106 VI. Vom Untergange der Hohenstaufen bis zum Ausgange des Mittelalters.
Vornehmen veranstalteten gleich den Rittern von Zeit zu Zeit Turniere,
die Handwerker übten ihre Fertigkeit in Schützengilden, und es belustigte
sich jung und alt, vornehm mtd gering auf Schützenfesten. Die zahl-
reichen kirchlichen Feste sowie der Karneval boten Gelegenheit zu Froh-
sinn und Lust.
Zu den Vergnügungen ernsterer Art gehörten die Vorträge der
Meistersinger. Vom Staube und Schmutz der Werkstatt befreit,
kamen an den Sonntagnachmittagen die dichtenden und singenden
Handwerksmeister meist in dem Vorräume einer Kirche zusammen, um
vor den Mitbürgern in Liedern auszusprechen, was die Woche über
Geist und Herz bewegt hatte (Sänger, Dichter, Meister; — die Tabu-
latur; — der Merker).
2. Die deutsche Hansa.
1. Die Ursachen ihrer Gründung. So lange die deutschen
Könige aus dem salischen und dem staufischen Hause imstande zu sein
schienen, Ruhe und Sicherheit im Lande zu gewährleisten, hatten die
deutschen Handelsstädte sie eifrig in ihrem Wirken unterstützt. Als
aber mit dem Verfall der hohenstanfischen Macht mehr und mehr die
Unfähigkeit der Herrscher sich herausstellte, jenes erste und wichtigste
Erfordernis dem Volke zu gewähren, mußten sie daran denken, sich
selbst gegen die mancherlei Bedrückungen*) und Gefahren zu schützen,
die ihrem Handel im Jnlande wie in der Fremde drohten. Dies
konnten aber in ausgiebiger Weise nicht die einzelnen tun, sie mußten
vielmehr in dem Zusammenschlüsse ihre Stärke suchen.
2. Die ersten Bünde. Schon im Jahre 1241 schlössen Hamburg
und das seegewaltige Lübeck einen Bund, um die Straße zwischen
Ost- und Nordsee, zwischen der Trave und der Elbmündung gegen
Räuber und Wegelagerer zu schützen. Bald folgten zahlreiche andere
Bünde in Niedersachsen und Westfalen, fo zwischen Braunschweig und
*) Im Jnlande maßten die größeren wie die kleineren Herren sich das Recht
an, von den Waren, die durch ihr Gebiet befördert wurden, Zoll zu erheben, oder
zwangen die Kaufleute, gegen eine beträchtliche Zahlung sich von ihnen durch ihr
Gebiet leiten zu lassen. Der Kaufmann hatte aber dann immer noch nur das
Recht, auf unverletztem Fahrzeuge seine Waren zu befördern. Brach die Achse und
berührte der Wagenraum den Boden, so war sein Inhalt nach dem sogenannten
Grund ruhrrecht dem Landesherren verfallen. Die Habe des zerschellten Schiffes
oder Bootes gehörte nach dem St randrech l den Bewohnern des anliegenden Ufers.
Jede Bergung desselben seitens der Eigentümer war verboten. Auch in der Fremde
war der Kaufmann, der seine Ware zum Verkaufe ins Land brachte, jeder Willkür
der Fürsten, dem Neide der einheimischen Städte preisgegeben. Hohe Zölle wurden
erhoben, die Habe dessen, der in der Fremde gestorben, gehörte dem Landesherrn,
für jedes Vergehen, das ein Fremder beging, wurden seine Landsleute haftbar ge-
macht usw.