208 Dritter Abschnitt. welcher seine Unterthanen wie seine Kinder liebte. Sein Grundsatz war: „Ich will lieber einesj Bürgers Leben erhalten als 1000 Feinde vernichten." Er Hinterließ das Reich seinem Adaptiv- und Schwieger- söhn Markus Aurelius und dem Lucius Berus, welchen er gleich- falls an Sohnes Statt angenommen hatte, so daß zum ersten Mal zwei Kaiser den römischen Thron inne hatten. Zum Glücke starb folgt Marius der rohe und ausschweifende Berus schon 172. Markus Aurelius, 2turettu§, frühzeitig durch treffliche Lehrer in die Philosophie eingeführt, suchte die Lehren derselben in seiner Lebensweise und in der Verwaltung des Staates zu bethätigen. Diese Vorliebe hat ihm den Beinamen des Philosophen verschafft. Gegen sich selbst übte er die größte Strenge, gegen Andre eine nur zu große Nachsicht. An Herzens- güte und Anspruchslosigkeit kam ihm Niemand gleich. Obgleich der Krieg seinen Grundsätzen widerstrebte, so unterzog er sich doch den Mühseligkeiten eines gefährlichen dreizehnjährigen Kampfes gegen die Markomannen, während dessen er zu Wien (180) starb. So mild Mark Aurel gegen seine Umgebung war, so hart ver- unter dessen fuhr er gegen die Christen. Er vermochte die Hoheit des Christen- Regierung tumg |0 roen|g ^ fassen wie Trajan, und ließ, da die abergläubische heidnische Volksmenge alle Unglücksfälle im Reiche den Christen zur Last legte, in Kleinasien und Gallien die grausamsten Verfolgungen zu. Nach Vienne und Lyon war das Christentum durch Kaufleute neue aus Asien verbreitet worden. Pothinus war Bischof zu Lyon und Neigungen' Jrenäus fein erster Presbyter und später sein Nachfolger. Die stattfinden, heidnischen Priester, welche täglich den Kreis ihrer Anhänger schwin- den sahen, beschuldigten die Christen der gemeinsten Laster; das Volk glaubte ihnen, überfiel die Wohnungen der frommen Christen und führte die Angesehensten ins Gefängnis. Gefangene heidnische Knechte, welche bei Christen in Diensten gewesen waren, beschuldig- ten ihre früheren Herren, um den Qualen der Folter zu entgehen, sie hätten das Fleisch der eignen Kinder verzehrt und gräuliche ;©ieie Chri- Werke der Finsternis verübt. Dies veranlaßte manchen Statthalter den^Tod^der christlichen Gefangenen unmenschlich martern zu lassen, um ein Märtyrer, Geständnis zu erzwingen; nur Wenigen entsank der Mut, die Mehr- zahl betheuerte feierlichst ihre Unschuld. Der aufgebrachte Pöbel mißhandelte den freimütigen Bischof Pothinus so sehr, daß er wenige Tage nachher im Gefängnis starb. Ein Diakon von Vienne wurde mit glühenden Eisen so schrecklich gemartert, daß sein ganzer Körper nur eine Wunde war; allein er verleugnete seinen Jesum nicht. Darum ward er den wilden Thieren vorgeworfen und zerfleischt.