§ 218. Das Zeitalter Wilhelms des Großen bis zum Jahre 1871. 91 Stellungen aufgegeben hatten, um ihre Front nach Westen zu kehren urtb ihre Streitkräfte gegen die Armee des Prinzen Friedrich Karl zu entfalten. Die Garde unter Hiller von Gärtringen nahm mit kühnem Wage- mute zwei vor den Höhen von Chlnm liegende Dörfer uud besetzte dauu die Höhen selbst. In dem Augenblicke, wo sich Aussicht bot, die Stellung dauernd halten zu können, traf General Hiller ein Granat¬ splitter tödlich. Nachdem auch die Elbarmee den Sachsen die Höhen von Problus entrissen hatte, war die Schlacht für die Preußen ge- Wonnen. König Wilhelm befahl allgemeines Vorgehen der ersten Armee uud Verfolgung des fliehenden Gegners durch die Reiterei. Es ent¬ spann sich uoch ein hitziges Reitergefecht, das wiederum für die Äster- reicher unglücklich endete. Mit todesmutiger Aufopferung beschützte die österreichische Artillerie den Rückzug der ihrigen. Benedek soll aus- gerufen haben: „Ich habe alles verloren, nur leider das Leben nicht." Abends acht Uhr begegnete König Wilhelm dem Kronprinzen und ver- lieh ihm auf dem Schlaichtfelde den Orden pour le rnerite. Die Verluste der Österreicher waren außerordentlich) sie betrugen über 41000 Mann, darunter 5600 Tote und 7600 Verwundete; der Gesamtverluft der Preußen betrug etwas mehr als 9000 Mann. 5. Der Feldzug der Mainarmee. Die drei Divisionen, die Han¬ nover und Kurhessen besetzt hatten, vereinigte nach der Schlacht bei Langensalza Vogel von Falckenstein. Ihm war von Moltke die Aufgabe vorgezeichnet, eine Vereinigung der beiden süddeutschen Armee- korps zu verhindern und die Korps einzeln zu schlagen. Am 2. Juli brach er, um seine Aufgabe zu erfüllen, von Eisenach in zwei Kolonnen nach Hünfeld auf. Die beiden Truppenteile befehligten Beyer und Göben,- einen Tagemarsch hinter ihnen folgte Mantenffel. Nachdem die Bayern am 4. Juli bei Dermbach und am 10. Juli bei Kissingen an der Fränkischen Saale über den Main zurückgedrängt worden waren, erhielt Vogel von Falckenstein von König Wilhelm den Befehl, alles Land nördlich vom Main vom Feinde zu säubern. Er wandte sich deshalb gegen das 8. Bundeskorps und schlug es am 14. Juli bei Aschaffenburg. Am 16. Juli hielt er bereits seinen Ein¬ zug in Frankfurt a. M. uud meldete dem König in einer Depesche: „Alles Land nördlich vom Main liegt zu den Füßen Ew. Ma- jestät." Am gleichen Tage wurde Vogel vou Falckenstein, dessen Mißgriffe durch seine Generale gutgemacht worden waren*), des Oberbefehls _ *) Bismarck, Fürst O. v.: Gedanken und Erinnerungen. 2 Bde. II. Bd. S. 42. Stuttgart 1898.