— 115 — ihn der Mut, und er wandte sich zur Flucht. Wie die Taube, die em Habicht verfolgt, so floh er längs der Stadtmauer hin; aber Achilles, laut jauchzend, setzte ihm mit raschen Füßen nach. Endlich hielt Hektor erschöpft still und rief: „Weiter fliehe ich vor dir nicht, schrecklicher Achilles. Auf, laß uns kämpfen! Aber zuvor wollen wir einen Bund beschwören, daß der Sieger den Getöteten nicht mißhandle." - „Kein Bund zwischen uns bei- den!" rief Achilles entgegen. „Macht auch der Löwe mit Rin- dern, der Wolf mit Lämmern Verträge? Wahrlich, du wirst mir nicht entrinnen!" Wort und Wurf waren eins. Doch Hektor, schnell aufs Knie sich werfend, entging der entsetzlichen Lanze, d:e weit über ihn weg in die Erde fuhr. Freudig aufspringend ! a» "Gefehlt, Achilles! Jetzt schütze dich selber, wenn du ^nnst. Und mit gewaltigem Krachen fuhr Hektars Spieß in Achilles Schild. Aber der Schild, ein kunstvolles Werk des Gottes Hephästus, war undurchdringlich. Der Spieß prallte ab, öl!r i "nd durchbohrte damit dem Gegner die Kehle, daß er zum Tode verwundet niederstürzte. Schwer atmend wiederholte Hektor die Bitte, seinen Leichnam nicht zu schänden. Aber bei Achilles war kein Erbarmen. Er durchstach dem Toten die Fuße, zog emen Riemen hindurch und band den Leichnam hinten an semen Wagen. So schleifte er ihn am Stadttor, vorbei, zum bittersten Schmerze des alten Vaters und aller ubngen Trojaner, die oben auf der Mauer standen. Dann eilte er mit ber Leiche dem Lager zu, wo er sie, mit Blut und Staub bedeckt unter freiem Himmel liegen ließ. Jetzt erst veranstaltete ^ das feierliche Leichenbegängnis seines Freunbes Patroklus. Alle Griechen lub er bazu ein. Ein großer Scheiterhaufen warb aufgebaut imb barauf ber reingewaschene Leichnam des Freundes verbrannt. Dann wurden die Gebeine aus der Asche hervor- gesucht und in eine goldene Urne gelegt, die man zuletzt unter emen hohen Grabhügel vergrub. Hierauf ordnete Achilles dem Freunde zu Ehren glänzenbe Waffenspiele an bessen Grabe an unb setzte für bie Sieger köstliche Preise aus: Pserbe, Maul- tiere, Becken, Trinkschalen, Harnische. Die Spiele bestauben in Wagenrennen, Wettlauf, Ringen, Lanzenwerfen unb Faustkampf. Aber bies alles war bem Achilles noch nicht genug. In ber Nacht o-l°m Sa9er auf1 sp^nte feine Rosse an unb schleifte Heftors Leichnam noch breimal um seines Freunbes Totenhügel. 8*