224 Alte Geschichte. 3. Periode. Römer. Aber die Stadt wirklich anzugreifen, wagte er doch nicht. Noch einen Blick finstern Unmuths warf er auf diese Hauptstadt des ihm so verhaßten Volks und zog wieder nach Unter-Italien zurück. Sein Heer schmolz von Tage zu Tage mehr, und der Senat von Karthago schickte ihm keine Unterstützung, weil die mi߬ trauischen Seelen fürchteten, er möchte, wenn er Rom bezwänge mn Ende sich zum Herrscher seiner Vaterstadt machen. Wahrlich, solche Leute waren eines solchen Mannes nicht werth. Daher wurde nun auch der treffliche Feldherr von den Römern immer weiter zurückgedrängt, und zuletzt wagte es gar ein unternehmender römischer Cousul, Claudius Marcellus, den man das Schwert Roms nannte, so wie Fabins Cunctator das Schild Roms hieß, nach Sicilien überzusetzen und das mächtige Syrakus anzu¬ greifen; denn die Sicilianer hatten sich gegen die Römer empört, und der Abfall griff immer weiter um sich. Aber hier zeigte es sich recht, wie viel oft ein einziger Mann werth ist. In Syrakus lebte damals Archimedes, ein berühmter Mathematiker und Mechaniker, der allein durch die von ihm erfundenen Maschinen den Marcellus lange Zeit abwehrte. Daß er Brennspiegel gehabt, mit denen er einen Theil der römischen Schiffe im Hafen verbrannt habe, ist wohl übertrieben; aber er hatte eine Art eiserner Haken erfunden, welche an einem Stricke, der wieder oben an einem Balken, wie bei unsern Ziehbrunnen befestigt war, auf die feindlichen Schiffe herabgelassen wurden, deren Vordertheil wie mit einer Hand um¬ klammerten, in die Höhe zogen und dann das Schiff mit aller Gewalt fallen ließen, so daß das Hintertheil tief ins Wasser sank. Mit andern Maschinen schleuderte er einen Hagel von Pfeilen und ungeheueren Steinen auf die Schiffe, die unter der Last zer- zertrümmert wurden. Dennoch nahm endlich Marcellus die Stadt durch Ueberrumpelung ein und befahl dabei ausdrücklich den Soldaten, den geschickten Archimedes ja nicht zu todten. Ein Soldat trat in , dessen Zimmer ein, wo er einsam saß, mit dem Stabe mathe¬ matische Figuren in den Sand gemalt hatte und ganz in sich ver¬ tieft nur über die Auflösung der Aufgabe nachdachte. Ohne auf¬ zustehen, rief er dem herantretenden Römer zu: „ Störe mir meine Cirkel nicht!" Dieser aber wurde unwillig über den grämlichen Alten und spaltete ihm den Kops, der so viel Herrliches ausge¬ dacht hatte. Marcell war untröstlich; er ließ den Archimedes feierlich zur Erde bestatten und errichtete ihm ein Grabmal, wo¬ durch er zugleich sich selbst ehrte.