§ 4. Der Ständekampf, bis 445. 61 nur Patrizier werden, und den Plebejern fehlte der Schutz, den sie früher beim König hatten finden können. Hatte der früher auch einzelnen Plebejern gestatten können, Vieh auf die Gemeindeländereien (ager publicus) zu treiben oder Stücke davon in Pacht zu nehmen, so hörte das nun auf, denn die Plebejer hatten keinen gültigen Anspruch darauf, da sie ja nicht Vollbürger waren. Hatte er mögen einzelne angesehene Plebejer- geschlechter unter die Patrizier ausnehmen, so fiel das fortan fort. Hatte er eine Ehe zwischen einem Patrizier und einer Plebejerin aus- nahmsweise als gültig anerkennen können, so daß die Nachkommen aus ihr Patrizier wurden, so ging das nun nicht mehr an. Am schlimmsten war es wohl, daß es nun nur noch patrizische Richter in Rom gab; denn weil man nur nach uraltem Herkommen, nach mündlich vom Vater auf Sohn überlieferten Satzungen und Formeln Gericht hielt — nicht nach geschriebenen Gesetzen —, so kannten auch nur die Angehörigen der Geschlechter (f. S. 56) dies Herkommen. Die patrizischeu Richter aber waren natürlich geneigt, wenn es irgend anging, im Streit eines Patriziers und Plebejers ihren Standesgenossen zu schonen. Es war von geringer Bedeutung, daß gegen Todesurteile die Berufung an die Centuriatkomitien (provocatio) gestattet ward. Den Gegensatz der Stände verschärfte der Gegensatz von arm und Lage reich. Gab es auch längst wohlhabende Plebejer, so waren sie in der ber 2trmen' Mehrzahl doch arm und abhängig. Und weil der Handel und Verkehr zugenommen hatte und man anfing, alles nach Kupferwert abzuschätzen (aeatimatio, aes = Kupfer), nicht mehr im Tauschwert oder gegen Dienst- Leistungen, gerieten viele Ärmeren durch Schulden in drückende Not. Denn der Zinsfuß war ungeheuer hoch und, wie einst in Attika vor Solon (s. S. 17), verfiel, wer seine Schulden nicht bezahlen konnte, in schmähliche Schuldknechtschaft. Da noch dazu Kriege mit den Etrnskern, Latinern, Äqueru und Volskern rundum häufig waren, war kein Ende der Not abzusehen, und das Volk geriet in Wut, wenn bewährte, narbenbedeckte Krieger von den Bütteln in Schuldknechtschaft abgeführt wurden oder ihren blutigen, von der Sklavenpeitsche des Aufsehers zer- fleischten Rücken wiesen. So kam es — die Sage berichtet von dem großen Auszug der Einrichtung Plebs auf den heiligen Berg an der Aniomündung 494 — zu einem B°mmbunat-s. Aufstand der Plebejer. Und weil man damals von einer Verfassung, in der die Befugnisse eines jeden Beamten genau verzeichnet find, noch nichts wußte, verlangten die Plebejer zu ihrem Schutze Volksvertreter (tribum plebei), die jede Amtshandlung eines patrizischen Beamten oder jeden Senatsbeschluß zum Nachteil des Volkes durch ihren Ein-