— 165 — muß der Sieg über die Alamannen Chlodwig und seinen Franken als ein Werk des allgewaltig sieghaften Christengottes erscheinen. Wie die Franken das Gelübde des Königs als die Voraussetzung des Sieges kennen, so müssen sie als die notwendige Folge des Sieges die Bekehrung Chlodwigs erwarten. Gleichwohl wird im 31. Kapitel wiederholt hervorgehoben, daß Bischof Remigius seine Belehrungen heimlich und verstohlen dem Könige erteilte, weil dieser der Ansicht war, daß man nicht wissen könne, wie das Volk der Franken den Abfall von den alten Siegesgöttern aufnehmen würde. Und gleichwohl haben sich nach der Darstellung des Kapitels 30 gerade die alten Götter eben nicht als Siegesgötter bewiesen. Das sind unlösbare Widersprüche! Offenbar hat das 31. Ka- pitel seinem besonderen Inhalte nach nicht das 30. sondern das 29. Kapitel zur Voraussetzung. Schaltet man nämlich das 30. Kapitel ganz aus, so schließt sich einerseits Kapitel 31 in folge- richtiger Fortführung der Darstellung an Kapitel 29 an, und anderseits sind die gekennzeichneten Widersprüche verschwunden. Nach der Gesundung des zweitgeborenen Sohnes ruft dann die Königin ohne Vorwissen des Königs den ihr befreundeten Bischof Remigius an den Hof. Dieser redet zunächst heimlich und verstohlen, da eine Sinnesänderung des Königs weder vorliegt noch bekannt geworden, auf Chlodwig in der angegebenen Weise ein, und Chlod- wig weist bei seiner anfänglich entschieden ablehnenden Haltung unter anderm auf seine Bedenken hinsichtlich der Rückwirkung hin, welche sein Übertritt bei dem Frankenvolke hervorrufen würde. Entscheidet man sich für diese Fassung, so wird auch die weiter- hin von Gregor berichtete Thatfache begreiflicher, daß König Chlod- wig vor seinem Übertritt zum Christentum eine Versammlung des fränkischen Volkes berufen hat, um die allgemeine Stimmung zu ergründen, beziehungsweise um eine Kundgebung des Volkswillens herbeizuführen. Hatte Chlodwig in der Schlacht gegen die Ala- mannen das Gelübde gethan, Christ zu werden, so war er durch dieses Gelöbnis in seiner Handlungsweise gebunden. Und die That- fache, daß er durch sein Gelübde seinem Volke den Sieg über den Volksfeind gesichert hatte, mußte auch in den Augen des Volkes als eine gerade unwiderstehliche Rechtfertigung der Handlungsweise des Königs gelten. Verhandlungen vor der Volksversammlung waren dann unnötig, weil zwecklos. Gerade durch sein Gelübde hatte Chlodwig sich selbst den Weg vorgezeichnet, von dem er nicht ab- weichen durfte. Anders verhielt es sich, wenn ein solches Gelübde nicht vorlag. Es wird dann das Ergebnis der von der Königin und von dem Bischof Remigius gemachten Bekehrungsversuche ge-