Das Lehnswesen. 41 b. Das Benefizium. Schon früh hatte die Kirche von ihrem reichen Grundbesitz verpachtet, was sie nicht selbst bewirtschaften wollte, und zwar in Form der Prekaria, d. i. eine Zeitpacht, die gewöhnlich auf fünf Jahre abgeschlossen wurde. Als nun Karl Martell (besonders zur Bekämpfung der Araber) sich der Treue seiner Großen versichern mußte, zwang er die Kirche, an Laiengroße Land in Form der Prekaria zu überlassen. Diese Zeitpachtung wurde aber unter den Händen der gewalttätigen Großen zu einer lebensläng- liehen, und auch den Pachtzins zahlten die Pächter gutwillig nicht. Karl allein konnte sie zur Zahlung zwingen. Somit waren die Großen in ihrem Pachtbesitz lediglich vom guten Willen der Hausmeier abhängig. Die Verleihung von solchem Kirchengut war eine Wohltat, die der Hausmeier (an Stelle des Königs) seinen Getreuen erwies. So entwickelte sich der Begriff des Benesiziums. 4. Durch die Verbindung des Benefizialwefens mit dem Vaffentum entstand das Lehnswesen. Die Hausmeier verliehen Bene- fizien nur für ausgezeichnete Dienste und unter der Bedingung absoluter Treue. Wer also ein Benefizium erhielt, übernahm damit die Verpflichtung unbedingter Treue gegen den Verleiher, wurde also dessen Vasse. Bassen, die mit Benefizien ausgestattet waren, hießen Vasallen. So bedienten sich also die Karolinger der Verbindung des Benefizialwefens mit dem Vasfentume, um sich der Treue ihrer Krieger und Beamten zu versichern. War ein Be- amter nicht treu, so verlor er sein Benefiz (Lehen). Sehr bald übertrug sich das Vasallentum auch auf das Verhältnis der Grundherren zu ihren Bassen; letztere wurden von den Senioren mit Benefizien ausgestattet, wurden also deren Vasallen. So entstand der Lehnsstaat, in welchem der König nicht mehr kraft der alten germanischen Königsrechte gebot und nicht mehr unmittelbar über dem ganzen Volke stand. Der König bildete vielmehr als Lehnsherr aller Vasallen die Spitze des Staates; er gebot unmittelbar nur den In- habern der großen Lehen, während diesen wieder die Masse der kleineren Lehnsträger untergeordnet war. Es lag in der Natur der Sache, daß sich der Lehnsstaat nur so lange behaupten konnte, als die Sehen nicht erblich waren. Trat dies ein, so mußte entweder die Staatsgewalt auf andere Grund- lagen gestellt werden oder der ganze Staat in seine Bestandteile zerfallen. vierter Abschnitt. Die Geschichte des deutschen Kaiserreiches im Mittelalter bis zur Seit des Interregnums.') § 13. Konrab I. (911-918). Er sucht im Kampfe mit den verselbständigten Herzogs- gewalten vergebens die Oberhoheit des Königtums und damit die Reichseinheit zu behaupten. *) Zum eingehenderen Studium dieser Epoche sei neben den schon öfters zitierten Werken von Lamprecht und Nitzsch die „Geschichte der deutschen Kaiserzeit" von Giesebrecht besonders empfohlen.