniger als hold gefilmt, sie sahen vielmehr in den Anh�ngern desselben Rebellen gegen den Glauben der V�ter und insofern dieser mit manchen staatlichen Einrichtungen zusammenhing, selbst Feinde des Staates. Mit Feuer und Schwert sollten diese ausgerottet werden.
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So begann f�r die Christen eine schreckliche Zeit, in welcher ihr Blut in Str�men vergossen wurde.
Am w�thendsten und allgemeinsten war die Verfolgung unter den r�mischen Kaisern. Aus dieser Zeit z�hlt man zehn Hauptverfolgungen, durch welche die Christen vom Jahre 64 n. Chr. an, also von den Tagen des grausamen Kaisers Nero, bis in den Anfang des vierten Jahrhunderts mit allen erdenklichen Martern, mit Scheiterhaufen unb dem Schwerte, heimgesucht wurden. Die stolzen Beherrscher des gro�en ' Weltreiches und ihre Stellvertreter in den Provinzen lebten in allen ! S�nden und Lastern und konnten es nicht leiden, da� die Christen ein j solches Leben mi�billigten und Bu�e und Besserung predigten. Auch die Scharen der heidnischen Priester und aller derer, welche von den Tempeln, Opfern und G�tterfesten lebten und Gewinn zogen, waren bittere Feinde der Christen. Sie benutzten allen Einflu�, den sie noch auf das Volk hatten, um es zur Wuth gegen die Gegner der G�tter zu entflammen. F�r den P�bel selbst lag schon in der Ueppigkeit der Heid-nischen Feste, in den Schnmusereien bei den Opfern und in der z�gel-losesten Freiheit, die bei der Feier einzelner Gottheiten herrschte, ein hinreichender Grund zur fortdauernden Anh�nglichkeit an den alten G�tzen-dienst. So mar das junge Christenthum �berall von Feinden umlagert.
Unter den r�mischen Kaisern war Nero der erste blutige Christen-Verfolger. Die r�mischen Geschichtsschreiber berichten von ihm, da� er (64 nach Chr.) die Stadt Rom, welche mit ihren vielen alten H�usern und krummen Stra�en ihm nicht gefiel, an mehren Stellen zugleich an-z�nden lie�, um sie neuer und sch�ner herzustellen unb ihr seinen Namen �Nerop�lis", b. i. Nerostadt, zu geben. Sechs Tage und sieben N�chte dauerte der Brand. Als das Feuer am verderblichsten w�thete, sah man den Kaiser auf der Zinne seines Palastes im prunkenden Gew�nde eines Saitenspielers, der zum Klange der Leier die Ein�scherung Trojas besaug ! Obwohl die R�mer von ihren Kaisern bereits das Schlimmste er-tragen gelernt hatten, so erweckte doch diese muthwillige Barbarei eine sehr bedrohliche Stimmung. Da verfiel Nero, um das Geh�ssige der That von sich abzuw�lzen, auf ein boshaftes Mittel. Er lie� die in Rom nicht beliebten Christen, als die Urheber dieses Brandes, aufgreifen unb eine zahllose Menge berselben hinrichten. Ihre Marter waren ihm nun ein eben so angenehmes Schauspiel, wie vorher ber Branb ber Stabt. Viele wurden gekreuzigt, andere in Thierh�ute gesteckt unb von Hunben
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zerrissen, noch andere mit brennbaren Stoffen bedeckt, sodann bei der Nacht wie Fackeln angez�ndet und zur Beleuchtung der kaiserlichen ; G�rten verwendet. Nero gab hierbei zur Belustigung des Volkes Spiele und stellte in eigener Person �ffentliche Wettfahrten an. Das trieb er so lange, bis endlich trotz der gro�en Abneigung gegen die Christen das allgemeine Mitleid f�r sie rege ward. Auch die Apostel Petrus und | Paulus traf seine Verfolgung. Elfterer wurde jenfeit des Tiberflusses | gekreuzigt, Paulus aber, als r�mischer B�rger, enthauptet.
Eben so heftig, ja noch heftiger war die Verfolgung der Christen unter den Kaisern Domiti�nus, Traj�nu^, Marcus Aure-lius, besonders aber uuterDiocl et ian. Im Jahre 107, als der sonst edle Kaiser Trajanus auf seinem Heerzuge gegen die Parther nach An-tiochta kam, lie� er den Hirten der christlichen Gemeinde daselbst, den Bischof Ignatius, vor sich bringen. Der Kaiser fuhr ihn hart an und schalt ihn einen vom b�sen Geiste Besessenen, da er uuerm�det seine Be-fehle verletze und auch Andere mit sich in's Verderben rei�e. Sonder Furcht erwiderte der Mann Gottes: �Nicht der verdiene den Namen eines vom� b�sen Geiste Besessenen, welcher als Diener Gottes Jesum freudig in seinem Herzen trage." Und als er weiter bekannte, da� es nur einen Gott gebe, und da� die G�tter der Heiden solche b�se Geister w�ren; lie� ihn der Kaiser sofort in Fesseln legen und nach Rom zum Tode abf�hren. Hier wurde er �ffentlich in der Rennbahn unter dem Jubel des heidnischen Volkes zwei hungernden W�lfen vorgeworfen und gierig von ihnen verschlungen. Die christlichen Br�der aber sammelten mit Sorgfalt die �briggebliebenen Gebeine des M�rtyrers und brachten sie als heilige Reliquien nach Anttochia.*) � Im Jahre 167, unter der Regierung des Kaisers Marcus Aurelms, starb auch Polycarpus, der Bischof von Smyrna, den M�rtyrertod. Auf Verlangen des Volkes wurde der ehrw�rdige Greis herbeigeholt und aufgefordert, Christus zu verfluchen. Auf ein so gottloses Ansinnen entgegnete Polycarpus mit ruhiger W�rde: �lieber sechs und achtzig Jahre diene ich bereits Chri-stus, und noch nie hat er mir ein Leid gethan; wie k�nnte ich ihn ver-fluchen, meinen Herrn und Erl�ser?" Da schrie die tobende Menge:
*) 9tod) sieht man in Rom die Beh�ltnisse am sogen. Coliseum, in welchen die wilden Thiere verwahrt wurden, die man zur Zerfleischung der Christen mit gro�en Kosten aus Afrikas gl�henden Sandw�sten hierher bringen lie�. Aber in der Mitte dieser Blutst�tte erhob sich sp�ter siegreich und sch�tzend das Kreuz des Welterl�sers.
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�In's Feuer, in's Feuer mit ihm!" und th�rmte in fliegender Eile einen Scheiterhaufen auf. Freudig und mit einem Dankgebete bestieg ihn der Greis. Allein die Flamme ber�hrte seinen Leib nicht; sie w�lbte sich um ihn gleich einem vom Winde geschwellten Segel, so da� endlich der Henkersknecht hinaufsteigen und ihm einen Dolch in's Herz sto�en mu�te. � Selbst christliche Knaben und Jungfrauen gingen f�r den Namen Jesus freudig in Noth und Tod. Der blo�e Name �Christ" galt schon als Verbrechen, f�r welches kein Tod zu grausam schien. Jedes Ungl�ck, welches �ber das Reich kam, sollten die Christen verschuldet haben. War der Tiberflu� ausgetreten, hatte die Erde gebebt, hatte I Hnnger oder Pest gew�thet; die Christen allein galten f�r die Urheber des Ungl�ckes. Alle Marter der Welt, alle erdenklichen Todesstrafen wurden dann gegen sie angewandt. Man lie� den angeklagten Christen die Wahl, ihren Glauben abzuschw�ren oder zu sterben. Wenn sie nnr ein K�rnchen Weihrauch auf den heidnischen Altar ftrenelen, so waren sie gerettet. Aber diese, die das irdische Leben gering achteten gegen das h�here, himmlische Leben, litten lieber alle Qualen, selbst den Tod; und unter dem Schwerte, in den Flammen priesen sie noch Gott, der sie ge-w�rdigt hatte, ihm im Leiden zu folgen, und sangen Psalmen zu seinem Ruhme. Bewunderung ergriff endlich die Heiden. Die letzten frommen Spr�che und Ermahnungen der M�rtyrer, ihre beispiellose Geduld und S�ndhaftigkeit, die freudige Zuversicht, mit welcher sie schieden, alles die-ses wirkte belehrend und bekehrend auf die Umstehenden; und so spro� aus ihrem Blute eine reiche Saat neuer Bekenner hervor. Auch die Verbannung der Christen wirkte zur Ausbreitung ihrer Lehre, indem sie �berall, wohin sie kamen, das neue Evangelium verk�ndeten.
Kaiser Constantin der Gro�e (324 - 337 n. Chr.)
a, Einigung und Ordnung des r�mischen Reiches. � Die Zersplitterung des Weltreiches in mehrere Theile, welche seit dem Kaiser Diocletian �blich geworden war, bestand auch zu Anfang des vierten Jahrhunderts nach Christus noch fort. Sechs Herrscher hatten damals das Reich unter sich getheilt: Licinius, Maximinus, Maxentins, Maximian, Valerius und Constantinus. Unter diesen Nebenkaisern, welche nicht in Frie-den und Eintracht die Negierung f�hrten, sondern neidisch einander befeh-deten und bekriegten, war weitaus der t�chtigste, thatkr�stigste, aber auch der ehrgeizigste, der Kaiser Constantinus, der nichts geringeres erstrebte, als seine s�mmtlichen Nebenbuhler zu verdr�ngen und sich zum Allein-
Herrscher zu machen. Viele Kriege hatte er zu diesem Zwecke zu f�hren, doch sind von diesen die K�mpfe gegen Maxentius und gegen Licinius die wichtigsten. Den Maxentius besiegte er in verschiedenen Schlachten in Oberitalien und besonders in der bei Turin. In dieser Schlacht soll ihm eine Fahne mit dem Bilde des Kreuzes und dem Christus- Zeichen (X) am Himmel erschienen und seine Schaaren, unter denen viele Chri-sten waren, zum Siege entflammt haben. Noch einmal schlug er denselben Feind unweit Rom am Tiberflu� und ward hier durch den Tod desselben von seinem m�chtigsten Gegner befreit. Auch den Nebenkaiser Licinius bezwang Constantinus zu Wasser und zu Lande so vollst�ndig, da� sich dieser im Jahre 324 n. Chr. dem Sieger unterwarf. So hatte er endlich das Ziel seines Ehrgeizes erreicht und noch im selben Jahre verei-nigte Constantin die s�mmtliche Theile des r�mischen Reiches zu einem einzigen Staate, dessen Scepter er seitdem als Alleinherrscher f�hrte.
Als Ordner des weitl�ufigen Reiches bekundete Constantinus eine nicht geringere Th�tigkeit, denn als Einiger. Um den endlosen inneren Wirren, welche Jahrhunderte lang durch die Anma�ung der Pr�torianer herbeigef�hrt waren, ein f�r alle Mal ein Ziel zu setzen, l�ste der Kaiser die Regimenter der Pr�torianer auf und theilte das ganze Heer in zwei Theile, deren einer zur F�hrung der Kriege auf die ausw�rtigen Kriegs-schanpl�tze entsendet wurde, w�hrend der andere zur Aufrechthaltung der inneren Zucht unb Ordnung durch die einzelnen L�nder des Reiches ver-theilt warb. Anwerbern sicherte Constantin bas Recht burch Gr�nbnng von Rechtsschuleu unb burch ben Schutz, welchen er ben Unterthemen gegen Unterdr�ckungen zu Theil werden lie�. Auch die K�nste und Wissenschaften haben in Constantin einen warmen Verehrer gefunden.
b, Verlegung des Sitzes der Reichsregieruug. � Derselbe Kaiser, welcher es sich so viel M�he und Blut hatte kosten lassen, die zerrissenen St�cke des r�mischen Reiches zu einem Gesammtstaate zu vereinigen, traf eine Anordnung, durch welche Die sp�tere abermalige uud endg�ltige Theilnng des Reiches herbeigef�hrt wurde. Um das Jahr 330 ver-legte n�mlich Constantin den Sitz der Regierung von Rom nach Byzanz. Es mag ihn der Umstand, da� er mit den Bewohnern jener Weltstadt nie auf einem sonderlich freuudlichen Fu�e gestanden, mit zn diesem Schritte veranla�t haben, aber die Hauptgr�nde d�rfen wohl in der �beraus g�nstigen Lage der neuen Hauptstadt gesucht werden. Byzanz, am Bos-porus, liegt auf der Schwelle des Abend- und Morgenlandes, welche
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Gebiete damals gleichm��ig innerhalb der Grenzen des r�mischen Welt-reiches fielen. Von Europa nach Asien und von Asien nach Europa ist an jener Stelle so zu sagen nur ein Schritt. Dazu kommt der unmittel-bare Zusammenhang des Bosporus mit den anderen Theilen des Mittel-meeres, das man von dem festen Byzanz aus nach jeder Richtung zu beHerr-schen vermag, wie ja auch der Handel des Morgenlandes westw�rts viele Jahrhunderte lang �ber diese Stadt ging. Constantinopel wurde sie nach dem Namen dieses m�chtigen Kaisers benannt, der sie mit den prachtvollsten Bauten schm�ckte, sie erweiterte und zu einem zweiten Nom zu gestalten suchte. Um die Aehnlichkeit noch gr��er zu machen, wurden selbst das Capitol und die sieben H�gel nicht vergessen. Aber statt der heidnischen Tempel erhoben sich hier christliche Kirchen, auf denen das Kreuz als glorreiches Siegeszeichen des Christenthums �ber das Hei-! denthum prangte.
c. Erhebung des Christenthnmes znr Staatsteligion. � Bis kurz vor dem Ende seines Lebens ist Constantin Heide geblieben; dennoch sind seine Verdienste um das Christenthum, zu dem er erst angesichts des Todes �bertrat, unberechenbar. Nachdem er schon im Jahre 312 gemeinschaftlich mit dem Nebenkaiser ein Toleranz-Gebot erlassen hatte, durch welches alle Cnlte geduldet wurden, erschien auf seine Veranlassung im Jahre 313 das ber�hmte Edict von Mailand. �Die Christen �ben gleich allen �brigen Unterthanen ihre Religion mit v�lliger Freiheit; jeder kann ungehindert zu ihnen �bertreten; die ihnen entrissenen Kirchen und Gemein-deg�ter sollen ihnen zur�ckgegeben, und die K�ufer solcher G�ter aus der Staatskasse entsch�digt werden." Eine neue Zeit wurde durch diese goldenen Kaiserworte herangef�hrt, das Heidenthum sank in die Nacht zur�ck, und siegreich schwebte �ber einer gl�cklicheren Welt das Kreuz der Erl�sung! Von Ehrfurcht f�r das Kreuz beseelt, an welchem das gro�e Werk des Heiles vollbracht war, verbot Constantin auch, ferner die Verbrecher zu kreuzigen; und von dieser Zeit an hat sich diese Art Todesstrafe in keinem Gesetzbuche einer christlichen Nation mehr vorgefunden. Ja dasselbe Kreuz, das fr�her ein Bild der Schmach und des Schreckens war, prangt seitdem glorreich auf den Kronen der Kaiser und K�nige, es ist ein Ehrenschmuck des Verdienstes, es thront in stiller Majest�t auf den Alt�ren der Kirche. Hoch in der Luft, von den Zinnen der Th�rme, leuchtet es bedeutungsvoll dem Wanderer entgegen; es wehet siegreich in unseren Fahnen. Am Fu�e jdes Kreuzes suchen Alle Ruhe und Frieden
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in den St�rmen des Lebens; als Anker der Hoffnung steht es tr�stend auf einsamem Friedhofe �ber den Gr�bern der Verstorbenen.
Welch gl�nzende Fortschritte das Christenthum seit diesen Verordnungen des Kaisers Constantin gemacht hat, beweiset auch der Umstand, da� im Jahre 325 die erste allgemeine Kirchen Versammlung <�cumenisches Concil) zu Nic�a in Kleinasien abgehalten wurde. Der Kaiser selbst nahm Antheil daran. � Einen besonderen Eifer f�r den neuen Glauben zeigte auch die Mutter Constantins, die heilige Helena. Im Jahre 326 wallfahrtete sie selbst nach dem heiligen Lande und lie� sich im Jordan taufen. Unz�hlige Werke der Demuth und Wohlth�tig-feit begleiteten die hochbejahrte Wittwe auf dieser Pilgerfahrt. Von ihr wurde auch das heilige Grab wieder aufgefunden. Sie lie� �ber dem-selben eine prachtvolle Kirche bauen und in dieser das Kreuz des Erl�sers, in Gold eingefa�t, aufbewahren. Auch die Grotte zu Bethlehem, in welcher der Welterl�ser geboren wurde, verwandelte sie in einen Tempel und beschenkte dieses Heiligthum mit reichen Gaben. Emen dritten Tempel bctuete die fromme Kaiserin auf dem Oelberge, an der St�tte, wo unser Heiland gen Himmel fuhr.
Bei all den Verdiensten, welche Kaiser Constantin sich um Kirche und Staat erworben hat, ist er leider auch von vielen und gro�en Vergehen, von Handlungen der Treulosigkeit und der Grausamkeit nicht frei ge-blieben. Dem Christenthmne trat er selbst erst am Ende seines Lebens bei und vor seinem Tode empfing er aus der Hand des ber�hmten Bischofes Eusebius die h. Taufe.
Seit den Tagen des Kaisers Constantin ist die g�ttliche Kraft des Christenthums im Morgen- und Abendlande immer mehr zur Geltung gekommen. Unter den St�dten, in welchen es schon in den ersten Jahr-Hunderten seine Hauptst�tze fand, sind die Weltpl�tze Rom, Alexandria, Antiochia, Jerusalem und Constantinopel an erster Stelle zu nennen; sie haben s�mmtlich f�r das Jugendzeitalter der christlichen Kirche die h�chste Bedeutung. Auch eine gl�nzende Reihe frommer und gelehrter M�nner trat fr�hzeitig mit Wort und Schrift f�r die Sache des Christenthums ein. Man nennt diese theils Kirchenv�ter, theils Kirchenschriftsteller. Zu jenen geh�ren aus dem Morgenlande: Athanasius, Basilius der Gro�e, Gregor von Nazianz und Chrysostomus; aus dem Abendlande: Ambrosius, Augustinus, Gregor der Gro�e und Hieronymus. Aus der
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Zahl der ber�hmtesten Kirchenschriftsteller sind besonders: Tertullian Origenes und Eusebius hervorzuheben.
Die V�lker aber, denen das Christenthum zuerst zu Theil ward, waren vielfach abgestorben und ihrer besten Kraft schon beraubt. Neue lebensvolle Nationen sollten nach dem Plane der Vorsehung an ihre Stelle treten, geeignet, die neue Lehre mit W�rme zu erfassen und mit Kraft auszubreiten. Das waren vornehmlich die germanischen V�lker, welche das morsche N�merreich und die Cultur des Alterthums st�rzten und auf den Tr�mmern des Riesenbaues neue Reiche aufbaueten als die Haupttr�ger der christlichen Cultur im europ�ischen Erdtheile. Den m�chtigsten Ansto� zu diesem Sturze des R�merthums und zum Siege des Germanenthums, damit aber zugleich auch zum Siege der christlichen Religion, gab die s. g. gro�e V�lkerwanderung.
Anfang der gro�en V�lkerwanderung (375 n. Chr.)
Der Einfall der Hunnen. � Unter den Nachfolgern Constantins schienen die m�hevollen Einrichtungen des gro�en Kaisers vielfach wieder zerst�rt werden zu sollen. Die Einheit des Reiches ging bald darauf ver- i loren, Zuchtlosigkeit griff um sich, ja der Kaiser Julianus (361 � 363) suchte sogar das Christenthum zu unterdr�cken und das Heidenthum zu-r�ckzuf�hren, weshalb er in der Geschichte mit dem Beinamen, �der Ab-tr�nnige" oder �der Apostat" benannt wird. Auch an den Grenzen des Reiches erhoben sich gro�e Gefahren. L�ngst hatten am Rhein und an der mittleren Donau die germanischen V�lker ungest�m an die Pforten des R�merstaates gepocht, da wurden pl�tzlich auch au dem unteren Laufe : dieses Stromes alle Wehren und Schutzmittel durch den Einbruch wilderregter V�lkermassen niedergerissen! Den Anla� zu diesem folgen- j schweren Ereigni� gab der Uebergang der Hunnen nach Europa.
Die Hunnen, ein asiatisches Nomadenvolk, bewohnten den weiten Raum, der sich von Sibirien hin bis nach China und Indien erstreckt. Man hielt sie f�r Kinder der Zauberinnen und b�sen Geister; so wild und furchtbar war ihr Aeu�eres. Sie waren klein und dick, mit einem fetten fleischigen Halse, mit breiten Schultern und einem �berm��ig dicken Kopfe, aus welchem kleine, schr�g geschlitzte Augen wild hervorguckten. Den Knaben ritzten sie fr�he die Wangen, das Hervorkeimen der Haare zn hindern, auf da� sie als M�nner bartlos blieben. Sie trugen leinene
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Kittel, auch Pelze von Waldm�usen, und die Beine umwickelten sie mit Bocks-feilen. Ihre Speisen erforderten kein Feuer, kein Gew�rz. Sie lebten von den Wurzeln wilder Kr�uter, oder von rohem Fleische, welches sie wie einen Sattel auf das Pferd legten, es m�rbe ritten und dann verzehrten. H�user vermieden sie wie Gr�ber; sie hatten nicht einmal armselige feste H�tten. Umherschweifend durch W�lder, gew�hnten sie sich von der ersten Kindheit an Ertragung der K�lte, des Hungers und des Durstes. Auf h��lichen aber ausdauernden Pferden waren sie wie angeheftet bei Tage und bei Nacht. Sie a�en und tranken, kauften und verkauften zu Pferde, und pflegten auch auf dem kurzen Halse desselben zu schlafen. Zu Pferde hielten sie sogar ihre �ffentlichen Berathungen. Krieg war ihre gr��te Lust. Unerschrocken fochten sie, wenngleich ohne Plan, mit dem S�bel in der einen und einer Schlinge in der anderen Hand, die sie �ber den Reiter sowohl als Fu�g�nger warfen, um sie mit sich fortzuschleppen. Dem Zuge der M�nner folgten ihre Weiber und schmutzigen, ungestal-teten Kinder auf zahllosen Karren nach.�Zur Abwehr dieses furchtbaren Volkes wurde zu der Zeit, als Hannibal in Italien die R�mer schreckte, eine vierhundert und f�nfzig Stunden lange Mauer von den Chinesen aufgef�hrt.
Theils von den Chinesen gedr�ngt, theils durch innere Stammfehden entzweiet, wanderten die Hunnen um das Jahr 375 nach Chr. aus ihren Steppenl�ndern und stie�en, westlich vordringend, auf die Alanen. Diese bedeckten damals mit ihren Heerde� und Gezeiten die Ebene zwi-scheu der Wolga und dem Don. Unf�hig, dem Andr�nge der Hunnen zu widerstehen, schl�ssen fie sich, Gefahr und Beute theilend, an die Sieger an. Nun ging der gemeinschaftliche Zug �ber den Don, die alte Grenzscheide von Europa. Dann stie�en sie auf die Gothen, welche damals die weiten Landstriche zwischen dem schwarzen Meere und den Ufern der Weichsel und Oder bis zum baltischen Meer bewohnten. Sie waren durch den Flu� Duiper (Borysthenes) in Ostgothen und West-gothen getheilt. Die Ostgothen, welche zwischen dem Don und Dniper wohnten, konnten nicht widerstehen; sie brachen auf und st�rzten auf ihre westlichen Br�der jenseit des Dnipers, die Westgothen. Diese durch den gewaltigen Andrang der nachr�ckenden V�lker fortgeschoben, wand-ten sich an den Kaiser Valens und baten, da� er ihnen unterhalb der Donau, also innerhalb der Grenzen des r�mischen Reiches, Wohnsitze gestatten m�chte, wogegen sie Grenzh�ter sein wollten. Im Drange der Roth gew�hrte Valens ihre Bitte unter der Bedingung, Waffen und Kinder auszuliefern.
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Die Lage der Westgothen ward aber bald unertr�glich. Durch die Grausamkeit und Habsucht der kaiserlichen Beamten wurden sie zur �u�ersten Rache entflammt. Mit Mord und Brand durchzogen sie die n�chsten Provinzen. Der Kaiser Valens griff zum Schwerte. Berge-dens! er wurde bei Adrian�pel im Jahre 378 geschlagen. Verwundet floh er vom Schlachtfelde uud suchte sich in einer Bauernh�tte zu verber-gen. Die Gothen, weit entfernt, zu glauben, da� in dieser der Kaiser sei, steckten sie, wie tausend andere, in Brand. So b��te Valens die Treu-losigkeit seiner Beamten mit dem Feuertode.
Unaufhaltsam, wie ein ausgetretener Strom, w�lzten sich nun die Sieger unter schrecklichen Verw�stungen bis unter die Mauern von Constantinopel. Da eilte noch zur rechten Zeit der neuerw�hlte Kaiser Theodosins, ein geborener Spanier, herbei und suchte mit dem furchtbaren Feinde den Frieden zu vermitteln. Dieses gelang ihm auch. Die Gothen bekamen Thracien, dagegen verpflichteten sie sich, ihm 40 000 Manu H�lfstruppen f�r Geld und Lebensrnittel zu stellen. Von nun an dienten immer Gothen, gr��tentheils unter eigenen Befehls-habern, im r�mischen Heere und erhielten selbst die angesehensten Stellen. Ein furchtbares Beispiel war gegeben, um die Barbaren aufzumuntern!
Die Wanderungen der germanischen V�lker.
Der Kaiser Theodosins hatte den ersten Sturm der V�lkerwan-derung noch einigerma�en zur�ckgehalten; um so schrecklicher brach das Verderben unter seinen Nachfolgern aus. Kurz vor seinem Tode, im Jahre 395, theilte er das Reich unter seine beiden S�hne, Honorrns und Arcadlus, so da� der erstere die westlichen Provinzen mit der Hauptstadt Rom, der andere die �stlichen mit der Hauptstadt Constantino-pel erhielt. Zwar sollte nach der Absicht des Theodosins das r�mische Reich immer noch ein Ganzes bleiben, es ist aber nie wieder vereint geworden. Von nun an gab es ein abendl�ndisches oder westr�misches, und ein morgenl�ndisches oder ostr�misches Kaiserthum.
Weil die S�hne des Theodosins noch sehr jung waren, so herrschten statt derselben ihre Minister, statt des Honorins in Rom, Stilicho, ein Vandale; statt des Arcadins in Constantinopel, Rusinus, ein 1 Gallier. Beide Minister ha�ten sich auf das Bitterste, der eine suchte den andern zu st�rzen. Dadurch ward die Unordnung im Reiche noch gr��er. Ilm den Stilicho recht in Roth zu bringen, reizte der Hof zu Constantinopel den kriegerischen K�nig der Westgothen, Al�rich, zu
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einem Einfalle in Italien. Dieser zog an der Spitze seiner Gothen ver-Heerend durch Griechenland, von da nach Italien. Noch gelang es Sti-licho, den L�nderverw�ster von Rom abzuhalten. Er schlug ihn zuerst bei Pollentia (402), dann bei Verona und bewog ihn zuletzt durch Be-williguug einev ^ahrgehaltes und Ernennung zum Obet'fcldhcrru des westlichen Jllyriens, das damals zum abendl�ndischen Reiche geh�rte, zur Umkehr. � Kaum aber hatte Alarich den r�mischen Boden verlassen^ als m�chtige Scharen germanischer und gallischer St�mme unter An-s�hruug des Gothen 3!a daga is �ber die Alpen in Italien einbrachen lind mit schrecklicher Verw�stung ihren Weg bezeichneten. Auch diese besiegte �tilicho; Radagais selb>t wurde gefangen und hingerichtet (404).
Der zweimalige Netter Roms und Italiens erntete aber nicht den wohlverdienten Lohn. Seine Feinde benutzten den Umstand, da� er sich mit Alarich in einen Vertrag eingelassen, zur Anklage auf Hochverrath. Und der Kaiser Honorius, welchen Stilicho mit seiner Tochter verm�hlt hatte, sch�pfte nunmehr so argen Verdacht gegen seinen Schwiegervater, da� er ihn hinrichten lie�. Das h�rte Alarich. Ergrimmt �ber die Voreuthaltung des Tributs r�ckte er sofort wieder in Italien ein (408). Er lie� Ravenna, wohin sich Honorius gefl�chtet hatte, zur Linken liegen und schlug im Angesichte Roms sein Lager auf. Seit Hannibal's Zeit hatte mau keinen Feind vor Roms Thoren gesehen; die ganze Stadt gerieth in die gr��te Best�rzung. Als die Roth auf's H�chste stieg, schickte sie Gesandte mit Friedensvorschl�gen in das gothische Lager. Die Gesandten dachten, durch eine Schilderung der ungeheuren Macht ihres Volkes den rohen Helden zu schrecken und ihn so f�r die Annahme der Vorschl�ge leicht zu gewinnen. Alarich aber lachte laut und rief: �Je dichter das Gras, um so leichter das M�hen!" Anfangs verlangte er als Bedingung des Abzuges alles Gold und Silber der Stadt; hob aber doch, als man ihm 5000 Pfund Gold und 30 000 Pfund Silber versprach, die Belagerung auf und zog ab.
Der Kaiser Honorius wollte den Vertrag nicht gelten lassen, welchen die R�mer mit Alarich geschlossen hatten. Da kehrte dieser gleich im folgenden Jahre nach Rom zur�ck und setzte einen anderen Kaiser, Atta-Ins, ein. Doch nicht lange hatte sich dieser seiner neuen W�rde zu erfreuen. Alarich setzte ihn wieder ab, weil er nicht nach seinem Sinne regierte, und kn�pfte mit Honorius neue Unterhandlungen an. Vorz�glich bestand er auf seiner, fr�her oft gestellten Forderung, seinem Volke feste Wohnsitze einzur�umen. Als aber seine Unterhandlungen fruchtlos
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abliefen, da zog er, heftig erz�rnt, zum dritten'Male gegen Rom. Mit st�rmender Hand brang er w�hrend der Nacht in die Stadt und �ber-lie�' sie seinen Gothen zur Pl�nderung. Die w�hrend tausend Jahre durch die Raubsucht der R�mer aus der ganzen bekannten Welt zusammengebrachten und aufgeh�uften Sch�tze wurden jetzt eine Beute seiner V�lker. Die Einnahme Roms f�llt in das Jahr 410 nach Chr., etwa 800 Jahre nach der ersten Verheerung durch die Gallier.
Alarich verlie� Rom nach einem Aufenthalte von wenigen Tagen. Seine Absicht war, erst Sicilien zu erobern, dann nach Afrika �berzu-setzen. Da ereilte ihn der Tod zu Consentia (Consenza). Die Gothen betrauerten seinen Tod und bezeugten ihr verehrendes Andenken des Helden auf sonderbare Weise. Den Flu� Busentus (Buseuto), welcher an der Stadt vorbeiflie�t, leiteten sie ab, begruben in dessen Bette Alarich sammt gro�en Sch�tzen und lie�en dann dem Wasser wieder seinen vorigen Lauf, auf da� unbekannt bliebe die St�tte, wo der Gothen Held von seinen K�mpfen und Siegen ruhe. � Nach Alarich's Tode erw�hlten die Gothen zu ihrem K�nige den F�rsten Athaulf (Adolf), Schwager des Alarich. Dieser s�hnte sich mit Honorius aus, heirathetc dessen Schwester und verlie� (411) mit seinen Gothen das verheerte Italien. Er zog nach Gallien und von da nach Spanien. In beiden L�ndern foeffeit und jenfeit der Pyren�en wurde von ihm und seinem Nachfolger Wallia ein iveftgothifches Reich gestiftet, dessen Hauptstadt Tol�sa (Toulouse) war. Dieses Land bestand von 419 bis 531.
Die R�mer verloren eine Provinz nach der andern, weil die Truppen aus denselben zum Schutze der bedr�ngten Hauptstadt zur�ckgezogen wurden. Es waren gr��tenteils deutsche V�lker, die sich in die aufge-gebeuen Provinzen theitten und neue Reiche stifteten. Schar auf Schar brach �ber die unbewachte Grenze. So drangen seit dem Ende des Jahres 406 unter gr�ulichen Verw�stungen Vand�len, Alanen, Sueven, Burgunder, Franken und andere V�lkerschaften �ber den Rhein in die westlichen L�nder des r�mischen Reiches, in Gallien und Spanien. Die Sueven, Vand�len und At�nen lie�en sich in Spanien nieder, und hier f�hren die Provinzen Andalusien (Vandalnsien) und Catalonien (Gothalanien) noch jetzt nach ihnen ihre Namen. Sp�ter, im Jahre 429, fetzten die Vandalen unter ihrem K�nige Geifer ich nach Afrika �ber und stifteten dort ein gro�es vandalisches Reich mit der Hauptstadt Kar-th�go. � Die Burgunder lie�en sich im �stlichen Gallien am Ober-rhein bis hin zur Rhone und Saune nieder; Worms war eine Zeit lang
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ihre Hauptstadt. Zwischen Mosel, Rhein, Maas und dem Meere setzten sich die Franken unter verschiedenen F�rsten fest. � Auch Britannien wurde von den deutschen V�lkern in Besitz genommen. Es war um das Jahr 445, als das von r�mischen H�lsstruWen entbl��te Britannien die Angeln, Sachsen nnd J�teu aus dem n�rdlichen Deutschland �gegen seine Nachbaren im schottischen Hochlande, die kriegerischen Picten und @coten, zu H�lfe rief. Zwei s�chsische Br�der, Hengist und Horsa, setzten mit ihren Scharen nach Britannien �ber, schlugen die Feinde zur�ck, wandten dann aber, durch neue Ank�mmlinge verst�rkt, ihr siegreiches Schwert wider die Briten selbst und machten sich dieselben uuterthan. Das ist der Anfang der angels�chsischen Herrschaft in England und der Vermischung der deutschen Einwanderer mit den alten Landesbewohnern. Das eroberte Land wurde nach den Angeln Angelland oder England genannt, und noch jetzt erinnert die Sprache der Engl�nder an diese Niederlassung der Sachsen.
Indem so ein Theil nach dem anderen von dem r�mischen Reiche abgerissen wurde, kam auf einmal durch die Hunnen eine gemeinsame Roth �ber die Bewohner des Abendlandes, R�mer sowohl als Deutsche.
Die hunnische Gro�macht.
K�nig Attila (434�453 nach Chr.). � Die Hunnen, welche zuerst die fr�her genannten V�lker in Bewegung gesetzt und immer weiter vor sich hergetrieben hatten, hauseteu seitdem zwischen der Wolga und Donau. Eine neue Furchtbarkeit erlangte dieses Volk, als ein k�hner Anf�hrer, Attila (Etzel), alle von der Wolga bis zur Donau zerstreuten St�mme der Hunnen zu eiuem Ganzen vereinigte und sich selbst an die Spitze stellte. Er war klein von Wuchs, hatte einen gro�en Kopf, tiefliegende feurige Augen, ein platte Nase und breite Brust. Gang und Stimme k�ndigten den Herrscher an. Er r�hmte sich, das Schwert des Krieges-gottes selbst gefunden zu haben. In Ungarns Steppenebenen zwischen der Thei� und Donau, wo seine asiatischen Nomadenschw�rme gleichsam den heimischen Boden wiederfanden, war sein Hauptlager. Hier, in einem einfachen, h�lzernen Gezelte, empfing er, in Mitten seiner goldstrotzen-den F�hrer, welche die Sch�tze einer halben Welt zusammengeschleppt hatten, selbst in stolzer Armuth die fremden Gesandten; von hier aus verbreiteten seine Befehle Schrecken �ber ferne Nationen. Die Hunnen sch�tzten ihn als ihren unerschrockensten Krieger und als den erfahrensten Feldherrn. Ihre Liebe und Achtung vor ihm gingen bald in eine aber-
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gl�ubische Verehrung �ber. Er hie� nicht anders als Godegisel, d. h. ein Gei�el Gottes zur Z�chtigung der Welt. Vor dieser Gei�el bebten weithin die V�lker. Zuerst wandte er sein Schwert gegen die oft� liehen Provinzen und verheerte sie auf schreckliche Weise. Der Kaiser zu Constantinopel zitterte und machte sich verbindlich, ihm einen j�hrlichen Tribut von zweitausend Pfund Gold zu zahlen. Nun wandte er sein Schwert gegeu den Westen, dessen Kaiser Valentinian daf�r b��en sollte, da� er es gewagt hatte, dem allgewaltigen Hunnenk�nige seine Schwester und die H�lfte seines Reiches zu verweigern.
Inl Winter des Jahres 450 brach der Hunnenheld an der Spitze vieler K�nige und einer halben Million Streiter ans seinem Lager in Ungarn aus, durchzog, alles vor sich niederwerfend, Norlcum und Binde liclen , (das heutige Oesterreich und Bayern) und gelangte an den Rhein. Das Volk der Burgunder mit Rhein, welches Widerstand zu leisten wagte, wurde niedergeworfen, viele bl�hende St�dte am Rhein, wie auch in Gallien, unter anderen Trier und Metz, zerst�rt, und die Schrecknisse des Krieges bis nach Orleans an der Loire getragen.
In dieser Roth vereinigten sich im Abendlande Frennde und Feinde zur gemeinsamen Rettung. Die R�mer hatten zu dieser Zeit einen treffe licheri Feldherrn, mit Namen 21 et ins. Dieser verband sich mit Theo-d�rich, dem K�nige der Westgothen, zog viele deutsche H�lssv�lker an sich und stellte sich auf den weiten gatnlaunischen Gefilden, bei dem heutigen Chalons an der Marne, dem L�nderst�rmer k�hn entgegen. Fast alle V�lker von der Wolga bis zum atlantischen Meere standen hier kampfbegierig einander gegen�ber. Hier fiel nun im Jahre 451 die gro�e V�lkerschlacht vor, eine der m�rderischsten, die je in Europa ge-liefert sind. 160000 Leichen beider Heere bedeckten die Wahl statt; ja der Ingrimm der K�mpfenden war so gro�, da� nach der Volkssage.die Erschlagenen als Geister hoch oben in der Luft die Schlacht von Neuem begannen. Auch Theodorich, der herrliche Gothenk�nig, starb den Helden-tod, aber Attila wurde geschlagen und zog sich grollend �ber den Rhein zur�ck. Pl�tzlich brach er racheschnaubend im n�chsten Jahre, 452, in Italien ein. Er eroberte und vertilgte das bl�hende Aquileja. Fl�chtlinge ans der Stadt und Umgegend verbargen sich auf den vielen kleinen Inseln in den Lagunen (Strandseen) des adriatischeu Meeres und gr�ndeten daselbst eine neue, gleichsam schwimmende, Stadt, Venedig. Unter f�rchterlichen Verw�stungen zog er unaufhaltsam vorw�rts gegen die Hauptstadt selbst. Rom schien verloren I Da zog der Papst Leo an der
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Spitze einer r�mischen Gesandtschaft in das hunnische Lager. Mit r�hren-den Bitten und Vorstellungen wandte er sich an Attila. �Bedenke/' sprach er, �da� der erste der Apostel Rom in seinen m�chtigen Schutz genommen hat. Auch Alarich kam nach Nom; aber darum hat er fr�hen Tod ge-litten. H�te du dich zu kommen!" Die ehrw�rdige Erscheinung des Ober-Hauptes der Christenheit, und die ernste Mahnung, die von ihm im Na-men der Religion feierlich ausgesprochen war, fl��te selbst dem Barbaren Achtung und Ehrfurcht ein. Sein Herz war erweicht. Er kehrte mit seinen Horden nach Pannonien (Ungarn) zur�ck. Es war seine letzte Kriegesfahrt. Schon im n�chstfolgenden Jahre 453 starb er. Ein pl�tzlicher Tod be-freiste die Menschheit von dieser Gei�el. Sein Leichnam wurde unter feierlichem Gepr�nge in einen goldenen Sarg gelegt, dieser in einen silbernen, und beide in einen eisernen. Dann wurde er unter kriegerischen Spielen und Ges�ngen begraben, am Grabe aber alle Arbeiter nmge-bracht, damit die Ruhest�tte des Hunnenhelden nicht verrathen werde. Nach Attilla's Tode zerfiel unter den Kriegen seiner S�hne das gro�e Hunnenreich, welches sich von der Wolga bis zum Rhein erstreckt hatte. Die Ueberreste jener Barbaren wurden bis zum schwarzen Meere zur�ck-gedr�ngt. In die Hauptsitze der Hunnen theilten sich die Gepiden und Ostgothen. Das Land innerhalb der Thei�, der Donau und der Kar-pathen nahmen die Gepiden in Besitz; die L�nderstrecken von Sirminm bis Wien, und von Dalmatien bis an die Donau besetzten die Ost-gothen mit Bewilligung des ostr�mischen Hofes.
Der Untergang des westr�mischen Reiches (470 nach Chr.).
Odo�ker. � Das westr�mische Reich bestand fast nur noch aus Italien, und auch dieses eilte mit schnellen Schritten seinem Untergange entgegen. Der mi�trauische Kaiser Val entinianus ermordete mit eigener Hand den Aettus, die letzte St�tze des Reiches. Valentinianus wurde wieder-um auf Anstiften des Petr�nius Maximus ermordet, der nun selbst den Kaiserthron bestieg und des Ermordeten Wittwe, Eudoxia, zwang, seine Gemahlin zu werden. Hut sich den H�nden des M�rders ihres Gemahles zu entwinden, rief sie heimlich den Vandalenk�nig Geiserich aus Afrika her�ber. Alsbald erschien dieser mit seiner Flotte im Hafen von Ostia. Der fliehende Maximus wurde in den Stra�en Roms gesteinigt und verst�mmelt in den Tiberflu� geworfen. Keiner unter-nahm die Rettung der bedr�ngten Hauptstadt. Da wallfahrtete noch einmal der Papst Leo an der Spitze einer ehrw�rdigen Prozession dem
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Geiserich entgegen und flehete, die ungl�ckliche Stadt vor Feuer und Schwert zu schonen. Der Vandale versprach es und hielt Wort, so gut er konnte. Es war am 25. Juni des Jahres 455, als er einzog. Es flo� kein Blut, es loderte keine Flamme auf; aber vierzehn schreckliche Tage und N�chte hindurch w�hrte die Pl�nderung, welche Rom und die ganze ge-segnete K�stenlandschaft bis nach Neapel hin in furchtbarer Weise traf. Viele Kunstsch�tze und Kostbarkeiten, die seit der Verheerung durch Alarich noch vorhanden waren, wurden als Beute von den rohen Vandalen weg-gef�hrt. Au�erdem schleppten sie noch viele Tausende der ungl�cklichen R�mer beiderlei Geschlechtes auf ihren Schiffen mit sich fort nach Afrika.
Nach Maximus, in dem kurzen Zeitraum von zwanzig Jahren, re-gierten noch acht Kaiser. Das Scepter ging von Hand in Hand, bis Odoaker, Befehlshaber der Her�ler und Rugter, welche im heutigen Pommern ihre urspr�nglichen Wohnsitze hatten, dem Reiche vollends ein Ende machte. Er hatte im r�mischen Reiche als Anf�hrer deutscher Miethstruppen gedient und forderte nun f�r seine Dienste den dritten Theil alles Grundeigenthums. Als dieser verweigert wurde, stie� er den letzten dieser Schattenkaiser, Rom�lns genannt, mit dem Zunamen Augustus, der bei ihm aber, weil er noch ein Kind war, in die Verklei-neruugsform A u g u st � l u s (der kleine Augustus) �berging, vom Throne und �bernahm nun selbst die Herrschaft von Italien. Des jungen Kaisers unschuldiges Blut schonte er, als dieser, Scepter und Krone nie-derlegend, um Gnade flehete. Er wies ihm ein Schlo� in Eampanien zu seinem Wohnsitze an und gab ihm einen Jahresgehalt.
So endete im Jahre 476 nach Chr. das r�mische Reich; der Riesen-b�um, welcher seine Aeste nach und nach �ber die L�nder der Erde aus-gedehnt und die Nationen l�nger als zw�lfhundert Jahre geborgen hatte, war innen morsch geworden, unter den furchtbaren St�rmen des f�nften Jahrhunderts brach er dr�hnend zusammen.
Mit dem Falle Roms im Jahre 476 schlie�t die alte Geschichte. An die Stelle der entarteten R�mer treten nun die ungebildeten, aber auch unverdorbenen Volksst�mme der Germanen oder Deutschen und errichten �ber den Tr�mmern des r�mischen Reiches neue, selbst�ndige Staaten mit eigenen Gesetzen, Sitten und Sprachen. Die Grundlage dieser Reiche bildet die christliche Religion, so da� mit dem Eintritt des folgenden Zeit-alters wie an Stelle der R�mer die Germanen, so zugleich an Stelle des Heidenthums der christliche Glaube tritt.
,
Die wichtigsten Reiche des Alterthmns.
I. Die Israeliten.
vor Chr.
1. Die Zeit der .Patriarchen, von Abraham bis Moses 2000�c.1500
2. Moses lt. die Zeit der Nichter (Gideon, Jephta, Simson) C. 1500�1095
3. Das nngetheilte K�nigthum unter Saul, David,
Salomo..........................1095� 975
4. Das getrennte Reich Israel................975� 722
5. Das getrennte Reich Inda................975� 586.
II. Die Ph�nizier.
Bl�the der gro�en Handelsst�dte Sidon und Tyrus 1250� 332.
III. Die Aegyptier.
1. Das alte Reich von Memphis..............3000�2100
2. Die Herrschaft der Hirtenk�nige............2100�1650
3. Das neue Reich von Theben..............1650� 670
4. Die letzten Pharaonen (Sais)..............670� 525.
IV. Die Vabylonier und Assyrier.
1. Das alte Reich von Babylon..............2000�1250
2. Die assyrische Herrschaft..................1250� 606
3. Das j�ngere Reich von Babylon............606� 538.
T. Die Meder.
Die Meder nach wiedererlangter Selbst�ndigkeit . 708� 558.
VI. Die Perser.
Die Geschichte der drei gro�en Eroberer: Cyrus,
Cambyses, Darins..................558� 485.
VII. Die Griechen.
1. Das Heldenzeitalter von.........c. 1300� 800
2. Die �lteste Geschichte von Sparta und Athen . . 800� 500
3. Die Zeit der Bl�the Griechenlands und seiner glor-
reichen K�mpfe......................500� 431
4. Die Zeit des Verfalles und der Knechtung . . . 431� 338.
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� 314 �
�
VIII. Die sJJtncchuittcr.
vor Chr.
1. Die Geschichte des K�niges Philipp II. . . . 359�336
2. Die Geschichte Alexander des Gro�en.... 336�323.
IX. Die R�mer.
1. Geschichte der sieben K�nige.....von 753�510
2. Geschichte der r�mischen Republik..... 509� 31 v. Chr.
3. Geschichte des r�mischen Kaiserthums . . 30v.Chr. � 476 n.Chr.
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Zeittafeln
f�r die
Geschichte der Griechen, des macedonischen Weltreiches und der R�mer.
Geschichte der Kriechen.
1. Periode. Vou deu �ltesten Zeiten bis auf Lykurg, 800 vor Chr.
vor Chr.
Das Heldenzeitalter . . . von etwa 1300 ab
Der Argonautenzug......1250
Der trojanische Krieg......1194�1184
Die Wanderung der Dorier. . . . 1104 Der Tod des K�niges Kodrus . . . 1068.
2. Periode. Von Lykurg (800 v. Chr.) bis zum Beginne der Perser-
kri-g- (500 v, Chr.) ...
Die Verfassung des Lykurg . . etwa 800 Der erste messenische Krieg. � Aristo-
demns..................743� 724
Der zweite messenische Krieg. � Aristo*
menes....................685� 668
Die Gesetzgebung des Drakon ... 624
Die Gesetzgebung des Solon . . . 594
Athen unter den Pisistratiden . . . 560� 510
Der Tyrann Pisistratus..........560� 527
I
I
� 315 �
vor Chr.
Die Verbannung des Hippias......510
Die Neuerungen des Klifthenes..... 509.
3. Periode. Vom Beginne der Perserkriege (500 vor Chr.) bis zum
peloponnesischen Kriege (431 vor Chr.).
Der Aufstand der kleinasiatischen Griechen . . Der Angriffskrieg der Perser . . . .
Erster Feldzug unter Mardonius.....
Zweiter Feldzug unter Datis und Artaphernes .
Die Schlacht bei Marathon.
Dritter Feldzug unter X e r x e s.....
Die Schlachten bei Thermopyl�, Artemisium
und Salamis.
Die Schlachten bei Plat�� und Mykale . . Der Vertheidigungskrieg der Perser Die Doppelschlacht desCimon am Eurymedon
Die Schlacht bei Salamis auf Cypern. j Cimon
, ___
-
Der dritte messenische Krieg. � Cimon . . .
Athens Bl�the unter Perikles.....
4. Periode. Vom Beginne des peloponnesischen Krieges (431 vor Chr.)
bis znr Knechtung Griechenlands durch die Macedo-
iiier (338 vor Chr.).
x 7 y vor Chr.
Der pelopounesische Krieg..... 431�404
a. Der zehnj�hrige Krieg....... 431�421
Der Tod des Perikles......429
Die Schlacht bei Amphipolis.� Brasidas 422 Der Friede des Nicias......421
b. Zweite Abtheilung des Krieges .... 418�413
Das Unternehmen der Athener gegen
Sicilien.........415�413
c. Dritte Abtheilnng des Krieges .... 413�404
Die siegreiche R�ckkehr des Alcibiad es 408 Die Schlacht bei den arginusischeu Inseln.
� Kallikratidas.......406
Schulb � >S
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vor Chr.
500-494
493�479
493
490
490
480
480 479
477�449
469
449.
465�456 468 � 429.
� 316 �
vor Chr.
Die Schlacht bei Aegospotamos. � Lysander . 405
Die Einnahme Athens........404
Die Schreckensherrschaft in Athen. � Thrasy-
bulus............403
Der Tod des Sokrates........399
Der korinthische Krieg. � Antalcidas.... 394�387
DerKrieg zwischen Theben und Sparta 378�362 Die Schlacht bei Leuctra. � Epaminondas
und Pelopidas.........371
Die Schlacht bei Mantinea. f Epaminondas . 362
K�nig Philipp II. von Macedonien .... 359�33g Die Schlacht bei Ch�ronea. � Philipp.
Alexander......................338.
Geschichte des macedonischen Weltreiches.
vor Chr.
Alexander der Gro�e..................336�323
Alexanders Sieg am Granikns. � Clitns . . 334
� bei Issus. � Gefangene . . 333
Unterwerfung Syriens it. Aegyptens 332
Sieg bei Gangamela.....331
Unterwerfung Indiens. � Porns 326
Tod..........323
Der lamische Krieg..................323�322.
Die Theilrciche.
a. Bl�the des �gyptischen Reiches .... 323�221
Untergang des �gyptischen Reiches ... 30
b. Das syrische Reich der Selenciden . . . 312� 64
Untergang des Reiches.......64
c. Das macedonisch-griechische Reich.
Unterwerfung Macedoniens \ , \ 148
Unterwerfung Macedonieus } 1
t m r ^ > durch die R�mer < Unterwerfung Griechenlands^ \
146.
� 317 �
Geschichte der Il�mer.
I. Rom unter K�nigen. 7 K�nige . . . 753�510 v. Chr.
II. Rom ein Freistaat........509� 31 v. Chr.
1. Untera�theiluug von 509 � 266 vor Chr., bis zur Unter-
werfung Italiens. w 6�r.
Die Schlacht am See Regillus.� Tarquiuius 496
Die Auswanderung der Plebejer. � Tribunen 494 Die Gesetzgebung der Dezemvirn. � Appius
Claudius....................451�450
Die Gesetze des Cannlejns......444
Die Einnahme Veji's. � Camillus . . . 396 Die Schlacht an der Allia und die Zerst�rung
Roms durch die Gallier. � Brennus . . 389
Die Gesetze des Licinius und Scxtius . . . 366
Der erste Samniterkrieg. � Valer. Corvns 342�340
Der letzte Latinerkrieg.� Manl. Torquatus 339�337
Der zweite Samniterkrieg. � Pap. Cursor 325�304 Die Gleichstellung der Patricier und Plebejer.
� lex Ogulnia........300
Der dritte Samniterkrieg............298�290
Die Schlacht bei Sentinnm. � Dec. Mus. . 295 Der Krieg gegen Tarent uud den
-K�nig Pyrrhus..............282�272
Sieg des Pyrrhus bei Heraklea .... 280
� � � � Askulum .... 279 Niederlage des Pyrrhns bei Beneventum. �
Cur. Dentatus.........275
Vollendung der Unterwerfung Italiens durch
die R�mer....................266.
2. Unterabtheilung von 266�133 vor Chr.; bis zur Unter-
werfung der wichtigsten Mittelmeer-L�nder.
vor Chr.
Der erste puuische Krieg .... 264�241 Der Sieg der R�mer beiMyl�. � Duilius 260 Niederlage der R�mer bei Tuues. � Ne-gulus..........255
� 318 �
vor Chr.
Sieg der R�mer bei Panormus . . . 250
Sieg der R�mer bei den �gatischen Inseln 241
Der zweite punische Krieg .... 218�201 Der Sieg Hannibal's am Ticinus und an
der Trebia.........218
Der Sieg Hannibal's am See Trasimenus 217
Der Sieg Hannibal's bei Cann� . . . 216 Eroberung von Syrakus dnrch die R�mer.
� Marcellus........212
Der Sieg der R�mer am Metanrus. �
Cl. Nero . ........207
Der Sieg der R�mer bei Zama. �
Scipio d. Aelt........202
Hannibal's Tod........183.
Der Sieg der R�mer �ber die Macedonier bei Pydna. � Perseus.....108
Der dritte punische Krieg .... 149�140
Die Zerst�rung Karthago's. � Scipio d. I. 146.
Die Zerst�rung Korinths. � Mummins 146
DieZerst�rnng Numantia's. � Scipio d. I. 133.
3. Unterabthcilttttg von 133 � 31 vor Chr.; die Zeit der inne
ren B�rgerkriege.
vor Chr.
Das Auftreten der beiden Gracchen . . . 133- -121
Die Ackergesetze des Tiberius Gracchus . . 133
Die Ackergesetze des Cajus Gracchus . . . 123
Der Krieg gegen Jugurtha. � Marius . . Hi- -106
Der Zug der Cimbern und Teutonen . . . ll 3- -101
Die Schlacht bei Aqu�-Sexti� (Teutonen). �
Marius........... 102
Die Schlacht bei Vercell� (Cimbern). �
Marius........... 101
Der B�rgerkrieg des Marius und Sulla . . 88- - 82
Der erste Krieg gegen Mithridates.... 87- - 84
vor Chr.
� 319 �
Der dritte Krieg gegen Mithridates. � Pom- 6or Chr.
pejus......................74� 64
Der Siegeszug des P o m p e j u s durch Vorder-
asieu ...........64
Das Cousulat des Cicero. � Catilina's
Verschw�rung.........63
Das erste Triumvirat (Pompejus, C�-
sar, Crassus).........60
C�sar's Krieg und Sieg in Gallien . . . 58� 51
Der B�rgerkrieg zwischen C�sar und Pompejus 49� 48
C�sar's Sieg bei Pharsalus .....48
� � � Thapsus......46
� � � Munda......45
� Ermordung, 15. M�rz.....44
Aas zweite Triumvirat (Octavian, An-
tonius, Lepidus)........43
Niederlage der Republikaner bei Philippi . 42
Schlacht bei Actium. �Kleopatra . 31.
III. Rom unter Kaisern, von 30 vor Chr. bis 476 nach Chr.
v nach Chr
Negierung des Kaisers Augnstus 30 vor Chr. � 14 Die Feldz�ge des Drusus in Ger-
manien......12�9 v. Chr.
Die Varusschlacht. � Arminius..........9
Der Hans der Claudier (Tiberins, Cajus,
Claudius, Nero)..................14� 68
Die Feldz�ge des Germanikus in Germanien . 14� 16
Die Wirren unter Galba, Otho und Vitellins . 68� 69 Das Haus der Flavier (Vespasian, Titus, Do-
mitian)............69� 96
Die Kaiser Nervo, Trojan, Hadrian .... 96�138
Die Kaiser Antoninus Pius und Marc Aurel. . 138�180 Die Zeit der Soldaten-Kaiser und der Theiluugeu
des Reiches......................180�324
Constautin der Gro�e............324�337
Das Concil zu Nic�a ........325
Der Anfang der V�lkerwanderung . 375
� 320 �
nach Chr
Theilung des Reiches in ein west- unb ostr�misches 395 Alarich, K�nig der Westgothen:
l 408
Seine drei Z�ge gegen Rom . ... 1 409
I 410
Attila, K�nig der Hunnen............434�4
Die V�lkerschlacht auf den Catalaunischen
Feldern...........451
Attila's Einfall in Italien......452
Attila's Tod..........453
Sturz des letzten westr�mischen Kaisers durch
Odo�ker ................476.
M�nster, Coppcnrath' {che Buchdruckerei.
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