Jene war das Laster, diese die Tugend. Jene verhieß ihm Reich¬ tum, ein Leben ohne Mühe und Arbeit; die Tugend aber sagte: „Wenn du mir folgst, wird dein Leben ein mühevolles sein, viele Feinde werden dir den Untergang drohen, und schwere Kämpfe wirst du zu bestehen haben. Aber von den Göttern wirst du geliebt werden; denn du wirst den Menschen ein Wohlthäter und deinem Vaterlande ein treuer Helfer sein. Noch spätere Geschlechter werden dankbar deinen Namen nennen und dein Andenken segnen." So stand Herkules am Scheidewege. Aber nach kurzem Besinnen wies er das Weib im Flitterputze von sich und folgte der Tugend. Bald zeichnete er sich durch kühne Thaten aus. Auf einem Berge hauste ein Löwe, der fraß die Herden und zerriß die Hirten, so daß der Landmann sich nicht mehr mit dem Pfluge auf das Feld wagte. Da stieg Herkules hinauf auf den Berg, tötete den Löwen und schmückte sich mit dem Felle desselben. Mit einer Anzahl mutiger Jünglinge schützte er feine Vaterstadt; ja, selbst den Göttern half er im Streite gegen ihre Feinde. Ein furchtbares Riesengeschlecht, die Giganten, stürmten gegen Zeus und seine Genossen heran, türmten zwei Berge, den Ossa und Pelion auf einander, um den Olympos zu ersteigen. Tapfer kämpften die Götter gegen sie; Zeus schleuderte seine Blitze, der Kriegsgott Ares jagte mit seinem Streitwagen unter sie und tötete viele mit der Lanze; mutig stritt auch Pallas Athene, des Zeus Tochter; viele Pfeile des strahlenden Lichtgottes Phöbus Apollon trafen die Feinde; aus der Unterwelt war Hades, der Gott des Todes, aus dem Meere Poseidon dem Bruder zu Hülfe gekommen. An ihrer Seite kämpfte Herkules und half ihnen die Feinde besiegen. Dafür wurde er von den Göttern hoch geehrt. Die Arbeiten des Kerkules. Allein trotz seiner Stärke mußte Herkules seinem schwachen und feigen Vetter, dem Könige Eurystheus von Argos, dienen. So hatten die Götter es ihm beschickn wegen einer Schuld, die er in der Jugend auf sich geladen. Der neidische Eurystheus aber suchte ihn zu verderben, indem er ihm die gefahrvollsten Arbeiten auftrug. Zuerst hielt es Herkules für eine Schande, dem arglistigen Ver¬ wandten zu gehorchen, als er aber hörte, daß es der Wille des Zeus sei, fügte er sich den Befehlen des Königs. In der Gegend der Stadt Nemea trieb ein blutgieriger Löwe sein Wesen; niemand konnte ihn