§ 219. Das Zeitalter Wilhelms des Großen bis zum Jahre 1871. 93 der seine Truppen aus dem Verbände des 8. Buudeskorps in die Hei- mnt berief, in Augsburg, wohin sich der Bundestag geflüchtet hatte, seinen Austritt aus dem Deutschen Bunde erklärte und seinen Schwieger- Vater, König Wilhelm von Preußen, um Frieden bat. Die übrigen süddeutschen Staateu riefen Napoleons Verwendung bei dem Sieger an. Alle vier mußten Kriegskosten zahlen: Bayern 50 Millionen, Württem¬ berg 131/2 Millionen, Baden 10 Millionen, Hessen 5 Millionen Mark. Außerdem mußte Hessen die Landgrafschaft Hessen-Homburg, Bayern die Grenzbezirke Orb und Gersseld an Preußen abtreten. § 219. Preußen und Deutschland nach dem prager Frieden. 1. Vergrößerung des preußischen Staatsgebiets. Das Königreich Hannover, das Kurfürstentum Hessen, die Herzogtümer Schleswig- Holstein, das Herzogtum Nassau und die Freie Stadt Frankfurt am Main wurden mit dem preußischen Staatsgebiete vereinigt. Aus diesen Landesteilen entstanden die neuen Provinzen Hannover, Hessen-Nassan und Schleswig-Holsteiu. Das preußische Abgeordnetenhaus stimmte am 7. September mit 273 gegen 14 Stimmen dieser Vergrößerung des preußischen Staatsgebiets zu. Preußen erhielt damit einen Gebiets- Zuwachs von 70000 qkm mit 4y2 Millionen Einwohnern und gewauu eine feste Brücke zwischen seinen östlichen und westlichen Besitzungen. In den neu gewonnenen Gebieten wurde nach 1866 die allgemeine Wehrpflicht nach preußischem Muster eingeführt) auch wurden drei neue Armeekorps errichtet, das 9. (schleswig-holsteinische), das 10. (hanno¬ versche) und das 11. (hessische). Die preußische Verfassung trat in den neuen Provinzen am 1. Oktober 1867 in Kraft) bis dahin bestand eine Art Diktatur. 3. Beilegung des Verfasiungsstreites. Der glückliche Ausgang des Krieges beendete auch den Versassnngsstreit in Preußen. Tausende von patriotischen Männern hatten geglaubt, der König werde seine Macht benutzen und die Vei-fassnng aufheben,- die Thronrede des Königs, mit der er am 5. August 1866 deu Landtag eröffnete, nahm allen eine Last vom Herzen*). Sie erinnerte mit keinem Worte an das Verhalten der Volksvertreter in den letzten Jahren, kündigte vielmehr an, daß die Regierung beim Landtage Indemnität, d. h. nachträgliche Genehmigung der in den letzten Jahren gemachten Ausgaben für den Staat, nach- suchen werde. Die Indemnität wurde am 3. September vom Landtage erteilt. Auch bewilligten die Volksvertreter einen außerordentlichen Kredit von 180 Millionen Mark für Militär und Marine, um deren Kriegsbereitschaft zu erhöhen. *) Sybel, a. a. O. V. Bd. S. 356.