— 89 — an mehr Orten, zumeist bei bischöflichen Kirchen und in Ortschaften bei einer Pfalz oder Burg, wurden Markte abgehalten, und an vielbesuchten Märkten ließen sich nun manche Handler dauernd nieder. Zum Schutze gegen Feinde wurden solche Plätze, was in der Zeit der Normannen- und Ungarnnot schon in manchen Land- schasten vereinzelt geschehen war, bald allgemein durch Wall und Graben, durch Mauern und Türme geschirmt. Die Belebung des Handels nach Italien und dem Orient durch die Kreuzzüge und die gleichzeitige Entfaltung des Handels mit England, Skandinavien und Rußland bewirkten ein kräftiges und rasches Gedeihen des deutschen Städtetums. Zu den Kaufleuten und den alten grundbesitzenden Einwohnern der Städte kamen als dritter Bestandteil die Handwerker hinzu, deren Zahl durch Zuzug vom Lande stetig anwuchs. Das Hand- werk hatte sich an den Gutshöfen der wohlhabenden Besitzer schon seit der Karolingerzeit in steigender Vielseitigkeit entwickelt. Durch den wachsenden allgemeinen Wohlstand fanden nun die Erzeugnisse des Handwerks allmählich auch in bäuerlichen Kreisen Absatz; die Handwerker verlegten darum ihre Wohnung gerne in die Städte an den Sitz der Märkte. Die immer größer werdenden Ansprüche an die Beschaffenheit der hergestellten Waren bewirkten, zumal an größeren Plätzen, die Entfaltung der mannigfachsten Handwerks- betriebe (vgl. Hufschmied, Nagelschmied, Waffenschmied, Kupfer- schmied, Goldschmied, Silberschmied). Die Handwerker selbst, die auf dem Lande durchweg Hörige einer Gutsherrschaft waren, galten in der Stadt als freie Leute. Wie die Kaufleute bei ihren Handels¬ reisen über Land und Meer zu ihrer Sicherheit sich vereinigten und ihre gemeinsamen Interessen durch die Gründung der „Gilden" oertraten, so schlössen sich in der Stadt auch die Handwerker und Gewerbetreibenden derselben Art zu Zünften zusammen (Bäcker- zunft, Schneiderzunft usw.). Diese regelten und beaufsichtigten die Arbeitstätigkeit der einzelnen Mitglieder, dienten aber auch geselligen und militärischen Zwecken; denn innerhalb der Städte erhielt sich die allgemeine Wehrpflicht, der sich der Bauer auf dem platten Lande entzogen hatte. Im elften Jahrhundert waren die Städte durchweg noch in voller Abhängigkeit von dem Könige oder den weltlichen oder geistlichen Großen, die sie begründet oder der Ortschaft das Markt-